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Sie sind uns verblüffend ähnlich und doch so anders: Elefanten, die größten noch lebenden Säugetiere der Erde, faszinieren uns aufgrund ihrer Intelligenz, ihrer Emotionen und ihres fürsorglichen Soziallebens. Die Fähigkeit, sich selbst im Spiegel zu erkennen, ihr sprichwörtliches Elefantengedächtnis, ihr Charisma, ihre individuellen Charaktere und Talente oder ihr Umgang mit Verstorbenen: Wir haben viel mehr mit ihnen gemein, als dass es der Körperbau der Elefanten vermuten ließe. Zugleich leben die Dickhäuter mit den großen Ohren und riesigen Stoßzähnen in einer vollkommen anderen Sinneswelt: Mit ihrem gigantischen Rüssel können sie nicht nur fühlen, sie haben auch den besten Geruchssinn unter allen Säugetieren. Geräusche und Schwingungen, die sie wahrnehmen und aussenden, bleiben uns Menschen großteils verborgen. Die international renommierte Elefantenforscherin Angela Stöger nimmt uns mit auf ihre Entdeckungsreise in die erstaunliche Welt der Afrikanischen und Asiatischen Elefanten und der kaum bekannten Waldelefanten. Wir lernen Abu und Sabi, Bubbles, Valimosa, den Babyelefanten Mongu und viele andere Tiere kennen – und mit ihnen die Herausforderungen, denen sie sich stellen müssen: von zärtlichen Momenten untereinander bis hin zu ihren Kämpfen, ihrem Leben und ihrem Schicksal. Wir erfahren, wie sie kommunizieren, wie sie denken, wie sie fühlen. Dieses Buch hilft uns dank der neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse auch zu verstehen, wie sie mit ihren Sinnen die Welt wahrnehmen. Und wie wir hoffentlich ihre und unsere Intelligenz nutzen können, um ihr Überleben zu sichern.
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Seitenzahl: 230
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Kapitel 1Wie ich zu den Elefanten kam
Kapitel 2Auch Elefanten haben Gefühle
Kapitel 3Wie man einen Elefanten übersehen kann
Kapitel 4Was hat ein Elefant mit einer Seekuh zu tun?
Kapitel 5Wie kommunizieren Elefanten I: Akustik und Seismik
Kapitel 6Wie kommunizieren Elefanten II: olfaktorisch, chemisch, körpersprachlich, multimodal
Kapitel 7Vergessen Elefanten wirklich nie?
Kapitel 8Die Rolle der Großmutter im Herdenverbund
Kapitel 9Sind Bullen wirklich so gefährlich?
Kapitel 10Brauchen wir Elefanten in Zoos?
Kapitel 11Ein Elefant als Nachbar
Kapitel 12Resümee: Von aussterbenden Elefanten und wiedergeborenen Mammuts
Dank
Literatur
Bild- und Tonquellen
Eigentlich wollte ich Meeresbiologin werden. Tatsächlich hatte ich nie den Wunsch gehabt, mit Elefanten zu arbeiten und über sie zu forschen. Und doch stand ich im Jänner 2002 im Kruger-Nationalpark. Es war mein allererster Tag in Südafrika. Erst vor wenigen Monaten hatte ich mit meiner Diplomarbeit über die Kommunikation von Afrikanischen Elefanten im Tiergarten Schönbrunn in Wien begonnen. Nun war ich nach Südafrika gereist, um mehr über jene Tiere zu erfahren, die mich seit Kurzem in ihren Bann gezogen hatten. Für außenstehende Elefantenfans oft völlig unverständlich, bin ich in die Elefanten quasi „hineingestolpert“. Aber fangen wir dort an, wo meine Geschichte mit diesen faszinierenden Tieren so richtig begann: in Südafrika.
Der Kruger-Nationalpark ist das größte Wildschutzgebiet Südafrikas im Nordosten des Landes. Mit einer Fläche von rund 20.000 Quadratkilometern gehört er auch zu den größten Nationalparks Afrikas. Zum Vergleich: Niederösterreich hat eine Fläche von rund 19.000, Hessen ist rund 21.000 Quadratkilometer groß. Der Park erstreckt sich außerdem über eine Länge von 300 Kilometern und birgt eine enorme Vielfalt an Landschaftsformen und Vegetationszonen: von einer offenen Savannenlandschaft bis hin zu dicht bewachsenen Mischwäldern und Dornengebüsch. Im nördlichen Teil ist die Vegetation üppiger, bedingt durch höhere Niederschläge. Mehrere Flüsse winden sich durch den Park, haben mächtige Schluchten und Einschnitte in die Landschaft geschaffen, zweigen sich aber auch auf und bilden viele kleinere, natürliche Wasserläufe, die sich hervorragend für Wildtierbeobachtungen eignen.
