Einführung in die positive Bildung - Christoph Städeli - E-Book

Einführung in die positive Bildung E-Book

Christoph Städeli

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Lernende, die sich in der Schule wohl fühlen, erzielen bessere Leistungen. Lernen soll Freude bereiten, damit die Lernenden Selbstwirksamkeit aufbauen und Vertrauen in ihre Fähigkeiten entwickeln können. Denn letztlich hat die Schule die Aufgabe, die Schülerinnen und Schüler zu stärken. Christoph Städeli, Autor des vielbeachteten AVIVA-Modells, hat dazu ein didaktisches Konzept entwickelt. Wer sein Buch liest, lernt die Ideen der positiven Bildung im Unterricht umzusetzen.

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Christoph Städeli

Einführung in die positive Bildung

Mit einem Vorwort von Michaela Brohm-Badry

ISBN Print: 978-3-0355-2038-5

ISBN E-Book: 978-3-0355-2039-2

1. Auflage 2023

Alle Rechte vorbehalten

© 2023 hep Verlag AG, Bern

hep-verlag.com

Dieses Buch ist Willy Obrist (1957–2015) gewidmet. Mit viel Freude, Enthusiasmus, Ausdauer, Hoffnung und Humor gab er als Lehrer und Schulleiter wichtige Impulse zum Wohle der Schule und des Unterrichts.

INHALTSVERZEICHNIS

Vorwort

1 Einleitung

2 Menschen stärken

2.1 Die Theorie des Wohlbefindens – das PERMA-Modell

2.2 Charakterstärken

2.2.1 Die 24 Charakterstärken im Detail

2.2.2 Erfassen der Charakterstärken mit dem VIA-Youth-Fragebogen

2.2.3 Förderung von Charakterstärken bei Schülerinnen und Schülern

3 Die erfolgreiche Umsetzung in vier Schritten

3.1 Schritt 1: Die Lehrpersonen setzen sich mit dem Konzept der positiven Bildung auseinander

3.1.1 Eine gemeinsame Landkarte zu den fünf PERMA-Elementen entwickeln

3.1.2 Die Lehrpersonen erkennen die eigenen Stärken

3.2 Schritt 2: Die Lernenden mit den Ideen der positiven Bildung vertraut machen

3.3 Schritt 3: Elemente der positiven Bildung in den Unterricht einbetten

3.3.1 Implizites Vorgehen

3.3.2 Explizites Vorgehen

3.3.3 Ganzheitlicher Ansatz

3.4 Schritt 4: Das Konzept der positiven Bildung wird in die Schulhauskultur eingebettet

4 Zusammenfassung und Ausblick

4.1 Die positive Bildung erfolgreich umsetzen

4.2 Durch Wohlbefinden die Lernziele besser erreichen

4.3 Ausblick auf drei Anwendungsfelder

4.3.1 OECD-Lernkompass 2030 – Aufbau von Transformationskompetenzen

4.3.2 Lernen 4.0 – Pädagogik vor Technik

4.3.3 Bildung für nachhaltige Entwicklung

5 Instrumente zur konkreten Umsetzung der positiven Bildung

5.1 Positive Emotionen wahrnehmen können

5.2 Positive Emotionen dokumentieren – ein Portfolio anlegen

5.3 Der positive Tagesrückblick – ein Lernjournal führen

5.4 Aus Fehlern lernen

5.5 Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler zum Unterricht einholen

5.6 Merkmale der positiven Beziehungsgestaltung im Kontext von Distanz und Digitalisierung

5.7 Umgang mit Störungen im Unterricht

5.8 Intelligentes Üben

5.9 Gütekriterien für die Beurteilung und Bewertung überdenken und anpassen

5.10 Charakterstärken aufbauen und fördern

6 Anhang

6.1 Literaturverzeichnis

6.2 Abbildungsverzeichnis

6.3 Tabellenverzeichnis

6.4 Register

Nachwort

Über den Autor

VORWORT

Was für ein wunderbares Buch der Kollege Städeli vorgelegt hat! Ein Buch für Lebenskraft in der Schule – ein Buch für Hoffnung in wilden Zeiten. Wahrscheinlich waren lange Zeit die gesellschaftlichen und persönlichen Herausforderungen nicht mehr so groß wie derzeit, wo die «Zeitenwende» in fast alle Lebensbereiche – und so eben auch in die Schule – Einzug gehalten hat.

