Ein Sommer wie kein zweiter - Jo Thomas - E-Book
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Ein Sommer wie kein zweiter E-Book

Jo Thomas

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Beschreibung

EIN ITALIENISCHER SOMMER VOLLER KÖSTLICHER ÜBERRASCHUNGEN

Ein Abend mit der besten Freundin, einem Computer und jeder Menge Prosecco, und plötzlich ist Ruthie Besitzerin eines italienischen Bauernhauses. Doch das Haus entpuppt sich als Ruine, die neuen Nachbarn begegnen ihr mit Argwohn, und Ruthie hat keine Ahnung, was sie mit all den Olivenbäumen anfangen soll. Schnell steht fest: Sie will zurück nach Hause. Dafür muss sie zuerst das Haus verkaufen. Hilfe suchend wendet sie sich an ihren Nachbarn Marco, der sich in mehr als einer Hinsicht als wahrer Glücksgriff entpuppt und ihre Pläne gewaltig durcheinanderwirbelt ...

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Seitenzahl: 511

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Inhalt

Cover

Über die Autorin

Titel

Impressum

Widmung

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

Epilog

Danksagung

Über die Autorin

Jo Thomas arbeitet seit vielen Jahren als Journalistin für verschiedene englische Radiosender. Ihr Debütroman, Ein Sommer in Galway, hat sich in England zu einem Bestseller entwickelt und wurde unter anderem mit dem RNA Joan Hessayon Award ausgezeichnet. Jo Thomas lebt mit ihrem Ehemann und ihren drei Kindern in Vale of Glamorgan. Ein Sommer wie kein zweiter ist ihr zweiter Roman.

JO THOMAS

Ein Sommer wie kein zweiter

ROMAN

Aus dem Englischen von Gabi Reichart-Schmitz

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabedes in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Für die Originalausgabe:Copyright © 2015 by Jo ThomasTitel der englischen Originalausgabe: »The Olive Branch«Originalverlag: Headline Review. An imprint of Headline Publishing Group, London

Für die deutschsprachige Ausgabe:Copyright © 2017 by Bastei Lübbe AG, KölnTitelillustration: © shutterstock/amorfati.art; © shutterstock/Marina Grau; © shutterstock/gkuna; © shutterstock/Valentin Agapov Umschlaggestaltung: Manuela Städele-MonverdeE-Book-Produktion: two-up, Düsseldorf

ISBN 978-3-7325-2963-6

www.bastei-entertainment.dewww.lesejury.de

Für RichardVielen Dank für die Inspirationen und deine Hilfe – und dafür, dass du mein Bruder und ein toller Onkel bist.

Prolog

Meine Hand schwebt über der Maus. Mein Herz schlägt heftig, und ich weiß nicht, ob es am Prosecco liegt, den wir getrunken haben, oder ob der reine Wahnsinn durch meine Venen strömt.

Ich lasse den kahlen Raum auf mich wirken. Er ist seelenlos und leer – ohne Möbel und ohne Gefühle.

Dann sehe ich meine Freundin Morag an, deren Augen vor Aufregung funkeln.

Die Uhr tickt, und mit jeder verstreichenden Sekunde schlägt mein Herz lauter.

»Zehn, neun …« Die Zeit läuft ab. Mein Mund ist ganz trocken.

»Acht, sieben …« Mir ist übel, und wieder bin ich mir nicht sicher, ob der Prosecco oder die Anspannung daran schuld ist. Das hier ist Wahnsinn.

»Sechs, fünf …« Ich sehe mich in dem Raum um, den ich mal mein »Zuhause« genannt habe – jetzt ist er eine leere Hülle, wie ich.

»Vier, drei …« Ich erwäge meine Optionen. Was mich angeht, gibt es nur eine einzige.

»Zwei …« Und die ist äußerst gewagt.

»Eins.« Ich werfe einen kurzen Blick zu Morag, die aussieht, als würde sie gleich platzen, und ich weiß nicht, ob ich es absichtlich tue oder ob mein Finger einfach unwillkürlich zuckt. Aber ich klicke auf den Button, und dann sinken wir kichernd auf die klumpigen Sofas und fallen in einen von Prosecco unterstützten Schlaf.

Nachdem am nächsten Morgen das Paracetamol und literweise Wasser ihre Wirkung entfaltet haben, setzt ganz langsam die Erinnerung ein. Ich eile zum Computer und rufe meine E-Mails ab. Da steht es, schwarz auf weiß, und bringt mir den Aussetzer des gestrigen Abends zurück – zusammen mit der Erkenntnis, warum man zwingend einen Alkoholtest machen sollte, bevor man spätabends im Internet unterwegs ist.

Herzlichen Glückwunsch! Sie waren Höchstbietender!

Auf einmal schlägt mir das Herz bis zum Hals und dröhnt förmlich in meinen Ohren. Was mache ich jetzt bloß?

Meine panischen Gedanken werden von einem Klopfen an der Tür unterbrochen, und während ich quer durch das Zimmer stolpere, pocht mein Herz weiter.

»Hi, wir kommen wegen der Sofas«, sagt die strahlende junge Frau, die mit ihrem erwartungsvollen Freund vor der Tür steht. Ich werfe einen Blick auf die Couch, auf der momentan noch Morag schläft.

»Einen Augenblick, ich bin fast fertig«, antworte ich, und wenig später hebt das junge Paar das Sofa an, das bis vor wenigen Minuten noch mein Bett war.

Es gibt nur eins, was ich tun kann, sagt die verrückte, impulsive Stimme in meinem Kopf. Und ich begreife, dass es meine eigene ist.

1. Kapitel

Während ich von meinem Platz hinter dem Steuer zusehe, wie die Ziege wie eine Wache vor dem Buckingham Palace im Hof auf und ab marschiert, frage ich mich, ob ich mir nicht zu viel vorgenommen habe.

»Die Route wird neu berechnet! Die Route wird neu berechnet!« Meine einzige Begleiterin auf der ganzen Reise schreit immer weiter – ihre Stimme ist scharf wie ein Zahnarztbohrer. Entschlossen schalte ich das Navi aus, bevor ich den Motor meines kleinen Ford Ka abstelle. Die Scheibenwischer stoßen ein erschöpftes Jammern aus, und innerhalb von Sekunden ist die Windschutzscheibe voller Wasser, wie künstlicher Regen in einem Low-Budget-Film. Allerdings ist dieser Regen nicht künstlich, sondern sehr echt – das Wasser prasselt geräuschvoll auf das Autodach.

Ich atme tief ein. Das Wetter ist so, seit ich Bari verlassen habe, die ausgedehnte Hafenstadt fast an der Ferse des italienischen Stiefels. Ich habe da einen Stopp eingelegt, um bei Ikea ein paar unverzichtbare Dinge einzukaufen und etwas zu Mittag zu essen. Abgesehen von der Ziege, sind die sintflutartigen Regenfälle in Süditalien mitten im Sommer noch etwas, womit ich nicht gerechnet habe.

Ich starre aus dem Fenster und ziehe meinen leichten Kapuzenpulli über dem T-Shirt enger um mich. Die silbernen Armreifen an meinem Handgelenk klimpern, und ich betrachte mein Rolling-Stones-T-Shirt, das ich zu einem bauchfreien Top umgestaltet habe, und die mit Farbe bespritzte, abgeschnittene Levi’s. Ich bin eindeutig viel zu leicht bekleidet. Ich schnappe mir meine abgenutzte Lieblingslederjacke vom Beifahrersitz, schlüpfe hinein und schaudere. Eigentlich bräuchte ich Gummistiefel und eine Regenjacke.

Wieder hole ich tief Luft, ziehe am Türgriff und stoße die Tür auf. Ich richte mich auf, halte eine Hand über die Augen und schaudere wieder, als ich auf den Umschlag in meiner Hand blicke.

Der Regen prasselt auf das Papier und lässt die Tinte verlaufen. Wegen des Wolkenbruchs kneife ich die Augen zusammen. Als die Ziege in meine Richtung schaut, bin ich sicher, dass sie verächtlich schnaubt.

Schützend lege ich wieder eine Hand über die Augen und schaue angestrengt auf das Haus vor mir, dann mustere ich die lange Zufahrt voller Schlaglöcher, die ich gerade entlanggefahren bin. Ich kann die großen Steinsäulen und das rote Metalltor kaum erkennen. Ich schiebe den Umschlag in die Hosentasche und nehme ein ausgedrucktes Foto des Hauses in die Hand. Innerhalb von Sekunden löst sich das Papier auf und landet auf den nassen Steinen vor meinen Füßen. Wenn ich mich nicht beeile, sehen meine Canvas-Slipper gleich genauso aus. Das hier muss der richtige Ort sein; in der Nähe gibt es kein ähnliches Haus.

Unterwegs bin ich an ein paar kleinen Gebäuden vorbeigekommen, als ich auf der schmalen Straße wie auf einem Karussell auf und ab geholpert und immer wieder um Kurven gefahren bin. Hin und wieder habe ich auch ein paar Schlaglöcher erwischt, um den Nervenkitzel zu erhöhen. Ein paar Häuser hatten geschwungene Dächer, während andere moderne Flachdächer besaßen. Gelegentlich entdeckte ich auch Ansammlungen von baufälligen trulli – kleinen, runden Steinhäusern mit Dächern, die sich nach oben hin verjüngten –, sie sahen aus wie Wiesenchampignons. Aber ich suche keinen trullo. Das Gebäude vor mir sieht aus wie eine Filmkulisse. Es ist alt und verwittert, blassrosa und groß – viel größer, als ich es mir vorgestellt habe. Da es kein vergleichbares Haus in der Straße gibt, muss es das richtige sein.