Als junge Biologin war ich begeistert, denn ich kannte diese Art Landschaft, Vegetation und Tierwelt bis jetzt nur aus Dokumentarfilmen und Büchern. Ich genoss es unheimlich, atmete ganz bewusst ein, lauschte den ungewohnten Geräuschen der Umgebung – und war glücklich. Genau so hatte ich mir das Leben als Biologin vorgestellt: das Beobachten und Erforschen von Tieren in ihrem Lebensraum.
Die Artenvielfalt im Kruger-Nationalpark ist atemberaubend. Jede Menge Antilopen, Zebras, unzählige Hornvögel, Eisvögel, Marabus und Gabelracken, die wohl schönsten und farbenprächtigsten Vögel im Park, konnte ich beobachten. Sogar Flusspferde und ein Nashorn hatte ich an diesem Tag bereits gesehen, aber keinen Elefanten. Ich war ungeduldig und wurde langsam nervös, wollte ich doch so gerne meinen ersten Tag mit der Sichtung eines Afrikanischen Elefanten beenden. Die Sonne stand schon tief und tauchte die Landschaft in ein wunderschönes Licht. Das Gebiet, durch das ich fuhr, war ein dichter Mopanewald, durchsetzt mit Buschweiden und Akazienbäumen. Die Sandstraße führte an einem mächtigen Baobab, einem Affenbrotbaum, vorbei. Plötzlich bekam ich Zweifel: Vielleicht war es ja gar nicht so einfach Elefanten zu finden? Würde ich in diesem dicht bewachsenen Gebiet überhaupt jemals einen zu Gesicht bekommen?
Doch dann: Neben meinem Auto teilten sich plötzlich die Äste des Buschwerks. Ein riesiger Schädel mit massiven Stoßzähnen kam zum Vorschein. Ich blieb stehen. Dieser Elefantenbulle war enorm und schwarz, weil die Sonne hinter ihm unterging – und noch imposanter, weil er direkt an der Straße erschien. Was für ein Anblick, was für ein wunderschönes Tier! Noch heute sehe ich dieses Bild des Elefantenbullen vor mir, wie er aus dem Dickicht auftauchte, mich kurz ansah, direkt vor meinem Auto einige Momente stehen blieb, die Straße querte, um auf der anderen Seite wieder in die Büsche einzutauchen, – und eine junge Biologin staunend zurückließ.
Ich habe kein Foto von diesem Bullen, denn in diesem Moment erstarrte ich aus Ehrfurcht und ein bisschen auch aus Angst. Als ich nur noch seine massigen Beine neben dem Autofenster sah, hielt ich den Atem an. Ich war mir zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst, dass sich ähnliche Situationen im Laufe meines Lebens des Öfteren wiederholen sollten, dass ich jedes Mal aufs Neue diese Ehrfurcht und Aufregung spüren würde. Ich wusste aber in diesem Moment, dass ich alles dafür tun würde, um das Verhalten und die Kommunikation dieser Tiere zu erforschen. Ich liebe auch heute noch dieses gemischte Gefühl der Verbundenheit und der Anspannung, wenn ein wilder Elefant beschließt, sich zu nähern.
Nie, nicht als Kind, aber auch später als Biologiestudentin nicht, wollte ich mit Elefanten arbeiten. Eigentlich hatte ich den Plan, Meeresbiologin zu werden und die Kommunikation von Delfinen und Walen zu erforschen. Aus diesem Grund wollte ich mein Studium so schnell wie möglich abschließen, um dann meinen Traum im Rahmen einer Dissertation zu leben. Ich suchte nach einem geeigneten Thema für meine Abschlussarbeit. Nur durch Zufall las ich einen Aushang am Gang der Zoologie: Professor Kratochvil, Spezialist für Bioakustik, hatte eine Diplomarbeit zum Thema Kommunikation von Elefanten im Tiergarten Schönbrunn zu vergeben. Sowohl die Bioakustik, das Erforschen von Tierlauten, als auch das Thema Kommunikation unter Tieren interessierten mich. Außerdem hatte meine Mutter mir erzählt, dass in wenigen Wochen im Tiergarten Schönbrunn ein Elefantenbaby erwartet würde. Dieser Aspekt war schließlich ausschlaggebend dafür, dass ich die Arbeit übernahm. Aus heutiger Sicht wenig überraschend: Es dauerte nicht lange, bis ich von den Elefanten fasziniert war.
Meine ersten Elefanten im Kruger-Nationalpark in Südafrika: Das junge Weibchen im Bild oben hebt drohend den Kopf, der Bulle im Bild unten ist bereits ausgewachsen.
Ein Bulle im Addo-Elefanten-Nationalpark in Südafrika. Im Hintergrund versammelt sich eine kleine Herde mit Jungtieren bei einem Wasserloch.
