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Warmherzige Liebesgeschichte trifft auf herrlich britischen Humor: Der Liebesroman »Ein Cottage für Zwei« von Trisha Ashley als eBook bei dotbooks. »Wo bleibt denn nun der doofe Prinz auf seinem blöden Gaul?!«, fragt sich Fantasyautorin Sappho am Morgen ihres 39. Geburtstags – und mietet kurzentschlossen ein Cottage in Wales: Alle ihre Freundinnen wohnen dort, mit Mann und Kindern. Warum also sollte Sappho hier, auf der malerischen Halbinsel Gower, nicht auch glücklich werden können? Zum Beispiel mit dem flachsblonden Nye, der am Hafen sein kleines Töpferstudio betreibt … aber leider nicht nur verdammt attraktiv ist, sondern auch chronisch schlecht gelaunt zu sein scheint. Als dann auch noch ihr stalkender Ex auftaucht, schlagen die Wellen in dem malerischen Küstenstädtchen hoch und Sapphos Gefühlsleben droht komplett durcheinander zu geraten … »Trisha Ashleys Bücher sind voll warmherzigem Humor!« Bestsellerautorin Sophie Kinsella Jetzt als eBook kaufen und genießen: Die britische Liebeskomödie »Ein Cottage für Zwei« von Trisha Ashley. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 466
Über dieses Buch:
»Wo bleibt denn nun der doofe Prinz auf seinem blöden Gaul?!«, fragt sich Fantasyautorin Sappho am Morgen ihres 39. Geburtstags – und mietet kurzentschlossen ein Cottage in Wales: Alle ihre Freundinnen wohnen dort, mit Mann und Kindern. Warum also sollte Sappho hier, auf der malerischen Halbinsel Gower, nicht auch glücklich werden können? Zum Beispiel mit dem flachsblonden Nye, der am Hafen sein kleines Töpferstudio betreibt … aber leider nicht nur verdammt attraktiv ist, sondern auch chronisch schlecht gelaunt zu sein scheint. Als dann auch noch ihr stalkender Ex auftaucht, schlagen die Wellen in dem malerischen Küstenstädtchen hoch und Sapphos Gefühlsleben droht komplett durcheinander zu geraten …
Über die Autorin:
Trisha Ashley wurde in Lancashire, Großbritannien geboren und studierte Glasmalerei am Swansea College of Art. Ihre Bücher stürmen in ihrer Heimat mit Regelmäßigkeit die Bestsellerliste und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Sie lebt mit ihrem betagten Papagei in Wales.
Trisha Ashley veröffentlichte bei dotbooks auch die folgenden eBooks:
»Ein Landhaus zum Verlieben«
»Das kleine Cottage des Glücks«
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Aktualisierte eBook-Neuausgabe Juni 2020
Dieses Buch erschien erstmals 2001 unter dem Originaltitel »The urge to jump« bei Piatkus Books, Essex. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Frische Landluft« bei Bastei Lübbe
Copyright © der englischen Originalausgabe 2001 Trisha Ashley
Copyright © der deutschen Erstausgabe 2003 Bastei Lübbe
Copyright © der aktualisierten Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design unter Verwendung von shutterstock/Roman Sigaev und adobeStock/mubus
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (CG)
ISBN 978-3-96655-021-5
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Trisha Ashley
Ein Cottage für Zwei
Roman
Aus dem Englischen von Michaela Link
dotbooks.
Die schöne Halbinsel Gower in Südwalesgibt es natürlich wirklich,aber das Dörfchen Bedd und alle in diesem Buchgezeichneten Charaktere sind ausschließlichdas Produkt der erhitzten Fantasieder Autorin.
Für Laudra Ager,Elizabeth Hankin und,last but not least,Carol Weatherill.In Liebe.
Ein weiterer herrlicher griechischer Zweitausendertag dämmert über Bobs »Kreativ- und Freizeitzentrum« auf der Insel Lefkada herauf, und die Luft draußen ist wie warme Milch, ganz zart vermischt mit dem Duft glühender Holzkohle ...
Zum Glück bin ich eine Frau von großer Entschlusskraft! Die brauche ich heute auch, denn nicht nur die Insel versucht, mich von meiner morgendlichen Arbeit fortzulocken, sondern auch der Stapel Geburtstagspost auf meinem Nachttisch.
Ich bin wie ein Jogger: Ich brauche meinen täglichen Rausch, und ich bin darauf programmiert, jeden Morgen zu schreiben. Das einzige Alternativprogramm dazu heißt Selbstzerstörung. Es spielt keine Rolle, in welchem entlegenen Winkel der Erde ich mich aufhalte, ob ich an Bord einer Fähre bin, in einem Flugzeug oder in einem Kanu sitze – zwischen fünf und sieben Uhr am Morgen brabbele ich entweder in einen Kassettenrekorder oder kritzele in ein Notizbuch. Mit Spiralbindung.
Wenn ich mal einen eigenen Wagen besitze, klebe ich mir den Sticker: »Schriftsteller tun es überall« auf die Stoßstange.
Nun denn, es bleiben mir noch zehn Minuten, und das derzeitige Kapitel von Vengeane: Dunkle Stunden, dunkle Taten ist noch zu beschließen. Nala, die Heldin, teilt zwei Eigenschaften mit mir (und auch mit Margaret Thatcher, wie es aussieht): Sie braucht sehr wenig Schlaf und verfügt über große Selbstbeherrschung.
So gesehen ist sie wohl ein wenig wie eine jugendliche Margaret Thatcher in Lederhosen, denn auch wenn sie nicht direkt mit einer Reihe am Gürtel baumelnder, runzliger männlicher Geschlechtsteile die Wälder durchstreift, geht ihr doch die Entmannung mit Worten recht flott über die Lippen.
Wenn ich dasselbe doch nur auch von mir behaupten könnte.
»Das Reich Mirrign gehörte jetzt rechtmäßig Nala ... Aber war es ihr bestimmt, es ganz allein zu beherrschen? Während ihrer Jahre als vagabundierende Gesetzlose hatte sie davon geträumt, einen wahren Gefährten zu finden, der ihr ebenbürtig war an Talent, Wissen und Stärke.
Einmal hatte sie geglaubt, Raarg sei dieser Mann, bis ihr die Schuppen von den geblendeten Augen gerissen worden waren und sie die seichte, eitle, selbstsüchtige Wirklichkeit hinter der schönen Fassade gesehen hatte.
In der ganzen Verbitterung über ihre Zurückweisung folgte er ihr wie ein bösartiger Schatten und verführte wiederum seine Verfolger unter dem Einfluss des teuflischen, aus Flechten gebrauten Laags zu verderbten Taten.
Und jetzt war der mysteriöse, fremde Drachentöter, hochgewachsen und vor dem Hintergrund des dunklen Waldes von gespenstischer Blässe, gekommen, um sie zu quälen. Seine Augen, die wie klare Kristalle waren, schienen selbst ihre Seele zu durchdringen ...
Drachentöter? Was für ein Ort mochte die Dunkle Seite sein, wenn Drachen Feinde waren, die getötet werden mussten? Und was wollte er von ihr?«
»Ich weiß es nicht, mein Augapfel«, antwortete ich ihr und klickte den Kassettenrekorder aus. »Du musst wohl selbst dahinter kommen.«
Und ich muss einen anderen Namen für diesen Drink suchen, der das Böse zu Tage bringt: Ich kann Laag Louts nicht in meinem Fantasieroman gebrauchen, das wäre einfach zu viel. Ich werde mir heute Nachmittag etwas anderes ausdenken, während die jetzt anwesenden »Kreativen Freizeitler« ihre Mußestunden zum Schreiben, zum Schlafen oder zur Unzucht nutzen, ganz nach Geschmack. (Und Vermögen.)
Ich mag zwar schreiben, aber ganz sicher gebe ich mich nicht der Unzucht hin: Diese bedeutungslosen, schnellen Nummern ohne Liebe führen mich schon seit Jahren nicht mehr wirklich in Versuchung, obwohl ich in letzter Zeit aus irgendeinem Grund fast so viel über Sex nachdenke wie über meinen Roman. (Etwa alle dreißig Sekunden also.)
Vielleicht hat es etwas damit zu tun, dass es wieder einmal so weit ist: Mein Geburtstag ist da, der Vorläufer einer neuerlichen Stufe auf der steil bergab führenden Treppe in Richtung vierzig, ohne dass es die geringste Spur von dem Mann in meinem Leben gäbe. Und mit schwindenden Chancen, ihn jemals zu finden.
Sehen wir den Tatsachen ins Auge: In meinem Stadium ist nur noch eine Sorte Männer auf dem Regal der Ladenhüter verfügbar – die letzten paar Verschmähten, Verfallsdatum lange überschritten, für die eine genetische Modifikation nur eine gute Idee sein könnte.
