2,49 €
Italien, Land der Liebe? Nicht für Connor Benson! Der Sicherheitsexperte ist in Monte Calanetti, um letzte Vorbereitungen für die Promihochzeit des Jahres zu treffen - nicht um den verlockenden Reizen seiner Zimmerwirtin Isabella zu verfallen. Als er sie zu einem romantischen Picknick einlädt, tut er das bloß, um der jungen Witwe die Lust am Leben wiederzugeben. Trotzdem begehrt er sie insgeheim immer mehr … aber vergebens! Er weiß: Bevor er ihr wirklich nahekommen kann, müsste er zuerst die dunklen Schatten der Vergangenheit besiegen. Und das ist unmöglich!
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 200
IMPRESSUM
JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2015 by Harlequin Books S.A. Originaltitel: „Soldier, Hero...Husband“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 042017 - 2017 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: SAS
Abbildungen: Harlequin Books S. A., alle Rechte vorbehalten
Veröffentlicht im ePub Format in 02/2017 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733708184
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY
Alles über Roman-Neuheiten, Spar-Aktionen, Lesetipps und Gutscheine erhalten Sie in unserem CORA-Shop www.cora.de
Werden Sie Fan vom CORA Verlag auf Facebook.
Connor Benson schreckte aus dem Schlaf auf. Es war dunkel, und es war heiß. Wo war er? Somalia? Irak? Afghanistan? Wo auch immer, es war geheim. So geheim, dass er es nicht einmal seiner Mutter sagen durfte.
Da war es wieder, dieses Gefühl, das ihm über den Rücken lief und alle seine Sinne in Alarmbereitschaft versetzte. Er war so hellwach, dass es fast schmerzte.
Irgendwo im Raum tickte eine Uhr, in der Stille ohrenbetäubend laut. Die Laken rieben an seiner nackten Haut. Er fühlte einen Schweißtropfen an seiner Schläfe herunterlaufen. Gerüche stiegen in seine Nase – sein eigener Schweiß, Aftershave und … Kaffee.
In das Ticken der Uhr mischte sich ein anderes Geräusch. Es kam von jenseits der Tür. So leise es auch war, das war es, was ihn aufgeweckt hatte. Da schlich sich jemand heran, versuchte, sehr, sehr leise zu sein.
Connor schlug die Bettdecke zurück. Mit derselben Bewegung glitt er aus dem Bett, alle Reste von Schlaftrunkenheit verflogen. An seinen bloßen Füßen fühlte er den Boden, er war aus Stein. Connor bewegte sich völlig lautlos. Nicht umsonst kannte man ihn bei den Navy Seals als „die Katze“.
Mit Katze meinten die Jungs seines Teams die Art Katze, die in den Bergen oder im Dschungel lebt. Groß, stark, nahezu unsichtbar. Eine Katze mit todsicheren Instinkten.
Es waren diese Instinkte, die ihn auf die Tür zutrieben, auf den Lichtschimmer, der unter dem schmalen Schlitz einfiel, alle Muskeln in seinem eins neunzig großen Körper angespannt. Die meisten anderen Menschen hätten mit Sicherheit nichts als den Kaffeegeruch wahrgenommen, doch Connor konnte die Luft schmecken. Er wusste, dass jemand vor der Tür war. Etwas mehr zur linken Seite, das sagte ihm der Schatten in dem Lichtstreifen. Sein Puls schlug schneller, nicht aus Angst, sondern weil er bereit war. Adrenalin pumpte durch seine Adern. Er riss die Tür auf …
Sonnenlicht blendete ihn, aber das verlangsamte ihn nicht. Er schwang nach links, zu demjenigen, der dort kauerte, packte ihn bei den schmalen Schultern …
Schmale Schultern?
Und noch etwas fiel ihm erst jetzt auf, stieg ihm in die Nase …
Parfüm!
Operation abbrechen! hallte es in seinem Kopf. Dazu war es wohl zu spät. Aber es war nicht zu spät, seine nicht unbeträchtliche Kraft umzuleiten. Statt die Person zu Boden zu drücken, zog er sie hoch und an sich. Die Wucht ließ sie beide straucheln. Als üppige, weiche Kurven in Kontakt mit seiner harten, breiten Brust kamen, erkannte er die Situation.
Eine Frau.
