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Still ist es in der Welt, in die das Dinosauriermädchen Duna geboren wurde. Fast kein Laut ist zu hören, abgesehen von dem Summen der Insekten, die zwischen den üppigen Farnen durch die Luft schwirren. Vor rund 140 Millionen Jahren existierte diese Welt, noch komplett ohne Menschen, dafür aber gefüllt mit einer Menge sonderbare Wesen, die wie gefährliche Fabeltiere wirken. Zu diesen gehört auch Duna, auch wenn sie noch klein ist. An der Seite ihrer Mutter konfrontiert sie die Gefahren des tropischen Urwaldes und erlebt viele Abenteuer.In dieser spannenden und wundervoll geschriebenen Buchreihe für Kinder von 10-12 Jahren, lernt der junge Leser viele verschiedene Tiere kennen. Direkt durch die Augen des jeweiligen Tieres bekommt man eine faszinierende, erkenntnisreiche und einfühlsame Erzählung von dessen Leben. Dazu erhält man viele wissenschaftliche Informationen über die Umwelt und Lebensweise der Tiere und ihre Gefahren. In vielen Fällen werden unter diese Gefahren auch die Menschen gezählt. Dadurch bringt Streblow den jungen Lesern früh bei, dass bedrohte Tierarten geschützt werden sollten und das Menschen andere Lebewesen respektieren sollten. Diese Reihe macht nicht nur Kindern, sondern auch Erwachsenen, beim Lesen Spaß.
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Seitenzahl: 131
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Lothar Streblow
SAGA Egmont
Duna, der Dinosaurier
Copyright © 1989, 2018 Lothar Streblow und Lindhardt og Ringhof Forlag A/S
All rights reserved
ISBN: 9788711807576
1. Ebook-Auflage, 2018
Format: EPUB 2.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach
Absprache mit Lindhardt og Ringhof gestattet.
SAGA Egmont www.saga-books.com und Lindhardt og Ringhof www.lrforlag.dk – a part of Egmont www.egmont.com
„Die Frage nach dem tierlichen Bewußtsein hat die Menschen schon immer gefesselt, weil Haus– und Wildtiere gleichermaßen unsere Bewunderung und Neugier erregen. Sie verlocken uns dazu, in ihre Haut zu schlüpfen und uns vorzustellen, wie ihr Leben sein mag.“
Donald R. Griffin
„Gefühle sind es, die alle Kreatur dazu drängt, etwas zu tun oder, wenn es ängstliche Stimmungen sind, etwas zu unterlassen.“
Vitus B. Dröscher
Der Morgen dämmerte über dem breiten Stromtal. Weithin dehnten sich die flachen gewundenen Flußarme ins Land, bildeten ein tief verzweigtes Delta. Träge strömten die Fluten der Meeresküste zu. Und hinter mächtigen Schwemmsandbänken schimmerten die Wasserflächen sumpfiger Lagunen.
Ein warmer Wind rauschte durch die Wedel der üppigen Farne am Ufer, spielte landeinwärts in den Kronen einiger Ginkgobäumea. Und eine riesige Libelle taumelte durchs Gezweig ins Licht der aufgehenden Sonne.
Es war eine seltsame Welt, in die Duna geboren wurde: eine stille Welt. Wiesen mit Blumen und Gräsern gab es noch nicht. Kein Vogel sang, kaum ein Laut störte die Stille. Nur das Summen von Insekten schwirrte zwischen Bärlappgewächsen und Schachtelhalmen durch die laue Luft. Ein Tausendfüßler krabbelte über den faulenden Stumpf eines Baumfarns. Und manchmal klang ein Platschen von der Lagune herüber, wenn ein Fisch aus dem Wasser schnellte und wieder eintauchte. Sonst war es still, fast unheimlich still.
In dieser Welt vor rund einhundertvierzig Millionen Jahren, wo Europa als Teil eines riesigen, Eurasien und Nordamerika umfassenden Superkontinents nahe am Äquator lag, herrschte über der urwüchsigen Landschaft ein fast tropisches Klima. Und die eigenartigen Wesen, die diese menschenleere Landschaft bevölkerten, sahen mit ihrer sonderbaren Gestalt und ihrem riesigen Wuchs aus wie alptraumhafte Fabeltiere.
Auch Duna glich so einem Fabelwesen: mit ihrem kleinen Kopf an dem kräftigen langen Hals auf dem elefantenförmigen Körper, den säulenartigen Beinen und dem mächtigen Schwanz. Aber noch war sie klein, nur wenige Sonnenjahre alt und kaum größer als ein Kalb. Wenn sie neben ihrer riesenhaften, mehr als fünfzig Tonnen schweren Mutter durch die Wildnis stapfte, kam sie sich ganz winzig vor.