Bei einer weniger stark ausgeprägten Persönlichkeit hätte sich zu diesem Zeitpunkt womöglich Verzweiflung breit gemacht, aber ich stehe keineswegs im Begriff, nach dem nächstbesten männlichen Treibgut zu grabschen wie die Ach so tief gesunkene Frau. Ich hatte in meiner Jugend eine überstürzte und unbedachte Affäre, daher weiß ich, dass das Spiel eigentlich nicht der Mühe wert ist.
Raarg, der atemberaubende, aber böse Antiheld meines Romans, orientiert sich locker an der Person meines Ex- Lovers Dave, obwohl Dave nicht wirklich böse war, sondern höchstens ein klein bisschen fies – wie ein Hund mit einem winzigen Hang zur Verschlagenheit.
Er wurde ein bisschen komisch, nachdem mir aufgegangen war, dass ich einen großen Fehler gemacht hatte, und ihm den Laufpass gab; er gewöhnte es sich an, mir auf dunklen Straßen nachzuschleichen, seltsame Telefonanrufe bei mir zu tätigen und dergleichen mehr. Eines Abends hielt ich ihn dann für einen Straßenräuber und erwischte ihn kalt.
Hätte er von meinen Kursen im Kickboxen gewusst, wäre er bei der Wahl seiner Methoden wohl ein wenig vorsichtiger gewesen. Aber im Krankenhaus ließ man ihn schon am nächsten Tag wieder gehen, es konnte also nichts Gravierendes passiert sein.
Allerdings behält er mich immer noch im Auge und schickt mir per Post hin und wieder ein kleines Memento mori,um mich wissen zu lassen, dass er nach all diesen Jahren immer noch verrückt nach mir ist – wie die Postkarte, die ich neulich bekommen habe:
Ich weiß, wo du bist, Sappho.Dave
Nun ja, damit hat er sich wohl kaum eine Nominierung für den Preis der Christopher-Columbus-Gesellschaft für die größte Entdeckung des Jahres verdient: Seit Bob das Kreativzentrum eröffnet hat, unterrichte ich jedes Jahr im August und September hier.
Und Dave ist ein bekannter selbstständiger Fotograf mit Kontakten überall, sodass ich, selbst wenn er düster brütend mitten in seinem Netz hockt, immer am Rande seines Bewusstseins zupfe, ganz gleich, an welch entferntem Ort des Globus ich mich gerade aufhalte.
Für gewöhnlich reagiere ich auf seine kleinen Streiche, indem ich Raarg etwas besonders Grässliches antue, aber diesmal habe ich ihm meinerseits eine Postkarte geschickt:
Dave,ich weiß auch, wo ich bin,Sappho
Erst dann habe ich Raarg etwas Grässliches angetan.
Das ist der dritte Band der Vengeane-Serie. Ich bin mir zwar nicht allzu sicher, was im vierten und (wahrscheinlich) letzten passieren wird, aber ich habe keine allzu großen Hoffnungen für Raarg.
Und wie zum Teufel ist dieser mysteriöse Drachentöter plötzlich in mein Unterbewusstes geplatzt? Ich muss schon sagen – Drachentöter!
Bei meinem letzten Besuch in London habe ich mit zwei anderen Fantasieautoren zu Mittag gegessen – Tom Mac und Rana-Raye Faye –, und wir sind übereingekommen, dass wir wirklich eine eigene Gruppe (Splittergruppe?) gründen sollten, eine Gesellschaft für Fantasieautoren mit Regeln wie: 1) Schluss mit den verfluchten Drachen, 2) weniger von den großen, feurigen Schwertern und 3) definitiv keine Zauberer.
Vengeane mag eine zaubererfreie Zone sein, aber, oh Mann, was hat der Drachentöter für ein großes, feuriges Schwert! Ich weiß nicht, warum er so seltsam sexy rüberkommt, da ich doch überhaupt nichts für blonde Männer übrig habe.
Wobei ich auch seit Dave »Nenn mich Narziss« Devlyn nichts für gut aussehende Männer übrig habe oder für dumme Männer oder für Männer, die kleiner sind als ich.
Der See lediger, großer, dunkelhaariger, intelligenter, attraktiver-aber-nicht-gut-aussehender Männer ist zu einer kleinen, schlammigen Pfütze versickert. Also komme ich um eine Tatsache möglicherweise nicht herum: Wenn ich die Unzucht ursprünglich auch aus Überzeugung aufgegeben habe, verzichte ich mittlerweile mehr aus Mangel an Gelegenheit auf sie.
Ich werde älter und wählerischer: Die Welt füllt sich mit verheirateten Männern – verheirateten Männern, deren Frauen sie nicht verstehen–, geschiedenen Männern, komischen geschiedenen Männern, schwulen Männern und schwer wiegend mutterfixierten Männern. Oh, und Heranwachsenden wie dem einzigen ledigen Mann in der jetzt hier weilenden Horde Kreativer Freizeitler: Er ist noch grün hinter den Ohren.
Nur um mich weiter in meine Niedergeschlagenheit zu steigern, habe ich in letzter Zeit einige der Frauenzeitschriften gelesen, die die Freizeitler liegen gelassen haben. In diesen elenden Dingern geht es ständig um Sex in unzähligen Varianten. Mir war seinerzeit die traditionelle Art ganz brauchbar erschienen – wenn man heutzutage all diese anderen Sachen machen muss, na ja, dann braucht man auf mich nicht zu zählen.
Die einzige Art oraler Befriedigung, für die ich mich interessiere, kommt in einem Einwickelpapier von Mars daher.
Irgendwie habe ich bei der Lektüre den Eindruck gewonnen, als wäre eine merkwürdige, sexuelle Flut an mir vorbeigegangen. Sie hat mich nicht nur nicht mitgerissen – ich habe nicht mal feuchte Zehen davon bekommen: Gestrandet an den Gestaden der Liebe wie ein Häuflein verblassten Treibguts.
Das waren ziemlich trübselige Gedanken für einen Geburtstag, daher griff ich nach dem Stapel Post und entschied mich als Erstes für einen fetten, cremefarbenen Umschlag, auf dem ich das unverkennbare Gekritzel von Mu, meiner besten Freundin, entdeckte.
Mit welch unschuldig glücklicher Vorfreude ich die wunderschöne, handgemachte Karte herauszog, auf der Perlmuttknöpfe zwei Ziffern beschrieben! Und mit welchem Grauen mir klar wurde, dass mit dieser Karte etwas Düsteres, ausgemacht Monströses aus dem Umschlag gerutscht war: mein Alter.
Neununddreißig? Ich meine: neununddreißig?
Mu musste da etwas falsch verstanden haben, denn obwohl ich seit meinem dreißigsten Geburtstag nicht mehr mitzähle, bin ich mir ganz sicher, dass der erst ein paar Jahre zurückliegt ... oder?
Mathe ist meine einzige Schwäche. Es kostete mich zehn Minuten hektischer Berechnungen, um zu akzeptieren, dass es wahr war, nur allzu wahr! Ich stand mit verbundenen Augen auf der Schwelle zur Vierzig, und zu meinen Füßen klaffte der Abgrund.
Nur ein Jahr, ein kleines Jahr entfernt von der großen Vier-Null, und es ist so unfair: Ich habe nicht erwartet, vierzig zu werden. Man wird nicht vierzig, so etwas passiert immer nur anderen.
Ich bin einfach noch nicht bereit dazu, also wird die Zahl wieder gehen und später zurückkommen müssen, wenn ich für die Altersschwäche zu sprechen bin.
Warum hat mich nicht irgendjemand davor gewarnt, bevor sie aus einem Umschlag gesprungen kam, mich mit dem Zaunpfahl der Sterblichkeit schlug und geistesgestört kichernd davonhüpfte?
Und da ist noch etwas. Ich muss nicht nur plötzlich mit der Erkenntnis fertig werden, dass ich nicht unsterblich bin – nächstes Jahr werde ich eine vierzig Jahre alte Frau sein, die allein in einem ländlichen Cottage in Wales lebt.
Wissen Sie, wozu mich das machen wird? Zu einer »Ledigen, exzentrischen Person«, jawohl – dann fehlt mir nur noch die Katze. Und vielleicht der Besenstiel.
Das einzig Positive daran ist, dass man mich wohl kaum als Hexe verbrennen wird, es sei denn, die Griechen tun es: Stathis, der Besitzer des hiesigen Cafés, machte das Zeichen des bösen Blicks, als ich ihm sagte, ich glaube nicht, dass er das Flohspray regelmäßig benutze, das ich ihm für seine Katze gegeben hatte. Auch wenn ich keine besondere Zuneigung zu Katzen hege, sehe ich sie nicht gern mit Kolonien von Flöhen so groß wie Weintrauben über beiden Augen. Doch ich befinde mich hier anscheinend auf einer Art Eine-Frau-Feldzug. Meine Freundin Mu schickt mir das Flohmittel: Sie leidet an einer Katzenmanie.
