Dorian Hunter 19 - Horror-Serie - Ernst Vlcek - E-Book

Dorian Hunter 19 - Horror-Serie E-Book

Ernst Vlcek

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Es war ihre Hochzeitsreise, doch es wurde eine Fahrt in die Hölle.
Begonnen hatte alles mit einem Autounfall auf der E 25, der Verbindung zwischen Sevilla und Cordoba. Drei ineinander verkeilte Autos blockierten die Straße. Aus einem der Wracks wurde ein Toter geborgen, dem beide Beine abgerissen worden waren.
Wie in Trance fuhren Lester und seine Frau Tina weiter - und hätten die alte Frau auf der einsamen Straße fast zu spät bemerkt. Sie blitzte nur kurz im Licht der Scheinwerfer auf, schrie etwas ... Dann war sie auch schon wieder verschwunden.
"Hast du verstanden, was sie gesagt hat?", fragte Lester.
Tina nickte. "Sie sagte, dass wir unserem Schicksal nicht entrinnen könnten. Einen von uns beiden erwarte das Fegefeuer, den anderen der Tod ..."

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 144

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

DIE VAMPIRIN ESMERALDA

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

mystery-press

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: Mark Freier

Datenkonvertierung eBook: César Satz & Grafik GmbH, Köln

ISBN 978-3-7325-8060-6

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

Auf Schloss Lethian an der österreichisch-slowenischen Grenze gerät der Reporter Dorian Hunter in ein Abenteuer, das seinen Verstand übersteigt. Die acht Männer, die seine Frau Lilian und ihn begleiten, sind seine Brüder – gezeugt in einer einzigen Nacht, als die Gräfin von Lethian, selbst eine Hexe, sich mit dem Teufel Asmodi vereinigte! Dorians Brüder nehmen die Offenbarung euphorisch auf. Nur Dorian will sein Schicksal nicht akzeptieren. Er tötet seine Mutter und eröffnet die Jagd auf seine Brüder. Danach steckt er das Schloss in Brand und flieht mit seiner Frau. Aber Lilian hat bei der Begegnung mit den Dämonen den Verstand verloren. Übergangsweise bringt Dorian sie in einer Wiener Privat­klinik unter, die auf die Behandlung psychischer Störungen spezialisiert ist – und begegnet kurz darauf der jungen Hexe Coco Zamis, die von ihrer Familie den Auftrag erhalten hat, Dorian zu töten. Doch Coco verliebt sich in den Dämonenkiller und wechselt die Seiten, wodurch sie nicht nur ihre magischen Fähigkeiten verliert, sondern da­rüber hinaus aus der Schwarzen Familie ausgestoßen wird.

Coco wie auch Dorian sind nun gleichzeitig Jäger und Gejagte, denn Dorian hat sich geschworen, seine Brüder, die das Feuer auf Schloss Lethian offenbar allesamt überlebt haben, zur Strecke zu bringen. In London tötet er Roberto Copello, nachdem dieser den Secret-Service-Agenten Donald Chapman auf Puppengröße geschrumpft hat. Mit Hilfe des Secret Service gründet Dorian die »Inquisitionsabteilung«, der nicht nur er selbst, sondern auch Coco und der Puppenmann Chapman fortan angehören. Ein weiteres »inoffizielles« Mitglied ist der geheimnisvolle Hermaphrodit Phillip, dessen Adoptiv­eltern von Dämonen getötet wurden. Zum Hauptquartier der Inquisi­tions­abtei­lung wird die Jugendstilvilla in der Baring Road, in der Phillip aufgewachsen ist, doch gleichzeitig stöbert Dorian Hunter weiter in der Bibliothek seines alten Reihenhauses in der Abraham Road nach Hinweisen auf dämonische Umtriebe – und stößt auf das Tagebuch des Barons Nicolas de Conde, der auf dem Eulenberg nahe Nancy im Jahr 1484 seine Seele dem Teufel verkaufte. De Conde bereute, wurde zum Hexenjäger und Mit­autor des »Hexenhammers« und starb als angeblicher Ketzer. Der Fluch erfüllte sich. Seither wird de Condes Seele nach jedem Tod in einem neuen Körper wiedergeboren – und tatsächlich gelingt es ihm als Dorian Hunter, Asmodi zu vernichten!

Aber Hunters Hoffnung, die Schwarze Familie entscheidend geschwächt zu haben, erfüllt sich nicht. Im Gegenteil, ausgerechnet Olivaro – ein Dämon, der Dorian bisher in seinem Kampf unterstützt hat – versucht Asmodis Nachfolge anzutreten! Während Coco sich eine Auszeit nimmt, sucht Dorian nach weiteren Hinweisen auf seine vergangenen Leben … und stößt auf die Geschichte eines Mädchens namens Esmeralda …

DIE VAMPIRIN ESMERALDA

von Ernst Vlcek

Es war ihre Hochzeitsreise, doch es wurde eine Fahrt in die Hölle.

