Drei Karotten für Jean-Richard - Sylvester Pettr Clarkey - E-Book

Drei Karotten für Jean-Richard E-Book

Sylvester Pettr Clarkey

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Beschreibung

Der Feldhase Jean-Richard lebt in Paris und verdient seinen Lebensunterhalt als Fremdenführer. Vielen Tieren aus aller Welt zeigt er diese faszinierende Metropole. Zu seinem vollkommenen Glück fehlt ihm noch die Partnerin fürs Leben. Aber wie kann er sie finden? Jean-Richard hat eine originelle Idee und trifft schon bald einige Nager-Damen. Seine Erfahrungen teilt er mit seinem Freund, dem Schwarzlippigen Pfeifhasen Charles, der ihm immer wieder gute Ratschläge erteilt. Witzig und frivol schildert der Autor, wie Jean-Richard sich auf der Suche nach einer Partnerin macht. Wie er die Frauen, die ihm geschrieben haben, und ihr Umfeld sondiert und, was dabei herauskommt.

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Inhaltsverzeichnis

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

52. Kapitel

53. Kapitel

54. Kapitel

55. Kapitel

56. Kapitel

57. Kapitel

58. Kapitel

59. Kapitel

60. Kapitel

61. Kapitel

62. Kapitel

63. Kapitel

64. Kapitel

65. Kapitel

66. Kapitel

67. Kapitel

68. Kapitel

69. Kapitel

70. Kapitel

71. Kapitel

72. Kapitel

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.1. Kapitel

Hase Jean-Richard du Petit Déjeuner steht am Bahnsteig der U-Bahn-Station „Pigalle“ in Paris. Seine Schlappohren hängen über dem zottigen braunen Fell, die dunkelbraunen Haare hat er ordentlich über seinen Kopf mit Pomade geklebt, damit man die beginnende Glatze nicht so sehr sieht. Denn die Luft ist nicht immer gut in Paris. Sie ist oft so schlecht, dass sogar den dort arbeitenden Hasen die Haare ausfallen können.

Hase Jean-Richard, ein Feldhase im besten Alter, beobachtet das Treiben am Bahnsteig. Schon seit langem sucht er eine Häsin, eine Frau fürs Leben, aber dank der weltweiten Finanzkrise hat er all sein Vermögen durch „faule Aktien“ bei der „Walking-Bank“ in Los Angeles verloren – und kann sich nicht mal mehr einen Luxusstall in Paris leisten.

Er verdient sein Geld jetzt als Fremdenführer in Paris.

„Adrette Erscheinung“, denkt er, als Marie-Fabienne Macrogole, ein Borstenkaninchen-Weibchen, vorbeihoppelt. „Ob ich wohl bei ihr landen kann?“

Parfümgeruch kitzelt in seiner Nase. „Chanel-Lapin Nummer Fünf“ oder etwas Ähnliches. Hase Jean-Richard hat keine Ahnung von weiblichen Kaninchendüften. Dazu lebt er schon zu lange in Paris. Seit Ewigkeiten hat er den Duft von frisch gemähtem Gras, von saftigen Wiesen und von bunten Blumen nicht mehr gerochen. Hat seine Ex-Freundin Lysann-Claudette nicht immer gesagt, außer Bierund Zigarettengerüchen habe er sowieso nichts in der Nase?

Na ja, Lysann-Claudette. Dieses Kapitel ist endgültig abgeschlossen.

Die schwarzgelockte Kaninchendame neben ihm fesselt ihn. Die dezent zurückgelegten Löffel stehen ihr ausgezeichnet, die Lippen haben einen interessanten Rosaton. Einen aufreizenden Rosaton.

Ihre schwarze Blume (Hinterteil) mit weißen Strähnchen sieht klasse aus.

Hase Jean-Richard schwitzt. Wie kann er das Objekt seiner Begierde auf sich aufmerksam machen?

Verhalten hüstelt er.

Seine Löffel stehen aufrecht nach oben – so dass er jede Regung der Kaninchendame spüren kann!

Doch nichts geschieht. Die Blicke der Schönen hängen an der Anzeigentafel, die die nächste U-Bahn nach Notre Dame ankündigt.

Aber U-Bahn – wer sagt in Paris schon U-Bahn? Métro heißt eine U-Bahn in Paris.

Hase Jean-Richard fummelt an seiner Krawatte herum – den Eiffelturm in allen Farben auf dunkelblauer Seide. So eine Krawatte braucht man als Fremdenführer in Paris. Man muss ja ordentlich und sympathisch bei den Touristen rüberkommen. Und das Eiffelturmdesign sei gerade in, hat ihm die Verkäuferin gesagt, als sie ihm die Krawatte aufschwatzte. Er trägt sie fleißig.

Nichts passiert. Dem Borstenkaninchen-Weibchen neben ihm kommt es nicht in den Sinn, ihn auch nur eines Blickes zu würdigen.

