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In "Einsichtnahmerecht in beim Staatsarchiv gelagertes Depositalgut" wird der komplexe rechtliche Rahmen des Einsichtnahmerechts in Archive umfassend analysiert. Das Werk thematisiert sowohl die theoretischen als auch praktischen Aspekte des Zugriffs auf Archivmaterialien und beleuchtet die Balance zwischen dem Schutz personenbezogener Daten und dem öffentlichen Interesse an historischem Wissen. Mit einer präzisen und klaren Sprache gelingt es dem anonymen Autor, einen tiefen Einblick in die oft undurchsichtigen gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und bietet Beispiele aus der Praxis, die den Leser durch die labyrinthartigen Strukturen des Archivwesens führen. Der Autor bleibt anonym, was die universelle Relevanz seines Themas unterstreicht. Möglicherweise ist es ein Praktiker oder ein Wissenschaftler im Bereich der Archivwissenschaften, der die Herausforderungen und Hürden der Einsichtnahme aus erster Hand erfahren hat. Diese Distanz gibt dem Werk eine bemerkenswerte Objektivität und lädt der Leser ein, sich auf das Thema einzulassen, ohne durch biografische Details beeinflusst zu werden. Für jeden, der sich für Archivrecht, Geschichtsinteresse oder die Verantwortlichkeit staatlicher Institutionen interessiert, ist dieses Buch eine unverzichtbare Lektüre. Es ist nicht nur ein theoretisches Werk, sondern auch ein praktischer Leitfaden, der sowohl Wissenschaftler als auch Praktiker ansprechen wird. Die fundierte Analyse und die klaren Empfehlungen machen es zu einem wertvollen Nachschlagewerk für zukünftige Forschungen und Diskurse.
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Oberverwaltungsrecht Lüneburg 11 LB 123/02, Urteil vom 17.09.2002
Vorinstanz: 6 A 1359/01 VG Hannover, Urteil vom 29.08.2001
Einsichtnahmerecht in beim Staatsarchiv gelagertes Depositalgut
Leitsätze
1. Zum "sonst berechtigten Interesse" i.S.d. § 5 Abs. 1 Satz 1 NArchG gehören auch private Interessen zum Zweck der Durchsetzung privater Vermögensinteressen.
2. a) Der Archivbenutzungsanspruch nach §§ 5 Abs. 1 Satz 1 NArchG und 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 NArchG umfasst auch sog. Findmittel wie Findbücher und Repertorien.
b) Der Zustimmungsvorbehalt des Depositalgebers in Depositalverträgen i.S.d. § 3 Abs. 7 Satz 2 NArchG erstreckt sich auch auf diese Findmittel.
3. Wenn sich ein privater Dritter gegenüber dem Staatsarchiv eines (Mit-)Eigentumsanspruches an dem Depositalgut berühmt, ist er gehalten, auf dem Zivilrechtswege gegen den Depositalgeber vorzugehen, um die Eigentumsfrage verbindlich klären zu lassen.
4. Die Verarbeitungsregelungen der Datenschutzgesetze und insbesondere das Einsichtnahmerecht aus §16 Abs.3 NDSG sind auf das Archivbenutzungsverhältnis nach dem Niedersächsischen Archivgesetz nicht anwenbar.
Aus dem Entscheidungstext
Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren die Einsicht in die Findbücher und Repertorien der sog. F- und K-Bestände sowie in diese Bestände selbst und in eine weitere Akte des Staatsarchivs Bückeburg.
Die Klägerin ist eine geborene Prinzessin zu Schaumburg-Lippe. Ihr Vater, Prinz Heinrich zu Schaumburg-Lippe, und der Vater des Beigeladenen, Fürst Wolrad zu Schaumburg-Lippe, waren Brüder. Weitere Brüder waren Stephan (gestorben 1965), Friedrich-Christian, Moritz (gestorben 1920) und Adolf (gestorben 1936) sowie eine Schwester namens Elisabeth (verstorben 1936); zwei weitere Geschwister, Wilhelm und Margarethe, waren bereits sehr früh verstorben. Der seinerzeit regierende Fürst Georg zu Schaumburg-Lippe verstarb im Jahre 1911, sein alleiniger Erbe und Chef des Hauses Schaumburg-Lippe war sein ältester Sohn, Fürst Adolf zu Schaumburg-Lippe, der bis 1918 regierte. Dieser kam am 26. März 1936 gemeinsam mit seiner Ehefrau bei einem Flugzeugunglück ums Leben. Da die Ehe kinderlos geblieben war, wurde Fürst Adolf von seinen fünf Geschwistern bzw. deren Kindern, zu denen auch die Väter der Klägerin und des Beigeladenen gehörten, je zu gleichen Teilen beerbt. Prinz Wolrad wurde als ältester lebender Sohn Chef des Hauses. Der Vater der Klägerin, Prinz Heinrich zu Schaumburg-Lippe, verstarb 1952. Seine Alleinerbin ist die Klägerin als einziger Abkömmling, seine Ehefrau war auf den Pflichtteil gesetzt. Diese verstarb 1964 und wurde ebenfalls von der Klägerin allein beerbt. Zwischen den Beteiligten herrscht Streit zum einen über die Frage, ob Adolf im Zeitpunkt seines Todes nur fideikommissgebundenes Hausvermögen oder daneben auch eigenes Privatvermögen besessen hatte, und zum anderen hinsichtlich der Frage, wann das Fideikommiss aufgelöst worden ist.
Bei den sog. F-Beständen handelt es sich um das im Staatsarchiv gelagerte Fürstlich Schaumburg-Lippische Hausarchiv, bei den sog. K-Beständen um das Fürstlich Schaumburg-Lippische Kammerarchiv, die nach – von der Klägerin zunächst allerdings bestrittener – Auffassung des Beklagten beide (Allein-)Eigentum des Fürstenhauses Schaumburg-Lippe und daher kein Archivgut des Landes Niedersachsen, sondern im Staatsarchiv lediglich deponiert sind. Grundlage der Lagerung dieser Archive im Staatsarchiv ist hinsichtlich des Hausarchives der Depositalvertrag zwischen der Fürstlichen Hofkammer und dem Nds. Staatsarchiv vom 30. März 1972, wonach das Staatsarchiv Einsicht in dieses nur mit schriftlicher Genehmigung des Chefs des Hauses Schaumburg-Lippe gewähren darf (Ziffer 4 a Satz 1 des Vertrages), und hinsichtlich des Kammerarchives der Depositalvertrag zwischen dem Beigeladenen und dem Nds. Staatsarchiv vom 22. Mai 1963, wonach jede Benutzung durch Dritte zu anderen als wissenschaftlichen Zwecken an die vorherige Zustimmung des Eigentümers gebunden ist (Ziffer 5 des Vertrages). Bei den Findbüchern und Repertorien handelt es sich nicht um die Aktenbestände selbst, sondern um vom Staatsarchiv zum Zwecke der Identifikation und Katalogisierung dieser Bestände erstellte Übersichten.