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Tauchen Sie in die faszinierende Welt der Plattformökonomie im Lebensmitteleinzelhandel ein. "Ein Blick hinter die Regale" liefert eine fundierte Potenzialanalyse, die auf einem praxisnahen Use Case basiert und anhand der neun Bestandteile des Business Model Canvas ein potenzielles Geschäftsmodell für den Weg vom traditionellen Regal zu einem dynamischen digitalen Marktplatz aufzeigt und evaluiert. Erfahren Sie, wie die Plattformökonomie den Einzelhandel revolutioniert und welche innovativen Chancen sich daraus ergeben. Von der Schaffung virtueller Einkaufserlebnisse bis zur gezielten Kundenbindung durch personalisierte Angebote - dieses Buch behandelt die strategischen Schritte, um im Zeitalter der digitalen Transformation im Handel weiterhin erfolgreich zu sein. Warum ist dieses Buch wichtig? In einer Zeit, in der Konsumenten zunehmend online einkaufen, ist es entscheidend, die neuesten Trends und Möglichkeiten im Einzelhandel zu verstehen. Dieses Buch bietet praxisnahe Einblicke, um Ihre Geschäftsstrategie zu optimieren und eine Vorreiterrolle in der digitalen Revolution des Lebensmitteleinzelhandels einzunehmen. Für wen ist dieses Buch? "Ein Blick hinter die Regale" richtet sich an eine vielfältige Leserschaft: Fachexperten der Plattformökonomie finden detaillierte Analysen und Anwendungsszenarien. Unternehmer und Verantwortliche im Lebensmitteleinzelhandel entdecken innovative Strategien zur Entwicklung ihres Geschäftsmodells. Visionäre und Entdeckungsfreunde, die an der Gestaltung der Einkaufswelt von morgen interessiert sind erleben eine Welt, die heute bereits unser kollektives Leben prägt.
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Seitenzahl: 142
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Ein Blick hinter die Regale: Die Revolution der Plattformökonomie im deutschen Lebensmitteleinzelhandel
von Daniel Jung und Marc-Daniel Moessinger
Customer Segments
von Julia Faschingbauer
Value Proposition
von Laetitia Klein Fernandez
Channels
von Hanna Knuth
Customer Relationships
von Lasse Jahraus
Key Resources and Key Partners
von Karim Mokhtar-Benounnane
Key Activities
von Sebastian Tittel
Cost Structure
von David Hoppmann
Revenue Streams
von Tim Stuhlemmer
Daniel Jung und Marc-Daniel Moessinger
1
Anforderungen der Plattformökonomie an den Handel
2 Kritische Würdigung der Ergebnisse
Quellenverzeichnis
„We are not in the business of building software, we are in the business of enabling interactions”1– Sangeet Paul Choudary
Der Einzelhandel nimmt als essenzieller Bestandteil des tertiären Wirtschaftssektors in Deutschland eine herausragende Stellung ein. Er fungiert nicht nur als Bindeglied zwischen Produzenten und Konsumenten, sondern prägt mit mehr als 3 Millionen Beschäftigten maßgeblich das wirtschaftliche Geschehen und die Beschäftigungslage.2 Der jährliche Einzelhandelsanteil an den privaten Konsumausgaben in Deutschland liegt in den vergangenen 20 Jahren konstant über 30 Prozent.3 Mit seiner Rolle als Impulsgeber für Innovation und Veränderung stellt der Handel somit eine wesentliche Determinante für die wirtschaftliche Dynamik der Bundesrepublik Deutschland dar. In diesem sich stetig wandelnden Umfeld eröffnet die Plattformökonomie eine Fülle an Chancen, bringt jedoch auch einen enormen Veränderungsdruck mit sich.
