Ein kleiner Lyrikband - Marty Kressin - E-Book

Ein kleiner Lyrikband E-Book

Marty Kressin

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Beschreibung

Der Zeitgeist stellt jene vor besonderen Herausforderungen, die grundsätzlich mit ihm hadern. Vieles ist in unserer heutigen Gesellschaft im Wandel und die Zukunft wieder ungewiss. Dieser bescheidene Lyrikband ist ein sehr persönliches Zeugnis geworden und zugleich entstand mit ihm ein Ventil; ein Ventil der Ohnmacht und Frustration gegen die Missstände, die mich als dreißigjährigen nationalkonservativen Patrioten beschäftigen. Doch er ist auch Ventil dessen geworden, was mich rundum unser Land und unsere Herkunft interessierte. Wer sind wir? Was macht uns aus? Und wohin gehen wir? Fragen, die niemand mit Leichtigkeit beantworten kann und die den kritischen Geist dieser Zeit mehr denn je herumtreiben, vor allem angesichts der Unsicherheiten und Verwerfungen unserer Nation.

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Inhaltsverzeichnis

Soziopolitische Heimat- und Nationallyrik

Am Straßenrand

Blutsuppe

Bonzentränen

Das deutsche Land

Das Fanal

Das Ideal

Das leere Haus

Das neue Konstrukt

Das Reich

Das Rosenfeld

Dem Arbeiter gewidmet

Demokratie

Der Diktator

Der Dilettanten-Reigen

Der Krieg

Der verlorene Klang

Deutsches Heimatlied

Die Bombe

D(i)e Generation

Die Handlung der Bürger

Die Kneipe

Die Maske

Echidna

Heuschrecken

homo consumens

homo corporativus

homo oeconomicus

Hurra, es ist wieder Krieg!

In den Trümmern

Jüngstes Gericht

Kintsugi

(

Eigen-)Lob des Idealisten

Nékrosis

Neun Uhr

Ohngesicht

Prometheus Phosphóros

Samira

Schland

Systemrelevant

Ungeist

Warum ich die Gegenwart verachte

Weißer Ritter

Zeitgeist

Naturlyrik

Am Meer

Landidyll

Lied vom Rosenstrauch

Juni

Sturmgebet

Winter

Wintersturm

Liebeslyrik

A.W.

Der Traum

Für Dich

Im Eckcafé

Jeden Tag

Steinedal

Depressionslyrik

Depressionen

Fassade

Medusa

Schmerz

Regen

Vampir

Zerbrochen

Soziopolitische Heimat- und Nationallyrik

Am Straßenrand

Am Straßenrand, unter einer Brücke.

Am Straßenrand, liegt eine Krücke.

Eine Krücke, nebst Tüten und einem Schlafsack.

Am Straßenrand, am Hackeschen Markt,

Am Straßenrand, zwischen Mülltonnen;

dort wo ein alter Laster parkt.

Lebt er auf seinem Schlafsack mit seinen Tüten und

Schuhen.

Dort lebt er, dort wird er auch wieder diese Nacht ruhen.

Wird dort ruhen, wie er es in jeder Nacht dort tut.

Dort zwischen Müll, Lastern und Uringestank,

dort er jeden Abend in der Kälte ruht.

Nur die Kleidung an seinem Leib er sein Eigen nennt,

jedenfalls so lange wie es ihm niemand nimmt.

Solange wie er sich zu wehren weiß.

Solange wie er sich durch den harten Alltag beißt.

Das Beißen fällt immer schwerer.

Sein Magen wird seit Tagen wieder leerer.

Er sucht nach Essen, Geld, einen neuen Ort.

Doch meist sucht er auch ein liebes Wort.

Ein Wort, wie mächtig kann es sein?

Wie sehr ist es Seelennahrung?

Wie sehr ist es Seelenheilung?

Doch wie oft sind die einzigen Worte, die er hört:

„Du obdachloses Schwein.“

Einsam zieht er seine Runden,

rastlos und krank quält er sich durch die Stunden

des Tages und muss in der Nacht sich umso mehr hüten.

Schnapsbeseelte Angriffe durch die Straßen Berlins wüten.

Dann hat er besonders viel Angst um sich und andere.

Angst es könnte diesmal ihn treffen.

Angst wieder bespuckt und verprügelt zu werden.

Angst hier draußen in der kalten Nacht zu sterben.

So, wie viele seiner Bekannten.

Tod hat für ihn viele Gesichter.

Die Gesellschaft ist oft ein grausamer Richter.

Sie starben an Drogen, Schnaps,

manche jämmerlich im Schlaf verbrannten.

Am Straßenrand, unter einer Brücke.

Am Straßenrand, liegt eine Krücke.

Eine Krücke, nebst Tüten und einem Schlafsack.

