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Dreizehn Jahre sind vergangen, seit die Orks zu tausenden Tod und nacktes Grauen über die Städte der Menschen brachten. Als der junge Greifwin ins tributpflichtige Lowangen zurückkehrt, um das Erbe des Vaters anzutreten, stößt er auf ein Netz aus Mord, Hörigkeit und Intrige. Welche Gier und welche Schuld schmieden Orks und Menschen aneinander? Und welches unsägliche Geheimnis birgt die Stadt am Svellt?
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Seitenzahl: 447
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Thomas Finn
Das Greifenopfer
Ein Roman in der Welt von Das Schwarze Auge©
Originalausgabe
Impressum
Ulisses SpieleBand 62
Kartenentwurf: Ralf Hlawatsch E-Book-Gestaltung: Nadine Hoffmann
Copyright © 2014 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems.DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN, DERE,MYRANOR, RIESLAND, THARUN und UTHURIA sind eingetragene Marken der Significant GbR.
Titel und Inhalte dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt.
Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.
Print-ISBN 3-453-19641-4 (vergriffen) E-Book-ISBN 9783957524379
Für Marc, der schon vor vielen Jahren einen Phexgeweihten hin zu Orten führte,
Prolog
Während fern am Horizont ein dumpfes Grollen erklang, überzog ein geisterhaftes Wetterleuchten den Nachthimmel. Der kalte Wind hatte in den letzten Abendstunden an Heftigkeit zugenommen. Tagein, tagaus führte er ohne Unterlass dunkle Wolken vom Meer der Sieben Winde heran und trieb diese, dem Flusslauf des Bodir folgend, weiter über die Steppen des Orklandes hin zu den schroffen Gipfeln der Blutzinnen.
Viele hundert Meilen entfernt, bei den raubeinigen Thorwalern, fragte man sich, welcher der Sieben Winde des westlichen Meeres da sein Spiel mit den Landen der Menschen trieb. Gewiss würde manch einer auf Beleman, den machtvollsten und ältesten der Winde tippen. Erfahrene Wetterkundige hingegen würden vermutlich auf Baltrir verweisen, den sechsten der Winde. Dieser schlich sich schon immer gern im Rücken seines großen Bruders heran, nur um dann aus großen Höhen eiskalt auf Mensch und Tier hinabzufahren. Doch in diesem Winkel Aventuriens waren solche Fragen müßig, denn das hiesige Land gehörte allein den Orks.
Stark und kraftvoll fegte der Wind über die kargen Ebenen hinweg. Doch so sehr er sich auch bemühte, dem niedergedrückten Gras der Steppe sein launenhaftes Muster aufzuzwingen: Er war es nicht, der die stattliche Orklandschildkröte aus ihrem Schlaf riss. Hätte das Tier sprechen können, so hätte es nicht einmal selbst sagen können, warum es urplötzlich aus seiner Ruhe erwacht war. Doch wenn es sich in den letzten 90 Jahren seiner Existenz auf eines verlassen konnte, dann war es sein Instinkt. Und der schrie ihm zu: Erwache!
Eine Weile lauschte die Kröte im Schutz ihres mächtigen Panzers, der so dick war, dass ihn noch nicht einmal ein Orklandbär aufzubrechen vermocht hätte. Doch außer dem Pfeifen des Windes, der sich an den Kanten und Wölbungen des dicken Hornschildes brach, war nichts zu hören. Das Reptil wollte sich gerade wieder entspannen, als es plötzlich etwas Eigentümliches spürte: ein leichtes Beben des Steppenbodens.
Die Schildkröte war verwirrt und suchte nach Erklärungen. Ging in der Nähe vielleicht schwerer Hagelschlag nieder? Doch nicht mal ein Wassertropfen benetzte die ausgedörrte Erde. Es war einfach nur kalt. Und das erste Mal seit langer Zeit schlich sich eine lange Zeit vergessene Empfindung in das Bewusstsein der Kröte: Furcht.
Die Erdstöße wurden stärker und steigerten sich schließlich zu einem wilden Trommeln, der den gepanzerten Leib auf dem Erdboden zunächst vibrieren, dann regelrecht tanzen ließ. Erst jetzt erkannte das Tier, welche Bedrohung da heranstürmte: Steppenrinder! Wahrscheinlich eine ganze Herde. Kaum hatte die Kröte die Gefahr erfasst, wurde sie auch schon vom alles beherrschenden Instinkt getrieben, sich noch tiefer in das Dunkel des schützenden Hornschilds zurückzuziehen. Gegen die Hufe dieser Vierbeiner war der Panzer schließlich gefeit. Was konnte ihr hier schon passieren?
Die gigantischen Scheibenräder des riesigen orkischen Prunkwagens zermalmten die alte Schildkröte mit einer Beiläufigkeit, mit der sie auch kleinere Felsen, Baumstümpfe und lebende Feinde aus dem Weg räumten, die dumm genug waren, dem herandonnernden Zwölfspänner nicht aus dem Weg zu gehen. Wo das gewaltige Gefährt den Steppenboden umpflügte, war die Nacht plötzlich erfüllt vom Brüllen und Getrampel der angeschirrten Steppenrindochsen, die den Prunkwagen schon seit mehreren Tagen unermüdlich in Richtung Taschpforte zogen. Ein langer Tross von über siebzig der besten Khurkach folgte dem Prunkwagen durch die Steppe. Allesamt saßen sie auf gedrungenen Orklandponys und keiner der gefürchteten Orkkrieger hätte sich seine Erschöpfung anmerken lassen. Das Ziel war schließlich bald erreicht.
Auch der heftige Wind konnte den Geruch von Schweiß, Talg und Blut nicht gänzlich vertreiben, der Tross und Gefährt im stinkenden Klammergriff hielt. Die drei orkischen Wagenlenker störte es nicht. Mit ausladenden Bewegungen schwangen sie ihre Dornenpeitschen und trieben die erschöpften Ochsen vor sich her durch die Nacht. Ihre Aufmerksamkeit galt allein der Sicherheit des Passagiers in dem bunten orkischen Rundzelt hinter ihnen. Das Zelt war fest auf der fast acht Schritt durchmessenden Plattform des Wagens montiert. Über ihm, vor dem Nachthimmel kaum zu erkennen, flatterte die stolze Fahne mit dem Wappen Khezzaras, der Hauptstadt der Orks: ein weißer Stierschädel vor roter Scheibe auf schwarzem Grund.
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