Die Plattformökonomie hat die Art und Weise, wie Transaktionen auf dem Markt abgewickelt werden, revolutioniert. Plattformen fungieren als Orchestratoren, die Anbieter und Nachfrager zusammenbringen, indem sie den Austausch von Gütern sämtlicher Art ermöglichen – von physischen Produkten über Dienstleistungen bis hin zu Informationen.4 Die disruptive Wirkung digitaler Plattformen auf etablierte Geschäftsmodelle sowie deren Potential, neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu schaffen, konstituieren die Plattformökonomie als einen integralen Bestandteil des heutigen Wirtschaftslebens. Die Terminologie "Plattform" mag auf den ersten Blick simpel erscheinen, doch hinter dieser scheinbaren Einfachheit verbirgt sich ein komplexes Geflecht aus technologischen Innovationen, ökonomischen Strategien und sozialen Wechselwirkungen. Plattformen sind damit Treiber sozialer Interaktion, die es ermöglichen, Communities zu schaffen und das Potenzial von Netzwerkeffekten auszuschöpfen.
Sämtliche Akteure des Handels sind somit zumindest mittelbar, teilweise sogar unmittelbar betroffen. Sie müssen sich den Herausforderungen dieser neuen Ära stellen, um langfristig die Existenz- sowie Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmung zu sichern und bestenfalls auszubauen.5 Die Veränderungen prägen die Branche des Lebensmitteleinzelhandels und beeinflussen die Art und Weise, wie Menschen einkaufen und interagieren. Die daraus resultierenden Anforderungen sind insbesondere:
Antizipation statt Reaktion:
Vorwärtsdenken ist essenziell. Anstatt ausschließlich auf Veränderungen zu reagieren, sollte proaktiv agiert werden, um zukünftige Entwicklungen frühzeitig erkennen und gestalten zu können.
Risikobereitschaft:
Mut zur Veränderung bedeutet, neue Lösungen anzustreben, selbst wenn der Ausgang ungewiss ist. Es ist der Wille, Risiken einzugehen, um innovative Lösungen zu finden und das Potenzial für Erfolg zu maximieren.
Anpassungsfähigkeit & -wille:
Adaption ist der Schlüssel zur Resilienz. Die Fähigkeit, sich anzupassen und sich auf wechselnde Umstände einzustellen, ermöglicht es, sich erfolgreich den Anforderungen des Wandels zu stellen.
Kollaborative Kreativität:
Über konventionelle Grenzen hinausdenken und kollaborative Ansätze fördern. Durch den Austausch von Ideen und Zusammenarbeit entstehen innovative Konzepte, die in Einzelarbeit in dieser Form nicht umsetzbar oder gar nicht erst entstanden wären.
Kundenzentrierter Wandel:
Veränderungen sollten die Bedürfnisse der Kunden reflektieren. Eine starke Kundenorientierung führt zu maßgeschneiderten Lösungen und langfristiger Kundenzufriedenheit sowie -bindung.
Nachhaltige Verantwortung:
Die Berücksichtigung der langfristigen Auswirkungen von Entscheidungen auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft unterstreicht nicht nur die Stärkung der Marke, sondern trägt auch zur gesellschaftlichen Entwicklung bei.
Lernbereitschaft, Flexibilität & Agilität:
Die Offenheit, aus Fehlern zu lernen, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln und sich neuen Gegebenheiten anzupassen, bildet den Schlüssel zum langfristigen Erfolg.
Mut zur Disruption:
Manchmal erfordert Fortschritt radikales Umdenken sowie „um die Ecke denken“. Die Bereitschaft bestehende Traditionen, Prozesse und Systeme kontinuierlich kritisch zu hinterfragen und etablierte Normen zu durchbrechen ermöglicht transformative Veränderungen und stellt zugleich die Grundlage zur Erlangung und langfristigen Sicherung der Innovationsführerschaft dar.
Das Ziel dieses Beitrages ist es, die vielfältigen Möglichkeiten der Plattformökonomie im Lebensmitteleinzelhandel anhand eines konkreten Umsetzungsbeispiels zu verdeutlichen. Im Rahmen eines Forschungsprojekts des Studiengangs BWL-Handel an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) Mannheim wurde in einem interaktiven Ansatz das fiktive plattformbasierte Geschäftsmodell „Sum It Up“ entwickelt.
