Eine schreckliche Diagnose - Marie Francoise - E-Book

Eine schreckliche Diagnose E-Book

Marie Francoise

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Beschreibung

Dr. Daniel ist eine echte Erfolgsserie. Sie vereint medizinisch hochaktuelle Fälle und menschliche Schicksale, die uns zutiefst bewegen – und einen Arzt, den man sich in seiner Güte und Herzlichkeit zum Freund wünscht. »Meine Güte, Melissa, du hast ja wieder kaum etwas gegessen.« Melissa Feller sah bei den Worten ihres Mannes auf, dann seufzte sie leise. »Dabei habe ich das Gefühl, als läge mir ein Zentnergewicht im Magen«, erklärte sie. »Und der Hosenbund schnürt mich so richtig ein.« Aufmerksam betrachtete Patrick Feller seine Frau. Sie war immer schlank gewesen, doch in letzter Zeit hatte ihr Bauchumfang merklich zugenommen. schien es ihm aber, als wäre ihr Gesicht in den vergangenen Wochen schmaler geworden. Wie paßte das zusammen? »Vielleicht solltest du einmal zum Arzt gehen«, schlug Patrick aus diesen Gedanken heraus vor. Voller Bitterkeit lachte Melissa auf. »Ach, Patrick, du weißt genau, daß ich seit drei Monaten von Arzt zu Arzt renne, aber keiner konnte mir bisher helfen.« Niedergeschlagen winkte sie ab. »Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich noch tun soll.« »Und wenn du mal in eine Klinik gehst?« Melissa antwortete mit einer Gegenfrage. »Was soll ich denen denn sagen? Ich habe ja gar keine Ahnung, was mir fehlt.« Patrick zuckte die Schultern.

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Dr. Daniel – 7 –

Eine schreckliche Diagnose

Marie Francoise

»Meine Güte, Melissa, du hast ja wieder kaum etwas gegessen.«

Melissa Feller sah bei den Worten ihres Mannes auf, dann seufzte sie leise.

»Dabei habe ich das Gefühl, als läge mir ein Zentnergewicht im Magen«, erklärte sie. »Und der Hosenbund schnürt mich so richtig ein.«

Aufmerksam betrachtete Patrick Feller seine Frau. Sie war immer schlank gewesen, doch in letzter Zeit hatte ihr Bauchumfang merklich zugenommen. Andererseits

schien es ihm aber, als wäre ihr Gesicht in den vergangenen Wochen schmaler geworden. Wie paßte das zusammen?

»Vielleicht solltest du einmal zum Arzt gehen«, schlug Patrick aus diesen Gedanken heraus vor.

Voller Bitterkeit lachte Melissa auf. »Ach, Patrick, du weißt genau, daß ich seit drei Monaten von Arzt zu Arzt renne, aber keiner konnte mir bisher helfen.« Niedergeschlagen winkte sie ab. »Ich weiß wirklich nicht mehr, was ich noch tun soll.«

»Und wenn du mal in eine Klinik gehst?«

Melissa antwortete mit einer Gegenfrage. »Was soll ich denen denn sagen? Ich habe ja gar keine Ahnung, was mir fehlt.«

Patrick zuckte die Schultern. »Es ist doch deren Aufgabe, das herauszufinden.«

Melissa seufzte wieder. »Ach, die würden mich höchstens für eine Simulantin halten.« Dann warf sie einen Blick auf ihre Uhr. »Wo nur die Mädels so lange bleiben?«

Patrick lächelte. »Du kennst sie doch. Vom Reitstall konnten sie sich noch nie pünktlich losreißen.«

Ein wenig schwerfällig erhob sich Melissa und begann, den Tisch abzuräumen. Patrick, der sah, daß seine Frau jeder Schritt zur Qual wurde, half bereitwillig mit.

»Wann mußt du fahren?« fragte er dann.

Wieder sah Melissa auf ihre Armbanduhr. »Das Klassentreffen beginnt um acht Uhr.«

Patrick nickte. »Dann darfst du dich aber jetzt allmählich auf den Weg machen.«

Es war Melissa anzusehen, daß ihr die Aussicht auf ein Treffen mit den alten Schulkameraden nicht gerade Freude bereitete. Viel lieber wäre sie zu Hause geblieben, aber nachdem sie nun schon mal zugesagt hatte…

»Es wird bestimmt wieder sehr lustig«, prophezeite Patrick und riß sie damit aus ihren Gedanken. »Ihr ward doch schon immer eine recht verschworene Gemeinschaft.«

Jetzt mußte Melissa lächeln. »Stimmt. Und irgendwie freue ich mich auch, aber… wenn ich mich nur ein bißchen besser fühlen würde.« Sie griff nach den Autoschlüsseln, dann warf sie einen prüfenden Blick in den Spiegel. Es war nicht zu übersehen, daß ihr Bauch dicker geworden war.