Einige Menschen resignieren angesichts dessen, andere warten ab. Wieder andere aber gestalten tatkräftig zupackend dieses neue Leben. Gerade diese Menschen werden in wilden Zeiten gebraucht – die Unerschütterlichen, die in der Hoffnung leben, unsere Zukunft gestalten und auch in schwierigen Situationen wirksam handeln können. Albert Bandura beschrieb dieses Phänomen als «Selbstwirksamkeitserwartung» – die Erwartung, erfolgreich zu handeln – komme, was da wolle.

Solche Menschen brauchen wir in allen gesellschaftlichen Bereichen: in Recht und Politik, Arbeit und Wirtschaft, Religion und Kirche, Freizeit und Kultur, Gesundheit und Sozialbereich und Wissenschaft und Bildung. Vor allem in der Bildung, denn Schulen und Hochschulen leben allem voran vom Lernen am Modell. Finden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in ihren Lehrpersonen unerschütterliche Hoffnungsträger, so finden auch diese jungen Menschen eher die Zuversicht und die Kraft, ihre Zukunft aktiv gestalten zu wollen.

Die Positive Psychologie stärkt genau diese Haltung, denn sie ist «die Wissenschaft dessen, was Individuen, Organisationen und Gesellschaften dazu befähigt, sich bestmöglich zu entwickeln und aufzublühen (flourish). Positive Psychologie ist daher die Wissenschaft des gelingenden Lebens. Im Zentrum steht die empirische Erforschung von menschlichen Ressourcen, Stärken und Potenzialen sowie des Wohlbefindens» (Brohm-Badry, Berend 2017).

Mit dieser ressourcenorientierten Ausrichtung steht die Positive Psychologie deutlich in der Tradition der humanistischen Psychologie und Philosophie des zwanzigsten Jahrhunderts. Aus den ersten Ansätzen in den Publikationen des US-amerikanischen Psychologen Abraham Maslow in den 60er-Jahren wurde im Laufe der Jahrzehnte unter Federführung von Martin Seligman eine breite, interdisziplinäre Forschungsbewegung, die sich einzig der Frage nach dem kognitiven, emotionalen und motivationalen Aufblühen der Menschen verschrieben hat. Was brauchen Menschen, damit sie sich bestmöglich entwickeln?

Mannigfache internationale Studien in Schulen und Hochschulen, Weiterbildung, Training und Coaching haben nun in den letzten beiden Jahrzehnten ans Tageslicht befördert, was in Lehr- und Lernkontexten wirklich zählt: ein Bündel von stärkenden Impulsen, die dazu führen, dass Lernende in Schulen, Hochschulen und Weiterbildungseinrichtungen lebensfroh und mit hohem Leistungswillen sich ihrem ganzheitlichen Wachstum zuwenden.

Und die Sehnsucht nach diesen lebensfrohen Impulsen für unser Schulsystem ist offenbar stark: Als ich gemeinsam mit Wolfgang Endres vor Jahren den ersten deutschsprachigen Band über Positive Psychologie in der Schule geschrieben habe (Brohm/Endres 2015/2017), wunderten wir uns über die permanent erhöhten Nachdruckzahlen und das starke Echo. Wenig später erschien die zweite Auflage. Und seitdem wachsen überall im deutschsprachigen Raum Ideen, Publikationen, Lernexperimente und Schulversuche auf positiv-psychologischer Grundlage. Ein Blick in den internationalen Kontext zeigt, dass auch in vielen europäischen Nachbarländern, in den USA, Kanada und Australien und vielen anderen Ländern eine breite Bewegung der positive education herangewachsen ist, die das Nachdenken über Schule und das pädagogische Handeln nachhaltig verändert.

Das vorliegende Buch ist nun ein grundlegender Band, der die vorhandenen Forschungsbefunde systematisiert und konzeptionell bündelt. Und Christoph Städeli ist prädestiniert, diesen Band über positive Bildung zu schreiben: Er ist Professor für Erziehungswissenschaft und Leiter der Abteilung Sekundarstufe II und Berufsbildung an der Pädagogischen Hochschule in Zürich. Er hat selbst mehrjährige Unterrichtserfahrung und ist Dozent für Didaktik. Zudem ist er in Positiver Psychologie zertifiziert und hat bereits vor einigen Jahren bewiesen, dass er grundlegend und unterrichtsbezogen konzipiert: Sein AVIVA-Modell ist im Laufe der Zeit eines der federführenden didaktisch-methodischen Modelle im internationalen Raum geworden.