Verdutzt starrte Connor in die Augen der Frau, die er attackiert hatte. Nicht dass Frauen nicht zur falschen Seite gehören konnten, aber diese Frau tat das ganz bestimmt nicht. Er fluchte unter angehaltenem Atem, und ihre erschrochen aufgerissenen Augen wurden noch größer, als sie realisierte, dass sie fest an ihn gepresst dastand.
Abrupt stieß sie ihn fort. „Ma sei pazzo!“
Sie hatte eine fantastische Stimme, rauchig, tief, voll. Der überraschte Ton passte zum Ausdruck in ihren Augen. Sie hatte die schönsten Augen, die ihm je untergekommen waren. Im Moment jedoch lag Schock darin. Sie fasste sich an den Hals, und Connor sah den Puls dort hämmern.
Connor war und blieb Soldat. Ihm fiel jedes faszinierende Detail an ihr auf. Langes, dunkles Haar, seidig und dicht. Ein schimmernder Wasserfall im hellen Morgenlicht hier im Korridor mit den großen Bogenfenstern, der sich über ihre bloßen Schultern ergoss. Die Frau war einen guten Kopf kleiner als er, trug ein ärmelloses Sommerkleid mit Blumenmuster, das ihre grazile Figur großartig betonte. Mit einem Gürtel um die schmale Taille gehalten, war der Rock weit ausgestellt. Connor konnte sich bestens vorstellen, wie der Rock beim Tanzen um sie flog, wenn sie sich drehte. Sie trug flache Sandalen, die Zehennägel waren in einem hellen Rosa lackiert. Ihre vermutlich helle Haut war von der Sonne gebräunt. Haut, die makellos war. Ma sei pazzo, war es ihr entfahren. Offenbar war er weder im Irak noch in Somalia. Auch nicht in Afghanistan.
Innerlich krümmte er sich leicht. „Oh Mann …“, murmelte er, „… ich bin in Italien.“
Ihm fiel wieder alles ein. Er war in einer Kleinstadt in der Toskana, mit irgendeinem pompösen Auftrag für Itus Security. Die Firma hatten Connor und sein Kumpel Justin gegründet, nachdem Justin wegen seiner Verletzung die Navy Seals verlassen musste und Connor ebenfalls den Dienst quittiert hatte, wenn auch aus anderen Gründen.
„Sí, Italia.“
Genau, Italien. Und sein Aufenthalt hier war keineswegs ein Geheimnis. Um genau zu sein, wusste die ganze Welt davon, einschließlich seiner Mutter. Und sie war begeistert gewesen, als Connor ihr erzählt hatte, dass die toskanische Kleinstadt Monte Calanetti als Nächstes auf seinem Terminkalender stand.
„Ach, Italien …“, hatte sie verträumt gehaucht, und dabei hatte diese lächerliche Hoffnung in ihren Augen geleuchtet. „Die Heimat von amore.“
Falls jemand Grund hatte, in Sachen Liebe verbittert zu sein, dann seine Mutter. Sie hatte Connor mit knapp sechzehn bekommen und alles durchmachen und ertragen müssen, was schwangeren Teenagern und ledigen Müttern bevorsteht. Außerdem war Connor klar, was seine Dienstjahre in den Krisenherden der Welt aus ihm gemacht hatten. Nur eine Mutter konnte einen harten und emotionslosen Mann wie ihn ansehen und dabei immer noch hoffen, die Liebe würde irgendwann in sein Leben einziehen.
„Sprechen Sie Englisch?“, fragte er jetzt die Frau. Er sprach ganz bewusst leise, damit sie sich wieder beruhigen konnte. Noch immer starrte sie ihn mit diesen großen Rehaugen an. Und wie ein Reh schien sie jederzeit bereit, bei der kleinsten falschen Bewegung seinerseits die Flucht zu ergreifen.
Sie nickte zögernd.
Doch ihr Argwohn war durchaus berechtigt. „Entschuldigung, Ma’am“, murmelte er. „Der Jetlag … Ich war ziemlich desorientiert.“
„Sie sind aus dem Raum gestürmt, als hätten Sie einen Mörder erwartet“, hielt sie ihm vor.
Warum soll ich ihr sagen, dass er genau das erwartet habe? Sie hatte ein engelsgleiches Gesicht. Eine solche Vorstellung wäre ihr wahrscheinlich völlig fremd. Und während Connor sie ansah, so engelsgleich und hübsch und gleichzeitig sinnlich, wie sie war, kam ihm der Gedanke, dass ein Mann, wenn er nicht komplett verhärtet war, durchaus an amore denken könnte.
