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Warum Freundinnen das Leben so viel bunter, schöner und aufregender machen
Ohne sie wären wir verloren! Eine Freundin ist Ratgeberin, Vertraute, Lieblingsmensch. Ehrlichste Kritikerin und beste Gesprächspartnerin. Mit ihr können wir lachen und weinen, nächtelang quasseln oder gemeinsam schweigen. Egal, wie sich die Lebensumstände ändern mögen, Freundinnen sind einfach unverzichtbar, und zwar vom Kindergarten bis zum Seniorenstammtisch. Sie machen das Leben schöner, bunter und aufregender. Okay, manchmal auch verrückter, turbulenter und nervenzehrender, aber nie langweiliger. Wie schön, dass es sie gibt!
Zum Schmunzeln, Schmökern und Schenken: Das perfekte Buch für all die wunderbaren Frauen in unserem Leben!
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Seitenzahl: 307
URSIBREIDENBACH lebt mit ihrer Familie in der Steiermark und schreibt neben unterhaltenden Sachbüchern auch Kurzgeschichten und Liebesromane zum Wohlfühlen. Sie reist gern und liebt es, die Atmosphäre eines Ortes gemeinsam mit einer guten Freundin zu genießen.
HEIKEABIDI ist studierte Sprachwissenschaftlerin und lebt mit Mann, Sohn und Hund in der Pfalz. Sie arbeitet als freiberufliche Werbetexterin und ist Autorin von Unterhaltungsromanen sowie Jugend- und Kinderbüchern.
Ihre Bücher schreiben Heike Abidi und Ursi Breidenbach am liebsten in gemeinsamen Schreiburlauben, zum Beispiel in Wien oder an der niederländischen Küste.
Außerdem von Ursi Breidenbach und Heike Abidi lieferbar:
Wetten, ich kann lauter furzen? Wie man als Mutter von Jungs überlebtGeschwister sind wie GummibärchenGroßeltern sind wie Eltern, nur mit ZuckergussVom großen Glück, Oma und Opa zu haben, zu sein - oder zu werden
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Redaktion: Katharina Rottenbacher
Umsetzung eBook: Greiner & Reichel, Köln
ISBN 978-3-641-25467-4V002
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Kleine Chats erhalten die Freundschaft
Kapitel 1
Kindheit oder: Wie alles beginnt
»Kann ich deine Schaufel haben?« – Sandkastenfreundinnen und was wir von ihnen lernen können
»Eigentlich sind wir fast wie Schwestern« – Wenn schon die Mütter beste Freundinnen waren
»Hältst du mir den Platz neben dir frei?« – Warum Freundinnen immer nebeneinandersitzen müssen
»Wenn du mit der spielst, will ich nichts mehr mit dir zu tun haben« – Intrigen und Eifersüchteleien unter Freundinnen
Weltberühmte Frauenfreundschaften – von der Kaiserin bis zum It-Girl
Kapitel 2
Jugend ohne Freundin ist wie Geburtstag ohne Torte
»Aaaaber ich bin klüger, beliebter, hübscher als sie!« – Wenn aus Freundschaft Konkurrenzkampf wird
»Neben dir sehe ich noch viel cooler aus« – Unausgewogene Freundschaften und wie sie dennoch funktionieren (können)
»Seit du mit ihm gehst, hast du gar keine Zeit mehr für mich!« – Wie Freundschaften die erste Liebe überstehen
»Weißt du noch, was ich nach dem dritten Glas gemacht habe?« – Freundinnen und der erste Rausch
»Das lassen wir uns nicht gefallen!« – Gemeinsames Rebellieren macht die Pubertät erträglicher
»Wie konntest du mir das nur antun?« – Wenn Freundinnen sich streiten … und wieder versöhnen
Die besten Geschenke für Ihre Freundin
Kapitel 3
Erwachsen werden Freundinnen nie so ganz …
»Studierst du noch oder bist du einfach nur verrückt nach Mensa-Futter?« – Die Uni, Nährboden für neue Freundschaften
»Wollen wir nach der Arbeit mal was unternehmen?« – Freundschaften im Job
»Ich weiß, du kannst ihn nicht leiden, aber wirst du meine Trauzeugin?« – Wenn Freundinnen heiraten