Mit dem hier vorliegenden Band schließt er an diese konzeptionelle Arbeit an. Er schreibt, dass es das Ziel dieser Publikation sei, «die Leserinnen und Leser dazu zu verleiten, die Ideen, Anliegen und Erfahrungen der positiven Bildung aufzugreifen und im eigenen (Schul-)Alltag zur Umsetzung zu bringen». Und genau das gelingt Christoph Städeli: Er überzeugt die Leserinnen und Leser von den Vorzügen der positiven Bildung, zeigt die stärkenden und gesundheitsförderlichen Wirkungen positiver Bildung auf, und führt gekonnt in die mit der positiven Bildung verknüpfte Freude am Lernen ein, die das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit erhöht.

Anhand der zitierten Studien gewinnt der Band eine Tiefe, der sich vermutlich auch Skeptiker nur schwerlich entziehen können: Was könnte besser für die Entwicklung von Unterricht und Schule sein, als die umfassende Perspektive positiver Bildung, die Christoph Städeli hier eröffnet?

Mit stetem Blick auf die schulische Praxis stellt das Buch zunächst die theoretischen Grundlagen positiver Bildung vor und entwickelt dann ein Modell, wie diese theoretischen Grundlagen in die schulische Praxis überführt werden können. Dieses Modell ist der Kern des Bandes: Städeli führt uns Leserinnen und Leser Schritt für Schritt von der Theorie über die Selbstreflexion der Lehrperson und des Kollegiums zum positiv-psychologischen Unterricht und weiter zur positiven Bildungseinrichtung Schule. Die Abfolge der vorgeschlagenen Schritte erschließt sich umgehend und wirkt motivierend – was auch den Wert dieses schönen Bandes unterstreicht.

In den folgenden Kapiteln stellt Städeli in der Praxis erprobte Instrumente der Schul- und Unterrichtsentwicklung vor, die den Weg positiver Bildungsentwicklung unterstützen. Dem Autor gelingt es, bereits vorhandene schulpädagogische Ansätze in Beziehung zu den geschilderten Instrumenten in Beziehung zu setzen, sodass Lehrpersonen bei ihrer positiven Schul- und Unterrichtsentwicklung auf bereits vorhandene Modelle zurückgreifen und diese durch neue Impulse anreichern oder erweitern können. Durch dieses Vorgehen werden die Handlungsimpulse niedrigschwellig für den Unterrichtsalltag und dadurch eben prima einsetzbar in Schule und Unterricht.

Dieses inspirierende Buch von Christoph Städeli ist eine Schatzkiste für die positiv-psychologische Ausrichtung in Unterricht und Schule. Dieses stringente, ganzheitliche Konzept empfehle ich allen Lehrpersonen, Schulleiterinnen und Fachleitern, denn dieses Buch hat das Potenzial, Schule und Unterricht nachhaltig zum Wohle von Schülerinnen und Schülern und auch zum Wohle der Lehrpersonen selbst zu wandeln.

In diesem Sinne wünsche ich allen Leserinnen und Lesern die unerschütterliche Hoffnung und für Schule und Unterricht die ansteckende Kraft des Handelns in Zuversicht.

Trier, im März 2023

Prof. Dr. Michaela Brohm-Badry

Lernforscherin mit den Schwerpunkten Motivation und Positive Psychologie

 

1 EINLEITUNG

Die Schule und der Unterricht sind Orte des Arbeitens, Lernens, Lehrens und Leistens. Sie sind ein bedeutsamer Lebensraum, in dem Schülerinnen und Schüler wichtige soziale und emotionale Erfahrungen machen können. Dabei ist es für ein erfolgreiches Lernen und den gesamten Bildungsweg von entscheidender Bedeutung, dass sie sich in der Schule wohl fühlen und zufrieden mit den schulischen Bedingungen sind. Dieses Wohlbefinden ist nicht pädagogischer Luxus, es ist vielmehr ein Kernindikator für gelungenes Zusammenleben (Fend & Sandmeier, 2004).

