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Der romantische Sammelband: »Das kleine Cottage des Glücks, Ein Cottage für Zwei & Ein Landhaus zum Verlieben« von Trisha Ashley als eBook bei dotbooks. DAS KLEINE COTTAGE DES GLÜCKS: Eigentlich hat Tish alles, was sie sich wünscht: einen Traumjob als Schriftstellerin, ein bezauberndes Häuschen auf dem Land und einen braven Ehemann. Doch dann taucht plötzlich ihre Jugendliebe Fergal – mittlerweile Englands begehrtester Rockstar ¬ in ihrem Heimatdorf auf. Seine Rückkehr sorgt bei den Bewohnern für ordentlich Furore und bringt auch Tishs Gefühlswelt kräftig durcheinander … EIN COTTAGE FÜR ZWEI: Die Fantasyautorin Sappho beschließt, die Sache mit der Liebe selbst in die Hand zu nehmen und mietet kurzentschlossen ein Cottage in Wales. Auf der malerischen Halbinsel Gower hofft sie, endlich ihren Traummann zu finden. Der attraktive Töpfermeister Nye wäre ein möglicher Kandidat – wenn da nicht auch noch Sapphos nerviger Ex wäre … EIN LANDHAUS ZUM VERLIEBEN: Nachdem ihr treuloser Gatte sie von einem Tag auf den anderen vor dir Tür gesetzt hat, findet sich Malerin Charlotte ganz unerwartet im Anwesen ihrer Familie in Yorkshire wieder. Eigentlich der perfekte Ort, um ihrem geschundenen Herzen eine Auszeit zu gönnen – doch der charmante Schriftsteller Mace bringt sie immer wieder ungewollt zum Träumen … Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der Wohlfühlroman-Sammelband »Das kleine Cottage zum Glück, Ein Cottage für Zwei & Ein Landhaus zum Verlieben« von Trisha Ashley wird Fans von Alexandra Zöbeli und Sophie Kinsella begeistern. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 1559
Über dieses Buch:
DAS KLEINE COTTAGE DES GLÜCKS: Eigentlich hat Tish alles, was sie sich wünscht: einen Traumjob als Schriftstellerin, ein bezauberndes Häuschen auf dem Land und einen braven Ehemann. Doch dann taucht plötzlich ihre Jugendliebe Fergal – mittlerweile Englands begehrtester Rockstar – in ihrem Heimatdorf auf. Seine Rückkehr sorgt bei den Bewohnern für ordentlich Furore und bringt auch Tishs Gefühlswelt kräftig durcheinander …
EIN COTTAGE FÜR ZWEI: Die Fantasyautorin Sappho beschließt, die Sache mit der Liebe selbst in die Hand zu nehmen und mietet kurzentschlossen ein Cottage in Wales. Auf der malerischen Halbinsel Gower hofft sie, endlich ihren Traummann zu finden. Der attraktive Töpfermeister Nye wäre ein möglicher Kandidat – wenn da nicht auch noch Sapphos nerviger Ex wäre …
EIN LANDHAUS ZUM VERLIEBEN: Nachdem ihr treuloser Gatte sie von einem Tag auf den anderen vor dir Tür gesetzt hat, findet sich Malerin Charlotte ganz unerwartet im Anwesen ihrer Familie in Yorkshire wieder. Eigentlich der perfekte Ort, um ihrem geschundenen Herzen eine Auszeit zu gönnen – doch der charmante Schriftsteller Mace bringt sie immer wieder ungewollt zum Träumen …
Über die Autorin:
Trisha Ashley wurde in Lancashire, Großbritannien geboren und studierte Glasmalerei am Swansea College of Art. Ihre Bücher stürmen in ihrer Heimat mit Regelmäßigkeit die Bestsellerliste und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Sie lebt mit ihrem betagten Papagei in Wales.
Die Website der Autorin: www.trishaworld.com
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Sammelband-Originalausgabe April 2024
Copyright © der Sammelband-Originalausgabe 2024 dotbooks GmbH, München
Die englische Originalausgabe von »Das kleine Cottage des Glücks« erschien erstmals 2000 unter dem Originaltitel »Good Husband Material« bei Avon, Glasgow; Copyright © 2000 Trisha Ashley. Die deutsche Erstausgabe erschien 2002 unter dem Titel »Dem Paradies so nah« bei Lübbe, Köln; Copyright © 2002 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach; Copyright © der Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München.
Die englische Originalausgabe von »Ein Cottage für zwei« erschien erstmals 2001 unter dem Originaltitel »The urge to jump« bei Piatkus Books, Essex; Copyright © 2001 Trisha Ashley. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Frische Landluft« bei Bastei Lübbe, Köln; Copyright © 2003 Bastei Lübbe, Copyright © der aktualisierten Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München.
Die englische Originalausgabe von »Ein Landhaus zum Verlieben« erschien erstmals 2002 unter dem Originaltitel »Every Woman For Herself« bei Piatkus Books, London; Copyright © 2002 Trisha Ashley. Die deutsche Erstausgabe erschien 2003 unter dem Titel »Liebesnest mit Ausblick« bei Bastei Lübbe, Köln; Copyright © 2003 Bastei Lübbe, Copyright © Neuausgabe 2020 dotbooks GmbH, München.
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: dotbooks GmbH, München.
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (fe)
ISBN 978-3-98952-090-5
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Trisha Ashley
Das kleine Cottage des Glücks, Ein Cottage für Zwei & Ein Landhaus zum Verlieben
Drei Wohlfühlromane in einem eBook
Aus dem Englischen von Michaela Link
dotbooks.
Aus dem Englischen von Michaela Link
Eigentlich hat Tish alles, was sie sich wünscht: einen Traumjob als Schriftstellerin, ein bezauberndes Häuschen auf dem Land und einen braven, wenn auch etwas langweiligen, Ehemann namens James – an dem hat nicht einmal ihre dauernörgelnde Mutter etwas auszusetzen ... Aber immer öfter fragt sich Tish, ob sie in ihrem Leben vielleicht doch eine falsche Abzweigung genommen hat? Ausgerechnet jetzt lässt sich Fergal in der Nachbarschaft nieder: Ihre erste große Liebe, der Mann, den sie nie wiedersehen wollte – und inzwischen Englands begehrtester Rockstar! Der verwegene Frauenschwarm sorgt in dem idyllischen Städtchen für ziemlich Furore – und Tish steht plötzlich vor einer Entscheidung zwischen Herz und Verstand, die ihr Leben für immer verändern könnte …
Für Mary Turner Long in Liebe
Dank
Mein besonderer Dank gilt meiner Agentin, Judith Murdoch, für ihre Unterstützung und Hilfe.
Aus dem Text der neuen Single von Goneril, »Red-Headed Woman«, aus dem gleichnamigen Album, sprechen brennender Schmerz über einen Verlust und tiefe Trauer. Der Sänger und Texter Fergal Rocco lotet mit einer Stimme, die eigens zu diesem Zweck geschaffen zu sein scheint, neue Tiefen des hilflosen Schmerzes und der Verzweiflung aus.
New Musical Express
Ein erster rascher Eindruck von Tish scheint sich unauslöschlich auf die Innenseite meiner Augenlider eingebrannt zu haben, denn selbst nach beinahe zwölf Jahren und Gott weiß wie vielen Frauen brauche ich nur die Augen zu schließen und sehe sie vor mir: hoch über mir im wogenden Laub der Eichenzweige, eine Baumnymphe, die sich mit entschlossenem Ausdruck vorbeugt und eine Hand ausstreckt.
Dann gibt der Ast mit einem scharfen Knacken unter ihr nach und lässt sie im Sturzflug zu mir herunterfallen. Die aprikosenfarbenen Haare flattern hinter ihr her wie die eines ungestümen Renaissanceengels – eine Meerjungfrau, die von den glasigen grünen Wellen mitgerissen wird – die vorwärts stürmende Gallionsfigur eines Schiffes, in der ausgestreckten Hand ein…
Nun, jedenfalls war es kein Dreizack. Nur irgendein kleines, graues Ding. Lange nicht so eindrucksvoll wie Tish, dieser aus dem Grün hervorschießende Blitz.
Ich würde mich gerne brüsten können, sie aufgefangen zu haben, muss aber der Wahrheit zuliebe zugeben, dass ich nur ihren Fall bremste und schließlich flach auf dem Rücken lag, den Engel über mir. Riesige rauchgraue Augen blickten, nur Zentimeter entfernt, besorgt in meine. Ich beschloss, kampflos zu kapitulieren.
Dann huschte etwas verschlagen und auf spitzen Füßen meinen Arm hoch und biss mich kräftig ins Ohr.
Ich fluchte, und die Kreatur ließ mit einem hässlichen Lachen von mir ab.
Das ist kein Witz.
Als Dad ums Haus gelaufen kam, um zu schauen, was der Lärm zu bedeuten habe, fand er den Engel immer noch der Länge nach auf mir ausgestreckt, wie er sich zusammenhanglos entschuldigte und mein blutendes Ohr mit einem zusammengeknüllten Zipfel seines dünnen Rockes betupfte.
Ein kleiner, bösartig wirkender grauer Papagei saß neben uns (viel zu nah neben uns) und beäugte uns mit gespanntem, irrem Blick.
»Fergal hat also wieder mal ein Mädchen gefangen«, sagte Dad fröhlich und hatte damit die ganze Szene erfasst. Dann zog er – mit gewohntem Blick fürs Wesentliche – seinen Pullover aus und hüllte den Papagei darin ein.
