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Wenn ein Traum zum Albtraum wird – der Mystery-Roman „Elixier der Nacht“ von Bestsellerautorin Corina Bomann jetzt als eBook bei dotbooks. Als Gerichtsmedizinerin hat Dr. Martina Brandt in der Pathologie bereits zahlreiche schwierige Fälle gelöst. Als der ebenso vermögende wie elegante Nicolas Silberberg sie um Hilfe bittet, scheint es sich um eine Routineuntersuchung zu handeln: Er hat das alte Schloss Weißenfels gekauft und dort eine verborgene Grabkammer entdeckt. Ruhen darin die Gebeine jenes Grafen, der vor über 200 Jahren unter mysteriösen Umständen verschwand? Martinas Neugier ist geweckt – doch sie ahnt nicht, welches grausame Geheimnis sie bald entdecken wird! Mit Bestsellern wie „Die Schmetterlingsinsel“ und „Der Mondscheingarten“ hat Corina Bomann die Herzen ihrer Leserinnen erobert – und zeigt mit diesem Mystery-Roman eine ganz andere, unerwartete Seite ihres Talents. Jetzt als eBook kaufen und genießen: „Elixier der Nacht“ von Corina Bomann. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.
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Seitenzahl: 141
Über dieses Buch:
Als Gerichtsmedizinerin hat Dr. Martina Brandt in der Pathologie bereits zahlreiche schwierige Fälle gelöst. Als der ebenso vermögende wie elegante Nicolas Silberberg sie um Hilfe bittet, scheint es sich um eine Routineuntersuchung zu handeln: Er hat das alte Schloss Weißenfels gekauft und dort eine verborgene Grabkammer entdeckt. Ruhen darin die Gebeine jenes Grafen, der vor über 200 Jahren unter mysteriösen Umständen verschwand? Martinas Neugier ist geweckt – doch sie ahnt nicht, welches grausame Geheimnis sie bald entdecken wird!
Über die Autorin:
Corina Bomann, geboren 1974, wuchs in Parchim auf, einem Dorf in Mecklenburg-Vorpommern; heute lebt sie in Berlin. Sie schrieb bereits zahlreiche erfolgreich Jugendbücher und historische Romane; der ganz große Durchbruch gelang ihr mit dem Buch Die Schmetterlingsinsel, das wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste stand.
Bei dotbooks veröffentlichte Corina Bomann sechs eBooks, die eine ganz andere Seite ihrer Kreativität zeigen – Mystery- und Horror-Romane, die zu Beginn ihrer Karriere entstanden und die sie für die Neuausgabe überarbeitet hat: Der Fluch der Gräfin, Das Verlangen des Dämons, Die Geliebte des Teufelsritters, Die Zärtlichkeit des Bösen, Das Flüstern der Verdammnis und Die Verlockungen der Dunkelheit.
Die Website der Autorin: corina-bomann-buecher.de
Die Autorin im Internet: facebook.com/corina.bomann
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Überarbeitete eBook-Neuausgabe August 2016
Die ursprüngliche Fassung erschien 2000 unter dem Titel Das Elixier des Verderbens in der Reihe BASTEI Mitternachts-Roman.
Copyright © der Originalausgabe 2000 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach
Copyright © der überarbeiteten und mit einem Nachwort versehenen Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München
Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Titelbildgestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von Bildmotiven von shutterstock/KULISH VIKTORIA und shutterstock/D_D
eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH
ISBN 978-3-95520-705-2
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Corina Bomann
Elixier der Nacht
Roman
dotbooks.
Es war ein verhältnismäßig ruhiger Tag in der Gerichtsmedizin gewesen. Ein Tag ohne große Überraschungen für Dr. Martina Brandner. Auf ihrem Arbeitsplan hatten Routinefälle gestanden: ein Verkehrsunfall, ein Brandopfer und zuletzt ein angeblicher Selbstmord, der sich nach gründlicher Untersuchung jedoch als heimtückischer Giftmord herausgestellt hatte. Diesen Befund gab die Gerichtsmedizinerin gerade dem zuständigen Polizeibeamten durch.
»Meine Untersuchungen haben ergeben, dass der Tote mit Blausäure vergiftet wurde«, sagte sie in den Telefonhörer, während sie in dem vor ihr liegenden Autopsiebericht blätterte. »Das Gift wurde injiziert und hat die Atmung lahmgelegt. Der Mann ist qualvoll erstickt.«
»Also war es Mord«, stellte der Kripobeamte am anderen Ende der Leitung etwas betreten fest.
