Einfach können - diskriminierungsfreie Sprache - Oda Stockmann - E-Book

Einfach können - diskriminierungsfreie Sprache E-Book

Oda Stockmann

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Beschreibung

Dieser Ratgeber hilft dabei, sensibler zu werden für diskriminierende Sprache. In diesem heiklen Feld der Kommunikation geben konkrete Tipps, Formulierungen und Denkanstöße Orientierung und Klarheit. Das Buch gibt einen breiten Überblick über respektvolle Sprache in den Kerndimensionen Herkunft, Geschlecht, Religion, sexuelle Orientierung, Alter, körperliche und geistige Fähigkeiten und thematisiert auch weitere Dimensionen wie Einkommen, Familienstand und Ausbildung. Dieser Ratgeber ermöglicht es, ganz ohne Vorwürfe, diskriminierende und abwertende Sprache abzulegen und stattdessen ins Zentrum zu stellen, worum es einem eigentlich geht.

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Einfach könnenDiskriminierungsfreie sprache

Duden

Einfach könnenDiskriminierungsfreie sprache

Von Oda Stockmann

1. Auflage

Dudenverlag

Berlin

inhalt

Vorwort

I

diskriminierung verstehen

Eine Frage der Haltung

Team Normal und Team Anders

Diskriminiere ich?

II

diversitätsmerkmale im fokus

Selbstbezeichnungen

Die sechs Schlüsselprinzipien diskriminierungsfreier Sprache

Nationalität, ethnische Herkunft und Rassismus

Religion und Weltanschauung

Geschlecht und Geschlechtsidentität

Sexuelle Orientierung

Behinderung, körperliche und geistige Fähigkeiten

Alter

Soziale Herkunft

Aussehen

III

weitere merkmale

Geografische Lage

Einkommen

Ausbildung

Berufserfahrung

Gewohnheiten

Freizeitverhalten

Auftreten

Elternschaft

Familienstand

IV

wie es weitergeht

Privilegiencheck

Kommunikation verändern

Die Kraft, gesehen zu werden

Register

Vorwort

Vielleicht rutscht Ihnen manchmal schneller etwas aus dem Mund oder der Tastatur, als es Ihnen lieb ist und dann steht die Frage im Raum: »Darf ich das überhaupt noch sagen?« Es besteht die Gefahr, kritisiert zu werden oder gar in einen Shitstorm zu geraten.

Die Frage, was man heute noch sagen oder schreiben darf, enthält den Gedanken einer Zensur und das ist definitiv nicht, was Sie in diesem Buch finden werden. Sie werden vielmehr erkennen, dass es sich lohnt, genau das zu formulieren, was Sie sagen möchten. Das allein hilft schon, präziser zu sein, und vermeidet viele übliche Diskriminierungsfallen.

Zum Ziel einer diskriminierungsfreien Kommunikation führt Sie eine viel bessere Leitfrage: Was will ich denn wirklich sagen?

Wenn Sie also den Wunsch haben oder die Notwendigkeit erkennen, sich in diesem Bereich zu verbessern, haben Sie das richtige Buch ausgewählt. Es richtet sich vornehmlich an Sie, wenn Sie Texte für die Öffentlichkeit schreiben – beispielsweise im Verlagswesen, Marketing, in der Öffentlichkeitsarbeit, für Social Media oder Websites.

Sie erhalten eine Übersicht über ausgrenzende Strukturen und Reflexionsfragen, die Ihnen helfen, den eigenen Sprachgebrauch neu zu bewerten. Außerdem finden Sie jede Menge Beispiele für Formulierungen, die sensibel mit möglichen Diskriminierungen umgehen.