Im Augenblick war von ihrer Mutter nicht viel zu sehen. Sie stand bis weit über ihren kolossalen Bauch im seichten Wasser, hatte den langen, schlangenförmigen Hals tief gebeugt und riß büschelweise Wasserpflanzen aus.
Ein Stück hinter ihr ragten noch einige mächtige Hälse aus der Lagune. Nur dicht am Ufer trieben sich ein paar kleinere Gestalten herum und knabberten an flachwüchsigen Zykadeen. Sie wagten sich noch nicht so weit ins Wasser. Und sie genossen die wärmenden Sonnenstrahlen.
Plötzlich horchte Duna auf. Ein vernehmbares Rauschen klang durch die Luft. Vom nahen Meer her glitten drei Schatten heran, sahen von weitem aus wie seltsame Vögel. Aber es waren keine Vögel: Die gab es noch nicht. Es waren drei Flugechsen, die sich im Gleitflug der Lagune näherten.
Duna duckte sich, legte ihren langen Hals ganz flach. Sie wußte zwar, daß die Flugsaurier nur nach Fischen jagten, trotzdem waren sie ihr unheimlich. Und sie spürte Angst. Diese merkwürdig bepelzten Körper mit den lederartigen Flughäuten und dem zähnestarrenden Schnabelmaul wirkten bedrohlich über Dunas kleinem Kopf. Und sie flüchtete eilig ins Wasser.
Doch gleich darauf bekam sie einen neuen Schreck. Eine der Flugechsen stieß unweit von ihr das spitze Schnabelmaul durch die Wasserfläche und hob sich mit einem Fisch zwischen den Zähnen wieder in die Luft. Doch diese Flugechsen waren keine sehr guten Flieger. Trotz der Flügelspanne von mehr als einem Meter gewann sie kaum an Höhe. Und um ein Haar hätte sie einen der im Wasser weidenden Brontosaurier gestreift.
Das war Dunas Mutter offenbar zuviel. Sie hob ihren gewaltigen Schwanz aus dem Wasser und peitschte ein paarmal kurz über die schimmernde Fläche. Wasserfontänen schossen nach oben. Und einige der Spritzer prasselten auf die Flugechse, bevor sie in einer unbeholfenen Kurve zur Küste hin entfloh.
Jetzt hob Duna vorsichtig den Kopf und blickte ihr nach. Auch sie hatte einen gewaltigen Wasserschwall abbekommen. Und noch immer schwappten die auslaufenden Wellen gegen das Ufer der Lagune. Duna wendete sich langsam ab. Vom Wasser hatte sie erst mal genug. Und sie stapfte mit ihren dicken Beinen aufs Trokkene. Heiße Luft flimmerte über dem körnigen Schwemmsand. Und Duna legte sich im Schatten eines weitausladenden Palmfarns zur Ruhe.
Viel Zeit blieb ihr nicht für den Schlaf. Mit einemmal spürte sie Unruhe in ihrer Nähe. Eine kleine Ureidechse jagte nach einer riesigen Florfliege; ganz dicht schoß sie an ihrem Kopf vorbei. Noch träge vom Schlaf, bewegte Duna abwehrend ihren Schwanz. Florfliegen mochte sie nicht, sie schätzte mehr Pflanzenkost. Und vor Eidechsen hatte sie keine Angst, nur die Störung ärgerte sie.
Doch mit der Ruhe war es vorbei. Dunas Mutter planschte geräuschvoll an Land, trampelte mit ihren Säulenbeinen durch den knirschenden Sand. Das hörte sich an wie ein Erdbeben. Wasser rann von der schuppigen Haut ihres gewaltigen Bauches. Aus dem Maul hingen ihr ein paar Pflanzenfasern. Und wo sie hintrat, hinterließ sie badewannengroße Fußabdrücke. Weit ging sie allerdings nicht. Auch sie spürte die Mittagsschläfrigkeit. Bei einer kleinen Gruppe von Ginkgobäumen barg sie sich im Schatten.
Gerade hatte Duna wieder die Augen geschlossen, da zitterte der Boden erneut von einem erdbebenhaften Dröhnen. Noch klang es weit entfernt, kam aber allmählich näher. Die Brontosaurier hoben wachsam die Köpfe. Sie konnten schon am Tritt unterscheiden, was sich da näherte. Das war kein vierbeiniger friedlicher Pflanzenfresser. Das klang bedrohlich nach einem beutegierigen Zweibeiner. Noch aber war nichts zu erkennen. Ein Wäldchen hochwüchsiger Farne verdeckte die Sicht.