Während der Starkregen auf mich niederprasselt, frage ich mich, ob als Nächstes eine Heuschreckenplage über das Land hereinbrechen wird. Vielleicht ist es ein Zeichen … Entschlossen verdränge ich diesen albernen Gedanken, ebenso wie die Erinnerung an die verzweifelten Anrufe meiner Mutter und Eds missbilligende E-Mails.

Die Kleidung klebt mir an der Haut, und aus meinen kurzen Haaren tropft Wasser, läuft mir übers Gesicht und plätschert von meinem Nasenpiercing wie ein kleiner Wasserfall. Es hat keinen Sinn, jetzt noch im Kofferraum nach meinem Regenmantel zu suchen, also hänge ich mir den Riemen meiner lavendelblauen Tasche über die Schulter und frage mich, was ich mir da bloß eingebrockt habe. Ich könnte wieder in mein Auto steigen und so schnell wie möglich davonfahren. Dann würde ich Ed eine E-Mail schreiben, um ihm zu sagen, dass er von Anfang an recht hatte: Ich bin bescheuert, handle unüberlegt und verantwortungslos.

Aber immerhin bin ich wenigstens nicht langweilig und festgefahren. Es gibt nur eine Richtung: vorwärts! Ich senke den Kopf, fasse meine Tasche fester und renne auf die Veranda zu, an der sich eine ungebärdige, vernachlässigte Bougainvillea hochrankt.

Da ich das Kinn auf die Brust drücke, entdecke ich das große Schlagloch rechtzeitig und machte einen Schritt zur Seite. Dabei rutsche und schlittere ich über das abgetretene Pflaster. Auf einmal bin ich der grimmig aussehenden Ziege erschreckend nahe, die jetzt vor der Haustür steht. Ich bin mitten in meinem schlimmsten Albtraum gelandet.

»Mäh«, meckert die Ziege, und ich zucke zusammen. Meine Güte, war das laut! Ich starre das Tier an, und es starrt zurück. Es hat verschiedenfarbige Augen: Eins ist gruselig gelb, das andere blau. Zum ersten Mal seit Wochen habe ich keine Ahnung, was ich tun soll. Wachziegen stehen nicht auf meiner Liste zu bewältigender Probleme.

Ob »Husch!« im Italienischen wohl auch »Hau ab« heißt? Ich kann mich nicht erinnern, das Wort in meinen Abendkursen gelernt zu haben. Aber ich muss etwas unternehmen, sonst erfriere ich hier draußen.

»Husch, hau ab!«, sage ich und versuche, die Ziege mit entsprechenden Handbewegungen zu verscheuchen; gleichzeitig weiche ich ein bisschen zurück. Ich habe keine Lust, Bekanntschaft mit den spitzen Hörnern zu machen. Zu Hause in Tooting stehen keine Ziegen vor der Haustür. Gelegentlich trifft man auf Betrunkene, die in Hauseingängen schlafen, aber an denen kommt man leichter vorbei.

»Husch, husch!« Ich versuche es noch einmal, diesmal begleitet von ausholenden Armbewegungen. Die Ziege zuckt zusammen, genau wie die verschreckten Schmetterlinge in meinem Bauch, doch sie rührt sich nicht von der großen, dunklen Holztür weg. Sogar die dreitägige Fahrt durch Frankreich und Italien mit Zwischenstationen auf Rastplätzen, um ein Nickerchen zu halten, und nur einem lästigen, unentschlossenen Navi als Gesellschaft, ist nichts, verglichen mit dem hier.

Die vergangenen sechs Wochen habe ich damit verbracht, mit Immobilienmaklern zu verhandeln, Interessenten die Wohnung zu zeigen und mit Anwälten zu sprechen, außerdem habe ich sämtliche Sachen gepackt und gemeinsame Habseligkeiten von Ed und mir auseinanderdividiert. Ich habe vieles aussortiert; unsere gemeinsame Sammlung nostalgischer Schallplatten und den Plattenspieler, den ich auf eBay gefunden habe, habe ich Ed überlassen. Überflüssige Möbelstücke habe ich verkauft und deren Abholung beaufsichtigt, und ich bin aus unserer Wohnung ausgezogen. Alles ist problemlos gelaufen; nichts hat mich aus der Fassung gebracht. Aber Ziegen mit Revieransprüchen? Keine Ahnung! Ich hebe hilflos die Hände und wende mich ab.

In meiner Umhängetasche suche ich nach einer Art Geheimwaffe, die mir aus der Klemme helfen könnte. Da entdecke ich sie: ein halb aufgegessener KitKat-Schokoriegel, den ich irgendwo in der Nähe von Rom an einer Tankstelle gekauft habe. Ich dachte, der Energieschub in Form von Zucker würde mir helfen, die Stadtumgehung rund um Rom zu bewältigen – zusammen mit Dolly Parton aus dem CD-Player. Irgendwie hat es auch funktioniert. Auf gut Glück habe ich es versucht, mit vibrierenden Nerven und aufgeputscht mit Energy-Drinks. Das Herz war mir in die Hose gerutscht. Viele Gesten und viel Gehupe waren erforderlich gewesen – nicht unbedingt von meiner Seite. Jetzt ziehe ich das KitKat aus der Tasche und winke der Ziege damit zu. Sie wirkt unbeeindruckt, ignoriert mich weiterhin und blickt von ihrer geschützten Position vor der Tür aus in eine andere Richtung. Schnell packe ich den Schokoriegel aus.

»Komm schon, das ist Schokolade!« Wieder wedele ich mit dem Riegel und komme mir dabei vor wie der Kinderfänger aus Tschitti Tschitti Bäng Bäng. Ich breche ein Stück Schokolade ab und werfe es dem Tier vor die Füße. Als es zurückschreckt, glaube ich schon, dass ich aufgeben und mir eine andere Übernachtungsmöglichkeit suchen muss, wenn ich den Besitzer des Tieres nicht auftreiben kann. Dann schnuppert die Ziege an der Kostprobe und verspeist sie mit genießerischen Geräuschen. Sie spaziert auf mich zu und hofft zweifellos auf mehr.

»Siehst du, das schmeckt gut!« Ich breche noch ein Stück ab und werfe es vor die Ziege, die immer zügiger auf mich zukommt. Ich gehe rückwärts und werde auch schneller. Ich fühle mich wie in einer Szene aus Upps! Die Pannenshow. Ich bin meilenweit von zu Hause entfernt, in dem heftigsten Platzregen, den ich je erlebt habe, meine weltlichen Besitztümer befinden sich in einem Ford Ka – und ich versuche, eine Ziege mit einem halben Schokoriegel von einer Haustür wegzulocken. Allmählich verstehe ich, wie Noah sich gefühlt haben muss, und ich überlege, ob wohl auf meiner Arche Platz für Ziegen wäre.

An allem ist Ed schuld!, denke ich vollkommen irrational. Und meine Mum. Als die Ziege das nächste Stück Schokolade verputzt, habe ich fast den Rand des rutschigen Hofes erreicht. Mein Fuß stößt gegen eine niedrige Steinmauer, und ich klettere schnell hinauf. Plötzlich erwacht mein Handy zum Leben. Ich nehme es aus der Tasche und hoffe auf ein paar aufmunternde Worte. Zwei SMS und einige verpasste Anrufe. Ich mache mir nicht die Mühe nachzusehen, wer angerufen hat. Die SMS sind von Ed und meiner Mum. Auch das noch! Wenn Ed wüsste, dass ich gerade versuche, eine Ziege mit Revieransprüchen mit Schokolade zu bestechen, würde er eine Augenbraue hochziehen und sagen: »Da hast du’s!« Das ist seine Reaktion auf alles, was ich mache – er findet mich unbesonnen, »hitzköpfig«, wie er es nennt. Ständig sagt er mir, ich solle erst mein Hirn einschalten, bevor ich handele. Er hingegen tut nichts, ohne vorher Google oder Facebook zu befragen. Wir sind vollkommen unterschiedlich. Anfangs war das lustig, jetzt jedoch findet er, dass ich absolut unüberlegt und reflexartig reagiere. Und ich glaube, dass er zu lange und zu gründlich nachdenkt und Risiken scheut. Es hätte die perfekte Kombination sein können – war es aber nicht.

Wäre Ed dabei gewesen, wäre die Sache ganz anders gelaufen. Ohne ein Team aus Amtsärzten und Sicherheitsbeauftragten, die das Haus vorab inspiziert hätten, wäre er nicht aus dem Wagen gestiegen, und er hätte Bear Grylls höchstpersönlich engagiert, um die Ziege loszuwerden.

Nein, ich kann nicht gleich an der ersten Hürde scheitern, selbst wenn diese Ziege über den Wachinstinkt eines Rottweilers verfügt. Jetzt schiebt sie ihren Kopf in Richtung meiner Hände, und ich kann mich nicht rühren. Ich tue das einzig Mögliche: Vorsichtig strecke ich eine Hand aus und kraule das Tier zwischen den Augen. Offensichtlich gefällt es ihm. Aber ich sitze hier fest. Sobald ich aufhöre, versetzt die Ziege mir einen Stoß, der richtig kräftig ist. Mir bleibt nichts anderes übrig, jetzt oder nie.

