Ein Leben im Kibbuz - Wilotte Wiegand - E-Book

Ein Leben im Kibbuz E-Book

Wilotte Wiegand

0,0

Beschreibung

Und als die Kanzlerin nicht reagiert: "Wenn ihr meine Immunität nicht aufhebt, erkläre ich euch den wahren Grund für den Tag X!" Brandts Stimme ist erstaunlich selbstbewusst, was die Kanzlerin aufhorchen lässt. "Was soll es denn noch für einen anderen Grund geben. Sie schotten sich gegenüber der Außenwelt endgültig ab. Die wollen ihre Autonomie. Die wollen unter sich bleiben! Das ist doch jedermann bekannt!" Doch Brandt grinst nun hämisch: "Das denkt ihr...! Der Tag X bedeutet für die etwas ganz anderes! Die wollen mit ihrem Lebensbereich von der Erde verschwinden... In den Weltraum sozusagen!" Doch die Kanzlerin unterbricht ihn: "Du musst mir nichts erklären. Du willst dich doch nur wichtig machen. Mir ist dein Verhalten klar und eindeutig gemeldet worden. Du hast dich schuldig gemacht. Sei froh, dass die Kinder vom Sauer im Kibbuz aufgenommen wurden. Deine ehemalige Frau kümmert sich um sie." Als Brandt das hört, ist es mit seiner Fassung vorbei. Er stürmt auf die Kanzlerin zu und schreit sie außer sich vor hilfloser Wut an. "Ja, so ist es mit der Gerechtigkeit! Wenn ein Mensch voller Verzweiflung einen Menschen tötet, dann ist das Mord! Wenn aber bei einer militärischen Aktion unschuldige Menschen mit ums Leben kommen, dann nennt man das einen hinzunehmenden Schaden!"

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 187

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Wilotte Wiegand

Ein Leben im Kibbuz

Im Kibbuz zum Mars

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

1. Kapitel Die Chefin

2. Kapitel Das Zukunftsteam

3. Kapitel Das Kabinett

4. Kapitel Der Kibbuz

5. Kapitel Die Vision

6. Kapitel Im Lebensbereich

7. Kapitel Das Modell

8. Kapitel Die Überraschung

9. Kapitel Das Komplott

10. Kapitel Absprachen

11. Kapitel Der Termin

12. Kapitel Familienproblem

13. Kapitel Der Testlauf

14. Kapitel Suchen und Finden

15. Kapitel Tag X

16. Kapitel Der Verräter

17. Kapitel Vorbereitungen

18. Kapitel Die Flucht

19. Kapitel Krisensitzung

20. Kapitel Im Kibbuz

21. Kapitel Abschottung

22. Kapitel Im Kommandoraum

23. Kapitel Die Erkenntnis

24. Kapitel Die Warnung

25. Kapitel Der Tag X

26. Kapitel Der Start

27. Kapitel Beim Start

28. Kapitel Abflug ins All

29. Kapitel Im Weltraum

Impressum neobooks

1. Kapitel Die Chefin

Im Kibbuz zum Mars

2083 Leben wegen des Klimawandels

Eine angespannte Mine zerstört für einen Augenblick das sonst so schöne Gesicht von Vera Himmel-Stern, als sie das elektronische Gespräch mit ihrem Partner beendet hat. Zwangsläufig schaut sie dabei auf ihr Telefon an ihrem linken Handgelenk, welches das Datum zeigt: 15. Oktober 2082.

„Und das vor meinem 45. Geburtstag!“, schoss automatisch die Erinnerung für dieses Datum in ihre Gedanken.

Mit Verwunderung hatte sie das Telefongespräch zunächst angenommen und dann beendet! Ihr Gesichtsausdruck zeigt nun wohl deshalb eine unruhige Neugier. Mit langsamen Schritten geht sie ans Fenster ihres Büros und schaut auf die blühende Landschaft unter sich.