»Ja, das ist einwandfrei erwiesen«, entgegnete Martina Brandner. »Ich habe zwei Einstiche gefunden, einen beim dritten Halswirbel, der andere in der Arteria carotis hinter dem linken Ohr. Das kann sich der Tote unmöglich selbst beigebracht haben.«
»Dann weiß ich ja, wo ich dran bin. Herzlichen Dank für Ihren Anruf, Dr. Brandner«, sagte der Kommissar. »Schicken Sie mir morgen den Bericht?«
»Ja, natürlich. Gleich morgen früh.«
»Bestens. Schönen Feierabend.«
»Ja, danke. Ihnen auch.«
Nachdem sie aufgelegt hatte, lehnte sich die junge Gerichtsmedizinerin auf ihrem Drehstuhl zurück und atmete tief durch. Jetzt hatte sie sich ihren Feierabend wirklich verdient. Sie löste ihr langes, blondes Haar aus dem Zopfgummi und schaute zur Uhr auf dem Laborschreibtisch. Es war gerade fünf Minuten vor sechs und der Abend noch jung. Sie wollte noch nicht nach Hause und überlegte, was sie anstellen sollte. Ich könnte mal wieder ins Kino gehen…
Der Gedankenfaden riss, als sich mit einem leisen Quietschen die Tür öffnete und eine kraftvolle Männerstimme ertönte. »Frau Dr. Brandner, haben Sie einen Moment Zeit?« Die Worte kamen von keinem Geringeren als Professor Rüdiger Bergefeld, dem Chefarzt der Gerichtsmedizin.
Aus dem Kinobesuch wurde heute wohl nichts, denn Martina wusste, dass das plötzliche Auftauchen des Professors kurz vor Feierabend meist unangenehme Folgen hatte: Vom schrecklichen Unfall bis zum grauenhaft zugerichteten Mordopfer war jetzt alles möglich. Und es waren ein paar Überstunden angesagt. Ihre Stimmung sank.
Sie wandte sich um. »Was gibt es denn, Herr Professor?«, fragte sie etwas mürrisch und sah im selben Augenblick, dass ihr Chef Besuch mitgebracht hatte. Der sah aber nicht so aus, als käme er von der Polizei. Es war ein sehr elegant gekleideter Herr im mittleren Alter. Arm schien er nicht zu sein, sonst könnte er sich solch teure Klamotten nicht leisten. In der nüchternen Pathologie wirkte er damit etwas deplatziert. Martina kniff die Augen zusammen und versuchte, den Mann einzuordnen.
»Das ist Herr Nicolas Silberg«, stellte der Professor den hochgewachsenen, dunkelhaarigen Fremden vor.
Bauunternehmer Silberg! Martina erinnerte sich, vor kurzem einen Fernsehbericht gesehen zu haben, in dem er als der neue Eigentümer von Schloss Weißenfels vorgestellt worden war. Das hatte für einiges Aufsehen in der Stadt gesorgt. Immerhin war es nicht irgendwer, der das alte Gemäuer gekauft hatte, um das sich blutige Schauergeschichten rankten und das alle nur »das Teufelsschloss« nannten. Nun hatte es einer der erfolgreichsten Bauunternehmer Deutschlands erstanden. Ein steinreicher Mann.
»Es freut mich, Sie kennenzulernen, Herr Silberg«, sagte Martina lächelnd, erhob sich von ihrem Stuhl und gab ihm die Hand. »Was führt Sie in die Gerichtsmedizin?«
»Ich brauche Ihre Hilfe. Sie müssen einen Mord aufklären«, antwortete der Bauunternehmer mit einem hintergründigen Lächeln. »Aber es ist kein gewöhnlicher Mord. Er liegt schon 300 Jahre zurück.«
Das ist doch mal was anderes, dachte Martina und fragte: »Und wo soll sich dieser Mord ereignet haben?« Auf einmal war sie doch sehr interessiert – und froh, noch nicht auf dem Weg in den Feierabend zu sein. Das hier könnte besser werden als Kino.
»Es passierte auf Schloss Weißenfels. Kennen Sie die Schauergeschichte von dem Grafen, der mit dem Teufel im Bunde war?«
Martina nickte. »Natürlich kenne ich die. Man sagt, dass Graf Weißenfels unsterblich werden wollte und sich deshalb mit dem Teufel verbündet hat. Früh im 18. Jahrhundert ist er spurlos verschwunden. Vermuten Sie, dass er ermordet wurde? Wie kommen Sie darauf?«
»Nun, ich weiß natürlich nicht, ob es Mord war, aber das sollen ja Sie herausfinden«, antwortete Silberg, während er mit der rechten Hand nervös am goldenen Manschettenknopf seines linken Ärmels spielte. »Im Zuge der Renovierungsarbeiten haben meine Arbeiter vor wenigen Tagen eine seltsame Wand im Keller entdeckt. Ein zugemauerter Durchgang. Als ich ihn öffnen ließ, stellte sich heraus, dass sich dahinter die Treppe zum ehemaligen Kerker befindet.«
»Und dort vermuten Sie die sterblichen Überreste des Grafen?« Martina verschränkte die Arme vor der Brust und schaute den Bauunternehmer abwartend an.