Wo sie wohl arbeitet? Vielleicht im Gärtner-Team, in der Umgrab-Gruppe, im Schlossgarten von Versailles? Oder als Werbe-Ikone in einer Firma, die Schokoladen-Osterhasen herstellt? Vielleicht auch in einem Reisebüro, das Osterreisen vermittelt?

Versonnen schlenkert er seine Schlappohren hin und her, so dass diese leicht gegen sein Rückgrat hauen. Seine Flauschhaare auf dem Rücken, die Jean-Richard jeden zweiten Tag wäscht und fast jede Stunde kämmt. Hase Jean-Richard liebt diese Flauschhaare auf seinem Rücken – sein ganzer Stolz ist, dass ein Mittelscheitel genau in der Mitte seines Rückgrats hängt.

Das sanfte Knallen seiner Löffel wird jäh verschluckt von der heranbrausenden Métro in Richtung Notre Dame.

Hoffnungslos beobachtet Jean-Richard, wie die das schöne Borstenkaninchen-Weibchen Marie-Fabienne Macrogole in die Métro hoppelt und verschwindet.

Sie hat nicht einen Blick an den Hasen neben ihr vergeudet.

2. Kapitel

Endlich daheim im Stadtteil Pigalle, in seinem Stall des Kellergeschosses des Hauses Nummer 7 der Rue Laforgue-Bernard wirft Hase Jean-Richard seine glänzenden schwarzen Socken unter den dunkelroten Cordsamthocker.

Wieder ein Feierabend – alleine mit seinen angenagten Karotten und den Gurkenschalen. Alleine zwischen Unmengen an Zeitschriften und ungelesener Bücher über Paris und den dreckigen Fressnäpfen von sieben Tagen.

Eigentlich hat er das Alleinsein satt. Es ödet ihn an, fast jeden Abend alleine zu sein. Er vermisst ein Gegenüber – eine Häsin zum Anfassen. Eine Häsin, mit der man reden kann. Eine Häsin, die zu ihm passt. Zu gerne will er sich ändern – für die Häsin seiner Träume.

Aber es scheint absolut nicht einfach zu sein, diese zu finden.

Bis er das Hasenalter erreicht hatte, das dem Menschenalter von dreißig Jahren entsprach, hatte er nie an eine feste Bindung gedacht. Die weite Welt lockte, Karottensuchtouren mit befreundeten Hasen in der Bretagne, Raumfahrt in Russland, Schnellzugfahren in China und weitere Reisen. Beruflich hatte er sich seine Karriere als Fremdenführer aufgebaut.

Immer wieder kostete er von dem Saft der Liebe. Allerdings schritt er nur durch kurze Episoden, kurze Partnerschaften. Es galt, so viele Häsinnen wie möglich in seine Nähe zu bekommen, ihnen zu zeigen, wie man vor Leidenschaft raste. Ihnen zu zeigen, was für ein toller Hase er war, was für eine toll duftende Blume er hatte.

Allerdings dauerten seine Beziehungen nie länger als ein paar Tage. Wenn es dann dazu kam, „Nägel mit Köpfen“ zu machen, eine festere Beziehung einzugehen, schreckte er entweder zurück oder die jeweilige Häsin.

Mit wie vielen Häsinnen hatte er schon gerammelt, wie oft drang er in sie ein, spürte das Nass ihres „Geheimeingangs“, das sich mit seinem Samen mischte. Nach jeder Beziehung allerdings blieb der schale Geschmack des Versagens zurück. Wieder hatte es nicht geklappt, das gemeinsame Glück lag vor ihm zerbrochen wie dünnes Glas.

Ob aus seinen Liebesabenteuern mit diversen Häsinnen kleine Hasen hervorgegangen waren, erfuhr er nie. Vielleicht war schon halb Paris voll mit seinen Nachkommen...

Dennoch kann er nicht genug bekommen. Ihn faszinieren die Häsinnen, er will eine für immer an sich binden.

Aber wie soll er das anstellen?

Langsam schlurft er zu seinem Möhren-Vorratsschrank und holt eine Dose „Deck’s Bier“ heraus. Dieses hatte er schon in Marseille und Lille genossen – oder war es ein Bier der Brauerei „Nager“?

Auch egal. Lysann-Claudette hat den Möhren-Vorratsschrank vor exakt drei Wochen geputzt, aber ihm, Jean-Richard, ist es gelungen, ein buntes Sammelsurium durcheinander gewürfelter Lebensmittel daraus zu gestalten.

Vielleicht ist es Zeit, seinen Wohnstall im Kellerloch aufzuräumen?

Heute jedoch steht ihm gar nicht der Sinn danach. Er lässt sich in seine bequeme Ruhekiste, die er mit altem Stroh gepolstert hat, plumpsen und knipst „Eurosport“ an. Fernsehen – die Droge, die ihn immer schon beruhigt hat. Genau das, was er auch jetzt braucht.

3. Kapitel

Sechs Uhr morgens. Tick, tick, tick – ding, ding, ding! Der Wecker reißt Hase Jean-Richard nur allzu heftig aus seinen süßen Träumen. Schon wieder ein Arbeitstag! Na, dann mit frischer Kraft auf in den neuen Tag!