Abu kam am 25. April 2001 auf die Welt und war das erste nach künstlicher Besamung geborene Jungtier Europas. Nicht nur die Herzen des Zoopublikums, auch meines hatte er im Sturm erobert. Abu war ein außergewöhnlich aktives, aufgewecktes und selbstbewusstes Elefantenkalb, dessen akustische Entwicklung für meine Masterarbeit aufs Genaueste studiert wurde. Ich lernte viel aus der Literatur, von den erfahrenen Elefantenpflegerinnen und -pflegern und auch durch meine eigenen Beobachtungen. Ich begann zu verstehen, warum so viele Menschen von Elefanten begeistert sind. Als Biologin und Bioakustikerin war ich fasziniert davon, auf welche Art und Weise Abu, seine Mutter Sabi und die anderen Mitglieder der Wiener Elefantenherde kommunizierten, wie komplex ihre „Sprache“ zu sein schien. In mir entstand ein neuer Traum, oder besser gesagt, ein neues Ziel: Ich wollte im Rahmen meiner Dissertation das Kommunikationssystem der Afrikanischen Savannenelefanten weiter erforschen. Aber nicht nur im Zoo, sondern auch in ihrem natürlichen Lebensraum, in Ländern wie Südafrika.
Nun, zwanzig Jahre später, habe ich einen Großteil meiner wissenschaftlichen Laufbahn mit der Erforschung des Verhaltens und der Kommunikation von Elefanten, und zwar von Afrikanischen Savannenelefanten und Asiatischen Elefanten, verbracht. Am häufigsten werden mir drei Fragen gestellt: welche Eigenschaften ich mit Elefanten verbinde, was mich an Elefanten besonders fasziniert und was sie mit Menschen gemeinsam haben. Eigenschaften, an die ich zuerst denke, wenn ich spontan gefragt werde, sind majestätisch, kraftvoll, zärtlich, intelligent, kommunikativ und sozial. Dominant und zurückhaltend, neugierig und ängstlich, flexibel und routineliebend, aber doch achtsam, gefährlich, liebevoll und geduldig, übermütig und manchmal ein bisschen hinterlistig, kommen mir als typische Elefanteneigenschaften auch in den Sinn. Teils widersprüchlich, werden Sie vielleicht meinen, und damit haben Sie auf den ersten Blick auch recht.
Allerdings: Wenn ich an Elefanten denke, dann denke ich nicht nur an die Arten generell, ich denke an Bubbles, Cheeky Chops, Valimosa, Little Left Tusk und an Abu und Sabi, Calimero und Koshik und viele mehr, denen ich im Laufe der Jahre begegnet bin. Ich denke an einzelne Individuen, mit all ihren Eigenschaften und Merkmalen, ihrem individuellen Charakter und ihren Talenten. Es sind ihre Vielseitigkeit und ihre Flexibilität, die die Tiere für mich so speziell und faszinierend machen. Es ist ihre Fähigkeit, ihr Verhalten – ganz gemäß ihrem so unterschiedlichen Charakter – situationsbedingt anzupassen. Dafür müssen Elefanten kognitiv flexibel sein, was bedeutet, dass ihr Gehirn in der Lage ist, ihre Gedanken zu kontrollieren: sich zu erinnern, zu analysieren, zu planen und zu organisieren, Strategien zu entwickeln, je nachdem, mit welchen äußeren Umständen sie sich konfrontiert sehen.
Und ja, Elefanten sind uns Menschen in vielerlei Hinsicht verblüffend ähnlich: Sie haben ein gutes Gedächtnis, eine lange „Kindheit“ beziehungsweise juvenile Phase, inklusive einer richtigen Teenagerzeit, mit allem, was dazugehört! Ihre Lebenserwartung reicht weit über die aktive Reproduktionsphase hinaus. Elefanten zeigen soziales Lernen, sie machen Erfahrungen und geben ihr Wissen gezielt an die nächsten Generationen weiter. Sie haben ein Bewusstsein von sich selbst und ähnlich uns Menschen haben sie ein höchst komplexes Sozialsystem, mit einer zeitlich und örtlich variablen Zusammensetzung von sozialen Gruppen. Elefanten verfügen über komplex vernetzte gesellschaftliche Strukturen, in denen sie sich ohne Probleme zurechtfinden. Dafür benötigen sie soziale Intelligenz, sie interagieren und kommunizieren mit vielen verschiedenen Artgenossen. Was es dazu ebenfalls braucht: ein gutes soziales Gedächtnis.
Zudem sind Elefanten höchst emotionale Wesen, sie haben einen hoch entwickelten Hippocampus. Es handelt sich dabei um eine tieferliegende Struktur im Großhirn, im Bereich des Temporallappens, mit einer wesentlichen Funktion für das Gedächtnis und zur Verarbeitung der Information der Sinnesorgane. Der Hippocampus ist auch jene Gehirnregion, die für Emotionen und räumliche Wahrnehmung zuständig ist und die zeitliche Einordnung von Erlebnissen und Orten koordiniert. Elefanten können erwiesenermaßen unter psychologischen Flashbacks leiden, äquivalent zu menschlichen posttraumatischen Belastungsstörungen. Sie trauern um Verstorbene und können auch Emotionen zu Menschen aufbauen. Nicht nur dass Menschen und Elefanten eine in der Vergangenheit weit zurückreichende Geschichte haben – über besondere Beziehungen und emotionale Verbindungen zwischen ihnen wird auch heutzutage häufig berichtet.