„Wie geht es dir, Vera?“, hatte ihr Vertrauter am Telefon freundlich das Gespräch begonnen. „Gibt es bei dir etwas Neues? Hast du irgendetwas zu berichten?“

Das Gespräch war wie schon so oft in gewohnter Weise mit vielen belanglosen Sätzen dahin geplätschert. Vera Himmel-Stern hatte alle Möglichkeiten, die Welt draußen zu beobachten, was auch vonnöten war! Der fortschreitende Klimawandel brachte nicht nur Sturm und Überschwemmungen, sondern auch durch den Anstieg des Meeresspiegels häufige Erdbeben und Vulkanausbrüche. Das waren ja auch schließlich die Gründe dafür, dass sie im Gegensatz für die da draußen von ihrem Büro aus auf eine blühende Landschaft blicken konnte.

„Erinnerst du dich an unsere letzte Verabredung, Vera? Kannst du dich daran erinnern, wie lange ich damals auf dich gewartet habe!“, hatte ihr Partner draußen in der Welt sie dann am Ende des persönlich werdenden Gesprächs gefragt.

Und diese beiden Fragen hatte Vera in höchste Erregung versetzt. War es doch ihr beiderseitiger Code dafür, dass sie eine Mail mit höchst dringlicher Nachricht von ihrem Partner draußen in der Welt erhalten würde.

„Das muss eine wirklich dringende Nachricht sein, dass er mich zu dieser Maßnahme auffordert!“, denkt Vera Himmel-Stern also besorgt, aber auch gespannt.

Endlich kann sie sich aufraffen, um zu ihrem Schreibtisch an ihre Empfangseinheit zu gehen. Durch ihren roten, ledernen Overall kommt ihre sportliche Gestalt zur Geltung. Ihr langes blondes Haar bildet dazu einen interessanten Kontrast. Wie alle im Kibbuz trägt sie Kleidung, welche hier im Lebensbereich mit eigenen Mitteln hergestellt werden konnte.

Mit besonderer Sorgsamkeit schreibt sie zunächst einen Code auf der Tastatur und öffnet dann die angezeigte Mail.

„Das darf doch nicht wahr sein!“, murmelt sie dann mit irgendwie enttäuschter Stimme, als sie die Mail gelesen hat.

„Nun soll unsere langjährige Arbeit ohne Erfolg zu Ende gehen! Wie viele Jahre konnten wir unser Geheimnis, unsere wirkliche Absicht mit dem Kibbuz, verschleiern! Wir sind noch nicht so weit, um den letzten Schritt machen zu können! Und jetzt diese für uns schreckliche Nachricht!“

Bedachtsam löscht sie die Nachricht und lehnt sich weit auf ihren Stuhl zurück. Sie weiß, dass sie zunächst ihre Gedanken ordnen muss, bevor sie wegen der erhaltenen Information Maßnahmen ergreifen sollte.

„Wir haben einen Maulwurf in unseren Reihen!“, denkt sie sorgenvoll. „Eine Möglichkeit, über die wir zwar oft diskutiert haben, aber nicht wahrhaben wollten. Aber auf welchem Wege sonst konnten Nachrichten nach draußen dringen!“

Und dann huscht doch ein leichtes, irgendwie ironisches Lächeln über ihr Gesicht, als sie ihren Blick über die elektronischen Geräte in ihrem Büro schwenken lässt.

„Wie können wir uns über etwas beschweren, was wir draußen ebenfalls installiert haben!“

Vera Himmel-Stern lacht kurz auf, um nach einer kurzen Pause des Nachdenkens entschlossen auf eine der Tasten ihres elektronischen Gerätes zu drücken.

„Was ich nun benötige, sind die Informationen zu dem, was wir wirklich vorhaben!“

2. Kapitel Das Zukunftsteam

Im Besprechungsraum von Vera Himmel-Stern, in dem gewaltigen, massiven Zentrumsgebäude der Siedlung, hat sich das siebenköpfige Zukunftsteam fast vollständig versammelt. Zwei Frauen und vier Männer sitzen an dem runden Tisch und warten auf Vera, die als Vorsitzende des Zukunftsteams diese Runde einberufen hat. Alle Personen wirken irgendwie schlank oder drahtig.