Hin und wieder muss es übrigens die eigene Erfahrung sein, die uns etwas lehrt. Ich wuchs als weiße Deutsche unter weißen Deutschen auf – in einer Kleinstadt und sehr durchschnittlich. Es gab dort nur wenige Menschen, die nicht zur sogenannten Mehrheitsgesellschaft gehörten. Ich dachte zudem, ich sei weltoffen und kein bisschen rassistisch, sexistisch oder auf anderen Ebenen diskriminierend, auch nicht aus Versehen. Vor etwa elf Jahren fand ich heraus, wie sehr ich mich geirrt hatte: Die Adoption eines Schwarzen Kindes führte mir als Mutter sehr bald und sehr drastisch vor Augen, was rassistische Diskriminierung ist, wie sie wirkt und dass ich als weißer Mensch von diesem System profitiere. (Weiter-)Bildung hilft und so befasste ich mich intensiv mit diesem Thema und mit diskriminierenden Strukturen und Mustern allgemein. Neben zahlreichen mit viel Erkenntnisgewinn absolvierten Weiterbildungen bringt heute noch beinahe jeder Tag neue Einsichten. Gleichzeitig sensibilisiere ich in Workshops Menschen für (unbewusste) Diskriminierungen, bin Organisationsentwicklerin, Sensitvity-Readerin und Inhaberin des Onlineshops Diversity is us, in dem ich Bücher, Spielsachen und vieles mehr rund um Diversität und Sensibilisierung für Vielfalt anbiete.

Als Autorin dieses Buches bin ich mir der meisten meiner Privilegien und Benachteiligungen bewusst. Ich verstehe, dass meine Position es mir ermöglicht, auf Ressourcen zurückzugreifen, die anderen nicht zur Verfügung stehen. Ich reflektiere meine eigenen Denkmuster und mein eigenes Lernen ist Teil meiner Arbeit. Daher freue ich mich über Rückmeldungen und Anregungen zu diesem Buch.

Die Möglichkeit, dieses Buch zu schreiben, möchte ich nutzen, um das Thema der diskriminierungsfreien Kommunikation vielen Menschen leicht zugänglich zu machen und ihm mehr Präsenz zu geben. Das Ziel, alle Menschen gleichberechtigt darzustellen, können nur alle gemeinsam erreichen – diese Aufgabe ist keine, die nur die betroffenen oder die nicht betroffenen Personen etwas angeht.

Lernen Sie die typischen Fallen sprachlicher Diskriminierungen kennen und wie Sie mit Empathie ganz einfach neue, diskriminierungsfreie Formulierungen finden. Damit können Sie täglich dazu beitragen, dass es mehr diskriminierungsfreie Texte gibt und Sie mehr Menschen respektvoll ansprechen.

Noch ein kleiner Dank und ein wenig Glitzer an einige der Menschen, ohne die dieses Buch nicht entstanden wäre: S. und R.: ohne euch geht einfach sowieso gar nichts – ich liebe euch; Toby und Ruth – ihr seid meine persönlichen Sprach- und Buchheldinnen; Arianne, Ela, Jay und Tanja – ohne euch hätte ich das Thema Diversity als zu anstrengend aufgegeben. Danke, dass ihr mir immer wieder sagt, wie wichtig es ist. An alle Nichtgenannten, die wissen, dass sie auch hierhergehören: Danke euch.

Ihnen wünsche ich viel Spaß und Erfolg beim Finden kreativer, neuer, diskriminierungsfreier Formulierungen.

Oda Stockmann

Idiskriminierung verstehen

Eine Frage der Haltung

Team Normal und Team Anders

Diskriminiere ich?

Um leichter verständlich zu machen, wie Diskriminierung meistens funktioniert, finden Sie hier Begriffserklärungen zu den im Buch verwendeten Konzepten. Wenn Sie dieses Wissen verinnerlicht haben, können Sie im Alltag zukünftig einfacher erkennen, wo die Gefahr von unbewusster Diskriminierung droht.

Eigene Diskriminierungserfahrungen zu haben, ist keine Qualifizierung, damit Sie in der Lage sind, sich diskriminierungssensibel und empathisch auszudrücken. Auch diejenigen von uns, die privilegiert scheinen und nur wenig eigene Diskriminierungserfahrungen haben, sind sowohl in der Lage als auch in der Verantwortung, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.