Der Kaffee, Marke „Wilde Bohne“, mundet köstlich. Und auch die Knusperkarotte aus dem Hause „Bonjour Carotte“ wird für Jean-Richards Fitness am Morgen sorgen.

So schlecht sieht ja sein etwas herunterhängender Bauch beileibe nicht aus, findet Hase Jean-Richard. Damit wirkt er wenigstens gemütlich und umgänglich. Welcher Hase kann das schon von sich sagen?

Im Radio trällert die Gruppe „Moustache“ einen ihrer Riesenhits. Hase Jean-Richard zieht sich seine blauen Glanzsocken an und bindet seine Fremdenführer-Krawatte um seinen Hals. Kalt soll es heute werden und herbstlich – da dürfen die Pfoten nicht frieren.

Hase Jean-Richard geht das Alleinsein langsam auf die Nerven. Wie schön wäre es, wieder das flauschige Fell einer Häsin neben sich zu spüren, einen sanften Kuss auf die Hasenwange gehaucht zu bekommen? Lysann-Claudettes sollte es nicht mehr sein, der Typ Frau wie an der U-Bahn-Station ist für einen Hasen mit einem leicht hängenden Bauch unerreichbar.

Hase Jean-Richard wünscht sich einfach eine nette Häsin, die seinen Kellerstall belebt, mit ihm an arbeitsfreien Tagen zum Möhrensuchen tigert und abends mit ihm seine gemütliche Kiste teilt.

Aber wie findet er diese Häsin?

Dieser Gedanke verfolgt ihn in der U-Bahn und dann, als er einer Gruppe Ratten aus China das Viertel um die Kathedrale Notre-Dame zeigt. Wie schade, dass seine heutigen Kunden Ratten sind! Einige nette Weibchen sind ja schon dabei, aber Jean-Richard sucht seinesgleichen und will sich nicht mit anderen Tieren paaren! Irgendwie hat ihn das Schicksal übergangen, ihm das Glück in der Liebe bisher nicht gegönnt.

Gedankenverloren schlendert er von der U-Bahn-Station in Richtung zu dem Kellerstall, den er schon seit Jahren gemietet hat. Seine Gedanken schlagen Kapriolen in seinem Gehirn, dass er einfach das Klimpern nicht mehr hört. Das Klimpern, verursacht durch ein Zwei-Euro-Stück, das plötzlich aus seiner Fremdenführer-Handtasche purzelt.

Doch der Schwarzlippige Pfeifhase von Pigalle hat es gemerkt, sammelt das Geldstück auf und hechtet Hase Jean-Richard hinterher.

„Sie haben etwas fallen lassen!“, brüllt er. „Geldstück:innen sind so wertvoll heutzutage…“

Abrupt bleibt Hase Jean-Richard stehen, wie vom Donner gerührt. Es gibt noch ehrliche Seelen auf dieser kalten Welt, die Zwei-Euro-Stücke ihren Besitzern zurückgeben!

„Danke!“, lächelt Hase Jean-Richard beinahe scheu den gendernden Schwarzlippigen Pfeifhasen an und steckt das Geldstück in einen seiner Glanzsocken. „Ich sehe Sie jahrelang an dieser Station als Stationsvorsteher Ihren Dienst verrichten, aber noch nie sind wir miteinander ins Gespräch gekommen!“

„So geht es mir auch!“, grinst der Schwarzlippige Pfeifhase. „Sie wohnen schon lange in Pigalle, nicht wahr?“

„Klar!“ Hase Jean-Richard mustert den Pfeifhasen vor ihm, dessen schwarze schlanke Gestalt in einer blauen Uniform steckt. „Und Sie? Wohnen Sie auch hier?“

„Nein – ich komme ja ursprünglich aus Peru, wo meine Rasse ‚Schwarzlippiger Pfeifhase‘ beheimatet ist. Aber schon seit mindestens fünf Jahren wohne ich in Montparnasse, das ist ja nicht weit entfernt. Mit der Metro (U-Bahn) ist es ein Katzensprung...“

Hase Jean-Richard wundert sich, wie einfach es auf einmal scheint, mit einem Schwarzlippigen Pfeifhasen Bekanntschaft zu schließen. Eigentlich ein netter Pfeifhase, der sicherlich eine tolle Freundin zu Hause hat.

Ehe sie sich versehen, sind sie auf einmal ins Gespräch vertieft. Charles Petit-Pomme heißt der Schwarzlippige Pfeifhase, und er ist sogar verheiratet. Hase Jean-Richard staunt.

