Dorian Hunter 127 - Ernst Vlcek - E-Book

Dorian Hunter 127 E-Book

Ernst Vlcek

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Beschreibung

Der Erzdämon und der Anführer der Janusköpfe standen einander lauernd gegenüber. Was Luguri auch anstellte, er konnte den Januskopf, der sich Chakravartin nannte, nicht in seine Gewalt bringen.
»Das Spiel ist aus, Chakravartin«, schrie der Erzdämon. »Ergib dich mir, dann werde ich gnädig sein mit dir und den Deinen!«
Das Knochengesicht des Januskopfes zeigte keine Regung. Er gab einen schaurigen Laut von sich, der Luguri wie höhnisches Gelächter in den Spitzohren klang.

Die Erzfeinde Luguri und Chakravartin sind einander gleichwertig - keiner kann den anderen besiegen. Da schlägt Luguri einen Ausweg vor, der die Entscheidung bringen soll: ein magisches Schachspiel, das Menschen zu Figuren degradiert ...


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Inhalt

Cover

Was bisher geschah

DIE KÖNIGIN DER NACHT

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

mystery-press

Vorschau

Impressum

Der ehemalige Reporter Dorian Hunter hat sein Leben dem Kampf gegen die Schwarze Familie der Dämonen gewidmet, seit seine Frau Lilian durch eine Begegnung mit ihnen den Verstand verlor. Seine Gegner leben als ehrbare Bürger über den Erdball verteilt. Nur vereinzelt gelingt es dem »Dämonenkiller«, ihnen die Maske herunterzureißen.

Bald kommt Dorian seiner eigentlichen Bestimmung auf die Spur: In einem früheren Leben schloss er als Baron Nicolas de Conde einen Pakt mit dem Teufel, der ihm die Unsterblichkeit sicherte. Um für seine Sünden zu büßen, verfasste de Conde den »Hexenhammer« – jenes Buch, das im 16. Jahrhundert zur Grundlage für die Hexenverfolgung wurde. Doch der Inquisition fielen meist Unschuldige zum Opfer; die Dämonen blieben ungeschoren. Als de Conde selbst der Ketzerei angeklagt und verbrannt wurde, ging seine Seele in den nächsten Körper über. So ging es fort bis in die Gegenwart. Dorian Hunter begreift, dass es seine Aufgabe ist, de Condes Verfehlungen zu sühnen und die Dämonen zu vernichten.

Als Rückzugsort in seinem Kampf bleibt Dorian neben der Jugendstilvilla in der Baring Road in London noch das Castillo Basajaun in Andorra, in dem er seine Mitstreiter um sich sammelt – darunter die ehemalige Hexe Coco Zamis, die aus Liebe zu Dorian die Seiten gewechselt hat. Kurz nach der Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Martin versteckt Coco diesen zum Schutz vor den Dämonen an einem Ort, den sie selbst vor Dorian geheimhält.

Auf der Suche nach der Mumie des Hermes Trismegistos findet Dorian den Steinzeitmenschen Unga, der Hermon gedient hat und der sich nach seinem Erwachen schnell den Gegebenheiten der Gegenwart anpasst. Auf Island gewinnt Dorian den Kampf um das Erbe des Hermes Trismegistos.