Scheint es im Empfinden von Emotionen Ähnlichkeiten zu geben, so unterscheiden sich Elefanten andererseits sehr stark von uns Menschen. Neben dem Rüssel und den riesigen Ohren sind die Stoßzähne ihr imposantestes Merkmal. Sie leben in einer vollkommen anderen Sinneswelt, können Geräusche und Schwingungen wahrnehmen und aussenden, die uns Menschen großteils verborgen bleiben, weil sie außerhalb unseres Wahrnehmungsvermögens liegen. Sie haben den besten Geruchssinn unter allen Säugetieren und leben daher in einem für uns unvorstellbaren Kosmos. In dieser Welt der Gerüche und Pheromone sind sie zu Hause, in ihr können sie sich orientieren, Nahrung und Wasser finden oder Gefahren vermeiden; sie können sich verständigen, Paarungspartner lokalisieren und auswählen oder erkennen, wie es ihren Artgenossen geht. Es ist diese Kombination von physiologischer Andersartigkeit mit der uns Menschen ähnlich langen Lebenserwartung und den sozialen Lebensumständen und Herausforderungen, die Elefanten einerseits für uns so faszinierend erscheinen lassen, sie aber andererseits auch für verschiedenste Bereiche der Forschung höchst relevant machen.
Einige dieser Projekte mögen Sie überraschen. Der Elefantenrüssel etwa dient als Vorbild für Roboterarme ohne Gelenke. Elefanten spielen eine wichtige Rolle in der Krebsforschung, da sie trotz ihrer langen Lebenserwartung nur selten an Krebs erkranken. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Elefanten über ein spezielles Gen verfügen, das eine wesentliche Rolle bei der Entstehung von Krebs spielt. Derzeit wird untersucht, wie es auch uns Menschen besser vor Krebs schützen könnte.
Ein Großteil der Forschung hat aber natürlich das Ziel, Elefanten als Lebewesen besser zu verstehen, ihre Biologie, Ökologie, ihr Verhalten von der Paarung bis zum Ableben. Dies ist wichtig, um das Überleben der Tiere in ihrem Lebensraum zu sichern, um das Eingehen auf ihre Bedürfnisse in menschlicher Obhut sicherzustellen und die Lebensbedingungen laufend zu verbessern. Auch für die Kognitionsforschung, die die Informationsverarbeitung bei Wahrnehmungs-, Denk- und Entscheidungsprozessen an Menschen und Tieren untersucht, sind Elefanten interessant. Hier sind insbesondere vergleichende Forschungsansätze lohnend: Wie nehmen Elefanten im Vergleich zu Menschen ihre Umwelt wahr, wie denken sie und wie werden Entscheidungen getroffen?
Wir Menschen ziehen gerne eine künstliche Grenze zwischen Tieren und uns, doch die Forschung zeigt immer mehr, dass wir gar nicht so einzigartig sind. Nicht jedes intelligente Gehirn muss so funktionieren wie unseres, und nicht jedes intelligente Tier muss so denken und handeln wie wir. Es gibt mehr als nur einen Weg, wie ein Gehirn sich vernetzt, wie sich Herausforderungen meistern lassen, selbst wenn diese Herausforderungen oder Selektionsdrücke im Lauf der Evolution ähnlich waren. Genau das macht den Ansatz der vergleichenden Kognitionsforschung so interessant: Welche Eigenschaften und Fähigkeiten haben sich bei verschiedenen Tierarten ähnlich und welche unterschiedlich entwickelt – und warum?
Auf Entdeckungstour im Kruger-Nationalpark mit einem Ranger während meiner ersten Reise nach Südafrika im Jahr 2001 (rechts), bei der ich auch dem großen, dominanten Bullen (links) begegnet bin.
Mich persönlich interessiert vor allem, wie ein Elefant denkt und kommuniziert und wie genau er in dem komplexen Sozialsystem flexibel agieren und navigieren kann. Wobei: Eigentlich gibt es nicht „den Elefanten“. Im Verlauf das Buches werden Sie erfahren, dass die derzeit noch lebenden drei Elefantenarten natürlich viel gemeinsam haben, gleichzeitig ist aber nicht nur ihr Lebensraum verschieden, nein, auch die Elefantenarten an sich unterscheiden sich – von ihrer Anatomie bis hin zum Verhalten. Aber selbst innerhalb einer Art hat jede Population ihre Besonderheit im Körperbau sowie bei den Charaktereigenschaften, die aufgrund von Erfahrungen geprägt wurden, bis hin zu diversen spezifischen Verhaltensweisen, die weitergegeben werden. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage: Haben Elefanten unterschiedliche Kulturen entwickelt?