„Aber ich würde nie wieder heiraten!“ Charles Petit-Pomme schüttelt den Kopf. „Mit meiner Frau bin ich total vom Regen in die Traufe geraten! Dauernd schimpft und beißt sie und bringt die beiden Kinder:innen gegen mich auf. Seien Sie froh, dass Sie nicht verheiratet sind!“

„Froh? Ich?“ Hase Jean-Richard schüttelt energisch den Kopf. „Ich habe viel zu lange damit gewartet. Und jetzt ist der Zug in diese Richtung wahrscheinlich abgefahren. Seien Sie froh, dass Sie nicht Hasensingle sind! Ich fühle mich manchmal wirklich einsam!“

„Man sieht es Ihnen aber nicht an!“, meint Charles Petit-Pomme. „Sie machen eher einen gelösten Eindruck – ganz im Gegensatz zu den Singl:innen, die tagtäglich zu dieser Bahnstation hoppeln, kriechen und springen.“

Hase Jean-Richard wundert sich nur noch. War er doch überzeugt, das Aushängeschild „Suche Häsin für lebenslange Hoppelaktivitäten“ müsste jeder Hase und jede Häsin weithin leuchten sehen. Das scheint jedoch ganz und gar nicht der Fall zu sein.

Sie diskutieren eingehend über die Vor- und Nachteile des Single- und Familienlebens bei Hasen.

„Geben Sie doch eine Kontaktanzeige auf!“, rät Charles Petit-Pomme seinem neuen Freund schließlich. „Ich kenne etliche Has:innen, die damit bereits Volltreffer erzielt haben.“

„Hmm – ich weiß nicht recht.“ Hase Jean-Richard ist von dieser Idee nicht ganz überzeugt. „Viele Lebewesen – und auch Hasen - zeigen doch Hemmungen, auf eine Kontaktanzeige zu reagieren.“

„Probieren Sie es doch einfach aus, bevor Sie Spekulation:innen anstellen!“ Charles Petit-Pomme lächelt Jean-Richard aufmunternd zu. „Solange Sie diese Möglichkeit nicht ausprobiert haben, können Sie nicht sagen, dass für Sie in Sachen Partner:innen der Zug bereits abgefahren ist.“

„Vielleicht haben Sie doch Recht. Ich sollte mir einen originellen Text einfallen lassen. Etwas, das noch nie da war. Etwas, das Häsinnen sofort ins Auge schießt.“

„Na – bravo! Jetzt gefallen Sie mir! Überlegen Sie sich für Ihre Anzeige besondere Buchstab:innen, die attraktive Wort:innen ergeben! Ich hoffe doch, dies war nicht unsere letzte Unterhaltung?“

„Bestimmt nicht!“ Hase Jean-Richard lächelt, verabschiedet sich von dem Schwarzlippigen Pfeifhasen Charles Petit-Pomme und schlendert langsam zu seinem Stall.

Und er dachte schon, dieser Tag sei wie jeder andere. Dabei hat er einen neuen Freund gewonnen. Dieser Charles Petit-Pomme besitzt wirklich Power – schade, dass seine Ehe ein solcher Reinfall ist!

Die Idee mit der Kontaktanzeige hört sich gut an. Und in Jean-Richards Gedanken reift plötzlich eine Idee...

4. Kapitel

Wie bitte?“ Das Löwenkopfkaninchen-Weibchen an der Anzeigenannahme des „Journal pour les lapins“ (auf Deutsch: Hasenkurier) blickt Hase Jean-Richard fragend in die grünen Augen. „Wiederholen Sie diesen Anzeigentext nochmals!“

„Biete bemanntes Sofakissen!“ Hase Jean-Richard schüttelt den Kopf. Wie umständlich sich manche Hasen und Kaninchen gebärden, wenn man einen Anzeigentext erfindet, der nur ein bisschen außerhalb der Norm liegt!

„Okay.“ Die Kaninchendame schluckt hörbar. „Schreiben wir das also in die Anzeige. Soll noch ein anderer Text dazukommen?“

„Ja. ‚Flotter Feldhasen-Vierziger wartet auf deine Zeilen – ich freue mich auf dich’.“ Hase Jean-Richard bleibt ganz gelassen. Nur einige Minuten noch, und er kann aus diesem komischen Zeitungsgebäude huschen!

Die Kaninchendame schnauft. „Eine Kleinanzeige mit Chiffre – vierzehn Worte – das macht genau 18,50 Euro! Aber Sie haben noch folgende Vorteile: Zuschriften zu Ihrer Anzeige kommen nicht nur per Post, sondern wir werden sie auch an eine eigens dafür vorgesehene E-Mail-Adresse schicken. Sind Sie damit einverstanden?“

Hase Jean-Richard lächelt. Kontaktanzeigen sind nicht billig – aber warum soll er auf das Geld sehen, wenn er vielleicht die Häsin fürs Leben findet? Wortlos kramt er die Summe heraus und legt sie auf den Schreibtisch vor sich.

„Klar bin ich damit einverstanden!“, sagt er.

Das Löwenkopfkaninchen-Weibchen verstaut das Geld in einer Schublade und händigt Hase Jean-Richard eine Quittung aus. Hübsch sieht die Kaninchendame aus, blaugrau, schmal und drahtig. An ihrem linken Löffel prangt demonstrativ ein Goldring. Ein Zeichen dafür, dass sie verheiratet sein muss.