Plötzlich brach eine hohe massige Gestalt durch das Dickicht und blieb einen Augenblick stehen. Von weitem sah sie aus wie ein riesiges Känguruh. Doch die Gestalt hüpfte nicht. Sie rannte mit einemmal los, rannte auf ihren wuchtigen Hinterbeinen direkt auf die Brontosaurier zu, den schweren Schwanz fast waagerecht nach hinten weggestreckt.
Dunas Mutter richtete sich zu voller Größe auf. Und zwei ihrer riesigen Gefährtinnen gesellten sich zu ihr. Die Kleineren aber zogen sich vorsichtshalber ein ganzes Stück hinter ihre gewaltigen Leiber zurück.
Ängstlich starrte Duna zwischen den Säulenbeinen ihrer Mutter hindurch, sah die unheimliche zweibeinige Gestalt näher kommen. Es war ein Megalosaurus, den mächtigen Kopf vorgestreckt, die schweren Kinnbacken geöffnet. Und zwischen seinen Kiefern blitzte eine Reihe messerscharfer Zähne.
In diesem Augenblick schwenkte Dunas Mutter zur Seite, hob ihren gewaltigen Schwanz und verpaßte dem Angreifer einen wuchtigen Schlag vor den Hals. Der Raubsaurier taumelte, fing sich aber wieder. Und blitzschnell versuchte er, durch die Lücke zwischen den Großen die dahinter zusammengedrängten Kleinen zu erreichen.
Duna flüchtete entsetzt zur Lagune hin; sie glaubte sich dort sicherer. Doch sie war nicht schnell genug. Schon hörte sie dicht hinter sich die donnernden Schritte, spürte den stinkenden Atem. Und eine lähmende Angst schnürte ihr fast die Kehle zu.
Da traf den Raubsaurier ein neuer Schlag, gewaltiger noch als der erste und diesmal von der anderen Seite, traf ihn genau vor die Beine. Er stürzte krachend zu Boden. Sand wirbelte auf, nahm ihm sekundenlang die Sicht. Und Dunas Mutter trampelte mit ihren Säulenbeinen auf ihn zu. Doch im letzten Moment kam der Megalosaurus wieder auf die Füße. Das Maul voll Sand, wandte er sich zur Flucht. Und er war schneller als die tonnenschweren Brontosaurier. Mit weit ausgreifenden Schritten rannte er auf seinen kräftigen Hinterbeinen davon.
Die Brontosaurier verfolgten ihn nicht. Sie wußten, daß es sinnlos war. Und das war auch nicht notwendig. Sie hatten sich und ihre Jungen verteidigt und den Angreifer in die Flucht geschlagen; das genügte ihnen. Und keines der Tiere war verletzt worden.
Die Gefahr war vorbei. Und so bald würde sich der Megalosaurus nicht mehr blicken lassen. Friedlich begannen sie wieder Grünzeug abzurupfen. Nach der Anstrengung des Kampfes spürten sie Hunger.
Nur die Kleinen hielten sich noch dicht in ihrer Nähe. Und Duna blickte immer wieder zu dem Farnwäldchen hinüber. Sie hatte ihren Schreck noch nicht vergessen. Doch der Raubsaurier war längst zwischen dem wuchernden Grün verschwunden.
Heiß brannte die Sonne über dem Ufer der Lagune. Kaum etwas regte sich auf dem glühenden Sand. Nur ein Käfer zog gemächlich seine Spur. Und auf den Wedeln der Palmfarne lärmten die Zikaden.
Draußen im Wasser aber bewegten sich träge ein paar riesige Gestalten, tauchte hin und wieder ein kleiner Kopf auf langem Hals über die Wasserfläche und verschwand mit einem platschenden Geräusch.
Auch Duna tappte in Ufernähe über den flachen Grund der Lagune. Genießerisch weidete sie ein paar Wasserpflanzen ab. Doch als sie ins tiefere Wasser kam, wo die Großen sich aufhielten, kehrte sie um. Hier war es ihr zu unruhig, klatschten ihr zu viele Wellen ins Gesicht. Und zum Schwimmen hatte sie keine Lust.
Langsam stapfte sie zu den anderen Jungen hinüber, scheuchte ein paar Fische auf und wehrte eine Wasserwanze ab, die sich ihr beim Untertauchen auf die Nase gesetzt hatte. Dabei blickte sie kurz zum Himmel. Die Sonne war verschwunden, verdeckt von einer bizarr aufgetürmten Wolkenwand. Und die Wand kam schnell näher, seltsam gezackt und düster, getrieben vom aufkommenden Wind.
