Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Ein Hauch von Freiheit. Dieses unbeschreibliche Lebensgefühl erfasst dich besonders, wenn du eins bist mit den Elementen der Natur. Das gelingt auf dem Motorrad. Jorge Klapproth erfüllt sich einen langehegten Traum und bereist Europa auf zwei Rädern. Die erste Etappe dieser Reise führt von Westdeutschland bis zum nördlichsten Punkt Europas, dem Nordkap in Norwegen. Von dort aus führt der zweite Abschnitt bis zur Südspitze unseres Kontinents, nach Kap Tripiti auf der kleinen griechischen Insel Gavdos. In der dritten Etappe geht es dann an der Adria entlang, über die Alpen wieder bis nach Hause. Eine großartige Tour, die den Autor als Soloreisenden über 13.000 Kilometer und durch 23 Länder in Europa führt. Er berichtet über unzählige Begegnungen, Erlebnisse und wertvolle Erfahrungen in diesem spannenden Motorrad-Reisebericht: Von der Idee über die Planung bis zur Umsetzung - mitten in der weltweiten Pandemie.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 360
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Der Anfang
Die Idee
Erste Planung und Vorbereitung
Alles wird anders
Plan B: Die Deutschlandtour
Neues Glück
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Noch 100 Tage
Etappe 1 – Von Westdeutschland bis zum Nordkap
Deutschland: Von Rurich bis Fehmarn
Über die Ostsee nach Dänemark und Schweden
Nordwärts durch die Wälder von Schweden
Frühstart im Regen
Am Polarkreis bei den Rentieren
Durch die Finnmark in Norwegen
Faszination Nordkap
Etappe 2 - Vom Nordkap bis nach Gavdos
Finnland
RT down in Lettland
Vom Berg der Kreuze bis zur Wolfsschanze
Flucht vor dem Unwetter
Durch die Slowakei und Ungarn in Richtung Karpaten
Siebenbürgen
Die Transalpina
Auf dem Balkan in Serbien und Bulgarien
Alle Engel sind in Griechenland
Ein Umweg, ein Sturz und die Akropolis
Ein heißer Tag in Athen
Wettlauf gegen die Zeit
Kap Tripiti: Am südlichsten Punkt Europas
Etappe 3 - Entlang der Adria und über die Alpen
Zurück nach Piräus
Der Weg nach Meteora
Felsen und Klöster von Meteora
Montenegro und die Bucht von Kotor
Wundervolles Kroatien
Über die Alpen
Das Ende der Tour
Abbildungsverzeichnis
Danke
YouTube
Abb. 1: Jorge Klapproth
Hallo. Ich bin Jorge.
Aha, denkt sich jetzt vielleicht der eine oder andere: „Der Mann ist südamerikanischer Abstammung“.
Er denkt dabei vielleicht an den aus dem Fernsehen bekannten kubanischen und androgynen TV-Juroren einer deutschen Unterhaltungsshow. Nein – im Gegensatz zu meinem Namensvetter liegt mir das Tanzen weniger im Blut. Mein Rufname ist „Jörg“ und ich komme aus Gelsenkirchen. Da bin ich jedenfalls geboren.
In den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts (wie sich das anhört…) ist mein Vater aus der damals jungen DDR geflüchtet und im Ruhrgebiet gelandet. Dort gab es Verwandte. Er wurde Bergmann im seinerzeit wichtigen Steinkohlebergbau. Meine Mutter ist gebürtige Gelsenkirchenerin mit ostpreußischen Wurzeln. Sie lernten sich kennen, heirateten und bekamen drei Kinder: Meine beiden Geschwister, eine ältere Schwester, einen jüngeren Bruder und mich.
Mein Vater wurde später Straßenbauingenieur und wir zogen in die nordrhein-westfälische Landeshauptstadt Düsseldorf. Anfang der 70er Jahre, ich war gerade elf Jahre alt, zog es uns in ein eigenes Heim ins ländlich geprägte Korschenbroich, wo meine Geschwister und ich zur Schule gingen und aufwuchsen.
Damals waren die Hypothekenzinsen, aus heutiger Sicht betrachtet, mit zehn bis zwölf Prozent wahnsinnig hoch. Das machte es jungen Familien fast unmöglich ein Haus zu bauen und zu finanzieren. Und wer es dennoch machte, zumal mit drei heranwachsenden Kindern, hatte es sehr schwer. So erging es auch unserer Familie. Geld war immer knapp.
Das hatte Folgen: Als ich Jugendlicher wurde, hatten meine Schulkameraden alle ein Mofa. Das erste motorisierte Gefährt. Sinnbild schlechthin für die Freiheit eines jungen Menschen, jedenfalls damals. Kreidler, Zündapp, Hercules – Synonyme für Status, Männlichkeit, Unabhängigkeit, Stärke. Sie waren für die Jungs absolut geeignet, den Mädchen zu imponieren. Ich konnte das nicht. Ich hatte kein Mofa und habe auch nie eines bekommen. Mein gebrauchtes Fahrrad musste es bis zur Beendigung meiner Schulzeit tun. Das war schwer – und setzte Sehnsüchte frei.
Wisst ihr, welche Kraft in Sehnsüchten steckt? Es ist eine unbändige Kraft, die dein Denken und Handeln bestimmt.
„Eines Tages werde ich ein Motorrad besitzen, ein richtiges Motorrad. Ein großes Motorrad. Das schwöre ich!“
Doch bis dahin war noch ein weiter Weg. Aus den Mofas meiner Freunde mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 25 Stundenkilometer wurden im Laufe der Zeit Mokicks, also sogenannte „offene Kleinkrafträder“, mit 50 Kubikzentimetern Hubraum, maximal 6,25 PS und einer Höchstgeschwindigkeit von 85 Stundenkilometern. Ich war nicht dabei.
Um die Aufmerksamkeit der Mädchen zu erlangen, entdeckte ich eine andere „Spielwiese“ als die des jugendlichen motorisierten Imponiergehabes: Die Musik.
Ich holte die Gitarre, die ich zu meinem zehnten Geburtstag von meinen Eltern geschenkt bekommen hatte, hinter dem Schrank hervor und fing an zu üben. Schnell merkte ich, dass meine Gitarren- und Gesangskünste auf Feten und bei kleinen Veranstaltungen der DLRG, bei der ich damals Mitglied war und zum Rettungsschwimmer ausgebildet wurde, gut ankamen. Vor allem bei Mädchen, das war gut. Ich baute im Laufe der Jahre meine musikalischen Aktivitäten aus, schloss mich Bands an und gründete eigene. Die Musik hat mich bis heute nicht losgelassen und ist ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens. Doch das ist eine andere Geschichte. Zurück zum Motorrad.
Als ich 19 war, stand der Erwerb des Führerscheins an. Ich hatte lange das Geld gespart, dass ich durch Sommer- und Nebenjobs mit Zeitungsaustragen und als Bauhelfer verdient hatte. Nach dem Abschluss meiner Schulausbildung nahm ich eine Berufsausbildung zum Radio- und Fernsehtechniker auf. Im ersten Lehrjahr verdiente ich 280 D-Mark. Davon konnte ich auch etwas für den Führerschein abknapsen.