Begonnen hatte alles mit einem Autounfall auf der E 25, der Verbindung zwischen Sevilla und Cordoba. Drei ineinander verkeilte Autos blockierten die Straße. Lester Nelson wurde von den Polizisten auf eine Nebenstraße eingewiesen. Zu allem Überfluss musste seine ohnehin ängstliche Frau noch mit ansehen, wie aus einem der Wracks ein Toter geborgen wurde, dem beide Beine abgerissen worden waren. Dieser Anblick war selbst für Lester, der sich für abgebrüht hielt, zu viel gewesen.

Und jetzt hatte er sich hoffnungslos verfahren. Weit und breit keine Umleitungs- oder Hinweisschilder, und es fuhren auch keine anderen Autos auf dieser Straße. Tina jammerte. Anfangs versuchte Lester, sie zu beruhigen, aber als alles gute Zureden nicht half und sie immer hysterischer wurde, fuhr er sie ziemlich grob an. Danach hielt sie wenigstens eine Weile den Mund.

1. Kapitel

Am Himmel brauten sich dunkle Gewitterwolken zusammen. Urplötzlich brach die Nacht herein. Für einige Sekunden herrschte eine fast unheimliche Stille. Die Welt schien den Atem anzuhalten. Und dann ging es los. Blitze zuckten über das Firmament. Der Donner rollte über das Land und ließ die Erde erbeben. Die Schleusen des Himmels öffneten sich wie am Jüngsten Tag. Es goss in Strömen.

Tina schrie auf und klammerte sich an Lesters Arm. Er wollte sie abschütteln, bekam seinen Arm aber nur gerade so lange frei, um die Scheibenwischer einzuschalten. Plötzlich schrie sie. Es war ein Entsetzensschrei, wie Lester ihn vorher von ihr noch nie gehört hatte. Beinahe hätte er die Herrschaft über den Wagen verloren, konnte das Lenkrad aber gerade noch herumreißen. Tina hing an ihm, als ginge es um ihr Leben.

»Halt den Mund!«, brüllte er außer sich vor Zorn. »Zum Teufel, lass mich los! Oder willst du, dass wir im Straßengraben landen?«

Tinas Schrei erstarb in einem Schluchzer. Sie klammerte sich noch immer an ihn und bohrte ihm ihre Nägel in den Oberarm.

»Ruf nicht den Teufel an!«, flehte sie mit schriller, unnatürlicher Stimme. »Er kommt sonst zu uns. Er lauert uns bereits auf. Sieh nur seine Spuren auf der Straße!«

Lester verlor die Beherrschung. Er riss sich mit aller Kraft von ihr los und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. Der Wagen rumpelte über Schlaglöcher. Lester trat instinktiv auf die Bremse. Tina wurde nach vorne geschleudert und schlug mit dem Kopf krachend gegen die Windschutzscheibe.

Er wollte sich fürsorglich um sie kümmern, doch sie schlug nach ihm. Dann flehte sie ihn schweratmend an: »Fahr weiter! Halt nicht an! Bitte, Lester, bring mich fort von hier! Siehst du nicht die Spur des Teufels?«

Das Mitleid, das er für sie empfunden hatte, war sofort wieder weggewischt. Er hatte gute Lust, ihr noch eine runterzuhauen. Aber plötzlich stutzte er. Sein Blick fiel auf die Straße. Er sah Vertiefungen im Asphalt, die er zuerst für Schlaglöcher gehalten hatte. Die Umrisse waren zu regelmäßig. Es handelte sich tatsächlich um Fußabdrücke und Abdrücke von Pferdehufen. Sie waren überdimensional groß und so angeordnet, als stammten sie von jemandem, der mit einem normalen Fuß und einem Pferdehuf herumlief.

»So fahr doch weiter!«, flehte Tina schluchzend.

Lester zwinkerte mit den Augen und fuhr langsam wieder an. Der Regen trommelte auf das Wagendach. Das Trommeln wurde lauter.

»Fahr schneller!«, bat Tina, die ihn sonst eher zu langsamem Fahren anhielt.