Kurz darauf erwachen in Dorian Erinnerungen an sein fünftes Leben. Als Samurai Tomotada war er damals im Auftrag des Januskopfes Olivaros aktiv, der in der Gegenwart kurzzeitig als Oberhaupt der Schwarzen Familie agierte. Olivaros Nach-Nachfolger, der Erzdämon Luguri, unternimmt derweil alles, um den Bayerischen Wald in eine Brutstätte des Bösen zu verwandeln, wird aber von Coco und Dorian zurückgeschlagen. Im Tempel des Hermes Trismegistos erhält Dorian einen Hinweis auf das Wirken von Janusköpfen in Indien. Coco und er müssen jedoch Olivaro in die Januswelt Malkuth folgen, weshalb Donald Chapman und Unga an ihrer Stelle nach Indien aufbrechen und dort zwischen die Fronten der beiden Sekten der Padmas und Chakras geraten. Auf Umwegen erreichen auch Dorian, Coco und Olivaro Indien – während der russische Dämonenjäger Kiwibin im Castillo Basajaun auftaucht und Abi Flindt, Phillip und den Zyklopenjungen Tirso mit sich in den Pamir in Zentralasien nimmt. Dort vernichten sie den Januskopf Vozu, aber die Schlacht weitet sich aus, da der Erzdämon Luguri die Janusköpfe als Feinde betrachtet. Zwischen Luguri und dem Januskopf Chakravartin kommt es zum tödlichen Duell ...

DIE KÖNIGIN DER NACHT

von Ernst Vlcek

Der Erzdämon und der Anführer der Janusköpfe standen einander lauernd gegenüber.

Sie konnten sich durch die wie zu Glas erstarrte Luft und die milchigen Nebelschwaden sehen, waren sich zum Greifen nahe – und doch war einer für den anderen unerreichbar.

Was Luguri auch anstellte, er konnte den Januskopf, der sich Chakravartin nannte, nicht in seine Gewalt bringen. Das versetzte ihn in Wut, und er reagierte sich an dem zur Bewusstlosigkeit erstarrten Tiger in seinen Klauen ab.

»Das Spiel ist aus, Chakravartin«, schrie der Erzdämon. »Ergib dich mir, dann werde ich gnädig sein mit dir und den Deinen!«

Das Knochengesicht des Januskopfes zeigte keine Regung, nur um sein drahtiges Haupthaar bildete sich eine leuchtende Aura. Und er gab einen schaurigen Laut von sich, der Luguri wie höhnisches Gelächter in den Spitzohren klang.

»Ich bin stark und mächtig wie ehedem«, erwiderte der Januskopf und versuchte, einen Weg durch die gläsern wirkende Atmosphäre zu finden. Doch das gelang ihm nicht.

1. Kapitel

»Wenn einer kapitulieren muss, dann bist du es. Du fühlst dich nur stark, weil du dich im Schutze deiner dämonischen Bastarde in Sicherheit wähnst. An deiner Stelle würde ich mich jedoch nicht auf sie verlassen. Sie sind nur allzu verwundbar.«

Die Dämonen heulten in unbändiger Wut auf. Der Januskopf sah, wie sich eine der Gestalten in ein Raubtier verwandelte und sich zum Sprung duckte.

Doch er tat so, als hätte er nichts davon bemerkt. Als der Tiermensch ihn ansprang, packte er ihn blitzschnell unterhalb des Kopfes und wirbelte seinen behaarten Tierkörper herum. Der Tiermensch schrie vor Hass und Schmerz auf, denn in den Fängen des Januskopfes war er völlig hilflos.

Dann war ein Krachen von Knochen zu hören. Der Raubtierschädel des Tiermenschen drehte sich mit einem Ruck um hundertachtzig Grad herum, sodass sein Gesicht auf dem Rücken saß.

Chakravartin, der Januskopf, ließ den leblosen Körper zu Boden fallen. »So wird es allen deinen Bastarden ergehen, wenn sie es wagen, sich an einem meiner Artgenossen zu vergreifen«, rief er triumphierend.