Dann, eines Tages, war meine große Stunde gekommen: Ohne das Wissen meiner Eltern meldete ich mich nicht nur zum Pkw-Führerschein, sondern auch für den „großen“ Motorradführerschein an. Meine Eltern waren wenig begeistert, um es vorsichtig auszudrücken.
Ich setzte mich durch, weil ich wusste: „Wenn du den Motorradführerschein jetzt nicht machst, macht du ihn vielleicht nie! Auch, wenn du dir noch kein eigenes Motorrad leisten kannst: Zieh es durch!“ Das war der Anfang meiner „Karriere“ als Motorradfahrer.
Doch bis zur eigenen Maschine sollte es noch dauern. Genauer gesagt: Noch weitere elf Jahre. Zunächst hatte mich das Virus „Musik“ nachhaltig gepackt und alle Stationen meines weiteren Lebens begleitet: Abschluss der Berufsausbildung, Eintritt in die Bundeswehr, Heirat, Umzug nach München und Aufnahme des Studiums der Nachrichtentechnik. Immer spielte ich in Bands, an ein Motorrad dachte ich zu dieser Zeit nicht. Dann, eines Tages, war es aber so weit: Die Gelegenheit zuzuschlagen bot sich durch einen Kommilitonen während des Studiums in München. 1990 war es. Das weiß ich noch genau. Es war nämlich im Juni des Jahres, wenige Tage nach der Geburt unserer ersten Tochter. Das Kind war gerade da, Mutter und Tochter waren wohlauf und noch im sogenannten Wochenbett im Krankenhaus.
Viele Motorradfahrer geben das Hobby wegen der Gründung einer Familie und häufig mit der Geburt eines Kindes auf. Bei mir war es genau umgekehrt. Besagter Kommilitone schenkte mir sein Motorrad, weil er nicht mehr fahren wollte. Den Grund habe ich vergessen. Aber wie sollte ich da Nein sagen? Ich nahm das Geschenk an und „überraschte“ meine Frau mit der „guten“ Nachricht.
„Hallo Schatz, wie geht es dir und dem Kind? Übrigens, ich habe ein Motorrad geschenkt bekommen.“ So oder so ähnlich lief das damals. Die Freude über unsere Tochter überwog wohl, an besonderen Ärger kann ich mich nicht erinnern. Das habe ich aber nicht jedes Mal so gemacht. Bei der Geburt unserer zweiten Tochter gab es jedenfalls kein weiteres Motorrad. Ich hatte mein erstes Motorrad! Es war eine metallicbraune Yamaha RD 250.
Abb. 2: Yamaha RD 250
Ein luftgekühlter Zweitakter mit 250 Kubikzentimetern Hubraum und 30 PS Leistung. Diese Maschine habe ich heute noch. Allerdings nicht fahrbereit. Motor und Getriebe haben irgendwann ihren Geist aufgegeben und ich bin dann auf eine Kawasaki GPZ 500 mit 50 PS umgestiegen. Sie war ein vollverkleideter Sporttourer, der auch nach einigen Jahren der treuen Begleitung wegen Motorschadens aufgeben musste und dann in Einzelteilen verkauft wurde.
Ein schönes Motorrad, das mir viel Freude bereitet hat und für mich verdammt gut aussah. Diese beiden Maschinen bin ich recht lange gefahren. Sie haben sowohl die Geburt meiner zweiten Tochter als auch das Ende meiner damaligen Ehe gesehen. Doch in jedem Neuanfang, so sagt man, steckt auch ein Zauber inne. Das gilt für die Beziehung zu Menschen, zur Berufung, wie auch zu Dingen. Manchmal muss man etwas verändern.
In dieser Phase meines Lebens hat sich viel verändert: Neue Beziehung, Berufswechsel, neues Motorrad.
Abb. 3: Kawasaki GPZ 500
Sporttourer im Allgemeinen und Vollverkleidung im Besonderen haben es mir immer schon angetan. So war folgerichtig mein nächstes Motorrad ein Sprung in die nächsthöhere Tourerklasse. Es wurde eine gebrauchte BMW R 1100 RS mit 90 PS. Dieses Gefährt ist mir lange Jahre treu geblieben. Im Alltag und auf kleinen und mittleren Touren hat es mich stets zuverlässig begleitet. Doch eines durfte es nie: Auf eine große Tour!
Lange schon hegte ich den Traum einer großen Tour mit dem Motorrad. Ich träumte von einer Reise durch die Taiga in Sibirien oder durch Afrika von der Nord- bis zur Südspitze. Wie war das mit Sehnsüchten?
Dieser Traum hat mich lange verfolgt. Ich weiß nicht, wie viele Jahre, aber lange. Irgendwann würde ich ausbrechen. Ich würde mir die Zeit nehmen und eine lange Reise machen. Doch wann würde dieser Zeitpunkt gekommen sein? Und wohin sollte es gehen? Es ist interessant: Wenn man einmal eine Idee im Hinterkopf hat, so lässt einen diese Idee nicht mehr los. So lange, bis man sie entweder verworfen oder umgesetzt hat. Jedenfalls habe ich mich immer öfter dabei ertappt, dass ich auf YouTube Motorradreisefilme von Langzeitreisenden gesehen habe.
Abb. 4: BMW R 1100 RS
Es ist schon verrückt.
Das hat meinen Wunsch nach einer eigenen Reise noch einmal verstärkt. Irgendwann schien der richtige Zeitpunkt gekommen zu sein und ich wagte einen Vorstoß…
„Du, Schatz, du weißt doch, dass ich immer schon eine lange Reise mit dem Motorrad machen wollte?“
„Ja, klar.“
„Ich möchte das machen, bevor ich zu alt dafür bin. Wer weiß, ob ich später noch Zeit, Lust oder Kraft dafür habe. Jetzt scheint mir der richtige Zeitpunkt dafür gekommen…ich möchte nicht damit warten, bis ich im Ruhestand bin…wer weiß, was bis dahin passiert…“
„Das verstehe ich. Was schwebt dir denn vor?“
„Keine Ahnung – ich könnte mir vorstellen von der Nordspitze Europas bis zur Südspitze zu fahren.“
„Hört sich interessant an. Wie weit ist das?“
„Das muss ich noch recherchieren…“
„Wann willst du los?“
„Du wärest damit einverstanden?“
„Natürlich – ich weiß doch, wie lange Dich dieser Gedanke schon beschäftigt. Mach das!“
Abb. 5: Ruth mit ihrer "Biene"
Mir fällt ein Stein vom Herzen. Die erste Hürde ist überwunden. Denn ohne die Unterstützung des Partners lässt sich so ein Projekt nicht umsetzen. Meine Frau, Ruth, ist selbst lange Motorrad gefahren und hat es aus gesundheitlichen Gründen erst kürzlich aufgegeben.
Wir haben viele schöne Touren gemeinsam unternommen. Mit mir wollte sie als Sozia jedoch nie mitfahren. „Das ist nichts für mich.“ Also hatte sie beschlossen einen eigenen Motorradführerschein zu machen und selbst zu fahren. Gesagt – getan.
Wir kauften ihr eine gebrauchte BMW F 650 ST, eine knallrote Enduro, in die Ruth sich unsterblich verliebt hatte.