„Es tut mir leid, ich hoffe, ich habe Ihnen nicht wehgetan.“
„Nein, nein …“, beeilte sie sich zu sagen. „Ich bin nicht verletzt.“ Dennoch rieb sie sich die Schultern.
Er trat einen Schritt näher, nahm ihr Parfüm wieder intensiver wahr. Behutsam zog er ihr die Hände von den Schultern, und mit angehaltenem Atem starrte sie in sein Gesicht.
Wenn ihn nicht alles täuschte, hielt auch er die Luft an, während er ihre Schultern untersuchte. Erst als er wieder von ihr wegtrat, begann er wieder zu atmen. „Ihre Schultern scheinen unverletzt. Sie werden wohl keine blauen Flecke bekommen.“
„Ich sagte doch schon, dass ich in Ordnung bin.“
Er zuckte mit den Schultern, wandte das Gesicht ab und sah dann wieder zu ihr. „Ich wollte nur sicher sein … Was heißt eigentlich dieses ma sei pazzo?“
„Es ist ein Ausruf des Erstaunens.“ Jetzt war sie es, die den Blick abwandte. Doch im nächsten Moment war es mit ihrer Verlegenheit auch schon wieder vorbei. Sie hob trotzig das Kinn, als sie für ihn übersetzte. „Genauer gesagt, es heißt so viel wie: ‚Sind Sie verrückt?‘“
„Ah. Na ja, eine solche Reaktion kann Ihnen wohl kaum jemand verübeln.“
Die Alarmbereitschaft seiner Sinne legte sich langsam, obwohl ihr Parfüm ihn noch immer in der Nase kitzelte. Ein sehr eigener Duft – exotisch, frisch und herb zugleich, berauschender als jedes andere Parfüm, das er bisher gerochen hatte. Er sah in die goldenen und grünen Punkte in ihren dunklen Augen und verspürte so etwas wie den Wunsch, in diese ruhigen Lichtteiche einzutauchen.
Doch dann rief er sich in Erinnerung, wer er war. Seine Gedanken schweiften ab, und er konzentrierte sich ausschließlich auf das Gefühl von Versagen, das ihm heute rund um den Globus folgte.
Was gerade passiert war, war genau der Grund, weshalb er die Welt, die für zwei Jahrzehnte sein Zuhause gewesen war, hatte verlassen müssen. Solche Fehler waren immer öfter vorgekommen. Darum hatte er seinen Dienst bei den Seals quittiert, als Justin gegangen war. In seinem Arbeitsfeld bezahlte man Fehler mit einem hohen Preis.
Connor wusste aus eigener Erfahrung, dass es jedoch noch viel schlimmer war, wenn jemand anderes den Preis für die eigenen Fehler zahlen musste.
„Ist schon in Ordnung“, stammelte sie, und ihm wurde klar, dass sie etwas in seinem Gesicht gesehen haben musste, dass er sie nicht hatte sehen lassen wollen.
Nein, es war nicht in Ordnung, unschuldige Zivilisten zu attackieren. Jetzt, da der erste Schock sich gelegt hatte, erkannte Connor, dass sie leicht zitterte. Ihre Augen wanderten von Kopf bis Fuß über ihn, schossen hastig wieder zu seinem Gesicht, weit aufgerissen.
Er sah an sich herab. Bis auf den knappen Slip, noch aus Armeebeständen, war er unbekleidet. „Oh Mann, auch das noch“, entfuhr es ihm. „Nicht nur erschrecke ich Sie zu Tode, jetzt bringe ich Sie auch noch in Verlegenheit.“
Sie bestätigte ihm, dass er mit dieser Vermutung richtiglag, als sie dunkelrot anlief. Ihm selbst wäre es vielleicht ebenfalls peinlich, gäbe es auch nur noch einen Rest Scham in ihm. Sein gesamtes Erwachsenenleben hatte er in der Gesellschaft raubeiniger Typen zugebracht, und solche Männer hatten nun mal die Angewohnheit, sich ganz normal und ohne jede Verlegenheit in Unterwäsche zu bewegen.
