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Beschreibung

In "Ein deutsches Milizheer!" wird eine facettenreiche Auseinandersetzung mit der Militarisierung der deutschen Gesellschaft im 19. Jahrhundert angestoßen. Das Werk, trotz seiner anonymen Herkunft, legt einen besonderen Fokus auf die Entwicklung und die sozialen Implikationen von Militärstrukturen in einem sich wandelnden Deutschland. Durch einen analytischen Schreibstil und prägnante Sprache vermittelt der Autor eine historische Analyse, die sowohl informativ als auch überzeugend ist, und plädiert für die Notwendigkeit einer reflektierten Betrachtung der Rolle des Militärs im bürgerlichen Leben. Der Name des Autors bleibt im Schatten, was möglicherweise auf den Wunsch hinweist, das Werk als kollektive Stimme einer Widerstandsbewegung zu präsentieren. Indem der Autor anonym bleibt, ermöglicht er eine unbefangene Diskussion über die gesellschaftlichen Herausforderungen und politischen Umwälzungen seiner Zeit, die Einfluss auf die Entstehung von Nationalbewusstsein und Militarismus hatten. Diese Distanz könnte auch auf eine Besorgnis hinsichtlich der möglichen Repression bei der Darstellung kritisch-historischer Themen hinweisen. Leserinnen und Leser, die sich für Geschichte, Soziologie und die komplexen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Militär interessieren, finden in "Ein deutsches Milizheer!" einen wertvollen Beitrag zur Diskussion um die Identität des deutschen Staates. Dieses Buch regt zum Nachdenken an und bietet essentielle Erkenntnisse für alle, die die Wurzeln der modernen Militärorganisation verstehen wollen.

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Anonym

Ein deutsches Milizheer!

Von der Entstehung bis zur Entwicklung: Eine umfassende Analyse des Milizsystems im deutschen Reich
Veröffentlicht im Good Press Verlag, 2024
EAN 8596547848523

Inhaltsverzeichnis

Cover
Titelblatt
Text

Ein deutsches Milizheer!

Inhaltsverzeichnis
Die Gesammtkosten der deutschen stehenden Heere – Volkswirthschaftliche Nachtheile – Was der orientalische Krieg gekostet – 1663 Millionen jährlich für Soldaten! – Loskauf, Selbstverstümmelung und Auswanderung – Die Gesetzgebung der Hölle – Die drei Systeme der Landesvertheidigung – Das Milizsystem – Was Europa beim Milizsystem erspart – Die vier Artikel der Schweizer Bundesverfassung.

„So lange zwischen Euren adeligen Officieren und den gemeinen Soldaten eine unübersteigliche Kluft besteht, werden jene auf diese keinen heilsamen Einfluß ausüben können, wird der Gamaschendienst und das Exercir-Reglement jede gesunde Luft paralysiren. Ihr werdet nur freie Männer zum Siege führen, oder Ihr werdet die Sieger nicht geführt haben.“

Prinz Friedrich Karl von Preußen,Commandirender des dritten Armee-Corps.

Jeder Gebildete kennt die tiefgewurzelten schweren Gebrechen, welche von den stehenden Heeren unzertrennlich sind. So lange sie bestehen, muß man täglich sie angreifen und auf das Bessere hinweisen. Auch die Gartenlaube darf sich dieser Aufgabe nicht entziehen. Mit Zahlen und Thatsachen wollen wir die tausendfachen Mißstände und Mißbräuche nachweisen.

