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EIN COOLER HUND erschien zum ersten Mal im Januar 2001 als Privatdruck in einer Auflage von 25 Exemplaren. Dieses Heft enthielt fast alle Gedichte, die ich je geschrieben habe. Außen vor blieben nur frühe Fingerübungen und Quatschreime. Ein Dutzend Gedichte in zwanzig Jahren. Ein Dichter bin ich nie gewesen. Aber als ich im Januar 2000 beschloss, mich nicht länger als Berufsautor kurz vor dem Durchbruch anzusehen, und im Zuge einer Rückbesinnung sämtliche noch erhaltenen alten Sachen las, stellte ich ebenso erstaunt wie erfreut fest, dass gerade die Gedichte die lange Zeit gut überstanden hatten. Kein Wunder. Ich habe sie fast immer für mich oder für Freunde geschrieben. In ihnen spreche ich mit unverstellter Stimme, will ich niemandem was verkaufen. Jedenfalls nicht als Autor.
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Seitenzahl: 36
Frank Böhmert
EIN COOLER HUND
Die Gedichte
Außer der Reihe 2
Frank Böhmert
EIN COOLER HUND
Die Gedichte
Außer der Reihe 2
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
© der Printausgabe: September 2011, dieser Ausgabe: Mai 2016
Frank Böhmert & p.machinery Michael Haitel
Titelbild: Michael Haitel, unter Verwendung einer Fotografie des Autors: Das Foto auf der Vorderseite zeigt den Dichter im Januar 1984 in Sri Lanka.
Layout & Umschlaggestaltung: global:epropaganda, Xlendi
Lektorat: Frank Böhmert, Michael Haitel
Herstellung: global:epropaganda, Xlendi
Verlag: p.machinery Michael Haitel
Ammergauer Str. 11, 82418 Murnau am Staffelsee
www.pmachinery.de
ISBN der Printausgabe: 978 3 942533 21 8
Das ist eine Sammlung meiner persönlichsten verstreuten Sachen. Sie ist mir gewidmet.
Frank Böhmert
EIN COOLER HUND
Die Gedichte
Im Büro sitzen
den Recorder
das Lied vom Tod
spielen lassen
und zwischen aktenblauen Bergen
die Heftmaschine leerknallen
takk
takk
takk
die Sonne scheint
in DIN A 4
Es ist Armins Wohnung, in der sie sich treffen, in dem zerfallenden Mietshaus, das schon lange abgerissen werden soll. Außer ihm und dem Hauswart wohnt noch ein griechisches Ehepaar dort, das an diesem Sommerabend nicht zu Hause ist. Sie scheinen nicht sehr verändert, wie sie sich so wiedersehen. Knud ist immer noch Lehrer, mit weniger Elan und mehr Routine. Frank irgendwie beim Arbeitsamt gelandet, wo er eine Ausbildung macht, um etwas in der Tasche zu haben. Und Armin steht im Abitur.
Sie trinken und essen, lassen es spät werden, hören Musik, reden. Nicht über gemeinsame Erinnerungen, sondern über ihre Gegenwart und Träume, die Politik. Sie denken, dass sie vielleicht gar keine Zukunft mehr haben, ahnen es, wenn die Worte versiegen und jeder irgendwohin starrt. Einmal sagen Frank und Armin, sie freuten sich auf den Tag, wo alles zusammenbräche. Da wird Knud sehr laut.
Gerade vorm Morgen will Frank gehen, und Knud sagt, er komme auch gleich mit, sei schon gottverdammt müde. Und wenn ein alter Mann müde ist, gehöre er ins Bett. Sie lachen. Er ist tatsächlich der Älteste. Und er will Frank nach Hause fahren. So stehen sie im Treppenhaus, warten auf Armin. Der dreht die Anlage noch lauter, öffnet die Fenster, löscht das Licht und schließt die Tür. Ob Knud immer noch den roten Käfer fahre, will er wissen, während sie die Stufen hinuntersteigen.
Nein. Knud hat sich einen neuen Gebrauchtwagen gekauft. Mit dem hat er schon eine Reise in die Schweiz gemacht, einen Freund besucht, der hat einen kleinen Wanderzirkus. Dort fuhr er viel herum, und einmal stand er mit seinem Auto am Ufer eines Bergsees. Die Sonne schien, warf sich aufs Wasser, darin die Berge tanzten. Im Recorder die Rolling Stones. So nahm er einen Schraubendreher und ritzte ganz groß STONES in die Motorhaube.
Sie feiern ihn dafür. Ihre Stimmen hallen laut im Hinterhof, vermischen sich mit der Musik aus den Fenstern. Die Flurlampe im Vorderhaus ist kaputt. Draußen überqueren sie die gepflasterte, den Hügel hinabführende Straße und stehen vor dem Auto. Frank fährt mit den Fingern über die zerkratzte Haube. Knud erzählt. Als er es gekauft hat, war nur der rechte Kotflügel verbeult. Aus Gründen der Ästhetik musste er auch den linken noch eintreten. Das nehmen sie ihm nicht ab.
Warum solle er keine Beule in sein Auto treten dürfen? Sein Fuß fliegt gegen die Wagentür, zaubert eine Delle hinein. Er lacht. Ob sie auch mal wollten, fragt er. Frank sieht hinüber zur Polizeiwache. Armin will auch nicht. Warum denn nicht, brüllt Knud, sie lebten doch schließlich in einer Demokratie, da dürfe jeder gegen sein Auto treten! Sie tun es nicht. So öffnet er die Wagentüren. Abschied wird genommen.
Lachend rasen sie durch die leeren Straßen, schweigen. Wind bläst durch das Schiebedach. Irgendwas im Recorder. Irgendwas.
Na klar: Unsere Worte hängen an den Frauen, der Musik,
den immer wieder kaputten Feuerzeugen
(wo sie doch schon auf den Mond und so).
Die Schritte aber federn,
wenn es nach Hause geht,
und heut Nacht ist die Stadt gefroren.
Darüber steht ein runder Mond,
der scheint durch die Wolken und den Atem,
den ich ihm entgegen blase.
Bis mir einer zuruft,
ich möge nicht so in den Himmel starren.
Aber da oben ist der Mond, sage ich.
Ja, schon schön, der Mond, das Universum,
aber vergiss nicht, wo du herkommst.
Ich zeige auf den Bürgersteig.
Er lacht, lässt mich von seinem Bier trinken:
Bist du traurig, oder bist du unglücklich?
Ich entscheide mich für müde und zufrieden,
und er bekommt seine Flasche zurück.
Und denk daran!, ruft er mir nach,
und denk daran, dass es noch Menschen gibt.
Und die Straßen, die glitzern vor Eis!