Diese Einzylinder-Maschine hatte 48 PS, die dem 189 Kilogramm leichten Gerät einen ungeheuren Schub verliehen. Es hat richtig Spaß gemacht, damit zu fahren. BMW nannte dieses Motorrad auch „Funduro“. Damit machte Ruth ihren Führerschein. Von da an fuhren wir gemeinsam.
Ich gebe ihr einen Kuss und stürme in mein heimisches Arbeitszimmer, um mich an die Planung zu machen.
Tausend Fragen gehen mir durch den Kopf: „Wo sind eigentlich die Nordspitze und der südlichste Punkt Europas? Wieviel Kilometer hat Europa vom nördlichen bis zum südlichen Ende? Wie lange wird so eine Reise dauern? Wie komme ich mit meinem Motorrad zum Startpunkt im Norden und wie wieder zurück vom Süden? Was kostet so eine Reise? Soll ich allein reisen oder mit Kumpels? Wann ist die beste Reisezeit? Wieviel Länder werden durchquert? Wieviel Vorlauf benötige ich für die Planung?“
Ich bin völlig aufgeregt. Diese und viele weitere Fragen beschäftigen mich in den nächsten Tagen. Es ist Herbst und damit ist völlig klar, dass die Reise erst im kommenden Jahr stattfinden würde. Eher im Sommer als im Frühjahr oder als im nächsten Herbst. Neben meinem Beruf als selbständiger Krisenmanagement- und Kommunikationsberater, bestimmt auch weiterhin die Musik mein Leben.
Mit unserer Band different image project stehen wir kurz vor den Aufnahmen zu unserem neuen Album „Freedom“, dass dann im Frühjahr veröffentlicht werden soll. Erst danach könnte die Reise losgehen. Also bleibt mir von nun an noch ein dreiviertel Jahr für Planung und Vorbereitung der Motorradreise.
Ich finde schnell heraus, dass der nördlichste befahrbare Punkt Europas das Nordkap in Norwegen ist. Beim südlichsten Punkt ist es schon etwas schwieriger: Gilt der politische südlichste Punkt? Das würde bedeuten, dass die spanischen Kanareninseln den Punkt markieren.
Soll ich den südlichsten Festlandpunkt Europas wählen? Das wäre dann die spanische Stadt Tarifa in Andalusien.
Oder entscheide ich mich für den südlichsten Punkt Kontinentaleuropas? Dann ist das Kap Tripiti auf der kleinen griechischen Insel Gavdos, noch südlich von Kreta, das Ziel. Das finde ich schlüssig. Das gefällt mir. Dafür werde ich mich entscheiden.
5.800 Kilometer. So weit ist es vom Nordkap bis zum Kap Tripiti auf der Insel Gavdos. Einmal in der Längsachse komplett durch Europa. Das hört sich großartig an und klingt aufregend. Das will ich machen.
Doch, wie komme ich zum Startpunkt der Reise?
Fährt eine Fähre bis dahin?
Ich bemühe das Internet und recherchiere die Möglichkeiten bis ans Nordkap zu kommen. Es gibt eine Menge Berichte über das Nordkap als Sehnsuchtsort vieler Motorradfahrer.
Nein. Eine Fähre geht da nicht hin. Schnell wird klar: Ich werde mit dem Motorrad bis zum Nordkap fahren. Und damit bildet sich langsam die gesamte Strecke heraus. Vom heimischen Nordrhein-Westfalen bis zum Nordkap. Das ist die erste Etappe.
Die zweite Etappe führt mich dann vom Nordkap bis zur Südspitze Europas auf die kleine griechische Insel Gavdos. Und die dritte Etappe bringt mich dann an der Adria entlang, über die Alpen wieder bis nach Hause. Eine Wahnsinnstour! Auf der Europakarte zeichnet sich ein Dreieck ab.
Wieviel Zeit muss man nun für so eine Reise veranschlagen?
Das hängt von der genauen Streckenführung ab. Schneller geht es sicherlich, wenn ich Autobahnen benutze. Doch das schließe ich von vornherein aus. Ich entscheide mich, den überwiegenden Teil der Strecke über Landstraße zu fahren. Denn ich will ja auch etwas von der Landschaft sehen und nicht durch Europa rasen.
Für einen ersten Überblick befrage ich Google. Es kommt dabei heraus, dass die gesamte Strecke inklusive Fährüberfahrten etwa 13.000 Kilometer betragen wird. Das ist eine Menge.
Wie lange werde ich für diese Strecke brauchen? Wieviel Zeit kann ich maximal aufbringen? Schließlich ist allein schon aus beruflichen Gründen das Zeitkontingent nicht unerschöpflich.
Ich fasse einen Entschluss: Ich werde mich einen Monat frei machen. Einen Monat! Ein Glücksgefühl durchströmt meinen Körper bei diesem Gedanken. Die Freiheit auf zwei Rädern! Wow! Ich habe also 30 Tage Zeit. Nun bemühe ich meinen Taschenrechner: 13.000 Kilometer geteilt durch 30 Tage ergibt 433,33 Tageskilometer. Das wäre die durchschnittliche Tagesleistung mit dem Motorrad. Anspruchsvoll, aber machbar, finde ich. Wenn ich nun die Strecken innerhalb Deutschlands doch auf der Autobahn zurücklege, kann ich noch Zeit gewinnen. So kann ich die Tagesleistung auf etwa 400 Kilometer zu drücken.
In den nächsten Tagen und Wochen mache ich mich dann ans Feintuning. Ich besorge mir Straßenkarten vom ADAC für die gesamte Strecke. Dann bilde ich etwa 400-Kilometer-Tagesabschnitte auf den Karten. Nun habe ich einen ungefähren Überblick über die Reiseabschnitte. An finanziellen Mitteln plane ich etwa 100 Euro am Tag. Das muss reichen für Benzin, Übernachtung, Verpflegung, Kultur und Sonstiges.
Damit habe ich auch diesen Rahmen festgesteckt. Um Kosten zu sparen, entscheide ich mich ein Zelt mitzunehmen. Und wo immer es geht und erlaubt ist, möchte ich Wildcampen. Das geht vor allem in Skandinavien. Denn dort gilt das Jedermannsrecht und das Wildcampen ist erlaubt. In Ländern, wo das nicht erlaubt ist, möchte ich überwiegend auf Campingplätzen übernachten. Apropos Länder. Durch wieviel Staaten führt mich eigentlich diese Reise? Ich zähle nach.
Es sind insgesamt 23:
Deutschland,
Dänemark,
Schweden,
Norwegen,
Finnland,
Estland,
Lettland,
Litauen,
Polen,
Slowakei,
Ungarn,
Rumänien,
Serbien,
Bulgarien,
Nordmazedonien,
Griechenland,
Albanien,
Montenegro,
Bosnien & Herzegowina,
Kroatien,
Slowenien,
Italien,
Österreich.