Katzen werden sich vielleicht als die einzigen Unsterblichen in Tiergestalt erweisen und ein gutes Wort für mich einlegen, denn sie betrachten einen immer so, als hätten sie seit dem Morgendämmer der Schöpfung alles gesehen und es – hipp, hipp, hurra! – für langweilig befunden.
Praktisch alles erscheint im Bad des magischen Morgensonnenscheins einer griechischen Insel möglich – nur nicht die Tatsache, dass ich neununddreißig bin.
Aber wahrscheinlich werde ich lernen müssen, diese Zahl mit Würde anzunehmen, zusammen mit den mittleren Jahren, denn die einzige Alternative besteht darin, sich für alle Zeit an den zerbröselnden Felsvorsprung der Neununddreißig zu klammern wie der allerletzte Lemming, und da würde ich doch viel lieber freiwillig herunterspringen – wie die berühmte, dem Sprung aus höchster Höhe zugetane Dichterin der griechischen Antike, nach der meine Eltern mich benannt haben.
Kühn dorthin zu gehen, wo noch keiner meiner Freunde je gewesen ist ... jedenfalls nicht Mu und Miranda, da ich im Jahr als Erste von uns dreien Geburtstag habe.
Dave muss sich natürlich schon weit in den Vierzigern befinden, da er ein Student höheren Semesters war, als wir miteinander gingen. Und er ist kein Freund – eher ein alter Poltergeist, der von Zeit zu Zeit unerwartet aufkreuzt und in einem Wutanfall mit irgendwelchen Gegenständen wirft.
Selbst Bob ist jünger als ich, was nicht fair ist, denn er als Mann wird einmal distinguiert sein, nicht alt, und selbst wenn er Pusteln um den Mund bekommt wie ein Huhn um den Hintern, kann er sich einen Bart stehen lassen, um sie zu verbergen. (Ich nehme an, das könnte ich auch, wenn ich es recht bedenke, aber die Frauen außerhalb der mediterranen Länder finden das doch ein wenig befremdlich.)
Immer noch tief in meinem Schockzustand befangen, öffnete ich den Rest meiner Karten und Briefe, die mir samt und sonders die unwillkommene Wahrheit bestätigten. Dann stieg ich hinauf auf die Klippen, um die natürlichen Konsequenzen meiner Zukunft zu verdauen: wiedergeboren als Grufti.
Ich fühlte mich insgesamt besser, sobald ich am Rand der nächstgelegenen Klippen stand – so geht es mir immer, obwohl ich bisher im Gegensatz zur Original-Sappho dem Drang hinunterzuspringen widerstanden habe.
Meine Eltern mögen voreilig gehandelt haben, als sie mir diesen Namen gaben, aber Tante Pops zufolge hatte Mutter nach meiner Geburt nur einen Blick auf mich geworfen und gesagt: »Sappho!« Ich fand das sehr romantisch, bis ich Platons Beschreibung der Dichterin las. Sie soll klein und dunkelhäutig gewesen sein, mit einem großen Kopf auf einem winzigen Körper. Pops, die mich aufzog, nachdem meine Eltern mich wegen der »Großen Archäologischen Ausgrabung im Himmel« verlassen hatten, meinte, ich sei nie dunkelhäutig gewesen, sondern lediglich rot und ungehalten.
Sappho Nummer eins sprang angeblich, um sich von ihrer Pein zu befreien, nachdem ihr Geliebter sie im Stich gelassen hatte. Aber vielleicht liegt hier auch ein Missverständnis der Geschichtsschreiber vor, und es war in Wirklichkeit das Trauma, vierzig zu werden, das sie damals in den Abgrund trieb.
Und viele Leute taten in jenen Tagen das Gleiche, ohne sofort zu sterben – es war eine Art frühen Bungeespringens, ohne die sechzig Meter Gummiband zur Sicherheit. Sappho hat einfach Pech gehabt.
Vielleicht sollte ich es mal an meinem nächsten Geburtstag ausprobieren, da ich glaube, ich werde dann eine Form extremer Katharsis benötigen.
Vierzig zu werden ist definitiv ein Übergangsritus, der auf irgendeine Weise hervorgehoben werden muss. Für die meisten Leute wäre das der richtige Zeitpunkt, um aus den eingefahrenen Gleisen zu springen und etwas ganz und gar anderes zu machen. Aber unglücklicherweise ist es mir nie so recht gelungen, überhaupt erst aufs Gleis zu kommen.
Möglich, dass es der Sprung von den Klippen sein muss.
In letzter Zeit scheine ich in mehr als einer Hinsicht den Drang zu springen zu verspüren ...
Und wenn ich jetzt so darüber nachdenke, wird mein Leben sich nächstes Jahr ohnehin ändern, weil der Mieter in meinem walisischen Cottage gestorben ist und mir keinen Vorwand mehr gelassen hat, nicht dorthin zu gehen und mich niederzulassen ... wenigstens für einen Teil des Jahres.
Ich hatte noch nie ein eigenes Zuhause. Zwischen meinen Reisen habe ich bei Pops und Jaynie in Portugal gewohnt oder in Mousehouse in Pembrokeshire oder hier auf Lefkada, bei Bob und Vivi.
Als ich das Cottage mitsamt Mietern kaufte, dachte ich, dass ich mich eines Tages dort würde niederlassen wollen, wenn ich erst viel älter wäre – vierzig vielleicht. In irgendeinem immens hohen Alter wie eben jenem. Aber plötzlich hat es mich eingeholt, und ich werde dort einziehen – im Frühling, bevor sich mein Frühling verflüchtigt.
Außerdem hatte ich mir vage vorgestellt, dass ich mit einem Seelengefährten dort leben würde – vielleicht einem Schriftsteller oder sonst einer Art Künstler. Doch wenn man sich ansieht, was aus dieser Art Ehen zwischen ebenbürtigen Partnern wird, etwa bei Plath und Hughes, wäre es vielleicht doch besser, sich einen Hund anzuschaffen.
Aber ich bin trotzdem noch nicht ganz ohne Träume: Wenn zum Beispiel Daniel Day Lewis aus meiner Geburtstagstorte springen würde, halb nackt im Stil von Der letzte Mohikaner und mit den Worten auf den Lippen: »Nimm mich, Sappho, ich gehöre dir«, dann wäre ich bereit, der Sache eine Chance zu geben. Allerdings würde sich der Reiz des Neuen bei ihm wahrscheinlich schnell abnutzen.
Während ich, vor mich hin grübelnd, dastand und die Sonne meine undurchdringliche Haut wärmte (braunes Haar, braune Augen, blasse Haut – wie ein Ein-Meter-achtzig-Spatz), war die Zeit bereits an mir vorbeigelaufen, und ich wollte sie mit beiden Händen packen und zurückreißen.
Ich schlug die Augen auf und kam zurück auf die Erde – auf das bröckelige Stückchen Klippenrand, auf dem ich stand, aus irgendeinem Grund mit ausgestreckten Armen in klassischer Titanenpose mit im Wind wirbelnden Medusa-Locken.
Weit, weit unter mir schäumten die Wellen gegen die Felsen, und ich gestattete mir, ein winziges bisschen in ihre Richtung zu schwanken und dieses berauschende Gefühl auszukosten, dass unten oben ist und oben unten und alles eins ist ...
»Sa-pphooo!«, schrillte eine grässlich vertraute Stimme und beförderte mich damit um ein Haar ikarusmäßig die Klippen hinunter. »Sa-pphooo, spring nicht ...«
Stämmig, schwitzend, hechelnd und gestikulierend kam Ken Smollett wie ein verrückt gewordener Seeigel auf mich zugekullert.
»Red keinen Blödsinn«, erwiderte ich wenig ermutigend, als er nahe genug war, um mich mit seiner feuchten Aussprache zu beglücken. »Was denkst du dir bloß dabei, mich dermaßen zu erschrecken?«
»Ich habe dich gesucht«, erklärte er tadelnd, warf dann einen Blick auf meine nackten Füße und lief rot an, als wären sie etwas Unanständiges. »Und entschuldige, wenn ich es erwähne, aber solltest du nicht Schuhe tragen? Es gibt hier Skorpione, Schlangen ...«
»Auch wenn es mir Leid täte, auf irgendeine Kreatur zu treten, müsste diese es einfach nehmen, wie es kommt«, gab ich geduldig zurück. »Ich bin keine Buddhistin, also kann es sich wenigstens nicht um einen verstorbenen Anverwandten handeln.«
Und da ich nun einmal diese unglückselige Angewohnheit habe, wie ein überalterter Hippie barfuß rumzulaufen, sind meine Füße so ledrig, dass es sich wahrscheinlich schon um etwas wirklich Schleimiges handeln müsste, damit es mir überhaupt auffällt.
