Employer Relations - Claudia Mast - E-Book

Employer Relations E-Book

Claudia Mast

0,0

Beschreibung

Demografischer Wandel und Fachkräftemangel – das Umfeld der Unternehmen ändert sich gravierend. Wie wollen sie die Aufmerksamkeit ihrer künftigen Mitarbeiter im Informationsrauschen der digitalisierten Medienwelten finden? Wie kommunizieren denn Firmen überhaupt in ihrer Rolle als Arbeitgeber? Und was erwarten die Stakeholder, die sie ansprechen wollen? In der vorliegenden Studie werden Ergebnisse aus einem mehrstufigem Forschungsprogramm vorgestellt – von einer breit angelegten Umfrage unter Kommunikations- und Personalverantwortlichen der Top-500-Unternehmen in Deutschland, Befragungen unter abhängig Beschäftigten, Auszubildenden und Studierenden sowie qualitativen Analysen bei ausgewählten Firmen und Best-Practice-Beispielen aus der Unternehmenspraxis. Stakeholder-Präferenzen werden dabei Schritt für Schritt den Unternehmensperspektiven gegenübergestellt. Dabei wird klar: In der Arbeitgeberkommunikation treffen Firmen auf eine Vielfalt von Erwartungen. Vor ihnen liegt noch ein langer Weg in diesem neuen Kommunikationsfeld – vom instrumentellen Zielgruppen-Denken hin zu einer klaren Stakeholder-Perspektive. Employer Relations als neues Handlungsfeld der Unternehmenskommunikation umfasst die Kommunikationsbeziehungen von Arbeitgebern zu den internen und externen Stakeholdern gleichermaßen. Das Buch plädiert daher für eine integrierte Betrachtungsweise, die inzwischen überholte Rivalitäten zwischen den unterschiedlichen Perspektiven von Marketing, Corporate Communications und Human Resources hinter sich lässt.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 424

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Zu diesem Buch

Kapitel 1: Unternehmen als Arbeitgeber – über sie wird gesprochen

1.1 Unsicherheit und Handlungsdruck

1.2 Ziele des Forschungsprojekts

1.3 Methodisches Vorgehen

Kapitel 2: Employer Relations – neues Feld in der Unternehmenskommunikation

2.1 Zwischen Employer Branding und Corporate Communications

2.2 Empirische Befunde und Perspektiven der Stakeholder

2.3 Impulse für das Kommunikationsmanagement

2.4 Employer Relations als Beziehungsmanagement

Kapitel 3: Erste Erfahrungen – wie Arbeitgeber kommunizieren

3.1 Strategische Konzeption und Verankerung

3.2 Operative Ansätze der Arbeitgeber-Kommunikation

3.3 Erfolgsfaktoren und Herausforderungen des Kommunikationsfelds

Kapitel 4: Top 500-Unternehmen – Einschätzungen von Kommunikations- und Personalmanagern

4.1 Herausforderungen für Kommunikation und Personal

4.2 Stakeholder im Kommunikationsfeld

4.3 Themen und Argumente zur Attraktivitätssteigerung

4.4 Maßnahmen in der Arbeitgeber-Kommunikation

4.5 Interne Verankerung – externe Positionierung

Kapitel 5: Themeninteressen und Kommunikationspräferenzen – aus der Perspektive externer Stakeholder