So verschieden einzelne Arten und individuelle Tiere doch sind, so fasziniert bin ich von ihnen allen. Gleichzeitig können die Beziehung und die Einstellung, die Menschen zu Elefanten haben, doch sehr unterschiedlich sein – je nachdem, wie direkt man mit ihnen Lebensraum und Ressourcen teilt. Bester Freund, Partner, Forschungssubjekt, Arbeitsgerät, Geldquelle oder Feind – das alles und vieles mehr kann ein Elefant für einen Menschen sein. Nachdem ich mich als junge Biologin auf sie eingelassen hatte, konnte ich nicht verstehen, wie man von diesen Tieren nicht fasziniert sein kann. Heute, nach vielen Gesprächen mit Menschen unterschiedlichster Herkunft und Kultur, verstehe ich auch die anderen Sichtweisen. Nicht jeder Mensch muss Elefanten lieben, aber wir alle sollten die Tiere respektieren. Dabei hilft es uns, wenn wir verstehen, wie Elefanten leben und denken, wie sie Entscheidungen treffen und warum.
Schlussendlich hat die Forschung an Elefanten natürlich ein primäres Ziel: ihr Überleben auf dieser Erde zu sichern. Neben der Wilderei wegen des Elfenbeins und ihrer Haut sind der immer kleiner werdende Lebensraum und die dadurch entstehenden Konflikte mit den Menschen um Ressourcen das Hauptrisiko. Wir Forscherinnen und Forscher können Konzepte für eine Koexistenz liefern, wie Raum- und Ressourcenbedarf von Elefanten und Menschen gleichzeitig berücksichtigt und gedeckt werden können und wie ein friedliches Zusammenleben möglich sein kann.
Das Verschwinden der Elefanten von unserem Planten hätte nämlich fatale Auswirkungen. Sie sind Lebensraumgestalter für viele Tier- und Pflanzenarten und wichtig für den Erhalt der Biodiversität ihres Ökosystems. Mit ihren Stoßzähnen graben sie in Trockenperioden den Boden auf, um an Wasser zu gelangen, wovon auch andere Tiere profitieren. Durch die Wanderbewegungen der Herden werden Trampelpfade geschaffen und durch ihr Fressverhalten – Elefanten lieben es, Bäume umzustoßen, um an deren Wurzeln zu gelangen – werden Savannen offen gehalten für Tiere, die diese Lebensräume brauchen. Andererseits können zu viele Elefanten auf zu kleinem Raum eine höchst destruktive Wirkung haben. Das Ökosystem muss im Gleichgewicht sein, die riesigen Tiere brauchen auch Platz zum Weiterwandern, damit sich das Habitat regenerieren kann.
Elefanten zählen zu den sogenannten Flagship-Arten. Darunter versteht man Spezies, die als besonders charismatisch wahrgenommen werden und gleichzeitig als Stellvertreter für ganze Lebensräume stehen. Elefanten wirken daher wie ein Schutzschirm für andere Arten. Schützen wir Elefanten, schützen wir mit ihnen gleichzeitig viele Tier- und Pflanzenarten bis hin zu ganzen Waldgebieten. Das ist der Grund, warum Elefanten auch relevant für die Rettung unseres Klimas sein könnten. Die großen Wälder unseres Planeten speichern Kohlenstoff, reduzieren die Erdtemperatur und sorgen für unsere Atemluft. Besondere Bedeutung kommt hier auch den ausgedehnten Wäldern Zentralafrikas zu, dem Lebensraum der Afrikanischen Waldelefanten. Sie sind zwar etwas kleiner als die Savannenelefanten, aber auch sie spielen eine zentrale Rolle in ihrem Ökosystem, um das Gleichgewicht dieses Regenwaldes und seine Funktion als CO2-Speicher aufrechtzuerhalten.
In diesem Buch möchte ich Sie mitnehmen in die Welt der größten Landtiere unseres Planeten, zu Abu und Sabi im Tiergarten Schönbrunn, Cheeky Chops und Valimosa im Addo-Elefanten-Nationalpark und vielen anderen Elefanten. Ich erzähle von ihrem Leben und ihrem Schicksal, den Herausforderungen, denen sie sich stellen mussten, von zärtlichen Momenten und Kämpfen. Wir werden ergründen, wie sie kommunizieren, wie sie denken, wie sie fühlen, wie sie mit ihren Sinnen die Welt wahrnehmen. Und wie wir hoffentlich ihre und unsere Intelligenz nutzen können, um ihr Überleben zu sichern.