Wenn ich nicht ganz sicher wäre, daß es nicht sein kann, dann würde ich denken, ich sei schwanger, ging es Melissa unwillkürlich durch den Kopf. Energisch schüttelte sie diesen Gedanken beiseite. Es war absurd, so etwas auch nur zu denken. Sie war fünfundvierzig und hatte zwei halbwüchsige Mädchen zu Hause. Was sollte sie jetzt noch mit einem Baby anfangen? Außerdem konnte es ja wirklich nicht sein.

»Also, Liebling, ich fahre jetzt«, erklärte sie, stellte sich auf Zehenspitzen und küßte ihren Mann zum Abschied. »Gib Angi und Bea einen Kuß von mir.«

»Mach ich«, versprach Patrick. »Viel Vergnügen.«

Er sah seiner Frau noch zu, wie sie in ihren Kleinwagen stieg. Sie winkte, dann ließ sie den Motor an und fuhr rückwärts aus der Einfahrt.

Der Weg zu dem gemütlichen Lokal, in dem sich die ehemalige 10e immer traf, war nicht weit, und so war Melissa froh, als sie ihr Auto endlich auf dem Parkplatz anhalten und aussteigen konnte. Im Sitzen war ihr Zustand noch schlimmer als im Stehen. Sie hatte ständig das Gefühl, als drücke ihr etwas die Luft ab.

»Melissa, altes Haus!«

Beim Klang der wohlbekannten Stimme fuhr Melissa herum, dann sah sie sich ihrer einstigen Banknachbarin gegenüber, und impulsiv umarmten sich die beiden Frauen, dann lachten sie.

»Wir tun ja, als hätten wir uns seit Jahren nicht mehr gesehen«, meinte Kerstin Wenger grinsend, dann sah sie ihre Schulfreundin prüfend an. »Du hast dich seit dem letzten Mal verändert. Hast du ein bißchen zugenommen?«

Melissa seufzte. Für einen Augenblick hatte sie ihre körperlichen Beschwerden vergessen gehabt, doch nun erinnerte Kerstin sie wieder daran.

»Ja und nein«, antwortete sie seufzend. »Es ist ganz seltsam. Ich esse kaum etwas, habe aber immer das Gefühl, als würde ich zunehmen. Schau mal, diese Hose hier – die habe ich mir vor einem halben Jahr gekauft. Damals war sie mir fast ein bißchen zu weit, und jetzt ist der Bund so eng, daß ich kaum noch atmen kann.«

Sichtlich besorgt schüttelte Kerstin den Kopf. »Das ist ja seltsam. Warst du deswegen noch nie bei einem Arzt?«

»Doch, schon bei mehreren«, entgegnete Melissa. »Aber sie können nichts finden. Angeblich ist alles in Ordnung.« Sie zuckte die Schultern. »Manchmal denke ich, daß ich mir das alles nur einbilde.«

Kerstin überlegte eine Weile, dann meinte sie: »Ich bin seit ein paar Jahren bei einem ganz ausgezeichneten Gynäkologen. Versuch’s doch mal bei dem.«

»Bei einem Gynäkologen?« wiederholte Melissa zweifelnd. »Ich weiß nicht so recht. Es liegt ja an meinem Bauch… ich dachte immer, es wäre eine Darmgeschichte.«

Kerstin zuckte die Schultern. »Na und? Einen Versuch ist es doch allemal wert. Und Dr. Daniel ist ein ganz ausgezeichneter Diagnostiker. Vielleicht sieht er etwas, was die anderen alle übersehen haben.«

Nachdenklich senkte Melissa den Kopf. Natürlich hatte Kerstin recht. Sie konnte es immerhin versuchen.

»Also schön«, stimmte sie zu. »Gib mir die Adresse von diesem Dr. Daniel. Jetzt war ich schon bei so vielen Ärzten, da kommt es auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr an.«

*

Eine Woche später fuhr Melissa nach Steinhausen. Sie hatte gleich am Tag nach dem Klassentreffen in der Praxis von Dr. Daniel angerufen und einen Termin vereinbart. Den Weg dorthin hatte Kerstin ihr gut erklärt. Melissa hatte keine Schwierigkeiten, die prachtvolle Villa zu finden, die ein Stück außerhalb des Ortes am Hang stand. Jetzt stellte sie ihren Wagen auf dem Parkplatz ab und betrachtete einen Augenblick lang die strahlend weiße Fassade des Hauses.