Luguri verlor die Beherrschung und zog dem Tiger mit einigen schnellen Hieben das Fell ab. »Sieh her, Chakravartin!«, schrie er mit sich überschlagender Stimme und hielt das Tigerfell hoch, das zuckte, als besäße es ein Eigenleben. Zornbebend fuhr er fort: »Ich bin der Herr dieser Welt, und niemand kann mir diese Position streitig machen. Willst du meine Macht kennenlernen?«

Luguri schleuderte das Tigerfell von sich. Es traf einen der Chakras – das waren die menschlichen Sklaven des Chakravartin. Der Mann konnte nicht einmal eine Abwehrbewegung machen, da hatte ihn das zuckende Tigerfell schon erreicht. Es hüllte ihn ein und schmiegte sich wie eine zweite Haut um seinen Körper. Die Schreie des Chakras verhallten, und aus dem Tigerrachen kam ein furchtbares Gebrüll. Der Tiger riss sein Maul auf, biss sich ins Hinterteil und begann sich selbst aufzufressen, mitsamt dem Chakra, der in dem Fell gefangen war.

»Dasselbe wird mit dir und deinen Artgenossen geschehen, wenn ihr euch mir nicht unterwerft«, verkündete Luguri.

»Mag sein«, sagte der Chakravartin besonnener, »dass du mit deinen Dämonenscharen schließlich über uns siegst. Aber du müsstest einen hohen Preis dafür bezahlen – vielleicht sogar mit deinem Leben. Meinst du, das lohnt sich wirklich?«

»Ihr wollt es nicht anders«, schrie Luguri, und seine Dämonen stimmten ihm lautstark zu. »Ihr seid in unser Reich eingedrungen und wollt uns die Vorherrschaft streitig machen. Darauf gibt es nur eine Antwort: Kampf bis zur Entscheidung. Und ich weiß, wie dieser Kampf ausgehen wird.«

»Wir wollen euch nichts streitig machen«, erwiderte der Januskopf. »Im Gegenteil. Ich zeigte mich zu Verhandlungen bereit und habe euch durch Vozu sogar die Zusammenarbeit angeboten. Aber ihr habt das Angebot abgelehnt und Vozu vernichtet. Oder erinnerst du dich nicht mehr der Vorgänge in Kaschmir?«

»Doch. Ich war sogar dabei«, erwiderte Luguri. »Nur habe ich die Geschehnisse etwas anders in Erinnerung. An eine Verhandlungsbereitschaft Vozus kann ich mich nicht erinnern. Dafür weiß ich, dass er durch eine seiner Sklavinnen der Schwarzen Familie den totalen Krieg erklären ließ. Nun, den könnt ihr haben.«

Das muss ein Missverständnis gewesen sein, wollte der Januskopf sagen, doch dann überlegte er es sich anders. Er war viel zu stolz, um diesem minderwertigen Geschöpf Erklärungen abzugeben. Wenn er gekonnt hätte, wie er wollte, dann hätte er die irdischen Dämonen schon längst in seine Gewalt gebracht. Doch an dem Ort, an dem sie sich befanden, herrschten besondere Gesetze, die man nicht umgehen konnte. Es war Chakravartin nicht einmal möglich, ein Scheingesicht aufzusetzen und sich Luguris Aussehen zu geben. Wie gern hätte er ihn auf diese Weise verhöhnt. Aber dies gelang ihm nicht. Andererseits hatte der Januskopf erkannt, dass auch der Erzdämon nicht voll aus sich herausgehen konnte. Auch ihm waren Grenzen gesetzt.

Chakravartin fühlte sich Luguri so haushoch überlegen, wie er die Janusköpfe den irdischen Dämonen überlegen ansah. Dennoch erschien ihm eine Zusammenarbeit recht erstrebenswert. Im Grunde hatten sie die gleichen Ziele.

Ihr gemeinsamer Feind war der Mensch, der seine schrecklichen Psychos zur Januswelt Malkuth projizierte und auf der Erde den Dämonen die Vorherrschaft streitig machte. Was lag also näher, als dass sich Dämonen und Janusköpfe verbündeten? Gemeinsam waren sie stark und konnten die Menschheit einfach überrennen.