»Ich melde mich … irgendwann vielleicht« – Wenn man sich auseinanderentwickelt und die Freundschaft zu Ende geht
»Hast du Lust auf einen Kaffee, während die beiden spielen?« – Sandkastenfreundschaft, Teil 2
»Ist doch okay, wenn ich meine Kinder mitbringe?« – Wenn die nächste Generation eine Freundschaft auf die Probe stellt
»Wir sollten uns unbedingt öfter treffen! Oder wenigstens telefonieren …« – Wie wahre Freundschaft auch Durststrecken übersteht
Eine kleine Auswahl an Frauenfreundschaften in Literatur, Film und Fernsehen
Kapitel 4
Beste Jahre sind noch besser mit einer Freundin
»Wenn wir allein sind, ist sie total anders!« – Freundinnen-Cliquen und Gruppendynamik
»Er behält das Haus und das Auto – aber ich hab ja noch dich!« – Wie eine Freundin hilft, die Scheidung zu überstehen
»Könntest du mich eventuell zur Chemo fahren?« – Wahre Freundschaften bewähren sich in der Krise
»Ich dachte, wir erzählen uns alles!« – Wenn Freundinnen plötzlich Geheimnisse voreinander haben
»Aber wir bleiben auf jeden Fall in Verbindung!« – Wie man herausfindet, ob man nur gut bekannt oder eine echte Freundin ist
»Sag mal, steht mir das?« – Freundinnen und die Tücken absoluter Ehrlichkeit
Tipps für eine richtig gute Frauenfreundschaft
Kapitel 5
Alter schützt vor Freundschaft nicht
»War sie eigentlich schon immer so seltsam?« – Wenn sich Eigenarten im Alter verstärken oder verändern
»Sie ist aber ganz schön alt geworden!« – Wiedersehen nach all den Jahren
»Weißt du noch, damals?« – Wie gemeinsame Erinnerungen die Jahrzehnte überdauern
»Wie wär’s, wenn wir die Restlaufzeit zusammen verbringen?« – Die Golden-Girls-WG
»Und was könnten wir heute mal anstellen?« – Auch Platin Girls haben noch viel vor
»Darf ich Ihnen das Du anbieten?« – Es ist nie zu spät für eine beste Freundin
Danksagung
Literaturliste
Kapitel 1
Kindheit oder: Wie alles beginnt
Freundschaft ist etwas Wunderbares – und das in jedem Lebensalter. Selbst die Allerkleinsten entwickeln sich zu glücklicheren, sozialeren Wesen, wenn sie Kontakt mit Gleichaltrigen haben.
Aus diesem Grund versuchen viele Mütter, ihre Winzlinge mit dem Nachwuchs ihrer Freundinnen zusammenzubringen. Auch ich habe das getan.
Was im Babyalter noch einigermaßen funktionierte, weil Kinder in dieser Phase ohnehin eher nebeneinander spielen als miteinander, ging bei uns spätestens im Kleinkindalter gründlich schief. Denn die lieben Kleinen lassen sich keineswegs diktieren, wen sie mögen sollen – und signalisieren uns damit sehr früh, dass sie ihren eigenen Kopf und ihr eigenes Bauchgefühl haben. Dabei wäre es so schön gewesen! Wir hätten einfach ein nettes Freundinnentreffen mit einer Kinderspielrunde verbinden können …
Die Psychologin Stefanie Rietzler kennt das: »Für viele befreundete Elternpaare wäre es ›praktisch‹, wenn sich der Nachwuchs gut versteht«, sagt sie in einem Interview auf dem Biber-Blog zum Thema Kinderfreundschaften. Sie plädiert dafür, die Gefühle der kleinen Leute zu respektieren. Schließlich haben auch sie ein Gespür dafür, mit wem die Chemie stimmt und mit wem eher nicht. »Ich denke da immer an uns Erwachsene, die wir uns ebenfalls ungerne vorschreiben lassen, mit welchen Menschen wir uns privat umgeben möchten. Dieses Recht sollten wir auch den Kindern zugestehen.«
Wenn aus dem Nachwuchs bester Freundinnen eher Streithähne und -hennen als Freunde und Freundinnen werden, muss man das wohl oder übel akzeptieren. Sie sind schließlich Menschen mit einem eigenen Willen – nur eben klein. Und deshalb suchen sie sich ihre Freunde selbst aus!