Die Elefantendame Cheeky Chops und der kleine Chris, ihr jüngstes Kalb, rasten in der südafrikanischen Mittagshitze im Schatten eines Baumes. Cheeky Chops döst im Stehen. Ihr Rüssel liegt entspannt auf dem Bauch ihres schlafenden Jungen. Sie spürt seine Haut, seine Atmung, wie sich sein Bauch leicht auf und ab bewegt. Ihre Augen sind halb geschlossen. Dennoch ist sie aufmerksam, das erkenne ich an ihrer Körperspannung. Cheeky Chops hebt kaum merklich den Kopf und spreizt die Ohren leicht ab, ungefähr 45 Grad, um besser hören zu können. Sie nimmt einen leisen Rumble aus einiger Entfernung wahr. Rumbles sind sehr tieffrequente Laute, für uns Menschen kaum wahrnehmbar, deren Grundton im Infraschallbereich liegt. Mithilfe meines guten Mikrofons, meiner Kopfhörer und des Aufnahmegeräts detektiere ich den Laut dennoch. Elefanten verwenden Rumbles unter anderem als Kontaktruf, um einander mitzuteilen, wo sich wer gerade befindet, wenn sie sich während des Fressens voneinander entfernen und den Sichtkontakt verlieren. Cheeky Chops antwortet mit einem ruhigen, langgezogenen Rumble. Sogleich entspannt sich ihr Körper, sie legt die Ohren an; ab und zu fächelt sie sich mit ihnen Luft zu. Der Rest der Herde ist ganz in der Nähe, somit ist für sie alles in Ordnung. Ich kann zudem immer wieder das Knacken von Ästen im Gebüsch vernehmen, ein typisches Geräusch, das verrät, dass sich in unmittelbarer Nähe fressende Elefanten befinden.
https://www.brandstaetterverlag.com/elefantenlaut-rumble/
Hier sehen und hören Sie einen Elefanten im Addo-Elefanten-Nationalpark, der einen Rumble produziert: Diese Laute verwenden Elefanten unter anderem als Kontaktruf.
Cheeky Chops ist eine der Leitkühe, auch Matriarchinnen genannt, des B-Klans des Addo-Elefanten-Nationalparks, ganz im Süden Südafrikas. Sieben Klans leben hier, der B-Klan ist einer der größten. Elefantenklans spalten sich in sogenannte „Bond Groups“ oder Herdenverbände auf. Ein solcher Verband besteht aus einigen (zwei bis drei, manchmal vier) eng miteinander verwandten Familiengruppen, die sich im Verlauf eines Tages regelmäßig treffen, sich vermischen und wieder aufsplitten, um dann eventuell die Nacht gemeinsam oder in unmittelbarer Nähe voneinander zu verbringen. Insgesamt kann es sich dabei um hundert bis hundertfünfzig Tiere handeln. In der Verhaltensbiologie spricht man bei solchen Klans von einer Fission-Fusion-Gesellschaft, ähnlich wie wir Menschen oder auch unsere nächsten Verwandten, die Schimpansen, sie eingehen. Eine Fission-Fusion-Gesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass sich Individuen einer Gruppe für eine gewisse Zeit trennen, andere treffen, um später wieder zusammenzukommen.
Die stärksten Bindungen bestehen innerhalb einer Familiengruppe – bei Menschen wie auch bei Elefanten. Bei Letzteren setzen sich diese aus eng miteinander verwandten Weibchen, meistens Schwestern, und ihren direkten Nachkommen zusammen. Die Töchter und Nichten bleiben ein Leben lang bei ihren Müttern und Tanten, die jungen Männchen trennen sich dagegen im Laufe der Pubertät langsam von der Herde ab. Das kleine Bullenkalb Chris ist gerade ein Jahr alt und kann noch viele Jahre auf die Sicherheit und Geborgenheit seiner Herde zählen. Erst mit ungefähr vierzehn Jahren wird er langsam unabhängiger und mit der Zeit seine Herde verlassen.
Auf Sicherheit und Geborgenheit zählen? Spielt das für Elefanten überhaupt eine Rolle? Immer wieder kontaktieren mich Leute oder berichten mir nach meinen Vorträgen lebhaft und detailliert von ihren Erlebnissen mit Elefanten, die sie offenbar sehr berührt haben. Häufig mit der Frage verbunden: Haben Elefanten Gefühle, empfinden sie Freude oder gar Trauer? Für mich steht das außer Zweifel – und natürlich habe ich gute Argumente für meine Behauptung. Verhaltens- und kognitionsbiologische Beobachtungen, anatomische und physiologische Voraussetzungen geben starke Hinweise darauf, dass Elefanten Emotionen empfinden und Gefühle eine große Rolle in ihrem Leben spielen.
Chris bewegt leicht seine Beine, mit dem Rüssel reibt er sich kurz das Auge, vermutlich hat eine Fliege seinen Schlaf gestört. Er spürt den Rüssel der wachenden Mutter auf seinem Bauch und schließt wieder die Augen, um noch ein bisschen zu schlafen. Er wächst in einem gefestigten Familienverband auf. Das Wandertempo, die Aktivitäten, die Ruhephasen – alles wird in einer Elefantenherde an die Schwächsten und Kleinsten angepasst. So kommt es, dass Chris, bewacht von seiner Mutter, in Ruhe schlafen kann, während die Herde in der Nähe weiter grast und mit Cheeky Chops akustisch in Verbindung steht.