Ich werfe das letzte Stück KitKat so weit weg wie möglich, jenseits des unebenen Pflasters. Die Ziege dreht sich um und überschlägt sich fast vor Aufregung, während sie über die Steine schlittert, rutscht und trappelt, bevor sie sich auf den Leckerbissen stürzen kann. Gleichzeitig stürme ich auf die Haustür zu. Meine Hände zittern, als ich den großen, rostigen Schlüssel, den man mir geschickt hat, aus der Tasche ziehe und ins Schloss schiebe, wobei ich gleichzeitig ein wachsames Auge auf die Ziege habe. Dabei fällt mir der Umschlag auf den nassen Boden. Rasch hebe ich ihn auf und drücke fest gegen die Tür. Sie bewegt sich nicht. Das Tier trottet wieder auf mich zu. Ich trete einen Schritt zurück, senke die Schulter und versetze dem Türblatt einen mächtigen Stoß. Die Tür fliegt genau in dem Augenblick auf, als ein lauter Donnerschlag kracht und ein silberner Blitz den Himmel durchschneidet. Froh, den Elementen zu entkommen, falle ich durch die Tür in einen höhlenartigen Raum – und die Ziege folgt mir auf dem Fuß.

»Mäh!«, meckert sie laut und tropft den ganzen Boden voll. Eine Welle der Verzweiflung erfasst mich. Was habe ich mir da bloß eingebrockt?

2. Kapitel

Im Dämmerlicht des Bauernhauses taste ich neben dem Türrahmen suchend nach dem Lichtschalter und finde ihn schließlich. Mit einen klackenden Geräusch drücke ich ihn hinunter, aber nichts passiert. Daraufhin öffne ich die Tür weiter, damit mehr Licht ins Haus fällt, und hoffe, dass die Ziege den Weg hinaus findet. Es riecht feucht und muffig – ich bin mir nicht sicher, ob es am Haus oder an der Ziege liegt. Ich schlage einen weiten Bogen um das Tier, gehe zum nächstbesten Fenster und öffne es. Dann löse ich den festsitzenden Riegel der hölzernen Fensterläden und stoße sie auf.

Wieder donnert es laut. Die Ziege rührt sich nicht, vielleicht hofft sie, ich hätte nicht bemerkt, dass sie in der Nähe der Tür steht.

Nach und nach öffne ich sämtliche Fensterläden, die ich entdecken kann. Manche sind schwergängiger als andere, und ich mache mir im Geiste eine Notiz, die Bolzen und Scharniere mit WD-40-Vielzweckspray einzusprühen, sobald ich einkaufen war. Ich glaube, ich bin im Ort an einer Eisenwarenhandlung vorbeigefahren.

Die Fenster sind klein, und im Raum ist es immer noch dämmrig, doch als ich die Glastüren am anderen Ende öffne und deren Läden aufstoße, wird es deutlich heller. Ich betrachte meine Umgebung; dabei streift mein Blick auch die Decke. Die hellen cremefarbenen Steine werfen spitze Schatten, die sich an der hohen Decke kreuzen und einen Stern bilden. Das sieht großartig aus. Ich drehe mich um meine eigene Achse und lasse alles auf mich wirken – atemberaubend! Aber dann stolpere ich prompt über einen Plastiktisch mitten im Raum, auf dem sich Kisten voller Krempel türmen.

Die Decke ist zwar wunderschön, doch der Rest des Zimmers braucht dringend liebevolle Pflege, denke ich, und betrachte die fleckigen Wände. Sofort stellt mein Gehirn fieberhafte Überlegungen an, wie man den Raum am besten in Szene setzen könnte. Genauso war es, als Ed und ich unsere Wohnung zum ersten Mal sahen. Ich konnte die Möglichkeiten erkennen, und die Ideen flogen mir nur so zu: wie wir die Küche in eine Wohnküche verwandeln, wie wir den offenen Kamin in den Mittelpunkt rücken und wie wir Licht in die Wohnung bringen könnten. Ed sah das Anlagepotenzial, ich die Gestaltungsmöglichkeiten. Hier ist es genauso. Jede Menge Ideen schwirren mir durch den Kopf.

Die Steinmauer über dem Kamin ist rußgeschwärzt und könnte eindeutig einen neuen Anstrich vertragen. Natürlich müssen die Mauern weiß bleiben. In den Fassungen an den Wänden stecken nackte Glühbirnen; mithilfe von ein paar Terrakotta-Dachziegeln könnte man daraus schöne Deckenfluter machen.

Ich denke, dass alles zu reparieren ist. Ich wusste ja, dass ich Arbeit in das Häuschen stecken muss, und der Rahmen ist fantastisch. Aber zuerst muss ich den nächsten Müllabladeplatz finden, so viel ist schon mal klar.

Ich friere und schlinge die Arme um meinen Oberkörper, um mich ein bisschen zu wärmen. Vielleicht sollte ich versuchen, den großen Holzofen in Gang zu bekommen. Doch zuvor möchte ich mich noch weiter umsehen. Es hat keinen Sinn, meine Sachen aus dem Auto zu holen, solange es draußen so schüttet. Ich gehe durch den Steinbogen auf die drei Stufen zu, die in den nächsten Raum führen. Ich steige hinauf und sehe mich nach Holzläden um, um sie zu öffnen.

Wow! Eine Kuppeldecke. Sie ist niedriger als in dem anderen Zimmer, aber trotzdem gewölbt. Wahrscheinlich war das hier die lamia, in der früher mal Tiere untergebracht waren. An einer Wand befindet sich ein gemauerter Halbkreisbogen. In der Nische sehe ich ein etwas ramponiertes Spülbecken, einen Geschirrschrank mit schief hängenden Türen und einen verkrusteten Herd. Bestimmt kann ich die Türen des Schranks richten und ihn anstreichen und vielleicht auch die Fliesen hinter dem Spülbecken austauschen.

Ich habe mal einen Abendkurs im Fliesenlegen besucht. Das Schreinern habe ich mir selbst beigebracht, als ich den Holzboden in unserer Wohnung verlegt und einen Fenstersitz gebaut habe. Wenn man von zu Hause aus arbeitet, hat man einige Freiheiten: Ich ließ ständig diese Heimwerkersendungen im Hintergrund laufen; die haben mich einfach fasziniert. Eigentlich wollte ich auch einen Kurs für Klempnerei belegen, doch dann habe ich mich in einem kurzen Anfall von Wahnsinn für Italienisch entschieden – verführt von einem Glas billigem Prosecco und einem Stück Pizza anlässlich eines Tages der offenen Tür. Zum Glück haben Ed und ich in der Wohnung nie Probleme mit den Rohrleitungen bekommen. Wir hatten sie in dem Wissen gekauft, dass einiges daran erneuert und renoviert werden musste, nach getaner Arbeit jedoch bei einem Verkauf ein anständiger Profit rausspringen würde. Und Ed war hocherfreut, dass ich die meisten Arbeiten selbst erledigen konnte. Seine handwerklichen Fertigkeiten sind überschaubar – sein Fachgebiet erstreckt sich eher auf Kapitalanlagen und Bilanzen. Und das Geld war gut investiert. Allerdings waren die notwendigen Arbeiten nichts gewesen im Vergleich zu dem, was in diesem Bauernhaus zu erneuern ist.

Ich stoße auf weitere Kisten mit Gerümpel: Kabel und Leitungen, Flaschen, Kunststofftrichter und alte Arbeitskleidung. Ich muss auf jeden Fall so bald wie möglich eine Müllkippe finden! Das Wichtigste zuerst – ich muss herausfinden, wie so was hier überhaupt heißt. Ich hole mein Handy aus der Tasche, um das Wort mithilfe der Übersetzungs-App nachzuschlagen. Mist! Kein Internet. Anscheinend hat man an der Steinmauer vor dem Haus den besten Empfang.

Ich stöbere in meiner Tasche nach einem Stift und dem schwarzen Moleskine-Notizbuch, das ich am Fährhafen erstanden habe. Das ist mein »Lebensveränderungsnotizbuch«. Ich hole tief Luft. Ich werde allen zeigen, dass ich nicht einfach im Elend versinken oder mich mit noch einer Nacht auf dem Sofa zufriedengeben werde. Mein Rücken tut immer noch weh.

Unser großes Schlittenbett ist schon seit Wochen verkauft. Es hat sich angefühlt, als wäre das Bett kaum kalt gewesen. Nachdem Ed und ich uns getrennt hatten, dauerte es nur sechs Wochen, bis die Wohnung und ihr gesamter Inhalt veräußert waren. Ich schlief in dem leeren Apartment auf einem unserer großen, weichen Sofas, bis der neue Eigentümer sie abholte. Und ich glaube, das war der Auslöser: Ich hatte nicht einmal mehr ein Bett zum Schlafen. Das, und der Gedanke, zu meiner Mum zu ziehen und jeden Morgen ihren Freund Colin im Unterhemd sehen zu müssen, rülpsend und sich kratzend, während er bei voller Lautstärke das Frühstücksfernsehen schaut. Mum und Colin waren schon zusammen, als ich aufs College ging. Kurz nach meinem Auszug zog er ein. Es war, als hätte er meinen Platz zu Hause eingenommen. Für mich gab es keine Rückkehrmöglichkeit mehr, kein freies Zimmer. Ich war allein.