Der kleine Meuchelmörder gab ein missfälliges Quieken von sich, das in einem empörten Kreischen hinter uns sein Echo fand. Eine winzige, wohl erhaltene Blondine – die Haare wie aufgeplustert und mit Schellack überzogen – kam über die Auffahrt herbeigestürzt. Sie hatte die kriegerische Haltung einer Frau, die entschlossen ist, die Ehre ihrer Tochter zu retten und bei dem Versuch sogar zu sterben.
»Leticia – steh sofort auf!«
»Leticia?«, fragte ich ungläubig und blickte in die grauen Augen hinauf, die sich so dicht vor meinen befanden. (Und dabei hatte ich das Gefühl, als würde ich in ein schwarzes Loch gesaugt und auf der anderen Seite wie Zahnpasta wieder hinausgequetscht.)
Sie hielt mit dem eher schmerzhaften und wenig zweckdienlichen Tupfen inne und starrte mich an. »Fergal kommt mir keineswegs besser vor!«, verteidigte sie sich. »Außerdem werde ich Tish gerufen.«
»Und ich werde Fergal gerufen, Engel. Du wirst dich also einfach daran gewöhnen müssen.«
Ihre Augen wurden noch etwas größer, dann löste sie sich plötzlich in einem Geflatter wehenden grünen Stoffes von mir (kein Wunder, dass ich sie in dem Baum nicht gesehen hatte) und drückte ihr Knie dabei unabsichtlich – so hoffe ich – in einen empfindlichen Teil meiner Anatomie.
»Letizia ist ein schöner Name«, bemerkte Dad interessiert; er benutzte die italienische Aussprache. »Ich bin übrigens Giovanni Rocco, Ihr neuer Nachbar. Nennen Sie mich Joe, das tun alle. Wir haben das Haus nur für sechs Monate gemietet, solange unser eigenes renoviert wird – es hat Risse; die alten Häuser in London sind nicht besonders solide. Und das muss wohl Ihre Mama sein ?«
»Ich bin Mrs. Norwood«, erklärte die aufgeplusterte kleine blonde Dame eisig und beäugte Dad mit der zweifelnden Überraschung eines Menschen, dem zum ersten Mal ein hoch gewachsener, blonder, grünäugiger Italiener begegnet. (Meinen mediterran dunklen Teint verdanke ich ausschließlich meiner irischen Mutter.)
»Es freut mich sehr, Sie kennen zu lernen – und Ihre reizende Tochter. Das ist mein ältester Sohn, Fergal. Ich habe vier Söhne und eine Tochter. Vielleicht haben Sie die jüngeren Kinder im Garten spielen hören? Sie lieben diesen großen Garten.«
»Ja, ich habe sie gehört. Normalerweise haben wir hier eine sehr ruhige, exklusive Nachbarschaft.«
Das Mädchen verfärbte sich rosa und begann, nervös die Falten seines blutverschmierten Rocks zu ordnen. »Ich … ich höre gern Kinder spielen«, tastete es sich scheu vor. »Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Rocco.«
»Joe.«
»Joe«, verbesserte sie sich. »Und es tut mir sehr Leid, dass mein Papagei Ihren Sohn gebissen hat, aber er ist ausgerissen, wissen Sie, und ich habe versucht, ihn einzufangen.«
Ich stemmte mich von meinem Platz auf dem Gras hoch (auf mehr als eine Weise benommen), und das Blut tropfte mir auf das ehemals weiße T-Shirt.
»Oje«, sagte sie schuldbewusst. »Aber es ist nur ein ganz kleiner Biss. Ohren bluten immer so stark, nicht wahr?«
»Jedenfalls meins, wie es den Anschein hat«, stimmte ich zu, lächelte sie an, und sie errötete wieder und wandte den Blick ab. »Vielleicht solltest du später rüberkommen und schauen, wie es mir geht?«, fügte ich geistesgegenwärtig hinzu.
»Ja, kommen Sie zum Abendessen«, meinte Dad überschwänglich. »Ich bleibe heute Abend zu Hause; also werde ich kochen – auf ein oder zwei Leute mehr kommt es nicht an. Sie sind ebenfalls eingeladen, Mrs. Norwood, und Mr. Norwood natürlich auch.«
»Ich bin Witwe. Und ich fürchte, dass ich bereits anderweitig verabredet bin. Und Leticia…«
Da sie drauf und dran war, jegliche Absichten, die ich hinsichtlich des Engels hegen mochte, zu durchkreuzen, fiel ich ihr unhöflicherweise ins Wort: »Es gibt doch eine Krankheit, die von Papageien übertragen wird, oder? Psittakose? Tish sollte wirklich rüberkommen und nach mir schauen.«
»W… wirklich?«, stammelte Tish mit vor Angst geweiteten Augen. »Oje, das müsste ich tatsächlich! Du wirst dir sofort etwas Antiseptisches drauftun, ja ?«
»Danach kannst du auch schauen – ungefähr in einer Stunde ?«
Sie nickte, immer noch zutiefst beunruhigt, bis ich ihr zuzwinkerte; daraufhin errötete sie wieder, wandte den Blick ab und versuchte, ein Kichern zu unterdrücken.
»Leticia!«, hob Mrs. Norwood in streitsüchtigem Ton an, »du…«
Was auch immer sie hatte sagen wollen – Dad brachte sie hilfreicherweise zum Schweigen, indem er ihr das Bündel mit dem eingewickelten, protestierenden Papageien in die Hände drückte und den Pullover noch einmal so sorgfältig zusammenzog, als wäre darunter ein Baby verborgen.
Das schien sie noch mehr zu entsetzen als der Anblick ihrer Tochter, als sie mit mir verschlungen im Gras gelegen hatte, und die beiden Frauen zogen sich, begleitet von ersticktem Kreischen, über die Auffahrt zurück.
»Ein hübsches Mädchen«, stellte Dad anerkennend fest. »So groß und schlank, mit Haaren von der Farbe sonnengereifter Aprikosen. Aber sie ist sehr jung, Fergal – vielleicht erst sechzehn oder siebzehn. Ihre Mama hat ganz Recht, vorsichtig zu sein.«
Sie war in der Tat erst siebzehn, und ich war ihre erste Liebe, aber ich war zweiundzwanzig und hätte wissen müssen, dass es bei ihr nicht für immer sein würde. Ich kann mich glücklich schätzen, dass es ein ganzes Jahr dauerte.
Letzte Nacht träumte ich, ich läge wieder in Fergals Armen.
Nichts Neues also.
Ich träume oft von den Helden der Liebesromane, die ich gerade schreibe; sie alle haben deutliche (körperliche) Ähnlichkeit mit Fergal. Es sind Träume, nach denen man sich schuldig fühlt, wenn man aufwacht und seinen Ehemann anschaut.
Aber sie geben meinen Liebesszenen jedenfalls etwas Feuer. (Unglücklicherweise nur denen in meinen Romanen. Ich bin zu dem Ergebnis gelangt, dass weit mehr dazugehören würde, James etwas Feuer zu verleihen.)
Dieser Traum indes war von etwas anderer Art – eher eine Wiederholung meiner letzten Begegnung mit meiner ersten falschen Liebe. Vielleicht meint mein Unterbewusstsein, ich hätte damals noch nicht genug gelitten, und ist zu dem Entschluss gekommen, mich alles noch einmal durchleben zu lassen.
Jedenfalls saßen wir eng umschlungen in Fergals geliebtem, gebraucht gekauftem froschäugigem Sportwagen der Marke Sprite (von mir persönlich gleich nach dem Kauf gründlichst von innen und außen gereinigt und desinfiziert – wer weiß schließlich, wem er vorher gehört hatte ?). Die Vögel sangen, die Sonne schien, und das Auto verströmte einen berauschenden Geruch nach Maschinenöl, altem Leder und Sagrotan… Und ebenso berauschend war es für mich, Fergals Arme um mich zu spüren, während er mir zuversichtlich ins Ohr flüsterte: »Diesmal kommt Goneril ganz groß raus!«
Goneril war (und ist) der Name der Rockband, die Fergal zusammen mit seinem Bruder Carlo und einer bunten Mischung anderer Kunststudenten ins Leben gerufen hatte. (Warum sie einen Namen wählen mussten, der wie eine Geschlechtskrankheit klingt, weiß ich auch nicht.)
In dem Jahr, in dem ich mit Fergal ging, hatte sich das gelegentliche Musizieren in der Band – aus Spaß und um ab und an ein wenig Geld zu verdienen – zu einer Beschäftigung entwickelt, die einen immer größeren Teil ihres Lebens und ihrer Zeit in Anspruch nahm. Und jetzt hatte man ihnen kurzfristig ein Engagement für eine Tournee im Beiprogramm einer viel bekannteren Band angeboten, nachdem die ursprünglich dafür vorgesehene Gruppe einen Rückzieher gemacht hatte.
Das bedeutete einen beinahe augenblicklichen Aufbruch in Richtung USA: jetzt oder nie.
Ich sah in seine unglaublich grünen Augen und sagte bewundernd: »Ach, Fergal, natürlich werdet ihr es schaffen! Aber … ich werde dich vermissen, wenn du fort bist.«
Daraufhin löste er sich leicht von mir, und seine geraden schwarzen Augenbrauen zogen sich zu einem Stirnrunzeln zusammen. »Warum solltest du mich vermissen?«
»Natürlich werde ich dich vermissen. Du wirst ja monatelang fort sein!«
»Aber… du kommst natürlich mit, Tish! Ich will dich dabeihaben.«
Ich war baff.