Chris erfährt viel Führung, Bestätigung und Beruhigung durch die Berührungen seiner Mutter sowie der anderen Herdenmitglieder, insbesondere auch von seiner älteren Schwester, die ab und zu seine Aufsicht übernimmt. Dann lenkt sie ihn mit dem Rüssel sehr gerne in die Richtung, in die sie gerade gehen möchte. Durch dieses Babysitten, in der Verhaltensbiologie „Allomothering“ genannt, übt die sechsjährige Schwester schon für ihre eigene Mutterschaft. Das Allomothering beschränkt sich dabei nicht nur auf die älteren Geschwister. Wenn Chris sich erschreckt, stolpert oder in Gefahr gerät und dabei laut brüllt, stürmen alle Herdenmitglieder herbei und sehen nach dem Rechten. Sie können anhand seiner Laute den Grad der Aufregung und Gefahr einschätzen und reagieren darauf entsprechend. Ein Protestruf, ausgelöst durch einen etwas zu groben Schubser der Schwester oder weil die Mutter das Säugen kurz unterbricht, erregt weniger Fürsorge als ein Ruf der Panik und Angst. Auch ich kann den Unterschied in den Brülllauten, in der Fachsprache „Roars“ genannt, eines Elefantenkalbes ausmachen. Als Reaktion auf einen dringlichen Stressruf eilen alle herbei, vokalisieren und berühren ihn mit ihren Rüsseln, streicheln ihn, beschnüffeln und betasten ihn zärtlich. Einerseits um seinen Zustand zu untersuchen, andererseits um ihn zu beschützen und zu beruhigen. Manchmal, wenn Elefantenkälber bei der Mutter säugen, legen andere Herdenmitglieder, meistens ältere Schwestern, ihre Rüssel auf die Jungtiere. Warum, das ist nicht eindeutig erkennbar, aber Körperkontakt scheint auch für Elefanten fundamental zu sein.
https://www.brandstaetterverlag.com/elefanten-protestruf/
Hier hören Sie den Protestruf (links) eines Elefantenkalbs, der in der Regel weniger Aufmerksamkeit bei der Mutter und der Herde erzeugt als ein Panikruf (rechts).
https://www.brandstaetterverlag.com/elefanten-panikruf/
Bei allen Säugetieren ist die Haut das größte Organ. Sie verfügt über Millionen von Rezeptoren, die das Gefühl von Wärme, Kälte, Schmerz und Druck sowie Richtung, Intensität und Geschwindigkeit von Berührungen vermitteln. Diese jeweils hoch spezialisierten Hautrezeptoren leiten die Signale über Nervenbahnen an das Gehirn weiter, wo die Art der Empfindung, die emotionale Bewertung, stattfindet. Bei uns Menschen führen sanfte und langsame Bewegungen zur Aktivierung der sogenannten C-taktilen-Nervenfasern (CT-Fasern), deren Aktivität im Gehirn zur Ausschüttung des Glückshormons Oxytocin, aber auch von Endorphinen führen, die für den Abbau von Stresshormonen verantwortlich sind. Der Herzschlag wird verlangsamt, der Körper entspannt sich. Forscherinnen und Forscher vermuten, dass dieser „Streichelsinn“ uns Menschen das Gefühl von Geborgenheit und Sicherheit vermitteln soll. Dadurch können Berührungen Gefühle formen und beeinflussen. Dieselben physiologischen Vorgänge und das Vorkommen der C-Nervenfasern mit langsamer Übertragungsgeschwindigkeit wurden auch durch Experimente an Tieren bestätigt.
Berührungen sind unter Elefanten nicht wegzudenken, ganz besonders, wenn sich Familiengruppen nach einer kurzen Trennung wieder zusammenfinden. Und manchmal legen Herdenmitglieder auch den Rüssel auf ein säugendes Kalb.
Elefanten zelebrieren Berührungen in so gut wie allen Situationen. Wenn sich Familiengruppen eines Verbandes nach einer zeitlichen und räumlichen Trennung treffen, kann man eine Begrüßungszeremonie beobachten. Sie hören sich bereits aus größerer Entfernung und koordinieren ihre Ankunft. Für Elefanten sind die tieffrequenten Rumbles über relativ große Distanzen zu vernehmen. Wenn die Bedingungen für die Schallübertragung gut sind, das ist zum Beispiel bei wenig Wind und einer hohen Luftfeuchtigkeit der Fall, dann kann die Reichweite von Rumbles für die Tiere erwiesenermaßen mehrere Kilometer betragen. Sind sie dann in Sichtweite, laufen die Tiere aufeinander zu und bei der Begegnung entsteht ein Gewirr aus Rüsseln und Elefantenkörpern, alle drehen sich, berühren sich, riechen aneinander und vokalisieren in einer ohrenbetäubenden Lautstärke. Ein minutenlanger Chorus aus Trompetenlauten und Rumbles wird angestimmt und signalisiert ihre Zusammengehörigkeit. Ich kann die Freude und die pure Emotion dieser Wiedervereinigung spüren. Zugegebenermaßen eine sehr menschliche Beschreibung – aber schließlich haben wir Menschen mit den Elefanten gemein, dass wir beide langlebige Säugetiere sind und ein ähnlich komplexes Sozialleben haben, in dem Emotionen eine wichtige Rolle spielen.