Ken beäugte mich seltsam. »Bist du von irgendwas high?«
»Von geborgter Zeit. Sind wir das nicht alle? Warum hast du übrigens nach mir gesucht?«
»Nun – weil heute der letzte Tag des Kurses ist, und ich möchte keine Minute davon verschwenden. Als ich also vorhin aus dem Fenster gesehen und dich bemerkt habe ...«
»Es ist dein letzter Tag, nicht meiner«, unterbrach ich ihn erbarmungslos. »Meine Sitzungen finden zu klar festgelegten Zeiten statt, und keine davon beginnt vor dem Frühstück. Außerdem bist du nicht in meinem Kurs, du hast angeblich Dichtung bei Nigel belegt.«
Er machte ein langes Gesicht, ließ sich aber nicht ins Bockshorn jagen und drückte einen Stapel Blätter, die er mit einer verschwitzten Hand umklammert hielt, entschlossen an sich. »Ich habe eine Villanelle geschrieben – für dich!«
Er würde eine Villanelle nicht erkennen, wenn sie sich an ihn schmiegen und ihm das Ohr lecken würde. Außerdem, noch eins von Kens entsetzlichen Gedichten, und ich springe vielleicht freiwillig von den Klippen.
(Noch eine Theorie – vielleicht wurde Sappho Numero uno von schrecklichen Poeten in die Tiefe gehetzt, die ihr folgten und versuchten, ihr ihre Werke vorzulesen?)
»Du bist so viel sensibler und mitfühlender als Nigel«, flehte er und schob sich an mich heran, zu nahe, wenn man bedachte, dass ich nach hinten ausweichen konnte. »Tatsächlich hatte ich gehofft, dass wir uns in London vielleicht von Zeit zu Zeit treffen könnten, um über die Arbeit zu sprechen.«
Mittlerweile stand er lüstern Auge in Auge mit meinem Busen da, und ich erwog gerade, seiner behäbigen Gestalt einen unblutigen, aber unvergesslichen Schmerz zuzufügen, als die Stimme seines Herrn (oder seiner Herrin) lautstark erklang: »KEN!«
Barbara Smolletts Stimme ist ein Gottesgeschenk: Tief, machtvoll, kräftig und beherrschend – man könnte sie in Notfällen als Nebelhorn einsetzen.
Ein heftiger Ruck durchlief Kens Körper, als wäre ihm von unsichtbarer Hand ein Stock an strategisch entscheidender Stelle hineingeschoben worden. Er zischte: »Es ist Barbara – benimm dich, als wäre nichts gewesen. Später können wir etwas verabreden ...«
»KEN!«
Seine kleinen, dicken Beine drehten sich, als hätten sie einen eigenen Willen, und beförderten ihn zuckend von dannen, während er den Kopf nach mir umwandte und mit den Lippen Worte formte.
Interessant ...
Ich entfernte mich vom Rand der Klippen, nahm mein Notizbuch zur Hand und kritzelte:
»Die Macht ihrer Stimme war unwiderstehlich –selbst der Drachentöter spürte, obwohl er nicht ihrer Rasse angehörte, wie ihre Resonanz ihm unwiderstehlich die Glieder zucken ließ ...«
Unter meinen Glückwunschschreiben befanden sich drei Briefe. Allerdings war einer davon genau genommen kein Geburtstagsbrief, sondern eine entrüstete Epistel von einer gewissen Dorinda Ace, die im Namen ihres Ehemannes Gilbert Ifor Ace schrieb, letztem männlichen Nachfahren der Gower Aces und als solcher rechtmäßiger Erbe von Aces Acre.
Sodann erdreistete sie sich, mich mehr oder weniger zu beschuldigen, ungebührlichen Einfluss auf die beiden in die Jahre gekommenen Ace-Brüder ausgeübt zu haben, um den Besitz zu erwerben, und endete mit der Forderung, ich möge ihn unverzüglich an ihren Mann zurückgeben, denn: ... ich bin auf Gower nicht ganz ohne Einfluss: Vor meiner Heirat war ich eine Penryn.
Ich brachte unverzüglich eine Antwort zu Papier:
Liebe Mrs. Ace,
ich werde dieses Schreiben nicht damit eröffnen, dass ich Ihnen für Ihren Brief danke, da er in seinem Ton beleidigend und inhaltlich verleumderischer Natur war.
Zwischen den Zeilen lese ich, dass Ihr Anwalt Sie bereits dahingehend informiert hat, dass Sie nicht den Hauch einer Chance haben. Als ich vor mehr als zwölf Jahren das Cottage kaufte, waren sich Dafydd und Gethyn Ace vollauf darüber im Klaren, was sie taten, und mehr als glücklich mit dem Preis, den ich zahlte, und der Abmachung, dass sie mietfrei und ohne Einmischung für den Rest ihres Lebens dort würden leben können.
Ich höre, dass Ihr Mann den Inhalt des Hauses einschließlich der Familiendokumente geerbt hat, was ihm gewiss ein Trost sein wird.
Noch mehr hat mich indes Ihr Mädchenname mit Interesse erfüllt. Sagen Sie mir doch: Sind Sie verwandt mit Charlie Penryn, dem Kinnlosen, der letztes Jahr verhaftet wurde, weil er auf der Akropolis als nackte griechische Statue posierte und eine Gruppe amerikanischer Touristinnen fast zu Tode erschreckte? Ich glaube, die Polizei hat ihm erlaubt, nach Großbritannien zurückzukehren, vorausgesetzt, dass er sich einer medizinischen Behandlung unterzieht. Ich nehme an, Sie werden froh sein, ihn wieder daheim zu haben ...
Einer der beiden anderen Briefe kam von Tante Pops und Jaynie in Portugal. Sie schrieben, für ein so merkwürdiges Paar hätten sie bei meiner Erziehung ihre Sache doch recht gut gemacht. Und jetzt, da ich kurz vor meinem Umzug in meine walisische Hütte stünde, amüsierten sie sich blendend damit, alte Stücke portugiesischen Porzellans und Möbel dafür zusammenzutragen, zu denen unter anderem eine Tür zählte.
Ich hoffe nur, dass sie nicht versuchen, sie in Geschenkpapier zu verpacken.
Mirandas Schreiben bescherte mir die willkommene – aber überraschende – Neuigkeit, dass sie in das ehemalige Haus ihrer Eltern auf dem Gower umgezogen war ..., das Dad mir unter der Voraussetzung hinterlassen hat, dass ich dort lebe. Ansonsten wäre es an die »Gesellschaft zur Erhaltung von Teichfischen« gegangen. Wir werden es zu unserem Hauptwohnsitz machen, aber das Haus in London weiter behalten, da Chris so oft dort sein muss.
Ich bin mir sicher, dass er sich ziemlich freut, mich hier unten zu haben: Nachdem ich so zugenommen habe, bin ich eine peinliche Erscheinung. Aber ehrlich gesagt, gefällt es mir auf dem Land besser, und dasselbe gilt für Spike. Er ist ziemlich alt für einen Labrador, doch die frische Luft hat ihm neue Lebensfreude beschert.
Der Gower hat sich sehr verändert, seit du und Mu hier den Sommer verbracht habt, du weißt schon, als wir noch Studentinnen waren. Neulich ist ein Zeitschriftenartikel erschienen, in dem der Gower als das »Neue Cornwall« bezeichnet wird, da Unmengen Schriftsteller und Künstler hier runterziehen oder Wochenendhäuser kaufen. Selbst das halb verfallene Haus bei Penryn Castle ist jetzt ein »Zentrum für Kunstgewerbe«.
Ich lerne die meisten der Neuankömmlinge kennen, denn wenn Chris übers Wochenende hier ist, verwandelt sich unser Cottage samstagsabends immer in eine Art offenes Haus. Aber es sind auch ein paar alte Freunde hier. Erst kürzlich bin ich Lili Ford Jakes über den Weg gelaufen, die sagte, sie hätte gerade im Nachbardorf ein Wochenendhaus gekauft. Sie hat sich übrigens das Rezept für die Kohlsuppendiät aufgeschrieben und es mir gegeben.
Es war gut gemeint, doch als ich es las, wurde mir klar, dass es noch etwas Schlimmeres gibt, als fett zu sein: nämlich fett zu sein und permanente Blähungen zu haben.
Außerdem stecke ich bis über beide Ohren im Ausprobieren der Plätzchenrezepte für Chris' nächste Fernsehsendung – Chris backt Plätzchen – also liegen ständig tausende verführerischer Plätzchen hier rum ...
Es ist eine wunderbare Neuigkeit, dass Miranda ebenfalls in Bedd leben wird – mit Mu, die quasi um die Ecke in Pembrokeshire wohnt, werden wir zum ersten Mal seit unseren Studentenzeiten praktisch wieder alle zusammen sein. Außerdem kann Miranda, da sie nun schon mal an Ort und Stelle ist, ein Auge auf die Arbeiter haben, die angeblich das Dach von Aces Acre reparieren und eine Toilette im Haus einbauen.