»M… mich? Ich soll mit dir auf Tournee gehen? Aber ich kann nicht, Fergal – im September fängt mein Semester an der Uni an. Außerdem würde Mutter Anfälle bekommen, wenn ich hinter dir hertingelte wie ein Groupie. Und du hast mich übrigens auch nicht gefragt!«
An dieser Stelle übermannte Fergal sein stets explosives Temperament, und er schüttelte mich, bis mir die Zähne klapperten. »Du bist mein Mädchen und kein Groupie, und ich will dich bei mir haben. Und warum willst du zum College gehen? Ist das denn wichtig?«
Ist das denn wichtig, wenn du mich hast?, meinte er, und ich sah rot.
»Natürlich ist es wichtig! Ich freue mich auf mein Studium.« Wenigstens war das bis zu diesem Zeitpunkt so gewesen.
Fergal hatte gerade sein Aufbaustudium in bildender Kunst am Royal College of Arts abgeschlossen und sollte sich eigentlich mit seinen Bildern einen Namen machen, während ich mein Studium absolvierte, sodass wir eines Tages zusammen auf dem Land leben konnten. Er würde malen und ich Gedichte schreiben …
Tagträume – aber alles schien möglich, solange ich mit Fergal zusammen war. Und natürlich hatte ich damals noch nicht begriffen, dass ich zwar eine Dichterin, aber keine gute Dichterin war.
Es gibt einen feinen Unterschied zwischen dem endlosen Spinnen nahtlos ineinander übergehenden Gefasels und dem wirklichen Dichten, und dieser Unterschied ist für einen Teenager manchmal schwer zu begreifen. Meine schriftstellerischen Talente lagen auf einem anderen Gebiet.
Aber damals war ich entschlossen, der Dichtung wegen moderne englische Literatur zu studieren, und ich meinte, dass Fergal dafür Verständnis haben sollte, da er ebenso entschlossen war zu malen – bis Goneril zu seinem Höhenflug ansetzte.
»Nun, dann setz doch einfach ein Jahr aus«, sagte er ungeduldig. »Es wird sowieso Zeit, dass du von zu Hause wegkommst und das richtige Leben kennen lernst, oder?«
Das würde sich natürlich in meinem Lebenslauf gut machen: »Was haben Sie denn in dem Jahr dazwischen getan, Miss Norwood?« – »Oh, nichts Besonderes. Ich habe bloß in ganz Amerika meinen Freund, den Rocksänger, gebumst.« – »Und war das ein Projekt der Entwicklungshilfe, Miss Norwood?« Und so weiter und so fort.
Was das wirkliche Leben angeht, so hatte ich davon in dem letzten Jahr mit Fergal mehr mitbekommen als in den ganzen siebzehn Jahren zuvor.
Aufgebracht sah ich ihn an … Und sofort legte sich mein Zorn etwas. Er war absolut hinreißend, und ich liebte ihn so sehr. Aber dann dachte ich wieder daran, wie selbstverständlich er davon ausgegangen war, dass ich ihm auf seine Bitte – oder seinen Befehl – hin wie ein kleines Hündchen nachlaufen würde, und augenblicklich war mein ganzer Ärger wieder da.
»Pass auf, Fergal, ich werde hier auf dich warten, bis du zurückkommst. Es ist ja nicht so, als ginge ich fort, um die Universität zu besuchen.« (Und das hatte ich einzig und allein so eingerichtet, um in seiner Nähe zu sein. Sonst hätte ich mich um einen Studienplatz beworben, der mich so weit wie möglich von Mutter fortgebracht hätte – um ein Stipendium für nichtreimende glottale Verschlusslaute an der Universität der äußeren Mongolei zum Beispiel.)
Er hielt mich ein Stück von sich weg, und seine Finger bohrten sich in meine Arme. »Du kommst mit, oder es ist aus –finito!« Die Augen in seinem dunklen Gesicht waren so hart und kalt wie Smaragde.
Daraufhin verlor ich die Fassung. In einem Zustand der Kränkung und Wut machte ich einige sehr verletzende Bemerkungen – wie leicht es ihm gefallen sei, seine Kunst um des schnöden Mammons willen aufzugeben und Ähnliches mehr (ich war ja erst achtzehn und noch ein wenig idealistisch), und wir schlitterten in den bösesten Streit, den wir je gehabt hatten. Ihm folgte auch nicht die Art von Versöhnung, die einen solchen Krach wieder heilen kann, denn Fergal brachte mich direkt nach Hause und setzte mich ohne ein weiteres Wort dort ab.
Aber selbst zu diesem Zeitpunkt glaubte ich noch nicht, dass er es ernst meinte – er neigte dazu, mir in der Hitze des Augenblicks solche Dinge an den Kopf zu werfen. Doch als er am nächsten Tag immer noch nicht angerufen hatte, um sich zu entschuldigen, war ich langsam besorgt und zog es sogar ernsthaft in Erwägung, meinen Stolz und meinen Ehrgeiz zu vergessen und doch noch mit ihm zu gehen. Wenn es vielleicht auch nicht für die Ewigkeit sein würde, wäre es nicht besser, geliebt und verloren zu haben, als die Liebe gar nicht zu kennen?
Wer weiß, was geschehen wäre, wenn nicht mein armer Großvater am gleichen Tag eine Herzattacke erlitten hätte, sodass ich mich, statt am Telefon meine Fingernägel abzukauen, auf die Reise zu Granny machte?
Ich verbrachte schließlich den ganzen Sommer dort, erlebte den Kampf, den mein Großvater ausfocht und verlor, und den Kampf meiner praktisch veranlagten, stoischen Großmutter, um mit dem Verlust zurechtzukommen.
Mutter war in dieser Zeit natürlich vollkommen nutzlos. Sie erfand eine Ausrede nach der anderen, warum sie nicht kommen und helfen konnte, und krönte das Ganze dann mit der Behauptung, dass sie »zu sehr von Schmerz übermannt sei«, um an der Beisetzung teilzunehmen.
»Die Frau hat das Rückgrat eines durchweichten Salatkopfs«, meinte Granny, als ich es ihr erzählte; erfreulicherweise ließ mich diese Bemerkung hoffen, dass ihre Lebensgeister jetzt langsam zurückkehren würden.
Obwohl Mutter Fergal nie hatte leiden mögen, war es mir gelungen, ihr vor meiner Abreise das Versprechen abzuringen, ihm zu sagen, wo ich war, falls er anrufen sollte, und mir all meine Post nachzusenden. Aber wie sie beinahe freudig berichtete, hatte es nichts nachzusenden gegeben: Fergal setzte sich nie wieder mit mir in Verbindung.
Er hatte es also doch ernst gemeint.
Der Gnadenstoß war dann ein aus einem Klatschmagazin ausgeschnittenes Bild, das mir meine Mutter hilfreicherweise zusandte; darauf war Fergal zu sehen, wie er mit einem bekannten schönen Model, das ihn umklammert hielt wie eine Krake, aus einem amerikanischen Nachtclub kam.
Ich war so niedergeschmettert, dass ich jede Nacht betete, die Dame möge ihn mit ihren spitzen Hüftknochen im Bett erstechen, aber nichts dergleichen geschah, und Mutter schickte mir weiterhin Zeitschriftenausschnitte über all die skandalösen Dinge, die Fergal und der Rest seiner Band anstellten, bis ich ihr mitteilte, dass ich das alles gar nicht wissen wolle. Ich wollte nicht einmal mehr, dass der Name Fergal jemals wieder erwähnt wurde. Für ein gebrochenes Herz fehlte mir in diesem Sommer die Zeit.
Ich hatte Großvater über alles geliebt; er und Granny hatten zwar überhaupt nicht zusammengepasst, waren einander aber in inniger Liebe verbunden gewesen; also konzentrierte ich mich ganz darauf, meiner Großmutter auf jede erdenkliche Weise zu helfen.
Irgendwie schienen in meiner Umgebung alle Farben verblasst zu sein: kein Wunder, wenn einem das Herz gebrochen wurde und man gleichzeitig zum ersten Mal mit dem Tod konfrontiert wird. Als Granny daher beschloss, nach alter Sitte in Sack und Asche zu gehen und sämtliche Kleider, die sie besaß (und das Innere der Waschmaschine gleich mit), schwarz zu färben, gab ich ihr all meine Sachen gleich dazu.
Mir schien dieses Färben der Kleider eine sehr dramatische
Geste zu sein, ein Auslöschen des Lichts, und jahrelang trug ich nichts anderes mehr als Schwarz. Immerhin war damit das ständige Problem erledigt, die Frage, was man zu welcher Gelegenheit trägt und was wozu passt. Dies brauchte mich jetzt wahrlich nicht mehr zu kümmern. Die schwarzen Kleider wurden zu einer festen Angewohnheit, mit der ich erst brach, als Mutter mich darauf hinwies, dass es keine Hochzeitskleider in Schwarz gab.
(Ich konnte bei Schwarz nur einen Nachteil ausmachen – man sieht nie, ob es makellos sauber ist oder nicht.)
Als ich schließlich von Granny wieder nach Hause zurückkehrte, färbte ich dort nichts mehr schwarz, aber ich schnitt den Rest meiner Kleider in kleine Stücke – fünfzehn Zentimeter, sieben Komma fünf Zentimeter, zwei Komma fünf Zentimeter, um ja nichts zu verschwenden – und stürzte mich auf mein neues Hobby, Patchwork.
