Das kleine Château in den Hügeln - Jo Thomas - E-Book

Das kleine Château in den Hügeln E-Book

Jo Thomas

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Beschreibung

Sommer, Sonne, Wein und Liebe ...

Als Emmy den Job auf einem südfranzösischen Weingut bekommt, ist das die lang ersehnte Chance auf einen Neubeginn. Die Sache hat nur einen Haken: Emmy hat keine Ahnung von Wein. Und das muss sie gekonnt verbergen. Vor allem vor ihrem charismatischen Mentor Isaac und vor Charlie, dem smarten Erben des Weinguts - zwei Männer, die Emmys Gefühle durcheinanderwirbeln. Bis sie begreift: Mit dem Wein ist es wie mit der Liebe - die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man seinen Instinkten vertraut. Doch hat Emmy dazu wirklich den Mut?

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Widmung

Vorwort

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

27. Kapitel

28. Kapitel

29. Kapitel

30. Kapitel

31. Kapitel

32. Kapitel

33. Kapitel

34. Kapitel

35. Kapitel

36. Kapitel

37. Kapitel

38. Kapitel

39. Kapitel

40. Kapitel

41. Kapitel

42. Kapitel

43. Kapitel

44. Kapitel

45. Kapitel

46. Kapitel

47. Kapitel

48. Kapitel

49. Kapitel

50. Kapitel

51. Kapitel

Epilog

Danksagung

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

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Über dieses Buch

Als Emmy den Job auf einem südfranzösischen Weingut bekommt, ist das die lang ersehnte Chance auf einen Neubeginn. Die Sache hat nur einen Haken: Emmy hat keine Ahnung von Wein. Und das muss sie gekonnt verbergen. Vor allem vor ihrem charismatischen Mentor Isaac und vor Charlie, dem smarten Erben des Weinguts – zwei Männer, die Emmys Gefühle durcheinanderwirbeln. Bis sie begreift: Mit dem Wein ist es wie mit der Liebe – die besten Ergebnisse erzielt man, wenn man seinen Instinkten vertraut. Doch hat Emmy dazu wirklich den Mut?

JO THOMAS

Das kleine Château in den Hügeln

Aus dem britischen Englisch von Gabi Reichart-Schmitz

Für Dad – ein edler Jahrgang von unverwechselbarem Charakter, der einem für immer im Gedächtnis bleibt.

Liebe Leserinnen und Leser,

Bonjour! Bienvenue! Hallo und willkommen in meiner aktuellen Welt in Das kleine Château in den Hügeln.

Ich liebe Frankreich. Als Kind habe ich jedes Jahr mit meiner Familie in Frankreich Urlaub gemacht, meistens in der Gegend der Ardèche, im Rhône-Tal und später weiter südlich an der Côte d’Azur. Lustigerweise entdeckte ich im Nachhinein, dass all diese Regionen große Weinanbaugebiete sind! Meine Eltern schwärmten für die französische Lebensart, genau wie ich: für das Essen, den Wein, die Märkte, die Sprache … und die Umgangsformen. Ich liebe es, wie die Franzosen sich gegenseitig begrüßen. Als Teenager kehrte ich an die Côte d’Azur zurück und suchte mir einen Job als Kellnerin in einem Restaurant auf einem Campingplatz. An langen, heißen, sonnigen Tagen und lauen Abenden servierte ich Urlaubern steak-frites und plats du jour. Es war eine fantastische Zeit.

Jetzt besuche ich Frankreich, weil Freunde von mir genau das getan haben, wovon auch ich träume: Sie haben sich in ein Haus verliebt und sind nach Castillon-la-Bataille gezogen, ungefähr eine Autostunde von Bordeaux und Bergerac entfernt. Dort haben sie ein neues Leben begonnen und sich selbstständig gemacht. Sie bieten Schriftstellern einen Rückzugsort und organisieren auch Seminare für kreatives Schreiben. Und ich Glückliche konnte dort hinfahren und an diesem wundervollen Ort, der ganz in der Nähe von Saint Émilion liegt, schreiben. Hier entstand die Idee zu Das kleine Château in den Hügeln und reifte– genau wie Trauben an einem Weinstock – heran. Wer würde in ein historisches Weinanbaugebiet ziehen, und warum? Derjenige müsste alles über Wein wissen, oder nicht? Oder aber er müsste verdammt viel lernen … So wie Emmy Bridges, die Hauptfigur dieses Romans. Hoffentlich genießen Sie die Geschichte – wie einen guten Wein, der im Gedächtnis bleibt und den Sie Ihren Freunden weiterempfehlen. À votre santé!

Jo x

Prolog

Ich spüre, wie der dicke braune Umschlag voller Münzen – kupferfarben, silbern und golden – meine Schultertasche nach unten zieht. Es fühlt sich an, als würde ich das Gewicht der Welt tragen, als ich vorsichtig durch die offen stehende Tür ins Haus trete. Mein Herz schlägt heftig, und mein Mund ist staubtrocken.

Aus dem Wohnzimmer ist eine fremde Stimme zu hören. »Halte Ausschau nach allem, was sich zu Geld machen lässt.«

Mein Herz macht einen Satz, und instinktiv drücke ich die Tasche enger an meinen Körper und umklammere sie mit beiden Händen, als ich meine schlimmsten Befürchtungen bestätigt sehe. Ein kräftiger Mann mit breiten Schultern in einer abgetragenen Lederjacke steht mitten im Wohnzimmer. Er nimmt ein gerahmtes Foto meiner Mutter vom Kaminsims und betrachtet es.

»Hier gibt es nicht viele Dinge von Wert«, sagt er zu meinem Dad.

»Es sind die Erinnerungen, die zählen«, antwortet mein Dad mit dünner, zittriger Stimme.

»Wenn Sie nur ein bisschen Geld auftreiben könnten … Ich könnte Sie zum Geldautomaten fahren, wenn Sie möchten«, schlägt der Mann vor und stellt das Foto zurück.

Meine Wangen brennen vor Wut. Mein Herz schlägt laut in meiner Brust, und das Rauschen in meinen Ohren blendet alle anderen Geräusche aus. Wie kann er es wagen? Was für eine Frechheit! Ein Dieb am helllichten Tag, der seine Fahrdienste anbietet! Ich schaue von ihm zu meinem Dad, der verängstigt und blass in seinem Sessel sitzt, so, wie er auch vor vielen Jahren dort saß. An jenem nasskalten dunklen Abend vor sechzehn Jahren, um genau zu sein. Nur waren es damals ein Mann und eine Frau in schwarzer Polizeiuniform gewesen, die vor ihm standen und mit leiser, mitfühlender Stimme die Nachricht überbrachten, die unser Leben für immer verändern sollte. Ich erinnere mich noch gut daran, wie freundlich und besorgt sie gewirkt hatten. Nicht wie der Typ jetzt: ein zwielichtiger Kerl, der sich offensichtlich einfach nimmt, was ihm gefällt. Doch Dad sieht genauso verängstigt aus wie damals, und mein Herz rast und schmerzt.

»Wie sieht’s denn mit Schmuck oder Münzen aus … Oder vielleicht Anleihen, Briefmarken?«

Dad schüttelt den Kopf.

Ich schiebe mir die schwere Tasche von der Schulter und achte darauf, sie nicht mit einem lauten Plumpsen fallen zu lassen. Mühsam hebe ich sie über den Kopf und ziele mit ihr auf den hünenhaften Mann mit den langen welligen Haaren, der sich nun die Dekostücke auf dem Kaminsims ansieht.

»Hey!« Der Ruf entfährt mir, bevor ich über die Folgen nachdenken kann.

»Nein, Emmy, lass ihn einfach.« Dad streckt eine zitternde Hand aus, die ein zerknülltes Papier umklammert, während ich versuche, die schwere Tasche gegen den Hinterkopf des Eindringlings zu schleudern. Es gelingt mir nicht, weil die Tasche so schwer ist. Ich lasse sie neben mich fallen und mache einen Schritt auf den riesigen Dieb zu.

»Emmy, hör auf!«, wiederholt Dad, doch ich ignoriere ihn.

»Was zum Teufel wollen Sie in meinem Haus? Verschwinden Sie!«, rufe ich.

»In Ihrem Haus?« Der Einbrecher stellt einen IKEA-Kerzenleuchter zurück und dreht sich zu mir um. Er sieht aus wie Hagrid aus den Harry-Potter-Filmen: massiger Körper, rotes Gesicht, Schweißtropfen auf der Stirn und ein Bart, aus dem man einen Pulli stricken könnte. »Ich war der Meinung, dass es sich um Mr. Bridges’ Haus handelt«, antwortet er in einem hart klingenden, regionalen Akzent. Plötzlich habe ich das Gefühl, ihn irgendwoher zu kennen. Seine Stimme, seine Augen … Ich schüttele den Kopf, um mich nicht von meinem Ziel ablenken zu lassen, diesen Schmarotzer aus unserem Haus zu werfen.

»Ach! Und Sie glauben, das macht die Sache besser? Das Haus eines alten Mannes am helllichten Tag auszurauben?« Inzwischen bebe ich vor Wut. Ich kann nicht fassen, dass er nicht schon lange abgehauen ist.