Es gibt allerdings durchaus Fälle, in denen das Konzept »Mütter sind beste Freundinnen, Töchter ebenso« funktioniert.
So wie bei Petra und Nicole. Die beiden waren seit der Oberstufe befreundet, blieben nach dem Abitur immer in Kontakt und wurden mit Mitte zwanzig ziemlich zeitgleich schwanger. Das schweißte sie noch enger zusammen, und als ihre Töchter Hannah und Celine auf der Welt waren, unternahmen sie fast alles gemeinsam – von Rückbildungsgymnastik über Babyschwimmen bis zu Kinderturnen und Spielplatzbesuchen.
Hannah und Celine wurden ebenfalls beste Freundinnen, und da sie einander auch noch ähnlich sahen mit ihren dunklen Locken und der schmalen, sportlichen Figur, hielt man sie spätestens im Grundschulalter für Zwillinge. Das gefiel ihnen so sehr, dass sie bald anfingen, sich immer öfter im Partnerlook zu kleiden. Deshalb mussten sie morgens vor dem Unterricht unbedingt telefonieren, um die Klamottenfrage abzustimmen.
Petra und Nicole beobachteten diese Entwicklung amüsiert. Und erfreut! Natürlich gefiel ihnen, dass sich ihre Töchter so prächtig verstanden. Besser ging’s ja kaum.
Dann stand der Wechsel zur weiterführenden Schule an, und die Mädchen wollten unbedingt auf dasselbe Gymnasium gehen. Alles andere kam für sie nicht infrage, allein der Gedanke an eine Trennung führte zu Sturzbächen von Tränen! Also wurde ihr Wunsch erfüllt.
Das war der Anfang vom Ende ihrer Freundschaft.
Der Übergang von der Dorfgrundschule zu einem städtischen Gymnasium mit rund tausend Schülern stellte die beiden vor große Herausforderungen. Und sie bewältigten sie auf höchst unterschiedliche Art und Weise: Während Hannah die neuen Eindrücke sichtlich genoss und regelrecht aufblühte, wünschte sich Celine, alles wäre beim Alten geblieben. Vor allem sollten Hannah und sie das bewährte Dream-Team bleiben.
Hannah mochte Celine nach wie vor und bezeichnete sie noch stets als ihre beste Freundin, und natürlich saßen sie in der Klasse nebeneinander. Doch es gefiel ihr auch, weitere Freundschaften zu schließen. Hannah hatte ein offenes Wesen und war beliebt. Mal verabredete sie sich mit Laura, mal mit Neele oder Sophie. War doch kein Problem, oder?
Celine sah das anders. Sie fühlte sich vernachlässigt, zumal sie selbst eher verschlossen war und sich schwerer damit tat, auf andere zuzugehen. Also zog sie sich mehr und mehr zurück und konzentrierte sich voll aufs Lernen. Hannah dagegen tat für die Schule nur das Nötigste und genoss lieber die neuen sozialen Kontakte.
Die Zeugnisse spiegelten das wider: Celine hatte lauter Einsen und war Klassenbeste, während Hannahs Notendurchschnitt irgendwo bei Dreikommairgendwas lag.
»Ich bin besser als du«, kommentierte Celine zufrieden, nachdem sie auf Hannahs Noten geschielt hatte.
»Aber ich bin beliebter als du«, gab die prompt zurück.