Es gibt immer wieder kritische Stimmen, welche das Wohlbefinden in der Schule mit Spaß, Faulheit, Kuschelpädagogik oder Trägheit der Schülerinnen und Schüler in Verbindung bringen. Diese Argumente lassen sich jedoch rasch entkräften, denn das Wohlbefinden hängt nachweislich mit einer Reihe von pädagogisch erwünschten Faktoren zusammen, die in einer Schule gegeben sein müssen, wenn sie ihren Bildungsauftrag erfüllen will. Dazu zählen der positive Selbstwert sowie die positive Haltung gegenüber den Lernprozessen und Bildungseinrichtungen. «Wenn Schulen ihren Auftrag erfüllen wollen, können sie auf das positive Potential, das mit dem Wohlbefinden ihrer Schülerinnen und Schüler zusammenhängt, nicht verzichten» (Hascher & Lobsang, 2004, 204).

Genau an diesem Punkt setzt die positive Bildung an. Nach White und Murray (2015) beschreibt positive Bildung (bzw. positive education) wissenschaftlich validierte Programme, die sich positiv auf das Wohlbefinden der Schüler und Schülerinnen und auf ihre Leistungsfähigkeit auswirken. Schulische Leistungen und Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler sind dabei gleichwertige Aspekte. In verschiedenen großangelegten Studien konnte nachgewiesen werden, dass bei Schülerinnen und Schülern, die gezielt an Programmen der positiven Bildung teilgenommen haben, das Wohlbefinden im Vergleich zu Lernenden aus Placebo-Schulen bedeutend höher war und die schulischen Leistungen, gemessen an den Standards nationaler Prüfungen, deutlich besser ausfielen (Seligman, 2019). Schülerinnen und Schüler mit besserem Wohlbefinden erzielen bessere Noten und haben weniger Fehlzeiten (Chaves, 2021, 282).

Durch die COVID-Krise hat sich in den letzten Jahren gezeigt, wie wichtig es ist, neben den schulischen Leistungen das Wohlbefinden als weitere zentrale Säule in der Schule und im Unterricht aufzubauen; auch um den psychischen Gesundheitsproblemen bei Schülerinnen und Schülern und Lehrpersonen entgegenzuwirken. Besonders deutlich zeigte sich dies bei den Schulschließungen während der Pandemie. Durch das Homeschooling wurde damals für viele Schülerinnen und Schüler ihr Zuhause zum neuen Klassenzimmer. Die vielen Onlineveranstaltungen wurden als seelenlos erlebt; die für das Lernen zentralen und tiefen Begegnungen fanden nicht statt (Brohm-Badry, 2021). Einige Lernende meisterten die neuen Herausforderungen gut, andere hatten damit große Mühe und wurden teilweise vom Lernen abgekoppelt, da ihnen die so zentrale Lernbegleitung und die sozialen Kontakte fehlten. Die Erfahrung aus der COVID-Krise rückt nun deutlich die Notwendigkeit in den Vordergrund, die Förderung des Wohlbefindens, der Belastbarkeit und die mentale Stärke in den Mittelpunkt zu rücken (Green, Leach & Falecki, 2021, 22).

Bei der Umsetzung der positiven Bildung geht es also einerseits darum, die Menschen zu stärken, damit sie gesund bleiben. Andererseits soll das Lernen Freude bereiten und dadurch das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit der Schülerinnen und Schüler gesteigert werden.

Hinter den Konzepten der positiven Bildung verstecken sich weder Heilsversprechen noch esoterische Fantasien. Die positive Bildung setzt wissenschaftliche Erkenntnisse aus zahlreichen Forschungsarbeiten der positiven Psychologie um und zeigt auf, wo im Unterricht und in der Schule gezielt angesetzt werden kann. Die positive Psychologie ist also keine «Happy-Psychologie oder eine akademische Variante des positiven Denkens. Sie ist auch nicht mit Glücksforschung gleichzusetzen und sie will auch nicht vorschreiben, wie Menschen, speziell Kinder und Jugendliche, zu leben haben» (Ruch & Wagner, 2013, 18).

Dieses Buch liefert einen Einblick in die Theorie und die Praxis der positiven Bildung und ist wie folgt aufgebaut. In Kapitel 2, «Menschen stärken», werden die theoretischen Grundlagen der positiven Bildung vorgestellt. Aufbauend auf diesen Grundlagen folgt in Kapitel 3 ein Modell, wie die Ideen der positiven Bildung in der Schule implementiert werden können. Im vierten Kapitel werden die wichtigsten Aspekte zusammengefasst und ein Ausblick auf weitere Anwendungsfelder gegeben. Im fünften Kapitel werden verschiedene Instrumente zur konkreten Umsetzung aufgeführt. Dabei stehen nicht isolierte Übungen im Vordergrund, wie dies bei manchen Büchern zum Thema «positive Psychologie in der Schule» üblich ist, sondern sogenannte Instrumente, die Elemente der positiven Bildung mit schulpädagogischen Aspekten in Beziehung setzen. Diese Instrumente werden bewusst erst am Ende des Buches aufgeführt, da für deren Umsetzung die Erkenntnisse aus den Kapiteln «Menschen stärken» und «erfolgreiche Umsetzung in vier Schritten» vorausgesetzt werden.