»Nun, es wäre immerhin eine Möglichkeit«, antwortete er. »Die Geschichten erzählen, dass er verschwunden ist, ohne sein Schloss jemals verlassen zu haben. Und sollte meine Vermutung zutreffen, brauche ich Sie, damit Sie die Gebeine untersuchen. Ich habe gehört, dass Sie gegen Ende Ihres Studiums an der Ausgrabung einer Steinzeitsiedlung hier in der Nähe teilgenommen haben.«
Woher wusste er das? Martina starrte ihn verblüfft an. »Das stimmt«, bestätigte sie. »Und ich habe darüber meine Doktorarbeit geschrieben. Es ging darum, durch genetische Analyse Skelette aus einem Massengrab zu rekonstruieren.«
»Dann sind Sie ja genau die richtige Fachkraft für mein Vorhaben!«, rief er erfreut. »Wenn wir menschliche Überreste finden sollten, muss geklärt werden, zu wem sie gehören. Sagen Sie, würde es Sie nicht reizen, herauszufinden, was wirklich mit dem Grafen Weißenfels passiert ist?«
Martina verschlug es für einen Moment die Sprache. Und da sage einer, das Leben sei langweilig! Jedenfalls nicht für mich. Noch vor fünf Minuten hatte sie ins Kino gewollt und sich erfundene Abenteuer ansehen wollen, und nun stand einer der reichsten Männer Deutschlands vor ihr und bat sie, die sterblichen Überreste des Grafen Weißenfels zu untersuchen. Getrunken hatte sie nichts, wach war sie auch, also konnte es kein Traum sein.
Sie antwortete: »Natürlich würde es mich reizen.« Sie warf einen Seitenblick auf ihren Chef. »Aber ich weiß nicht, ob Professor Bergefeld damit einverstanden ist, dass ich ihn und meine Arbeit im Stich lasse. Er müsste eine Vertretung für mich einstellen.«
Der Chefarzt hatte seelenruhig neben dem Bauunternehmer gestanden und das Gespräch verfolgt, ohne etwas dazu zu sagen. Allmählich keimte in Martina der Verdacht auf, dass die Aktion mit Rüdiger Bergefeld abgesprochen war. Und richtig, Silberg warf dem grauhaarigen Professor einen kurzen, fast verschwörerischen Blick zu. »Was meinen Sie dazu, Herr Professor?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits zu kennen schien.
Bergefeld nickte lächelnd und wandte sich dann beinahe huldvoll seiner Kollegin zu. »Dr. Brandner, wenn Sie das Angebot von Herrn Silberg annehmen, werde ich Sie so lange vom Dienst freistellen, bis Ihre Forschungsarbeiten beendet sind. Und dann kehren Sie auf Ihren Platz hier zurück.«
Das erstaunte Martina über alle Maßen. Wenn sie Urlaub einreichte, artete das meist in einen kleinen Kampf aus. Und jetzt wollte er auf einmal freiwillig ein paar Wochen auf sie verzichten? Die beiden schienen sich von den Forschungsergebnissen eine Menge zu versprechen.
Bergefeld räusperte sich. »Wie Sie wissen, Frau Brandner, sind wir zwar dem Klinikum angeschlossen, aber ein privates Institut, und unsere finanziellen Mittel sind beschränkt. Für fällige Renovierungen und Modernisierungen unserer Gerätschaften fehlt uns das Geld. Herr Silberg ist so freundlich, uns diesbezüglich unter die Arme zu greifen, wenn wir ihn bei seinen Forschungen unterstützen. Und da Sie nicht nur meine beste Mitarbeiterin sind, sondern auch vertraut mit derartiger archäologischer Pathologie, scheinen Sie mir die erste Wahl zu sein.«
Silberg schaute sie an und nickte. Dass sie den Auftrag annehmen würde, damit schien der Baulöwe von Anfang an fest gerechnet zu haben. »Und sollten Sie sich fragen, ob es sich lohnt, für mich zu arbeiten«, sagte er geheimnisvoll und kramte etwas aus der Tasche seines grauen Sakkos hervor, »dann sollten Sie einen Blick auf diesen Vertrag werfen.« Die Kopie behielt er vorerst und reichte ihr das Original, ein zusammengefaltetes Blatt. »Darauf steht die Summe, die ich Ihnen persönlich – nicht dem Institut – für Ihre Bemühungen zahlen werde. Sie brauchen nur zu unterschreiben.«
Martina nahm das Papier, faltete es auseinander und las. Respekt. Silberg ließ sich nicht lumpen. Die Summe, die dort stand, war mehr, als sie im Institut in einem ganzen Jahr verdiente. Sie zögerte nicht länger, unterschrieb die Verträge und steckte die Kopie ein.