„Ausgerechnet die Vera fehlt!“, grummelt Max Haus-Beruf in die Runde. „Bestellt uns pünktlich für 14:00 Uhr in ihr Büro – und wer ist nicht da...?“

Max, wie meistens mit seiner langen, ledernen Hose und einem blauen Hemd bekleidet, liebte die Ironie. Ob die bei seinem Gesprächspartner ankam oder nicht.

„Du wirst es schon aushalten können“, antwortet grinsend sein Freund Wil Baum-Blume. „Sie wird für ihre Verspätung schon einen Grund haben...! Du kannst dich ja in der Zwischenzeit einmal in Veras Büro umsehen. So oft hast du solch eine Chance nicht, das Vera nicht hier ist.“

Max folgt dieser Aufforderung und lässt seine Augen durch das große Büro wandern. Aber im Grunde ist nur der riesige Arbeitsplatz mit den vielen Bildschirmen und der Eingabekonsole zu sehen. Und natürlich: Der wunderbare Blick durch die Fenster hinaus auf ihren Lebensbereich.

„Aber ich würde dir raten, die Finger davon zu lassen! Vera hat das nicht gerne!“, schiebt Will Baum-Blume in der ironischen Art seines Freundes nach.

„Ja die Vera“, brummelt Max zurück. „Von hier aus hat sie den ganzen Lebensbereich unter Kontrolle!“

Bevor er in seiner grummeligen Art fortfahren kann, aktiviert sich das DigiCom in der Mitte des runden Tisches. Sofort schauen alle Anwesenden interessiert auf das Übertragungsgerät. Ein paar Sekunden später fährt das DigiCom einen elektronischen Strahl aus und über dem Gerät ist als Hologramm das Gesicht von Vera Himmel-Stern zu sehen.

„Hallo, ihr Lieben“, spricht sie die kleine Versammlung in ihrem Büro an, „ich sehe, ihr seit komplett anwesend.“

„Wird auch Zeit, dass du dich meldest!“, grollt Max in seiner sauertöpfischen Art in Richtung des DigiCom.

„Hallo Max, schön dich bei guter Laune zu sehen!“, lacht Vera zur Feststellung ihres Partners zurück.

Und nach einer kurzen Pause: „Ich stelle nun mein DigiCom hier auf einen Tisch, damit ihr auch meinen Gesprächspartner erkennen könnt.“

Das Hologramm mit dem 3D-Bild von Vera verschiebt sich ein wenig, bevor dann auch eine zweite, weibliche Person zu sehen ist.

„Dies ist Monika Brandt, die sich endgültig entschlossen hat, bei uns im Kibbuz zu leben. Es gab also dringende verwaltungstechnische Angelegenheiten zu regeln. Deshalb meine Verspätung.“

„Monika“, fragt Daniel Haus, überzeugter Junggeselle im gesetzten Alter und zuständig für die im Lebensbereich gelagerten Rohstoffe, interessiert, „bist du nicht mit diesem Minister Heiner Brandt verheiratet?“

Sein einfacher Name sagt aus, dass er noch nicht im Kibbuz geboren wurde.

„Das war einmal!“, ist die kurze und abweisende Antwort der Frau. Offensichtlich ist sie nicht auf dieses Thema vorbereitet oder will einfach nicht darüber sprechen.

„Das sehe ich sehr positiv!“, grinst Daniel zurück. „Wenn der nämlich mal stirbt, wird der Teufel arbeitslos!“

„Na, na Daniel ...!“ Veras Stimme ist anzuhören, dass ihr die Bemerkung ihres Kollegen Daniel Haus dann doch etwas zu weit geht.