Es gibt keine Garantie, dass das, was heute als richtig angenommen wird, dauerhaft als angemessen empfunden wird. Da Sprache und unsere Welt sich wandeln, können sich die hier aufgeführten Inhalte wie die Begriffe und Selbstbezeichnungen ändern. Sehen Sie dieses Buch daher bitte als Startpunkt Ihrer eigenen Weiterentwicklung hin zu diskriminierungsfreierer Sprache. In diesem ersten Kapitel geht es zunächst um die grundlegenden Konzepte und Begrifflichkeiten dafür. Sie sind Ihr Handwerkszeug für eine gelingende diskriminierungsfreie Kommunikation.

Eine Frage der Haltung

Es gibt so viele verschiedene Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen, Wahrnehmungen und Lebensrealitäten. Wie können Sie da überhaupt eine Sprache finden, in der sich alle respektvoll angesprochen fühlen? Eine, die alle Menschen gleich gerecht darstellt und berücksichtigt, ohne auszugrenzen?

Diskriminierung

Diskriminierung wird in diesem Buch als Wort verwendet für eine ungerechte Ausgrenzung oder Benachteiligung aufgrund eines oder mehrerer Merkmale wie Geschlecht, Alter, Herkunft, Religion oder Behinderung.

Beleidigung

Eine Beleidigung ist demgegenüber eine herabwürdigende Äußerung oder Handlung, die darauf abzielt, jemanden persönlich emotional anzugreifen oder zu verletzten, ohne dabei zwangsläufig auf bestimmte Merkmale Bezug zu nehmen. Diskriminierungen sind systematisch und betreffen Gruppen, während Beleidigungen individuell sind.

diskriminierungsfrei

Diskriminierungsfrei ist Sprache, wenn sie auf Benachteiligungen oder Zurücksetzungen verzichtet und Gleichwertigkeit herstellt.

Lediglich bestimmte Wörter zu vermeiden, reicht nicht aus. Es ist notwendig, sich mit dem, was Sie aussagen wollen und was Sie gewohnt sind zu sagen, auseinanderzusetzen. Der Kontext, in dem etwas formuliert wird, ist außerdem wichtig, denn er ruft immer Assoziationen hervor. Er schafft den Rahmen, durch den etwas betrachtet wird. Und das macht die Sache mit der diskriminierungsfreien Kommunikation so knifflig: Wir machen Fehler und das macht uns menschlich. Gleichzeitig bedeutet es, dass Sie sowohl milde mit Ihren eigenen Fehlern als auch mit denen Ihrer Mitmenschen umgehen können.

Immer dann, wenn Sie keine Lösung finden, mit der Sie alle Menschen gleich gerecht berücksichtigen können, bietet sich Ihnen eine gute Möglichkeit, völlige Diskriminierungsfreiheit als Ziel für den Weg zu nehmen und auf dem Weg dahin diskriminierungssensibel zu handeln. Das heißt, dass Sie sich empathisch in die verschiedenen Positionen hineinversetzen, überlegen, in welcher Position Sie sich selbst befinden und abwägen, wie Sie formulieren können, ohne Menschen auszugrenzen. Sie sind dann also sensibel für die möglichen Diskriminierungen und wägen ab, welche die Formulierung ist, die im jeweiligen Kontext vermutlich die geringsten und wenigsten Verletzungen anrichtet.

Diskriminierungsfreie Sprache ist immer auch eng mit der eigenen inneren Haltung zum Thema Vielfalt verknüpft. Solange Sie sensibel mit Sprache umgehen und Menschen gleichermaßen wertschätzen, sind Sie auf dem richtigen Weg zur diskriminierungsfreien Kommunikation. Wenn Sie dann doch einmal Kritik erfahren, ist dies eine gute Gelegenheit zu überprüfen, was genau Sie sagen wollten und ob Sie es nicht in einer diskriminierungssensibleren Sprache formulieren können. Dabei helfen Ihnen die Reflexionsfragen im Abschnitt »Die wichtigste und 15 wertvolle Fragen« (S. 25) und die Erläuterung der diskriminierenden Strukturen und Muster im Unterkapitel Team Normal und Team Anders (S. 16).