Das Vorgehen unterscheidet sich dabei stark von einer „klassischen“ Vorlesung und war geprägt von dynamischen Brainstorming-Sessions, hands-on Workshops und tiefgehenden Auseinandersetzungen in Kleingruppen. Die Praxisrelevanz der Ergebnisse wurde durch eine Umfrage unter potenziellen Kunden gestützt. Der Ansatz beinhaltet somit auch experimentelle Trial-and-Error-Methoden. Mit strukturierten, aber flexiblen Agenden sowie Echtzeit-Feedback-Schleifen wurde ein Lern- und Forschungsumfeld geschaffen, in dem Erkenntnisse, Methodiken und Tools aus der Theorie mit Erfahrungen sowie Erkenntnissen aus der Praxis kombiniert werden.
Das Vorgehen schließt damit nahtlos an den Bildungs- und Forschungsauftrag der Dualen Hochschule Baden-Württemberg an: „Als Wissenspartner für Wirtschaft, Staat und Gesellschaft bietet die DHBW ihren Dualen Partnern nicht nur eine qualitativ hochwertige Bildung für die Studierenden, sondern will sie darin unterstützen, anwendungs- und bedarfsorientierte Lösungen für konkrete Probleme zu finden und so ihre Innovationsfähigkeit zu erhöhen“.6 Ziel des Studiums an der DHBW ist es, zukünftigen Fach- und Führungskräften die notwendigen persönlichen, fachlichen, methodischen und sozialen Handlungskompetenzen zu vermitteln, um für ein sich stetig wandelndes Arbeitsumfeld gerüstet zu sein.7
Der vorliegende Beitrag am Beispiel der hypothetischen Lebensmitteleinzelhandelsplattform „Sum It Up“ spiegelt somit nicht nur die Herausforderungen der Plattformökonomie an den Handel wider, sondern verdeutlicht das Engagement der Autorinnen und Autoren, die sich daraus ergebenden Chancen darzustellen. Er verknüpft somit die beiden zuvor dargestellten Aspekte – die Relevanz des Handels sowie die transformative Kraft der Plattformökonomie – und symbolisiert die Synergie zwischen wissenschaftlichen Methodiken, praktischer Anwendbarkeit und zukunftsorientierter Innovation.
Die Untersuchung konzentriert sich speziell auf den Lebensmitteleinzelhandel und nutzt die fiktive Plattform „Sum It Up“ als Fallstudie. Anhand des Business Model Canvas werden die neun Schlüsselelemente Kundensegmente, Wertangebote, Kanäle, Kundenbeziehungen, Einnahmequellen, Schlüsselressourcen, Schlüsselaktivitäten, Schlüsselpartnerschaften sowie die Kostenstruktur des Geschäftsmodells der Plattform beleuchtet und somit die Potenziale der Plattformökonomie für diesen spezifischen Sektor umfassend und in einem konsistenten Gesamtbild beleuchtet.8
1 Choudary, S., Platform Scale, 2015, S. 21.
2 Vgl. Bundesagentur für Arbeit, Beschäftigung, 2023 sowie Haller, S., Dienstleistungsmanagement, 2015, S. 1.
3 Vgl. Handelsverband Deutschland, Zahlenspiegel, 2023, S. 11.
4 Vgl. Evans, D./Schmalensee, R., Matchmakers, 2016, 1.
5 Vgl. Heinemann, G., Online-Handel, 2014, S. V sowie 17f.
6 Duale Hochschule Baden-Württemberg, Transferpartner, 2019, S. 4.
7 Vgl. Duale Hochschule Baden-Württemberg, Leitbild, 2015, S. 10.
Während der vorliegende Beitrag einen wertvollen Einblick in die Potenziale der Plattformökonomie im Lebensmitteleinzelhandel bietet, sind die Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Angebots- und Nachfragestrukturen (u.a. Käuferverhalten, Marktanforderungen, Kundenbedürfnisse) nur beschränkt auf andere Einzelhandelssegmente übertragbar. Zusätzlich sind bei der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem im folgenden vorgestellten plattformbasierten Geschäftsmodell „Sum It Up“ insbesondere folgende Limitationen zu berücksichtigen:
1. Stichprobenbeschränkungen der Umfragen: Die durchgeführten Umfragen ermöglichen interessante Einblicke in den potenziellen Plattformmarkt des Lebensmitteleinzelhandels, jedoch würde eine noch breitere Datengrundlage die Aussagekraft und Repräsentativität der Ergebnisse weiter stärken. Insbesondere Umfragen, die sich ausschließlich auf einzelne Bausteine des Business Model Canvas beziehen (bspw. die Umfrage bzgl. „Revenue Streams“), könnten von einer noch größeren Stichprobe der Umfrage profitieren.