5.1 Im Job: Arbeitnehmer in anderen Unternehmen

5.2 Berufsorientierung im Studium: Studierende als Stakeholder

5.3 Beruf und Schule: Auszubildende als künftige Mitarbeiter

5.4 Informieren über Arbeitgeber: Präferenzen der Stakeholder im Vergleich

5.5 Erwartungen externer Stakeholder an die Arbeitgeber-Kommunikation

Kapitel 6: Job-Typen – Berufspersönlichkeiten im Fokus

6.1 Job-Typen und Kommunikationsprofile

6.2 Sicherheitsorientierte Materialisten („Die Bequemen“)

6.3 Veränderungsorientierte Materialisten („Die Spieler“)

6.4 Sicherheitsorientierte Idealisten („Die Treuen“)

6.5 Veränderungsorientierte Idealisten („Die Abenteurer“)

6.6 Job-Persönlichkeiten und Kommunikationspräferenzen

Kapitel 7: Best Practice – Beispiele aus der Unternehmenspraxis

7.1 Hauke Hannig (ebm-papst) Auszubildende als Energiescouts

7.2 Ulrich Ott (ING-DiBa) Wie Arbeitgeber ihre Mitarbeiter als Botschafter gewinnen können

7.3 Harald Sattelberg (

METRO

) Internes und externes Employer Branding für Auszubildende

7.4 Ildiko Peter (

OTTO

) Marke braucht Begehrlichkeit: Erfolgsfaktoren einer HR-Kampagne

7.5 Katja Matznick (eBay) Arbeitgeber-Kommunikation durch Einbindung von Mitarbeitern

Kapitel 8: Young Professionals – Perspektiven auf die Arbeitgeber-Kommunikation

8.1 Robin Renz Die Richtigen richtig ansprechen. Einflussfaktoren auf die Arbeitgeber-Kommunikation aus Sicht angehender Ingenieure

8.2 Mona Fischer Auf der Suche nach dem „Employer of Choice“ Informationsbedürfnisse und -quellen von Hochschulabsolventen im Arbeitgeber-Wahlprozess

8.3 Hien Thi Thu Nguyen Employer Relations in sozialen Netzwerken. Erwartungen von Studierenden an die Arbeitgeber-Kommunikation auf Facebook

Kapitel 9: Employer Relations – Denkansätze und Ausblick

9.1 Perspektivenwechsel: Vielfalt der Stakeholder-Erwartungen

9.2 Stakeholder, Themen und Kanäle: Diskrepanzen und Potenziale

9.3 Landkarten für Themenpräferenzen und Job-Typen

9.4 Plädoyer für ein integriertes Vorgehen

Anhang

Ausgewählte Stakeholder-Umfragen im Überblick

Ausgewählte Studien zur Arbeitgeber-Attraktivität im Überblick

Abbildungen

Literatur

Zu diesem Buch

Was macht ein Unternehmen als Arbeitgeber attraktiv? Wie auch immer die Antwort auf diese Frage ausfällt: Auf welchem Weg erfahren denn die Stakeholder, um die es geht, von dieser Firma? Welche Themen interessieren sie und welche Medien kommen aus ihrer Sicht überhaupt infrage? Unter den Bedingungen der digitalisierten Kommunikationslandschaft wird es für Arbeitgeber immer schwieriger, genau die Aussagen und Medien zu finden, die bei den jeweiligen Stakeholdern auch ankommen. Zu groß ist das Überangebot an Informationen und zu wenig wissen viele Unternehmen über die Erwartungen, Vorlieben und Antipathien derer, die sie eigentlich ansprechen wollen. Dabei ist der Wettbewerb um die besten Arbeitskräfte ein sog. „kritischer Erfolgsfaktor“ für die Zukunft von Firmen, der das Geschäftsergebnis und den Handlungsspielraum maßgeblich beeinflusst.

Offene Stellen, die nur mit Mühe besetzt werden können, Bewerber, die nicht zu Vorstellungsgesprächen kommen, neu eingestellte Nachwuchskräfte, die nach wenigen Monaten wieder wechseln oder qualifizierte Fachkräfte, die innerlich kündigen oder die Firma verlassen – Beispiele wie diese zeigen, welche ökonomischen Effekte das Feld der sog. Employer Relations hat. Employer Relations – hier geht es um die Kommunikationsbeziehungen eines Unternehmens in seiner Rolle als Arbeitgeber zu seinen internen und externen Stakeholdern.

Das vorliegende Buch ist aus einem mehrstufigen Forschungsprogramm des Fachgebiets Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) hervorgegangen, in das mehrere empirische Projekte eingeflossen sind.

Erstens: Seit 1999 befragt das Fachgebiet regelmäßig die DAX- und Top 500-Unternehmen zu aktuellen Vorhaben und Innovationen in der Unternehmenskommunikation. Diese sog. TOPKOM-Studien erfassen die geplanten Kommunikationsvorhaben in der Unternehmenspraxis ebenso wie Herausforderungen für die Zukunft aus der Perspektive der befragten Kommunikationsverantwortlichen.