»Ich gehe nach oben«, sagt da ein kleinerer, drahtiger Mann mit einem fehlenden Schneidezahn, der mit Klemmbrett und Stift in der Hand aus der Küche auftaucht. Oh! Noch einer!

»Hey!«, rufe ich und zeige mit dem Finger auf ihn. »Was zum …? Raus hier! Ich rufe die Polizei!«

»Wäre es vielleicht möglich, eine Tasse Tee zu bekommen, Schätzchen?«, antwortet der Mann von halber Höhe der Treppe. Meine Nerven sind zum Zerreißen gespannt.

»Verschwinden Sie!«, rufe ich wieder, schiebe die schwere Tasche zur Seite, schnappe mir ein Sofakissen und werfe es nach ihm. Er wehrt es mit einem Arm ab, und Hagrid lacht.

»Emmy, lass gut sein. Lass sie tun, was sie tun müssen«, sagt Dad. Er versucht aufzustehen, schafft es aber, geschwächt durch den Schock, nicht.

»Emmy?« Hagrid runzelt plötzlich die Stirn und mustert mich. »Emmy Bridges?«

Ich registriere eine Rolle mit orangefarbenen Aufklebern, die aus seiner Jackentasche lugt, und bemerke, dass er einige davon auf den Fernseher, den DVD-Player und das alte Klavier geklebt hat, auf dem schon seit Jahren niemand mehr gespielt hat.

»Was meinst du damit?«, frage ich Dad. »Soll ich sie am helllichten Tag unser Haus ausrauben lassen?«

»Es tut mir leid, Liebes, ich hätte es dir erzählen sollen.« Resigniert schüttelt Dad den Kopf.

»Was hättest du mir erzählen sollen?« Ich verschränke die Arme vor dem Körper und sehe Hagrid stirnrunzelnd an, der mir wirklich bekannt vorkommt.

»Ich fasse es nicht!« Plötzlich strahlt Hagrid über das ganze Gesicht. »Ich bin’s, Graham … Graham Bingley.«

Ich schüttele den Kopf. »Tut mir leid, kennen wir uns?«

»Graham Bingley. Wir waren zusammen in der Grundschule. Du hast mich an dem Tag nach Hause gebracht, als Louis Tudor und seine Kumpels es auf mich abgesehen hatten. Sie haben mir meine Hausaufgabe fürs Kochen weggenommen. Mini-Biskuit-Törtchen. Sie haben sie kaputtgemacht, auf den Boden geworfen und darauf rumgetrampelt. Dann wollten sie mich verprügeln«, fügt er etwas leiser hinzu. »Du warst gerade mit deiner Freundin Layla auf dem Heimweg, bist durch den Park gerannt und hast den Typen gesagt, sie sollen abhauen. Dann hast du den Arm um mich gelegt und mich nach Hause begleitet. Meine Mum war dir so dankbar.«

Allmählich kehrt meine Erinnerung an den Vorfall zurück.

»Meine Mum hat neuen Kuchen gebacken und als Dankeschön bei euch vorbeigebracht.«

»Ja, jetzt erinnere ich mich wieder«, antworte ich und nicke. »Dann hast du also eine Karriere als Dieb gemacht und terrorisierst alte Männer. Deine Mum ist bestimmt mächtig stolz auf dich.«

Er lachte. »Nein, eigentlich bin ich …« Er senkt den Blick. »Meine Mutter ist vor einem Jahr gestorben.«

Ich sage nichts, sondern schlucke schwer. Mein Gesicht brennt.

»Ich höre hiermit auf. Gehe aufs College. Das hier ist einer meiner letzten Aufträge«, sagt er strahlend.

Ich seufze entnervt. »Es tut mir leid, ich verstehe das alles immer noch nicht.« Dieser Mann raubt unser Haus aus, und ich werde von meiner Schulzeit eingeholt. Ratlos schaue ich von Graham Bingley zu meinem Dad.

»Er ist Gerichtsvollzieher, Liebes. Er markiert Gegenstände, die sie pfänden können, weil wir mit den Hypothekenzahlungen für das Haus im Rückstand sind.« Dad lässt sich wieder in seinen abgenutzten grünen Ohrensessel zurücksinken. »Er macht bloß seine Arbeit.«

Graham Bingley grinst mich an und wartet auf meine erfreute Reaktion.

Ich höre den anderen Mann in unseren Schlafzimmern im oberen Stockwerk hin- und hergehen. Er pfeift vor sich hin, während er unsere Schubladen durchwühlt. Ich schließe die Augen. Das kann nicht wahr sein. Ich meine, wir haben zwar nie Geld, aber ich hatte keine Ahnung, dass es so schlimm ist.

»Ich bin ein bisschen in Rückstand geraten, Liebes. Meine Ersparnisse sind aufgebraucht, und dann … Na ja, das, was reinkommt, reicht nicht aus.«

»Warum hast du mich nicht gefragt, Dad?«

»Ich konnte nicht, Liebes. Du gibst mir sowieso schon fast alles, was du verdienst.« Mutlos stützt er den Kopf in die Hände. Ich drehe mich zu dem Gerichtsvollzieher um.

»Graham«, sage ich, entschlossen, unsere Verbindung aus Schulzeiten auszunutzen, »bitte …« Ich deute mit einer Handbewegung auf Dad und sehe den Gerichtsvollzieher flehend an.

Grahams Lächeln verschwindet, und er sieht aus, als würde er scharf nachdenken. Ich halte den Atem an.

»Also«, sagt er schließlich, »irgendetwas muss ich ihnen liefern … Irgendetwas. Könnt ihr die letzte Rate leisten?« Er zeigt mir ein Klemmbrett, auf dem rote Zahlen prangen. Als ich die Auflistung der noch offenen Raten lese, schnappe ich nach Luft. Ich schaue Graham an und schüttele langsam den Kopf.

»Um ehrlich zu sein, hier gibt es kaum etwas Wertvolles«, erklärt er mir behutsam. Dabei sieht er mich sehr ernst an. »Wenn ihr nichts tut, nehmen sie euch das Haus weg, Emmy.«

»Was? Das geht nicht!« Schwankend trete ich einen Schritt zurück. »Das ist unser Zuhause!« Ich sehe mich in der Fünfzigerjahre-Doppelhaushälfte mit den drei Schlafzimmern um. Sie gehört meiner Familie, seit ich die weiterführende Schule besucht habe.

»Aber das Haus gehört euch nicht wirklich. Es lastet eine Hypothek darauf. Also kann es euch doch weggenommen werden«, antwortet er. Er wirkt jetzt wie ein sanfter Riese. »Hör zu, wie ich eben schon erzählt habe, gebe ich meine Stelle auf und gehe auf die Hotelfachschule. Der Tod meiner Mutter hat mir bewusstgemacht, dass man seine Chancen im Leben nutzen muss.« Er lächelt mir zu, als müsste ich das verstehen. »Gebt mir irgendetwas, was ich ihnen liefern kann, dann lege ich den Vorgang ganz unten in den Stapel. Das verschafft euch Zeit, um die Lage in den Griff zu bekommen.« Er schaut von Dad zu mir, und ich begreife, dass ich sein Angebot annehmen muss. Entweder das, oder sie nehmen uns im Nu das Haus weg. Ich nicke rasch.

»Danke«, stammele ich.

»Was kann ich denn aufs Amt mitnehmen?« Er schaut sich suchend um.

Ich denke an das Geld in meiner Tasche, in der sich das Ergebnis der Sammlung befindet, die ich gerade im Büro durchgeführt habe. Es ging um die Verlobung meiner Kollegin Candy. Trevor, mein Chef, beauftragt mich immer mit den Sammlungen und damit, freitags auf dem Weg zur Arbeit Sekt und Kuchen für alle zu besorgen.

»Wie viel würden wir hierfür bekommen?« Grahams drahtiger Kollege ist ins Wohnzimmer getreten und hält die Schmuckschatulle meiner Mutter in der Hand. »Es befindet sich nichts Wertvolles darin. Oh, warte mal …« Er zieht die kleine Schublade an der Vorderseite heraus und nimmt Mums goldenen Ehering heraus. Ich sehe, wie mein Vater zusammenzuckt.

»Das ist Dickie. Er ist mit mir zusammen hier«, sagt Graham, als er meine fassungslose Miene sieht. »Hör zu, ich kann euch das Gericht für eine Weile vom Hals halten, wenn ihr mir irgendetwas gebt. Das ist das Mindeste, was ich für euch tun kann. Du hast mir damals an jenem Tag nach der Schule den Arsch gerettet. Dadurch ist mir klargeworden, dass ich mich nicht mehr schikanieren lassen will. Ich möchte dir auch eine Chance geben. Ich hasse den Gedanken, dass ihr, dein Dad und du, euer Haus verlassen müsst.« Er schaut meinen Vater an.

»Hier.« Ich greife mit zitternden Händen nach meiner Tasche und gebe Graham den Sammelumschlag. »Nimm das.« Ich kann nicht fassen, dass ich das tue.

»Bring das zurück, Dickie«, sagt Graham mit Nachdruck. Dickie will widersprechen, doch nach einem Blick von Graham ändert er seine Meinung, lässt den Ring wieder in die Schmuckschatulle fallen und bringt sie zurück nach oben.

»Bist du sicher?«, vergewissert Graham sich bei mir.