Bis dahin hatten weder Petra noch Nicole mitbekommen, dass mit ihren Töchtern etwas nicht stimmte. Doch spätestens in den Sommerferien schöpften die beiden Mütter Verdacht. Denn statt wie sonst ständig auf gemeinsame Ausflüge oder Schwimmbadbesuche zu drängen, verhielten sich ihre Töchter diesbezüglich extrem zurückhaltend. Es waren eher die Mütter, die sich verabredeten. Doch Hannah und Celine nahmen an diesen Aktivitäten höchstens lustlos teil, oft fanden sie irgendwelche Ausreden. Meist jedoch unternahmen Petra und Nicole zu zweit etwas. Die Mädchen waren eben aus dem Alter heraus, in dem sie ihre Freizeit am liebsten mit den Eltern verbrachten. Und was immer zwischen ihnen vorgefallen war, es konnte ja gewiss nicht so schwerwiegend sein.
»Das gibt sich wieder«, sagte Petra, und auch Nicole war sich sicher: »Das ist bestimmt nur so eine Phase.«
Doch das war es nicht. Im Gegenteil! Im neuen Schuljahr wurde alles noch viel schlimmer.
Celine machte sich lautstark über Hannahs schlechtere Zensuren lustig, woraufhin sich diese demonstrativ eine andere Banknachbarin suchte.
Wenn Celine mitbekam, dass sich Hannah mit einer Mitschülerin verabreden wollte, tat sie alles, um dieses Treffen zu verhindern. Sie überwand ihre Zurückhaltung und ging von sich aus auf Hannahs neue Clique zu – aber nicht, um auch dazuzugehören, sondern um ihre ehemals beste Freundin schlechtzumachen.
Hannah ließ das natürlich nicht auf sich sitzen und lästerte über Celine, nannte sie Streberin und MoF – Mensch ohne Freunde.
Als selbst Petra und Nicole nicht mehr ignorieren konnten, dass aus den »Unzertrennlichen« erbitterte Gegnerinnen geworden waren, redeten sie ihren Töchtern ins Gewissen und forderten sie auf, sich wieder zu vertragen.
»Aber Celine ist so fies«, beklagte sich Hannah. »Sie freut sich, wenn ich eine schlechtere Note bekomme als sie, und ist eifersüchtig, wenn ich mich mit anderen Mädchen verabrede.«
»Aber Hannah ist so eine Zicke«, beschwerte sich auch Celine. »Sie mobbt mich regelrecht. Ich glaube, sie will, dass die anderen mich hassen.«
Das klang übel. Richtig übel. Darin waren sich Petra und Nicole einig. Das war aber auch das Einzige, worin sie übereinstimmten. Denn kaum hatten sie vom Streit ihrer Töchter erfahren, mutierten sie zu Löwenmüttern, die ihre Jungtiere bedingungslos verteidigten.
Es hätte nicht viel gefehlt und ihre Freundschaft wäre ebenfalls daran zerbrochen. Immer öfter kriegten sie sich wegen Hannahs und Celines Zickenkrieg in die Wolle, ohne jedoch Genaueres darüber zu wissen – die Mädchen erzählten längst nicht alle Einzelheiten, und natürlich belastete keine von ihnen sich selbst. Jede stellte sich zu Hause als Unschuldslamm und die andere als Intrigantin dar. Petra ahnte zwar, dass vermutlich beide an der Situation schuld waren, aber Nicole gegenüber äußerte sie diesen Gedanken nicht – schließlich gab die sich absolut kompromisslos. Erst Hannahs Entscheidung, die Schule zu wechseln, weil sie die Situation nicht mehr aushielt und außerdem sowieso ein Schuljahr wiederholen musste, entschärfte die Lage.
Das ist inzwischen einige Jahre her, und die Mütter sind noch immer befreundet. Zwar nicht ganz so eng wie früher und nicht so vertraut, doch sie gehen regelmäßig zusammen ins Kino, zum Shoppen oder ins Schwimmbad. Zu zweit.
Wenn sich die Mädchen hin und wieder begegnen, behandeln sie einander freundlich, aber zurückhaltend. Wie Fremde. Als wären sie niemals »die Zwillinge« gewesen, als die sie aufgewachsen sind.