Die Arbeitgeber-Kommunikation wurde in diesen jährlichen, offen durchgeführten Umfragen von den Unternehmenspraktikern als kompliziertes Handlungsfeld für die Zukunft genannt, in dem die Unsicherheit groß und der Handlungsdruck hoch sind. Das Fachgebiet führte daher 2014 eine themenzentrierte TOPKOM-Umfrage zur Employer Communications durch, die hier nun erstmals veröffentlicht wird. Die Ergebnisse repräsentieren die Unternehmensperspektive der Employer Relations. Wir bedanken uns herzlich bei den vielen Top 500-Unternehmen, die sich – jedes Jahr aufs Neue – die Mühe machen und unsere Fragebögen ausfüllen.

Ein herzlicher Dank gilt auch den Unternehmen Celesio (Stuttgart), ebm-papst (Mulfingen) und STIHL (Waiblingen), die sich im Vorfeld dieses Forschungsprojekts, Zeit für die ausführlichen Gespräche genommen haben.

Zweitens: Ebenfalls 2014 wurden repräsentativ drei Gruppen wichtiger, externer Stakeholder nach ihren Einstellungen und Kommunikationspräferenzen befragt, wenn es um Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber geht. Diese breit angelegten Umfragen beleuchten das Themenfeld aus der Stakeholder-Perspektive. Diese Studie wurde dankenswerterweise von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation Leipzig gefördert.

Drittens: In einer qualitativen Studie des Fachgebiets wurden ausführliche Interviews mit Unternehmensvertretern ausgewertet, die das neue Handlungsfeld Employer Relations vertiefend explorieren und erste Erfahrungen bündeln. Diese Untersuchung dient der Fokussierung des Forschungsprogramms auf wichtige Entwicklungen und Herausforderungen in der Unternehmenspraxis.

Viertens: Best-Practice-Beispiele aus Unternehmen zeigen, welche Einflüsse unterschiedliche Unternehmenskulturen auf die konkrete Ausgestaltung von Arbeitgeber-Kommunikation haben. Erste Erfahrungen mit dem neuen Handlungsfeld Employer Relations werden in Gastbeiträgen authentisch vorgestellt. Ein besonderer Dank der Autorinnen gilt Hauke Hannig (ebm-papst), Katja Matznick (eBay), Ulrich Ott (ING-DiBa), Ildiko Peter (OTTO) und Harald Sattelberg (METRO).

Fünftens: Abschließend stellen ausgewählte Absolventen des Master-Studiengangs Kommunikationsmanagement der Universität Hohenheim (Stuttgart) Ergebnisse aus ihren Abschlussarbeiten vor. Sie repräsentieren die Generation, an die sich die Arbeitgeber-Kommunikation wendet, und sie haben als junge Forscherinnen und Forscher das komplizierte Kommunikationsfeld analysiert. Umso spannender sind die Befunde, die sie für dieses Buch zusammengefasst haben. Wir bedanken uns ganz herzlich bei Mona Fischer, Hien Thi Thu Nguyen und Robin Renz.

Ein besonderes Dankeschön sagen die Autorinnen der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation Leipzig bzw. der Stiftung zur Förderung der PR-Forschung an der Universität Leipzig, die in dem mehrstufigen Forschungsprojekt zu Employer Relations eine spannende Stakeholder-Analyse finanziert hat. Durch diese großzügige finanzielle Förderung war es möglich, die Bewertungen der Stakeholder empirisch zu erfassen, an die sich die Arbeitgeber-Kommunikation der Unternehmen wendet. Auf diese Weise konnten aus dem Vergleich der Unternehmensperspektive mit den Erwartungen der Adressaten spannende Erkenntnisse für Wissenschaft und Praxis abgeleitet werden, die nun in dieses Buch eingeflossen sind.

Zu dieser Publikation haben des Weiteren beigetragen: Klaus Spachmann sowie Alena Kirchenbauer, Benedikt Rhiel, Andreas Biesinger, Marietta Weiß, Linda Behm, Sina Müller, Carmen Prochnow und Anna Stephan-Odenthal. Rainer Bluthard hat die Schlussredaktion und die Gestaltung des Buchlayouts übernommen. Daisy Bartsch sowie Caissa Keil halfen bei der Erstellung des Manuskriptes. Ihnen allen danken die Autorinnen in ganz besonderem Maße.