„Lass mal, Vera, da hat dein Kollege nicht ganz Unrecht!“, geht Monika Brandt nun aber auf die Bemerkung ein. „Um diese Ehe aufrechtzuerhalten, musste ich so oft auf meinen Noch-Ehemann zugehen, dass von mir nicht mehr viel übrig geblieben ist! Er hatte doch wirklich nur seine politische Laufbahn im Sinn! Und seine Art, sich durchzusetzen, konnte ich nicht mehr ertragen.“

„Ok, ihr da drinnen“, unterbricht Vera die aufkommende Diskussion. „Monika wird sich eine Wohnung bei einer Wohngruppen aussuchen, bzw. zuweisen lassen und wird im Lebensbereich hauptsächlich als Apothekerin arbeiten. Ich schalte dann hier ab und bin dann gleich bei euch!“

„Bloß nicht in unsere Wohngruppe!“, will Daniel Haus noch antworten, aber das DigiCom auf dem Tisch erlischt und die sechs anwesenden Mitglieder des Zukunftsteam schauen sich erwartungsvoll an.

„Das wird Vera zu verhindern wissen...“, grinst Wil seinen Kollegen spöttisch an. Wil hebt sich schon einmal deshalb von den anderen Männern ab, weil er einen Oberlippenbart trägt. Aber auch wie sein Freund Max mit langer lederner Hose und als Gegensatz dazu, trägt er ein rotes Hemd.

„Um welches Thema, bzw. um welches Team soll sich die heutige Dringlichkeitssitzung konkret handeln? Vera hat sich ja sehr bedeckt gezeigt“, unterbricht Lydia Tier-Nahrung das Gefrotzel. Sie ist mit einem schwarzen, ledernen Rock und einer roten Bluse bekleidet. Sie ist die Jüngste im Team. Schon deshalb hebt sie sich etwas von der Gruppe ab. Lydia koordiniert die Gesamtversorgung des Kibbuz und stellt ihre Frage mit einer gewissen Spannung in den Raum.

Wil Baum-Blume fühlt sich offensichtlich von ihr angesprochen. Sein Oberlippenbart zittert ein wenig, als er zu sprechen beginnt. Bei ihm ein Zeichen von innerer Erregung.

„Ich denke, das Thema wird mich und Max betreffen. In unseren Bereichen gibt es zum Teil erhebliche Probleme. Und dann ist die Frage zu klären, was melden wir dazu, von unseren Problemen meine ich, der Zentralregierung?“

Bevor die Diskussion in Gang kommen kann, betritt Vera Himmel-Stern mit schnellen Schritten den Raum. Sie ist mit ihrem ledernen, roten Overall bekleidet. Dieser bringt ihre frauliche, sportliche Figur gut zur Geltung und passt gut zu ihrem langen, blonden Haaren. Ihre Haltung spricht Autorität aus. Aber eher eine natürliche Autorität, die niemanden abschreckt.

„Na, ja“, knurrt Max der Ankommenden entgegen, „dann können wir ja anfangen!“

Vera geht gar nicht auf die Bemerkung ihres Kollegen ein und wendet sich an Lydia: „Lydia, wie geht es dir?“

Bevor die Angesprochene antworten kann, knurrt Daniel in die Runde: „Warum fragst du mich nicht, wie es mir geht...?“

„Du bekommst ja auch kein Kind...!“, ist die kurze Antwort von Vera.

„Danke Vera. Mir geht es gut“, kann Lydia auf die Frage von Vera antworten, weil es ihrem Kollegen Daniel die Sprache verschlagen hat.

Vera eilt zu ihrem Stuhl, setzt sich und schaut in die Runde: „Gut, dann fangen wir doch einfach an!“

Und Vera wendet sich ihrem Kollegen Daniel zu und sagt mit etwas schärferer Stimme: „Daniel, manchmal solltest du deinen Sarkasmus ein wenig zügeln!“

„Ist doch war“, zischelt der zurück, „der Brandt ist doch wirklich eine eiskalte intrigante Maschine!“

Vera lässt es nun doch genug sein und geht nicht weiter auf diese Bemerkung ein, lehnt sich in ihrem Stuhl zurück und richtet ihren Blick auf Wil Baum-Blume: „Wil, ich denke, dass allen die Bedeutung unserer heutigen Sitzung bekannt ist!“