Wann werden wir drei uns wiedersehen?
Mu und ich haben, bei Lichte betrachtet, nicht allzu viel von Miranda gesehen, seit sie Chris Cotter geheiratet und der Eiserne Vorhang – vielleicht war es auch ein Küchenvorhang – sich gesenkt hat.
Er mag mich nämlich nicht besonders. Vielleicht gründet sich seine Abneigung auf eine meiner Bemerkungen. Ich habe ihm gesagt, da er seine Karriere auf Mirandas kreativen kulinarischen Fähigkeiten begründet habe, solle er ihren Beitrag in der Fernsehserie und in den Büchern zumindest erwähnen. Ich dachte, er würde auf der Stelle vor Wut platzen. Das wäre das Interessanteste gewesen, was ich ihn je im Fernsehen oder im richtigen Leben habe tun sehen.
Was für ein Mann ist das, der nicht einen Hauch Kritik verträgt? Vor allem, wenn jeder, der die beiden kennt, weiß, dass Miranda das echte kreative Genie in der Küche ist. Sie hat sogar ihr eigenes Kochbuch herausgegeben, Der gestopfte Student,während wir noch auf dem College waren. Mu hat das Buch illustriert, und wir haben Miranda überredet, das Manuskript an einen Verleger zu schicken. Seither wird das Buch immer wieder neu aufgelegt. Dann heiratete sie Chris den Sukkubus, der über die kulinarischen Talente eines toten Esels verfügt, und das war das Ende ihrer persönlichen Karriere.
Ich antwortete ihr brieflich, da es keinen Sinn hatte, sie anzurufen, um ihr die frohe Kunde in Bezug auf das Cottage mitzuteilen: Sie stottert zum Gotterbarmen, und am Telefon ist es noch schlimmer.
Als sie in ihrem ersten Jahr an der Universität die Freuden des Sex entdeckte, meinten wir, es hätte daran gelegen, dass sie nicht schnell genug Nein sagen konnte. Ein Jammer, dass sie es nicht getan hat, als Chris ihr seinen Antrag machte. Aber man konnte sie schon immer leicht überreden, und anscheinend finden tatsächlich einige Frauen Chris sexy, seine Gerissenheit, obwohl ich selbst nichts Derartiges an ihm entdecken kann.
Nach meiner letzten Stunde bei den angehenden Fantasieautoren dieser Woche ging ich in die Halle und rief Mu an, die wie ein Gespenst klang, was sie gar nicht ist, weil sie zwar schlank, aber dabei keineswegs mager ist.
»Alles Gute zum Geburtstag, Sappho«, sagte sie fröhlich.
»Ich bin neununddreißig geworden, du herzloses Weib – was gibt es daran Gutes?«
»Es könnte schlimmer sein, du könntest jetzt schon vierzig sein.«
»Danke für diesen aufmunternden Gedanken – und es ist nur noch ein Jahr bis dahin. Wie um alles in der Welt kann ich denn vierzig sein, Mu? Ich meine, heißt vierzig zu sein nicht, dass man einen Haarknoten und Twinsets trägt, sich zweimal die Woche Bücher in der Bibliothek ausleiht und auf Peter Alexander steht? Die gefürchteten mittleren Jahre?«
»Ich bin alt, ich bin alt, ich trag jetzt alles festgeschnallt«, leierte sie wie eine Liturgie. »Na komm schon, Sappho«, fuhr Mu fort. »So mag es ja früher gewesen sein, aber das ist doch Schnee von gestern. Vierzig bedeutet heute, dass man zweimal die Woche seine Haarfarbe wechselt und nicht die Büchereibücher, einen Twinsetzwang gibt es nicht, und selbst wenn du dein ganzes Haar in einen Knoten bekämst, würde das Gewicht dein Gesicht verzerren wie eine Gummimaske.«
»Aber dann könnte niemand die Falten sehen«, bemerkte ich. »Und was ist mit den Peter Alexanders und Karel Gotts?«
»Der Peter Alexander unserer Generation heißt Mick Jagger.«
»Auf in die Vierziger mit Rock'n'Roll und hennagefärbtem Haar ...? Weißt du was? Ich glaube, es geht mir schon etwas besser.«
»Gut. Und vergiss nicht, dass ich als Nächste dran bin, und dann erwischt es Miranda, obwohl es mir so vorkommt, als wäre es keine fünf Minuten her, dass wir alle noch grüne kleine Unschuldslämmer waren, die sich eine Bude teilten.«
»Ich war niemals irgendwie klein,weder in grünem noch in sonst einem Zustand. Und mir kommt es nicht wie fünf Minuten vor. Ich fühle mich innerlich gereift – ich habe Fortschritte gemacht. Ich fühle mich nicht mehr wie siebzehn, sondern wie etwa fünfundzwanzig.«
»Das wird wahrscheinlich das Schlimme an der ganzen Sache«, bemerkte Mu gedankenvoll. »Im Innern sind wir immer noch jung, aber unsere Körper kooperieren nicht. Ein Jammer, dass wir sie nicht wie eine Schlange von Zeit zu Zeit einfach abstreifen können.«
»Das wäre große Klasse. Ich würde mein faltiges, papiernes Ich mit Freuden an einen der kreativen Freizeitler weiterreichen und frisch und mit glattem Gesicht davonspazieren ... aber – nun, das wird nicht passieren, oder? Die einzige Hülle, die ich abstreifen werde, wird die sterbliche sein.«
Ich zitterte, denn die Zeit jagte mir eine Gänsehaut über den Rücken. »Weißt du was, Mu? Bis heute Morgen war mir nie wirklich bewusst, dass ich nicht ewig leben werde!«
Ein überraschtes Schweigen folgte. »Wie merkwürdig!«, sagte sie schließlich. »Ich habe das auch noch nie so betrachtet. Ich meine, du weißt, dass du eines Tages den Löffel abgeben wirst, aber du glaubst es nicht. Auf der Kugel steht immer der Name eines anderen.«
»Es kann nicht viele geben, auf denen Sappho oder Mu steht. Wir müssen einfach zusehen, dass wir ihnen weiter ausweichen.«
Mu seufzte. »Es ist komisch, ich habe beobachtet, wie meine biologische Uhr vertickt, aber nicht mein Leben.«
Ich verfluchte mich für meine Taktlosigkeit, aber Mu fügte fröhlicher hinzu: »Zumindest werden deine Bücher unsterblich sein: Oh, unsterbliche Sappho!«
»Aber sie sind nicht die große Literatur, von der ich glaubte, dass ich sie einmal schreiben würde.«
»Aber große Fantasy – brillant. Jeder liest sie. Selbst pubertierende Jungen lesen sie.«
»Ich weiß, ich muss ihre Briefe beantworten.«
»Nun, lass kleine Kärtchen drucken. Oder steig auf Computer um – viel einfacher, als ständig all diese Bandfetzen und Papierschnipsel zusammenfügen zu müssen.«
»Oh ja, und wenn ich schon mal dabei bin, sollte ich gleich noch ein Diplom in Informatik machen.«
»So schwierig ist das gar nicht – ich tippe Amblers gesamte Abenteuer jetzt in den Computer und schicke die Disketten an den Verleger. Meine Illustrationen müssen natürlich separat geschickt werden.«
Ambler, Mus Ehemann, nimmt an Abenteuereisen für große Jungen teil, nach dem Motto »Mit meinem Radl und einem Lama den Limpopo aufwärts.« Er hat erheblich mehr Geld als Verstand, ist groß, blond, freundlich, enthusiastisch und nicht geradezu bestürzend intelligent.