Nicht alle davon sind Mitglieder der Europäischen Union. Das erfordert noch einmal besondere Überlegungen zum Beispiel hinsichtlich der Nutzung des Smartphones. Denn wenn ich durch diese Länder ohne längeren Aufenthalt nur durchfahre, lohnt sich die Anschaffung einer länderspezifischen SimCard nicht. Andererseits gilt in diesen Ländern der geregelte EU-Roamingtarif nicht und würde vermutlich horrende Telefonkosten mit sich bringen. Dann werde ich wohl in den Nicht-EU-Ländern das Telefon auf Flugmodus schalten müssen…
Puh, 23 Länder und 13.000 Kilometer in 30 Tagen – das ist eine Menge Holz! Nehme ich mir da nicht etwas zu viel vor? Wie lange muss ich täglich auf dem Bock sitzen? Kann ich den körperlichen Herausforderungen gerecht werden?
Ok – sortieren wir das mal ein wenig: Nehmen wir einmal eine Landstraßendurchschnittsgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern an. Dann würde ich für 400 Kilometer Strecke als reine Fahrzeit Netto acht Stunden auf dem Motorrad sitzen. Grob eingeteilt sind das vier Stunden am Vormittag und vier am Nachmittag. Wenn ich nun zwei Stunden Pausen einrechne, so komme ich auf etwa zehn Stunden Fahrzeit am Tag.
Wenn ich also um acht Uhr morgens losfahre, bin ich bis 18:00 Uhr täglich unterwegs. Dann bleiben mir für die Selbstorganisation vor Ort und Übernachtung noch 14 Stunden theoretisch über. Das sollte reichen und könnte im Bedarfsfall sogar noch verkürzt werden. Irgendwie erscheint mir das machbar…
Bleibt die Frage, ob ich täglich acht bis zehn Stunden auf der „Mühle“ sitzen kann, ohne dass mir das Kreuz bricht und ohne, dass ich Knie- oder Kopfschmerzen bekomme. Ich habe schon öfter einen ganzen Tag auf dem Motorrad gesessen – auch drei oder vier Tage hintereinander. Aber 30 Tage? Diese Erfahrung fehlt mir bisher noch. Ich schätze, dass kann ich nur durch „es wagen und ausprobieren“ feststellen.
Die allgemeine körperliche Fitness sollte bis dahin aber noch auf Vordermann gebracht werden…
YouTube Channel “Falcon Rey”:
Vorbereitung auf eine Motorradtour
Bleibt noch die Ausrüstungsfrage: Was nimmt man eigentlich auf so eine Tour mit? Welche Zeltausrüstung braucht man? Was das Zelten angeht, bin ich absoluter Laie. Ich stelle mir vor, wenn ich abends müde „vom Bock falle“ und es vielleicht auch noch regnet und allgemein schlechtes Wetter ist, ich vielleicht keine Lust haben werde, mit Zeltstangen zu jonglieren und eine halbe Stunde mit dem Zeltaufbau zu verbringen. Das muss schneller gehen. Und in der Tat, ich werde im Internet fündig: Es gibt so etwas, wie Schnellaufbauzelte, in denen das Gestänge bereits vormontiert ist und nach dem Regenschirmprinzip aufgespannt werden. Das soll dann angeblich in einer Minute erledigt sein.
Das klingt verheißungsvoll! Ich checke das Marktangebot und entscheide mich für ein günstiges, aber wasserdichtes 2-Mann-Spannzelt in dunkler Farbe. Es hat noch ein Innenzelt, dass das nächtliche Kondenswasser nicht in den Innenraum tropfen lässt. Für die Version als 2-Mann-Zelt entscheide ich mich, damit ich mein Reisegepäck, dass ich nicht in der Nacht am Motorrad lassen möchte, gut verstauen kann.
Die dunkle Außenfarbe scheint mir beim Wildcampen wichtig, damit ich nicht sofort im Dickicht gesehen werden kann.
Da ich am Nordkap im Sommer nachts mit Temperaturen knapp über dem Gefrierpunkt rechne, bestelle ich mir das Zelt jetzt vor der Winterzeit, damit ich es bei niedrigen Temperaturen im Garten auch ausprobieren kann. Gleiches gilt für die Unterlage, auf der ich dann mein sicherlich müdes Haupt für die Nacht niederzulegen gedenke. Hier entscheide ich mich für eine Isomatte, die sich zum Teil selbst aufbläst und durch das Luftpolster einen sehr guten Isolationsschutz vom kalten Boden und etwas Komfort bietet. Als Schlafsack reicht mir mein alter Jugendschlafsack, der laut Aufdruck auf der Packtülle bis zum Gefrierpunkt warmhalten soll. Da er einen Reißverschluss hat, kann ich ihn in wärmeren Gefilden Südeuropas dann als Decke benutzen, bevor ich innen drin vor Hitze koche.
Abb. 6: Testzelten im Garten
Ich kann es kaum erwarten, bis mich die Grundausrüstung per Lieferdienst erreicht und ich alles einem ersten Test unterziehen kann. Zwischenzeitlich recherchiere ich weiter, was alles zur Vorbereitung auf eine längere Motorradreise gehört. Dazu gehören Antworten auf die Fragen nach notwendigen Dokumenten, Zahlungsmitteln, Campingausstattung, Klamottenwahl für mehrere Klimazonen, Kameratechnik und Stromversorgung am Motorrad. Ebenso Verkehrsbestimmungen in den einzelnen Ländern, durch die mich meine Reise führen soll und nicht zuletzt ein konkretes Datum für den Beginn des Abenteuers.
Für die Frage nach der geeigneten Reisezeit lasse ich mich von folgendem Gedankengang leiten: Im kalten Norden von Europa ist es sicherlich im August, dem allgemein wärmsten Monat des Jahres, am angenehmsten, was die Temperaturen angeht. Für das Nordkap besagt eine Klimatabelle im August Tagestemperaturen zwischen sieben und fünfzehn Grad Celsius und Nachttemperaturen zwischen drei und fünf Grad. Allerdings ist es in Südgriechenland im August auch am heißesten mit Tagesdurchschnittstemperaturen von manchmal über 35 Grad Celsius.
Ich entscheide mich daher für den Juli, mit vor allem in Südeuropa etwas gemäßigteren Temperaturen. Die Vorplanungen für diese Tour sind schon sehr aufregend. Wie wird wohl die Reise selbst sein?
Wenige Tage nach der ersten Bestellung meiner Ausrüstung halte ich das Zelt und die Isomatte in den Händen. Es ist in dieser Jahreszeit bereits kalt draußen. Die Nachttemperaturen entsprechen jetzt im Spätherbst denen, wie ich sie im Sommer am Nordkap erwarte: Drei bis fünf Grad Celsius. Der perfekte Zeitpunkt, um meine Ausrüstung auszuprobieren. Ich verabschiede mich für eine Nacht von Ruth und ziehe um – in den Garten.
Das ist schon abenteuerlich. Da ich das Campen nicht gewohnt bin, dauert es eine Weile, bis ich mich im Zelt sortiert habe. Die Nacht beginnt und mit ihr kommen auch Regen und leichter Wind. Prima – das will ja auch getestet werden. Das Einschlafen fällt mir schwer. Es ist zu viel Neues, das mich beschäftigt. Außerdem höre ich von der Straße und aus der Nachbarschaft viele ungewohnte Geräusche. Der Regen prasselt auf das Zelt, der Wind zupft an den Seitenwänden und im Schlafsack ist es mir zu eng. Um es kurz zu machen: Ich schlafe schlecht in dieser Nacht – aber das Zelt hält dicht und der Schlafsack einigermaßen warm. Kein Tropfen Regen hat sich in das Innere verirrt. Mit dem ersten Morgengrauen quäle ich mich aus der ungewohnten Behausung, strecke mich ein wenig und schleiche mich ins warme Haus. Der erste Test ist gemacht.