Max Haus-Beruf schaut ebenfalls ernst in die Runde, ehe er die Frage von Vera aufgreift: „Eigentlich nicht. Aber ich denke, dass in erster Linie mein Bereich und dann der Bereich von Wil angesprochen, bzw. gemeint sind! Richtig?“

„Das ist richtig!“

Vera schaut nun ihre Kolleginnen und Kollegen des Zukunftsteams der Reihe nach an. „Ich habe es für die heutige Sitzung bewusst vermieden, euch vorab vom Inhalt der Sitzung zu informieren. Ich möchte nicht, dass unsere Probleme bekannt werden, ehe wir darüber gesprochen haben.“

Vera macht eine kurze Pause, spricht dann weiter: „Bei dir, Lydia, innerhalb der Versorgung scheint alles in Ordnung zu sein?“

„Nun ja“, antwortet Lydia, die ihr langes, schwarzes Haar hochgesteckt trägt und wie fast immer mit einer roten Blusen bekleidet ist, etwas bedächtig: „Die wöchentlichen Familien-Zuteilungen für Eier, sowie für Schweine- und Rindfleisch sind wohl bei den Menschen angekommen und werden akzeptiert.“

„Das ist gut so. Die Zuteilungen sind ja für die Zeit nach unserer Autonomie von Bedeutung...“

Vera wendet sich nun an Ann Feld-Ernte: „Und bei dir, Ann, zum landwirtschaftlichen Zustand des Kibbuz gibt es bekannterweise keine Probleme für eine Dringlichkeitssitzung. Eure landwirtschaftlichen Erzeugnisse sind zurzeit nicht nur auf den Bedarf für unsere Menschen abgestimmt, sondern auch auf die vertraglichen Lieferungen für den Außenbereich.“

„Mit Lydia sind wir ja in enger Zusammenarbeit zum Gesamtzustand des Lebensbereiches“, ist die sachliche Antwort. „Wir wollen auf den Tag X vorbereitet sein, um dann im Gesamtbereich eine naturverträgliche Situation schaffen zu können.“

„Auch das hört sich gut an, Ann!“

Und zu Daniel Haus gewandt fährt Vera fort: „Auch für das Material in Zuständigkeit von Daniel gilt das gleiche und Kurt hängt leider von eurer beider Probleme ab!“

Beim letzten Teil ihrer Ausführung hat sich Vera wieder an Wil und Max gewandt und fragt: „Wie sieht es in deinem Bereich aus, Wil? Könnt ihr den für uns so wichtigen Termin einhalten?“

„Steht denn dieser Termin an?“, fragt Wil verwundert und auch alle Anwesenden schauen mit interessiertem Gesicht auf Vera. Denn der Begriff Termin wird selten oder gar nicht genannt!

„Nein!“, antwortet diese entschieden. „Aber ich habe das Gefühl, dass wir nicht mehr allzu viel Zeit haben...! Ich denke, wir müssen auf alles vorbereitet sein. Nun Wil?“

„Ich denke ja“, antwortet Wil bedächtig und er streicht sich über seinen Oberlippenbart.

„Aber ich denke auch, dass wir unsere Vorbereitungen in der Weise treffen, dass wir dann zum Ende alle Arbeiten und Installationen innerhalb 4 Wochen fertig stellen können! Wenn Max genügend Energie liefern kann...“

„Genauso habe ich es mir vorgestellt. Warum, will ich am Ende erklären.“

Vera schaut nun auf Max: „Und was kannst du uns erzählen?“

„Erzählen kann ich leider nichts“, beginnt Max in seiner ironischen Art, „aber zu berichten habe ich einiges – leider nichts gutes!“

Max ist geradezu das Gegenteil von Wil. Denn im Gegensatz zu seinem Freund trägt er ja ein blaues Hemd.