Dennoch … er stand hier vor dieser reizvollen Frau in einem Slip, der kaum das Nötigste bedeckte. „Tut mir wirklich leid, aber ich habe gerade ein paar extrem hektische Tage hinter mir. Gestern noch war ich in …“, er musste überlegen, „… in Aserbeidschan, um das Sicherheitsteam für die Welternährungskonferenz einzuweisen. Und vorgestern war ich … ach, unwichtig.“
Sie bemühte sich, die Fassung wiederzufinden. „Sie sind Signor Benson, nicht wahr?“
„Connor, bitte.“
„Ich muss mich entschuldigen, dass ich gestern Abend nicht hier war, um Sie zu begrüßen. Nico sagte mir, dass Sie erst spät eintreffen.“ Ihr Englisch war perfekt, der leichte Akzent äußerst charmant. Ihre Stimme war hinreißend, unbewusst sinnlich durch das rauchige Timbre. Vielleicht lag es auch an dem Akzent. Connor ging jede Wette ein, dass selbst eine Einkaufsliste sexy klingen würde, wenn sie sie vorlas. Unsinnig, aber er glaubte wirklich, er könnte ihr den ganzen Tag zuhören.
„Ich glaube, es war drei Uhr morgens, als ich ankam.“
Sie nickte. „Ja, Nico hatte mich vorgewarnt, dass es sehr spät werden könnte. Darum hatte ich auch die Rollläden vorsichtshalber heruntergelassen. Ich nahm an, dass Sie ausschlafen wollten. Ich wollte Ihnen nur Ihr Frühstück hinstellen, ich muss nämlich in ein paar Minuten gehen.“
„Lehrerin?“
Sie runzelte leicht die Stirn. „Hat Nico Ihnen das gesagt?“
„Nein, das ist meine Vermutung. Sie sehen aus wie eine Lehrerin.“
„Ist das gut oder schlecht, dass ich so aussehe?“
Er hätte wohl besser nichts gesagt. Aber es gehörte zu seinem Job. Connor konnte sich auf eine exzellente Menschenkenntnis verlassen. Praktisch innerhalb von Sekunden konnte er abschätzen, welchen Lebenswandel jemand führte, und traf ziemlich genau Berufsrichtung, Vorlieben und Gewohnheiten. Sein Leben und das anderer hingen von der Fähigkeit ab, Details zu registrieren und einzuordnen. Jemand wie sie, die in einem verschlafenen Nest in Italien lebte, brauchte das nicht.
„Trotzdem würde ich gern wissen, ob es gut oder schlecht ist, wenn ich aussehe wie eine Lehrerin“, beharrte sie.
„Gut“, versicherte er ihr.
Sie wirkte nicht überzeugt.
„Sie sind ordentlich und organisiert.“ Er deutete auf das Tablett neben der Zimmertür. „Und aufmerksam und fürsorglich, schließlich haben Sie die Rollläden für mich heruntergelassen. Daher nahm ich an, Ihr Beruf verlangt Hingabe, also Lehrerin oder Krankenschwester. Das Kleid jedoch deutet eher auf Lehrerin hin.“
Er redete viel zu viel, was er aber auf den Jetlag schob und nicht darauf, dass er fasziniert beobachtete, wie sie an ihrer vollen Unterlippe knabberte.
„Das klingt nach einem Zaubertrick“, sagte sie und klang keineswegs begeistert.
„Nicht wirklich. Jeder kann das. Man muss sich nur auf die Details konzentrieren.“
Sie wirkte, als wollte sie ihn prüfend ansehen, entschied sich dann aber klugerweise dagegen. Connor senkte den Blick auf das Frühstückstablett. Kaffee, Brötchen frisch aus dem Ofen, ein Glas Marmelade, selbst gemacht, und eine Orange. Dass er richtig mit der Lehrerin lag, milderte seinen Ärger auf sich selbst nicht. Er hatte jemanden schleichen gehört und prompt in Angriffsmodus geschaltet. Geschlichen war auch jemand … jemand, der ihm Frühstück vor die Tür stellte und ihn nicht hatte stören wollen.
„Danke …“, hob er an, „dass Sie mich so kurzfristig unterbringen. Ich hätte mich früher um eine Unterkunft kümmern sollen, habe aber nicht damit gerechnet, dass das ein Problem werden würde. Als ich mich erkundigte, schien es hier genügend Hotels und Pensionen zu geben.“
„Stimmt, normalerweise gibt es auch genügend Unterbringungsmöglichkeiten bei uns. Aber dieses Jahr sind die Temperaturen ungewöhnlich gut für den Mai, heute vielleicht ausgenommen. Wie auch immer … der Mai ist der bevorzugte Monat in der Toskana für Hochzeiten.“
Hochzeiten!