Ich schlage mein neues Notizbuch auf. Mein letztes war voller Stromzählerstände, Referenznummern für Postnachsendeaufträge, Einzelheiten über Container-Mieten und ähnlicher Informationen. Die Seiten des neuen Büchleins sind noch steif und riechen wunderbar nach »neuem Buch«. Das ist eine wichtige Seite: die erste Seite des Restes meines Lebens.

1. Ich mache einen dicken Punkt dahinter. Müllkippe.

Dann streiche ich das Wort durch und schreibe. 1. Internet. 2. Müllkippe. 3. Ziegenbesitzer

Ich muss rausfinden, wem dieses Tier gehört.

Entschlossen ziehe ich die ergrauten, muffigen Gardinen über der Spüle zurück, und sie zerfallen zwischen meinen Händen. Ich seufze. Wahrscheinlich mussten sie ohnehin ausgetauscht werden.

4. Küchengardinen. Und die Liste wächst weiter.

Ich gehe die Stufen hinunter und lasse die Hände über die kalten Steinwände gleiten. Neben der Feuerstelle gibt es noch eine Türöffnung in der dicken Wand.

Ich trete durch die Öffnung, die eher einem Gang gleicht, und stehe im Wohnzimmer, in dem es auch einen offenen Kamin und mehrere kleine Fenster gibt. Hier öffne ich ebenfalls die Läden. Noch mehr Gerümpel. Aber das ist in Ordnung; Müll kann man entsorgen, das ist kein größeres Problem. Als ich mich noch einmal umsehe, kann ich mich hier in einem Sessel vor dem Feuer sitzen sehen. Vielleicht eröffne ich eine Frühstückspension, wenn es mir gelingt, die Schlafzimmer zu renovieren. Auch hier würde ich alles in Weiß halten. Ich berühre die gekalkten Wände. Es ist kühl im Haus, und meine Zähne beginnen zu klappern. Eine Tür führt nach draußen in einen verwilderten Innenhof.

Als ich aus dem vorderen Fenster schaue, sehe ich mein Auto, das ich vor dem gepflasterten Vorplatz abgestellt habe. Der Regen hat offensichtlich nachgelassen. Sobald ich einen kurzen Blick auf den Rest des Hauses geworfen habe, werde ich meine Klamotten reinholen. Bis dahin hat es vielleicht ganz aufgehört, oder es nieselt nur noch. Hoffentlich ist die Ziege dann verschwunden!

Plötzlich fällt mir etwas ein, und ich füge meiner Liste hinzu: 48. Stromversorgung. Ich will heute Abend nicht im Dunkeln sitzen, das ginge zu weit.

Als ich in das nächste Zimmer im hinteren Bereich des Hauses gehen will, bleibe ich stocksteif im Türrahmen stehen. Ich kann kaum glauben, was ich sehe. Es gibt nur ein paar kleine Fenster weit oben, also leuchte ich mit meiner Handy-Taschenlampe. Dieser Raum hat ebenfalls eine hohe Decke, wenn sie auch etwas niedriger ist als die des ersten Zimmers, und alles ist weiß. Auf der gegenüberliegenden Seite ist eine bogenförmige Nische in die Wand eingelassen, in der sich eine Steinstatue von Jesus am Kreuz befindet; darunter hängt ein roter Vorhang. Vor der Nische stehen ein Tisch mit einem dunkelroten Tischtuch und acht Stühle. Das ist ein Altar! Eine Kapelle!

Damit habe ich nicht gerechnet. Es ist fantastisch, so ruhig und friedlich. Der Raum ist toll, aber ich habe noch keine Ahnung, was ich damit anfangen werde. Ich drehe mich um und denke an die Familientreffen, die hier sicher stattgefunden haben, ein Ort für Taufen, Hochzeiten und Trauerfeiern. So viel Geschichte, und jetzt ist sie vergessen. Ich lasse alles noch einmal auf mich wirken, und dann drehe ich mich wie ein Kind um, dessen Weihnachtswünsche allesamt erfüllt worden sind, laufe durch die anderen Zimmer und schreibe noch mehr Punkte auf meine Liste.

In den Keller führen Steinstufen, und ich nehme immer zwei auf einmal. Noch eine kuppelförmige Decke sehe ich, und in einer Ecke stehen sogar noch ein oder zwei staubige vergessene Flaschen und ein paar große Stahlfässer, die noch ziemlich neu aussehen. Zurück im Erdgeschoss, komme ich an der Ziege vorbei, die jetzt zumindest zur offenen Tür hinausschaut. Ganz kurz bin ich versucht, ihr einen Stoß zu versetzen, aber wahrscheinlich verschwindet sie eher, wenn ich sie einfach ignoriere. Diesmal gehe ich die Treppe hinauf und lasse die Hand dabei wieder über die Mauer gleiten. Ich begeistere mich immer mehr für alles, was ich in diesem Haus tun könnte. Ich kann kaum glauben, dass ich hier bin und dass dieses Bauernhaus tatsächlich mir gehört. Und jetzt will ich unbedingt wissen, was es oben zu entdecken gibt.

Auf der Treppe ist es dunkel. Wieder benutze ich mein Handy als Taschenlampe, um zu vermeiden, dass ich über irgendwelches Gerümpel stolpere. Ich strecke den Kopf in alle drei Zimmer und versuche herauszufinden, welches davon am ehesten bewohnbar ist. Die Böden bestehen aus nackten Holzdielen, und an den Wänden muss gearbeitet werden. Ich wähle den Raum, der nach hinten hinausgeht, als mein Schlafzimmer aus. Zwar ist er am kleinsten, doch er sieht aus, als könnte ich ihn sofort beziehen. Ich habe eine Luftmatratze; Elinor aus meinem Italienisch-Abendkurs hat sie mir geliehen. Damit komme ich fürs Erste zurecht. Es ist wie Campen, sage ich mir, das macht Spaß! Und wenigstens bin ich in Süditalien und nicht südlich von London. Ich denke an den Tag, an dem mein Bett aus der Wohnung getragen wurde.

Ich verlasse das Schlafzimmer und gehe zu dem bodentiefen Fenster auf dem Treppenpodest im hinteren Bereich des Hauses. Nur mit großer Mühe schaffe ich es, die Läden zu öffnen, aber mein Gott! Ich schnappe nach Luft. An dem schmiedeeisernen Absturzgitter halte ich mich fest und frage mich gleichzeitig, ob es wohl stabil ist. Oh … Was für eine Aussicht! Trotz des Nebels und des Dauerregens kann ich kilometerweit schauen: Olivenbäume, zwischen die sich vereinzelte Häuser schmiegen. Und man erkennt sie nur, weil Rauch aus den Schornsteinen aufsteigt.

Feuer?, frage ich mich plötzlich? Ende August? Dann fällt mir ein, dass wahrscheinlich die forni brennen, die gemauerten Öfen draußen vor den Häusern. Schließlich ist heute Sonntag. An die forni erinnere ich mich noch von meiner letzten Reise, als ich mich in die Gegend und alles, was dazugehört, verliebt habe – in die Gegend und in einen jungen Kunststudenten namens Francis. Bei der Erinnerung lächele ich vor mich hin. Er war nicht die Liebe meines Lebens; ich war erst siebzehn. Francis war nett und lustig, doch ich hatte nicht das Bedürfnis, zurückzukommen und ihn zu suchen. Aber in das Land habe ich mich richtig verliebt. Ich habe immer schon gesagt, dass ich wiederkommen werde.

Ed hat es nicht verstanden. Er mag All-Inclusive-Urlaube in Sharm el-Sheikh oder Skiurlaube im Januar. In Apulien, wo wir letztes Jahr waren, bevor aus »wir« »ich« wurde, mochte er weder das Essen noch sonst etwas.

Ich dagegen wäre am liebsten sofort umgezogen. Ich hatte geglaubt, dass ein gemeinsames Interesse uns wieder zusammenbringen könnte, und schaute mich mit Begeisterung in den malerischen Orten um, doch Ed wollte nur irgendwo ein freies WLAN finden, damit er sein Konto und seinen Rentenfonds checken konnte. Er hätte nie alle Zelte hinter sich abgebrochen, um in einem fremden Land ganz neu anzufangen.

Als wir uns in unserem letzten Collegejahr in der Bar der Uni kennenlernten, war es ein klarer Fall von »Gegensätze ziehen sich an«, denke ich heute. Ed war mit anderen BWL-Studenten da und ich mit meinen Freunden aus dem Fachbereich Kunst. Alle waren gekommen, um eine Band spielen zu hören. Das war eins der wenigen Dinge, die wir gemeinsam hatten – unseren Musikgeschmack. Gemeinsam haben wir viele Konzerte besucht und viel Spaß gehabt.

Während unserer Anfangstage in Mietwohnungen sind wir über Märkte und Flohmärkte gestreift und haben nach Möbeln und Krimskrams Ausschau gehalten. Damals haben wir damit begonnen, ernsthaft Langspielplatten aus den Achtzigern zu sammeln. Das wurde unser Wochenendhobby. Wir fuhren durch die ganze Gegend und aßen sonntagabends auf dem Heimweg Fish and Chips. Das war vor acht Jahren. Aber als Ed allmählich die Karriereleiter emporkletterte, änderten sich seine Vorlieben, und Krimskrams aus zweiter Hand gehörte bald der Vergangenheit an. Ed wollte neue Dinge, abgesehen von der Sammlung nostalgischer Schallplatten, die inzwischen im Wert gestiegen war. Er glaubt, ich bin verrückt geworden. Vielleicht hat er recht.