„Nach heutigem Stand unserer Technik werden wir nicht in der Lage sein, in den nächsten Monaten genügend Strom, bzw. Energie zu gewinnen, um dann allen Anforderungen des Lebensbereiches nachkommen zu können! Das gilt insbesondere für den Strombedarf der Abteilung von Kurt.“

Und zu Kurt Wohnung gewandt knurrt Max weiter: „Ich möchte sowieso mal wissen, wozu du so viel Strom benötigst.“

„Woran liegt das?“, fragt Kurt in seiner ruhigen Art, aber doch interessiert, dabei nicht auf die Anspielung von Max eingehend. Er ist der Älteste in der Runde und ist im Wesentlichen für die neuartige Technologie im und für den Lebensbereich verantwortlich.

„Aus Sicherheitsgründen will ich diese Fakten nicht über unser DigiCom laufen lassen und euch deshalb die Zahlen und Erklärungen mündlich vorbringen!“, antwortet Max.

Nun beginnt er mit viel Eifer die Daten und Fakten seines Bereiches der Energiegewinnung vorzutragen. Seine brummige Art ist vergessen. Alle spüren, dass dieses sein Element ist, das er mit Begeisterung bei der Sache ist. Ein Fachmann, der stolz ist, anderen sein Wissen vortragen zu dürfen.

Max endet seinen Vortrag mit dem Fazit: „Ich denke, dass ihr nachvollziehen könnt, dass wir eine Verbesserung in der Solartechnik brauchen, um die letztlich geforderte Energie liefern zu können!“

„Und? Habt ihr Hoffnungen?“, fragt Ann Feld-Ernte, die Landschaftsarchitektin und Ehefrau des Schafmeisters im Lebensbereich. Sie hat ebenso wie Daniel eine Vorliebe für schafwollene Hemden.

„Wenn ich ehrlich bin, nein! Wir warten auf ein Wunder!“, ist die kurze Antwort von Max.

Vera als Vorsitzende des Zukunftsteams ergreift nun wieder die Initiative: „Es ist wohl allen deutlich geworden, dass es erhebliche Probleme gibt, die unserem Ziel entgegen stehen würden. Und an das Datum des Zeitpunkts sind wir in gewisser Weise gebunden! Von der Zentralregierung würden sicherlich wieder neue Verhandlungen gefordert und alles Warten würde von vorn beginnen! Darum möchte ich an euch, an die Mitglieder des Zukunftsteams appellieren, den für uns schwierigen Stand in unserem Lebensbereich nicht an die Zentralregierung zu melden! Wir sind es unseren hier lebenden Mitmenschen schuldig, dass wir unser gemeinsames Ziel erreichen. Wir haben nicht nur das Vertrauen unserer Freunde und Kollegen, wir haben auch eine Verpflichtung ihnen gegenüber!“

„Kennen die denn da draußen unser Ziel...!“ Max kann sich diesen Zwischenruf nicht verkneifen.

Nun ist es an Vera, ihren Kollegen scharf anzuschauen: „Bei diesem Thema sollten wir immer ernst bleiben Max. Als unser Ziel ist gemeint: Wenn wir meinen, unsere Autonomie erreicht zu haben, dann müssen wir das 14 Tage zuvor der Zentralregierung melden. Mehr sollten wir zu diesem Thema niemals aussprechen.“

Nun schauen sich die sieben Personen am runden Tisch ernst an. Es wäre das erste Mal, dass eine vertraglich vereinbarte Meldung über Probleme nicht eingehalten würde. Zunächst einmal entsteht ein hektisches Gemurmel zwischen einzelnen Paaren. Jeder tauscht mit jedem der Teilnehmer der Versammlung seine Gedanken und Meinungen aus.

Als es langsam wieder ruhiger am Tisch wird, ergreift Vera abermals das Wort: „Ich denke, dass wir zur Abstimmung kommen können und ich bitte jeden von euch um ein Handzeichen, ob er mit meinem Vorschlag einverstanden ist!“ Ihre Stimme ist eindringlich.

Die Handzeichen ihrer sechs Kollegen sind schnell und eindeutig. Alle Hände signalisieren Zustimmung.