»Ich fahre fünfzig. Mehr ist bei dieser schlechten Sicht nicht drin.«

Die Scheibenwischer wurden der Wasserfluten kaum Herr. Als der Regen einen Atemzug lang etwas nachließ, stellte Lester erleichtert fest, dass im Asphalt keine Fußspuren mehr zu sehen waren. Alles nur Einbildung, sagte er sich. Er war von der langen Fahrt übermüdet, und Tinas Hysterie und abergläubische Furcht taten ihr Übriges. Wenn das Unwetter anhielt, würde er nicht mehr bis Cordoba, Tinas Geburtsstadt, durchfahren, sondern bei der nächsten Absteige übernachten.

»Was ist das, Lester?«, erkundigte sich Tina zitternd.

Das Trommeln des Regens war zu einem ohrenbetäubenden Stakkato angeschwollen; es hörte sich so an, als würden Steine aufs Wagendach prasseln.

»Es hagelt!«, stellte Lester verblüfft fest. Und das mitten im September in Südspanien! Aber jeder Zweifel war ausgeschlossen. Lester sah ganz deutlich durch die Windschutzscheibe, wie die Hagelkörner auf der Kühlerhaube des Wagens tanzten. Manche waren so groß wie Taubeneier. Die Straße war mit einer weißen, glitzernden Schicht bedeckt. Das Licht der Scheinwerfer brach sich in den Eiskristallen. Und es hagelte immer stärker. Die Körner, von denen manche nun schon die Größe einer Männerfaust hatten, sausten wie Geschosse auf den Wagen herunter.

»Ich halte es nicht mehr aus!«, kreischte Tina und hielt sich die Ohren zu.

Lester konnte sie sogar verstehen. Der Wagen ließ sich kaum noch steuern. Trotz des ohrenbetäubenden Lärms glaubte er das Knirschen der von den Rädern zermalmten Hagelkörner zu hören. Es hörte sich so an, als ob jemandem die Knochen gebrochen würden.

Hier ging es nicht weiter. Lester ließ den Wagen ausrollen. Kaum stand er still, hörte der Hagel so abrupt auf, wie er eingesetzt hatte. Tina saß völlig apathisch da. In diesem Augenblick sah sie wie eine Schwachsinnige aus. Als Lester sich jedoch anschickte, die Wagentür zu öffnen und auszusteigen, warf sie sich auf ihn und versuchte ihn zurückzuhalten.

»Wo willst du hin? Bleib bei mir!«

Er stieß sie fort. »Sei nicht närrisch! Ich will mich nur einmal umsehen.« Er stieg aus und versank bis zu den Knöcheln in den knirschenden Eiskörnern. Die Karosserie seines Wagens war völlig verbeult. Das Blech sah aus, als hätte man es mit dem Vorschlaghammer bearbeitet.

»Lester!«

Er wirbelte herum, als er Tinas Aufschrei hörte, eine passende Zurechtweisung auf der Zunge; sein Ärger verrauchte aber sofort, als er in die Richtung ihrer ausgestreckten Hand blickte. Im Licht der Scheinwerfer war eine undeutlich zu erkennende Gestalt aufgetaucht. Lester konnte nur feststellen, dass sie in einen schwarzen Umhang gehüllt war.

»He, Sie da!«, rief er in seinem gebrochenen Spanisch. »Können Sie uns sagen, wo wir hier sind?«

Die Gestalt wich einige Schritte zurück. Dann ertönte ein schrilles Lachen, und eine krächzende Stimme sagte irgendetwas, das Lester nicht verstand.

»Lester!«, rief Tina mit weinerlicher Stimme. »Komm, fahren wir schnell weiter, bevor …«

Er griff blitzschnell durch die offene Tür in den Wagen und schaltete das Fernlicht ein, sah aber nur noch, wie die Gestalt mit wehendem Umhang feldeinwärts rannte. Er war nun sicher, dass es sich um eine Frau handelte.

»Komische Alte«, murmelte er, während er sich wieder hinter das Lenkrad klemmte. »Was hat sie uns denn zugerufen? Hast du sie verstanden?«

Tina fröstelte und sagte: »Versprich mir, dass du bis Cordoba durchfährst, Lester! Halte nicht mehr an, was auch passiert! Ich werde erst aufatmen, wenn wir bei meinen Eltern sind.«

Er fuhr wieder an. Einen Kilometer weiter war die Straße frei von Hagelkörnern. »Willst du mir nicht endlich verraten, was die Alte gesagt hat?«

Tina hatte die Lippen fest zusammengepresst. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie ihm antwortete, und ihre Stimme klang fremd, als sie sagte: »Sie hat uns prophezeit, dass wir unserem Schicksal nicht entrinnen könnten. Einen von uns beiden erwarte das Fegefeuer, den anderen der Tod.«

Lester lachte auf und schüttelte den Kopf. »So ein Unsinn!«

Ein Blick in Tinas Gesicht zeigte ihm, dass sie nicht seiner Meinung war.