Wahrscheinlich musste sich diese Kaninchen-Dame noch nie außergewöhnliche Anzeigen ausdenken, um sich den Kaninchen-Mann fürs Leben zu angeln, denkt Hase Jean-Richard schon beinahe neidisch.

Erlöst springt Hase Jean-Richard aus dem Gebäude und hastet zur U-Bahn-Station.

In der Hand hat er auch seine neue E-Mail-Adresse. [email protected] heißt sie, und er findet sie äußerst passend.

In Pigalle läuft ihm der Schwarzlippige Pfeifhase Charles Petit-Pomme fast schon in die Arme.

„Ich habe die Anzeige bereits heute aufgegeben!“, raunt ihm Hase Jean-Richard glücklich zu. „Jetzt bin ich auf das Ergebnis gespannt!“

„Gratulation, lieber Freund!“ Charles Petit-Pomme freut sich sichtlich. „Sie werden mir doch erzählen, wer Ihnen schreibt?“

„Das will ich gerne tun!“ Hase Jean-Richard gefällt sein neuer Freund immer besser, und spontan schlägt er vor:

„Wenn wir schon so vertraulich miteinander reden, könnten wir uns doch duzen! Was meinen Sie dazu?“

„Natürlich sagen wir ‚du’! Ich heiße Charles!“ Charles‘ Augen blitzen wie Weihnachtskerzen, als er seinem neuen Freund auf die Schultern klopft. „Und wie heißt du?“

„Hase Jean-Richard – typisch pariserisch eben!“

„Toll, Jean-Richard! Wir sollten jetzt eigentlich auf unser Wohl anstoßen! Leider darf ich im Dienst keine alkoholischen Getränk:innen trinken. Aber ich kann dich zu einer Tasse Kaffee einladen. Hast du Lust?“

Das lässt sich Hase Jean-Richard nicht zweimal sagen. Er – der Kaffeefetischist, wie er in jeder Hasen-Enzyklopädie steht.

Fröhlich folgt er Charles ins Stationshäuschen.

Geschickt gießt Charles das duftende, heiße Getränk aus einer silberfarbenen Warmhaltekanne in zwei Pappbecher.

„Auf uns!“, ruft er dann und hebt seinen Becher. „Diese Becher:innen waren ein Sonderangebot aus dem Supermarché (Supermarkt) in Montparnasse! Sind sie nicht geil?“

Hase Jean-Richard lächelt über seinen gendernden und gut gelaunten Schwarzlippigen Pfeifhasenfreund Charles und prostet ihm fröhlich zu.

„Klar – das Muster ist wirklich sowas von geil!“ Von allen Seiten betrachtet er den Becher, der eine Häsin zeigt, die gegen eine Tür rennt.

Beide Hasen haben es sich auf zwei alten Holzstühlen gemütlich gemacht.

„Wie lautet denn dein Anzeigentext?“, will Charles wissen.

„Bevor ich dir das verrate, sollte ich dir meine Vorüberlegungen schildern.“ Hase Jean-Richard nimmt einen großen Schluck und fährt sich über sein leicht fettiges Fell am Kopf. „Ich arbeite als Fremdenführer. Wenn ich mit meinen Kunden spreche, sage ich immer: ‚Paris bietet Ihnen...’ Warum sollte ich den Spieß nicht einfach herumdrehen und den Häsinnen auf mich Appetit machen?“

„Das klingt sehr spannend. Und wie hast du den Anzeigentext gestaltet?“

„Der Schlankste bin ich ja nicht gerade...“ Beinahe frustriert blickt Hase Jean-Richard auf seinen Bauch. „Wenn ich allerdings diese Tatsache verheimliche, ist so manche Häsin vielleicht geschockt, wenn wir uns persönlich kennen lernen. Also beschloss ich, die Vorteile meiner Figur hervorzuheben“, Hase Jean-Richard grinst schelmisch. „Ich schrieb einfach: ‚Biete bemanntes Sofakissen’.“

Sein Gegenüber schweigt zunächst. Dann aber hellt sich sein Gesicht auf.

„Diese Idee ist riesig – phänomenal! Darauf muss man erst einmal kommen! Mit diesem Text kann man eigentlich keine Fehler:innen machen!“

„Genau das denke ich auch!“, lacht Hase Jean-Richard und hebt noch einmal seinen Pappbecher triumphierend in die Höhe.

5. Kapitel

Jacqueline Dubois betritt ihren Zwei-Zimmer-Stall im Stadtteil Haussmann Saint-Lazare.

„Endlich erlöst!“, denkt sie und lässt sich auf ihr braungelb kariertes Sofa plumpsen. Jacqueline ist ein Kaninchen-Weibchen der Art „American Fuzzy Lop“ und hat ein ähnliches Fell wie ein Angora-Kaninchen. Sie ist Lehrerin in einer Hasen- und Kaninchen-Privatschule, und die Schüler haben sie heute wieder regelrecht geschlaucht. Warum wird es immer schwieriger, Ordnung und Ruhe in eine 30-köpfige Hasen- und Kaninchenschulklasse zu bringen?