Ziel dieser Publikation ist es, die Leserinnen und Leser dazu zu verleiten, die Ideen, Anliegen und Erfahrungen der positiven Bildung aufzugreifen und im eigenen (Schul-)Alltag zur Umsetzung zu bringen.

 

2 MENSCHEN STÄRKEN

Die positive Psychologie beschäftigt sich mit der Frage, wie das Wohlbefinden der Menschen gestärkt werden kann. Der Fokus richtet sich dabei nicht auf Krankheiten; vielmehr wird aufgezeigt, wie Stärken gezielt aufgebaut werden können, mehr positive Emotionen und Flow erlebt und mehr Sinnhaftigkeit erreicht werden kann. Dies alles mit dem Ziel, ein besseres Leben zu führen und die Lebenszufriedenheit zu erhöhen. Die Erkenntnisse aus der positiven Psychologie werden in verschiedenen Anwendungsfeldern wie Gesundheitswesen, Arbeit und Schule umgesetzt. Menschen mit einem besseren Wohlbefinden sind im Schnitt physisch und psychisch gesünder, motivierter, leistungsstärker und «sozialverträglicher» (Brohm, 2016, 6).

Größeres Wohlbefinden fördert zudem das Lernen, was für die Schule und den Unterricht zentral ist. Eine positive Stimmung im Unterricht führt zu einer breiteren Aufmerksamkeitsspanne sowie zu mehr kreativem und ganzheitlichem Denken (Seligman, 2015, 122). Wie wird Wohlbefinden umschrieben und wie kann Wohlbefinden gezielt aufgebaut und gestärkt werden?

2.1 Die Theorie des Wohlbefindens – das PERMA-Modell

Das Konstrukt Wohlbefinden, wie es Martin Seligman (2015, 32–40) definiert, setzt sich aus fünf Elementen zusammen: positive Emotionen, Engagement, positive Beziehungen, Sinn und Zielerreichung. Zusammengefasst werden diese Elemente unter dem Akronym PERMA (siehe Tabelle 1). Jedes der fünf Elemente trägt zum Wohlbefinden bei, wobei die Elemente voneinander unabhängig sind und die Menschen um der Sache willen danach streben.

Um dies besser zu veranschaulichen, zieht Martin Seligmann eine Analogie zum Konstrukt Wetter heran. Hier verhält es sich gleich wie beim Wohlbefinden. Mehrere Elemente wie Temperatur, Luftdruck, Windgeschwindigkeit und Luftfeuchtigkeit, von denen jedes messbar und beschreibbar ist, tragen zum Wetter bei. Kein einzelnes dieser Elemente kann das Wetter umfassend definieren, es sind immer mehrere Elemente, die dazu beitragen. Übertragen auf die Schule und den Unterricht bedeutet dies, dass bei der Förderung eines umfassenden Wohlbefindens die einzelnen Elemente aufgebaut und gefördert werden, ein umfassendes Wohlbefinden sich aber erst im Zusammenspiel aller fünf Elemente entwickeln kann.

In Tabelle 1 sind die englischen und deutschen Begriffe zu PERMA aufgeführt. In den weiteren Ausführungen wird PERMA als Kürzel für diese fünf Elemente verwendet, in den Umschreibungen jedoch die deutschen Bezeichnungen aufgeführt.

P

Positive emotions

Positive Emotionen

Positive Emotionen wie Freude, Zufriedenheit, Erleichterung, Dankbarkeit, Hoffnung, Inspiration, Heiterkeit und Stolz erleben können

E

Engagement

Engagement

In einer Tätigkeit aufgehen, Flow erleben

R

Relationships

Positive Beziehungen

Enge und unterstützende Beziehungen haben

M

Meaning

Sinn

Sinn und Zweck im Leben sehen, sich für eine höhere Sache einsetzen

A

Accomplishment

Zielerreichung

Ziele setzen und erreichen, Erfolg haben, sich wirksam erleben

Tabelle 1: Die fünf Elemente des PERMA-Modells (Seligman, 2015, 32–40)