War es wirklich möglich, dass jemand so viel Geld für die Untersuchung einer einzigen Leiche ausgeben wollte, einer Leiche, von der niemand wusste, ob sie überhaupt existierte? Vielleicht weiß er nur nicht, was er mit seinem Geld anfangen soll, dachte sie und fragte ihn mit großen Augen: »Haben Sie sich hier auch wirklich nicht verschrieben?«
»Ist es Ihnen zu wenig?«, fragte Silberg lächelnd.
»Nein, das nicht«, antwortete sie ehrlich. »Aber ich befürchte, Sie haben zu große Erwartungen, was die Ergebnisse meiner Arbeit betrifft.«
Silberg schien nicht darüber diskutieren zu wollen. Er hob die Hand und sagte mit fester Stimme: »Kein Aber, Frau Doktor. Ich erwarte gute Arbeit von Ihnen, und das honoriere ich dementsprechend. Ich bin doch kein Ausbeuter«, ergänzte er augenzwinkernd. Er schien damit auf einen Zeitungsartikel anzuspielen, in dem ihm kürzlich ein Journalist seine Niedriglöhne für Billigarbeiter aus Polen vorgeworfen hatte.
Martina konnte sich an den Artikel noch gut erinnern. Okay, dachte sie, wenn es ihm das wert ist, dann werde ich die Sache in Angriff nehmen.
»Und? Kann ich auf Sie zählen, Frau Doktor?«
Martina nickte etwas unterkühlt. »Ja, ich habe unterschrieben, und Vertrag ist Vertrag. Wann soll es denn losgehen?«
»Morgen«, antwortete Silberg, während er sich, gefolgt von Professor Bergefeld, langsam Richtung Tür begab. »Wie es im Vertrag steht.«
»Ja, klar, wie es im Vertrag steht.«
Mein Gott, hat der es eilig. Nach so vielen Jahrhunderten plötzlich diese Eile. Da steckte bestimmt mehr dahinter.
Nicolas Silberg lächelte noch einmal, ehe er das Labor verließ. »Ich will nicht unnötig Zeit verlieren. Ich bin nun mal ein neugieriger Mensch. Also morgen früh auf dem Schloss. Ich würde mich freuen, wenn Sie für die Dauer der Forschungsarbeiten mein Gast wären.«
Am nächsten Tag war Martina schon früh unterwegs zum Schloss. Es war nicht zu übersehen, was der nächtliche Herbststurm alles angerichtet hatte. Überall auf den Straßen lagen abgebrochene Äste und machten die Fahrt unsicher. Auch wenn sich der Sturm inzwischen abgeschwächt hatte, reichte seine Kraft noch immer aus, die hohen Bäume bedrohlich schwanken zu lassen.
Sie war heilfroh, als sie die Schlossbrücke überquert hatte, parkte ihren blauen Passat vor der hohen Feldsteinmauer, die das Schloss umgab, und stieg aus. Obwohl der Sturm an ihr zerrte und ihr Haar durcheinanderbrachte, betrat sie den schützenden Innenhof nicht sofort. Mit der Reisetasche in der Hand blieb sie zunächst vor dem Tor stehen und schaute durch das Eisengitter. Hier würde sie also für die nächste Zeit wohnen, dachte sie fasziniert und betrachtete das alte Gebäude, das sich finster vor dem trüben Morgenhimmel erhob. Es war mitten in einen See gebaut worden und erschien ihr mit seinen zahlreichen Türmen, Erkern und Gängen wie die Kulisse eines Gruselfilms.
Obwohl sie nicht an Geister glaubte, jagte ihr der Anblick des Schlosses eine Gänsehaut über den Rücken. Das Teufelsschloss … Trug es den Namen vielleicht doch zu Recht?