„Ich bin froh, dass wir in dieser Frage einstimmig sind! Denn uns Allen muss klar sein, dass unsere Probleme in der Stromgewinnung diesen Raum nicht verlassen dürfen. Niemand darf etwas erfahren! Auf keinen Fall die Zentralregierung. Dort haben wir nicht nur Freunde. Manche dort sind nicht gut auf uns zu sprechen und würden unseren Wunsch nach einem autonomen Lebensbereich nur zu gerne torpedieren. Und wenn Max wirklich keine Lösung findet, können wir immer noch Farbe bekennen!“

„Das ist doch klar …!“, kann sich Max seine Bemerkung nicht verkneifen.

„Gut, das wir dich haben!“, grinst Wil seinen Freund an.

„Deshalb, Max, geben wir dir 12 Wochen Zeit, deine Probleme zu lösen…!“, schließt Vera die Versammlung, „und auch wir gehen wieder an unsere Arbeit!“

Langsam löst sich die Versammlung auf und jeder strebt seinem Verantwortungsbereich zu.

Max nimmt seinen Freund und Kollegen zur Seite und flüstert ihm zu: „Wir sollten uns für die nächste Zeit noch enger zusammenschließen!“

„Ist doch klar, Max!“, grinst Wil zurück. „Als ob es noch eine engere Bindung zwischen uns geben könnte...!“

3. Kapitel Das Kabinett

In der Hauptstadt des Landes tagt das Kabinett der Regierung. Trotz intensiver Anstrengungen vieler Länder war es nicht gelungen, dem gesamten Europa die Regierungsmacht zentral zu übertragen. Die europäische Gemeinschaft war zu groß geworden, als dass man alle Länder wirklich unter einen Hut bringen konnte.

Die zunehmenden Probleme aus dem Klimawandel taten ein Übriges dazu. Auch die zunehmende Islamisierung, verbunden mit einer Klimabedingten Völkerwanderung, verhinderte ein weiteres Zusammenwachsen im europäischen Bereich.

„So, meine Damen, meine Herren. Noch ein wenig Geduld!“, sagt die Kanzlerin am Ende der Versammlung. „Bevor ich unsere heutige Sitzung schließe, habe ich noch einige Fragen zu diesem Kibbuz 2083.“

Die Kanzlerin, Frau Hertha Feiler, schaut ihre Kabinettsmitglieder in ihrer bekannten, ruhigen Art an und ihre Blicke verweilen dabei auf ihre Kollegen Heiner Brandt als Minister für Wirtschaft und Energie, Fritz Schmid, dem Innenminister und Karl Schober, den Minister für Landwirtschaft und Versorgung.

„Aber im Grunde brauche ich nur diese drei Herren!“, dabei auf die genannten Personen zeigend.

Die meisten der Kabinettsmitglieder nehmen diese Feststellung als Aufforderung, den kleinen Saal zu verlassen. Es fällt auf, dass der Verteidigungs- und der Außenminister in Uniform erschienen sind. Auf eine entsprechende Frage seitens der Kollegen meinten sie: „Im Grunde wissen wir nicht ob ein Krieg angefangen hat oder ob der schon wieder vorbei ist. Die Zeiten sind vorbei, dass sich Länder den Krieg erklärt haben. Man lässt terroristische Gruppen für sich den Krieg führen. Vertreterkriege sozusagen. Dabei braucht doch jedes Land ihre Soldaten dazu, um den Unwetterschäden Herr zu werden.“

„Das sehen wir auch so. Als ob wir nicht bereits Probleme genug hätten, mit dem Wetter, bzw. dem Klimawandel!“, war die Antwort gewesen.

Nachdem die meisten der Kabinettsmitglieder den Raum verlassen haben, wendet sich die Kanzlerin zunächst an Heiner Brandt.