Müde schweift ihr Blick über ihre Möbel in ihrem schicken Stall. Immerhin ist sie Lehrerin, kann sich also einen Stall leisten – und muss sich nicht mit einem Hasenbau, einer einfachen Sasse, begnügen. Einsam fühlt sie sich – ihre letzte Beziehung beendete sie gerade vor einem halben Jahr.

„Ein neuer Hase oder ein neues Kaninchen muss her“, denkt sie. „Aber wie?“

Mit der Unordnung in ihrem Stall wird sie vorläufig keinen Blumentopf gewinnen, geschweige denn, einen Hasen oder einen Kaninchen-Mann anlocken.

Unordnung – ein Fluch unserer heutigen Gesellschaft – und besonders bei Singles weit verbreitet. Man hat alles, hebt vieles auf – in der Hoffnung, das eine oder andere noch irgendwann gebrauchen zu können.

Als Lehrerin sammelt Jacqueline alles. Ihre Pappkartonsammlung hat bedrohliche Ausmaße angenommen, etliche Zeitungsausschnitte mit Blumenmotiven warten darauf, endlich im Sachkunde- und Eiermal-Unterricht eingesetzt zu werden. Oder die vielen Osterzeitschriften, die man zur Unterrichtsvorbereitung brauchen könnte, aber doch nie verwendet, weil man keine Zeit hat.

Jacqueline hasst ihre Unordnung, sie hasst ihre Einsamkeit, und heute hasst sie auch ihren Beruf.

Versonnen stellt sie ihre Löffel nach oben und streichelt ihre anmutige Blume.

Eigentlich wird es Zeit für einen neuen tierischen Liebhaber – einen Hasen oder einen Kaninchen-Mann, für den sie ihren Stall in Ordnung bringt, einen männlichen Bewohner, der ihre Einsamkeit raubt und ihre Gedanken in Schwung bringt und mit ihr hoppelnd die Millionenmetropole Paris erkundet.

Ein Liebhaber, der sie so sehr in Schwung bringt, damit sie wieder fit wird, ihr Unterricht mitreißend wird und sie ihre Schüler wieder eher ertragen kann.

Ein Gedanke schießt durch ihren Kopf – schnell wie eine Sternschnuppe. Warum hat sie noch nie auf eine Kontaktanzeige in einer Zeitung geantwortet? Vielleicht, weil den Herrschaften, die eine solche Anzeige platzieren, einst der Ruf anhing, sie seien nur zweite Wahl, sie würden anderweitig keinen Partner finden.

Aber hat sich heute die Situation nicht geändert? Es wird immer schwerer, den passenden Hasen- oder Kaninchenpartner zu finden, weil so viele Hasen und Kaninchen sich nicht mehr binden wollen und die Zeit schnelllebig geworden ist. Auch unter der Pariser Nagercommunity. Und so landen auch „normale“ Hasen und Kaninchen in den Kontaktanzeigen der hiesigen Nagermedien.

Jacqueline angelt nach dem „Journal pour les lapins“, das auf ihrem Sessel liegt und blättert darin. Fetzige Überschriften und aufreizende Fotos interessieren sie im Moment nicht – sie sucht nach den kleinen, beinahe schüchtern versteckten Kontaktanzeigen.

„Raucherhase – 30 Zentimeter groß – sucht eine schafsliebende Skorpionfrau“, liest sie. Nein, jemand, der seine Partnerin nach Sternzeichen auswählt, ist nichts für sie, denn sie glaubt nicht an die Märchen, die die Astrologen erfinden und die dann unter dem Decknamen „Horoskope“ Einlass in viele Zeitungen und Zeitschriften finden.

„Landwirtschafts-Rexkaninchen-Männchen, 35 Zentimeter groß, sucht Partnerin, die mit ihm das Landleben neu entdecken möchte.“ Nein, das ist auch nichts für Jacqueline. Sie mag das Landleben nicht. Ihr gefällt Paris, diese pulsierende Weltstadt. Auf einem Dorf herrscht meistens „tote Hose“ – was gibt es da zu entdecken?

Plötzlich bricht Jacqueline in Lachen aus. Nein, das gibt es doch nicht! „Biete bemanntes Sofakissen!“ Ein Hase, der eine solche Anzeige aufgibt, muss viel Humor besitzen – und Mut haben!

40 Jahre? Das ist auch nicht schlecht – Jacqueline zählt gerade 35 Hasenjahre – also kein großer Altersunterschied.

Sie amüsiert sich über diese Anzeige mit Chiffre. „Dieser Hase ist wenigstens ehrlich“, denkt sie. „Er besitzt keine Traumfigur und will die kontaktsuchenden Frauen darauf vorbereiten. Was für eine gute Idee!