Ich drehe mich um und betrachte das große Treppenpodest. Noch immer kann ich nicht glauben, dass das alles mir gehört. In Tooting hatten wir eine Dreizimmerwohnung. Okay, sie war hübsch, und sie war eine großartige Investition, wie Ed vorausgesagt hatte. Es gab jede Menge Kaufinteressenten, als sie auf den Markt kam. Nach wenigen Tagen war sie verkauft, für den doppelten Preis; dennoch war sie nichts im Vergleich zu diesem Haus.

Ich gehe zum zweiten bodentiefen Fenster am anderen Ende des Flurs und stoße auch hier die Fensterläden auf. Ich schaue auf mein Auto runter, das in einem Winkel geparkt ist, als hätte jemand es aufgegeben. Der Regen ist eindeutig schwächer geworden, es ist nur noch ein leichter Schauer. Ich möchte jetzt hinausgehen und den Hof neben dem Haus erkunden, wo es einen trullo und einen offenen Schuppen gibt, der bestimmt mit Gerümpel vollgestopft ist. Mein eigener trullo, ein altes einstöckiges Steingebäude mit einem Kegeldach. Schon als ich zum ersten Mal in der Gegend war, haben mich diese Häuschen fasziniert. Irgendwo habe ich mal gelesen, dass sie wie Schlumpfhäuser aussehen – und das stimmt!

Ich laufe die Treppe hinunter zur Haustür, wo die Ziege immer noch unschlüssig herumsteht. Jetzt werde ich meinen Koffer holen und mir was Trockenes anziehen. Als ich rausgehe, stelle ich fest, dass es draußen wärmer ist als im Haus, und – kaum zu glauben – es hat aufgehört zu regnen! Die nasse und etwas ramponierte Bougainvillea duftet nach dem Regen ganz wundervoll. Ich werfe einen Blick zurück aufs Haus. Mein Haus. Nie hätte ich geglaubt, dass ich so etwas besitzen könnte, nicht allein, nicht ohne Ed. Ich spüre ein schwaches Zucken im Bauch, als würde eine Lichterkette angeschaltet und mich von innen erleuchten.

»Das Einzige, was man im Leben bereut, sind die Dinge, die man nicht getan hat«, sagte mein Großvater immer zu mir. Also habe ich seinen Rat beherzigt, und jetzt glaubt meine Mum, dass ich unzurechnungsfähig bin. Doch es war einfach eine einmalige Gelegenheit. Ich habe es nicht getan, um Ed vor den Kopf zu stoßen, obwohl dieser Gedanke zu meiner Entscheidung beigetragen hat. Ein Teil von mir wollte immer schon ausbrechen, ein renovierungsbedürftiges Haus kaufen und es selbst auf Vordermann bringen. Mir war gleichgültig, wo das Häuschen steht, aber ich hatte trotzdem eher an einen runtergekommenen Stadtteil von London oder vielleicht an Kent gedacht. Allerdings hätte ich mir in London niemals allein so etwas leisten können, und jetzt gehört mir das alles hier!

Meine Gedanken verlieren sich in einer Fantasiewelt, als ich durch den Bogengang neben dem Haus spaziere und den Blick über das wuchernde Gestrüpp schweifen lasse. Da ist der offene Schuppen. Ja, er quillt tatsächlich über vor Plunder, doch man könnte ein wundervolles Gästehaus daraus machen. Natürlich nicht sofort, aber vielleicht eines Tages, wer weiß? Jetzt habe ich erst einmal Pläne für den kleinen trullo.

Ich versuche, die Tür zu öffnen. Sie ist nicht abgeschlossen. Wieder nehme ich meine Liste zur Hand und notiere: 74. Schloss für trullo. Dann öffne ich die Tür und ziehe den Kopf ein, um einzutreten – wie Alice im Wunderland, nachdem sie den »Iss-mich«-Kuchen gegessen hatte.

Ich bleibe stehen. Bevor ich es sehen kann, höre ich es. Ein Tropfgeräusch. Ich nehme wieder mein Handy und benutze die Taschenlampe. Es gibt ein paar Möbel hier drinnen: zum Beispiel eine dunkle Schubladenkommode, die gut in mein Schlafzimmer im Haus passen würde, und ein kleiner Tisch mit Stühlen. Dann schaue ich nach oben, immer weiter nach oben zur weißen Putzdecke. Wie im Inneren einer Zwergenmütze, denke ich und lächele. Genau in dem Moment fällt mir ein Wassertropfen mitten ins Auge. Aha, daher stammt also das Tropfgeräusch.

Nachdem ich einen alten Farbeimer unter das Leck gestellt habe, sehe ich mich weiter um. Das hier wird das perfekte Mietshäuschen und kann ein bisschen Geld einbringen, zusätzlich zu dem, was ich mit dem Design von Online-Grußkarten verdiene.

75. schreibe ich in mein Notizbuch, Internetverbindung trullo. Ich unterstreiche den Punkt mehrfach. Dann werfe ich einen Blick zurück in das pilzartige Häuschen. Ich werde ein Bett, einen Tisch und Stühle hineinstellen und Kissen in die Nische neben dem Feuer legen. Dann werde ich Fotos davon auf Facebook posten. Ich weiß, dass Ed sie sehen wird. Als ich einen Blick auf meine Liste werfe, erlöschen ein paar der Lämpchen der Lichterkette in meinem Bauch. Es gibt jede Menge zu tun, und plötzlich schaudere ich und bekomme eine Gänsehaut. Rasch lenke ich mich ab, indem ich ans Auspacken und an ein Feuer denke. Vermutlich gibt es ohne Feuer kein warmes Wasser, es sei denn, ich habe irgendwo einen ganz tollen Wasserboiler übersehen. Aber das glaube ich eigentlich nicht. Wie gesagt, es ist wie Campen: ein großer Spaß!

Ich weiche den großen Pfützen im Hof und den Grasbüscheln aus, die zwischen den abgenutzten Pflastersteinen wachsen, und hebe meine Koffer und meine schwarze Reisetasche aus dem Wagen. Dann steuere ich auf die Haustür zu. Gott sei Dank ist die Ziege verschwunden, und ich schubse die Tür entschlossen mit dem Po ins Schloss. Meine Haustür! Nicht Eds oder eine Gemeinschaftstür zu allen Wohnungen – alles meins. Ich lächele vor mich hin, und ein paar Lichter der Lichterkette flammen wieder auf.

Oben schlüpfe ich aus meinen nassen Klamotten, hänge sie über den Rahmen eines geöffneten Fensters und ziehe eine dünne Latzhose an, die ich in einem Secondhandladen an der Hauptstraße erstanden habe. Dazu kommen die taillenlange, geblümte Vintage-Jacke vom Flohmarkt und die Flip-Flops vom Discounter Primark. Ich kombiniere gern verschiedene Stilrichtungen. Ich frage mich, wo wohl der neue Laden meiner Wahl sein wird. Vielleicht ist es der Markt im Ort, der montags stattfindet – also morgen! Jetzt sind wieder alle Lichtchen angegangen, und ich klopfe mir in Gedanken selbst auf die Schulter. Ich hab’s getan. Das hier gehört alles mir! Ich denke an meine Mum, meinen Bruder Lance und Ed. Ihnen allen werde ich es zeigen. Ich beuge mich aus dem Fenster, um die Aussicht zu genießen, und mein Handy erwacht wie durch Telepathie mit einem Piepsen zum Leben.

Achte darauf, nur Wasser aus der Flasche zu trinken!, schreibt Mum.

Auch Ed hat eine SMS geschickt:

Hast du die Stromrechnungen vom letzten Jahr?

Stromrechnungen? Meint er das ernst? Ich habe Wichtigeres im Kopf als alte Stromrechnungen. Obwohl wir getrennte Wege gehen, macht Ed sich immer noch Gedanken über Dinge wie das Aufsplitten der letzten Stromrechnung, weil er ja die letzten sechs Wochen nicht mehr in der Wohnung gewohnt hat. Er ist mit der Trennung pragmatisch umgegangen und zog sofort nach seinem Auszug bei Annabel ein, einer Arbeitskollegin, die ihm bereitwillig eine Schulter zum Ausweinen und ein freies Gästezimmer angeboten hat. Wohingegen ich mich nächtelang fragte, was zum Teufel ich getan hatte, und beim Packen in die Umzugskartons weinte. Was nicht heißen soll, dass Ed mir nicht alle paar Stunden eine SMS schreibt. Obwohl er ausgezogen ist, hat er nach wie vor noch nicht ganz verstanden, dass ich nicht immer per Telefon erreichbar bin, wenn es ihm passt.