„Heiner, meinst du, dass dieser Kibbuz zur festgelegten Zeit sein Ziel, eine Autonomie, erreichen kann?“

„Mir liegen keine gegenteiligen Informationen vor. Wenn die dort meinen, autonom leben zu können, also ihr so genanntes Ziel erreicht zu haben, besteht Meldepflicht! Man muss uns ja benachrichtigen! Und wir wissen eben nur, was man uns gemeldet hat.“

„Gut Heiner. Da bin ich für die nächste Zeit sehr gespannt. Bei Änderungen erwarte ich Informationen!“

„Wie sollen wir denn an Informationen kommen. Wir haben weder Möglichkeiten an ihr Intranet zu kommen, noch stellen sie irgendwelche Begebenheiten aus dem Kibbuz ins Internet.“

Die Kanzlerin wendet sich nun ihrem Innenminister zu: „Fritz, gibt es etwas zur Sicherheit des Kibbuz zu sagen?“

„Im Grunde eine ganze Menge. Aber das meiste ist ja bekannt. Dieser Kibbuz wird in der nächsten Zeit offensichtlich sein Ziel erreicht haben. Die Arbeiten zur Sicherung nach Außen – also zu uns - sind dort weit fortgeschritten. Verbrechen sind so gut wie keine bekannt. Es ist kaum mehr möglich, diesen Kibbuz einfach so zu betreten. Im Gegensatz zu den Kibbuzim, die noch nicht so weit sind und auf die immer wieder Überfälle von der Bevölkerung verübt werden. Mir macht nur eines Sorge: Die Muslimen drängen mit immer schärferer Form darauf, diesen Lebensbereiche betreten zu dürfen.“

„Darauf gehen wir gar nicht ein. Diese Lebensbereiche wurden von den Menschen dort ja auch wegen der Erhaltung des christlichen Glaubens und der abendländischen Kultur eingerichtet.“

Der Innenminister macht eine kurze Pause und meint dann: „Ich bitte zu bemerken, dass die Islamisten Partei bereits bei 20% liegt“, und wechselt dann seinen Blick auf seinen Kollegen Heiner: „Und wie ich weiß Heiner, ist deine geschiedene Frau in den Kibbuz 2083 übergewechselt.“

Das Gesicht des Angesprochenen ist versteinert, als er nur kurz antwortet: „Danke für die Information, Fritz!“

„Liefern diese Kibbuzim denn tatsächlich so viel Nahrungsmittel?“, will die Kanzlerin dann von ihrem Kollegen Karl Schober erfahren, der sofort darauf antwortet.

„Das ist schon erstaunlich, was so ein Kibbuz an Nahrungsmitteln hervorbringt. Die vertraglichen Lieferungen, also deren Überschüsse an landwirtschaftlichen Erzeugnissen, sind immer pünktlich. Da können wir bei dem vorherrschenden Klima nur froh sein, dass sich diese Kibbuzim gebildet haben. Auf irgendeine Art haben wir ja bekannter weise jedes Jahr mit einer Wetterkatastrophe zu kämpfen. Einmal sind es die Überschwemmungen, dann ist es die Dürre oder es sind die Stürme. Da sind wir schon sehr froh, dass wir diese so genannten autonomen Gebiete zur Unterstützung haben. Wir sind ja entweder damit beschäftigt Sturm und/oder Wasserschäden zu beseitigen oder im anderen Extrem, die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen.“

„Ja, danke. Ich denke, diese Kibbuzim waren damals eine vorausschauende und gute Idee, im Klimawandel ein wetterunabhängiges Leben führen zu können“, fügt die Kanzlerin hinzu, was den Minister Schober zur Äußerung veranlasst: „Mir wäre es am liebsten, wenn alle Kibbuzim bei uns im Lande zugänglich bleiben würden. Wir haben schließlich wegen des steigenden Meeresspiegels bisher bereits bis zu 20 km Land an den Küsten verloren!“

„Ich weiß“, seufzt die Kanzlerin. „Aber wir haben mit dem Kibbuz 2083 einen Vertrag zu deren Autonomie, den auch wir einhalten wollen. Schließlich haben wir meines Wissens von deren Technik und der landwirtschaftlichen Versorgung sehr profitiert!“