»Vielleicht haben wir diese extrem enge Zweierfreundschaft ein bisschen zu sehr forciert«, glaubt Petra rückblickend. »Es hätte den beiden gutgetan, schon früher einen größeren Freundinnenkreis aufzubauen, sich nicht so extrem aufeinander zu fixieren. Aber wir fanden das damals toll – ohne weiter darüber nachzudenken, ob das gut gehen kann. Sogar das mit dem Partnerlook haben wir unterstützt, weil es uns irgendwie niedlich vorkam. Vielleicht haben wir damit verhindert, dass sich unsere Töchter frei entfalten konnten. Denn wie sich inzwischen herausgestellt hat, sind sie total unterschiedlich, sowohl charakterlich als auch, was ihre Begabungen, ihre Wünsche und Träume, ihre Werte und Ideale betrifft.«
Müssen Freundschaften von Mädchen, deren Mütter beste Freundinnen sind, also zwangsläufig scheitern?
Zum Glück ist das nicht immer der Fall. Denn natürlich gibt es genug positive Beispiele – wie das von Lucy und Tinka. Auch die beiden waren seit der Schulzeit befreundet, sogar schon seit der Mittelstufe.
»Wir haben einfach alles gemeinsam unternommen«, erinnert sich Lucy. »Doch dann kam mein Auslandssemester in den USA – das war unsere erste längere Trennung überhaupt.«
Natürlich hielten sie das nicht aus – so ein Semester ist schließlich eine halbe Ewigkeit. Also besuchte Tinka ihre Freundin in San Francisco. Die beiden erlebten eine tolle Zeit miteinander, besichtigten alles, was sehenswert war (und das ist nicht wenig), gingen auf Partys, lernten nette Menschen aus aller Welt kennen … Unter anderem einen ziemlich coolen Australier, der die zwei German Girls kurzerhand einlud: »Besucht mich doch in Sydney! Am besten zu den Olympischen Spielen im Jahr 2000.«
Was für eine granatenstarke Idee! Bis dahin dauerte es zwar noch fünf Jahre, aber Lucy und Tinka waren sofort Feuer und Flamme. Selbstverständlich sagten sie zu. Australien – das war für beide ein absolutes Sehnsuchtsland.
Obwohl der Kontakt zu dem Australier bald wieder abriss, blieb der Plan bestehen: Lucy und Tinka würden zusammen nach Down Under reisen. Komme, was wolle!
Und es kam so einiges. Vor allem das Leben.
Lucy heiratete, Tinka ebenfalls. Lucy bekam ihr erstes Kind, eine Tochter namens Lilian, drei Monate später kam Tinkas Tabea auf die Welt.
Dass Lucy die Patentante von Tabea wurde und Tinka die von Lilian, verstand sich von selbst.
Ein paar Jahre später wurde Tinka erneut Mutter, es war wieder ein Mädchen, eine kleine Tilly. Wiederum drei Monate später wurde Lucys zweite Tochter Leonie geboren.
Lucy und Tinka trafen sich auch weiterhin, sooft es nur ging, und natürlich waren ihre Töchter – zumindest in den ersten Jahren – oft mit von der Partie. Während die beiden Älteren nie so richtig warm miteinander wurden, schlossen Tilly und Leonie bald eine enge Kinderfreundschaft. Sie liebten Übernachtungspartys und schliefen dann immer in einem Bett. Sie lasen dieselben Bücher und gingen zum selben Schwimmverein. Später trösteten sie sich gegenseitig bei Liebeskummer, schickten einander unendlich lange Sprachnachrichten und führten noch längere nächtliche Telefonate.
»Das kam mir wahnsinnig bekannt vor«, sagt Lucy, »von den Sprachnachrichten einmal abgesehen.«
Die Jahre gingen ins Land, für Lucy und Tinka lief alles bestens, doch eine Sache war unerledigt geblieben: nämlich der Plan, gemeinsam nach Australien zu reisen. Die Olympischen Spiele in Sydney waren bereits Geschichte.