Annabel ist in der Tat schnell. Sie hatte schon eine ganze Weile ein Auge auf Ed geworfen. Daraus hat sie kein Geheimnis gemacht und mir bei der letzten Weihnachtsfeier ihrer Firma gesagt, sie finde es überraschend, dass Ed mit »jemandem wie dir« zusammen ist. Ich wiederum war zu überrumpelt, um nachzufragen, was sie damit meinte. Aber als ich mich umsah und bemerkte, dass alle Anzüge und Kostüme trugen, während ich direkt von der Abendschule in meiner Latzhose gekommen war, habe ich es verstanden. Als ich mir schließlich ein Herz fasste und Ed an jenem verregneten Nachmittag im Juni sagte, dass es mit uns nicht mehr funktionierte, hatte Annabel ihr Gästezimmer schon ausgeräumt und erwartete ihn mit einer Großpackung Kleenex.

Nicht lange danach verwandelte sich die freundschaftliche Hand in den schraubstockartigen Griff einer Frau, die ihren Mann erobert hatte und ihn nicht mehr loslassen würde. Manche Leute finden sie vielleicht selbstgefällig. Ich werde ihr auf jeden Fall nicht die Genugtuung geben zuzugeben, dass ich eine vollkommen törichte Entscheidung getroffen habe. Das hat Annabel ohnehin schon gedacht, als ich mit Ed Schluss machte.

Während ich mich jetzt hier umsehe, wird mir klar, dass ich nicht zu viel über den Berg an Arbeit nachdenken darf, der vor mir liegt – sonst lasse ich mich entmutigen. Ich muss das Ganze in mundgerechte Häppchen einteilen. Aber mir schwirrt der Kopf. Was, wenn ich mir doch zu viel vorgenommen habe? Was, wenn ich es nicht schaffe? Ich versuche, die kleinen Dämonen aus meinem Kopf zu vertreiben.

Ein Poltern von unten unterbricht meine Gedanken. Oh nein, bitte nicht schon wieder diese Ziege! Ich drehe mich um und will die Treppe hinunterlaufen. Diesmal werde ich sie wirklich rausschubsen.

In diesem Moment höre ich ein Meckern, das von draußen zu kommen scheint. Ich lehne mich aus dem Fenster auf dem Treppenabsatz und schaue hinaus in den Hof. Es ist die Ziege. Sie ist noch da. Ich verdrehe die Augen und gehe die Treppe runter; ich muss die Tür offen gelassen haben. Vielleicht schließt sie nicht richtig, ich muss das der Liste hinzufügen.

Als ich unten ankomme, bleibe ich wie erstarrt stehen. Mir rutscht das Herz in die Hose, und mein Mund ist auf einmal so trocken wie die Wüste. Die Haustür ist geschlossen. Mir wird kalt, sehr kalt. Wieder poltert es im Wohnzimmer, und ich fahre zusammen. Mein Herz pocht so heftig, als wollte es mir aus der Brust hüpfen. Denn wenn die Ziege draußen ist, wer ist dann in meinem Haus?

3. Kapitel

»Aaaah!«, höre ich mich schreien.

»Aaaah!«, stößt der Fremde hervor, der im Flur zum Wohnzimmer auftaucht. Kartons voller Papier und Krempel fallen zu Boden, als der Mann erschreckt zurückspringt. Wir starren einander an. Überrascht fährt er sich mit beiden Händen durch die dunklen Locken. Er ist groß, ordentlich rasiert und hat olivenfarbene Haut. Eigentlich ist er erstaunlich attraktiv. Ich frage mich, ob er gleich wegrennen wird. Er sieht mich an, als rechnete er damit, dass ich jeden Moment weglaufe. Als keiner von uns sich rührt, betrachtet er die Kartons, deren Inhalt auf dem Boden verstreut liegt und den Weg blockiert, und sieht dann wieder mich an. Offensichtlich hat er nicht damit gerechnet, jemanden anzutreffen. Das Haus sieht aus, als stünde es schon seit geraumer Zeit leer, ist also ideal für Einbrecher. Aber vielleicht ist er ein Anfänger. Er ist nicht passend angezogen, so viel ist sicher! Turnschuhe, Handschuhe und Sonnenbrille wären besser geeignet. Stattdessen trägt er einen cremefarbenen Leinenanzug und spitze kastanienbraune Schuhe. Damit wird er nicht weit kommen. Allerdings macht er auch keine Anstalten wegzulaufen.

»Che cazzo … chi diavolo sei?«, sagt er und ist offenbar immer noch verblüfft. Obwohl ich nicht jedes Wort verstehe, erfasse ich das Wesentliche.

»Wer ich bin?« Ich deute auf meine Brust. Sämtliche italienische Wörter, die ich im Laufe der Monate in meinem Abendkurs gelernt habe, haben sich anscheinend zusammen mit meinem normalen Herzschlag verflüchtigt. Ich konnte zwar noch nicht fließend Italienisch sprechen, aber immerhin war ich in der Lage gewesen, mich vernünftig zu unterhalten.

»Sie haben mich erschreckt!«, sage ich sauer, immer noch nicht fähig, einen italienischen Satz rauszubringen. Doch dann fällt bei mir der Groschen. Er muss der Ziegenbesitzer sein! »Ist das Ihre Ziege?«

»Scusi?« Er runzelt die Stirn, als wäre ich der Dorftrottel.

»Sie müssen sie anbinden. Legarlo?«, versuche ich es und mache eine Handbewegung, als legte ich mir einen Strick um den Hals und zöge daran. Dann wird mir klar, dass das wie eine geplante Strangulierung aussehen muss. Sein Stirnrunzeln verstärkt sich. Wahrscheinlich glaubt er, ich drohe damit, mich umzubringen. Ich lasse die Hände sinken und seufze.

»Ah, Inglese, si?«

»Sì.« Ich nicke eifrig, froh, dass er mich verstanden hat. »Binden Sie sie an! Die Ziege!« Ich zeige auf die Tür und fühle mich wie eine Darstellerin in einem amateurhaften Pantomimendrama. Ich bin sauer auf mich, weil die vielen Stunden im Auto mit meinem richtig teuren Italienisch-Fortbildungskurs auf CD offensichtlich reine Zeitverschwendung gewesen sind. Ich habe keine Ahnung, was »Ziege« auf Italienisch heißt. Ich muss so bald wie möglich online gehen; dann kann ich wenigstens auf mein Wörterbuch zugreifen.

Zu meiner Überraschung wirft er den Kopf zurück und lacht. Ich bin mir nicht sicher, ob er sich über mein mangelhaftes Italienisch amüsiert oder darüber, dass ich seine Ziege gefunden habe.

Meine Furcht verfliegt und macht Verärgerung Platz. Ich bin es satt, ausgelacht zu werden. Wütend marschiere ich zur Tür und öffne sie weit.

»Legarlo!«, wiederhole ich, zeige auf die Ziege und mache wieder die Würgebewegung. Er lacht. Vielleicht denkt er, ich fordere ihn auf, die Ziege zu strangulieren.

»Nicht so …« Ich ziehe einen Finger quer über die Kehle und gebe ein Erstickungsgeräusch von mir. »Sondern so …« Ich ahme das Binden einer Schleife nach, als würde es ich einem Kind beibringen. Offenbar immer noch ungläubig, schüttelt er den Kopf und verschränkt die Arme vor dem Körper.

»Capra? Die Ziege?«, fragt er auf Englisch, deutlich zu verstehen, doch mit einem italienischen Akzent, sodass es sich viel exotischer anhört.

»Sì, die capra.« Ich nicke und lächele. Wir können uns verständigen, das ist gut. Aber was ich nicht verstehe, ist, was dieser Mann in meinem Haus zu suchen hat. Im Geiste mache ich mir eine Notiz für meine Liste: 122. Riegel für die Haustür.

Beim Gedanken an die To-do-Liste fühle ich mich auf einmal völlig erschöpft, und wieder überfallen mich Zweifel. Soll ich wirklich hier in Italien in dieser ländlichen Region bleiben, wo fremde Männer einfach so ins Haus spazieren? Ich weiß noch nicht einmal, ob ich die Polizei anrufen könnte, wenn ich wollte. Und nicht nur das. Kann ich die viele Arbeit bewältigen, die in dieses Haus gesteckt werden muss? Kann ich die anfallenden Kosten mit meinen mageren Ersparnissen und meinem Einkommen tragen? Oder bin ich verrückt? Ich komme ja nicht mal mit einer Ziege allein klar.

»Die Ziege, sie wohnt hier«, sagt der Italiener trocken und unterbricht damit meine Gedanken. Ganz kurz bin ich sprachlos.

»Was? Cosa? Scusi?«, frage ich, und er wiederholt den Satz wortwörtlich.

»Die Ziege, sie wohnt hier.«

Ich glaube, dass er das gesagt hat.

»Aber jetzt nicht mehr«, erwidere ich mit Nachdruck auf Englisch und mühe mich nicht länger mit meinen rudimentären Italienisch-Kenntnissen ab. Dieser Mann spricht offensichtlich leidlich gut Englisch, und ich will diese Sache klären und ihn zum Gehen bewegen. Ich halte die Tür noch ein bisschen weiter auf. Die Sonne kämpft sich durch die Wolken und spiegelt sich in den Pfützen vor dem Haus.

Der Mann runzelt wieder die Stirn und senkt den Blick. Die Kisten liegen immer noch vor seinen Füßen. Ich betrachte sie ebenfalls. Um ehrlich zu sein, ist nichts dabei, was sich zu stehlen lohnt, nur Gerümpel, das er sich da geschnappt hat.