Aber durch meine Erfahrung mit Fergal, dem Treulosen, wusste ich schließlich James’ beständigere, reife Art zu schätzen, als ich ihn kennen lernte, sodass ich heute nichts mehr von dem, was so lange zurückliegt, bedaure.
Und das Ganze hatte auch eine positive Seite: Immerhin wachte ich nach diesem Traum wenigstens nicht schuldbewusst auf, sondern nur wütend und tränenverschmiert.
Ich stieß James mit dem Ellbogen in die Rippen, reichte ihm eine Tasse Filterkaffee aus der Maschine und teilte ihm mit, dass es Zeit zum Aufstehen sei.
Ist es nicht merkwürdig, dass ich Tee hasse, obwohl ich die Herbstblätter so liebe? Aber warum, denke ich, sollte ich den Staub abgestorbener Blätter trinken?
»Freier Tag«, grunzte James und versuchte, sich die Decke über den Kopf zu ziehen.
»Freier Tag für die Haussuche. Und ich habe das Gefühl, dass wir das Landhaus unserer Träume heute finden werden – wir haben bisher einfach zu nahe an London und in der falschen Gegend gesucht. Außerdem wird ein Tag auf dem Land uns beiden gut tun. Das Laub ist inzwischen ganz golden und…«
»Du hast schon genug Blätter«, erklärte er hastig und tauchte wieder auf. Ich weiß nicht, warum er an meinen harmlosen kleinen Hobbys Anstoß nimmt. Meine Patchwork-Arbeiten bringen Licht und Leben in die ganze Wohnung; es ist erstaunlich, wie viel man aus alter Garderobe machen kann. Ich bin die ganze Zeit über dabeigeblieben, und ich bin überzeugt, dass die Fläche, die ich produziert habe, die der Originalkleidung inzwischen übertrifft. Ob so etwas möglich ist? Algebra war nie meine Stärke. Oder ist der Stoff vielleicht ähnlich wie der Tisch im Märchen ein Tüchlein-streck-dich?
Und dann meine Laubsammlung. Als wir anfangs miteinander gingen, hat es James nie etwas ausgemacht, wenn ich auf Spaziergängen im Park oder auf dem Land Blätter sammelte. Aber er dachte, ich würde sie pressen. (Und sie vielleicht in ein Album stecken? Ich weiß, dass er eine ganze Ecke älter ist als ich, aber das ist schließlich viktorianisch!)
»Oh nein«, erklärte ich ihm damals überrascht. »Ich mag sie so kraus und gewellt, wie sie vom Baum fallen. Ich breite sie zum Trocknen aus und überziehe sie dann mit einer dünnen Schicht Acryllack.«
»Lack?«
»Sie werden schnell staubig. Und so kann ich sie dann abspülen.«
»Ah.« Ich sah, dass ihm all das zu schaffen machte. Vorsichtig forschte er weiter: »Dann machst du vermutlich Arrangements oder Bilder oder so etwas aus den Blättern?«
»Nein, ich sammle sie einfach in Körben auf den Fensterbänken in meinem Zimmer. Ich mag das Rascheln, wenn ich hereinkomme oder hinausgehe.«
Er drückte mich zärtlich an sich und sagte liebevoll: »Was für komische Ideen zu hast, Liebling – das kommt wohl daher, dass du so lange allein gelebt hast.«
»Oh nein, solche Ideen hatte ich schon immer«, versicherte ich ihm. Nur dass ich meine kleinen Eigenheiten bisher nicht für komisch gehalten hatte.
Immerhin sieht man, wie harmlos meine Hobbys sind.
»Ich brauche noch mehr Eichenblätter, James«, erklärte ich ihm jetzt. »Ich kann nie genug davon finden, und ich möchte gerne einen ganzen Korb voll haben.«
Ein andermal sagte ich: »Weißt du, ich verstehe gar nicht, warum nicht alle Leute Blätter sammeln – sie kosten nichts, haben schöne Farben und Formen und sind vollkommen hygienisch, wenn man sie lackiert.« (Ich sammle immerhin nur solche, die sauber aussehen, aber man kann sie auch jederzeit mit Sagrotan abwaschen.) »Ist es nicht merkwürdig, dass wir sie nicht mehr zu schätzen wissen? Wir könnten sie zum Beispiel als Geld benutzen an Stelle dieser bakterienüberladenen Papierfetzen, oder…«
Unterm Bett ertönte ein herzhaftes Seufzen; dann hob sich die Matratze zwei- oder dreimal wie in schwerer Dünung, und ich unterbrach mich, um entrüstet zu rufen: »Du hast gestern abend wieder diesen blöden Hund reingelassen, oder? Du weißt doch, dass ich nicht gern die ganze Nacht die gleiche Luft ein- und ausatme; das ist nicht gesund. Und auch nicht hygienisch. Du stehst am besten gleich auf und bringst Bess raus, damit wir früh loskommen.«
»Zeit satt«, murmelte er, aber ich schob ihn entschlossen aus dem Bett, wobei das lockende Versprechen eines fett- und cholesterinreichen Frühstücks unterwegs meinen Bemühungen zusätzlichen Nachdruck verlieh.
HAT BRITANNIENS EROTISCHSTER ROCKER EINE TRAURIGE VERGANGENHEIT?
Trendsetter
Vergangenheit ist das Schlüsselwort. Ich glaube nicht, dass ich Tish vergessen könnte, selbst wenn ich es versuchen würde, aber ich versuche es gar nicht, sondern reibe immer wieder Salz in die alte Wunde, sodass sie niemals ganz verheilen kann.
Angst ist sehr gut für einen Künstler.
Mein makelloser, leidenschaftlicher Engel ist die Muse, die mich sowohl zu meinen Liedern als auch zu meinen Bildern inspiriert.
Aber das ist die alte Tish, die Tish, wie ich sie in meiner Erinnerung habe. Sie ist inzwischen wahrscheinlich eine Hausfrau in einem x-beliebigen Vorort, die ihre Träume weggesteckt hat, damit sie vermodern.
Was aus ihr geworden ist, muss – und will – ich nicht wissen.
»Das ist es«, sagte ich mit Überzeugung. »Das ist mein Haus!«
»Was?«, murmelte James abwesend, während er durch eine schmutzige Fensterscheibe die kleine blonde und quirlige Maklerin beäugte, die sich trotz des arktischen Novemberwindes taktvollerweise draußen herumdrückte. Die Beine unter ihrem kurzen Rock hatten einen interessanten Blauton angenommen.
Bei dem Frauentyp verliert er immer ein bisschen den Kopf, sodass man sich wundert, warum er mich geheiratet hat: Ich bin groß, zurückhaltend und so überschäumend wie ein Guinness.
Und warum hat er eigentlich nicht einfach meine Mutter geheiratet, die klein, entschieden blond und wenn auch nicht gerade quirlig, so doch wenigstens nach dem zweiten Martini ein wenig lebhafter ist?
Ich gab ihm einen Stoß mit dem Ellbogen. »Konzentrier dich auf das Haus, James. Die Maklerin ist nur deshalb so reizend zu dir, weil sie hofft, einen Abschluss tätigen zu können.«
Er wirkte gekränkt. »Mach dich nicht lächerlich, Liebling – ich habe lediglich über den Fall nachgedacht, den ich gerade bearbeite. Ich hätte mir wirklich nicht einen Tag freinehmen sollen, um nach einem Haus zu suchen; ich werde wohl noch für eine Stunde oder zwei ins Büro müssen, wenn ich dich nachher bei deiner Mutter abgesetzt habe.«
Damit war auch das Rätsel gelöst, warum er sich für die Haussuche einen seiner schicken dunklen Anzüge angezogen hatte. (Obwohl sie zugegebenermaßen sein markantes Highlanderprofil unter dem rotblonden Haarschopf besonders gut zur Geltung bringen – eine Tatsache, um die er sehr wohl weiß.)
»Ich bin mir sicher, Drew, Drune und Tibbs kommen auch mal einen Tag ohne dich zurecht, James. Vor allem, wenn das bedeutet, dass wir endlich das richtige Haus gefunden haben.«
»Was? Du meinst doch nicht das hier, oder, Tish?« Seine leuchtenden Augen weiteten sich vor Erstaunen. »Ich weiß gar nicht, warum du es dir überhaupt ansehen wolltest – es ist zu klein, und es ist nicht mal frei stehend.«
»Es ist doppelt so groß wie die Wohnung: Die vielen Stühle hier lassen es kleiner erscheinen. Es sind insgesamt zweiunddreißig.«
»Zweiunddreißig was?«
»Stühle.«
»Was hat das denn zu sagen? Schau dir doch den Garten an – er ist eine einzige Wildnis.«
»Eine große Wildnis. Da draußen steht noch eine Art Schuppen, und neben dem Haus ist reichlich Platz für eine Garage.«
»Aber das Haus ist alt und düster und wahrscheinlich unhygienisch«, bemerkte er. »Es hat einem alten Mann gehört, der jahrelang nichts daran getan hat und wahrscheinlich darin gestorben ist.«
»An einer Überdosis Stühle vielleicht? In fast allen alten Häusern sind Menschen gestorben. Natürlich werde ich es von oben bis unten schrubben müssen, bevor wir irgendetwas von unseren Sachen hineinstellen, und alle Wände und Decken müssen gestrichen werden, und die Böden vielleicht abgeschmirgelt und versiegelt, wenn sie sonst noch gut genug sind. Rosen um den Eingang… hübsche Vorhänge… und denk doch nur mal an die Lage! Nur ein Nachbar – die Maklerin sagt, es sei eine nette alte Dame –, und vom Garten aus geht der Blick über den Park des Herrenhauses; es wird also sehr ruhig und friedlich sein.«
Ich verstummte. James wirkte störrisch und schien zu schmollen – eine Variante seines sehr beschränkten Ausdrucksrepertoires. (Wenn ich es mir so überlege, ist mir die Variante »nachsichtige Zuneigung« in letzter Zeit nicht mehr sehr häufig begegnet und auch nicht die »extreme Bemühung als Zeichen einer unbeirrbaren Entschlossenheit zu ehelichem Verkehr«.)