Stuttgart-Hohenheim, im Februar 2016

Claudia Mast

Alexandra Simtion

1Unternehmen als Arbeitgeber – über sie wird gesprochen

Ob Small Talk oder professionelle Marketingkampagne – Unternehmen als Arbeitgeber liefern Gesprächsstoff. Gibt es Stellenangebote oder werden Mitarbeiter entlassen? Sind die Arbeitsbedingungen hier besser als bei konkurrierenden Arbeitgebern? Wie sind die Entwicklungsmöglichkeiten einzuschätzen und vor allem die Bezahlung? Im Internet tauschen Mitarbeiter und Bewerber Erfahrungen, Argumente und Meinungen aus, die zum Beispiel auf Bewertungsplattformen wie kununu und JOBvoting gebündelt werden. In sozialen Netzwerken werden individuelle Einschätzungen und Erlebnisse verbreitet. Immer mehr Unternehmen präsentieren sich online als attraktiver Arbeitergeber und suchen nach frühestmöglichen Kontakten zu den Menschen, die sie später als Mitarbeiter und Führungskräfte beschäftigen möchten. Auch klassische Medien berichten über die Arbeitgeber-Reputation von Firmen und noch viel lieber über Reputationsprobleme.

Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber sind Gegenstand von privaten und öffentlichen Kommunikationsprozessen. Über sie wird gesprochen. Vor allem die Wirtschafts- und Fachpresse greift verstärkt die Problematik des Fachkräftemangels auf. Die Fachzeitschrift „Human Resources Manager“ zum Beispiel hat ein spezielles Online-Dossier zum Thema „Arbeitgeber-Attraktivität“ eingeführt, das regelmäßig aktualisiert wird (vgl. Schuldreich/Justen/Koch 2015). Auch die Fachzeitschrift „Pressesprecher“ berichtet regelmäßig online über das Themenfeld des Employer Branding (vgl. Pressesprecher 2015). Die Deutsche Gesellschaft für Personalführung (DGFP) veröffentlicht Studien zu Trends im Bereich Human Resources (vgl. DGFP 2013) und stellt die sog. Generation Y vor (vgl. DGFP 2011). Auch große Beratungsunternehmen greifen das Thema der Unternehmen als Arbeitgeber auf, weil sie spüren, dass ihre Kunden mit diesem Handlungsfeld noch Probleme haben. So veröffentlicht Hays seit 2011 einen jährlichen HR-Report zu brisanten Arbeitgeber-Themen (vgl. Hays 2014 und 2013a). Price Waterhouse Coopers (PwC) untersucht Talentstrategien, die den Anforderungen von jungen Zielgruppen gerecht werden sollen (vgl. PwC 2013). Die Personalberatung Kienbaum Consultants veröffentlicht seit 2014 eigene HR-Trendstudien (vgl. Kienbaum 2015, 2014 und 2013). Und auch andere Beratungsinstitute beschäftigen sich mit den Erwartungen v. a. junger Stakeholder an Bewerbungsverfahren und Arbeitgeber-Verhalten (vgl. Athanas/Wald 2014).

Darüber hinaus befragen bekannte Karriere-Netzwerke und Online-Job-Portale in regelmäßigen Abständen ihre Mitglieder und berichten über neueste Entwicklungen auf dem Bewerber- und Angebotsmarkt. Die Xing AG publiziert Untersuchungsberichte zu Rekrutierungsstrategien und beruflicher Mobilität (vgl. Xing 2013a und b). Auch das Netzwerkportal LinkedIn befragt seine Mitglieder zu Recruiting- und Talent-Trends (vgl. LinkedIn 2015, 2014 und 2013). Die Job-Plattform StepStone behandelt das Thema bereits 2011 in einer eigenen Umfrage (vgl. StepStone 2011). Eine groß angelegte Untersuchung wird auch von der Fastfood-Kette McDonalds in Auftrag gegeben (vgl. Köcher/Sommer/Hurrelmann 2014). Das Allensbacher Meinungsforschungsinstitut befragt über 3.000 Auszubildende rund um Arbeitgeber-Themen.

Auch die Massenmedien beteiligen sich an der Debatte über attraktive Arbeitgeber. So veröffentlicht zum Beispiel das Magazin „FOCUS“ jährlich ein eigenes Arbeitnehmer-Ranking auf Basis einer selbst durchgeführten Studie (vgl. FOCUS 2015). „SPIEGEL ONLINE“ hat eine spezielle Themenseite zum Fachkräftemangel (vgl. SPIEGEL ONLINE 2015). Und laut einer aktuellen Umfrage hält die Mehrheit der Journalisten Themen wie Employer Branding und Arbeitgeber-Kommunikation als hoch relevant für die Berichterstattung (vgl. PRREPORT 2015).