»Warte!« Ich suche in meiner Tasche nach meinem Geldbeutel und ziehe meinen letzten Zehner heraus. »Und das hier.« Ich leere die Münzen in seine Hand.

»Okay.« Graham nickt. »Ich meine, es kommt der Summe, die ihr offenstehen habt, nicht im Entferntesten nahe, aber es ist schon mal was. Ich liefere das ab, und dann lege ich das«, er wedelt mit der Liste voller roter Zahlen, »ganz unten in den Stapel. Das sollte euch ein paar Monate Zeit verschaffen, bestenfalls drei …«

»Danke.« Meine Stimme klingt nicht so, als wäre es meine.

Als er durch die Tür geht, berühren seine Schultern beinahe die Wände auf beiden Seiten des Flurs. Er ruft nach Dickie, um mit ihm zusammen das Haus zu verlassen.

»Tschüss, Emmy. Es war schön, dich wiederzusehen«, sagt er. Er dreht sich noch einmal um, lächelt und schüttelt mir die Hand. »Und viel Glück.«

»Dir auch«, antworte ich. Erleichterung überkommt mich, dicht gefolgt von einem extremen Kältegefühl.

Ich schlinge die Arme um meinen Körper und bleibe in der Haustür stehen, als müsste ich das Haus beschützen. Ich sehe zu, wie der blaue Lieferwagen über die Straßenschwellen davonholpert. Graham hebt die Hand zu einem letzten Gruß.

Plötzlich fühlt es sich so an, als stünde meine Welt kurz vor dem Zusammenbruch. Ich muss dafür sorgen, dass sie nicht zurückkommen. Ich muss das in Ordnung bringen. Aber ich habe nicht den Hauch einer Ahnung, wie ich das anstellen soll.

1. Kapitel

»Madame, Madame!«, rufe ich und wedele mit den Armen, als wollte ich auf einem Take-That-Konzert inmitten von Tausenden anderer besessener Fans die Aufmerksamkeit von Gary Barlow auf mich ziehen. Die Mittagssonne brennt auf mich herab und erinnert mich daran, dass ich mich im Südwesten Frankreichs befinde – in einem kleinen Städtchen namens Petit Frère am Ufer der Dordogne, um genau zu sein. Mir ist ganz schwindelig vor Hitze. Am frühen Morgen war ich noch in Bristol am Flughafen, und die Worte meines Chefs klingen mir noch in den Ohren:

»Ich gebe dir eine letzte Chance, Emmy. Es ist mir ernst damit, vermassel es bloß nicht!« Und glauben Sie mir, das habe ich nicht vor.

»Madame!«, rufe ich erneut. Ich schwitze in meinem knitterfreien marineblauen Hosenanzug. Trotzdem winke ich wie wild und zeige auf die alte, abgenutzte Ledergeldbörse, die auf der Bank neben dem Brunnen in der Mitte des Platzes liegen geblieben ist. Doch die alte Dame sieht sich nur kurz um, wirft mir einen unfreundlichen Blick zu und eilt weiter. Der Springbrunnen speit Wasser in das Becken, aber selbst das leise Plätschern vermittelt mir kein Gefühl von Abkühlung. Hinter dem Brunnen liegt eine Boule-Bahn, direkt am Ufer, wo eine Trauerweide ihre Zweige in das schnell fließende Wasser hängen lässt. Auf beiden Seiten der Bahn stehen Bänke, und drei alte Männer in kurzärmeligen Hemden sitzen auf einer davon im Schatten einer Platane. Um den Platz herum befinden sich Geschäfte, darunter eine Boulangerie – eine Bäckerei – und eine Épicerie, die unter einer grün-weißen, sonnengebleichten Markise Obst und Gemüse anbietet. Die Leute kaufen sich belegte Sandwiches zum Mittagessen, und ein warmer Geruch nach frischem Brot liegt in der Luft. Vor einem gut besuchten Café stehen runde Metalltische, und Männer in Arbeitskleidung rauchen, trinken Kaffee aus kleinen Tassen und ein trübes cremefarbenes Getränk aus kleinen Gläsern.

Hoffnungsvoll sehe ich mich nach jemandem um, der mir zu Hilfe kommt und der alten Dame ihre Geldbörse zurückgibt. Aber alle Leute starren uns vier nur an, als kämen wir von einem anderen Stern – und genauso komme ich mir auch vor.

Die Frau war an einer freien Bank stehen geblieben, um die Einkäufe in ihren beiden Körben umzupacken und das Gewicht gleichmäßiger zu verteilen. Dabei hatte sie ihren Geldbeutel auf der Bank abgelegt und dann vergessen.

Hilfesuchend schaue ich zum Lebensmittelgeschäft und hoffe, dass jemand den Vorfall beobachtet hat. Eine Verkäuferin bedient eine junge Mutter mit einem Kleinkind in einem Buggy. Sie gibt dem Kind einen großen runden Pfirsich, und alle freuen sich, als der Kleine die Frucht nimmt und mit Genuss hineinbeißt.

Ich kann die reifen Erdbeeren in der Auslage bis hierher riechen. Warum riechen Erdbeeren zu Hause nicht so? Eigentlich riecht hier alles anders. Der heiße Kaffee, das frisch gebackene Brot, sogar der Tabakqualm aus dem Café und die heiße Sonne auf dem Asphalt. Jeder Atemzug sagt mir, dass ich in Frankreich bin, auch wenn ich es selbst noch kaum glauben kann.

Ich hebe die Hand, um meine Augen gegen die helle Septembersonne zu schützen, und schaue der alten Dame hinterher, die über den Platz hastet und hin und wieder einen raschen Blick über die Schulter wirft. Dabei weicht sie geschickt Passanten aus und verschwindet zwischen den kleinen Menschengruppen, die sich zur Mittagszeit zusammengefunden haben. Sie ist schon fast außer Sichtweite.

»Excusez-moi, Madame!«, rufe ich wieder und halte immer noch schützend die Hand über die Augen. »Vous avez oublié votre …« Ich zerbreche mir den Kopf und versuche das richtige Wort zu finden. Doch meine Französischkenntnisse von der mittleren Reife sind eingerostet, und das hier ist meine weiteste Reise seit dem Urlaub, den ich mit meiner besten Freundin Layla und ihrer Familie im Westen von Wales verbracht habe. Jetzt bin ich in Südwestfrankreich, und ich muss ehrlich sagen, dass dieser Ort der letzte ist, an dem zu landen ich gedacht hätte – und die Leute, mit denen ich hier bin, sind die letzten, mit denen ich hier sein will.

Meine drei Arbeitskollegen sehen mich an und zucken mit den Schultern. Wir arbeiten bei derselben Firma, aber nicht zusammen. Das heißt, bis heute war das so. Eine sorgfältig ausgewählte Gruppe von Mitarbeitern von Cadwallader’s Call-Center … und ich. Wir werden während der kommenden zwölf Wochen zusammen leben und arbeiten. Was mir momentan wie eine Ewigkeit vorkommt. In einem Anfall von Heimweh krampft sich mein Magen zusammen.

Cadwallader’s wird von Trevor Cadwallader betrieben. Er lebt und atmet die Welt des Telefonverkaufs. Er führt ihn für kleine Unternehmen durch: zum Beispiel für Strickwarenhersteller auf fernen schottischen Inseln oder für einen Kunden, der von einem Lager in Weymouth aus Reinigungsprodukte verschickt. Gegen Provision würde Trevor alles verkaufen.

Geschäftsabschlüsse machen Trevor glücklich. Neben seinem Schreibtisch hängt eine Schiffsglocke aus Messing, die wir läuten müssen, wenn ein großer Auftrag hereingekommen ist. Trevor möchte, dass seine Belegschaft zufrieden und motiviert ist. Gegen Ende jeder Woche wird im Büro normalerweise für irgendeinen Anlass gesammelt: eine Verlobung, einen Junggesellinnen- oder Junggesellenabschied, eine Hochzeit. Trevor schickt jemanden los, der Kuchen, Sekt und einen Gutschein besorgen soll. Es ist immer für dieselben Leute.

Letzte Woche ging es um die Verlobung von Candy und Dean. Candy und Dean sind das Goldpaar bei Cadwallader’s, sie sind beide Spitzenverkäufer. Ich glaube, das ist die vierte Sammlung für eine Verlobung von Candy. Ich bin fünfunddreißig, und für mich ist noch nie gesammelt worden. Aber offen gesagt kann ich froh sein, dass ich meinen Job überhaupt noch habe. Hätte es diesen Glücksfall nicht gegeben – wenn man es denn so nennen will –, wäre ich nicht hier. In diesen zwölf Wochen bekommen wir vier eine Schulung, um Mitglieder eines Verkaufsteams für einen kleinen Weinbetrieb zu werden, der einen Vertrag mit Cadwallader’s abgeschlossen hat. Ich weiß nichts über Wein – abgesehen davon, welcher Wein in meinem Supermarkt zu Hause gerade im Angebot ist. Alles, was ich weiß, ist, dass ich ein größeres Wunder als die wundersame Brot- und Fischvermehrung brauche, um Dad und mich aus dem Schlamassel herauszuholen, in dem wir gerade stecken. Und das hier könnte es sein. Wenn ich diese Hypothekenraten nicht zahlen kann, verlieren wir das Haus. Ich kann es mir nicht leisten, diese Chance in den Sand zu setzen.