»Mein Agent glaubt, dass ich mit Dunkle Stunden, dunkle Taten fast fertig bin, aber ich bin es nicht. Bei der gegenwärtigen Brut Kreativer Freizeitler gibt es einen absolut ätzenden kleinen Kerl, der mich ständig verfolgt – er glaubt, ich stehe vierundzwanzig Stunden am Tag zur Verfügung. Kalte und warme, durchgehende Sappho. Hauptsächlich durchgehend.«
»So einen gibt es immer – der Typ fühlt sich von dir angezogen wie eine Motte von der Flamme. Warum machst du das eigentlich? Du brauchst das Geld doch gar nicht mehr.«
»Bob war mir immer so ein guter Freund, und natürlich ist da auch ständig die Hoffnung, dass ein oder zwei von ihnen weitermachen und gute Schriftsteller werden. Na ja, wie auch immer, ich muss nur noch eine weitere Gruppe unterrichten, bevor ich Ruhe habe und das Buch fertig stellen kann – und dich auf Rhodos treffen.«
»Du könntest zu Hause jemand sein. Du bist eine Kultfigur.«
»Eine was?«
»Kult.«
»Oh, Kult. Das ist die Original-Sappho bereits, obwohl ich nicht weiß, was sie von all den Lesbierinnen halten würde, die in hellen Scharen zu ihrer Insel pilgern, getreu dem Motto: ›Oliven sind nicht die einzigen Früchte.‹ Aber alles, was ich will, ist ein bisschen Frieden, um dieses Buch und die nächste Spiralkladde zu beenden.«
»Das könntest du auch hier und mir gleich noch beim Geschäft mit den Fantasy Flowers helfen«, erwiderte sie. »Es hat am Anfang Spaß gemacht, aber jetzt langweilt es mich langsam. Da wir gerade beim Thema sind – du errätst nie, wer mich angerufen und einen ganz besonderen kleinen Strauß bestellt hat, den ich an dich schicken soll?«
»Und ob ich es errate«, stöhnte ich. »Du hast es doch nicht getan, oder?«
»Er hat meine Stimme nicht erkannt, und ich sehe nicht ein, warum ich mir sein Geld entgehen lassen sollte, also wirst du demnächst ein Päckchen mit der Post bekommen, falls es nicht schon da ist. Ich habe dir alle Ehre erwiesen.«
»Herzlichen Dank. Hör mal, ich mache jetzt besser Schluss – wir sehen uns dann auf Rhodos.«
»Oh-oh«, erwiderte sie mit gedämpfter Stimme. »Ambler fuchtelt mir mit irgendwas vor der Nase herum.«
»Du Glückspilz.«
»Nicht damit –mit einem Stück Papier. Sieht so aus wie die Rechnung für den Import und die Quarantäne dieser ägyptischen Katze – der, von der ich dir erzählt habe. Sie hat sich an meine Fersen geheftet, als ich in Ägypten war, um zu helfen. Ambler bereitet gerade diese Geschichte vor, die er für den Winter geplant hat, du weißt schon, ›Kanufahren auf dem Nil‹. Ich konnte die Katze doch nicht in Ägypten lassen, oder? Ich glaube, ich sollte jetzt besser Schluss machen ... bis dahin!«
Ich hatte gerade noch Zeit, Ambler brüllen zu hören: »Gibt es nicht schon genug verdammte Katzen in England ohne ...«, bevor die Leitung erstarb. Aber ich mache mir keine Sorgen – Mu kann ihn, mit einer einzigen wichtigen Ausnahme, in allen Dingen um den kleinen Finger wickeln.
Während ich noch lächelnd dastand, machte mich das Knirschen des Kieses auf eine Gefahr aufmerksam: Ken Smolletts stämmige Gestalt trabte im Galopp den Pfad hinauf, die unausweichlichen, schweißdurchtränkten Papierbögen an die Brust gepresst.
Auf Zehenspitzen schlich ich in den hinteren Teil des düsteren Flurs und schob mich rückwärts durch die Küchentür, wobei ich um ein Haar mit Bobs Frau Vivi zusammengestoßen wäre.
»Was ...?«
»Scht! Hör mal, Vivi, du hast mich den ganzen Nachmittag nicht gesehen, also glaubst du, dass ich wohl bis zum Abendessen außer Haus sein werde.«
In ihren braunen Augen blitzte es vor Lachen. »Dieser Ken! Immer ist es der Kleinste, der dir nachläuft. Aber er ist verheiratet – er sollte sich benehmen.«
»Wenigstens fährt er morgen wieder nach Hause, und Lili wird heute Abend herkommen, nicht wahr? Das dürfte ihn eigentlich ablenken – vielleicht bleibt er sogar noch eine Woche und belegt den Kurs ›Geben Sie Ihrem Roman den letzten Schliff‹.«
»Diese Lili«, schnaubte sie verächtlich. »Dreimal verheiratet, und kann sie an irgendetwas vorbeigehen, das Hosen trägt? Ich habe neulich zu Bob gesagt: ›Was weiß diese Frau denn über Romantik?‹. Sie glaubt, Romantik und Sex seien ein und dasselbe.«
»Es scheint ihre Buchverkäufe aber nicht zu beeinträchtigen.«
»Dann kennen die anderen den Unterschied auch nicht.«
»Was für ein überaus trauriger Gedanke, Vivi.«
»Du brauchst einen Ehemann – einen Griechen vielleicht, romantisch und kultiviert?–, bevor es zu spät ist! Du bist neununddreißig, das weiß ich, weil Bob es mir erzählt hat, also muss es stimmen. Ich kenne da einen sehr netten Witwer in Athen, er unterrichtet an der Universität und ...«
»Nein danke«, entgegnete ich hastig. »Ich brauche einen Ehemann, wie ein Fisch ein Fahrrad braucht.«
Sie legte ihre breite, glatte Stirn in Falten. »Ist das ein Scherz? Du musst vernünftig sein, Sappho – vielleicht ist es schon zu spät für die Babys, und wenn du vierzig bist, brauchst du ...«
»Scht! Er kommt den Flur hinunter. Ich bin weg!«
»Ich werde ihn im Vorfeld abweisen, wie man sagt«, erbot sie sich nobel. »Er darf Eleni in der Küche nicht unter die Füße kommen, während sie das Geburtstagsessen zubereitet, den herrlichen Kuchen, du weißt schon, mit einem dicken weißen Zuckerguss und Kerzen – vielen, vielen Kerzen ...«
»Oh, mein Gott!«, entfuhr es mir undankbar, dann gab ich Fersengeld.
»Später erzähle ich dir mehr über den gut aussehenden Witwer«, raunte sie mir noch zu, und im nächsten Augenblick hörte ich ihre Stimme laut, klar und kühl: »Ah, Mr. Smollett, kann ich Ihnen helfen? In nur einer halben Stunde wird auf der Terrasse Kaffee für alle serviert und ...«
Vivi ist ihr Gewicht in Geburtstagskerzen wert. Aber wie hatte sie das gemeint, es könne zu spät sein für Babys? Hat mir da jemand diese Option gestrichen, ohne mir Bescheid zu sagen?
Nicht dass ich mich nicht lieber als »Wiedergeborene Vestalische Jungfrau« weihen lassen würde, als selbst zu gebären, das versteht sich, aber es ist meine Entscheidung.
Oder etwa nicht?
War das vielleicht ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl der Sterblichkeit?
An diesem Abend wurde das Essen draußen auf der Terrasse serviert, und die langen Klapptische wurden nur von dem weichen, flackernden Licht der Kerzen beleuchtet.
Was im Übrigen ein Segen war, wie sich zeigte, als Lili Ford Jakes in einem hautengen, grünen Kleidungsstück erschien, dessen obere Hälfte nur aus einem schmalen, horizontalen Riemchen bestand. Sie ist der Typus der zierlichen Brünetten, die man manchmal als Taschenvenus bezeichnet. (Das mit der Tasche ist nicht empfehlenswert, es sei denn, Ihre Tasche wäre feuerfest.)
»Oh, komme ich zu spät?«, fragte sie mit rauchiger, gedehnter Stimme, wobei sie nicht vergaß, ihre körperlichen Reize im Türrahmen künstlerisch darzubieten.
»Dieses Kleid!«, flüsterte Vivi schockiert. »Sie hat es falsch herum angezogen, nicht wahr?«
»Sprich sie um Himmels willen nicht darauf an – ich glaube, das Kleid hat gar keine Rückseite. Wie Tante Pops sagen würde: ›Sie ist ganz Pelzmantel, ohne Schlüpfer‹.«
»Sie ist ganz Pelzmantel, ohne Schlüpfer ...?«, wiederholte Vivi zweifelnd.
Bob bekam einen Schluck Wein in die falsche Kehle und hustete, und nachdem ich ihm auf den Rücken geklopft und mich wieder hingesetzt hatte (glücklicherweise war in diesem Fall keine Mund-zu-Mund-Beatmung nötig), befand sich Vivi mitten in einem Anfall hilflosen Gekichers, weil etwas anderes ihre Heiterkeit erregt hatte.
Vielleicht war es Ken Smolletts Gesicht – er hatte Lili so lange mit offenem Mund angegafft, dass seine Zunge zu einer Substanz vertrocknet war, aus der man Schuhsohlen hätte fertigen können.
Er bemerkte nicht einmal die bösen Blicke, die seine Frau ihm von ihrem Platz am anderen Ende des Tisches aus zuwarf, aber wenigstens funkelte sie ausnahmsweise einmal nicht mich an. Wie wohltuend nach tagelangem Gefunkel – obwohl ich mich fragte, ob sie wirklich glaubte, ich hätte es auf ihr kleines Schleimtöpfchen abgesehen.
Lili glitt zu dem leeren Stuhl neben Ken – mit jener Art gut geölter Bewegung, die man sonst nur bei Vampiren zu sehen bekommt – und reichte mir ein in Seidenpapier eingeschlagenes Päckchen herüber.