„Ah, Signor …“ Ihre Angst war offenbar gänzlich verschwunden, jetzt funkelten ihre Augen amüsiert. „Sie haben völlig recht. Wenn man sich konzentriert, kann man tatsächlich Dinge bei seinem Gegenüber erkennen, auch wenn derjenige kein Wort darüber verliert. Es ist offensichtlich … Zwar sind Sie hier, um bei der königlichen Hochzeit zu helfen, aber Sie halten nicht viel von Hochzeiten.“
Überhaupt nichts hielt er davon, dass er so leicht zu durchschauen sein sollte. Habe ich sie dazu gebracht? Hoffentlich nicht. „Wie kommen Sie darauf?“
„Dieses kleine Zucken.“ Sie wollte schon die Hand ausstrecken und seine Wange berühren, hielt sich aber gerade noch zurück und berührte ihr eigenes Gesicht. „Genau hier.“
Ihre Angst hatte seinen Beschützerinstinkt geweckt. Dabei hatte er sie doch überhaupt erst hervorgerufen. Außerdem war ihre Beobachtungsgabe viel gefährlicher für ihn. Ihm fiel auf, dass sie ihn trotz seiner Bitte nicht beim Vornamen nannte. „Ich bin nicht hier, um bei der Hochzeit zu helfen“ – nicht dass sie noch auf die absurde Idee kam, er würde hier Blumen arrangieren oder so ähnlich –, „sondern meine Firma Itus sorgt für die Sicherheit. Ich werde den Monat nutzen, um die Gegend auszukundschaften. Alle Teilchen sollen an ihren Platz fallen, wenn wir Ende Juli mit unserem Team zurückkommen. Aber ja, Sie haben recht damit, dass ich nicht viel für Hochzeiten übrighabe.“
„Haben Sie denn schon welche miterlebt?“ Fragend zog sie eine Augenbraue in die Höhe, und wieder verspürte er das Gefühl, dass Gefahr im Verzug war. Macht sie sich über mich lustig?
„Leider habe ich sogar schon viele Hochzeiten miterlebt.“
„Leider? Die meisten Menschen sehen eine Hochzeit als Symbol für alles, was gut und schön im Leben ist – Liebe, Hoffnung, eine glückliche Zukunft.“
Connor machte sich nicht die Mühe, das abfällige Schnauben zurückzuhalten. So mancher seiner Kameraden hatte geheiratet, und immer war das Ende vorauszusehen gewesen. Dieser Job war nichts für eine Ehefrau, die zu Hause saß und sich vor Sorge um den Ehemann auffraß. Oder vor lauter Einsamkeit andere Gesellschaft suchte. Aber er würde jetzt nicht mit ihr über seine Überzeugung zu Wankelmut und Unvorhersehbarkeit von Liebe debattieren. Bei einer Frau wie ihr, die Ehe offensichtlich mit einer glücklichen Zukunft gleichsetzte, war es angebracht, seine persönliche Meinung für sich und das Ganze auf einem rein geschäftlichen Level zu halten.
„Itus Security hat sich bereits bei mehreren hochkarätigen Hochzeiten um die Sicherheit gekümmert. Aus sicherheitstechnischer Sicht ist eine Hochzeit ein Albtraum. Es gibt zu viele Variablen: das Umland, die Gäste, die Proben, Fotositzungen, Dinners. Brautzilla mit ihrer Entourage noch nicht eingeschlossen.“
„Brautzilla?“, fragte sie verdutzt.
Manches ließ sich einfach nicht anders benennen. „Viele Bräute werden zu wahren Monstern am glücklichsten Tag ihres Lebens.“
Seine Gastgeberin schnappte empört nach Luft. „Sie werden feststellen, dass Christina Rose ganz bestimmt nicht in diese Kategorie gehört“, sagte sie streng. „Sie ist eine erstaunliche Frau, nett und großherzig. Sie tut alles für ihr Land.“
Connor neigte den Kopf ein wenig zur Seite. Jeder Fetzen Information war nützlich. „Kennen Sie sie persönlich?“
Wieder wurde sie verlegen, dieses Mal mischte sich aber auch Ärger dazu. „Natürlich nicht. Ihr Bräutigam Prinz Antonio de l’Accardi gehört zur königlichen Familie, die hier sehr beliebt ist. Was die Braut natürlich ins Interesse der Öffentlichkeit rückt. Über sie ist viel zu lesen.“
„Glauben Sie nicht alles, was in den Zeitungen steht. Besser noch, glauben Sie kein einziges Wort von dem, was in den Zeitungen steht.“
„Sie halten also nichts von Hochzeiten, und Sie sind ein Zyniker.“
„Zyniker ist untertrieben. Als ich Sie wie einen Attentäter behandelt habe, müssen Sie doch gemerkt haben, dass ich ein auf Kampf programmierter Soldat bin. Jeder normale Mensch hätte Ihnen schlicht einen guten Morgen gewünscht.“ Damit ließ er sie durch die Blume wissen, dass er kein normaler Mensch war.