Dr. Robert Daniel, Arzt für Gynäkologie, stand auf dem großen Messingschild neben der Eingangstür, und darunter waren die Sprechzeiten verzeichnet.

Melissa zögerte noch einen Moment, dann stieg sie aus ihrem Auto. Ob dieser Arzt ihr nun endlich würde helfen können? Melissa hatte so ihre Zweifel, obwohl ihre Schulfreundin ihn ja wirklich in den höchsten Tönen gelobt hatte. Und Kerstin Wenger war eine sehr kritische Frau, auf deren Urteil man sich schon verlassen konnte.

Melissa schloß ihren Wagen ab, dann ging sie auf die schwere, eichene Eingangstür zu und drückte

den Klingelknopf neben dem Schildchen Praxis. Mit einem dezenten Summen sprang die Tür auf, und Melissa gelangte in ein sehr modern eingerichtetes Vorzimmer, in dem eine junge Empfangsdame saß.

»Guten Morgen«, grüßte Melissa freundlich. »Mein Name ist Feller. Ich habe um zehn Uhr einen Termin bei Herrn Dr. Daniel.«

Die Empfangsdame warf einen Blick in ihren Terminkalender und hakte einen Namen ab, bevor sie sich Melissa wieder zuwandte und die Versicherungskarte entgegennahm, um die Daten im Computer zu speichern.

»Nehmen Sie bitte noch einen Augenblick im Wartezimmer Platz, Frau Feller«, erklärte sie schließlich mit einem unverbindlichen Lächeln. »Die erste Tür rechts.«

Melissa bedankte sich und betrat gleich darauf das geräumige und ausgesprochen wohnlich eingerichtete Wartezimmer. Gewohnheitsmäßig griff sie nach einer der aufgelegten Zeitschriften, denn in den vergangenen drei Monaten hatte sie sich an lange Wartezeiten bereits gewöhnt. Doch der Versuch, sich auf den Inhalt der Zeitschrift zu konzentrieren, scheiterte. Ihre Gedanken beschäftigten sich viel zu sehr mit ihrem gesundheitlichen Problem, das anscheinend kein Arzt zu lösen vermochte.

»Frau Feller, bitte.«

Melissa erschrak über die unerwartete Stimme. Sie war so in ihre Gedanken versunken gewesen, daß sie gar nicht gehört hatte, wie sich die Wartezimmertür geöffnet hatte.

Jetzt stand sie rasch auf und folgte der Sprechstundenhilfe nach draußen. Mit einem freundlichen Lächeln hielt die vollschlanke und sehr gepflegt wirkende Frau ihr die nächste Tür auf.

Bei Melissas Eintreten erhob sich ein stattlicher Mann von höchstens fünfzig Jahren. Dichte blonde Haare umrahmten ein markantes Gesicht, in dem die tiefblauen Augen dominierten. Alles in allem war dieser Dr. Daniel ein sehr attraktiver Mann, und Melissa fühlte plötzlich Hemmungen in sich aufsteigen.

»Guten Tag, Frau Feller.«

Die tiefe, warme Stimme des Arztes ließ dieses Gefühl wieder schwinden. Kerstin hatte recht. Dr. Daniel war ein Mensch, zu dem man vom ersten Augenblick an Vertrauen haben konnte.

»Bitte, nehmen Sie doch Platz«, bot Dr. Daniel höflich an, wartete, bis Melissa sich gesetzt hatte, und zog sich dann seinen Ledersessel wieder heran. »Nun, Frau Feller, was kann ich für Sie tun?«

Melissa atmete tief durch.

»Meine Schulfreundin Kerstin Wenger hat Sie mir empfohlen«, begann sie dann. »Ich fühle mich seit etwa drei Monaten nicht besonders gut. Ständig leide ich unter Völlegefühl und habe den Eindruck, daß mein Bauch immer dicker wird. Dabei kann ich fast nichts mehr essen. Und seit ein paar Tagen kann ich kaum noch schlafen, wenn ich im Bett liege. Ich schlafe nur noch in halbsitzender Stellung.« Mit einer fahrigen Handbewegung strich sie ihr dichtes dunkles Haar zurück. »Ich war in den vergangenen Monaten schon bei so vielen Ärzten, aber…« Sie zuckte die Schultern. »Keiner hat etwas gefunden.«

Während Melissa gesprochen hatte, hatte Dr. Daniel aufmerksam zugehört, und mit jedem ihrer Worte hatte sich der Verdacht, den er schon nach den ersten geschilderten Symptomen gehabt hatte, gefestigt.