Duna spürte, wie ihr ein paar Wassertropfen über die Augen rannen. Da traf sie ein Windstoß, vermischt mit feinkörnigem Sand. Erschrocken tauchte sie den Kopf ins Wasser. Doch als sie wieder auftauchte, bekam sie erneut Sand zwischen die Zähne. Wirbelnde Staubfahnen tanzten über den Strand. Und ein dumpfes Kollern ließ die Luft erzittern.
Plötzlich grellte ein zuckender Blitz über den fast blauschwarzen Himmel, gefolgt von langhallendem Donner. Der Wind nahm an Stärke zu, wuchs allmählich zum Sturm, drückte die Pflanzen tief zu Boden, ließ ihre trockenen, spröden Blätter mit einem kratzenden Schnarren hin und her schwanken, riß sie los und trieb sie ins Wasser. Und in den Lärm des Tropengewitters mischte sich das Prasseln des Regens.
Jetzt hob auch Dunas Mutter ihren Kopf über die Wasserfläche. Und instinktiv erkannte sie die Gefahr. Wenn ein Blitz ins Wasser schlug, konnte der elektrische Schlag auch ihnen gefährlich werden. Mit mächtigen Bewegungen wuchtete sie ihren kolossalen Körper ans Ufer, triefend vor Nässe. Und auch die anderen verließen eiligst die Lagune.
Duna wollte zwischen den Säulenbeinen ihrer Mutter Schutz suchen. Doch sie kam nicht dazu. Die drei Großen rannten ohne Aufenthalt weiter landeinwärts, rannten zu dem Farnwald hinüber. Doch kurz davor stoppten sie. Auch der Wald bot keinen Schutz. Der Sturm bog die Stämme tief zur Erde, brach Zweige und ganze Kronen und wirbelte sie vor sich her. Und ein Holzsplitter traf Duna in den Rücken.
Schmerzlich zuckte sie zusammen. Und geschüttelt von Sturmböen, wankte sie in den Windschatten ihrer Mutter. Hier war es ruhiger. Der mächtige Körper vor ihr hielt den Sturm ab, den wehenden Sand und die Äste. Und ihre Mutter stand aufrecht wie ein gewachsener Fels. Nur der Regen trommelte auf Dunas nackte Haut.
So verharrte sie, wartete geduldig, sah die treibenden Wolkenfetzen am Himmel, die sturmgepeitschten Regenfahnen. Und sie horchte auf das Grollen des Donners.
Mit einemmal sah sie, wie unweit von ihr ein Blitz in den Farnwald einschlug. Duna zuckte vor Entsetzen zusammen. Ein Baumstamm zersplitterte und flammte auf wie eine Fackel, sekundenlang nur. Dann erlosch die Flamme in den tosenden Wassermassen des Regens, noch bevor der Donner in der Ferne verklang.
Am Rande des Waldes aber bewegte sich etwas. Ein mächtiger Stegosaurier wühlte sich unter Blättern und zerbrochenen Ästen hervor, die dicken, doppelreihigen Knochenplatten über dem hochgewölbten Rücken flachgelegt. Und er schnaufte mühsam. Den winzigen Kopf vorgebeugt und seinen Stachelschwanz hinterherschleifend, suchte er schwerfällig einen Weg ins Freie. Der Blitzeinschlag mußte ihn erschreckt haben. Er warf nur einen kurzen Blick zu den Brontosauriern hinüber und verschwand langsam in entgegengesetzter Richtung.
Dunas Mutter beachtete ihn gar nicht. Trotz seines gefährlichen Aussehens war er ein harmloser Pflanzenfresser, der sich nur gegen Raubsaurier verteidigte. Und seine Nahrung suchte er anderswo.
Für die Kleinen wirkte sein Anblick furchterregend. Und sie drängten sich enger an die Großen, als noch zwei weitere Stegosaurier am Waldrand auftauchten, gefolgt von einer riesigen zweibeinigen Echse, die offensichtlich mit einem Bein humpelte. Auch noch ein paar kleinere Tiere flüchteten. Dann blieb es ruhig am Waldrand.
Allmählich legte sich der Sturm, die Blitze wurden seltener, und das Grollen des Donners klang entfernter. Die Gewitterfront zog langsam weiter, über die Lagune hinweg der nahen Meeresküste zu. Bald klang das Donnergrollen kaum noch wie ein Murmeln. Nur der Regen trommelte eintönig ohne Unterlaß.