Hätte er „Dickerchen“ geschrieben, wäre jede Häsin und jedes Kaninchen-Weibchen negativ berührt gewesen. Aber „bemanntes Sofakissen“ klingt gut – wirklich gut! Das klingt nach einem Hasen zum Anschmiegen – ja, wozu doch Karottenbäuche gut sind!

Auf einmal brennt Jacqueline darauf, diesem Hasen sofort einen Brief zu schreiben. Zuerst einmal stellt sie sich kurz vor – die schlankste ist sie auch nicht, aber einen Karottenbauch hat sie noch nicht vorzuweisen. Bei ihr haften die Pfunde immer am Po – sie kleben fest wie angeschweißt. Selbst durch die „Klothilde-Drei-Stunden-Diät“ und die „Diät-Schokoladen-Diät“ aus der Zeitschrift „Flotter Nager“ konnte sie bisher diese Pfunde noch nicht zum Schmelzen bringen.

Jedoch sieht auch nicht jeder Hase und jedes Kaninchen wie Richard Gere oder Tom Cruise aus. Warum soll sich Jacqueline also schämen?

Gleich am nächsten Morgen wird sie den Brief in den Postkasten werfen. Ob sie wohl eine Antwort bekommt?

6. Kapitel

Béatrice Chanterelle, ein hübsches Löwenkopfkaninchen-Weibchen, sitzt abends noch in ihrem Büro in dem Verlag GUILLERMO & BONFIDELE, wo sie als Lektorin tätig ist. Ihr Job ist es unter anderem, Manuskripte aus dem Ausland zu sichten und ein Gutachten zu schreiben, ob es sinnvoll wäre oder nicht, einen Roman in das Verlagsprogramm aufzunehmen.

Heute kümmert sie sich um einen Krimi, der aus Italien kommt. Der Titel ist „Una giornata al caldo delle scimmie“, was so viel wie „Ein Tag in Affenhitze“ heißen soll.

Sie tippt ihre Rezension:

„Liebe Leserinnen, liebe Leser,

von Adriano Browser wollte ich schon lange ein Buch lesen. Ich hatte von seinem Psychothriller ‚Una giornata pericolosa al fiordo con tre lucertole‘ (Ein gefährlicher Tag am Fjord mit drei Eidechsen) gehört und viele begeisterte Rezensionen darüber gelesen.

‚Wow‘, dachte ich. ‚Das ist ein italienischer Autor, den ich mir merken muss!‘

Das Buch ‚Una giornata pericolosa al fiordo con tre lucertole‘ habe ich bis heute nicht gelesen, aber als ich die Möglichkeit hatte, sein neuestes Werk ‚Una giornata al caldo delle scimmie‘ zu lesen und zu rezensieren, wollte ich das unbedingt machen. Eine gute Idee? Lest selbst!

Über den Autor Adriano Browser konnte ich in Erfahrung bringen, dass er Italiener ist und 1981 in Turin geboren wurde.

2018 veröffentlichte er seinen ersten Thriller ‚Una giornata pericolosa al fiordo con tre lucertole‘ und landete einen Bestseller in Italien. 2019 folgte sein zweiter Roman ‚In viaggio attraverso la Nuova Zelanda con tre lumache‘ (Unterwegs durch Neuseeland mit drei Nacktschnecken), der ebenso zum Bestseller avancierte.

‚Una giornata al caldo delle scimmie‘ ist sein dritter Roman, der ebenso ganz oben auf der italienischen Bestseller-Liste steht.

Der Autor ist verheiratet, hat drei Kinder und wohnt in der Nähe von Florenz.

Worum geht es in dem Buch?

Der Affenmörder geht um. Und das schon seit Jahren. Er bringt kleine Babyaffen in Namibia um und markiert seine Leichen mit roten Salatblättern.

Lange weiß die Polizei nicht, wer der Mörder ist. Dann wird ein Verdächtiger festgenommen, der Professor an der Affenhochschule in Genf Mario Lungazone.

Seine Tochter Gigliola ist sich sicher: Ihr Vater ist nicht der Mörder. Sie versucht, seine Unschuld zu beweisen und will den wahren Mörder finden. Einen Verdacht hat sie schon – und so verfolgt sie einen Mann zusammen mit ihrer Freundin Leona. Beide begeben sich in Lebensgefahr. Außerdem ist es sehr heiß draußen, eine Affenhitze hat Namibia fest im Griff.

Meine Meinung zu dem Buch:

Der Plot klingt spannend – und so erwartete ich einen raffinierten Krimi mit Pageturner-Qualitäten. Der Schreibstil des Autors gefällt mir, die Handlung lahmt allerdings ziemlich. Ich hatte oft Mühe, mich zu motivieren, das Buch weiterzulesen.

Die Ich-Erzählerin Gigliola ist sympathisch, die Nebenfiguren Leona, Giacomo, Benedetto und andere werden nur kurz angerissen. Alle sind auf der Suche nach dem Mörder. Das zieht sich oft in die Länge. Gigliola und ihre Freundin Leona verfolgen jemanden, Leona wird verletzt und verschwindet von der Bildfläche, es gibt merkwürdige Ereignisse in einer Höhle und so weiter.