»Alles Gute zum Geburtstag, Süße. Ehrlich, ich möchte am liebsten gar nicht daran erinnert werden, dass solche Dinge existieren, aber Vivi meinte, das hier sei eine Geburtstagsfeier, daher ...« Sie zuckte die Schultern, und das Riemchen ihres Kleides rutschte endgültig unter jede Schicklichkeitsgrenze und blieb dort hängen.
Kens Gesicht nahm nun ein hässliches Braunrot an, und er verfehlte mit seinem Weinglas seinen Mund um Längen, ohne das Weinrinnsal zu bemerken, das ihm das Kinn hinuntertröpfelte.
»Vielen Dank, Lili«, antwortete ich und wickelte das Päckchen aus. Es enthielt einen ihrer historischen Romane, auf dessen Cover ein großer, blonder Mann in inniger Umschlingung mit einer verzückten Rothaarigen prangte. Der Titel lautete: Irgendwann kommt mein Prinz.
Wie kommt Lili bloß mit solchen Dingen durch?
In das Buch selbst hatte sie unter die üblichen Geburtstagswünsche geschrieben: Komm endlich zur Sache, bevor es zu spät ist.
»Ich bin schon bei der Sache, vielen Dank, Lili«, versicherte ich ihr und hatte Mühe, meinen Blick von dem grellbunten Cover loszureißen, denn der Mann verströmte etwas schwer Fassbares, etwas qualvoll Vertrautes ...
»Ja, aber ich meine nicht die lebendige Vergangenheit, Darling. Puste den Staub weg und versuch es noch mal.«
Sie meint es gut, doch sie ist süchtig nach Liebe.
Ich musste noch zwei weitere Geschenke auspacken, eines davon war eine hervorragende Reproduktion einer antiken Vase mit einer Darstellung der Dichterin Sappho. Die Vase war von Vivi, die eine sehr talentierte Töpferin ist. Das andere Päckchen war ein Gemeinschaftsgeschenk der Kreativen Freizeitler: ein klimperndes kleines Armband aus unechten Münzen. Es klingelte, wenn ich auch nur Atem holte.
Jetzt weiß ich, wie sich die sprichwörtliche Katze fühlt, der man die Schelle umgehängt hat.
Dann war da noch das Geschenk, vor dem Mu mich bereits gewarnt hatte, aber zum Glück hatte ich bei dem Entwurf des Packpapiers für Fantasy Flowers mitgeholfen, als Mu das Geschäft vor zwei Jahren eröffnet hatte, daher konnte ich das Päckchen auf den ersten Blick erkennen.
Mu hatte sich wirklich mächtig ins Zeug gelegt: Die lange, leuchtend schwarze Schachtel enthielt Unmengen purpurfarbenen Seidenpapiers, das dem darin enthaltenen Strauß eine gewisse Grabesdüsternis verlieh. Der Strauß selbst war sehr künstlerisch aus Seidenblumen und Blättern gesteckt. Anfangs hatten wir es mit Trockenblumen versucht, aber es ist doch einigermaßen schwierig, Quellen aufzutun für Dinge wie getrockneten Schierling.
»Oh, igitt!«, murmelte Vivi, als sie sich über die Schachtel beugte. »Die gelben Rosen sind ja ganz in Ordnung aber neben diesem Purpur! Und was sind das für Dinger, die wie Unkraut aussehen? Und diese stacheligen Teile? Und sieh mal, da ist noch ein kleines Buch dabei.«
Ich reichte ihr das Büchlein mit dem Titel Bedeutungen von Blumen und Blättern und schlug für sie die Stellen auf, die die Botschaft meines Straußes entschlüsselten: gelbe Rosen für Eifersucht, Rosmarin zur Erinnerung, Gartenraute als Sinnbild für Reue, Wermut für Leere, Begonien für düstere Gedanken und Hanf für Schicksal.
Ist es nicht eine Ironie, dass wir den abscheulichen kleinen Geschenke, die Dave mir über die Jahre hinweg immer wieder verehrt hatte, die Idee zu Fantasy Flowers verdankten? (Wir sagen es buchstäblich durch die Blume.) Und jetzt hat sich der Kreis endgültig geschlossen, indem Dave eben diesen Service benutzt, um mir etwas zu schicken!
Lili bemerkte mit unverhohlenem Neid: »Du musst aber jemanden ziemlich beeindruckt haben, um eine solche Botschaft von ihm zu bekommen!«
Ich zuckte die Schultern. »Nur ein alter Freund von mir, der mich gern daran erinnert, was ich einmal geliebt und hinter mir gelassen habe.«
»War er so schrecklich, dass er dir die Männer für alle Zeit vergällt hat?«
»Er war dunkelhaarig, groß, gut aussehend und der ›Ich-kann-absolut-nicht-treu-sein-aber-verzeih-mir-weil-ich-dich-liebe-Typ‹.«
Sein Hauptvorzug war sein unverwässerter, zügelloser sexueller Magnetismus. Er hatte die Kraft. Die Macht war mit ihm. Und er geizte auch nicht damit – er schlief mit allem, was jung und weiblich war und keine Papiertüte über dem Kopf brauchte.
»Er klingt so herrlich nach Heathcliff«, seufzte Lili. »Und er muss immer noch verrückt nach dir sein, wenn er dir solche Sachen schickt.«
»Ich glaube, er ist eher verrückt vor Wut auf mich – oder vielleicht auch einfach nur verrückt, wenn man sich ansieht, was er mir so schickt.«
Lili hätte mal ein oder zwei seiner früheren Gaben sehen sollen, wie das in Plastik versiegelte Päckchen mit dem halb verwesten Schweineherzen, das mir in dem Jahr hierher gefolgt war, als ich Bob bei der Gründung seines Zentrums half. Später wurde er dann etwas subtiler, etwas, aber nicht viel.
»Hüte dich vor Engländern, die mit Geschenken kommen«, meinte Vivi gutgelaunt. Inzwischen war ein neuer, abschätzender Ausdruck in ihre Augen getreten. Ich hoffte, sie würde nicht noch einmal den verfügbaren Bekannten aus Athen zur Sprache bringen. »Sappho, du schreitest immer durchs Leben, als wärst du eine Göttin, die über solchen Dingen steht, und jetzt höre ich zum ersten Mal, dass du tatsächlich so etwas wie eine Vergangenheit hast.«
»Die griechischen Göttinnen scheinen mir aber nicht über irdischen Freuden gestanden zu haben«, bemerkte ich. Wie dem auch sei, Bob gegenüber brauche ich wenigstens keine Erklärungen abzugeben, weil er dieselbe Universität besucht hat – ein wunderbar beruhigendes Gefühl. Jetzt bedachte er mich mit einem trägen Lächeln und sagte: »Ich nehme an, es geht mal wieder um Dave?«
Vivi starrte ihn mit offenem Mund an: »Du wusstest das? Und du hast es mir nie erzählt? Bob!«
Er zuckte die Schultern. »Ich hatte es vergessen oder geglaubt, er hätte es aufgegeben, oder sowas.«
»Also, ich finde die Geschichte einfach faszinierend«, rief Lili mit leuchtenden Augen. »Du musst mir unbedingt mehr darüber berichten – wie hieß er noch gleich? Dave?«
»Da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Sein Name ist Dave Devlyn, und ...«
»Doch nicht Dave Devlyn, der Porträtfotograf?«, stieß sie mit wenig schmeichelhaftem Erstaunen hervor.
Ich nickte.
»Mein Gott – der Mann ist zum Anbeißen! Du musst wirklich berühmt sein, um von ihm fotografiert zu werden ... Und gab es da nicht neulich einen Skandal über ihn und eine ausländische Prinzessin? Er hat sie fotografiert, und er ...«
»Das klingt mir äußerst wahrscheinlich«, unterbrach ich sie, bevor sie sich an die schmutzigeren Details erinnern konnte. »Hast du ihn mal kennen gelernt?«
»Nein, aber ich habe ihn gesehen. Er strahlt so eine düstere Art von Sexappeal aus«, fügte sie hungrig hinzu.
»Ja, das tut er – oder tat es, ich habe ihn seit einer ganzen Weile nicht mehr zu Gesicht bekommen.« Außerdem war er trotz seiner intuitiven Art hinter dem Kameraobjektiv von Natur aus eitel, seicht und unausgeglichen. Er hat mich jedoch eine ganze Weile nicht mehr gesehen, also besteht die Möglichkeit, dass das Grauen über meinen von der Zeit verzehrten Kadaver ihn flugs in die Arme einer jüngeren und erotischeren Kandidatin treiben würde.