Jetzt sah Melissa ihn in banger Erwartung an. »Glauben Sie, daß ich mir das alles nur einbilde?«

Dr. Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, Frau Feller, Sie bilden sich das ganz bestimmt nicht ein.« Er stand auf. »Kommen Sie bitte mal mit mir nach nebenan.«

Der Arzt brachte Melissa durch eine Zwischentür ins Nebenzimmer und begleitete sie hinter einen dezent gemusterten Wandschirm.

»Hier können Sie sich freimachen, und dann legen Sie sich bitte erst einmal auf die Untersuchungsliege. Ich bin gleich wieder bei Ihnen.«

Während Melissa sich entkleidete, hörte sie die Sprechstundenhilfe hantieren, dann verließ die Frau das Untersuchungszimmer wieder. Melissa atmete auf. Sie hätte diese Untersuchung nur ungern in Anwesenheit der Sprechstundenhilfe über sich ergehen lassen.

Jetzt trat sie vor den Wandschirm und blieb einen Moment abwartend stehen. Die vielen Geräte, die hier standen, verunsicherten sie ein wenig, doch sie hatte nicht viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, denn jetzt trat Dr. Daniel wieder ins Zimmer.

»Sie müssen keine Angst haben«, meinte er mit einem beruhigenden Lächeln. »Ich werde Ihnen nicht weh tun. Bitte, Frau Feller, legen Sie sich hier hin. Ich möchte mir Ihren Bauch mal auf Ultraschall anschauen. Wissen Sie, wie das funktioniert?«

Melissa nickte. »Ich habe während meiner Schwangerschaften Ultraschallaufnahmen bekommen.«

Wieder lächelte Dr. Daniel. »Sie haben Kinder?«

»Ja, zwei Mädchen. Zwölf und vierzehn Jahre alt.«

Dr. Daniel nahm neben der Untersuchungsliege Platz.

»Ich habe einen Sohn und eine Tochter«, erzählte er so nebenbei. »Karina ist einundzwanzig und Stefan vierundzwanzig.«

Melissa spürte, daß der Arzt sie ein wenig ablenken wollte, und war ihm sehr dankbar dafür. Instinktiv fühlte sie, daß er einen ganz bestimmten Verdacht hatte.

»So, Frau Feller, jetzt bekommen Sie ein Gel auf den Bauch. Es tut mir leid, aber das ist ein bißchen kalt.«

Melissa zwang sich zu einem Lächeln. »Das macht nichts, Herr Doktor.«

Dr. Daniel verteilte das Gel auf Melissas Bauch, dann konzentrierte er sich auf den Bildschirm. Was er sah, bestätigte leider seinen Verdacht.

»Das sieht nicht sehr gut aus, Frau Feller«, bekannte Dr. Daniel offen. »Sie haben Wasseransammlungen im Bauch.«

Verständnislos sah Melissa ihn an. »Wasser? Aber… woher kommt denn das?«

»Das kann ich Ihnen leider auch nicht genau sagen«, wich Dr. Daniel aus, dann reichte er ihr etliche Papierhandtücher. »Hier, Frau Feller, damit können Sie das Gel abwischen. Und dann möchte ich Sie noch untersuchen.«

Melissa nickte. Sie spürte, daß der Arzt ihr etwas verschwieg. Aber vielleicht hatte er nur eine Vermutung und wollte ihr erst dann etwas sagen, wenn er ganz sicher war.

Ein wenig mühsam kletterte Melissa auf den gynäkologischen Stuhl. Ihre Knie zitterten so sehr, daß sie schon fürchtete, sie würde überhaupt nicht mehr hinaufkommen. Jetzt trat Dr. Daniel zu ihr.

»Es kann sein, daß Sie die Untersuchung als schmerzhaft empfinden«, erklärte er. »Das kommt durch die Wasseransammlungen. Ich verspreche Ihnen aber, daß ich so vorsichtig wie möglich sein werde. Und Sie versuchen bitte, sich zu entspannen.«

Das Wasser im Bauch seiner Patientin erschwerte die Untersuchung außerordentlich, dennoch war sich Dr. Daniel seiner Sache bereits sehr sicher.

»Sie können sich wieder ankleiden«, erklärte er dann, während er Melissa vom Stuhl half. »War’s sehr schlimm?«

Tapfer schüttelte sie den Kopf. »Nein, Herr Doktor, es ging schon.«

So rasch wie möglich schlüpfte Melissa in die Kleider. Sie wollte endlich erfahren, was mit ihr los war.