Dies sind nur einige Beispiele aus der aktuellen Diskussion, die zeigen, dass Unternehmen auf ein neues Handlungsfeld vorstoßen, das für sie durchaus ungewohnte Herausforderungen bereithält. Unternehmen „bewerben“ sich immer häufiger um Mitarbeiter oder spezielle Fachkräfte. Das Leitbild des gut qualifizierten Bewerbers wandelt sich in der Praxis. Aus Arbeitnehmern, die händeringend eine Arbeitsstelle suchen, sind Bewerber geworden, die „umworben“ und überzeugt werden müssen. Zumindest bei den stark nachgefragten Qualifikationen der Arbeitskräfte wird der Angebotsmarkt zu einem Nachfragemarkt.

Sowohl in Fachkreisen als auch in der breiten Bevölkerung wird über Employer-Themen gesprochen. Unternehmen interessieren die Menschen eben nicht nur als Anbieter von Produkten und Dienstleistungen aus betriebs- und volkswirtschaftlicher Perspektive, sondern auch als Arbeitgeber. Denn es geht um Arbeitsplätze, Einkommen, Entwicklungschancen und die finanzielle Existenzgrundlage von Individuen. Der sog. „war for talents“, der Kampf um die besten Köpfe, wird für immer mehr Firmen zur zentralen Herausforderung. Angesichts aktueller Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt, den veränderten Erwartungen der Menschen an Arbeitgeber und des Wandels im Kommunikationsverhalten spüren die Unternehmen, dass sie sich als Arbeitgeber auf einem neuen Handlungsfeld bewähren müssen. Sie suchen aktiv nach einer attraktiven und aussichtsreichen Positionierung auf dem Arbeitsmarkt, um ihren Personalbedarf in quantitativer und qualitativer Hinsicht zu befriedigen.

Denn das Angebot an qualifizierten Bewerbern sinkt, die Nachfrage der Firmen aber steigt. Fachkräfte und viele Akademiker sind auf dem Arbeitsmarkt hart umkämpft. Der viel beschworene Fachkräftemangel ist längst Realität geworden (vgl. Przyklenk 2014: 6). Unternehmen, die sich nicht rechtzeitig um ein attraktives Arbeitgeber-Image kümmern, drohen geschäftliche Nachteile. Gleichzeitig vollzieht sich ein bedeutender Wertewandel in der Gesellschaft. „Die Generation Y ist auf Sinnsuche“ (Dettmer 2013: 22). Gerade qualifizierte Arbeitskräfte wählen ihren Arbeitgeber mit Bedacht aus. Ein gutes und sicheres Gehalt allein reicht als schlagkräftiges Argument nicht mehr aus, um Menschen für eine Arbeitsstelle zu begeistern.

Mit dieser neuen Haltung der Stakeholder den Unternehmen gegenüber geht auch ein verändertes Verhalten einher. Denn heutige Bewerber haben andere Ansprüche an Information und Transparenz. Sie schauen sich nicht (nur) die Stellenanzeige des Unternehmens an, sondern recherchieren selbstständig im Internet, worauf sie sich gegebenenfalls einlassen. Sie erwarten – über die klassischen Stellenmerkmale hinaus – Angaben darüber, für welche Werte ein Unternehmen steht, was es produziert, wie es arbeitet und welches Image es hat. Bietet das Unternehmen diese Informationen nicht selbst an, können Online-Bewertungsportale und sonstige Angebote im sozialen Netz diese Informationslücke füllen – möglicherweise mit negativen Folgen für das Unternehmen: „Hat sich früher eine misslungene Recruiting-Kampagne höchstens im Rückgang der Bewerberzahlen gezeigt, wird das Unternehmen heute im Social-Media-Zeitalter dafür in Echtzeit abgewatscht“ (Dettmer 2013: 23). Die potenziellen Arbeitnehmer agieren selbstständig und die Firmen investieren in ihre Arbeitgeber-Attraktivität.

Für Unternehmen bedeuten diese Entwicklungen, sich neu zu positionieren, um die Aufmerksamkeit der Stakeholder zu gewinnen. Diese achten neben vielen materiellen Kriterien vor allem auf Image und Reputation eines Unternehmens, nun auch als Arbeitgeber. Punktuelle Einzelmaßnahmen und sporadische Projekte in der Arbeitgeber-Kommunikation werden den gestiegenen Ansprüchen der Stakeholder immer weniger gerecht. Sie liegen meist unter deren Wahrnehmungsschwelle.