2. Methodologische Einschränkungen: Eine weitere Restriktion liegt in der selektiven Fokussierung auf vier Schlüsselakteure des Lebensmitteleinzelhandels (ALDI SÜD, LIDL, REWE und EDEKA SÜDWEST – vgl. hierzu insbesondere das Kapitel zu „Customer Segments“). Zwar ist die Auswahl der Unternehmen nachvollziehbar begründet und dem Untersuchungsdesign angemessen, jedoch waren aufgrund strategischer Unternehmensentscheidungen keine Interviews zu Teilnahmebedingungen und -Motivationen mit verantwortlichen Personen möglich. Die dezidierten Interessen dieser und weiterer Einzelhandelsakteure sind somit offene Forschungsfragen für weitere Untersuchungen.
Trotz dieser Einschränkungen liefert der vorliegende Beitrag eine instruktive Analyse der Plattformökonomie im Lebensmitteleinzelhandel und legt den Grundstein für zukünftige empirische Forschungsarbeiten und konzeptionelle Erweiterungen. Die identifizierten Potenziale und Implikationen bilden eine solide Grundlage für disziplinübergreifende Diskussionen bezüglich der Integration digitaler Plattformen im Einzelhandel und weisen auf vielfältige strategische Ausrichtungsoptionen sowie unerschlossene Innovationspotenziale hin.
8 Vgl. Osterwalder, A./Pigneur, Y., Business Model Generation, 2011, S. 20f.
Bundesagentur für Arbeit (Hrsg.) (Beschäftigung, 2023): Datenbank Beschäftigungsstatistik, https://statistik.arbeitsagentur.de/DE/Navigation/Statistiken/Fachstatistiken/Beschaeftigung/Beschaeftigung-Nav.html [Zugriff: 2023-09-20]
Choudary, Sangeet Paul (Platform Scale, 2015): Platform Scale: How an emerging business model helps startups build large empires with minimum investment, Singapur: Platform Thinking Labs Pte. Ltd., 2015
Duale Hochschule Baden-Württemberg (Hrsg.) (Leitbild, 2015): Leitbild, https://www.dhbw.de/fileadmin/user_upload/Dokumente/Broschueren_Handbuch_Betriebe/DHBW_Leitbild_2015.pdf [Zugriff: 2023-09-20]
Duale Hochschule Baden-Württemberg (Hrsg.) (Transferpartner, 2019): Vom Bildungs- zum Wissens- und Transferpartner, https://www.mannheim.dhbw.de/fileadmin/user_upload/Forschung/Schwerpunkte_Aktivitaeten/Profil/Forschung-Innovation-Transfer-Strategische-Positionierung-DHBW-201909.pdf [Zugriff: 2023-09-20]
Evans, David S./Schmalensee, Richard (Matchmakers, 2016): Matchmakers. The New Economics of Multisided Platforms, Boston, Massachusetts: Harvard Business Review Press, 2016
Haller, Sabine (Dienstleistungsmanagement, 2015): Dienstleistungsmanagement. Grundlagen – Konzepte – Instrumente, 6., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden: Springer Gabler, 2015
Handelsverband Deutschland (Hrsg.) (Zahlenspiegel, 2023): Zahlenspiegel 2023, https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments&task=download&id=10751 [Zugriff: 2023-09-20]
Handelsverband Deutschland (Hrsg.) (Zahlenspiegel, 2023): Zahlenspiegel 2023, https://einzelhandel.de/index.php?option=com_attachments&task=download&id=10751 [Zugriff: 2023-09-20]
Heinemann, Gerrit (Online-Handel, 2014): Der neue Online-Handel. Geschäftsmodelle und Kanalexzellenz im E-Commerce, 5., überarbeitete und erweiterte Auflage, Wiesbaden: Springer Gabler, 2014