»Du weißt ja, Tish, ich habe schon mal darüber nachgedacht, dass wir vielleicht einfach nur nach etwas Kleinem fürs Wochenende suchen sollten, an der See. Jack hat versprochen, uns Segeln beizubringen und…«
»Nein. Auf keinen Fall«, unterbrach ich ihn bestimmt. »Es entspricht nicht meiner Vorstellung von einem schönen Wochenende, mit dem Hintern in eiskaltem Wasser zu sitzen, während man gleichzeitig von einem Stück Holz Hiebe auf den Kopf erhält und einem ein nasses Tuch um die Ohren schlägt. Außerdem«, fügte ich gekränkt hinzu, »hatten wir doch immer vorgehabt, aufs Land zu ziehen, sobald wir es uns leisten konnten, oder?«
»Nun … ja, aber…«
»Und dann kann ich endlich die schlecht bezahlte Arbeit in der Bibliothek aufgeben und mehr Geld mit Schreiben verdienen, und wir können eine Familie gründen, du könntest zur Arbeit pendeln und hättest noch obendrein viel frische Luft und Bewegung im Garten, wo wir unser eigenes Obst und Gemüse ziehen würden. Davon haben wir doch beide geträumt, oder?«
Er klappte den Mund zu und antwortete hastig: »Ja, Liebling, natürlich. Das heißt, es klingt wunderbar, aber vielleicht sollten wir warten, bis wir ein moderneres Haus finden, etwas Freistehendes …«
»Wir sind jetzt seit sechs Jahren verheiratet, James. Ich sehe schon die große Dreißig auf mich zukommen, und du bist vierzig geworden.«
Er zuckte zusammen.
»Wir können uns dieses Haus leisten, und du kannst von hier aus noch gut zur Arbeit fahren – es sind nur elf Meilen bis zum Bahnhof Bedford. Sobald wir umziehen, setze ich die Pille ab. Und wir werden uns gesund ernähren und lange Spaziergänge unternehmen, um uns fit zu machen.«
James wirkte leicht angeschlagen. »Ich schätze, es könnte hier ganz schön sein«, räumte er widerstrebend ein. Plötzlich hellte sich seine Miene auf. »Und Gerry und Viola wohnen nur ein paar Meilen von hier entfernt, und ich bin sicher, dass er zur Arbeit pendelt. Muss sich wohl ziemlich früh auf den Weg machen. Ich werde ihn fragen, wie das ist.« Er legte einen Arm um mich. »Ich sehe ja, dass dir dieses Haus gefällt, Liebling, aber häng dein Herz nicht zu sehr daran. Ich denke, wir sollten uns erst noch ein paar ansehen, und wenn ich erst gleichberechtigter Partner der Sozietät bin, könnten wir uns auch etwas Freistehendes leisten.«
»Ich will aber dieses Haus. Ich will nicht in irgendeinem frei stehenden Tudor-Imitat wohnen, sondern in einem richtigen Landhäuschen. Ich will ein Landbewohner sein, mit schlammigen Gummistiefeln und einem eigenen Garten. Und du wolltest doch immer dein eigenes Obst und Gemüse anbauen – du hattest so viele Bücher darüber. Ich glaube, sie stehen noch im Schrank im Gästezimmer. Ich werde sie gleich raussuchen, wenn wir wieder zu Hause sind.«
Er wirkte nicht allzu begeistert – seine Neigungen sind oft nur Strohfeuer, und das zu begreifen hat mich einiges an Lehrgeld gekostet. Während mich voraussichtlich irgendjemand gewarnt hätte, bevor ich einen Serienmörder heirate, wies mich niemand darauf hin, dass mein zukünftiger Gemahl seine Steckenpferde gewohnheitsmäßig zu Schanden reitet. Vielleicht sollte man das in die Formel der Eheschließung aufnehmen? Du sollst nicht ständig deine Hobbys wechseln. Dennoch sehe ich keinen Grund, warum er nicht dasselbe Hobby zweimal haben kann, so wie die Masern, wenn man nur dafür sorgt, dass das Opfer dem Erreger massiv genug ausgesetzt wird.
James’ Verhalten war dann allerdings ziemlich ernüchternd, als ich ihm auf dem Rückweg in die düsterste Vorstadt zu Mutters Geburtstagstee die vielen Vorzüge des Häuschens aufzählte. Ich werde ihn noch bearbeiten müssen, aber ich bin verliebt in mein Häuschen und entwickle allmählich ein eindeutiges Jetzt-oder-nie-Gefühl, was den Umzug anbelangt.
Ich glaube, es hat etwas damit zu tun, dass mein dreißigster Geburtstag näher rückt und ich so wenige meiner Ziele erreicht habe. Wenn ich jetzt den Sprung wage und ein Baby bekommen will, rücken alle anderen Dinge in unendlich weite Ferne.
Ein Pluspunkt des Landlebens in Nutthill wäre, dass James nicht mehr so oft der Versuchung erliegen könnte, auf dem Heimweg von der Arbeit abends im Pub einzukehren. Und angesichts der vielen Arbeit in Haus und Garten würde er auch weder die Zeit noch das Geld für seine Treffen mit »den Jungs« am Freitagabend haben. Auch unser gewöhnlicher Theater- oder Kinobesuch mit anschließendem Essen im Restaurant müsste dann entfallen.
Ich fühle mich in großen, anspruchsvollen, teuren Restaurants ohnehin nicht wohl und hätte das Geld schon immer lieber für ein Häuschen gespart. Ich bin kein sehr geselliger Mensch. Ich liebe es ruhig und habe nach der Arbeit gern etwas Zeit zu schreiben, und ein Besuch im Museum oder in einer Kunstgalerie ist für mich der größte Genuss.
James’ Freunde sind alle etwa zehn Jahre älter als ich und haben selbstsichere, gut gekleidete, langweilige Ehefrauen, von denen ich mich abhebe wie ein Papagei von einer Rotte Sperlinge. Sie sind alle durch die Bank gepflegt und mausgrau. Ein zweifarbiges Halstuch ist für sie schon der Gipfel des gerade noch Vertretbaren.
Ein Umzug so weit hinaus aufs Land würde uns außerdem Abstand zu James’ schrecklichem ehemaligen Schulfreund Howard verschaffen, einem alternden Hippie, wie er im Buche steht. Howard wohnt seit kurzem wieder in London – nachdem er eine Weile auf einer Segelyacht angeheuert hatte, wo er vermutlich ungefähr so nützlich war wie ein Stück verrottetes Tau.
In der kurzen Zeitspanne, nachdem er in Capri das Boot im Stich gelassen hatte und bevor er dort des Landes verwiesen wurde, gelang es ihm, sich eine reiche Freundin zu angeln. (Ich hatte es nicht für möglich gehalten, dass er überhaupt wusste, dass es Genossen zweierlei Geschlechts gibt, aber da sieht man es mal wieder. Die Frau muss wohl geistesgestört sein.)
James mag vielleicht die Vorteile all dieser Pluspunkte nicht unmittelbar einleuchtend finden…
Er setzte mich mitten am Nachmittag bei Mutter ab (noch ein Pluspunkt: eine gute Entfernung zwischen mir und meiner Mutter). Dann fuhr James zum Büro, um dort (angeblich) einige Papiere abzuholen. Allerdings gab ich ihm noch mit auf den Weg, dass ich ihn umbringen würde, wenn er nicht binnen einer Stunde zurück sei.
Ich verdrängte mannhaft den schändlichen Gedanken, dass er vielleicht nur seine frühere Freundin Vanessa treffen wollte, die seit einiger Zeit wieder als Sekretärin im Einsatz ist. Als sie nach ihrer Scheidung einen Job suchte, bat sie James, ein gutes Wort für sie einzulegen, und sie tat ihm so Leid, dass er seinen Onkel Lionel überredete, sie wieder einzustellen.
Er hat mir alles erklärt, sodass ich auch nicht im Geringsten besorgt oder eifersüchtig bin, weil er Vanessa jeden Tag in seiner Nähe hat, obwohl sie auch so eine spritzige Blondine ist. Mit der Spritzigkeit scheint es, wie man hört, allerdings nicht mehr weit her zu sein; James sagte, ihr Mann sei ein Rohling gewesen, und sie sähe verhärmt und um Jahre gealtert aus.
Mutter war ein wenig traurig und gekränkt, als er davonfuhr, und beinahe ebenso griesgrämig wie James, als ich ihr das Häuschen beschrieb. Ihre Lebensgeister erwachten erst wieder, als er zurückkam und wie ein ausgehungerter Wolf über die kindischen Leckereien herfiel, die für sie zu einem Geburtstag gehören.
Dann wurde der Kuchen aufgetischt, und wir mussten »Happy Birthday« singen; James und Mutter versuchten, ihren Gesang aufeinander abzustimmen, und nur Granny schoss quer, indem sie den Fernseher für Top of the Pops etwas lauter stellte.