Schon vor 1854 war der Bestand der stehenden Heere Europa’s 3,705,000 Mann zu Lande, 219,500 Mann auf den Flotten. Von dieser Masse (jetzt etwa 4 Mill.) befindet sich jeweilen nur die kleinere Hälfte im Urlaub. Außerdem sind noch 1,762,000 Milizen und milizartige Truppen in Anschlag zu bringen. Der gesammte Staatsaufwand betrug damals in Europa ungefähr 1815 Mill. Thlr. preuß., sodaß bei einer Bevölkerung von 267 Mill. ungefähr 34 Thlr. auf die Familie kamen. Ziemlich ein Drittel aller Ausgaben, nämlich fast 587 Mill. Thlr., oder fast 11 Thlr. auf die Familie, wurde von den eigentlich militärischen Zwecken verschlungen. Gegenwärtig sind die Gesammtkosten der Land- und Seemacht schon auf 670 Mill. Thlr. angewachsen, wohlverstanden, für den Friedensfuß! Die Rechnung stellt sich aber noch ganz anders, wenn wir die unmittelbaren volkswirthschaftlichen Nachtheile der unproductiven ständigen Bewaffnung in’s Auge fassen. Der schwerste dieser Nachtheile ist das Arbeitsversäumniß der Mannschaft. Rechnet man als Arbeitslohn im kräftigsten Alter blos 10 Sgr. und 300 Arbeitstage, so beträgt (bei 2 Mill. unter dem Gewehr stehender Soldaten und bei 400,000 Pferden) der jährliche Verlust an 240 Mill. Thlr., wozu noch der Arbeitsverlust der Milizen mit ungefähr 6 Mill. Thlr. tritt. In zweiter Linie stehen noch andere Nachtheile, als Einquartierungslasten, Zulagen der Familien an ihre dienenden Angehörigen, Stellvertretungssummen, Selbstausgaben der Milizen, außerordentliche Mobilisirungen im Frieden etc. Die Kosten für alles dergleichen können auf 107 Mill. Thlr. veranschlagt werden. Demnach ergibt sich, mit jenen 670 Mill. zusammen, gegenwärtig ein jährlicher Gesamtaufwand Europa’s für den Krieg im Frieden bis zu der ungeheuren Summe von 1023 Mill. Thlr., oder 19 Thlr. auf die Familie.

Eine ganze Reihe mittelbarer volkswirthschaftlicher Nachtheile läßt sich gar nicht in Zahlen ausbringen, berührt aber gleichfalls die wichtigsten Interessen der Gesellschaft. Dahin gehören: Ungleichheit in der Vertheilung der Militär- und Abgabenlasten, Abdrängung der Industrie auf unnatürliche Bahnen, Verkümmerung des freien Verkehrs unter den Völkern („Freihandel und Militärherrschaft schließen einander gegenseitig aus“), Bedrückung der arbeitenden Classen, Beförderung der Verarmung. So ist denn aus dem Wehrstand ein böser Zehrstand geworden und eine wahre Landplage für den Nähr- und Lehrstand. Würde der Druck der Militärlasten beseitigt und andererseits die Freiheit der Arbeit und des Erwerbs anerkannt, so wäre damit die sociale Frage fast gelöst. Gegenüber den Militärstaaten sind die Schweiz und die Vereinigten Staaten die beredtesten Zeugen; bei stehenden Heeren hätten sie sicherlich nicht die jetzige Stufe ihres Wohlstandes erreicht. Ihnen zunächst steht England, wo wenigstens nur Geworbene dienen.

Blicken wir nun auf die den Truppen selbst erwachsenden Nachtheile, so fällt uns eine erschreckende Menschenverschwendung in die Augen. Die Conscription wirkt verheerender als Pest und Cholera. Ungesunde Lebensweise, Zusammenpfropfung in Casernen, körperliche Überanstrengung und Aufreibung führt häufige Erkrankung herbei und rafft viele Leute fort, besonders die der Einreihung nicht entgangenen Schwächlichen und Untauglichen.

Die Sterblichkeit unter den Soldaten ist sogar im Frieden um die Hälfte größer, oft doppelt so groß, als bei der übrigen Bevölkerung, obgleich sie den eigentlichen Nahrungssorgen entrückt sind und ursprünglich doch meist nur die Kräftigern zum Dienst genommen werden. Im Kriege vollends werden durch Krankheiten weit mehr Soldaten getödtet, als durch feindliche Waffen. Am günstigsten ist das Sterblichkeitsverhältniß noch in Preußen, wegen der kurzen Dienstzeit. Frankreich dagegen verliert im Frieden jährlich etwa zwei Soldaten auf einen Bürgerlichen, und Rußland gar begräbt jedes Jahr 40 bis 50,000 Opfer des bewaffneten Friedens. Nicht selten auch treibt die Verzweiflung den Soldaten zum Selbstmord.