Es regnete drei Tage lang, drei Tage und drei Nächte. Der Strom schwoll an, überflutete die Sandbänke und die Ufer. Und schließlich erreichten die Wassermassen auch die ohnehin schon überschwappenden Lagunen. Weithin versank das flache Land unter reißenden Fluten. Und in den Wellen trieben Bäume und Gesträuch und die Kadaver zahlloser ertrunkener Tiere.
Dunas Mutter war schon kurz nach dem Gewitter mit ihren Gefährten aufgebrochen. Im strömenden Regen wateten sie durch das fast kniehohe Wasser. Manchmal, wenn sie durch eine Bodensenke stapften, reichte es Duna und den anderen Kleinen beinahe bis zum Bauch. Dann wurde das Laufen mühsam. Die Großen jedoch zogen unbeirrt weiter ihren Weg, dem höhergelegenen Hinterland zu.
Zwar konnten die Brontosaurier recht gut schwimmen und hielten sich gern im Wasser auf, sie schätzten aber eher stillere Gewässer. Bei zu starker Strömung konnten die Kleinen zu leicht abtreiben und eine Beute der Krokodile werden. Mit Krokodilen jedoch wurden die Jungen noch nicht allein fertig. Das wußte Dunas Mutter aus bitterer Erfahrung.
Gegen Morgen des vierten Tages ließ der Regen allmählich nach. Die Fluten aber stiegen weiter. Selbst hier im sanft ansteigenden Hügelland, das die kleine Gruppe inzwischen erreicht hatte, standen die Urwälder aus Palmfarnen, Koniferen und Ginkgobäumen mehr als fußhoch unter Wasser. Doch das störte die Brontosaurier nicht. Von der langen Wanderung durch das überschwemmte Flachland ausgehungert, begannen sie Blätter und kleine Zweige abzuweiden.
Mit einemmal stutzte Duna. Zwischen den tief herabhängenden Ästen zeichnete sich eine seltsame Gestalt ab. Zuerst erkannte Duna nur einen schnabelartigen Kopf im Blättergewirr: einen Kopf mit geschlossenen Augen. Und daneben schwebte an einer lederartigen Haut eine dreifingerige Kralle. Mehr war nicht zu sehen. Und das interessierte Duna. Neugierig streckte sie ihren langen Hals aus und schob mit dem Kopf einen Zweig beiseite.
Jetzt sah sie, was es war. Da hing ein kleiner Flugsaurier, fledermausartig mit den Füßen an einem Ast festgekrallt. Und dicht daneben hing noch einer, ein etwas größerer. Die beiden schliefen offenbar noch. Ihre mit hellbräunlichem Fell bedeckten Körper atmeten ruhig.
In diesem Augenblick stampfte Dunas Mutter geräuschvoll durch den Unterwuchs. Und das Schwemmwasser platschte. Der eine Flugsaurier zwinkerte kurz, dann auch der andere. Aus scharfen Augen traf Duna ein mißtrauischer Blick. Und plötzlich ließen die beiden ihre Schlafäste los und glitten lautlos dicht über Dunas Kopf hinweg zwischen den Bäumen hindurch davon.
Erschrocken zog Duna den Kopf ein. Diese fliegenden Reptilien waren ihr unheimlich. Und kurz darauf erschrak sie wieder. Die davonsegelnden Flugsaurier hatten offenbar auch noch andere aufgeschreckt. Von etwas entfernter stehenden Bäumen glitten sechs weitere Flugechsen durch die überflutete Landschaft. Und Duna sah, wie sie im seichten Wasser nach angetriebenen Fischen jagten.
Duna beruhigte sich wieder. Genüßlich verspeiste sie den saftigen Wedel eines Palmfarns. Die Koniferen waren ihr zu hart. Und gemächlich stapfte sie hinter ihrer Mutter her, die mit ihrem tonnenschweren Körper eine breite Gasse in den Urwald walzte.
Hier fand Duna zwischen abgeknickten Stämmen bequeme Nahrung. Und die anderen Kleinen hielten sich dicht bei ihr. Nur die beiden Großen stapften ihre eigenen Bahnen.
Allmählich hellte sich der trübe Himmel auf, ließ schon einzelne Wolken erkennen. Und gegen Abend brach eine dunstige Sonne durch das Grau. Das Stapfen über das wasserbedeckte Bruchholz war anstrengend. Duna spürte die Müdigkeit in allen Gliedern. Und sie sehnte sich nach Schlaf.