Warum es dennoch zu keiner Fusion kam, lag an der Halsstarrigkeit der Dämonen. Sie wollten die Janusköpfe nicht als gleichwertig anerkennen. Und Chakravartin musste sich selbst eingestehen, dass er sich wohl kaum dazu herablassen würde, die Dämonen als ebenbürtig anzuerkennen.

»Ich sehe ein, dass wir die Fronten nur klären können, wenn wir unsere Kräfte gemessen haben«, sagte Chakravartin deshalb. »Ich werde dir erst beweisen müssen, Luguri, dass ich der Mächtigere bin.«

Luguri begann schaurig zu lachen, und seine Dämonen stimmten mit ein in das Gelächter. »Mit dieser Behauptung machst du dich geradezu lächerlich«, erwiderte der Erzdämon schließlich. »Nenne mir irgendeine Art des Kräftemessens, die dir genehm ist, Doppelgesicht, und ich will dir in jeder Disziplin beweisen, wie schwach und hilflos du gegen mich bist. Ich werde dich nicht töten, nein. Denn du könntest mir lebend viel nützlicher sein. Aber wenn ich dich besiege ...«

»Worüber es keinen Zweifel gibt!«, schrie ein Dämon.

»... dann wirst du dich mit deinen Janusköpfen mir unterordnen. Abgemacht?«

»Abgemacht«, sagte Chakravartin zustimmend. »Aber sei sicher, dass du verlieren wirst. Du kannst dich bereits als mein Diener betrachten – oder zumindest musst du die Bedingungen akzeptieren, die ich dir stelle. Als Kenner dieser Welt solltest du jedoch die Kampfregeln erstellen. Ich werde jede Disziplin akzeptieren, die du vorschlägst.«

Luguri grinste plötzlich diabolisch und sah sich wohlgefällig im Kreise seiner ihn umgebenden Dämonen um. »Ich wüsste schon etwas, Chakravartin, wie du deine Macht unter Beweis stellen könntest. Dir wird es nicht entgangen sein, dass wir uns an einem Ort mit einer magischen Ordnung befinden. Diese kam durch besondere Umstände zustande. Zum einen durch das Wirken der Padmas, dann durch unser beider Zusammentreffen. So wurden wir in den Garten von Kantilya versetzt.«

»Und was hat es damit auf sich?«, fragte Chakravartin.

»Vor vielen irdischen Jahrhunderten«, erklärte Luguri genüsslich und fing in seinen hohlen Klauen das Blut des gehäuteten Tigers auf, »wurde an diesem Ort ein besonders raffiniertes Schachspiel ausgeklügelt. Es wurde auch angefangen, aber nie zu Ende gespielt. Wollen wir es zu Ende spielen?«

Der Januskopf zögerte mit der Antwort. Er war lange genug auf dieser Welt, um sich ein Bild von ihr machen zu können, und er hatte auch schon einiges über Schach gehört, aber er hatte sich noch nie über seine Regeln informiert. Andererseits wusste er, dass Luguri ein Relikt der fernen Vergangenheit war und alles andere als ein Schachspieler. Das gab den Ausschlag.

»Ich nehme die Herausforderung an«, sagte er.

Luguri rieb sich die Hände mit den Spinnenfingern und verzog den Mund zu einem v-förmigen Grinsen. »Dann will ich dir verraten, dass es für die Schachfiguren um Leben oder Tod geht«, erklärte Luguri, »denn es wird sich dabei um lebende Wesen handeln. Du kannst aus den Reihen deiner Verbündeten auswählen, wen du willst, und kannst dich auch unschuldiger Menschen bedienen. Das sollte dem Spiel einen besonderen Reiz geben. Du und ich – wir sind die Spieler, die die Züge mit den lebenden Figuren machen. Das Spielfeld ist Kantilyas Garten. Die Aufgabe der Figuren ist es, den gegnerischen König – also dich oder mich – aufzustöbern, ihn in die Enge zu treiben und zu stellen. Wer von uns beiden auf diese Art und Weise schachmatt gesetzt wird, der hat verloren. Der Sieger kann dem Unterlegenen die Bedingungen stellen. Willst du es dir nicht doch noch anders überlegen, Chakravartin? Wenn du dich freiwillig ergibst, würdest du dir die Schmach einer Niederlage ersparen. Du solltest meinen Rat befolgen.«