»Scusi«, sagt er höflich, während er mir einen verwirrten Blick zuwirft. Ich überlege kurz, ob er sich für das Chaos oder den vermasselten Diebstahl entschuldigt, aber dann sieht er mich direkt an. Mein Herz schlägt schneller, als er mich fragt: »Was genau machen Sie eigentlich hier?«

Ich bin ein bisschen überrumpelt und ertappe mich dabei, wie ich antworte, als wollte ich mich um die Position des neuen Besitzers bewerben. Seltsam, wenn man bedenkt, dass ich ihm eigentlich dieselbe Frage stellen sollte. Vielleicht liegt es an meiner Erschöpfung, oder es ist der Schock.

»Ich bin … na ja, ich designe Online-Grußkarten«, erkläre ich. »Für Geburtstage, Weihnachten, Ruhestand, Umzug«, erläutere ich weiter. »Und hier werde ich … hm«, ich räuspere mich, als würde das Ganze real werden, wenn ich es zum ersten Mal laut ausspreche. »Hier werde ich Ferienwohnungen vermieten«, beende ich meinen Satz und fühle mich dabei wie eine absolute Hochstaplerin.

Er lächelt erneut und verschränkt wieder die Arme, was mich noch mehr irritiert. Warum verschwindet er nicht? Ich war höflich, ich habe nicht die Polizei gerufen. Was will er noch? Meinen Lebenslauf? Außerdem gehört das Gerümpel, das er mitnehmen will, mir. Dieses Haus ist zwar vernachlässigt und steht leer, aber seit einer Woche gehört es mir.

Ich ziehe die Augenbrauen hoch, öffne die Tür noch weiter und mache eine sanft ausladende Geste in Richtung Ziege. Ich will es mir mit diesem Mann nicht verderben; ganz offensichtlich ist er ein Einheimischer, auch wenn er für die Rettung einer Ziege oder einen Einbruch nicht passend gekleidet ist. Doch ich finde, dass es jetzt wirklich reicht.

»Das ist sehr gut«, sagt er lächelnd, »aber was machen Sie in meinem Haus?«

In der darauf folgenden, peinlichen Stille versuche ich herauszufinden, ob dieser Mann ernsthaft gestört oder nur nervig ist.

»Ähm …« Ich erwidere das Lächeln und sage dann langsam und deutlich: »Genau genommen sind Sie in meinem Haus.« Wieder lächle ich freundlich, doch leichter Zweifel schleicht sich in meine Stimme.

Er runzelt die Stirn, bis seine dicken Augenbrauen sich beinahe treffen und seine Augen ganz klein werden. Dann legt er einen Finger an den Mundwinkel, sodass sein Leinensakko sich hochzieht und an den Achseln und den Ellbogen Falten wirft. Seine Hand sieht weich und glatt aus, die Fingernägel sind ordentlich geschnitten. Eindeutig kein Mensch, der daran gewöhnt ist, im Freien zu arbeiten. Er lacht ungläubig.

»Ich glaube, Sie irren sich«, erwidert er mit immer noch gerunzelter Stirn. »Sie kommen nicht aus der Gegend, richtig?« Er legt den Kopf schräg, zieht eine Augenbraue hoch und mustert mich. Auf einmal verschwindet meine selbstbewusste Haltung, als stünde ich in Treibsand.

Ich schüttle den Kopf. Er konnte doch nicht recht haben, oder etwa doch?

»Das ist mein Elternhaus«, erklärt er freundlich. »Es steht nicht zum Verkauf.« Er bückt sich, sammelt die verstreuten Papiere und Dekoartikel auf und packt sie in die Kartons. Dabei schaut er zu mir auf. »Ich glaube, Sie sind im falschen Haus.« Er steht wieder auf, balanciert eine Kiste auf dem Arm und verteilt den Inhalt gleichmäßig. Mein Mund ist ganz trocken geworden, und ich fühle mich, als hätte mir jemand einen Eimer kaltes Wasser über den Kopf geleert.

»Im falschen Haus?«, wiederhole ich. Mein Mund fühlt sich an, als wäre er voller Watte, und mein Herz pocht so laut, dass es meine eigenen Worte übertönt.

»Das kann leicht passieren. Die Straßen hier sind verwirrend, wenn man die Gegend nicht kennt.« Er nickt kurz in Richtung des von Schlaglöchern durchzogenen Weges, den ich am Morgen entlanggefahren bin. Er hat recht, auch wenn er ein bisschen überheblich klingt: Die Straßen sehen alle gleich aus, und die Beschilderung ist nicht eindeutig. Aber ich dachte, ich wäre den Orientierungshilfen im Brief korrekt gefolgt.

»Und das Wetter ist schrecklich. Es ist verständlich.« Allerdings macht er nicht den Eindruck, als hätte er das geringste Verständnis, und ich komme mir vor wie ein dummes Kind. Er ist gekleidet, als käme er geradewegs aus dem Büro – natürlich ist er kein Einbrecher! Ich bin so eine Idiotin! Heute Abend kann er seiner Frau und seinen Kindern eine tolle Geschichte erzählen und sich über die dämliche Engländerin lustig machen. Mir ist nach Weinen zumute. Am liebsten hätte ich mich zusammengerollt und wäre an Erschöpfung und einem extremen Fall von Dummheit gestorben. Wem will ich hier was vormachen? Und die ganze Arbeit an diesem Haus – ich atme heftig aus –, wirklich, es ist viel zu viel für einen allein. Dazu bräuchte man eine ganze Armee ausgebildeter Fachleute. Das Haus ist ein Groschengrab. Ein Grab von Groschen, die ich gar nicht habe.

»Kommen Sie, ich helfe Ihnen mit Ihren Sachen! Ich bringe nur eben das Zeug hier in mein Auto. Wenn Sie den Namen des Hauses wissen, das Sie suchen, beschreibe ich Ihnen den Weg. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Nähe ist – ich weiß von keinen Häusern in der Gegend, die zum Verkauf stehen«, fährt er fort. Offensichtlich ist er darauf erpicht, mich loszuwerden, damit er weitermachen kann. Ich wette, er hat eine große Familie und einen guten Job. Er wirkt wie ein Mensch, der in seinem Leben alles richtig gemacht hat. Ganz anders als ich. Ich scheine immer wieder Fehler zu begehen und auf die Nase zu fallen. Ich meine, wie viele Leute gibt es wohl, die in ein Haus einziehen, das einem anderen gehört, und den Besitzer auffordern, seine Ziege aufzuhängen?

Meine Augen brennen und sind gerötet, und ich schlucke schwer. Der Mann dreht sich um und trägt die Kisten über das Pflaster, wobei er den Schlaglöchern instinktiv ausweicht, und steuert auf das schicke rote Auto zu, das hinter meinem Wagen parkt. Die Ziege trottet hin und her.

Die Ziege wohnt hier, wiederhole ich lautlos. Natürlich! Die Ziege wohnt hier. Ich nicht! Ich Närrin!

Ich gehe zum Plastiktisch im Esszimmer und sammle mein Notizbuch und meine Umhängetasche ein. Dabei stelle ich fest, dass ich eigentlich erleichtert bin. Natürlich ist dieses Haus wunderschön, aber es ist so groß. Ich weiß nicht, was ich für mein Geld erwartet habe, doch das hier konnte es nicht sein. Irgendwo in der Nähe muss es ein viel kleineres Haus geben. Irgendwie sehen die Häuser im Internet alle gleich aus. Ich suche nach einer masseria, aber das heißt bloß »Bauernhaus«. Davon muss es jede Menge geben.

Als ich mir die Tasche über die Schulter hänge, rutscht der Umschlag heraus und fällt auf den Boden. Ich bücke mich, um ihn aufzuheben, und starre auf den etwas verwischten Namen, der darauf steht: Masseria Bellanuovo. Zugegeben, man kann die Worte nicht mehr so gut lesen, seit der Umschlag durchweicht ist, doch es ist definitiv der Umschlag … und der Schlüssel lag darin! Der Schlüssel, der ins Türschloss passte.

Wie blöd von mir! Ich nehme den Schlüssel, gehe zur Tür und probiere ihn noch einmal aus, nur um sicherzugehen. Er passt wie Aschenputtels Fuß in den gläsernen Schuh. Jetzt bin ich wütend. Was glaubt dieser Schwindler eigentlich, wer er ist? Bricht hier ein, will mir weismachen, dass ich im falschen Haus bin, und stiehlt mein Gerümpel!

Ich sehe ihm entgegen, als er von seinem Wagen zurückkommt. Er tätschelt der Ziege das Hinterteil und hüpft beinahe auf die Haustür zu. Diesmal stehe ich mit verschränkten Armen auf der Schwelle.

»Masseria Bellanuovo?«, frage ich und richte mich zu meiner voller Größe von einem Meter fünfundfünfzig auf.

»Richtig«, antwortet er. »Das ist Masseria Bellanuovo, mein Elternhaus.«

»Entschuldigung, in dem Fall hätte ich mich vorstellen sollen. Ich bin Ruthie Collins aus London in England. Und Sie sind wer?«

»Marco, Marco Bellanuovo.« Er schüttelt mir die Hand und sieht dabei leicht genervt aus.

»Also, Mr. Bellanuovo, ich glaube, Sie werden feststellen, dass dieses Haus mir gehört. Masseria Bellanuovo. Ich habe es gekauft.« Ich lasse den Schlüssel auf ziemlich kindische, aber eindrucksvoll dramatische Weise vor seinen Augen hin- und herbaumeln.