Mutter versucht ständig, alle Welt davon zu überzeugen, dass Granny langsam den Verstand verliert, aber ich finde, dass jeder, der im Stande ist, einen Videorekorder zu programmieren, freien Zugang zur Mensa verdient hätte.
»Das kannst du doch unmöglich sehen wollen, Maud!« Mutter hatte ihre Gesangsdarbietung ärgerlich unterbrochen.
Granny riss sich nur kurz vom Bildschirm los. »Warum nicht?«, fragte sie streitlustig. »All die komischen Kleider und die unanständigen Tänze. Das Beste, was die Kiste zu bieten hat.«
Sie wandte ihren gierigen Blick wieder den Hüften schwingenden jungen Männern zu, die enorm ausgebeulte Hosen und nackte Oberkörper zur Schau stellten. »Ha! Ich habe mehr Haare auf dem Handrücken als diese armen Jungen auf der Brust. Und das soll ein Bart sein? Babyflaum!«
Mutter seufzte leidgeprüft und verdrehte ihre babyblauen Augen himmelwärts: »So was Vulgäres«, flüsterte sie. »Lieber James, sie ist ja so ein Kreuz für mich – und wird von Tag zu Tag seniler.«
Das würde ich nicht unterschreiben, obwohl Granny sich in jedem Fall in rasantem Tempo wieder ihren Wurzeln nähert, die in Yorkshire liegen.
James drückte Mutter die Hand. »Wenigstens hat sie dich, die sich um sie kümmert, Valerie«, meinte er. Ich fand das ziemlich heftig, wenn man bedenkt, dass von den beiden Witwen, wie James sehr wohl weiß, Mutter die leichtsinnigere und verschwenderischere ist. Aber Mutter ist eine dieser zarten, ätherischen, zerbrechlichen Frauen, die eine bestimmte Sorte Mann anzusprechen scheint. (In Wirklichkeit ist sie zäh wie altes Leder.) Sie gibt haufenweise Geld, das sie nicht hat, für Schönheitskuren, Make-up und Kleider aus, was der Hauptgrund für Grannys Entschluss war, zu ihr zu ziehen und das Kommando zu übernehmen.
Sie hatte sicher geglaubt, Mutters Probleme lösen und sie dann sich selbst überlassen zu können, während sie den Rest ihrer Tage in dem Bungalow verlebte, den sie sich ausgesucht hatte. Aber wie sie bald herausfand, war Mutter die reinste Sisyphosarbeit – ein hoffnungsloser Fall.
Sie hatte Mutter wenigstens zweimal aus größeren finanziellen Schwierigkeiten helfen müssen, und inzwischen gehört Granny sogar das Haus. Es trifft sich also ganz gut, dass Großvater Juwelier war und viel Messing hatte, wie Granny es nennt. Er war ein freigebiger Mann, sagt sie immer, obwohl sie nicht preisgibt, wie freigebig genau.
Mutter hat bis heute nicht begriffen, dass sie der von Granny betreute Senior ist und nicht umgekehrt; sie erzählt jedem, sie versuche, der alten Dame ihre verbleibenden Jahre der Ruhe möglichst schön zu machen.
Granny zeigt bisher aber kaum Anzeichen von Ruhe.
Also drückte Mutter James jetzt in echter Dankbarkeit die Hand und klimperte ihn mit mascaraschweren Augenlidern an: »Der liebe James – so verständnisvoll. So klug.«
Grannys Taubheit zeigt erstaunliche Schwankungen, und zwar völlig unabhängig davon, ob sie ihren Hörapparat ein- oder ausgeschaltet hat. Jetzt bemerkte sie, ohne den Kopf zu drehen: »Der liebe James weiß, auf welcher Seite sein Brot gebuttert ist, genau wie du. Er…«
Sie hielt so plötzlich inne, dass ich erschrocken in meinem Stuhl herumfuhr, nur um festzustellen, dass ihre Aufmerksamkeit vom Anblick eines dunklen, extrem kantigen Gesichts auf dem Fernsehschirm gefesselt wurde. Eines vertrauten, sehr männlichen Gesichts, eingerahmt von langem, pechschwarzem Haar mit Augen so grün wie Kleeblätter.
»Da laust mich doch der Affe, Tish!«, stieß sie hervor. »Ist das nicht Fergus, der damals nebenan wohnte – der, für den du so eine Schwäche hattest? Also, das nenne ich einen Mann!«
»Fergal«, verbesserte ich sie automatisch. Und er war das gewesen, was auch ich einen Mann nannte, bis ihn Ruhm und Reichtum in die Ferne gelockt hatten und er ohne einen Blick zurück auf und davon gegangen war. Inzwischen habe ich meine Meinung über ihn geändert.
Trotzdem war es ein seltsames Gefühl, ihn im Fernsehen singen zu hören, die strahlenden Augen unnahbar und verschleiert. Und das Gefühl in meinem Magen wurde noch komischer, als die Gitarren einsetzten und Fergal geschmeidig über die Bühne sprang. Man sah ihm sein Alter nicht an, und die Jahre schienen seinen mannigfaltigen Talenten keinerlei Abbruch getan zu haben.
In Top of the Pops schien er allerdings fehl am Platz zu sein, da Goneril eher eine Kultband als eine des Mainstream ist. Eine Art Mischung aus keltischer Volksmusik und Heavy Metal und … Ich denke schon wie das Groupie, das ich nie war.
Mir wurde langsam bewusst, dass die Unterhaltung am Tisch erstorben war, und ich spürte, wie James’ Blick argwöhnisch zwischen dem Fernseher und mir hin- und herschwenkte wie eine Art Radar, aber bevor Fergal nicht vom Bildschirm verschwunden war und Aufnahmen des begeisterten Publikums an seine Stelle traten, konnte ich mich einfach nicht von seinem Anblick losreißen.
Es musste die Überraschung sein.
»Du bist mit Fergal Rocco gegangen?«, verlangte James ungläubig zu wissen. »Das hast du mir nie erzählt!«
Es war eine Erleichterung festzustellen, dass ich meinen Kopf wieder bewegen konnte. »Ach? Ich habe dir aber sicher erzählt, dass ich einmal mit einem Mann zusammen war, der mir sehr wehgetan hat und…«
»Ja, aber du hast nicht gesagt, dass er es war.«
»Nun, ist das wichtig? Das war doch eine Ewigkeit, bevor ich dich kennen lernte. Seine Eltern hatten das Haus neben unserem gemietet, und ich lernte ihn kennen, als er sie einmal besuchen kam. Wir… sind gewissermaßen zusammengeprallt. Aber dann wurde er berühmt und ist auf und davon, und ich bin auf die Universität gegangen und habe dann dich kennen gelernt, Liebling.«
»Zumindest war er ein Mann und kein Weichei«, sagte Granny mit einem vernichtenden Seitenblick auf den armen James. »Das erste Mal, dass ich dachte, das Mädchen könnte vielleicht doch etwas von den Thorpes mitbekommen haben, als sie sich mit ihm einließ.«
James starrte sie so empört an, dass ich beinahe kichern musste.
»Ein Ausländer – ich mochte ihn nie«, erklärte Mutter steif und ohne auf Grannys Bemerkung einzugehen, obwohl sich ihre Wangen etwas gerötet hatten. »Die ganze Familie war unmöglich. Man konnte seine Eltern noch sechs Häuser weiter schreien hören. Und man sieht ja, was aus ihm geworden ist – steht ständig wegen irgendwelcher Skandale in der Zeitung, und immer mit irgendeinem billigen Mädchen im Schlepptau.«
»Er war kein Ausländer«, wandte ich schwach ein. (Und ganz bestimmt traf die Beschreibung billig auf keins der Mädchen zu, von denen ich im Zusammenhang mit ihm je gehört hatte.) »Sein Vater ist gebürtiger Italiener – Rocco, von der Restaurantkette Rocco –, aber seine Mutter ist Irin, und Fergal ist in London geboren.«
»Das sage ich doch – ein Ausländer«, erwiderte Mutter triumphierend und rief mir all ihre wenig liebenswerten Taktiken in Erinnerung, mit denen sie versucht hatte, meine Liebe zu Fergal zu ersticken. Es hätte natürlich ohnehin nicht gehalten: Romeo und Julia verliebten sich, wurden erwachsen, stritten und trennten sich. Julia wurde eine gelangweilte Vorstadthausfrau, die zum Spaß Liebesromane schrieb, und Romeo ein von Drogen gezeichneter, sexbesessener Rockstar.
Wie bei Shakespeare, nur nicht so viele Tote.
Und alles Schnee von gestern.
James glotzte mich immer noch an, als hätte ich zwei Köpfe; also lächelte ich etwas nervös und versuchte, möglichst schnell das Thema zu wechseln.
»Wollen wir nicht den Kuchen anschneiden? Die Kerzen sind ja schon ausgeblasen. Und was ist mit dem Geschenk, das du erst auspacken wolltest, wenn James wieder zurück ist, Mutter?«
Es war wirklich nicht schwer, sie abzulenken. Sie wandte sich sofort ihrem Päckchen zu, und das Thema Fergal wurde dankenswerterweise fallen gelassen.
Im Auto war James sehr still, was mir gelegen kam, da der Anblick des echten Fergal in Aktion in mir doch ganz eigenartige Gefühle hinterlassen hatte. Sonst sehe ich ja nur die entschärfte Version, die ihr eigenes Leben in einem speziell dafür eingerichteten Gehege in meinem Kopf führt und von der ich mich einige Jahre lang vampirisch ernährt habe, um mich mit Stoff für meine Romane zu versorgen.