Ich sehe, wie sich die kleine, gebeugte alte Frau – von Kopf bis Fuß in Schwarz gekleidet, trotz der stechenden Sonne – ein letztes Mal umdreht und böse in meine Richtung starrt, bevor sie rasch die Tür ihres kleinen, alten Renault Twingo öffnet, ihre Einkaufskörbe verstaut, einsteigt und den Motor anlässt.

Eine Stimme in meinem Kopf sagt mir, dass ich besser keine Aufmerksamkeit auf mich lenken und mich in nichts hineinziehen lassen sollte. Ich bin hier, um zu arbeiten, und ich muss mich einfügen. Doch ich kann sie einfach nicht ohne ihr Geld losfahren lassen.

Ich hole tief Luft.

»Madame!«, rufe ich noch einmal, dann laufe ich zu der Bank, nehme die speckige, abgenutzte Geldbörse und winke damit, um die Aufmerksamkeit der alten Dame darauf zu lenken. Ich laufe immer noch winkend um den Brunnen herum und überquere den Platz. Die Gäste vor dem Café starren mich an. Meine Wangen brennen.

»Vous avez oublié … vous êtes … vert vieux dame et vous êtes … le sac, je pense«, stammele ich, als sie mir noch einen bösen Blick durch das offene Autofenster zuwirft, bevor sie aus der Parklücke schießt und davonfährt. Sie folgt der Straße am Fluss entlang, überquert eine gewölbte Brücke und verschwindet in Richtung des Nachbarortes, der in der Ferne auf einem Hügel zu erkennen ist.

»Ich glaube«, sagt Nick in seinem Oberschichtakzent und stellt sich neben mich, »du hast ihr gerade gesagt, dass sie eine alte grüne Schachtel ist!« Nick ist Anfang dreißig, verkauft normalerweise Reiseführer und touristische Landkarten und hat manchmal etwas Besserwisserisches an sich. Candy, die hinter ihm steht, prustet los und kreischt vor Lachen wie eine Hyäne, und Gloria, die Vierte im Bunde, wirkt peinlich berührt wegen meines faux pas. Schüchtern senkt sie den Kopf und zieht sich in den Schatten der Platane zurück.

»Mist!« Mir wird klar, dass es eine Weile dauern wird, bis mein Französisch zurückkommt. Langsam drehe ich mich um und sehe, dass die Männer mit den Baskenmützen, die vor dem Café Pastis trinken und rauchen, mich anstarren. So viel dazu, keine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen.

Mist, denke ich noch mal. »Was soll ich denn jetzt tun?«, frage ich ratlos und beschämt. Ich betrachte die abgenutzte Geldbörse. Meine Füße haben kaum französischen Boden berührt, und schon werde ich gegen meinen Willen in die Probleme anderer Leute hineingezogen.

Gloria tritt aus dem Baumschatten. »Vielleicht könntest du herausfinden, wo sie wohnt. Sicher braucht sie ihren Geldbeutel. Mir ginge es auf jeden Fall so.« So viel hat Gloria seit unserer Ankunft noch nicht zu mir gesagt. Sie ist wahrscheinlich etwa Mitte fünfzig. Momentan trägt sie ein kurzärmeliges Baumwollkleid und hat sich ihre Strickjacke über den Arm gelegt. Ihre Handtasche hat sie quer vor den Körper geschlungen, und sie trägt einen kleinen batteriebetriebenen Ventilator mit sich herum, den sie sich konstant vors Gesicht hält.. Sie sieht aus, als wäre ihr sehr heiß.

Ich frage mich unwillkürlich, warum sie hier ist. Vielleicht hat man sie mitgeschickt, um für Ordnung in unserer Truppe zu sorgen. Es sieht weiß Gott so aus, als wäre das auch nötig!

»Bleib nicht zu lange weg.« Nick betrachtet mich von oben herab durch seine dicken runden Brillengläser. »Wir müssen zu Mittag essen und dann um zwei Uhr im Büro von Featherstone’s Wines sein.« Er zeigt auf die Straße am Fluss. »Seht mal.« In einer Seitenstraße gegenüber der Kirche stehen unter einer rot-weißen Markise Tische auf dem Gehweg. Sie sind mit passenden karierten Tischdecken, Besteck und tulpenförmigen Gläsern eingedeckt. Es sieht wunderbar aus, und ich würde mir nur zu gern ein Mittagessen im Schatten gönnen. Aber dann fällt mir ein, dass ich es mir nicht leisten kann, in einem Restaurant zu essen. Ich bin hier, um Geld zu verdienen und nicht, um welches auszugeben. Enttäuschung überkommt mich, als wir hinübergehen, um uns die Speisekarte anzusehen.

»Es-car-gots …«, liest Candy vor. Während sie die schwarze Tafel studiert, die draußen vor dem Lokal steht, hebt sie eine Hand an ihren breitkrempigen Hut und zupft mit der anderen ihr geblümtes Kleid zurecht. Es spannt so über ihren großen runden Brüsten, dass es so aussieht, als hüpften sie gleich wie Teigkugeln aus dem Ausschnitt.

»Was ist denn das?« Sie runzelt die Stirn und sieht Nick fragend an. Candys üppiger Busen scheint ihn zu erschrecken, denn er tritt einen Schritt zurück. Dann wirft er den Kopf zurück und lacht so laut wie ein Nebelhorn. Die Männer vor dem Café und der einsame Gast vor dem Restaurant blicken auf. Der Gast isst hungrig und trinkt aus einem großen Weinglas, in dem sich nur noch ein kleiner Rest Wein befindet. Er hat dunkle Haut, dunkle ungekämmte Haare und hat sich ein Bandana als Stirnband um den Kopf gewunden. An einem Ohr baumelt ein Ohrring. Mit seinem ärmellosen Shirt und dem offenen Hemd wirkt er nicht passend gekleidet für einen Restaurantbesuch. Er bedankt sich höflich bei dem Kellner, der ihm mehr Brot bringt, und tunkt es in die braune Sauce auf seinem Teller. Mein Magen knurrt vernehmlich und erinnert mich daran, dass er seit heute Morgen nichts mehr bekommen hat. Dad hatte darauf bestanden, dass ich vor meinen Aufbruch zwei Müsliriegel esse. Jetzt bin ich froh darüber.

»Schnecken!«, sagt Nick schließlich zu Candy, und sie reißt entsetzt den Mund auf. Nicks Lachen und Candys Aufschrei lassen den einsamen Gast wieder den Kopf heben. Er lächelt, bevor er sich wieder seinem Brot und der Sauce widmet.

»Nein, wirklich? Igitt! Ist das wahr? Essen sie tatsächlich Schnecken?« Als Candy angewidert das Gesicht verzieht, verdreht Nick die Augen und schüttelt den Kopf. »Wie abstoßend!«, fügt Candy hinzu.

Wieder verkrampft sich mein Magen vor Heimweh. Doch wie schwierig es auch werden wird, ich muss durchhalten. So lang sind zwölf Wochen nicht, rede ich mir ein. Ein kleines Teufelchen in meinem Kopf widerspricht und sagt, dass es eigentlich drei Monate sind; ich kneife die Augen fest zu und befehle der Stimme, damit aufzuhören. Es sind nur zwölf Wochen. Ich mache die Augen wieder auf und blinzele im hellen Licht. Warum fühlt es sich dann wie lebenslänglich an? Und warum mache ich mir Sorgen darüber, ob ich durchhalten werde?

Mein Telefon klingelt. Ich wühle zwischen den Papieren in meiner Tasche nach ihm und nehme das Gespräch hastig an, weil ich danach lechze, eine vertraute Stimme von zu Hause zu hören.

»Hallo, Dad? Ja, alles ist in Ordnung«, sage ich, obwohl mein Heimweh wächst. »Es ist ganz toll hier«, lüge ich und gebe mir Mühe, fröhlich zu klingen. Ich erzähle ihm nicht, dass ich gerade eine alte Frau beleidigt habe und die anderen Verkäufer nicht kenne. Und dass sie mich, wenn sie wüssten, wer ich bin, hassen würden. Und dass ich nicht zu ihnen passe und am liebsten sofort nach Hause kommen möchte.

»Das ist gut, Liebes. Mach dir keine Sorgen um mich, ich komme klar. Das ist eine großartige Chance für dich. Trevor muss dich sehr schätzen.« Ich kann förmlich hören, wie ihm die Kehle eng wird.

»Oh nein, Dad, so ist es nicht.« Ich wende mich von den anderen ab, die immer noch über die Speisekarte diskutieren, und gehe auf den Fluss zu. Zwei Schwäne schwimmen langsam um die Zweige der Trauerweide. »Sagen wir mal, ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort.«

»Nun, mach das Beste daraus!« Seine Stimme versagt, und jetzt wird auch mir die Kehle eng.

»Ich muss Schluss machen, Dad«, antworte ich. Die Worte bleiben mir beinahe im Hals stecken. »Ich rufe heute Abend wieder an.«

»Mach dir keine Sorgen um mich«, wiederholt er. Doch genau das tue ich, als er mit einem Scheppern den Hörer auflegt.