»Eigentlich wollten wir ja zu zweit dahin, aber bevor das Ganze nie stattfindet, fliegen wir einfach alle zusammen«, schlug Tinka im Frühjahr 2015 vor – und damit ziemlich genau zwanzig Jahre nach jener Begegnung mit dem Australier in San Francisco.
Und so machten sie es. Die beiden Freundinnen verbrachten mit ihren Männern und Töchtern einen aufregenden Monat in Down Under, fuhren mit dem Wohnmobil durch den fünften Kontinent, knipsten unzählige Fotos und lernten Land und Leute lieben.
Vor allem Tilly und Leonie waren vollkommen fasziniert und beschlossen, nach dem Abitur für ein Jahr dorthin zurückzukehren – Work & Travel.
»Nun rate mal, wen ich vor ein paar Tagen zum Flughafen kutschiert habe«, sagt Lucy und lacht. »Meine Kleinste hat ihre Ankündigung wahr gemacht. Sie und Tilly haben nicht so lange gebraucht, um ihre Australienpläne zu verwirklichen, wie Tinka und ich.«
»Ist dir der Abschied denn nicht wahnsinnig schwergefallen?«, will ich wissen.
»Und wie!«, gibt sie zu. »Aber sie hat ihre beste Freundin dabei. Und das ist das Allerwichtigste. Wer wüsste das besser als Tinka und ich?«
Welche Rolle spielen Mädchenfreundschaften im Laufe der ersten Schuljahre?, frage ich mich und überlege, wie das damals bei mir war: Im Kindergarten fand ich eine beste Freundin. Unsere Eltern kannten sich vorher nicht und wir waren auch keine Nachbarinnen, sondern hatten einander wirklich frei von fremden Einflüssen oder Zufällen ausgesucht. Wie wir zueinanderfanden und was mich an Judith faszinierte, kann ich heute nicht mehr genau sagen, aber ich weiß noch, wie innig unsere Bindung war und dass mich damals kein anderes Kind so sehr interessierte wie sie.
Bei der Einschreibung zur Grundschule hatten unsere Mütter angegeben, dass wir unbedingt in dieselbe Klasse kommen sollten, und den ersten Schultag bestritten wir Seite an Seite. Die Frage, ob wir nebeneinandersitzen wollten, stellte nie jemand – das war einfach klar.
Die ganze Grundschulzeit gab es Judith und mich nur im Doppelpack: Wir verabredeten uns für den Schulweg, wichen den gesamten Vormittag keinen Meter voneinander und trafen uns auch regelmäßig in der Freizeit. War dies einmal nicht möglich, telefonierten wir – so oft, dass Judiths Mutter für mich den Spitznamen »Ursophon« erfand. Es war wunderbar, alles, was das Größerwerden und Von-zu-Hause-Abnabeln für uns bereithielt, zu besprechen.
Judith und ich waren völlig aufeinander fixiert und niemand forderte uns jemals auf, uns auch ein wenig mit anderen Mädchen zu beschäftigen. Heute wird eine so exklusive Freundschaft von Lehrkräften nicht mehr unbedingt unterstützt. Aus meinem Umfeld weiß ich, dass die Kinder in den Klassen immer wieder umgesetzt werden. Oft wechseln sie sogar monatlich ihren Platz und am Ende des Schuljahres hat nicht selten jeder einmal neben jedem gesessen. Die Idee dahinter ist wohl die Stärkung der Gemeinschaft und die Vermittlung von sozialen Kompetenzen.