In Wahrheit sollte ich Fergal dankbar dafür sein, dass er mich so herzlos abserviert hat. Immerhin hat er mich dadurch auf den Weg einer echten Charakterbildung geführt – selbst wenn mir dieser Weg manchmal wie eine abwärts gerichtete Spirale vorkam –, der darin gipfelte, dass mein erster Liebesroman angenommen wurde und ich in James’ kräftiger, attraktiver Gestalt echte Verlässlichkeit kennen lernte. Es war daher ein kleiner Schock, als der liebe, gute, verlässliche James das Schweigen brach und säuerlich bemerkte: »Dieser Exfreund von dir – wie hieß er noch? Rocca?« Er lachte, aber es klang mehr wie ein angewidertes Schnauben. »Ich schätze, sie nehmen alle einen neuen Namen an, aber Rocca…«
»Rocco, James. Und es ist sein richtiger Name.«
»Das weißt du natürlich, nicht wahr, als Freundin des großen Stars? Merkwürdig, dass du das nie vorher erwähnt hast, oder? Wenn deine Großmutter nicht die Katze aus dem Sack gelassen hätte, würde ich immer noch im Dunkeln tappen.«
»Genau wie die Katze«, sagte mein unglückseliger Mund, der sich nicht immer an mein Gehirn wendet, bevor er loslegt.
James’ Miene wurde noch düsterer, sodass ich hastig beschwichtigend hinzufügte: »Also wirklich, James, es gab keine Katze, die aus dem Sack gelassen werden musste, wenn du damit ein sündiges Geheimnis meinst. Wenn ich gewusst hätte, dass eine detaillierte Liste all meiner Exfreunde dich glücklich machen würde, dann hätte ich dir eine gegeben.«
»Du hattest keine anderen Freunde. Das hat Valerie mir erzählt.«
Es ärgerte mich, dass er und meine Mutter meine Eignung für ihn diskutiert hatten (sie wird ihm wahrscheinlich versichert haben, dass ich nur wenig gelaufen bin, praktisch nur einmal rund um den Block, niedriger Kilometerstand und praktisch eine neugeborene Jungfrau). Und es missfiel mir, dass es wichtig sein sollte, mit wem sonst ich zusammen gewesen war. Ich wette, Mutter hat auch versucht, ihn über meine unattraktiveren Seiten hinwegzutrösten: das heißt, meine Größe (ich trage immer flache Schuhe), das eingedellte Kinn (Mutter nennt es ein Grübchen) und die merkwürdige Farbe meines Haars (rotblond).
»Ich hätte gar nicht gedacht, dass du Fergal Roccos Typ bist. Er ist ja so extrovertiert und wild, und du bist so prüde wie Schneewittchen und Rotkäppchen in einer Person«, fügte er unversöhnlich hinzu.
»Prüde? Ich bin nicht prüde!«, rief ich gekränkt und wütend. »Außerdem hast du mir bei deinem Heiratsantrag gesagt, dass dich vor allem meine Häuslichkeit und meine Reserviertheit angezogen hätten.«
Und mit dem plötzlichen Blitzstrahl einer verspäteten Erkenntnis begriff ich, dass er just eine prüde Frau gesucht und geglaubt hatte, sie in mir gefunden zu haben, da ich mich ja so ruhig und fleißig meinem Studium und meinen Romanen gewidmet hatte – und außerdem Kleider in gedeckten Farben trug. Ich muss ihm als genau das ruhige, fleißige Mädchen erschienen sein, das er auf Anraten seines Onkels Lionel heiraten sollte – vorsichtshalber, da keiner von ihnen über die Fähigkeit verfügt, ein »gutes Mädchen« von einem »bösen Mädchen« zu unterscheiden. (Möglicherweise weil es diesen Unterschied heutzutage nicht mehr gibt.)
Ein nettes, ruhiges, formbares junges Mädchen… Er hatte bloß den Umstand übersehen, dass ich meine Ruhe einer Härtung durch Feuer verdankte.
Jetzt blickte James finster über das Steuerrad hinweg nach vorn. »Es ist leicht beunruhigend, plötzlich entdecken zu müssen, dass die stille Bibliothekarin, die man geheiratet hat, die ehemalige Freundin eines berüchtigten Rockstars ist, und ich kann dir versichern, dass Lionel und Honoria dich nicht so herzlich in der Familie aufgenommen hätten, hätten sie das gewusst.«
»Wenn die Aufnahme herzlich war, möchte ich nicht erleben, wie sie auf jemanden reagieren, den sie missbilligen.«
»Das wirst du vielleicht bald, wenn sie diese Geschichte herausbekommen.«
»Mir leuchtet nicht ein, warum sie das sollten. Oder warum ihre Billigung nötig sein sollte.«
»Natürlich ist sie das! Ein Anwalt braucht die richtige Frau. Einen Einwand hatten sie allerdings schon damals; dass du nämlich einen grässlichen Geschmack hast, was Kleider anbelangt. Sie meinten aber, das würde sich vielleicht mit ein wenig Anleitung ändern lassen.«
»Wie überaus gütig von ihnen!«
Honoria trägt immer Sachen aus haarigem Tweed, die eine gewisse Ähnlichkeit mit Sackleinen haben, und dazu Seidenblusen. Vielleicht weiß sie ja nicht, dass sie etwas auf der Haut trägt, dass aus dem Hintern einer Raupe kommt?
Ich erinnere mich noch, wie Lionel und Honoria zum ersten Mal Granny trafen. Mutter hatte es bis dahin geschafft, sie versteckt zu halten.
James muss ihnen von ihr erzählt haben, denn sie luden uns alle zusammen in das protzige, steife Restaurant ein, das sie für Vergnügungen wie das Kreuzverhör zukünftiger Anverwandter bevorzugen.
Zunächst einmal waren sie anscheinend wie elektrisiert gewesen durch die Größe und überwältigende Menge von Grannys Diamanten. Granny pflegte sich eine Auswahl davon über den wogenden Busen an ihr Kleid zu stecken – verteilt, wie es der Zufall wollte. Sie sagt immer: Wer hat, der hat und soll es auch zeigen.
Die Diamanten waren der Grund, warum Lionel und Honoria mannhaft versuchten, Granny selbst dann noch höflich zu behandeln, nachdem sie den Kellner hergerufen und ihn, auf ihre Suppe deutend, gefragt hatte:
»Als was bezeichnen Sie das?«
»Hühnersuppe, Madam«, hatte der Mann hochmütig erwidert.
»Wenn diese Suppe je ein Huhn gesehen hat, dann ist es auf Stelzen hindurchgelaufen.«
»Wie drollig Ihre liebe Großmutter doch ist«, ließ mich Honoria leise wissen. »Ein echtes Original. Sie sind Ihr einziges Enkelkind, nicht wahr?«
»Was? Oh, ja, Dad war ihr einziges Kind«, sagte ich unbestimmt und fragte mich, warum ich mich für Mutter so oft genierte, was mir bei Granny noch nie passiert war.
Granny ist klug, scharfsinnig, freundlich und liebevoll, und wenn sie weder Allüren noch Dünkel hatte, dann war das für mich kein Manko. Sie selbst sagt immer, die Leute aus Yorkshire seien so gut wie alle anderen und besser als die meisten.
Ich musste plötzlich wieder an James’ Gesichtsausdruck denken, als Granny dann ein Rezept für eine Hühnersuppe aufschrieb und den Kellner anwies, es dem Küchenchef zu bringen. Ich lachte leise auf, bis mir klar wurde, dass James sich immer noch mit meinem Sinn für angemessene Kleidung beschäftigte. Das heißt, mit meinem Mangel desselben.
Sein Fahrstil wurde davon nicht besser.
»Nicht dass sich dein Geschmack auch nur einen Deut verbessert hätte«, meinte er gerade. »Das Schwarz, das du ständig getragen hast, war ein bisschen düster, aber warum musst du jetzt ins andere Extrem fallen?«
»Weil ich glücklich bin und leuchtende, fröhliche Farben tragen möchte, solange ich noch jung genug dafür bin.«
»Vermutlich mochte Fergal Rocco dich in grellen Kleidern?«
Er mochte mich am liebsten ganz ohne Kleider.
Ich schaffte es gerade noch, meinen Mund zuzuklappen, bevor die Pferde mit mir durchgingen, und nach einem kurzen Krampf, währenddessen meine Lippen sich stumm kräuselten, brachte ich es fertig, mit überlegener Selbstbeherrschung zu sagen: »Hör mal, ich bin nur ein paar Monate mit ihm zusammen gewesen. Dann ging Goneril nach Amerika auf Tournee, und Fergal ließ mich fallen wie eine heiße Kartoffel. Danach habe ich nie wieder etwas von ihm gehört oder gesehen. Zufrieden?«
»Du hast ihn danach nie mehr gesehen?«
»Nein!«
Nur in meinen Träumen.
Man kann nur hoffen, dass James nicht das plötzliche Verlangen übermannt, eins meiner Bücher zu lesen (so unwahrscheinlich das auch sein mag), in denen alle Liebhaber Umgestaltungen und Variationen von Fergal sind.
Tish, der literarische Vampir.
Frankenstein Tish, die jedes Mal aus den besten Teilen des alten Fergal (und es gab einige vorzügliche Teile) einen neuen schuf, der ihrer Fantasie entsprang. (Und meine Fantasie funktioniert gut. Gespenstisch gut.)