Ein Kloß von der Größe eines Tennisballs bildet sich in meiner Kehle und hüpft auf und ab. Ich stecke das Handy zurück in meine Tasche, zu der Rechnung des Amtsgerichts und der Stromrechnung, die ich an diesem Morgen von der Fußmatte aufgehoben habe. Ich seufze tief. Ich habe keine Ahnung, was wir tun sollen. Wenn ich doch nur einen Batzen Geld auftreiben könnte, um einen Teil der Kreditraten zu zahlen. Ein verrückter Gedanke schießt mir durch den Kopf, und ich nehme mein Handy wieder aus der Tasche und scrolle durch meine Kontakte. Mein Daumen schwebt über der Telefonnummer meiner Schwester Jody, und ganz kurz überlege ich, ob ich sie wählen soll. Doch als ich an Dads schwache und zerbrechliche Stimme denke, entscheide ich mich dagegen.

Dad arbeitet schon seit Jahren nicht mehr. Wir beide wohnen allein. Jody lebt in Cheshire. Wir sehen sie nicht häufig – Na ja, eigentlich sehen wir sie überhaupt nicht mehr. Sie war sehr jung, als sie einen vielversprechenden Fußballspieler geheiratet hat. Das war er jedenfalls, bis er sich im Skiurlaub verletzt hat. Danach hat er sich selbstständig gemacht. Wie gesagt sehen wir sie oder ihre Söhne nie. Ich glaube, das schmerzt Dad sehr. Sie ist glücklich und gut versorgt, und mehr wollte ich nicht für sie. Doch wir haben seit langer Zeit keinen Kontakt mehr. Seit dem Skiunfall hat sich eine Menge verändert. Ich habe versucht, die Vergangenheit ruhen zu lassen, aber wenn ich diese Rechnungen in meiner Tasche sehe, die meinen Kopf und mein Herz belasten, kann ich nicht verzeihen – ich kann einfach nicht. Wut steigt in mir auf – um Dads willen.

Ich schiebe das Handy tief in meine Tasche und knülle die braunen Umschläge zusammen. Angeheizt von der Ungerechtigkeit des Lebens marschiere ich auf die Épicerie zu, aus der die alte Dame mit ihren Einkäufen gekommen ist.

»Wo gehst du hin?«, ruft Nick mir hinterher.

»Ich frage in dem Geschäft nach, ob sie wissen, wo die Frau wohnt.« Ich betrete den Laden. »Äh, excusez-moi …« Ich halte die Geldbörse in die Höhe, doch ich habe keine Ahnung, was ich als Nächstes sagen soll. »Die alte Dame hat ihren Geldbeutel vergessen«, sage ich langsam auf Englisch mit ein bisschen französischer Betonung. Dabei komme ich mir richtig blöd vor.

»Ah, Madame Beaumont«, antwortet ein kleiner, rundlicher Mann mit grün-weißer Schürze. Er nickt, zuckt dann mit den Schultern und schneidet eine Grimasse.

»Ja, das ist ihr Geldbeutel. Ich möchte ihn ihr bringen«, fahre ich laut fort und lasse meine Finger über meine Handfläche spazieren, um mein Vorhaben zu demonstrieren.

Der Ladeninhaber hebt eine Holzkiste mit flachen weißen Pfirsichen hoch und geht an mir vorbei, um sie auf den Tisch vor dem Laden zu stellen. Der Duft der Früchte steigt mir in die Nase und lässt mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.

»Ist ja gut, ich bin nicht taub, nur Franzose«, erwidert er trocken und dreht sich um, um mich durch seine dicken, runden Brillengläser zu mustern.

»Du meine Güte, es tut mir so leid!« Meine Wangen brennen schon wieder vor Scham. Candy, die mir gefolgt ist, lacht wieder lauthals. Ich lasse die Schultern hängen.

»Befinden Sie sich auf Urlaub?«, fragt der Ladenbesitzer in gestelztem Englisch, während er die nächste Kiste Pfirsiche nach draußen bringt. Diesmal lässt der Duft meinen Magen knurren. Eine große, schlanke Frau runzelt die Stirn und lässt Geld in die Kasse fallen. Dann zischt sie einer jüngeren Frau mit einem dunklen Pferdeschwanz, die den hinteren Bereich des Ladens fegt, Befehle zu.

»Oh, nein, wir arbeiten für die nächsten drei Monate hier«, antwortet Candy. Es sind nur zwölf Wochen, korrigiert die Stimme in meinem Kopf. »Bei Featherstone’s Wines. Wir sind Verkäufer und werden hier rund um das Thema Wein geschult, um ihn dann in Großbritannien zu verkaufen«, fährt Candy fort.

Die große Frau schnaubt ungläubig.

»Bonjour! Ich bin Monsieur Obels, und das ist meine Frau. Und das ist unsere Tochter Isabelle, die auch im Laden arbeitet«, stellt er sich und seine Familie formvollendet vor. »Herzlich willkommen!«

Candy kommt gleich auf den Punkt, ohne sich mit einer förmlichen Vorstellung aufzuhalten.

»Können Sie uns sagen, wo man gut essen kann?«

Der Ladeninhaber sieht verwirrt aus. Offensichtlich hat er seine Englischkenntnisse komplett ausgeschöpft.

»Isabelle?«, ruft er und gibt ihr ein Zeichen. Die jüngere Frau lächelt und kommt nach vorne.

»Also, da ist der Papillon direkt um die Ecke; dort gibt es zum Mittagessen ein Drei-Gänge-Menü mit Wein für zwölf Euro. Viele Arbeiter gehen dorthin.«

»Drei Gänge mit Wein? Zum Mittagessen?«, fragt Candy ungläubig.

Die jüngere Frau nickt, und Monsieur Obels nimmt ihr den Besen aus der Hand und stützt sich mit einem Nicken darauf.

»Natürlich.« Die Frau lächelt. »Oder das Café nebenan. Sie haben eher eine Speisekarte für … Touristen. Omelettes, Croque Monsieur, Chicken Wings.«

Madame Obels wirft Äpfel aus einer fast leeren Kiste in eine volle. Schöne rot-grüne Äpfel, so groß wie Cricketbälle.

»Was ist ein Crap Monsieur?« Candy verzieht das Gesicht, und Isabelle lacht. Der rundliche Ladenbesitzer und seine Frau sind ebenfalls amüsiert.

»Eigentlich«, mische ich mich drängend ein, »muss ich die Dame finden, von der ich Ihnen gerade erzählt habe. Die, die eben hier war. Sie hat ihre Geldbörse vergessen.« Ich halte sie in die Höhe.

»Oh, Madame Beaumont.« Isabelle nickt wissend.

Diesmal ziehen Monsieur und Madame Obels beide die Augenbrauen hoch und lassen missbilligend die Mundwinkel sinken. »Sie lebt draußen im Château Clos Beaumont an der Straße zwischen hier und Saint Enrique, dem nächsten Ort oben auf dem Hügel.« Fragend sieht Isabelle ihren Vater an. Er nickt.

»Ich möchte ihr das zurückgeben«, sage ich.

»Sie werden keinen Dank von ihr ernten«, wirft Madame Obels ein und schnaubt vor Missbilligung.

»Sie spricht mit niemandem«, erklärt Isabelle.

Als ein Mann in Anzug den Laden betritt, richtet sich die Aufmerksamkeit aller auf ihn. Sie schütteln einander die Hände und küssen sich auf beide Wangen.

»Von Featherstone’s …« Monsieur deutet auf uns und sagt etwas über die Geldbörse, die ich in der Hand halte. Der Mann in der cremefarbenen Hose und dem Ledergürtel nickt.

»Monsieur le Maire – der Bürgermeister«, stellt Monsieur Obels vor, und der Mann schüttelt uns die Hand.

»Wie ich höre, suchen Sie Madame Beaumont, um ihr ihren Geldbeutel zurückzugeben«, sagt er. »Sie werden keine Belohnung dafür bekommen«, fährt er breit grinsend fort. »Sie verkehrt nicht mit Einheimischen, geschweige denn mit Besuchern.«

Ich bin etwas verblüfft. Madame Obels hebt die leere Apfelkiste hoch und schnaubt wieder laut. »Das geht schon sehr lange so.«

»Sie können den Geldbeutel hierlassen, wenn Sie möchten«, schlägt Isabelle achselzuckend vor.

Ich runzele die Stirn. »Ich bin nicht auf eine Belohnung aus. Ich möchte ihr einfach ihren Geldbeutel zurückgeben, weil sie ihn brauchen wird.« Mir ist heiß, und ich bin besorgt, als ich mich wieder an Isabelle wende, die hilfsbereiter als die anderen zu sein scheint. »Könnten Sie mir erklären, wo ich hin muss? Könnten Sie es mir aufschreiben?«, frage ich.

»Ich zeichne Ihnen eine Karte«, erwidert sie. Monsieur le Maire stimmt zu, dass das der beste Plan ist. Isabelle sucht hinter der Theke nach einem Block und einem Stift und fertigt eine kleine Skizze an. Ich nehme den Zettel und bedanke mich.

Wenn mein Dad seine Brieftasche irgendwo vergäße, würde ich wollen, dass jemand das Gleiche für ihn täte.

Ich blicke auf die alte, abgenutzte Lederbörse in meiner Hand und hole tief Luft.