Ok – Zelt ist dicht und ich habe die Nacht überlebt. Doch leise Zweifel kommen in mir auf: Will ich das mit dem Zelten wirklich durchziehen?
Ich gebe mir noch ein paar Tage Bedenkzeit.
Ruth und meine engere Verwandtschaft unterstützen die Reisepläne und schenken mir zum Weihnachtsfest viele nützliche Kleinigkeiten: Von der Taschenlampe, über ein Reifenreparaturset bis zum aufblasbaren Kopfkissen. Ich bin ganz heiß – eigentlich möchte ich jetzt schon los. Die ruhige Zeit „zwischen den Jahren“ nutze ich, um mich mit Filmen und Reiseberichten anderer Motorradreisender auf mein eigenes Abenteuer vorzubereiten. Ich kann es kaum erwarten, bis es losgeht. Mein Denken wird in dieser Phase ziemlich stark von dem großen Vorhaben bestimmt. Doch mit dem Jahreswechsel kommt auch der Alltag wieder und die große Tour gerät etwas in den Hintergrund. Die Wochen gehen ins Land.
Und plötzlich ist alles anders! Im weit entfernten China treten zum Jahreswechsel erste Fälle einer neuartigen Krankheit auf. Sie ist hochansteckend und greift immer weiter um sich. Erste Fälle treten Ende Januar auch in Europa auf. Ein Virus wütet bald weltweit und wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als COVID-19-Virus bezeichnet. Am 11. März erklärt die WHO offiziell den Ausbruch einer Pandemie von internationaler Tragweite. Europa ist schwer betroffen. Immer mehr Länder machen ihre Grenzen dicht. Der freie Personen- und Warenverkehr wird massiv eingeschränkt. Und damit auch die Reisefreiheit! Das bedeutet für mich und meine Reisepläne: Schluss – Aus – Vorbei! Die geplante Europareise kann nicht stattfinden! Was für ein Schlag ins Gesicht.
Neben dem Entsetzen und die Sorge um die Gesundheit der eigenen Familie treten wirtschaftliche Sorgen. Die deutschen Regierungen von Bund und Ländern verhängen Kontakt- und Ausgangssperren. Das hat es in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg nicht mehr gegeben. Die Wirtschaft wird massiv heruntergefahren, Deutschland befindet sich im zweiten Quartal des Jahres im Lockdown. Alle Räder stehen für eine kurze Zeit still. Auch Reisen innerhalb Deutschlands sind zunächst nicht möglich, da es zu Einschränkungen bei Übernachtungen wegen eines Beherbergungsverbots kommt.
Das regeln die Bundesländer unterschiedlich. Die meisten Campingplätze sind dicht.
Ich finde mich mit der Situation ab. An eine unbeschwerte Reise ist unter diesen Umständen sowieso nicht mehr zu denken. Doch dann verändert sich die Lage wieder. Die strikten Maßnahmen des zweiten Quartals zeigen nach und nach Wirkung.1
Die Ansteckungszahlen gehen mit den wärmeren Temperaturen zum nahenden Sommer leicht zurück. Da der Lockdown für die gesamte Republik nicht auf Dauer aufrechterhalten werden kann, beschließen Bund und Länder Reiseerleichterungen, um den Deutschen Urlaub, vorzugsweise im eigenen Land, ermöglichen zu können. Die Beherbergungsstätten bekommen strenge Auflagen zur Wiedereröffnung des Betriebes. Ein Lichtblick tut sich auf.
Soll ich auf einen Plan B umsteigen? Wie könnte der aussehen?
Warum nicht eine Alternative zur Europareise suchen und umsetzen? Alle sprechen derzeit von Urlaub in Deutschland. Wie wäre es, wenn ich die erarbeiteten Reisepläne für die große Europareise in diesem Jahr für eine Deutschlandreise umsetzte und sozusagen einen „Testlauf“ der Motorradreise innerhalb der Grenzen Deutschlands absolviere? Das hätte doch was. Die Vorteile lägen auf der Hand: Ich könnte das Equipment testen und Räume, Strecken und Fahrzeiten ausprobieren. Zudem müsste ich nicht ganz von meinen Reiseplänen lassen.
Ja – das mache ich! Eine Testreise.
Abb. 7: Umrundung von Deutschland
Ich stimme mich mit Ruth ab, verkürze meine Reisedauer auf zehn bis zwölf Tage und lege die bisherige Planung auf die neue Reisestrecke um. Das passt genau.
Ich entscheide mich für eine Deutschlandumrundung. Einmal an den Grenzen entlang. Rundherum. Das sind über 4.000 Kilometer und entspricht in etwa der geplanten Tageskilometerleistung für die Europatour.
Auch das Zelt möchte ich mitnehmen und ausgiebig testen. Denn mit dieser Frage habe ich noch nicht abgeschlossen. Bin ich etwa zu alt fürs Zelten? Nein. Das kann nicht sein. „Man ist immer so alt, wie man sich fühlt“, kommt mir in den Sinn. Zelten soll ein wesentlicher Teil des Motorradabenteuers werden – nicht nur aus Kostengründen. Ich entscheide mich, während der ganzen Reise zu zelten. Danach weiß ich bestimmt, ob es eine gute Idee ist auf der Europa-Tour, die sicherlich noch stattfinden wird, im Zelt zu übernachten. In Deutschland ist Wildzelten nicht erlaubt, deshalb kommen für mich nur Campingplatzaufenthalte in Frage. Notgedrungen muss ich wegen der Corona-Einschränkungen die Tour für die Übernachtungsmöglichkeiten vorplanen.
Das deckt sich nicht unbedingt mit dem Freiheitsgefühl einer Motorradreise, denn gerne würde ich fahren, soweit und solange wie ich dazu täglich dazu Lust verspüre. Doch in dieser schwierigen Zeit bleibt mir nichts anderes übrig, als die Strecke in Tagesabschnitte einzuteilen und mit festen Übernachtungszielpunkten durchzutakten. Die spannende Frage ist nun:
Wie halten es die verschiedenen Bundesländer mit Beherbergungsmöglichkeiten? Meine Abfragen bei den in Frage kommenden Campingplätzen ergeben unterschiedliche Ergebnisse in den verschiedenen Bundesländern. Einige nehmen keine Campinggäste nur für eine Nacht auf, andere nehmen keine Campinggäste aus anderen Bundesländern auf, wieder andere nehmen keine Motorradfahrer auf. Die Bestimmungen sind höchst unterschiedlich. In einigen Ländern darf auf Campingplätzen zum Beispiel nicht gezeltet werden, aber die Anreise mit einem Wohnmobil ist erlaubt. Es dauert eine ganze Weile, bis ich Strecken und Übernachtungsmöglichkeiten koordiniert habe.