Es dauert immer ziemlich lange, bis in der Handlung etwas Neues passiert. Und das, was passiert, ist nicht spannend.

Ich lese Gigliolas Überlegungen, zwischendrin unterbrochen von Interviews, Tagebucheinträgen der jungen Gigliola und Gedanken ihres Vaters.

Manchmal gefielen mir diese Unterbrechungen, weil sie überragend geschrieben sind. Manchmal fand ich aber, dass sie die Handlung unnötig in die Länge ziehen.

Was die Interviews anbelangt, wusste ich lange nicht, warum sie in dem Buch stehen. Erst zum Schluss erschloss sich mir der Sinn.

Ich habe das Buch gelesen, um zu wissen, wer der wahre Mörder ist. Der Schluss hat mich, wie das ganze Buch, wenig überrascht.

Fazit: Ich bin enttäuscht von dem Buch. Ein Thriller ist es nicht und auch kein raffinierter Kriminalroman. Ich erfahre viel über eine Person, nämlich die Hauptfigur Gigliola. Aber das reicht mir nicht aus, um das Buch weiterempfehlen zu können. Ob ich noch weitere Bücher von Adriano Browser lesen werde, weiß ich noch nicht.

2,5 von 5 Sternen und keine Weiterempfehlung.“

Beatrice lässt ihre Rezension in dreifacher Ausfertigung ausdrucken und legt die Seiten fein säuberlich auf den Schreibtisch. Jeweils ein Exemplar wird sie morgen den beiden Cheflektoren überreichen, das dritte Exemplar wird sie in einen Ordner mit dem Titel „Rezensionen und Vorschläge“ abheften.

Müde packt sie anschließend ihre Sachen in einen Rucksack, beißt noch in eine Karotte, die neben ihrem Schreibtisch liegt – und hoppelt zur U-Bahn.

Ihr Freund wird sich sicherlich fragen, warum sie so spät nach Hause kommt.

7. Kapitel

Hase Jean-Richard wacht auf – fit und erfrischt. Er hat die Kontaktanzeige aufgegeben – das hat sein Leben mit Spannung angereichert. Knisternder Spannung. Wie schön doch das Leben sein kann, wenn man auf einmal ein konkretes Ziel verfolgt!

Selbst sein Penis – von ihm liebevoll „Macker“ genannt – reagiert auf einmal ganz anders. Viel besser. Hase Jean-Richard reibt und reibt daran, bis sein „Macker“ steil in die Höhe steht. Das tut gut, so gut. Es fühlt sich schon beinahe an, als ob weiche Häsinnenpfoten daran reiben, erfüllt ihn mit derselben Erregung, die er schon beinahe vergessen hatte.

Schließlich erreicht Hase Jean-Richard seinen sexuellen Höhepunkt und fängt die Spuren in einem alten Salatblatt auf.

Nach diesem morgendlichen Orgasmus fühlt sich Hase Jean-Richard besser – wohin ist die ansonsten eintretende Schlappheit entschwunden? Na, egal.

Zur Belohnung sprüht er seine Blume mit einem nach frisch gemähtem Gras duftenden Deospray ein.

Alles scheint heute besser, heller, fröhlicher zu sein. Die Arbeit als Stadtführer bereitet Hase Jean-Richard wieder mehr Spaß – flink bearbeitet er Anfragen von Touristen im Computer der Pariser Tourismuszentrale. Auch die gefürchtete Wildkaninchen-Kollegin Sandrine mit ihrer spitzen Zunge ist plötzlich leichter zu ertragen. Eine reizvolle Kaninchendame, aber warum ist sie stets so zickig? Wie sie wohl reagiert, wenn man ihr richtig an den Schwanz fasst?

Aber Hase Jean-Richard hat sich in der Gewalt. Für solche Eskapaden müsste er Sandrine abends zum Gurkenessen mit stillem Wasser einladen, nach dem Genuss einiger Sauerkirschen als Dessert könnte man dann in seinen oder ihren Bau aufbrechen.

Außerdem möchte er doch erst einmal abwarten, wer auf seine Anzeige antwortet. Vielleicht braucht er sich dann nie wieder zu überlegen, wie er sich an Sandrine „ranschmeißen“ kann.

Um zehn Uhr erscheint eine Reisegruppe aus Südkorea, um sich Broschüren über Paris zu holen. Die Kaninchen der Rasse „Rote Neuseeländer“ sind extra aus Seoul angereist. Den Spaziergang, den Hase Jean-Richard heute alleine mit Hilfe eines Stadtplans durchführen soll, hat die Firma FOU PANG, zu der diese geschäftigen koreanischen Kaninchen gehören, gebucht. Bevor sie durch einige Stadtviertel flanieren, sollen sie erst mal einige Filme und Dias über Paris sehen.

„Jean-Richard, deine Koreaner sind da!“, flötet Hirlande Ulysse, die die Telefonanlage bedient, durchs Telefon.