»Okay, dann gehe ich mal und bringe ihr das hier«, informiere ich die anderen, die sich um mich versammelt haben und mich ansehen, als hätte ich den Verstand verloren. Madame Obels schnalzt missbilligend mit der Zunge, während Monsieur sich abwendet. Monsieur le Maire zuckt mit einem wissenden Lächeln mit den Schultern. Wie können sie bloß so gleichgültig sein?

»Achte darauf, um zwei Uhr zurück zu sein. Du willst ja nicht an deinem ersten Tag schon alles vermasseln«, sagt Nick und zieht eine Augenbraue hoch.

Natürlich hat er recht. Das Letzte, was ich an meinem ersten Tag in Frankreich tun sollte, ist, die Nebenstraßen nach einem Haus und einer mir unbekannten Frau, die sich vielleicht nicht einmal bedanken wird, abzusuchen. Ich sehe Madame Obels an, die die Nase rümpft, und das bringt mich so richtig in Rage. Ich muss diese alte Dame finden, koste es, was es wolle.

2. Kapitel

Kaum zu glauben, dass ich erst vor zwei Tagen am Geldautomaten um die Ecke vom Büro stand und zusah, wie ganz langsam mein letzter Zehner ausgespuckt wurde. Gestern noch hing mein Job am seidenen Faden, und jetzt bin ich hier. Draußen auf dem Marktplatz wende ich mich dem breiten, schnell fließenden Fluss zu. Die Bäume an beiden Ufern lassen ihre langen Zweige ins Wasser hängen. Vögel tauchen in die Bäume hinein und wieder heraus oder schießen wie kleine Jagdflugzeuge über die Wasseroberfläche. Schwäne schwimmen gelassen am Ufer entlang. Ab und zu ist ein Platschen im Wasser zu hören, vermutlich ein Fisch, aber es geht so schnell, dass ich nichts erkennen kann.

Ich habe wirklich das Gefühl, mich mal kneifen zu müssen. Als wir früh an diesem Morgen ankamen, wurden wir von Jean François – oder Jeff, wie wir ihn nennen sollen – am Flughafen abgeholt.

»Bonjour, bienvenue«, begrüßte er uns. Während er uns mit unseren Koffern half, plapperte er drauflos, teils auf Französisch, teils auf Englisch mit starkem Akzent, und sehr, sehr schnell. Gelegentlich gelang es mir, das ein oder andere Wort zu verstehen, doch gemeinsam fanden wir heraus, dass er bei Featherstone’s in la cave – in der Kellerei – mit den Weinen arbeitet. Er sei ›Winzer‹, erklärte er uns und lächelte uns mit dunkellila verfärbten Zähnen an. Er kümmere sich um die Vergärung der Trauben.

»Les raisins!«, rief er aus. »Die Trauben!« Er lachte. Während er uns mit hoher Geschwindigkeit zu unserem Ziel chauffierte, redete er pausenlos, gestikulierte mit einer Hand und lenkte mit der anderen. Manchmal wechselte er die Hand, und irgendwann nahm er beide Hände vom Lenkrad. Gloria saß neben ihm, nickte schüchtern, sagte aber nichts. Die ganze Fahrt über blies sie sich mit ihrem Ventilator Luft zu.

Nick, Candy und ich hatten uns auf die Rückbank des alten, völlig verbeulten Renaults gequetscht. Unsere Koffer lagen auf unserem Schoß, wobei Candys Koffer den meisten Platz einnahm. Als wir die Stadt verließen und Jeff den Wagen mit uns und unserem Gepäck über immer schmaler werdende Straßen lenkte, tauchten kleine Weinberge zwischen den Häusern auf. Sogar auf den Kreisverkehren wuchsen Weinstöcke! Je näher wir unserem Zielort Petit Frère kamen, desto mehr Weinberge waren zu sehen. Reihen über Reihen gewundener Stämmchen, an denen große Blätter und dicke Weintrauben hingen. Entlang der Straße standen große cremefarbene Anwesen mit terrakottafarbenen Dächern und kunstvoll verzierten Toren. Stattliche immergrüne Sträucher wuchsen in den Gärten.

»Les châteaux.« Die großen Weingüter, erklärte uns Jeff. Dann zeigte er auf ein hübsches Städtchen auf einem Hügel vor uns.

»Saint Enrique, das seinen Schatten über die kleinere Stadt zu seinen Füßen wirft«, erklärte er und gestikulierte, als würde er eine komplizierte Scharade spielen. »Wohin Weinliebhaber in Scharen strömen und Touristen übertrieben hohe Preise zahlen, obwohl sie einfach nach Petit Frère kommen und besseren Wein erwerben könnten«, sagte er voller Leidenschaft. »Und uns werden die Kunden weggenommen …«

»Ein bisschen wie bei der Sammlung für meine Verlobung!«, meldete sich Candy zu Wort.

»Schrecklich«, sagte Nick und schüttelte den Kopf. »Wie kann man nur so tief sinken?«

Gloria senkte den Kopf.

Mir stellten sich die Nackenhaare auf. Meine Wangen brannten. Ganz kurz überlegte ich, ob ich mit der Wahrheit herausrücken sollte. Doch dann entschied ich mich dagegen, weil ich fest entschlossen war, alles wiedergutzumachen. Mir war klar, dass sie nicht herausfinden durften, wer ich war: Emmy aus der Abteilung Reinigungsprodukte, diejenige, die sich vergangene Woche die Sammlung ›ausgeliehen‹ hatte. Ich musste den Kopf einziehen und ihnen aus dem Weg gehen.

Ich starrte aus dem Fenster und betrachtete die hellbraune Erde, die Reihen der Weinstöcke auf weitläufigen Feldern, zwischen denen ab und zu ein Traktor auf und ab fuhr und die Früchte spritzte. Auch die Zypressen, die überall am Horizont zu erkennen waren, fielen mir auf.

Jeff steuerte seinen alten Renault durch den Ort, vorbei an der Kirche und dem Brunnen. Er winkte und rief Freunden, die vor einem Café saßen, durchs offene Fenster einen Gruß zu. Kurz bevor wir den Fluss erreichten, bog er nach links ab und folgte dem Ufer. Dann verlangsamte er das Tempo und fuhr zwischen zwei großen, steinernen Torpfosten in einen weiß gekiesten Hof und bremste knirschend in einem Hagel kleiner Steinchen.

Schließlich betraten wir die Firma Featherstone’s Wines, wo wir Colette, die Büroleiterin, kennenlernten. In der Zwischenzeit stellte Jeff unsere Koffer im Hof ab. Ich blickte mich um, als wäre ich die Assistentin von Dr. Who, die gerade aus der TARDIS ausgestiegen war und nicht wusste, was sie erwartete. Jeff verabschiedete sich mit einem ›au revoir‹ und wünschte uns einen ›bon après-midi‹, bevor er hupend und winkend verschwand.

Rund um den Hof standen alte, aber ansprechend umgebaute eingeschossige Stallgebäude, die in ein Geschäft, Büros und – den Weinfässern nach zu urteilen – eine Weinkellerei verwandelt worden waren.

Ein alter, knorriger Blauregenbaum stand in der Mitte des Hofs. Rund um den Stamm waren Bänke angebracht, und die Blüten des Baumes verströmten in der Wärme des Tages ihren berauschenden Duft.

Auf der anderen Seite des Hofes stand ein hübsches Haus aus cremefarbenem Stein. An den breiten Fenstern hingen sauber zurückgebundene weiße Spitzengardinen. Die graue Haustür war von grau-weißen Steinsäulen eingefasst. Colette erzählte uns, dass die Familie Featherstone dort zeitweise wohnte. Sie zeigte uns das Gästehaus, den gîte. Es handelte sich um einen kleineren Anbau an la grande maison. Zum Gästehaus gehörte ein kleiner Garten mit Blick auf den Fluss. Neben einem hübschen, gemauerten Grill stand ein weißer Metalltisch mit Stühlen. Der gîte, so erklärte Colette uns laut und langsam und mit vielen Gesten,wurde während der Saison an Urlauber auf Wein-Tour vermietet.

Doch für die kommenden zwölf Wochen würde das Häuschen unser Zuhause sein.

Candy schoss durch die Haustür wie ein Sprinter aus dem Startblock und ignorierte das Wohnzimmer im Shabby-Chic-Stil mit der imposanten gemauerten Feuerstelle, dunklen Ledersofas mit weichen grauen Überwürfen, einem großen Fernseher und einer Musikanlage. Dieses Haus wirkte wie aus einem Inneneinrichtungsmagazin entsprungen: Rustikal trifft modern. Ganz anders als der Rest von Petit Frère, der genauso aussah, wie ich mir ein typisches französisches Städtchen vorgestellt hatte.

Hinter dem Wohnzimmer lag die Küche, in deren Mitte ein runder Tisch mit Stühlen stand. An einer Seite befand sich eine weißgestrichene Anrichte mit einer Terrakotta-Obstschale voller Äpfel und Orangen, und an der gegenüberliegenden Wand hing ein großer Spiegel mit einem Goldrahmen. Überall im Haus roch es überwältigend nach Lavendel-Möbelpolitur. Candy war die weißen Treppenstufen hinaufgestürmt und hatte rasch die Räume erkundet, bevor sie das größte vordere Doppelzimmer für sich in Anspruch nahm. Dann hatte sie mit viel Lärm ihren Koffer die Treppe hinaufgezerrt und dabei den Putz beschädigt.