Und wenn Du wieder an ihnen vorbeigehst und denkst

„So ein Pack!“

Bedenke das, was ich Dir eben schrieb und bücke,

Dich demnächst zu ihnen herab und helfe,

durch Worte, Taten, ein paar Geldstücke,

denn das Leben eines Obdachlosen

liegt zu oft nur noch in

Trümmer, Scherben, Stücke.

Blutsuppe

Nicht vergessen ist, was vermeintlich selig ruht,

denn es brennt bis heut‘ im Geist so heiß,

der vielen Opfer gekochtes Blut,

die Opfer wahnhafter Wut.

So viel Leid

und so viele Tränen,

Herzen so schwer, doch so weit,

leer die geschändeten Venen.

Hass, Verführung und Wahn,

schlugen sich fanatisch ihre Bahn,

ahnten was würd‘ werden,

schufen viele Höllen auf Erden.

Schreie in der Nacht,

ihre Schreie halten mich bis heute wach.

Grelles Suchscheinwerferlicht,

dann ein Schuss die Nacht durchbricht.

Im warmen Wind das Flockentreiben,

die Luft verpestet vom süßen Gestank,

niemand weiß, wo sie verbleiben,

fortgeblasen ins hohe Wolkengrab,

keiner weiß, wo jede Flocke hinabsank.

Verschleiert war das bestialische Treiben.

Vom Olymp gefallen und zerschellt auf harten Grund,

das Erbe wurde dort besudelt, die Ehre ist bis heute wund.

Die Schuld so schwer und bleiern,

entsetzt die Blicke des Volks und der Befreier.

Edles Blut in kalten Venen,

doch alptraumhaft die Szenen.

Zu Staub zerfallen manch‘ Täter Leib,

unendlich viele Opfer verbrannt,

Väter, Brüder, Alte, Kinder, Weib,

hunderttausende genannt,

viele blieben bis heute unbekannt.

Höre noch immer das Klappern der Wagons auf alten

Schienen,

hoch oben vor dem großen Tor.

Sehe die kalten Gesichter derer, die dort dienen,

höre noch immer die Schreie, das Schluchzen, Klagen,

Flehen, derer die sahen, wo sie gelandet; die Hoffnung war

verlor‘n.

Heute frei und souverän;

keine Frage von Schuld, sondern von Verantwortung,

einen eigenen Weg geh‘n.

Dort vom Siegerpodest,

es sich leicht richten lässt,

die Seele bis heute nicht genesen,

doch geläutert ist das Wesen.

Nie mehr Wahn und Grausamkeiten,

nie mehr Tyrannei und Unwahrheiten,

nie mehr blinde Barbarei,

nie mehr Diktatur von Führern und Partei,

bleibt gewissenhaft verantwortungsvoll,

denn das macht Euch selbstbestimmt und frei.

Bonzentränen

Galant kommt er meist daher,

der Herr Gewerkschaftssekretär,

sein alter Leib ist aufgedunsen,

freudig hört man ihn oft grunzen.

Begonnen hat er als Aktivist,

rot und stolz er noch immer ist,

durch Klüngel und List kam er an Posten,

die erster Ämter, auf andrer Kosten.

Und draußen vor dem Werktor,

singt ein arbeitsloser Arbeiterchor:

„Vollgefressen und verfettet,

er sich täglich zur Ruhe bettet.

Verfettet sind seine Venen,

das Krokodil weint wieder Bonzentränen.“

Häufte Ämter und Mandate,

pries sich selbst auf manch Plakate,

doch seltener er war zu sehen,

unbeirrt wird seinen Weg er gehen.

Sein einstiger Aktivismus wurde schnell vermisst,

verkommen ist er nun: ein Salonbolschewist.

Schick gestriegelt und adrett,

nutzte er jedes Sprungbrett.

Und draußen vor dem Werktor,

singt ein arbeitsloser Arbeiterchor:

„Vollgefressen und verfettet,

er sich täglich zur Ruhe bettet.

Träge und am Gähnen,

weint das Krokodil Bonzentränen.“

Gerechtigkeit, bis heute sein Etikett,

philosophiert darüber beim Bankett,

wohl schmecken lässt er sich den Wein,

er ist der Gute und so ist‘s für ihn fein.

In jedem gutdotierten Amt,

zeigt er, woher er stammt,

beschwört den bodenständigen Anschein,

seine Integrität noch obendrein.

Und draußen vor dem Werktor,

singt ein arbeitsloser Arbeiterchor:

„Vollgefressen und verfettet,

er sich täglich zur Ruhe bettet.

Kann sich wieder in seinem Sessel zurücklehnen,

und dort weint das Krokodil seine Bonzentränen.“

Ob in Gewerkschaft oder Kabinett,

gibt er sich gesellig und selbstgefällig,