Diversity, Diversität, Vielfalt

Der Begriff Diversity aus dem Englischen wird in diesem Buch synonym verwendet zu dem aus dem Lateinischen stammende Wort Diversität und dem deutschen Wort Vielfalt. Es geht bei allen drei Begriffen um die Idee, dass alle Menschen ihr Potenzial leben können und Unterschiede als bereichernde Fülle verstanden werden.

Marginalisierung

Marginalisierung beschreibt den sozialen Vorgang, mit dem Gruppen von Menschen, die sich ein Merkmal teilen, an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Sie werden zu etwas Unwichtigem, Nebensächlichem gemacht. Dadurch haben marginalisierte Menschen weniger Möglichkeiten, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Die Gruppengröße ist bei der Marginalisierung nicht entscheidend. Es geht um den Mechanismus, durch den die dieser Gruppe angehörenden Menschen zu etwas Unwichtigem gemacht werden. So ist zum Beispiel die Gruppe der Menschen mit dem Geschlecht weiblich eine marginalisierte Gruppe, obwohl sie in Deutschland die größte Gruppe – bezogen auf Geschlechtsidentitäten – ist.

Menschen werden sprachlich zum Beispiel durch Verniedlichen klein gemacht und an den Rand gedrängt, etwa indem -chen, -lein und -ling an Personenbezeichnungen gehängt werden und der Artikel sich entsprechend ändert: der Mann wird das Männlein und aus der Junge wird das Jüngelchen.

Nach: Gardenswartz und Rowe: »4 Layers of Diversity«, Charta der Vielfalt e. V. und Annika Schach: »Diversity & Inclusion in Strategie und Kommunikation« (2002), S. 121.

Team Normal und Team Anders

Stellen Sie sich vor: Heute sehen Sie das Fußballspiel von Team Normal und Team Anders der dritten Liga. Jedes Team trägt zur Unterscheidung die eigenen Trikots. Team Normal läuft in Rot-Schwarz auf, Team Anders in Gelb-Weiß. Das Spiel wird angepfiffen und eine Spielerin von Team Normal schießt das erste Tor. Obwohl sie eindeutig im Abseits war, zählt es. Der weitere Spielverlauf sieht in etwa so aus: Fouls an Spielerinnen von Team Anders werden übersehen oder nur geringfügig geahndet, während Fouls an Spielerinnen von Team Normal zu starken Sanktionen führen. Ein Platzverweis einer Spielerin von Team Anders erfolgt aufgrund einer Schwalbe einer Spielerin von Team Normal im Strafraum; sie ließ sich theatralisch zu Boden fallen, ohne dass sie Kontakt zu einer Spielerin von Team Anders hatte. Die Schiedsrichterin ist eindeutig parteiisch. Wenig überraschend gewinnt Team Normal 5:1, wobei die Spielerinnen der beiden Teams etwa gleich leistungsstark sind.

Der Hintergrund ist: Die Schiedsrichterin verbindet mit gelb-weißen Trikots viele Annahmen darüber, dass ein Team mit solchen Trikotfarben nicht in der Lage sein kann zu gewinnen. In ihrem Leben hat sie schon vielfach die Erfahrung gemacht, dass Spielerinnen mit solchen Trikotfarben schlechter trainiert sind, daher mehr foulen und zu einer härteren Spielweise neigen als Teams mit anderen Trikotfarben. Damit es in diesem Spiel nicht zu solch übertriebenen Körpereinsätzen kommt, hat sie die Spielerinnen von Team Anders genau beobachtet. Dadurch bestätigten sich ihre Befürchtungen und sie musste die Spielerinnen von Team Anders häufig ermahnen. Bei Team Normal sind ihr kaum unsportliche Spielweisen aufgefallen.

Der weitere Saisonverlauf ist übrigens dieser: Team Normal gewinnt beinahe jedes Spiel und schafft schon bald den Aufstieg in die nächsthöhere Liga, in der kaum ein Team die Trikotfarben Gelb-Weiß hat. Ein ziemlich ungerechtes Spiel, oder?

Das Spiel mit Team Anders und Team Normal ist eine Analogie für das Konzept des Othering.