„Nun, ich bin überzeugt, dass Christina Rose genau so ist, wie jeder sie beschreibt.“
Sieh an, unter der Engelsfassade loderte also Feuer. Aber was kümmerte ihn der Charakter der zukünftigen Prinzessin? Genauso wenig sollte ihn auch der Charakter seiner Gastgeberin kümmern. „Ich bin sicher, Christina Rose wird Hunderte von Möglichkeiten finden, ob nun bewusst oder nicht, wie sie mir das Leben schwer machen kann.“
Und genau deshalb war er ja hier, zwei Monate vor dem großen Ereignis. Nicht, um die Welt vor Bösewichtern zu retten, sondern um die Sicherheitsrisiken abzuschätzen, damit er irgendwelche Aristokraten beschützen konnte, von denen er nie gehört hatte, in einem Land, dessen Name ihm noch nie untergekommen war. Halencia.
Das war sein Auftrag. Und wäre er nicht der disziplinierte Soldat, der er war, könnte die Lady, die vor ihm stand, ihm sicher Schwierigkeiten bereiten. Aber er würde sich bestimmt nicht von einer hübschen Lehrerin in einem bunten Sommerkleid ablenken lassen, so süß sie auch sein mochte.
Sie war sogar ziemlich süß. Sollte sich das als Problem erweisen, wechsle ich einfach das Quartier. Er war nicht anspruchsvoll.
Connor schaltete in den Arbeitsmodus. „Danke für das Frühstück, Signorina, und richten Sie bitte Ihrer Mutter meinen Dank aus, dass sie mich so kurzfristig aufgenommen hat.“
„Meine Mutter?“
„Ja, Signora Rossi …“
Ein trauriges kleines Lächeln umspielte den vollen Mund. „Ich bin Signora Rossi, Signor. Aber bitte nennen Sie mich doch Isabella.“
Der nächste Irrtum, sicherlich kein großer, aber dennoch ein Fehler. Als er sie sich jetzt genauer ansah, erkannte er, dass sie keineswegs so jung war, wie ihre grazile Figur vermuten ließ. Sie musste irgendwo in den Dreißigern sein, nicht in den Zwanzigern.
Kein Wunder, dass Justin ihn für Hochzeiten einteilte. Connor beging einen Fehler nach dem anderen. Jetzt verstand er auch, weshalb Justin zu ihm gesagt hatte: „Hey, Mann, wann hast du das letzte Mal Urlaub gemacht? In Monte Calanetti kannst du die Ruhe auskosten. Genieß die Gegend und lass dir bei einem Glas Wein die Sonne auf den Pelz brennen. Vielleicht verliebst du dich ja sogar.“
Justin hatte ebenso wenig Grund, an die Liebe zu glauben, wie er. Aber Justin war ein ähnlich unverbesserlicher Optimist wie seine Mutter. Hatte er nicht neulich sogar durchblicken lassen, dass es eine Frau in seinem Leben gab?
„Und vergiss das Schwimmen mal für eine Weile. Wofür trainierst du denn noch?“, hatte Justin noch hinzugefügt.
Justin selbst, sein bester Freund, sein Kamerad und Waffenbruder, war der Grund, weshalb Connor noch immer schwamm. Justin, dessen Leben wegen eines Irrtums eine abrupte Wende genommen hatte. Wegen Connors Irrtum.
Daher stand das mit dem Schwimmen-Vergessen völlig außer Frage. Aber zumindest würde er sich nicht in die Frau vor ihm verlieben. Gut, dass sie verheiratet war.