YouTube Channel “Falcon Rey”:
Die Deutschlandtour
Nachdem diese Hürden überwunden sind, mache ich die Maschine reiseklar und freue mich auf den Juli – denn dann geht es los. Doch vorher gebe ich meinem Mopped einen eigenen Namen. Den hatte es bisher nicht. Ich finde, es wird Zeit dafür. Es soll ein Name sein, der eine Bedeutung hat. Die Agilität eines Sporttourers sollte genauso enthalten sein, wie das Gefühl von Aufbruch und Entdeckung neuer Territorien.
Nach langer Überlegung entscheide ich mich für eine Namenskombination: Falcon Rey.
Der Falke steht für die Agilität und den Sturmdrang eines sportlichen Ansatzes. Der Namensteil „Rey“ ist eine Entlehnung aus der berühmten „Star Wars“-Filmreihe, in der die kämpferische „Rey“ für das Gute steht und für den Aufbruch in neue Welten. Ich finde, das passt. Denn von nun an möchte ich mit Falcon Rey die Welt erkunden.
Die Zeit geht jetzt rasch um. Die Corona-Bestimmungen führen nicht zu einer weiteren Änderung. Ich trete die Reise deshalb wie geplant an. Dann, Anfang Juli, bin ich endlich auf Tour! Wenn auch etwas anders als ursprünglich gedacht. Doch, wie sagt man so schön: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben und ich freue mich wahnsinnig nun unterwegs zu sein.
Mein Kumpel Thomas lässt es sich nicht nehmen, mich mit seiner BMW K 1200 LT auf der ersten Tagesetappe in Richtung Süden bis zum Pfälzer Wald zu begleiten. Das freut mich sehr. Der Rest der Reise wird eine Solo-Tour, wie ich sie auch für den Europa-Trip geplant habe. Wir starten bei guten Wetterbedingungen. Sobald wir rollen, stellt sich bei mir ein Grundgefühl von Freiheit ein. Jetzt geht es endlich los.
Abb. 8: Falcon Rey
Die Reise führt uns gegen den Uhrzeigersinn zunächst durch die Eifel entlang der niederländischen und belgischen Grenze nach Süden. Im wunderschönen Trier machen wir Rast und erhalten eine Führung durch den historischen Stadtkern mit Römerstätten, der berühmten Porta Nigra und dem Geburtshaus von Karl Marx. Nach einer Stärkung zieht es uns weiter südwärts, diesmal an der französischen Grenze entlang bis zu den Ausläufern der Vogesen.
In der Pfalz bauen wir unsere Zelte auf einem schönen Campingplatz für die Nacht auf und verbringen bei Pfälzer Zwiebelkuchen und Bier einen schönen Abend. 2
Abb. 9: Gegen den Uhrzeigersinn nach Süden
Dann ist es so weit: Die erste Nacht auf der Tour im Zelt! Ich erinnere mich noch gut an das Zeltexperiment im heimischen Garten. Es waren fünf Grad Celsius und ziemlich usselig. Heute haben wir es angenehm warm und deshalb freue ich mich auf die Nacht.
Am nächsten Morgen wache ich ausgeruht auf. Knochen und Glieder sind nicht übermäßig steif. Die erste Nacht habe ich gut überstanden.
Mal sehen, wie es mir nach einigen Tagen geht.
Nach dem Frühstück verabschiede ich mich von Thomas und mache mich mit Falcon auf in Richtung Schwarzwald. Heute steht ein Besuch bei meinem Bruder und seiner Familie südlich von Freiburg, kurz vor der Schweizer Grenze, auf dem Programm.
Die Fahrt durch den Schwarzwald von Nord nach Süd ist fantastisch. 150 Kilometer reinstes Vergnügen. Das Wetter spielt mit und ich vermisse nichts. Ich übernachte bei meinem Bruder. Es ist die einzige Übernachtung in einer festen Behausung auf dieser Reise. Wir verbringen einen tollen Abend im Kreis der Familie mit Grillen und viel Quatschen.
Morgens geht es weiter an der Schweizer Grenze entlang nach Osten. Es regnet. Ich ziehe meine Regenkleidung an und lasse mich durch das Navi in Richtung Bodensee leiten. Zunächst fahren Falcon und ich noch einige Zeit durch den Hochschwarzwald auf kleinen Straßen und Wegen. Uns begegnen kaum weitere Fahrzeuge. Die Waldgebiete riechen durch den Regen herrlich intensiv. Ich kann meine Glückshormone, trotz Regen, kaum bändigen. Bevor ich den Bodensee erreiche, ist ein Besuch am berühmten Rheinfall von Schaffhausen Pflichtprogramm. Da wollte ich immer schon einmal hin.
Deshalb machen wir einen Abstecher in die Schweiz. Der Grenzübergang gestaltet sich unproblematisch: Es gibt keine Grenzkontrollen. Super – für Motorräder ist der Parkplatz am Rheinfall kostenfrei. Die Sonne zeigt sich und die Temperaturen sind sehr angenehm mit 20 Grad Celsius.
Hier herrscht allerdings großer Publikumsandrang.
Das ist nichts für mich. Ich werfe ein bis zwei Blicke auf die herabstürzenden Wassermassen von Vater Rhein, finde es schön und schwinge mich wieder auf mein Mopped. Ab in Richtung Konstanz. Hier überquere ich die Grenze nach Deutschland zurück. Der Grenzposten ist nicht besetzt. Alles easy. 3
Abb. 10: Über Konstanz am Bodensee bis Friedrichshafen
Nach einem Mittagessen auf dem Marktplatz von Konstanz, geht es mit der Fähre über den Bodensee in Richtung Friedrichshafen. Mein Tagesziel ist ein schöner Campingplatz direkt am See. Da der Platz vorgebucht ist, stellt das Einchecken keine Hürde dar. Den Abend verbringe ich mit den Schwänen am Bodensee. Das Wetter ist traumhaft. Herrlich.
Abb. 11: Am Alpenrand in Oberbayern
Am Morgen breche ich weiter nach Osten auf. Heute erwarten mich mehrere Highlights: Das erste Zwischenziel ist wie ein Sprung in die eigene Vergangenheit. Immer schon wollte ich noch einmal die Ausbildungsstätten der Bundeswehr besuchen, an denen ich als junger Offizieranwärter zum Einzelkämpfer und Fallschirmspringer ausgebildet worden war. Diese liegen in der Nähe von Schongau in Oberbayern.
Was liegt näher, als dorthin einen Abstecher zu machen, wenn ich schon einmal in der Nähe bin?
Nach einer wundervollen Fahrt durch das Allgäuer Alpenvorland bei herrlichem Kaiserwetter, ohne ein einziges Wölkchen am Himmel, erreiche ich den Sauwaldhof. So heißt das militärische Gelände mit seinen Gebäuden wirklich.
Es ist lange her, dass ich hier zusammen mit meinen Kameraden Blut, Schweiß und Tränen gelassen habe, um den Herausforderungen in der Einzelkämpferausbildung als junge Offizieranwärter gerecht zu werden. Am Ende hat es sich für viele, aber bei weitem nicht für alle, gelohnt. Einige Kameraden mussten aus gesundheitlichen Gründen aufgeben oder wurden vorzeitig von der Spezialausbildung abgelöst. Ich gehörte zu den Überglücklichen und wurde am Ende mit dem Abzeichen für Einzelkämpfer belohnt, dass ich fortan stolz an der Uniform tragen durfte.