Osterwalder, Alexander/Pigneur, Yves (Business Model Generation, 2011): Business Model Generation. Ein Handbuch für Visionäre, Spielveränderer und Herausforderer, Frankfurt am Main: Campus Verlag, 2011
Julia Faschingbauer
1 Einleitung
2 Theoretische Grundlagen
2.1 Definition: Customer Segmentation
2.2 Erstellen einer Buying Persona
3 Empirische Analyse
3.1 Methodisches Vorgehen
3.2 Anbieter
3.3 Nachfrager
4 Fazit
4.1 Zusammenfassung
4.2 Ausblick
Anhang
Quellenverzeichnis
Die fortschreitende Digitalisierung prägt und verändert unsere Gesellschaft dauerhaft. Einen Teilbereich stellt hierbei der Megatrend Konnektivität dar. Er beschreibt vor allem die zunehmende zeit- und ortsunabhängige Vernetzung mittels digitaler Infrastrukturen.9 So wird bei der Generation Y und Z bereits jeder dritte Einkauf per Mobile Commerce, d.h. über das Smartphone, abgewickelt.10
Auch im Lebensmittelsektor spiegelt sich das zunehmende Onlinewachstum mit einem Plus von rund 30% wider. Die Corona-Krise wirkt hierbei weiterhin wie ein zusätzlicher Multiplikator. Gleichzeitig lässt sich ein Umsatzrückgang von 1% im stationären Lebensmitteleinzelhandel (LEH) feststellen. Dies entspricht einer absoluten Änderung der Umsatzverteilung von rund 2,2 Mrd. € (siehe Abbildung 1).
Abbildung 1: Veränderung der Umsatzanteile 2022 im Vergleich zum Vorjahr.11
Auch wenn der Anteil des stationären LEH mit knapp 43% am Offlinevolumen noch deutlich größer ist als der am Onlinevolumen, stehen sowohl die Discounter als auch die Supermärkte vor einer neuen Herausforderung, den sich wandelnden Kundenwünschen gerecht zu werden.12
Diese Hausarbeit widmet sich hierbei insbesondere der Frage, inwieweit eine digitale Plattform, welche alle großen Lebensmitteleinzelhändler miteinander vereint, nicht nur den Kunden einen Mehrwert bieten kann, sondern auch die derzeit am Markt agierenden Einzelhändler im Segment „Online Food (Delivery)“ wettbewerbsfähig bleiben lässt. Hierzu wird der Baustein der Customer Segmentation des sogenannten Business Model Canvas genauer analysiert.
Nachdem zuvor in Kapitel 1, die sich verändernden Kundenpräferenzen erläutert wurden, widmet sich Kapitel 2 zunächst dem Begriff der Customer Segmentation, bevor ein kurzer Einblick in das Vorgehen zur Erstellung einer Buying Persona gegeben wird. Aufbauend auf den theoretischen Grundlagen aus Kapitel 2 finden diese in Kapitel 3 auf den konkreten Use Case „Plattformökonomie im Lebensmitteleinzelhandel“ Anwendung. Die gewonnenen Buying Personas stellen hierbei das Resultat der vorangegangenen Arbeit dar. Abschließend werden in Kapitel 4 die wichtigsten Erkenntnisse zusammengefasst, bevor ein Ausblick auf weitergehende Forschungsfragen, welche in dieser Arbeit nicht beantwortet werden konnten, gegeben wird.
9 Vgl. Horx, T., Megatrend Konnektivität, 2022, S. 1.
10 Vgl. IT Verlag für Informationstechnik GmbH, Gen Y und Z: Social Media, Smartphones und Plattformen in der Customer Journey, 2021.