»Ich werde dich schlagen«, sagte der Januskopf siegessicher. »Wann können wir beginnen?«

»Jederzeit«, antwortete Luguri, und seine Dämonen kreischten vor Vergnügen. »Du hast den ersten Zug. Aber überstürze nichts! Lasse dir Zeit, um dich mit den Spielregeln vertraut zu machen und deine Figuren sorgsam auszusuchen.«

»Gupta-Periode?«, fragte Sue Thornton und nippte an ihrem Gin Tonic. Eine Weile starrte sie auf den riesigen Bronze-Elefanten vor ihrem Haus. Er besaß eine Schulterhöhe von gut sechs Metern, und von seinem Hinterteil bis zu den Spitzen der Stoßzähne maß er gut und gern zehn Meter. Eine imposante Statue, zig Tonnen schwer.

Als Sue aus dem Inneren des Hauses keine Antwort erhielt, wiederholte sie ihre Frage ärgerlich.

»Was sagst du, Liebling?« Ihr Mann fuhr zerstreut von dem Reißbrett hoch. »Was willst du über die Gupta-Zeit wissen?«

»Ob das Monster von einem Elefanten aus der Gupta-Periode stammt?«

Byron Thornton lächelte nachsichtig, steckte die Brille in die Brusttasche seines Hemdes und kam zu ihr. »Nach Gupta«, erklärte er. »Wie oft soll ich es dir noch sagen. Diese imposante Bronze-Plastik zeigt zwar viele Merkmale der Gupta-Zeit, doch an verschiedenen Details ist erkennbar, dass es sich um den typischen Pala-Stil handelt. Aber diese Verwechslung ist verzeihlich, denn der Pala-Stil ist eine Weiterführung des Gupta-Stils.«

»Tatsächlich?« Sue tat interessiert, aber ihre Augen blitzten spöttisch. »Ich frage mich nur, wie diese riesigen Figuren gegossen wurden.«

»In verlorenen Wachsformen«, erklärte ihr Mann und blickte ehrfürchtig zu der riesigen Bronze-Plastik hinüber. »Interessiert dich diese Technik? Dann will ich dir gern erklären, wie das Gießen vor sich ging. Die Figur wurde über einem Tonkern in Wachs modelliert, wobei die Wachsschicht der Stärke der Bronzeplastik entsprach. Die fertige Wachsplastik, mit Ventilen und Kanälen versehen, wurde mit einem Material umgeben, das beim Brennen erhärtete. Durch die dabei entstehende Hitze schmolz das Wachs, und die so entstandene Hohlform wurde mit Metall ausgegossen. Diese Bronzelegierungen bestanden meistens aus acht verschiedenen Metallen.«

»Wie interessant!«, sagte Sue mit wogendem Busen.

»Findest du?« Ihr Mann lächelte. »Wenn du willst, erzähle ich dir gern mehr Einzelheiten.«

Er zuckte erschrocken zurück, als seine Frau plötzlich eine heftige Bewegung machte und das Glas gegen die Wand schleuderte.

»Ich pfeife auf Einzelheiten!«, schrie sie und raufte sich das Haar.