Zehn Kilometer weiter ging es bergab. Unten war die Straße überschwemmt. Ein Pferdefuhrwerk und ein Lastwagen standen quer. Der Kutscher und der Lastwagenfahrer diskutierten erregt miteinander. Als Lester den Morris wenige Schritte vor ihnen anhielt, gestikulierten sie temperamentvoll in seine Richtung. Aus ihren Handbewegungen schloss er, dass es hier nicht weiterging und er besser umkehren solle.

»Erkundige dich einmal, wo wir hier sind und was der kürzeste Weg nach Cordoba ist«, bat er seine Frau und stieg aus.

Tina blieb im Wagen sitzen und unterhielt sich durch das heruntergekurbelte Fenster mit den beiden Männern.

»Was sagen sie?«, erkundigte sich Lester schließlich ungehalten, der kaum ein Wort verstanden hatte.

»Wir sind in der Nähe von El Rubio, gut zwanzig Kilometer von der E 25 entfernt«, sagte Tina. »Die beiden meinen, dass wir am sichersten nach Cordoba kämen, wenn wir über Estapa und Puente Genil führen.«

»Gibt es denn keinen kürzeren Weg?«

»Doch«, sagte Tina und biss sich auf die Lippe. »Es gibt eine Abkürzung, aber die beiden meinen, sie sei gefährlich.«

»Inwiefern gefährlich?«

»Ich weiß es nicht – und möchte es auch gar nicht wissen«, sagte Tina fröstelnd. »Mir genügt es, dass sich der Kutscher bekreuzigte, als der Lastwagenfahrer die Abkürzung erwähnte. Sie sind sich jedenfalls beide einig, dass sie lieber meilenweit gehen würden, als die Abkürzung zu nehmen.«

»Und den Grund dafür haben sie nicht genannt?«

Tina wandte sich noch einmal an die beiden Einheimischen. Diesmal bekreuzigten sich beide und gestikulierten beschwörend.

»Was ist?«, fragte Lester.

»Sie drücken sich nicht klar aus«, meinte Tina unsicher. »Aber in dem Gebiet, durch das die Abkürzung führt, passieren anscheinend unheimliche Dinge. Menschen sollen dort spurlos verschwunden sein und, und … Ich habe Angst, Lester. Wir wollen doch besser den Umweg über Puente Genil nehmen.«

»Du glaubst doch nicht, dass ich etwas auf dieses Geschwätz gebe«, sagte er abfällig. »Du willst so schnell wie möglich zu deinen Eltern – also nehmen wir die Abkürzung. Und kein Wort mehr darüber!«

»Das ist keine Straße, sondern ein Eselspfad«, murmelte Lester.

Tina schwieg. Sie hatte kein Wort mehr gesprochen, seit sie von der überschwemmten Straße in diesen Feldweg abgebogen waren.

Lester ließ sie schmollen. Er war ebenfalls zu stur, um den Versuch einer Versöhnung zu machen. In der Hochzeitsnacht würde schon alles wieder ins Lot kommen.

Links und rechts des Weges standen jetzt Bäume. Lester fuhr in eine Kurve und plötzlich tauchte völlig überraschend ein Gebäude vor ihm auf. Er bremste abrupt und ließ den Wagen vor dem Haus ausrollen.

»Halleluja!«, rief er freudig aus. »Ich dachte schon, dieses Gebiet sei völlig ausgestorben. Wir haben Glück, Tina. Das sieht mir ganz nach einer Hosteria aus. Hier bekommen wir sicher Zimmer für eine Nacht.«

Tina drückte sich tiefer in den Sitz und warf scheue Blicke durch die Seitenfenster des Wagens. Das ineinander verschachtelte Gebäude war im maurischen Stil gehalten. Die Läden der kleinen Fenster im Obergeschoss waren alle geschlossen; nur hinter einem brannte Licht. Die Fenster des Erdgeschosses waren dagegen fast alle erhellt. Die Tür zum Hauptgebäude stand offen. Ein verrottetes Schild über der zweiten Tür, von der eine Treppe in ein Kellergewölbe führte, verkündete, dass dies die Bodega sei, aber es drangen keine Geräusche an ihr Ohr, die verkündeten, dass sich hier Gäste in weinseliger Laune unterhielten.

In der Tür erschien ein Mann mit einer schmutzigen Schürze. Er war korpulent, hatte ein feistes Gesicht, aber seine Haltung verriet andalusischen Stolz. Zweifellos handelte es sich um den Wirt und Besitzer des Gasthofes.