Wäre das in den frühen Achtzigerjahren schon üblich gewesen, hätte mich Judiths Entscheidung, sich in der vierten Klasse plötzlich eine neue Banknachbarin und beste Freundin zu suchen, vermutlich nicht derart hart getroffen. So fühlte ich mich aber von heute auf morgen völlig alleingelassen. Warum sie sich von mir abwandte, weiß ich bis heute nicht. Ich hatte den Eindruck, ohne Judith gar nicht richtig zu funktionieren, und ich erinnere mich an Symptome, die Liebeskummer durchaus ähneln: Antriebslosigkeit, Esssucht, Traurigkeit … das ganze Programm. Ich durchlief auch die Phasen, die man von gebrochenen Herzen kennt: zuerst das Nicht-wahrhaben-Wollen, dann irgendwann hervorquellende Gefühle und schließlich eine Neuorientierung mit überdachtem Lebenskonzept: Zum Glück lernte ich recht schnell, mich für andere zu öffnen, und fand neue Gefährtinnen. Danach konzentrierte ich mich nie wieder bloß auf eine einzige Freundin, sondern merkte, wie schön es ist, für die verschiedenen Lebensbereiche unterschiedliche Herzensmenschen zu haben.
Meine Recherchen haben ergeben, dass sich die Anzahl der Mädchen, die sich wie ich in der Grundschule auf eine beste Freundin beschränken, mit denen, die bereits in diesem Alter einen etwas größeren Freundeskreis pflegen, ungefähr die Waage hält. Die Persönlichkeit und die Art, wie das Kind aufwächst, scheinen hierbei eine Rolle zu spielen.
Laura zum Beispiel – das war die kleine Pilzverkosterin aus meiner Geschichte vom Anfang des Buches – kam mit einer ganzen Mädchenclique an die Schule. Die Gruppe kannte sich schon vom Spielplatz und hatte auch gemeinsam den Kindergarten besucht. Innerhalb dieses Kreises wurden ständig neue Bündnisse geschlossen, einmal waren zwei enger befreundet, dann fand sich wieder eine andere Kombination. Natürlich wurde auch regelmäßig gestritten, aber selbst wenn sich ein Mädchen »für immer« von der Schar lossagte, kehrte es dennoch bald zurück.
»Das hat sich damals angefühlt, als hätte ich in der Schule eine eigene kleine Familie«, erinnert sich Laura. »In unserer Gruppe gab es auch Dynamiken, die man mit denen in einer echten Familie vergleichen kann: Auch wenn es innen kriselte, traten meine Freundinnen und ich als starke Einheit gegenüber der Lehrerin und dem Rest der Klasse auf. Das schenkte mir eine unglaubliche Sicherheit.«
Natürlich gibt es aber auch Fälle, bei denen Mädchen in der Grundschule neben unbekannte Mitschülerinnen gesetzt werden, mit denen sie dann eine enge Freundschaft schließen. Yvonne lernte Petra am ersten Schultag kennen. Neu in der Stadt, fühlte sie sich zunächst in der Klasse völlig fremd und schwieg den ganzen Vormittag. Am dritten Tag sollten die Kinder Dreiecke aus buntem Papier ausschneiden, und Yvonne bat Petra um eine Schere. Die beiden Mädchen waren sich auf Anhieb sympathisch. Es dauerte nicht lange, und die Sitznachbarinnen wurden beste Freundinnen.
»Es hat so viel Spaß gemacht, Petra alles über mich zu erzählen und im Gegenzug jedes Detail von ihr zu erfahren. Wir zwei Quasselstrippen redeten ohne Punkt und Komma und erhielten deshalb sogar immer wieder von der Lehrerin eine Rüge«, erzählt meine Gesprächspartnerin lachend.
Nach kurzer Zeit luden sich die Mädchen auch gegenseitig nach Hause ein. Einzelkind Yvonne war völlig fasziniert von Petras großer Familie mit vier Kindern. Der ständige Trubel zog sie so sehr an, dass sie ihre Freundin bald regelmäßig nach der Schule begleitete, bei ihr inmitten der Großfamilie zu Mittag aß und den ganzen Nachmittag blieb.