Gloria und Nick wechselten mit hochgezogenen Augenbrauen einen amüsierten Blick, bevor wir alle Candy ins obere Stockwerk folgten. Während sie schon den Inhalt ihres Koffers im ganzen Zimmer verteilte, sahen wir uns die anderen Räume an und versammelten uns schließlich auf dem Treppenabsatz.

»Wie wäre es, wenn du das kleinere Doppelzimmer nimmst, das auch nach vorne geht, Gloria?« Nick führte das Kommando, aber ich war ihm sogar dankbar dafür. Entscheidungen zu treffen war noch nie meine Stärke gewesen. »Ist das für dich in Ordnung, Emmy?«

»Wenn ihr meint«, sagte Gloria leise.

»Prima!«, antwortete ich übertrieben fröhlich.

»Ich nehme die Mansarde«, erklärte Nick und zeigte auf eine schmale Treppe, »und du kannst das Zimmer dort nehmen.« Er deutete auf das Einzelzimmer neben der Treppe, zu dem ein kleines Badezimmer in der Dachschräge gehörte. Ich konnte verstehen, warum Trevor Nick für diese Fortbildung ausgewählt hatte. Er organisierte alles und sorgte dafür, dass wir zufrieden waren. Er war der perfekte Gentleman.

Candy brauchte eine Weile, bis sie sich für ein Outfit entschieden hatte, bevor wir zum Essen in den Ort aufbrachen. Für mich war es einfach: Ich hatte das einzige sommerliche Kleidungsstück eingepackt, das sich in meinem Schrank befand – eine knielange, abgeschnittene Jeans aus meinem Lieblings-Secondhandladen in der Nähe des Büros. Der Laden unterstützt ein Heim für Hunde, in dem ich hin und wieder aushelfe und mit den Hunden spazieren gehe. Ich hätte liebend gerne einen Hund, aber das geht nicht, solange ich den ganzen Tag arbeite. Und Dad wäre überfordert.

Ich kaufe die meisten meiner T-Shirts in dem Laden. Oft schaue ich in der Mittagspause auf einen Sprung vorbei, wenn neue Kleiderspenden eingegangen sind. Ich habe meine Lieblings-T-Shirts eingepackt: das verblasste und abgetragene Nelson-Mandela-Shirt, ein Stereophonics-Shirt, mein Take-That-Shirt aus der Zeit, nachdem Robbie zum ersten Mal die Band verlassen hatte, und ein Shirt mit dem Logo des Hundeheims. Ich habe auch einige Shirts, die ich gebatikt habe. Mein absolutes Lieblingsstück stammt vom Life-Aid-Konzert, obwohl ich erst vier gewesen war, als es stattgefunden hatte. Und natürlich das mit der Aufschrift ›I love Portugal‹. Inzwischen sind schon Löcher darin, die ich mit Jeansflicken ausgebessert habe. Aber das ist mir egal, ich liebe dieses T-Shirt. Es hat meiner Mutter gehört. Ich lebe in T-Shirts – je größer, desto besser. Sie verbergen die Tatsache, dass ich eine Birnenfigur und praktisch keinen Busen habe. Und da ich nur einen Meter sechzig groß bin, bedecken die Shirts immer meinen Po. Abgesehen von meiner T-Shirt-Sammlung besitze ich ein paar Sportschuhe, die ich im Secondhandladen erstanden habe, um mit den Hunden spazieren zu gehen. Und die Hosenanzüge, die ich im großen Supermarkt am Stadtrand gekauft habe, nachdem Trevor, mein Chef, mich dazu aufgefordert hatte. »Sei wie die anderen, wie Candy, mehr geschäftsmäßig«, hatte er mir vor unserem Aufbruch aufgetragen. Ich war fest entschlossen, seinen Rat zu befolgen, auch wenn ich damit den Rahmen meiner Kreditkarte ausschöpfte. Ich kaufte die zwei Hosenanzüge und ließ mir meine blonden Locken zu einem kurzen Bob schneiden. Leider ist meine Frisur dadurch nicht pflegeleichter geworden, denn die Locken haben sich verstärkt. Einen der beiden neuen Hosenanzüge trug ich jetzt und fand ihn unerträglich warm. Der andere war im Koffer. Ich hatte nur eine Mini-Garderobe mitgebracht. Ganz anders als Candy.

»Hast du sonst kein Gepäck?«, hatte Candy am Flughafen spöttisch grinsend gefragt. Mein Koffer wirkte neben ihrem Riesenexemplar mit Rollen und dazu passender Reisetasche und Beauty Case wie ein Zwerg. Ich hatte nur Wimperntusche, Eyeliner und Lippenstift dabei. Ich trage nicht viel Make-up.

»Ich reise mit wenig Gepäck«, hatte ich geantwortet. »Ich möchte mir vor Ort kaufen, was ich brauche.« Das war eine glatte Lüge. Ich wollte meinen kompletten Lohn auf das Bankkonto zu Hause überweisen, um die Kreditraten abzustottern. Es würde nichts übrig bleiben, um shoppen zu gehen.

Ich schlüpfte aus meiner schwarzen taillenlangen Jacke und legte sie über den Arm. Eine kurzärmelige cremefarbene Bluse kam zu Vorschein, die ich zusammen mit den Hosenanzügen gekauft hatte. Meine silberne Halskette blieb an der Jacke hängen. Der Anhänger hat die Form eines winzigen, geschwungenen ›E‹ – meine Mutter hatte ihn mir zum Abitur geschenkt. Ich kann mich noch genau an Mums stolze Miene erinnern, als ich die Schatulle öffnete und die Kette herausnahm. Nun löste ich sie von der Jacke und wünschte mir, ich könnte meine Glitzer-Flipflops anziehen, ein weiteres Fundstück aus dem Secondhandladen. Stattdessen entschied ich mich für die neuen Pumps, um einen guten Eindruck zu machen. Dann versuchte ich, meine eigenwilligen Haare zurückzubinden, aber sie waren zu kurz. Auch der Versuch, sie an den Seiten festzustecken, scheiterte – sie weigerten sich einfach. Ich musste sie mir ständig hinter die Ohren streichen.

Auch Nick hatte sich umgezogen und war angemessen in helle Chinos, Segelschuhe und ein hellrosa Polohemd mit aufgestelltem Kragen gekleidet. Dazu hatte er sich einen leichten Pulli um die Schultern gelegt. Gloria trug ein langes, voluminöses Kaftan-ähnliches Kleid, einen großen Sonnenhut und eine riesige Sonnenbrille, hinter der ihr Gesicht kaum zu sehen war. Nach wie vor fächelte sie sich andauernd Luft zu. Sie sah aus wie eine Urlauberin. Doch das hier ist kein Urlaub, rief ich mir ins Gedächtnis, es ist Arbeit. Ich blies die erhitzten roten Wangen auf und dachte an das Versprechen, das ich mir und Trevor gegeben hatte – ich würde das hier nicht vermasseln.

Von allen Verkäufern bei Cadwallader’s wäre ich eigentlich die Allerletzte, die er für diese Aufgabe ausgewählt hätte. Als ich am Vortag morgens ohne den üblichen Freitagssekt und die Cremetörtchen im Call-Center auftauchte, rief Trevor mich in sein Büro.

»Willst du etwa sagen, du hast keine Cremetörtchen mitgebracht?«

»Ich … ich …«, stammelte ich, dann platzte ich heraus: »Ich musste mir das Geld aus der Sammlung leihen.« So gerne ich auch eine Ausrede erfunden hätte, ich konnte es einfach nicht. Ich war noch nie eine gute Lügnerin gewesen.

»Was?« Aufgebracht lockerte Trevor seine Krawatte. »Die da draußen reißen dir den Kopf ab«, sagte er und deutete auf das große Büro hinter dem Fenster, »wenn sie erfahren, dass du dir das Geld unter den Nagel gerissen hast. Das passt gar nicht zu dir. Was ist bloß in dich gefahren?«

»Es war wichtig, ein Notfall.« Ich sah Dads Gesicht wieder vor mir, ganz blass bei der Aussicht, unser Zuhause zu verlieren.

»Ach, Emmy, was mache ich bloß mit dir?« Trevor fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Deine Verkaufszahlen sind eine Katastrophe. Hör dir das mal an.« Er drückte Play auf seinem iPad, und aus einem Lautsprecher drang meine Stimme. Es war einer meiner wöchentlichen Verkaufsanrufe bei einem Stammkunden. Ich erkundigte mich, wie es seiner Frau nach ihrer Krampfadernoperation ging, und er erzählte mir von seiner Rekordbohnenernte in diesem Jahr. Während das Telefonat andauerte, bedeckte Trevor das Gesicht mit den Händen und ließ den Kopf immer tiefer sinken, bis er fast auf dem Schreibtisch lag.

Mein Gesicht brannte vor Scham, und mein Protest blieb mir in der Kehle stecken. Doch dann flammte Wut in mir auf.

»Mr. Jones brauchte nicht noch mehr Reinigungsprodukte. Ich wollte sie ihm nicht aufdrängen, nur um bessere Verkaufszahlen zu erzielen.«

»Aber dafür sind wir hier, Emmy. Um Dinge zu verkaufen.« Entnervt blickte er auf.