Ob der echte Fergal wohl jedes Mal blass und unruhig wird, wenn ich einen neuen kreiere? Der Gedanke, dass ich seine Batterien entlade, würde mir gar nicht gefallen…
Wem will ich etwas vormachen? Es würde mir sehr wohl gefallen.
Geschähe ihm ganz recht. Immerhin hat er mir das Herz gebrochen.
Mit einem hochdramatischen Schlenker fuhr James bei uns vor und stapfte schweigend davon, ohne mir die Wagentür zu öffnen. Das war eine der altmodischen Höflichkeiten gewesen, die ihn mir einst so sympathisch gemacht hatten.
Ich hoffe nur, er wird nicht weiter darüber nachgrübeln. Ich verstehe nicht, warum es ihn so aufbringt; er weiß doch, dass ich nicht in einem Elfenbeinturm gelebt habe, bis er des Weges kam. (Vielmehr in dem Betonturm eines Studentenwohnheims – der Drang, Mutter zu entkommen, hatte mich überwältigt.)
Vielleicht passt Fergal einfach nicht zu dem Bild, das James sich von mir gemacht hat?
In letzter Zeit hatte ich manchmal den Eindruck, dass dieses Bild auch nicht besonders gut zu mir passt.
Ich weiß bis heute nicht genau, wieso ich James eigentlich geheiratet habe!
Ich war nämlich gar nicht auf der Suche nach dem richtigen Mann fürs Leben. Ich hatte nicht mal Torschlusspanik!
Ich weiß noch, wie ich ihm ganz offen erklärte, in meinem Leben sei der Wurm und ich habe vor, mich in die Stille des Landlebens zurückzuziehen und der Schriftstellerei zu widmen, und dass er erwiderte, er habe ebenfalls schon immer auf dem Land leben wollen. (Seine Selbstversorgungsphase.) Dann schlich er sich gewissermaßen mittels Blumen, Pralinen und anderem Zeug langsam bei mir ein. Spontaneität war ihm nicht in die Wiege gelegt worden, aber Verlässlichkeit sehr wohl: Er war immer da.
Die Tatsache, dass er älter war, verlieh ihm etwas Souveränes und Kultiviertes. Und es ließ ihn attraktiv erscheinen, wenn auch nicht aufregend, aber das war nach Fergal eher ein Pluspunkt: Aufregung hatte ich genug gehabt. Kurzum, es stand ihm gewissermaßen auf die Stirn geschrieben: Zum Heiraten wie geschaffen, bereit zur Familiengründung.
(Ich weiß nicht, was mir auf die Stirn geschrieben stand, es muss jedenfalls irreführend gewesen sein.)
James war in vieler Hinsicht furchtbar konventionell, und im Rückblick glaube ich, dass er dachte, ich sei es ebenfalls. Ich war so still und häuslich nach Fergal.
Während ich diesen Gedanken nachhing, wurde der Wagenschlag plötzlich aufgerissen, und ich wäre hinausgefallen, hätte ich nicht noch meinen Gurt umgelegt gehabt.
»Hast du vor, die ganze Nacht mit Tagträumen von deinem Ex im Auto zu verbringen, oder kommst du ins Haus?«, wollte James mit eisigem Sarkasmus wissen.
Oje.
Über seine Schulter hinweg sah ich etwas wie einen riesigen, lebendig gewordenen weißen Kaminvorleger über das Geländer springen und in die unbekannte Dunkelheit verschwinden.
»Bess ist wieder mal ausgebüxt, James«, sagte ich mit einem verbindlichen Lächeln.
ROCCO ERSCHÜTTERT DIE KUNSTWELT.
Sun
Sehen wir hier den neuen Renaissancemenschen?
Sunday Times
Das Bild ist vier Fuß im Quadrat groß.
Wenn man zurücktritt, schwimmt sie einem aus grünen Tiefen entgegen.
Tritt man heran, ist sie fort.
Die Dame verschwindet.
Die Galerie ist gut besucht dank der Zeitungen, die endlich eine Verbindung zwischen Fergal Rocco, dem (berüchtigten) Sänger/ Liedtexter, und Rocco, dem Maler, hergestellt haben.
Wenigstens waren die meisten Kunstkritiker freundlich. Die Galerie verkauft meine Arbeiten bereits, seit ich das Royal College of Art verlassen habe, ohne viel Aufhebens darum zu machen, sodass es jetzt wenigstens nicht heißt: »Rocksänger glaubt, er könne malen«. Das hätte mich auch echt angekotzt.
Es gibt zwei Dinge, mit denen es mir ernst ist: meine Malerei und meine Musik.
Es waren einmal drei…
»Ach, Fergal, du bist so klug«, seufzt Nerissa und schaut zu mir auf. Ein Gesicht wie eine samtweiche, unschuldige Blüte. »So viele verborgene Talente.«
Sie ist klein, hübsch und gut gebaut, und nach ihrer kurzen erlesenen Liste früherer Eroberungen zu urteilen ist Ruhm bei einem Mann für sie ein mächtiges Aphrodisiakum. Neunzehn und verdorben genug für zwanzig und etwa so entschlossen wie Scarlett O’Hara, zu bekommen, was sie will. Sie hört sich auch genauso an wie Scarlett, wenn sie mich rumkriegen will.
Der liebe Daddy hat ihr immer alles gekauft, was sie haben wollte – bis jetzt. Bei mir wäre er wohl zum ersten Mal ein bisschen bockig geworden, selbst wenn ich käuflich gewesen wäre, was ich aber nicht bin. Ich stehe nur für eine befristete Pacht zur Verfügung. Nerissa ist etwa so alt, wie Tish es war, als ich sie das letzte Mal sah…
Tish.
Kommt wie eine Meerjungfrau aus dem grünen Bild geschwommen; tritt zögernd in die Galerie, wie durch mein Unterbewusstsein herbeigerufen.
Eine Minute lang glaube ich wirklich, sie ist ein Hirngespinst meiner Fantasie, während sie im Eingang verharrt und sich umsieht. Ihre Augen scheinen von der Helligkeit geblendet zu sein, gleiten dann über das Bild, vor dem ich stehe, dann treffen sich unsere Blicke. Es ist, als prallten wir wieder frontal zusammen, wie damals unter dem Baum.
Jemand hinter ihr berührt ihren Ellbogen, um an ihr vorbeizukommen, unterbricht unsere Verbindung, dann macht sie auf dem Absatz kehrt und ist verschwunden.
Ich merke erst, dass ich einen Schritt nach vorn gemacht habe, als Nerissas Gewicht an meinem Arm mich abbremst wie ein Notanker.
»Was ist los? Wo willst du hin?«
Ich merke, dass ich den Atem angehalten hatte, als wollte ich eine längere Strecke tauchend unter Wasser schwimmen. »Nirgends«, seufze ich. »Ich will nirgendwohin.«
Nerissas Blick flackert von dem Mädchen auf dem Bild hinter meinem Rücken zu dem jetzt verwaisten Eingang. Sie wird niemals eine Intelligenzbestie, aber ihre Instinkte sind scharf und zuverlässig.
»Das war sie – das Mädchen auf dem Bild, nicht wahr?«
»Das Mädchen auf dem Bild existiert nicht.«
Die Dame verschwindet. Schon wieder.
Sie war es.
Oh Gott! Welcher Teufel hat mich geritten, Fergals Ausstellung zu besuchen? Und wie hätte ich ahnen sollen, dass er dort sein würde, mehrere Tage nach der Eröffnung?
Es war reine (oder unreine) Neugierde – aber ich hätte ihr bestimmt nicht nachgegeben, wären da nicht, seit er von Fergal wusste, ständig James’ miese, eifersüchtige kleine Bemerkungen gewesen. Er hatte mir sogar einen Bericht über die Ausstellung unter die Nase gerieben; es ist also alles seine Schuld.
Mein Herz geht immer noch wie eine Nähmaschine, obwohl ich wieder zu Hause und in Sicherheit bin, und mein Magen scheint sich in eine heiße Schlangengrube verwandelt zu haben.
Er hat mich ebenfalls gesehen. (Ach, verdammt und zugenäht!) So viele Leute, und in dem Augenblick, in dem ich in der Tür erscheine, teilen sie sich vor uns wie das Rote Meer vor Moses.
Es reichte, Fergal einmal anzusehen, und der Schmerz und die Kränkung sind so frisch, als wäre alles erst gestern geschehen. Und noch etwas anderes, etwas, dessen ich mich schäme: Leidenschaft, denke ich. All diese heißen Schlangen. Sehr biblisch.
Etwas, das ich für James nie empfunden habe.
Als sich unsere Blicke trafen, empfand ich das Gleiche wie beim ersten Mal, als ich aus großer Höhe auf ihn hinabstürzte – bloß dass er es damals genauso empfand, denn das weiß ich.
Dieses Mal erstarrte er sozusagen mit diesem alten Bild hinter sich, das er von mir gemalt hat, sodass ich über seine Schulter hinweg auf mich zuzustürzen schien.
Als träfe man seinen Doppelgänger von Angesicht zu Angesicht. (Allerdings hat er mein Haar aus irgendwelchen Gründen rot gemalt. Aber wenigstens erkennt mich so niemand.)
James geht nur in Kunstgalerien, wenn ich ihn dazu zwinge, und das werde ich bei dieser bestimmt nicht tun.
Der arme alte James, verlässlich wie ein Fels.