»Das ist ja zum Auswachsen! Überall nichts als Ruinen und abergläubische Hindus, verkackte Yogis und Sadhus und diese scheußlichen Riesenfiguren. Wie viele sind es denn eigentlich? Zwanzig? Zehn?«

»Insgesamt zwölf«, sagte ihr Mann automatisch. »Sechs weiße und sechs schwarze. Sie setzen sich aus Elefanten, gehörnten Rössern und Streitwagen zusammen.«

»Halt den Mund!«, schrie seine Frau verzweifelt und hielt sich die Ohren zu. Sie rannte ins Arbeitszimmer ihres Mannes. »Ich ertrage das nicht mehr!«, schrie sie. »Ich halte es hier nicht mehr aus! Ich werde in diesem gottverlassenen Nest noch verrückt!«

»Ich verstehe dich ja«, versuchte ihr Mann einzulenken. »Sobald ich meine Arbeit abgeschlossen habe, fahren wir in die Staaten zurück.«

»Rühr mich nicht an!«, rief sie, als er sie in die Arme schließen wollte. Sie starrte ihn mit großen vorwurfsvollen Augen an und fragte: »Warum lässt du nicht alles liegen und stehen? Warum fahren wir nicht sofort zurück?«

»Du weißt, wie wichtig meine Aufgabe ist, Sue.«

»Nein, das weiß ich nicht. Erkläre es mir! Das kannst du ja so gut. Du kannst ja alles erklären.«

»Ich bin einer wichtigen Sache auf der Spur«, begann er, zögerte dann jedoch, als erwartete er wieder einen ihrer Gefühlsausbrüche. Als sie schwieg, fuhr er entschlossen fort: »Ich habe dir von der Legende erzählt, in der es heißt, dass der Berater eines Maharadschas vor über tausend Jahren eine Wunderwaffe entwickelte, mit der man jeden Krieg gewinnen konnte. Doch der Berater hatte vor der Anwendung seiner Waffe selbst solche Angst, dass er sie in ein Rätsel verpackte. Er entwickelte ein Schachspiel, das völlig aus der Norm schlägt. Es heißt, dass jener den Schlüssel zu der Wunderwaffe findet, der die Spielregeln des Schachspiels entschlüsselt.«

»Das müsste dir doch spielend gelingen«, sagte Sue hohntriefend. »Wo du doch ein so hervorragender Kriegsstratege bist!«

»In der Tat könnte diese Wunderwaffe, die über tausend Jahre alt ist, auch für die heutige Kriegführung von Bedeutung sein«, sagte ihr Mann. »Nur aus diesem Grund sind wir hier. Verzeih mir, dass ich dir das bisher verschwiegen habe.«

»Macht nichts«, sagte sie niedergeschlagen. »Es ist auch egal, warum wir hier sind. Entscheidend ist nur, dass wir hier sind. Und ich langweile mich zu Tode, Byron.«

»Nicht mehr lange«, sagte ihr Mann eifrig und führte sie zu dem Reißbrett. Auf einem Blatt Papier war ein Schachtbrettmuster gezeichnet. Sechs schwarze Felder wiesen je eine weiße Figur auf und auf ebenso vielen weißen Feldern waren schwarze Figuren zu sehen.

»Sieh her, Sue! Hier sind die Bronze-Plastiken, die riesigen gehörnten Rösser, die Elefanten und die Streitwagen eingezeichnet. Ich habe sie vermessen und herausgefunden, dass sie wie Figuren auf einem Schachbrett zueinander stehen.«

»Deshalb hast du mich also durch den Dschungel gezerrt«, knurrte Sue. »Nur um herauszufinden, dass diese monströsen Plastiken wie Schachfiguren zueinander stehen.«

»Jawohl, und es hat sich gelohnt. Nur ...«

»Was?«

Byron hob die Schultern und rieb sich über die Augen. »Nur«, fuhr er fort, »es fehlen die Bauern. Wir haben keine Hinweise gefunden, dass es in diesem Spiel auch Bauern gibt.«

»Vielleicht bist du einer der Bauern«, sagte Sue mitleidig.

»Das ist gut!«, rief Byron aus und lachte. »Sehr schlagfertig, Sue. Wirklich!« Sein Gesichtsausdruck veränderte sich. »Vielleicht ist das gar nicht so abwegig.«