11 Eigene Darstellung; Vgl. Handelsverband Deutschland - HDE e. V., Online Monitor 2022, 2022, S. 18.
12 Vgl. Handelsverband Deutschland - HDE e. V., Online Monitor 2022, 2022, S. 18.
Der Begriff Customer Segmentation – auch bekannt als Kundensegmentierung – wird häufig mit dem Begriff der Market Segmentation gleichgesetzt. Obwohl beide versuchen, differenzierbare Gruppen gleicher, charakteristischer Merkmale zu bilden, ist der Begriff der Customer Segmentation tiefergehend13. In einem ersten Schritt werden zunächst alle potenziellen Kunden eines Unternehmens identifiziert. Erst danach kann die eigentliche Segmentierung stattfinden. Einzelne Ausreißer, welche keiner Gruppe zugeordnet werden können, werden ignoriert (siehe Abbildung 2).14
Abbildung 2: Beispiel zur Bildung von Kundensegmenten.15
Das oberste Ziel ist dabei die Gewinnmaximierung. Hierzu versucht die Customer Segmentation den Wert eines jeden Kunden für das Unternehmen zu bestimmen.16 Je höher der wertschöpfende Beitrag eines Kunden, desto stärker sollte das Unternehmen in diesen Kunden investieren.
Eine Möglichkeit stellt dabei die personalisierte Kundenansprache dar. Durch sie kann einerseits der Anteil der Stammkunden erhöht, andererseits das zur Verfügung stehende Marketingbudget effizienter eingesetzt und folglich der Return on Investment gesteigert werden. KI-gesteuerte Instrumente, wie beispielsweise maschinelles Lernen, können dabei fördernd wirken.17
Gleichzeitig wird ein gezieltes Churnmanagement ermöglicht. Dieses versucht, die Abwanderung potenzieller Kunden frühzeitig zu erkennen und entsprechend entgegenzuwirken.18
Auch das Verständnis für die sogenannte Customer Journey (Reise zwischen Erstkontakt bis zum Kauf eines Gutes) verbessert sich. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung des Life Time Value – dem Produkt aus Durchschnittswarenkorb, Anzahl an Transaktionen und Dauer der Kundenzugehörigkeit – ist die Customer Segmentation für die Identifikation umsatzstarker Kunden unabdingbar.19
Letztlich bietet die Customer Segmentation auch für die Produktentwicklung Vorteile. Beispielsweise verringert sich das Risiko von Fehlentwicklungen. Auch zukünftige Marktveränderungen und Kundenpräferenzen können frühzeitig antizipiert und umgesetzt werden. Ein verbesserter Kundenservice, neuartigere Produkte, sowie leichter, bedienbare Systemanwendungen sind die Folge.20
Der Begriff Persona stammt vom lateinischen Wort personare (hindurchtönen) ab und bezeichnet ursprünglich „eine im griechischen Theater verwendete Maske, die die Rolle typisierte“.21 Der Grundgedanke einer Buying Persona liegt daher in der Erzeugung einer klaren, sowie emotional konsistenten Figur.22
Angewendet auf den heutigen Gebrauch im Unternehmen, liegt das Ziel der Buying Persona somit in der Erschaffung einer konkreten Person, welche bildhaft die Zielgruppe eines Unternehmens symbolisiert. Durch das Aufzeigen von sowohl demografischen und sozio-ökonomischen, aber auch psychischen und lebensstilbezogenen Merkmalen23, erlangen die Mitarbeiter des Unternehmens ein besseres Verständnis über die Zielgruppe. Gleichzeitig können allgemeine Veränderungen von Bedürfnissen schneller erkannt und angesprochen werden.
Die Darstellung der Buying Persona erfolgt dabei typischerweise in Form eines Steckbriefes (siehe Abbildung 3).
Abbildung 3: Vorlage einer klassischen Buying Persona.24
Zunächst werden demografische Faktoren, wie beispielsweise das Geschlecht, das Alter, der Familienstand oder auch der Wohnsitz und die Religionszugehörigkeit aufgenommen. Ergänzt werden diese durch sozio-ökonomische Faktoren, wie den Beruf, den Bildungsgrad und die jeweilige Einkommensklasse.