Ein eindeutiges Merkmal, dass Elefanten Aufregung verspüren, ist das Austreten eines Sekrets namens Temporin aus den Schläfendrüsen – eine Körperfunktion, die basierend auf zahlreichen Verhaltensbeobachtungen verlässlich Stress anzeigt. Stresshormone werden normalerweise mittels Blut- oder Speichelproben gemessen. Allerdings: Die Stresshormone eines Elefanten – noch dazu in einem aufgebrachten Moment – zu messen, ist praktisch unmöglich. Bei freilebenden Elefanten kann für Untersuchungen dieser Art nur eine Kotprobe genommen werden – alles andere wäre zu riskant. Und aus dem Kot lässt sich wiederum nur auf den Hormonstatus von vor ca. 24 bis 36 Stunden schließen. Das Temporin hingegen tritt ganz akut und je nach Stärke der Aufregung entlang der Schläfen des Elefanten als Sekret aus. Dies kann bei positiver Emotion der Fall sein, aber auch bei negativer.
https://www.brandstaetterverlag.com/elefanten-begruessung/
Hier sehen Sie eine Begrüßungszeremonie unter Elefanten und hören den lauten Chorus aus Rumbles und Trompetenlauten.
Obwohl Tiere vieler Arten Interesse an verstorbenen Artgenossen zeigen, gehören Elefanten zu den wenigen Spezies, die intensiv mit toten Artgenossen interagieren. George Wittemyer, ein langjähriger Kollege, der das Verhalten, die Sozialstruktur und Ökologie von Afrikanischen Elefanten in Kenia erforscht, hat dies genauer untersucht. Die Tiere zeigen dabei ein breites Verhaltensspektrum nicht nur angesichts gerade verstorbener Artgenossen: Elefanten interagieren auch mit älteren Kadavern oder Knochen. Giraffen-, Nashorn- oder Büffelknochen hingegen erwecken kein besonderes Interesse bei ihnen.
Ob das bedeutet, dass Elefanten eine Vorstellung vom Tod haben, kann derzeit aus wissenschaftlicher Sicht freilich nicht beantwortet werden. Es gibt viele Berichte von Elefanten, die versuchten, einem kürzlich verstorbenen Artgenossen aufzuhelfen. Mütter, deren Jungtiere starben, wurden beobachtet, wie sie diese noch stundenlang mit sich herumtrugen. Kadaver werden auch immer wieder mit Ästen und Blättern zugedeckt. Die häufigsten Verhaltensweisen sind das Sich-Annähern, gefolgt von einem Betasten und Riechen mit dem Rüssel, manchmal fühlen Elefanten auch vorsichtig mit ihren Fußsohlen. Elefanten setzen ihren Geruchssinn ein, um Informationen von lebenden Artgenossen zu erhalten, wie den Gesundheitszustand oder verwandtschaftliche Beziehungen. Es wird vermutet, dass sie ähnliche Informationen auch von verstorbenen Tieren einholen, was aufgrund ihres außergewöhnlichen Geruchssinnes wohl auch noch über die Knochen möglich ist. Was sich dabei in der komplexen Wahrnehmung der Tiere abspielt, bleibt jedoch bisher ungeklärt.
Wenn Elefanten Aufregung verspüren, tritt aus den Schläfendrüsen ein spezielles Sekret aus, das man auf diesem Foto gut zwischen Auge und Ohransatz erkennen kann.
Eine junge Elefantenkuh namens Noor wurde im Samburu-Nationalpark in Kenia beobachtet, wie sie längere Zeit bei ihrer verstorbenen Mutter Victoria blieb, die gleichzeitig auch eine Matriarchin war, obwohl der Rest der Herde langsam abwanderte. Länger als die anderen wartete auch Victorias vierzehnjähriger Sohn Malasso zu, der laut den Forschenden bereits ein sehr unabhängiges Leben abseits der Herde führte. Dem jungen Weibchen strömte Temporinsekret aus ihren Schläfendrüsen. Dieses eindeutige Zeichen für Stress, für einen inneren Erregungszustand, für eine intensive emotionale Reaktion könnte dem, was wir Menschen als Trauer bezeichnen, sehr ähnlich sein. Bei Menschen kommen dann noch häufig Tränen als Merkmal für Traurigkeit dazu. Können auch Elefanten weinen? Entsprechende Gerüchte von Einzelbeobachtungen kursieren immer wieder in den sozialen Medien.
Generell verfügen alle terrestrischen Säugetiere über Tränenflüssigkeit, aber Elefanten haben aquatische Vorfahren, bei ihnen ist der typische Tränenapparat nicht entwickelt, somit haben sie auch keine Tränenkanäle. Trotzdem produzieren Elefanten einen Tränenfilm, um das Auge zu befeuchten und zu schützen. Sie haben im Laufe der Evolution andere Augendrüsen