»Hallo, Patron!«, rief Lester vergnügt, während er aus dem Wagen stieg. »Haben Sie in Ihrer Hosteria noch Zimmer frei – Cuarto?«

Der Wirt runzelte zuerst die Stirn, dann schien er zu verstehen. Er kam mit einem breiten, freundlichen Lächeln näher. »Si, Señor. Cuarto – cama matrimonio.«

»Ausgezeichnet!«, rief Lester überschwänglich. »Ein Zimmer mit Doppelbett wäre richtig. Das brauchen wir, nicht Tina?«

Tina saß zusammengekauert auf dem Beifahrersitz. Sie wandte kurz den Kopf und sagte trotzig: »Ich steige nicht aus.«

»Willst du im Wagen übernachten?«

Ihre Verkrampfung löste sich etwas. In ihre Augen kam wieder der ängstliche Ausdruck, ihr Ton wurde bittend. »Lester, lass uns bitte weiterfahren!«, sagte sie mit weinerlicher Stimme. »Dieses Haus ist mir unheimlich. Es macht einen so verkommenen Eindruck. Schau nur, wie schmutzig das alles ist! Fahren wir weiter!«

Er spürte, wie abermals die Wut in ihm hochstieg. Er setzte gerade zu einer heftigen Entgegnung an, doch da schaltete sich der Wirt ein.

»Ah, Sie sind Engländer!«, meinte er in akzentreichem Englisch. »Ich hätte es am Kennzeichen sehen müssen. Sie haben einen englischen Wagen. Da, sehen Sie nur!« Er deutete zum anderen Ende des Parkplatzes. Wegen der Dunkelheit war der Wagen nicht sofort aufgefallen. »Das ist auch ein Engländer. Er ist heute Nacht zu Gast bei mir.«

»Ein Landsmann von mir? Was für ein Zufall! Tina, hast du das gehört? Der Wagen dort gehört einem Engländer. Jetzt erkenne ich, dass es sich um einen Rover handelt.«

»Lester, ich möchte weiter. Ich fürchte mich.«

»Wovor fürchtest du dich denn nicht?«, rief er unbeherrscht. »Du hast vorm Autofahren Angst und vor dem Gewitter, willst nicht bei Nacht auf dieser Straße fahren und nun, wo ich eine Übernachtungsmöglichkeit gefunden habe, weigerst du dich, den Wagen zu verlassen. Jetzt reicht es mir aber!«

Der Wirt war ihrer kurzen Auseinandersetzung aufmerksam gefolgt, schien aber nicht viel verstanden zu haben. Er fragte mit unsicherem Gesicht: »Soll ich Ihr Gepäck tragen?«

»Ja«, antwortete Lester entschlossen. Er sperrte den Kofferraum auf und nahm einen Koffer heraus. »Das genügt. Wir bleiben nur eine Nacht.«

Der Wirt packte den Koffer und ging auf das Haus zu. Tina schluchzte leise.

»Hab dich nicht so!«, herrschte Lester sie an. »Wenn diese Absteige für einen Rover-Fahrer gut genug ist, werden wir uns auch damit zufriedengeben können.« Er öffnete die Beifahrertür, zog Tina am Arm heraus und führte sie zum Eingang des Gasthofes. Ihr Widerstand war gebrochen; sie setzte sich nicht mehr zur Wehr, aber die Tränen rannen ihr nur so übers Gesicht.

Das kann ja eine heitere Hochzeitsnacht werden, dachte er.

Der Wirt stellte den Koffer an der Rezeption ab und ging hinter das Pult. Im Vorübergehen schlug er mit der Hand auf eine Glocke. »Rita, meine Frau, wird Ihnen die Zimmer zeigen«, erklärte er.

»Ich freue mich aufs Bett«, sagte Lester und zwinkerte Tina zu, die sich aber von ihm abwandte.

»Sie werden sich in meinem Haus sehr wohlfühlen«, versicherte der Wirt. »Ich gebe Ihnen die besten Zimmer. Ja, ja, es ist ein ruhmreiches, ehrwürdiges Haus. Alte Mauern. Uralt, Señor. Si. Ein Haus mit – wie sagt man – mit Tradition.« Er schnippte mit dem Finger, als er das gesuchte Wort gefunden hatte.

Lester blickte sich ungeduldig um. »Wo ist Ihr anderer Gast – der Engländer? Hat er sich auf sein Zimmer zurückgezogen?«

»Si. Aber er hat versprochen, in der Bodega meinen Wein zu kosten. Vorzüglicher Wein, Señor. Der Amontillado südlich von Cordoba.«

Lester nickte ungeduldig. »Wo bleibt denn Ihre Frau?«