Lilis herzförmiges, leicht ordinäres Gesicht erinnerte mich ein wenig an das sprichwörtliche Kind vor dem Schaufenster des Bonbonladens. »Warum du?«,fragte sie verwirrt. »Nicht dass du nicht attraktiv wärst«, fügte sie hastig hinzu, »aber du bist auch nicht gerade die Helena von Troja.«
»Das weiß ich eigentlich auch nicht, es sei denn, es handelte sich um eine extreme Form von Verstimmung, weil ich die einzige Frau bin, die ihn sitzen gelassen hat – und das, nachdem er mir einen Antrag gemacht hatte. Ich warte immer noch darauf, dass die Wirkung sich abnutzt. Wahrscheinlich wäre das schon lange passiert, wenn ich in all den Jahren verfügbar gewesen wäre, statt mich als Globetrotterin zu betätigen.«
Sie seufzte sehnsüchtig. »Wenn ich mich nicht gerade in einen Engel verliebt hätte, würde ich dich nach seiner Adresse fragen.«
»Du hast wieder geheiratet? Das wusste ich ja noch gar nicht.«
Sie heiratet sie immer – aus Liebe. Und dann lässt sie sich von ihnen scheiden, sobald sie sie abgenutzt hat. (Bis auf den Ersten, das muss ich ihr lassen, der – auf ihr, wie sie es erzählt – gestorben ist.)
»Noch nicht, aber ich habe diesen erstaunlichen Mann in London kennen gelernt, bei einer großen Kunsthandwerksausstellung, bei der ich all diese entzückenden, barbarischen Schmuckstücke bekommen habe. Sieh mal.« Sie zupfte einen schweren Anhänger zwischen ihren Zwillingsgipfeln hervor und ließ ihn wie ein Pendel hin- und herbaumeln. »Rosenquarz wirkt Wunder bei meinem Liebeschakra. Ich habe dir einen Brief mit seinem Foto geschickt – hast du ihn nicht bekommen?«
»Natürlich – das hatte ich ganz vergessen.«
»Wenn du ihn leibhaftig gesehen hättest, würdest du ihn nicht vergessen! Glücklicherweise hatte er einen Riesenstreit mit diesem öden Geschöpf in selbst gestrickten Klamotten und übergroßen Stiefeln, mit dem er seit Jahren gegangen war – seit der Kunsthochschule! Aber er hasst London, und sie liebt es, deshalb haben die beiden sich getrennt. Die Sache hat nur einen Haken: Er lebt in Südwales, deshalb musste ich mir da unten ein Feriencottage zulegen, um eine Chance zu haben.«
»Oh ja – Miranda Cotter hat so etwas erwähnt. Und er muss wirklich etwas Besonderes sein, wenn du dir ein Cottage auf dem Land kaufst, nur um ihn kennen zu lernen!«
»Nun ja, mit Speck fängt man Mäuse – und ganz so schlimm ist es gar nicht, Gower ist unheimlich in: Das kannst du in jeder Zeitschrift lesen. Im Augenblick kauft sich einfach jeder ein Cottage da unten. Wir werden uns alle bei Miranda Cotter zu Hause treffen, wenn ihr Mann samstagsabends mal zu Hause ist – die beiden geben großartige Partys.«
Lili wandte sich an Vivi, die ihrem Bericht mit weit aufgerissenen Augen gefolgt war, und erklärte: »Gower ist dieses Stückchen Land in der Nähe von Swansea in Südwales. Mein Cottage liegt in Rhyss, in der Nähe von Bedd.«
»Ich glaube, es wird wie ›Beth‹ ausgesprochen, Lili.«
»Nicht von mir, ganz bestimmt nicht. Die Leute würden ja denken, ich lispele. Aber wie dem auch sei, wie kommt es, dass du das weißt? Du bist doch keine Waliserin, oder?«
»Nein, aber mir gehört zufällig seit Jahren ein Cottage in Bedd, und mein Mieter ist gerade gestorben, daher werde vom nächsten Frühling an eine Menge Zeit dort verbringen.«
»Wirklich?« Sie schien ehrlich erfreut zu sein. »Oh, dann musst du mich unbedingt mal besuchen kommen, Darling. Es wimmelt in der Gegend nur so von eingebildeten Künstlern, ein bisschen zivilisierte Gesellschaft wird uns also gut tun. Du darfst mir nur nicht meinen Töpfer stehlen.«
»Heißt er so?«
»Nein, er ist Töpfer. Er hat eine Werkstatt in diesem großen Kunsthandwerkszentrum, das früher einmal Teil einer alten Burg war. Atemberaubend romantisch.«
Ein Töpfer schien mir eine ungewöhnliche Wahl für Lili zu sein, aber wenn er ihr bei einer bedeutenden Londoner Ausstellung aufgefallen war, musste er wohl viele Talente besitzen..
»Wenn er gut aussehend und blond ist, ist er definitiv nicht mein Typ, ich kann dir also versprechen, dass ich ihn dir nicht stehlen würde, selbst wenn es in meiner Macht stünde. Du kannst ihn haben.«
»Er sieht aus wie der Held auf dem Cover des Buches, das ich dir gerade geschenkt habe«, sagte sie leicht verstimmt.
»Oh?« Ich beäugte das Cover zweifelnd, und wieder verspürte ich das seltsame, nagende Gefühl der Vertrautheit.
»Er ist sehr groß«, bemerkte Lili.
»Das sehe ich.«
»Nein, ich meine nicht hoch gewachsen«,kicherte sie.
»Kapiert. Nicht mein Typ, obwohl ich irgendwie das Gefühl habe, dass ich ihn schon mal gesehen habe.«
»Hast du auch: Ich habe es dir doch erzählt – ich habe dir ein Foto von ihm geschickt.«
»Natürlich, das muss es sein«, erwiderte ich langsam. Groß, breitschultrig, blond ... es war der Drachentöter! Mein Unterbewusstsein hatte offensichtlich einen Blick auf das Foto von Lili geworfen und den Mann für zukünftige Verwendung abgelegt! Wo ich das Foto wohl hingelegt hatte?
Lili erzählte den anderen noch ein Weilchen von Gower, während ich darüber nachdachte, ob es vielleicht inzwischen total verdorben und meilenweit entfernt war von dem magischen Ort meiner Erinnerung. Ich hoffe, nicht. Was Lilis Töpfer betraf ... nun, bis zum nächsten Frühling hatte sie ihn wahrscheinlich völlig ausgesaugt und war mehr als bereit, ihre Fangzähne in frisches Fleisch zu graben. Falls Dave mir also noch einmal auf die Pelle rücken sollte, würde ich ihn vielleicht auf sie abwälzen können. Sie ist so etwas wie eine weibliche Version von Dave, nur intelligenter, und man möchte sie wirklich nicht erleben, wenn sie gerade ihren Hunger stillt.
»Es gibt zwei Dinge im Leben, die ich ernst nehme«, vertraute sie mir später an, als wir beide zu viel Wein getrunken hatten, wenn auch nicht ganz so viel wie Ken, der unter den Tisch gesunken war und schnarchte.
»Sex natürlich und meine Schreiberei, die mich aus der absoluten Hölle des Unterrichtens befreit hat. Aber vielleicht sind die beiden ja in Wirklichkeit ein und dasselbe?«
Sie leerte die Flasche in ihr Glas und beobachtete, wie die letzten boshaften Tröpfchen im Kerzenlicht funkelten und glitzerten.
»Der Sex ist Recherche für die Romane – unreine Recherche.« Sie grinste. »Und wäre das nicht mal ein Lehrstuhl, den jeder gern bekleiden würde, wenn ich ihn Oxford oder Cambridge stiften würde? Der Lili-Ford-Jakes-Lehrstuhl für Unreine Wissenschaft. Da läuft einem doch das Wasser im Mund zusammen.«
»0 Lili!« Ich stöhnte, wusste aber, dass sie es ernst meinte – zumindest was ihre Schreiberei betraf. Professionell und sorgfältig. Was den Sex betraf, wollte ich mich nicht festlegen, aber der ist wahrscheinlich ebenfalls gut recherchiert.
Jetzt stieß sie mit der Zehenspitze ihres Manolo Blahnik den lang hingegossenen Ken an und bemerkte: »Ich hasse schnarchende Männer, du nicht auch, Sappho? So unaussprechlich schweinisch. Sollen wir ihm eine Orange in den Mund stecken und Eleni bitten, ihn für das Abendessen morgen zuzubereiten?«
»Ich glaube, er wäre ein bisschen zu fett.«
Sie nahm eine Orange aus der Obstschale und beäugte sie nachdenklich.
»Besser nicht, er würde womöglich aufhören zu atmen«, warnte ich sie.
»Führ mich nicht in Versuchung, Darling«, gab sie mit einem Grinsen zurück, drehte sich um und warf die Orange mit überraschender Wucht dem einzigen jungen, ungebundenen Mann unter den Freizeitlern zu. Er fing sie aus reiner Notwehr auf.
»Nun, will nicht jeder mal ein Mädchen haben?«, fragte sie strahlend.
Wieder in meinem Zimmer, suchte ich Lilis Brief mit dem grobkörnigen Schwarz-Weiß-Foto von ihrem Töpfer heraus; es war eine Kopie aus dem Ausstellungskatalog.