»In die turbulente Welt der Freundin einzutauchen, gab mir etwas, was ich daheim nicht bekam.«
Auf der Suche nach schönen Geschichten über Schulmädchenfreundschaften stieß ich auch auf Margot und Rosi. Die beiden lernten sich in den Sechzigerjahren beim Ballspielen auf der Straße kennen und waren ab dem Kleinkindalter ein Herz und eine Seele. Ihre Wohnungen lagen ums Eck im selben Häuserblock. Also spannten sie mithilfe der Väter quer über den Hof eine Schnur, an deren Enden jeweils eine leere Kaffeedose befestigt wurde. So konnten sie von Balkon zu Balkon »telefonieren«. Eine zweite Kordel bediente ein Glöckchen, mit dem man die andere durch Klingelzeichen »anrief«. So wurde Margot, die aus wesentlich bescheideneren Verhältnissen stammte als die Freundin, verständigt, wenn es etwas Spannendes im Fernsehen gab.
Die unterschiedliche finanzielle Situation der Familien kam dann bei der Einschulung besonders zum Tragen. Rosi sollte eine Privatschule besuchen. Margot hingegen musste in eine Klasse im Arbeiterviertel der Stadt. Als die Eltern den Mädchen mitteilten, dass sie nicht zusammen zur Schule gehen konnten, war die Aufregung groß.
»Stundenlang hockten wir wie zwei Häufchen Elend auf den Balkonen und heulten in das Dosentelefon. Auch abends weinten wir uns in unseren Betten in den Schlaf. Die Tage darauf wollten wir kaum etwas essen«, erinnert sich Margot an dieses einschneidende Kindheitserlebnis.
Rosis Mutter setzte dem Drama irgendwann ein Ende und meldete ihre Tochter ebenfalls in der »Armenklasse« an. Sie brachte es einfach nicht übers Herz, die Mädchen zu trennen. Um Rosi nicht von vornherein als »Reiche« zur Außenseiterin zu machen, wurde sie mit Kleidern von Margot und alten Schuhen, die sie eigentlich nur noch zum Spielen im Hof anzog, ausstaffiert.
»Rosi und ich saßen bis zum Abitur nebeneinander und sind bis heute eng befreundet«, schließt Margot die Erzählung und rührt mich damit beinahe zu Tränen.
Auch meine Schwester hatte schon im Vorschulalter eine beste Freundin. Sie und Ingrid waren ein bemerkenswertes Team, denn meine Schwester war wesentlich größer als Gleichaltrige und Ingrid um einiges kleiner als der Durchschnitt. Aber wer sollte sich an diesem Unterschied stoßen, wenn das gemeinsame Spielen so gut klappte? Zum Problem wurde das ungleiche Wachstum erst bei der Einschulung, denn meine Schwester und Ingrid durften nicht nebeneinandersitzen. Nur für die ganz Kleinen war die erste Reihe reserviert. Die von der Lehrerin auf diese Art unterbundene Nähe ließ die Freundschaft zwischen meiner Schwester und Ingrid bald abkühlen. Beide fanden rasch eine andere Gefährtin. Meine Schwester entdeckte nun Helene für sich, die zu Hause ein eigenes Zimmer mit einem Plattenspieler und dem Wellensittich Hansi hatte. Umgekehrt kam Helene gern in unseren Garten, um dort Verstecken zu spielen. Ingrid war plötzlich nicht mehr aktuell – wie das bei Kinderfreundschaften eben üblich ist.
Eigentlich wollten die neuen Freundinnen dann in der Schule beieinandersitzen, aber die Lehrerin bestimmte, dass der Platz neben meiner Schwester frei bleiben musste.
»Sie hatte nämlich schnell erkannt, wie fleißig und brav ich war, und setzte gern Störenfriede zu mir.«
»Das heißt, du warst sozusagen eine Erziehungsmaßnahme?«, frage ich entrüstet. Was meiner Schwester damals widerfahren war, ist mir völlig neu.
»Ja. Aber zum Glück war meine Freundin nicht gerade auf den Mund gefallen, wenn es darum ging, Rechte zu erkämpfen. Sie hat die Hand gehoben und sich darüber beschwert, dass ich mitbestraft wurde, wann immer jemand unartig war. Die Lehrerin hatte ein Einsehen, gab nach und ließ uns nebeneinandersitzen.«