»Er hat ein Tierheim. Er braucht sämtliche Unterstützung, die er bekommen kann«, hielt ich dagegen. Manchmal schicke ich ihm kostenlose Muster mit seiner Bestellung mit, aber das muss ich Trevor ja nicht auf die Nase binden.

»Was soll ich nur mit dir machen, Emmy? Diese Woche hast du nichts verkauft.«

Ich wusste, dass ich besser schweigen sollte, aber mein Mund machte sich selbstständig und vertrat meinen Standpunkt.

»Ich bin einfach nicht der Meinung, dass wir unsere Kunden ermuntern sollten, Ware zu kaufen, die sie momentan nicht brauchen«, protestierte ich. »Es ist auf jeden Fall besser, jemandem etwas zu verkaufen, der es auch haben will. Man sollte Leute nicht dazu zwingen, sich von ihrem schwer verdienten Geld zu trennen.«

»Aber genau darum geht es, Emmy – wir sind hier, um Waren zu verkaufen. Wenn wir keinen Umsatz machen, gehen wir pleite. Du bist zu … Was ist das richtige Wort? Zu nett.«

Allmählich geriet ich in Panik. Was, wenn es das gewesen war? Was, wenn er die Nase voll hatte, mich ständig zu ermahnen, ich müsse eine Schippe drauflegen? Was, wenn er mich rauswarf?

»Bitte, Trevor, ich brauche diese Arbeit! Ich brauche das Geld, vor allem im Moment.« Auch wenn mein Grundgehalt sehr niedrig war, war es doch besser als nichts. »Ich werde mir mehr Mühe geben, wirklich!«

»Du darfst nicht zulassen, dass deine Gefühle dir in die Quere kommen. Du musst dir deine Ziele im Leben vergegenwärtigen. Was wünschst du dir? Ein neues Auto, Urlaub, eine Penthouse-Wohnung mit Blick auf die Bucht? Du musst dich mehr an den anderen Verkäufern orientieren. Du bist gescheit. Beobachte sie und lerne von ihnen.«

»Trevor, ich bin fünfunddreißig.« Ich schaute ihn ungläubig an. Die meisten Mitarbeiter von Cadwallader’s – wie Candy, Dean und Candys beste Freundin Harmony – sind in den Zwanzigern und haben das ganze Leben noch vor sich. Ich wollte immer nur genug Geld verdienen, um die Hypothek zu bedienen und die Stromrechnungen zu bezahlen. Da mein Vater den ganzen Tag zu Hause ist, muss das große Haus ständig geheizt werden. Eigentlich ist es zu groß für uns beide, aber so ist es nun mal.

»Und?«, fragte Trevor. »Irgendetwas muss es doch geben.«

Wie hätte ich ihm das erzählen können? Was ich mir wünsche, ist so weit von dem entfernt, was ich jetzt tue. Ich möchte wie die anderen Frauen hier sein, wie meine Schwester, ich will die Lebensleiter hinaufklettern, mich verloben, heiraten. Mein Leben mit jemandem teilen. Vielleicht irgendwo am Meer eine Frühstückspension eröffnen. Wie meine beste Freundin Layla sein. Wir haben früher zusammengearbeitet, aber inzwischen betreibt sie ein Fischrestaurant namens Lobster Pot in West-Wales. Es ist wunderschön dort. Ich vermisse Layla. Doch sie hat ihren Platz im Leben gefunden und jemanden, mit dem sie es teilt. Ich würde alles lieber machen, als Leuten hinterherzutelefonieren und ihnen Sachen anzudrehen, von denen sie schon genug haben oder die sie nicht brauchen. Am allerliebsten hätte ich gerne eine eigene Familie mit einem Mann und Kindern. Doch die Zeit läuft mir davon. Momentan gibt es nur Dad und mich, und ich möchte lediglich, dass endlich keine Rechnungen mehr durch den Briefschlitz fallen. Ich möchte mir keine Sorgen mehr machen müssen, ob der Strom abgestellt wird, bevor mein Gehalt überwiesen wird, und ob ich den Gerichtsvollzieher davon abhalten kann, uns das Haus wegzunehmen.

»Ich weiß nicht, wie viele Chancen ich dir noch geben kann, Emmy. Du redest deinen Kunden praktisch aus, Geld auszugeben«, meinte Trevor.

»Nur, wenn sie nichts brauchen. Ich kann ihnen nicht ihr Geld wegnehmen, wenn sie keinen Bedarf haben«, wiederholte ich heftig, ohne nachzudenken. Ich hätte mich selbst in den Hintern beißen können, weil ich mich schon wieder ins eigene Fleisch schnitt!

»Wir sind ein Call-Center, das Waren verkauft!« Verzweifelt blickte Trevor zur Decke. »Und wenn die anderen Mitarbeiter rausfinden, was du mit der Sammlung gemacht hast … Du tust dir selbst keinen Gefallen, Emmy. Du gibst dir keine Mühe, dich anzupassen.« Er hatte recht. Ich habe nie richtig dazugehört.

»Ich glaube wirklich, Emmy, wenn du nicht verkaufen kannst – und deine Umsatzzahlen zeigen, dass du Mühe hast – na ja, dann …«, er zuckte mit den Schultern.

Oh nein, jetzt kommt es, dachte ich. Er würde mich tatsächlich rausschmeißen. Mir wurde heiß und dann eiskalt. Ich war schweißbedeckt. Trevor blickte mich an und zuckte noch einmal entschuldigend mit den Schultern.

Plötzlich flog die Tür auf. Eine der erfolgreichsten Mitarbeiterinnen bei Cadwallader’s, Harmony von ›Blumen-und-Schokolade-über-Nacht-Schachteln‹, streckte ihr stark geschminktes Gesicht herein und kreischte wie ein Teenager in einem Jahrmarkt-Karussell.

»Oh mein Gott! Trevor, ich muss unbedingt mit dir reden!« Ihr schweres, süßliches Parfüm erfüllte den Raum und brachte mich zum Husten. Harmony ist laut, ordinär und orange, genau wie ihre beste Freundin Candy.

»Harmony, in bin in einer Besprechung«, rief Trevor und schlug wieder die Hände über dem Kopf zusammen. Harmony ignorierte ihn und redete einfach weiter.

»Trevor, es geht nicht, ich kann nicht nach Frankreich fahren! Ich lasse meine Zähne nächste Woche mit Veneers verblenden. Ein Termin ist storniert worden. Wenn ich den Termin nicht nehme, muss ich monatelang warten, und Debbie aus der Abteilung ›Doppelverglasung‹ heiratet in drei Wochen. Bis dahin muss ich mir auf jeden Fall die Zähne machen lassen.«

Trevor hielt sich mit beiden Händen den Kopf. Das tat er oft. Er nahm seinen Kugelschreiber wie eine Zigarette zwischen zwei Finger und lockerte seine ohnehin schon gelockerte braune Krawatte.

»Was? Du kannst nicht einfach so aussteigen! Du fährst morgen nach Frankreich. Alles ist gebucht. Der neue Kunde könnte dieser Firma eine ganz andere Bedeutung verleihen. Ich bilde dieses Team aus meinen besten Leuten. Harmony, bitte! Tu mir das nicht an. Ich habe ihnen vier meiner besten Verkäufer versprochen. Sie könnten den Auftrag auch Dickie Danbrooks geben, und dann müsste ich das Personal kürzen.« Er warf mir einen entschuldigenden Blick zu. »Außerdem wartet auf den besten Verkäufer ein wahrer Goldschatz«, versuchte er sie zu locken.

»Sorry, Trevor. Ist nicht mein Problem.« Harmony musterte mich von Kopf bis Fuß. »Das ist doch ein Klacks.« Sie drehte sich um und ging. Auf dem Weg begrüßte sie mit einem breiten Lächeln einen Mann, den ich noch nie bei uns gesehen hatte. Im Großraumbüro stöckelte sie auf ihren High Heels geschickt um ihn herum und strich dabei ihren kurzen Rock über den runden Hüften glatt. Er lächelte sie freundlich an. Sie stolzierte zu ihrem Schreibtisch zurück. Kurz bevor sie ihren Platz erreicht hatte, drehte sie die rosafarbenen Spitzen ihrer weißblonden Haare um den Zeigerfinger und wandte den Kopf, um ihm noch ein verführerisches Lächeln zu schenken, das er prompt erwiderte.

»Wo sind wir stehen geblieben?« Trevor versuchte sich zu konzentrieren.

Ein Goldschatz wäre genau das, was ich jetzt brauchen könnte, dachte ich. Ein kleiner würde mir schon reichen.

»Wie gesagt, wenn wir nicht mehr Umsatz machen, kann ich es mir nicht leisten, alle Angestellten weiterzubeschäftigen, vor allem jene nicht, die sich nicht rechnen.«

Wieder klopfte es.

»Um Himmels willen!« Trevor hob verärgert die Hände und drehte sich um. In der Tür stand der Mann, um den Harmony gerade herumgetänzelt war. Mein Magen schlug einen begeisterten Salto. Ich konnte verstehen, warum Harmony so angetan war, ihn zu sehen.

»Charlie!« Trevor sprang auf, als er den Besucher erkannte, und schaltete in den Modus gut gelaunter Gastgeber um. Mit einer Handbewegung bat er den Mann herein und streckte ihm die Hand hin.