»Sie wissen, was mir fehlt, nicht wahr?« fragte sie, als sie wieder neben den Arzt trat.

Mit einer einladenden Handbewegung bot Dr. Daniel ihr Platz an.

»Ja, Frau Feller, ich bin ziemlich sicher«, antwortete er dann und überlegte dabei schon, wie er dieser Frau die schlimme Nachricht möglichst schonend würde beibringen können, fand aber keinen Ausweg. Was er zu sagen hatte, ließ sich nicht in schöne Worte kleiden. »Allem Anschein nach handelt es sich um Eierstockkrebs.«

Melissa erschrak zutiefst.

»Krebs«, stammelte sie. »Das heißt… ich muß sterben?«

Dr. Daniel schüttelte energisch den Kopf. »Nein, Frau Feller, keineswegs. Eierstockkrebs ist heute durchaus heilbar. Allerdings müssen Sie sofort in eine entspechende Klinik. Es liegt an Ihnen, wohin Sie gehen möchten, aber ich würde Ihnen die Thiersch-Klinik in München empfehlen. Sie ist eine der besten Kliniken für Krebskrankheiten und hat dabei noch den Vorteil, daß sie sich in den letzten Jahren gerade auf die typischen Frauenkrebsleiden spezialisiert hat. Und Professor Thiersch erzielt sehr große Erfolge.«

Melissa nickte wie in Trance. »Ja, Herr Doktor, wenn Sie es für richtig halten.« Und dann brach sie plötzlich in Tränen aus. »Ich bin doch erst fünfundvierzig! Ich will noch nicht sterben!«

Beruhigend legte Dr. Daniel einen Arm um die bebenden Schultern seiner Patientin.

»Haben Sie nur keine Angst, Frau Feller«, bat er leise und spürte dabei, wie wenig trostreich seine Worte für Melissa klingen mußten. »Die Krebsforschung hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Ich kenne einige Frauen, die in derselben Lage waren wie Sie und die heute geheilt sind.« Von den vielen Patientinnen, für die jede Hilfe zu spät gekommen war, sprach er lieber nicht. Oftmals waren sie – wie Melissa Feller – von Arzt zu Arzt gegangen, und keiner hatte die Gefahr rechtzeitig erkannt. Und Dr. Daniel konnte nur hoffen, daß die Frau, die jetzt neben ihm saß, nicht dasselbe Schicksal ereilen würde.

»Bleiben Sie einen Augenblick hier sitzen«, bat Dr. Daniel. »Ich werde Ihnen meine Sprechstundenhilfe hereinschicken, während ich mit Professor Thiersch telefoniere.«

Er verließ für einen Moment das Zimmer, kehrte aber schon bald darauf mit der etwa fünfzigjährigen Sprechstundenhilfe zurück.

»Ich muß mit Professor Thiersch sprechen«, erklärte er. »Kümmern Sie sich in der Zwischenzeit bitte ein bißchen um Frau Feller.«

Die Sprechstundenhilfe nickte. Der Name des Professors war ihr durchaus ein Begriff, und so wußte sich auch, welch schlimme Nachricht die arme Frau gerade bekommen haben mußte.

»Ich bin Lena Kaufmann«, stellte sie sich vor und bedachte Melissa dabei mit einem sehr herzlichen Lächeln.

»Freut mich.« Die Antwort kam mechanisch, und Lena Kaufmann spürte, daß Melissas Gedanken ganz woanders waren.

»Professor Thiersch ist ein erstklassiger Arzt«, erklärte sie wie tröstend. »Er hat schon viele Frauen geheilt.«

Voller Hoffnung blickte Melissa in das runde Gesicht der Sprechstundenhilfe.

»Das hat Dr. Daniel auch gesagt«, meinte sie. »Glauben Sie… glauben Sie, daß ich wieder… gesund werde?«

»Ja«, meinte Lena Kaufmann. »Und Sie müssen auch ganz fest daran glauben.«

*

Währenddessen wählte Dr. Daniel im Nebenzimmer die Nummer der Thiersch-Klinik in München. Vor etlichen Jahren hatte er dort als Assistenzarzt gearbeitet und von Professor Rudolf Thiersch all das gelernt, was er heute wußte.

»Krebs kann geheilt werden, wenn er frühzeitig erkannt wird«, hatte der Professor immer gesagt. »Und deshalb, Daniel, müssen Sie lernen, den Krebs so früh wie möglich zu erkennen.«