Um die Bedürfnisse der Zielgruppe identifizieren zu können, müssen zudem Charaktereigenschaften festgelegt werden. Hierzu zählen sowohl Wertvorstellungen und Lebensziele, als auch allgemeiner Lifestyle, Interessen und Hobbies.
Sollten bereits Daten über das direkte Kaufverhalten der Zielgruppe vorliegen, sind zudem zusätzliche Differenzierungen im Bereich User Status, Interaktionsgrad der Nutzung, Häufigkeit der Interaktion, sowie Einkaufsmodalitäten (Suchanfragen, Bezahlmethode, Bewertungen, etc.) hilfreich.25
Erstellt man, je nach Größe und Kapazität des Unternehmens, mehrere Buying Personas, lassen sich daraus anschließend sowohl spezifische Marketingstrategien als auch Preisdiskriminierungstechniken ableiten. Eine gezielte Abschöpfung der Konsumentenrente und somit eine Steigerung der Gewinne ist letztlich die Folge.18
13 Vgl. Lee, N., The difference between market segmentation, customer segmentation, target audience and personas, 2022.
14 Vgl. Cambridge University, Customer segmentation, 2022.
15 Eigene Darstellung; Vgl. Angoss Software, Customer Segmentation, 2016.
16 Vgl. Chen, Y. u. a., Customer Segmentation in Customer Relationship Management Based on Data Mining, 2006, S. 293.
17 Vgl. Peterson, S., Customer Segmentation: The Defnitive Guide, 2022.
18 Vgl. Lamano GmbH & Co. KG, Churn Management: Definition & Tipps, 2023.
19 Vgl. Malik, S., Customer Lifetime Value: What is it and How to Calculate, 2018, S. 1.
20 Vgl. Baker, K., Customer Segmentation: How to Effectively Segment Users & Clients, 2022, S. 3.
21Reese Online e.K., Persona: Bedeutung, Definition, Herkunft, 2022.
22 Vgl. Häusel, H.-G./Henzler, H., Buyer Personas, 2018, S. 20.
23 Vgl. Wöhe, G./Döring, U./Brösel, G., Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 2020, S. 370.
24 Eigene Darstellung; Vgl. Cramer, L.-S., Buying Persona, 2022.
25 Vgl. Baker, K., Customer Segmentation: How to Effectively Segment Users & Clients, 2022, S. 1–11.
Ziel des in Kapitel 1 erwähnten Geschäftsmodells ist die Entwicklung einer Plattform, welche alle relevanten Lebensmitteleinzelhändler miteinander vereint, um nicht nur den Kunden, sondern auch den Unternehmen einen Mehrwert zu bieten (siehe Abbildung 4).
Abbildung 4: Prinzip der digitalen LEH – Plattform.27
Im Bereich der Customer Segmentation müssen folglich sowohl die Nachfrager als auch die Anbieter identifiziert, segmentiert und analysiert werden.
In einem ersten Schritt wurden mittels Sekundärforschung die unterschiedlichen Anbieter im LEH untersucht. Hierzu wurde zunächst die allgemeine Umsatzverteilung, sowie die allgemeine Marktmacht und der jeweilige Bekanntheitsgrad innerhalb der LEH-Branche identifiziert. Die vier relevantesten Unternehmen wurden daraufhin genauer analysiert. Beginnend mit grundlegenden Fakten, wie Betriebsform, Gründungsjahr, Nettoumsatz und Filialanzahl, wurden anschließend weitere Aspekte wie Historie, Unternehmensleitbild, Ziele und Herausforderungen in die Erstellung der Buying Persona mit aufgenommen.
Die verhaltensbezogenen Merkmale wurden insgesamt in fünf Bereiche, welche jeweils aus zwei Gegensätzen (z.B. unabhängig vs. Teamspieler) bestehen, aufgeteilt. Die Einstufung jedes Unternehmens beruhte dabei sowohl auf den jeweiligen Unternehmensgrundsätzen und Leitbildern als auch auf den Werbebotschaften samt möglichen Kooperationen, welche jeweils auf den Unternehmenshomepages zu finden waren.