„Grazie,Signora Rossi“, versuchte er sich an seinen wenigen Brocken Italienisch, „dass Sie mich aufgenommen haben. Und Sie können Ihrem Mann versichern, dass ich Sie morgens nicht mehr attackieren werde.“
Sein versuchter Scherz ging genauso kümmerlich unter wie sein Italienisch. Connor sprach drei Sprachen fließend und konnte sich in mehreren verständlich machen. Wo immer auf der Welt er sich aufgehalten hatte, wussten die Menschen seiner Erfahrung nach zu schätzen, wenn jemand sich Mühe gab, ihre Sprache zu sprechen, so holprig es auch klingen mochte.
Seine Gastgeberin jedoch … sah jetzt erschüttert aus.
Dass er gerade seinen größten Irrtum zu ihrer Person begangen hatte, wurde ihm klar, als Isabella Rossi leise sagte: „Ich fürchte, das kann ich meinem geliebten Mann nicht ausrichten, Signor. Giorgio lebt nicht mehr. Ich bin Witwe.“
Wie kann dann ausgerechnet sie eine Heirat als Symbol für eine glückliche Zukunft ansehen? Als so etwas wie ein Experte in Sachen Courage bewunderte Connor sie für ihren Mut. Sie hielt an ihrem Glauben fest, obwohl das Leben ihr das Gegenteil bewiesen hatte.
„Mein Beileid, Signora“, sagte er leise.
„Mein Mann ist jetzt schon seit sechs Jahren tot, und noch immer vermisse ich ihn.“
Etwas in Connor regte sich, etwas, das ihm nicht gefiel. Neid? Beneide ich etwa einen toten Unbekannten, weil diese Frau ihn so tief geliebt hat?
Dieser blöde Jetlag! Der hatte offensichtlich die Tür zu etwas aufgestoßen, das Connor normalerweise tief in sich verschlossen hielt. Verstimmt darüber, welche Richtung seine Gedanken im Land von amore einschlugen, hob er das Tablett auf und drehte sich in sein Zimmer zurück.
„Ich biete meinen Gästen ein einfaches Abendessen gegen sieben Uhr als Service an, wenn Sie es wünschen“, bemerkte sie in seinem Rücken und klang jetzt sehr geschäftsmäßig. „Ich muss allerdings rechtzeitig Bescheid wissen.“
Connor war ein Instinktmensch, und seine Instinkte sagten ihm, dass da eine gefährliche, ursprüngliche Mann-Frau-Kraft zwischen ihnen wirkte. Mit ihr zusammen zu essen und ihr am Tisch gegenüberzusitzen, sollte er besser unterlassen.
Andererseits kannte er sich hier nicht aus und musste das Städtchen erst einmal erkunden, aber er musste auch essen. Isabella Rossi hatte bereits bewiesen, dass sie über gute Menschenkenntnis verfügte, und er gedachte nicht, ihr zu zeigen, dass er sie für eine so große Gefahr hielt, dass er lieber hungrig ins Bett ging, als Zeit mit ihr zu verbringen.
„Danke. Ja, das wäre perfekt.“ Seinen Ton hielt er völlig neutral. „Ich hoffe, der restliche Tag verläuft besser für Sie, als er angefangen hat.“
Wie angewurzelt stand Isabella noch immer im Korridor und starrte auf Connor Benson, der das Tablett mit dem Frühstück auf eine sehr, sehr sexy Hüfte stützte. Sie kam sich vor wie erschlagen.
In gewisser Hinsicht war sie ja auch erschlagen worden. Na ja, nicht wirklich, aber erst hatte er sie attackiert und an seinen fast nackten Körper gezogen. Eine höchst aufwühlende Begegnung.
Sein Geruch reizte immer noch ihre Nase. Es schockierte sie, wie sehr ihr der würzige Geruch eines Mannes am Morgen gefiel. Und jetzt hatte sie ihm auch noch angeboten, für ihn zu kochen. Jeder im Städtchen wusste, dass sie ab und an Gäste in ihrem Haus aufnahm und sich damit etwas dazuverdiente. Sie bot ihren Gästen immer Dinner an. Warum also sollte das auf einmal eine große Sache sein?
Weil ihre Gäste normalerweise emeritierte Universitätsprofessoren waren oder junge Rucksacktouristen mit beschränktem Budget, deshalb. Einen Gast wie Connor Benson hatte sie bisher noch nicht im Haus gehabt. Um genau zu sein, wäre es sicherer, wenn sie einen Mann wie ihn nie getroffen hätte.