Bei einem Spaziergang über das Gelände, dass offensichtlich immer noch von der Bundeswehr genutzt wird, schwelge ich in Gedanken an längst vergangene Zeiten. Ich bin ungestört, heute ist hier kein Betrieb.
Das zweite Highlight des Tages soll ein Besuch am Schloss Neuschwanstein sein. Es ist das berühmteste der Schlösser Ludwigs II. und wurde seit 1869 errichtet. 25 Minuten Fahrt in Richtung Alpen und ich erreiche das Ziel. Meine freudige Erwartung weicht schnell einer Ernüchterung: Massentourismus! Kein Wunder – das weltberühmte Schloss wird jährlich von etwa 1,5 Millionen Touristen besucht. Nein – das ist nichts für mich. Ich schieße schnell ein Erinnerungsfoto vom Parkplatz mit Mopped und Schloss und schaue, dass ich so schnell wie möglich meine Reise in Richtung Chiemsee fortsetze. Aber nicht, bevor ich noch einen Blick auf die Zugspitze werfe!
Also geht es nach Garmisch-Partenkirchen und ein paar Kilometer hinein nach Österreich. Wow – plötzlich finde ich mich mitten in der Bergwelt wieder. Die Zugspitze leuchtet erhaben im Sonnenlicht. Ich koste dieses Erlebnis voll aus. Es ist mittlerweile richtig warm geworden. Kein Wölkchen ist am Himmel zu sehen. Das sind ideale Bedingungen für diesen Ausflug in die Bergwelt.
Nun wird es Zeit die letzte Etappe des Tages anzutreten, bevor mich die Dunkelheit erwischt. Zwei gute Stunden bleiben mir noch, um bei Tageslicht den Campingplatz am Chiemsee zu erreichen. Das gelingt mir auch.
Neben der Fahrt durch die wundervolle oberbayerische Landschaft, werde ich mit einer für mich einmaligen Abendstimmung am Nordrand des Sees in Chieming belohnt. Das Leben auf der Tour macht mir richtig viel Freude. Die Nacht ist ruhig und der nächste Morgen begrüßt mich genauso herrlich, wie der Abend sich verabschiedet hatte. Das schlägt voll auf meine Stimmung durch. Ein erstes Zwischenfazit erlaube ich mir jetzt schon, obwohl ich erst einige Tage unterwegs bin: „Es ist geil!“
Ich bin sicher, dass die verschobene Europatour ein großartiges Erlebnis werden wird. Das Motorrad fährt brav, die langen Stunden im Sattel machen mir nichts aus und die Nächte im Zelt sind prima. Hoffentlich kann die große Tour im nächsten Jahr stattfinden…
Ich packe nach dem Frühstück meine Siebensachen und mache mich abmarschbereit. Heutiges Ziel: Der Bayerische Wald. Allerdings möchte ich vorher unbedingt über die Rossfeldstraße bei Berchtesgaden fahren. Das ist die wundervolle Alpenpanoramastraße auf der Grenze zu Österreich. Ein Freund hatte mir diesen Abstecher empfohlen. Das mache ich auch bei herrlichem Kaiserwetter und werde voll belohnt. Der Wettergott meint es echt gut mit mir. Bis auf 1.570 Meter über Meereshöhe schraubt sich die Straße. Fünf Euro Mautgebühr für ein Motorrad sind es allemal wert. Von hier hat man einen sensationellen Blick in die Alpenwelt. Großartig! Ich muss mich lösen, denn heute liegt noch ein gutes Stück Strecke vor mir.
An Passau vorbei geht es nun in Richtung Bayerischer Wald. Ich lande am Abend in Viechtach am Höllensteinsee. Ich wundere mich über die schwache Auslastung des Campingplatzes und habe freie Platzwahl für mein Zelt. Gemessen an der verbreiteten Panik in Bezug auf die „ach so notwendige Vorbuchung“ ist hier nichts los. Naja – das ist wohl alles der Corona-Situation geschuldet.
Mir macht es nichts und ich bin mit der Welt zufrieden.
Der nächste Morgen ist etwas diesig. Ok – kommt vor. Und wenn sich das Wetter insgesamt ändert und für den Rest der Reise nur noch Regen angesagt ist? Naja – dafür habe ich meine Regenklamotten. Und die Reifen? Hm. Ein prüfender Blick auf das Profil meines Vorderrades lässt mich unsicher werden. Schafft der Reifen das noch, wenn es aus allen Kübeln schüttet und ich weitere Bergpassagen durch die Mittelgebirge nehme? Am Abend werde ich etwa die halbe Strecke hinter mich gebracht haben. Reicht die Profiltiefe für die restlichen etwa 2000 Kilometer noch aus? Ich entschließe mich auf Nummer sicher zu gehen und suche mir eine Werkstatt, die mir einen neuen Reifen aufziehen soll. Safety first!
Die finde ich ganz in der Nähe auf meiner Route in Cham. Ich bekomme zwar nur einen gebrauchten Reifen, aber der soll „noch 5.000 Kilometer“ halten. Bis nach Hause und bis zur nächsten Inspektion reicht das allemal. Also her mit dem Reifen. Mit 60 Euro bin ich dabei. Allerdings kostet mich die Aktion einige Stunden meiner kostbaren Reisezeit. Die muss ich wieder aufholen, um den vereinbarten Zeltplatz südlich von Dresden an der Maltertalsperre wahrnehmen zu können. Sonst wird es übernachtungsmäßig kompliziert, da ich ja alle Zeltplätze fest terminiert habe.4
Abb. 12: An der tschechischen Grenze entlang nach Norden
An der tschechischen Grenze entlang geht es weiter nördlich. Vorbei an Fichtelgebirge und Erzgebirge in Richtung Dresden. Leider habe ich wegen der Verzögerung nicht die Zeit, um die schöne Landschaft bewusst aufzunehmen. Heute ist „Streckemachen“ angesagt.
Ich erreiche den Zeltplatz noch vor Anbruch der Dunkelheit. Hier ist das gleiche Bild wie am Höllensteinsee: Die Zeltwiese ist frei. Nur ein einsames Zelt ist auf der Wiese zu sehen. Man weist mir aber einen Quadranten zu, auf dem ich mich niederlassen soll. Von wegen: „Alle machen in Deutschland Urlaub und die Campingplätze sind überfüllt.“
Die Freude über die Freiheit auf dem Zeltgrün ist aber nur von kurzer Dauer. Kurz nachdem ich mein Lager aufgeschlagen habe, trifft eine Gruppe Jugendlicher ein, die sich offenbar bereit macht, ein Grillfest zu veranstalten. Immer mehr treffen ein.
Abb. 13: Idylle am Oderbruch
Es wird laut. Ich schaue mir das Treiben eine Zeitlang an und suche mir dann die Ohrenstöpsel raus, die ich für solche oder ähnliche Fälle extra mitgenommen hatte.
Bergfest! Ich habe am Tag sechs meiner Reise rund um Deutschland die Hälfte der geplanten Strecke absolviert. Ich habe noch viele schöne Tage vor mir. Mit diesem Gedanken schlafe ich friedlich ein.