Gewohnheitsmäßig checkte sie ihr Handy, doch zu ihrer großen Enttäuschung zeigte es »Kein Netz« an. Das konnte ja heiter werden. Gruselschloss und kein Empfang? Nun, vielleicht schwankte die Netzverfügbarkeit hier auch. Und vielleicht war es auch ganz nett, nicht ständig verfügbar zu sein. Wobei, ein Telefon hatte der Burgherr hoffentlich schon …
Sie steckte das Handy wieder ein und öffnete das Tor.
Die verrosteten Türangeln gaben ein markerschütterndes Knarzen von sich – ein Ton, der ihr die Haare zu Berge stehen ließ. Doch davon ließ sie sich nicht beirren. Sie würde ja sehen, was sich hinter diesen Mauern verbarg, sagte sie sich und ging zielstrebig auf die Treppe zu, die zum Eingang führte.
Das breite Portal stand einladend offen, und da ihr Kommen ja angekündigt war, betrat sie die ganz in Weiß gehaltene Vorhalle.
Eine Klingel fand sie nicht, deshalb machte sie auf sich aufmerksam. »Hallo, ist einer zu Hause?«
Dann hörte sie schon, wie jemand mit hektischen Schritten auf sie zukam. Es war Nicolas Silberg, der Unternehmer. Sein Haar war nach hinten gekämmt, und sein schlanker Körper steckte in einem schwarzen Kaschmirpullover und Designerjeans. Als er sie erreicht hatte, streckte er die Hand zum Gruß aus und lächelte sie gutgelaunt an. »Guten Morgen, Frau Dr. Brandner, ich sehe, der Sturm hat Sie nicht weggeweht.«
»Ich habe mir Ziegelsteine in die Tasche gepackt«, erwiderte sie mit einem schelmischen Grinsen und schien sich ganz ordentlich anstrengen zu müssen, als sie mit der Linken ihre blaue Reisetasche hochhob und mit der Rechten die Hand des Bauunternehmers drückte. »Da fiel es dem Wind schwer, mich wegzuwehen.«
»Humor haben Sie auch noch.« Silberg lachte auf. »Dann herzlich willkommen in meinem Schloss. Ich nehme an, Sie sind bereit für das Abenteuer?«
Martina nickte. »Aber natürlich. Haben Sie schon einen Blick in den Kerker geworfen?«, fragte sie, während ihr auf der anderen Seite der Vorhalle eine provisorisch errichtete Tür ins Auge fiel. Man hatte dort die Wand durchbrochen und dahinter offenbar eine Treppe freigelegt. Leises Rumoren war aus dieser Richtung zu vernehmen.
»Nein, bisher habe ich mich zurückgehalten. Ich wollte erst alle Experten beisammenhaben, bevor wir uns die Entdeckung genauer anschauen.«
»Wer ist denn außer mir noch an dem Projekt beteiligt?«, wollte Martina wissen. Sie war jetzt doch ein wenig erstaunt darüber, dass sie mit anderen zusammenarbeiten sollte.
»Habe ich Ihnen das gestern nicht erzählt?«
»Ich hätte es mir bestimmt gemerkt …«
»Dann bitte ich um Entschuldigung, dass ich vergessen habe, das zu erwähnen. Zwei Historiker und ein Archäologe sind ebenfalls an dem Projekt beteiligt«, antwortete Silberg und machte eine einladende Handbewegung in Richtung Tür. »Kommen Sie, Dr. Brandner, lassen Sie Ihre Tasche hier, ich werde Sie den Herren vorstellen. Und dann schauen wir uns gemeinsam den Kerker an.«
***
»Meine Herren, darf ich Ihnen vorstellen?« Silbergs Stimme klang dumpf durch das feuchte, notdürftig beleuchtete Kellergewölbe. »Das ist Dr. Martina Brandner. Sie ist Gerichtsmedizinerin und wird uns helfen, das rätselhafte Verschwinden des letzten Grafen Weißenfels aufzuklären.«
Während er sprach, ließ Martina ihren Blick kurz durch das alte und stellenweise feuchte Gemäuer schweifen. Wie lange war hier unten schon keiner mehr gewesen? 100 oder 200 Jahre? Dann wandte sie sich ihren Kollegen zu. Ein etwas dicklicher und ein hagerer Mann standen neben dem hohen Steinhaufen, der von dem Durchbruch in der Wand übrig geblieben war. Wie ihrem Gespräch zu entnehmen war, diskutierten die beiden gerade das mutmaßliche Alter des Kerkers. Doch sie unterbrachen sich sofort, als sie die Stimme des Bauunternehmers vernahmen.
»Das sind die Historiker Matthias Kalmbach und Silvio Brinkert«, stellte Silberg die beiden Wissenschaftler vor. »Sie werden sich um die Geschichte der Familie Weißenfels kümmern.«