Er wirft einen Blick darauf und explodiert.

»Che cazzo?«, brüllt er, und ich weiche unwillkürlich einen Schritt zurück. Allmählich verstehe ich, was dieser Ausdruck bedeutet.

»Das kann nicht sein! Dieses Haus ist nicht zu verkaufen. Es gehört meiner Familie, meinem Großvater.«

Er starrt auf den Schlüssel, und ich zeige ihm auch den Umschlag. Sämtliche Farbe weicht ihm aus dem Gesicht, offenbar ist er schockiert.

»Kommen Sie, wollen wir uns nicht hinsetzen?«, schlage ich vor. Ich hätte auf die dramatische Inszenierung verzichten sollen. Seufzend trete ich zur Seite, um ihn ins Haus zu lassen. »Ich sehe mal, ob ich Ihnen ein bisschen Wasser organisieren kann.«

»Nein, danke.« Er hebt die Hände. »Ich muss rausfinden, was hier los ist.« Während er nachdenkt, schwirren auch mir die Gedanken so schnell durch den Kopf, dass ich kaum noch mithalten kann.

»Bitte, können Sie mir sagen, mit wem Sie das Geschäft abgeschlossen haben? Wer hat es Ihnen verkauft?«

»Giovanni Bellanuovo«, antworte ich deutlich weniger triumphierend. Seinem finsteren Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er offensichtlich keine Ahnung.

»Mein Großvater«, sagt er leise und wendet sich ab.

Ich glaube nicht, dass ich das Gerümpel zurückverlangen werde. Wahrscheinlich gehört es ohnehin rechtmäßig ihm.

»Merda!«, stößt er plötzlich hervor und schlägt sich mit der Hand auf den Oberschenkel. Er hält sich den Kopf und geht ein paar Schritte weg.

»Hören Sie«, sage ich, während ich hoffe, dass meine Gedanken sich rasch sortieren. Die Sonne kommt raus, die Wärme im Gesicht fühlt sich gut an. Ich folge ihm und berühre ihn leicht am Ellbogen. »Ich … ich habe nicht gewusst, dass ich das Haus einer Familie kaufe. Warum sprechen Sie nicht mit Ihrem Großvater, damit er es Ihnen erklären kann?« Meine Stimme wird immer höher, und ich zucke mit den Schultern.

Er sieht mich an und erwidert dann: »Das ist nicht so einfach. Er ist vor einer Woche gestorben.«

Ich schlage mir die Hand vor den Mund. »Das tut mir so leid!«, sage ich mitfühlend.

»Die Beerdigung ist morgen. Deshalb bin ich hier, deshalb sind wir alle hier. Die Familie.«

Mir fällt keine vernünftige Reaktion ein, also schweige ich. Das Einzige, was ich weiß, ist, dass ich jetzt tatsächlich Eigentümerin eines großen Hauses bin, in das jede Menge Arbeit gesteckt werden muss. Und dass ich die Einheimischen schon jetzt gegen mich aufgebracht habe.

»Sie kommen besser mit mir«, fordert er mich auf und klingt wie ein Lehrer, der einen unartigen Schüler zum Direktor schleift.

»Wohin?« Ich runzle die Stirn.

»Zu meiner Mutter. Die ganze Familie ist da. Meine Cousine mütterlicherseits ist mit einem Anwalt verheiratet. Er weiß bestimmt, was zu tun ist.« Er dreht sich um und geht zu seinem Wagen. Ich folge ihm mit schnellen kleinen Schritten, nachdem ich die Haustür zugeschlossen habe. Hoffentlich lässt sich die Sache ein für alle Mal klären!

»Was ist mit der Ziege?«, frage ich seinen Rücken, als er sein Auto mit der Fernbedienung öffnet, woraufhin es mit einem Piepsen antwortet.

»Das habe ich doch schon gesagt. Die Ziege wohnt hier. Jetzt steigen Sie ein!«, erwidert er und öffnet schwungvoll die Tür. Als der Motor aufheult, folge ich rasch seiner Anweisung.

4. Kapitel

Als wir vor einer großen weißen Villa mit rot-weißen Markisen anhalten, fühle ich mich wie nach einer Fahrt in einer Achterbahn. Ein bisschen wie damals, als ich mit Ed im Vergnügungspark Alton Towers war. Allerdings weigerte er sich, mit irgendeinem Fahrgeschäft zu fahren, und ich fühlte mich schließlich, als hätte man mich kräftig durchgeschüttelt und anschließend wieder falsch zusammengesetzt.

Marco fuhr sehr schnell, rumpelte den Weg entlang, brauste durch das Tor und bog in die nächste Einfahrt ein, wo er mit kreischenden Bremsen hinter den vielen anderen Autos anhielt, die überall auf dem Kiesweg parkten. Mein Herz rast, und ich klammere mich so krampfhaft am Armaturenbrett fest, dass ich mich frage, ob meine Finger sich eingegraben haben. Marco steigt aus und knallt die Tür zu. Während ich meine Finger vorsichtig löse, hoffe ich, dass seine Familie – meine neuen Nachbarn – netter und verständnisvoller sind als er.

Er dreht kurz den Kopf, um zu sehen, ob ich ihm folge, verriegelt das Auto mithilfe der Fernbedienung und steuert auf eine gemauerte Veranda zu, über die sich drei Gewölbebögen spannen. Dabei nimmt er immer zwei Marmorstufen auf einmal. Ich sehe eine Hollywoodschaukel und einen Zitronenbaum im Kübel. Plötzlich bleibe ich wie angewurzelt stehen, als lautes Bellen ertönt, eine Meute Hunde um die Hausecke biegt und auf uns zustürmt. Marco bleibt ebenfalls stehen und sagt etwas zu einer kleinen, weiß und cremefarben gescheckten Promenadenmischung. Dann dreht er sich abrupt zu mir um und gibt mir mit einer Kopfbewegung zu verstehen, dass ich ihm folgen soll. Ich ziehe die Jacke enger um mich und gehorche. Inzwischen ist es früher Abend, und ich muss die Angelegenheit wirklich bald klären, bevor es zu spät wird. Ein Teil von mir sträubt sich, Marco zu folgen und mich so herumkommandieren zu lassen, aber ein anderer Teil ist sich bewusst, dass ich die Nachbarn sowieso irgendwann kennenlernen muss. Ich wünschte nur, es könnte unter angenehmeren Umständen passieren.

Ich schlage einen Bogen um die mittlerweile nicht mehr bellenden Hunde und erreiche Marco, als er gerade die Hand nach der Haustür ausstreckt. Er befiehlt dem kleinen cremefarbenen Hund, sich hinzusetzen, und der gehorcht bereitwillig und sieht zu seinem Herrchen auf. Als Marco die Tür öffnet und wir eintreten, treffen mich der Lärm und die Hitze wie eine Wand. Überall sind Menschen: Einige sitzen am Tisch, einer hält ein Baby, während ein anderer viel Aufhebens um das Kleine macht; manche stehen in Gruppen zusammen und unterhalten sich, trinken etwas und knabbern an kleinen Gebäckstangen.

»Ach, Marco!«, höre ich eine Frauenstimme, dann spricht eine ältere Frau, und plötzlich reden alle durcheinander. Ich verstehe sie nicht wirklich, doch irgendwie kann ich ihre Handbewegungen deuten. Die erste Frau, vermutlich Marcos mamma, bewegt die Hände hin und her und zeigt auf eine ältere Frau in Schwarz, die leise in ein Taschentuch weint. Ich glaube, sie will wissen, wo er gewesen ist, und sagt ihm, dass Nonna ihn braucht.

Eine jüngere Frau arbeitet zusammen mit Marcos mamma in der offenen Küche. Ich höre, wie eine gewisse Rosa erwähnt wird, und alle schauen auf die Uhr. Marcos mamma tippt sich aufs Handgelenk. Offensichtlich wartet sie auf etwas.

Ich komme mir vor wie eine Wurst bei einer Bar-Mizwa-Feier – ich falle auf, aber alle ignorieren mich vollkommen. Sie reden so schnell, und ab und zu schnappe ich ein paar Wortfetzen auf, die jedoch keinen Sinn für mich ergeben. Es fällt mir schwer, mich zu konzentrieren. Vielleicht wäre es hilfreich, wenn immer nur einer sprechen würde – wie in meinem Italienischkurs. Ich fühle mich alles andere als wohl und wünsche mir, ich könne einfach wieder verschwinden. Vielleicht funktioniert das ja sogar. Vorsichtig mache ich einen Schritt auf die Tür zu.

»Chi è questo?« Endlich deutet seine Mutter in meine Richtung, und ich erstarre mitten in der Bewegung.

»Vielleicht ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt«, sage ich. Ich sehe die vielen dunkel gekleideten Menschen, die schluchzende alte Dame, den gedeckten Esstisch und die dampfenden Pfannen und Töpfe. Ich hebe leicht die Hand zum Gruß und zum Abschied. »Un’ altra volta«, sage ich, »ein anderes Mal«, und gehe einen Schritt rückwärts.

»Eh?« Marcos Mutter stemmt die Hände in die Hüften.

»Ein Gast«, sagt Marco, wohl sowohl meinetwegen als auch ihretwegen, und deutet damit an, dass ich nicht lange bleibe.