Nach einem guten Frühstück am Zelt und dem notwendigen Kaffee am Morgen, schaue ich mir die heutige Reiseplanung an. Gleich zu Beginn der zweiten Hälfte meiner Reise habe ich mir wieder etwas Besonderes vorgenommen. Ich möchte die Sächsische Schweiz mit dem Elbsandsteingebirge durchfahren. Wie sich herausstellen sollte: Kein leichtes Unterfangen. Ich finde nämlich zunächst den richtigen "Eingang" nicht. Ich gebe aber nicht auf.
Nach mehreren Durchfahrten durch Bad Schandau und einigen Umrundungen des Nationalparks soll es mir am Ende aber doch gelingen... Der „richtige Eingang" heißt „Kirnitzschtal" – da muss man drauf kommen... Da ich schon viel Zeit an der Sächsischen Schweiz verbracht habe, bleibt mir leider nicht genügend Zeit, um in Görlitz einen Stopp einzulegen – schade. Aber ich muss weiter, will ich mein Tagesziel noch erreichen.
Nach der Wegweisung durch einen freundlichen Anwohner, komme ich am Seecamp Oderbruch, nördlich von Frankfurt (Oder) an und kriege vom ebenso freundlichen Personal des Campingplatzes auch gleich eine Zeltwiese zugewiesen. Außer mir ist wieder einmal kein Zelt-Camper anwesend. Ganz idyllisch. Ganz allein. Direkt am Wasser. Super! Es ist recht windig – ob das Zelt hält? Vorsorglich haue ich noch ein paar zusätzliche Heringe ein... Der Sonnenuntergang zeigt sich mir von der schönsten Seite. Der Wind legt sich. Die Nacht bleibt ruhig und ich bleibe der einzige Gast auf dem Zeltplatz.
Tag Acht. Heute geht es bis zur Ostsee. Ich bin schon ganz aufgeregt. Morgentoilette, Dusche – auch meine Unterwäsche wasche ich gleich mit. Frühstück, und dann geht es los.
Rauf auf den Bock. Das Wetter ist spitze. Zufällig sehe ich nach einigen Kilometern östlich von Berlin das Schild: "Gedenkstätte Seelower Höhen". Da klingelt doch was... Ja, der Kampf um Berlin. Hier fand die letzte Schlacht um Berlin im Zweiten Weltkrieg statt. Bekanntermaßen hat die sowjetische Armee Berlin eingenommen. Das Gelände schaue ich mir an.
Leider hat das Museum geschlossen. Die Gedenkstätte mit dem sowjetischen Ehrenmal kann ich aber besichtigen. Eindrucksvoll.
Anschließend geht es ab in Richtung Ostsee.
Ich möchte mein Nachtlager auf Rügen nehmen. Über Anklam und Stralsund geht es auf die Insel. Da ich per E-Mail die Info vom Campingplatz hatte, dass eine Zeltübernachtung kein Problem darstellen sollte, freue ich mich riesig auf den Zeltplatz direkt an der herrlichen Ostsee. Stralsund ist das Einfahrtstor zur Insel Rügen.
Im Dreißigjährigen Krieg von 1618 bis 1648 widerstand Stralsund mit Hilfe von Schweden und Dänemark der Belagerung durch Wallensteins Truppen; es folgte eine lange Zeit der Zugehörigkeit zum Königreich Schweden als Teil von Schwedisch-Pommern. 1815 kam Stralsund zu Preußen.
Es kostet viel Überzeugungsarbeit am Campingplatz Drewoldtke, mich übernachten zu lassen. Mit Verweis auf die aktuelle gesetzliche Regelung in Mecklenburg-Vorpommern, seien Tagesgäste derzeit nicht erlaubt, wird mir an der Rezeption des Platzes mitgeteilt. Nirgendwo in diesem Bundesland. Ich habe spontan ein Problem:
„Guten Tag.“
„Guten Tag. Was kann ich für sie tun?“
„Ich möchte gerne hier mit Zelt und einem Motorrad übernachten.“
„Sind sie angemeldet?“
„Nein, ich hatte E-Mail-Schriftverkehr mit jemandem aus ihrem Hause. Man sagte mir, ich bräuchte keine vorherige Anmeldung. Ich könne einfach so vorbeikommen. Da bin ich.“
„Tut mir leid. Das geht nicht.“
„Wie bitte? Warum nicht?“
„Von der Landesregierung kam das Verbot Tagesgäste aus anderen Bundesländern aufzunehmen.“
„Das darf doch nicht wahr sein. Ich bin hunderte von Kilometern aus Nordrhein-Westfalen hierhergefahren, im Vertrauen darauf, dass ihre Zusage gilt und ich übernachten kann. Gibt es denn noch andere Campingplätze in der Nähe?“
„Wir haben Hochsaison. Die Insel Rügen dürfte komplett dicht sein.“
Ich bin wie vor den Kopf geschlagen. Was mache ich nun? Noch ein letzter Versuch:
„Ich habe ihre Zusage aber schriftlich!“
„Zeigen sie mal bitte!“
Der Ton wird etwas rauer.
„Hier, mit der Unterschrift von Frau ...“
„Hm, das hätte sie nicht zusagen dürfen … dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig …“
Nach Vorlage des Schriftverkehrs mit der Erklärung seitens des Campingplatzes, mich aufzunehmen, noch einmal verstärkt mit meinem Hinweis, dass ich hunderte von Kilometern aufgrund der Zusage gefahren sei, nimmt man mich zähneknirschend auf. Puh - aber es lohnt sich. Der Platz an der Ostsee ist spitze! Das Wetter zeigt sich von der besten Seite, als wolle es mich für den Ärger entschädigen. Ich besorge mir ein Bierchen vom Camping-Kiosk und lasse in herrlich gelassener Stimmung die Seele baumeln. Der Ostseestrand ist wie gemacht dafür. 5
Abb. 14: An der Ostsee entlang
Bevor ich Rügen wieder verlasse, steht eine Ölkontrolle an – ich muss nachfüllen! Natürlich habe ich vergessen das auf dem Campingplatz zu machen und erledige es dann am Straßenrand. Über Stralsund geht es dann weiter in Richtung meines heutigen Tagesziels: Fehmarn.
Rostock liegt auf dem Weg. Ich schieße einige Erinnerungsfotos, werde mehrfach umgeleitet und lande am Fährhafen, weil das doofe Navi wohl denkt, dass ich mit der Fähre nach Fehmarn fahren will. Will ich aber nicht. Deshalb heißt es, sich durch die Stadt durchzukämpfen und den Weg in Richtung Wismar zu suchen.
Wismar. Die Geburtsstadt meines Vaters und von Klaus Störtebeker. Dem Seeräuber. Hingerichtet in Hamburg. Störtebeker - nicht mein Vater. Ich fühle mich heute nicht so besonders, das Wetter ist grau und ich habe Hunger. Ich fahre auf den Marktplatz und versorge mich in einem Lokal mit neuer Energie. Danach geht es auch wieder. Für Sightseeing habe ich keine Zeit und mache mich auf den Weg nach Fehmarn.