Arbeitgeber-Kommunikation wird zu einem strategischen Handlungsfeld, das systematisch kommuniziert werden sollte. Von besonderer Bedeutung sind diejenigen Stakeholder, auf die das jeweilige Unternehmen als Arbeitgeber angewiesen ist. Spannende Themen müssen über geeignete Kanäle angeboten werden, damit sie von High Potentials auch „gesehen“ werden. Zudem haben die Unternehmen auch strukturelle Herausforderungen zu bewältigen. Denn das neue Aufgabenfeld befindet sich an der Schnittstelle zwischen den Funktionsbereichen Personal und Kommunikation. Wer ist zuständig bzw. wer kann entscheiden, welche Maßnahmen in der Arbeitgeber-Kommunikation umgesetzt werden? Wer agiert künftig aus der „leading position“?

1.1Unsicherheit und Handlungsdruck

Die bisherige Forschung ist überwiegend aus der Perspektive des Personalbereichs geprägt. Es geht um Personalbedarf, -planung und die Instrumente zur Bedarfsdeckung. Die meisten Unternehmen investieren in Employer Branding vor allem, um potenzielle Mitarbeiter anzusprechen (vgl. PRREPORT 2015). Weiche Faktoren wie die Mitarbeiterbindung spielen dagegen nur für einen kleinen Anteil eine wichtige Rolle (vgl. ebd.). Vereinzelte Studien, die zu diesen Fragen vorliegen, bieten auch erste Antworten zum Kommunikationsfeld Employer Relations. Allerdings handelt es sich nur selten um systematische Forschungsarbeiten. Die vorliegenden Analysen behandeln meist Gehaltsthemen, Karrierechancen oder Weiterbildungsangebote unter personalpolitischen Aspekten. Dennoch geben diese punktuellen Ergebnisse zum Handlungsfeld Arbeitgeber-Kommunikation einen ersten Überblick über aktuelle Entwicklungen und Bedingungen in der Unternehmenspraxis. So beschreibt zum Beispiel der jährliche Gallup-Engagement-Index den Grad der emotionalen Bindung von Mitarbeitern sowie den Zusammenhang zwischen der Bindung und der Arbeitsmotivation. Demnach haben 15 Prozent der deutschen Beschäftigten keine emotionale Bindung zu ihrem Arbeitgeber (vgl. Nink 2015: 12). Über zwei Drittel geben an, eine geringe Bindung zu haben. Nur 15 Prozent fühlen sich stark mit ihrem Unternehmen verbunden (vgl. Abbildung 1).

Auch Gazdar (2014: 6) kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Er folgert aufgrund der Ergebnisse des Gallup-Index, dass es eine Kluft zwischen den Bekenntnissen des Managements und der tatsächlichen Personalführung in den befragten Unternehmen gibt. Dafür spricht auch, dass die Bindung zum eigenen Arbeitgeber mit zunehmender Verweildauer im Unternehmen abnimmt (vgl. ebd.). Die Stakeholder-Beziehungen der Firmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber sind also keineswegs zufriedenstellend. Die emotionale Bindekraft von Firmen wird zwar in der Managementliteratur wortreich beschworen, in der Praxis ist sie jedoch meist schwach ausgebildet – mit gravierenden Folgen für den Unternehmenserfolg.

Abbildung 1:Emotionale Bindung deutscher Arbeitnehmer an ihren Arbeitgeber

Quelle: Nink 2015: 12.

Die Folgen und Auswirkungen von unzufriedenen bzw. wenig loyalen Mitarbeitern sind für Unternehmen beachtlich. Gazdar (2014: 4) rechnet vor, dass Mitarbeiter, die „Dienst nach Vorschrift leisten“ bzw. die innerlich bereits gekündigt haben, den deutschen Unternehmen jährliche Produktionseinbußen von bis zu 138 Milliarden Euro verursachen. Außerdem haben Mitarbeiter mit hoher Bindung 43 Prozent weniger Fehlzeiten und unterliegen zu 70 Prozent weniger dem Burn-out-Syndrom (vgl. ebd.). „Wer als Unternehmer seine Leute schlecht behandelt, der vergiftet nicht nur das Betriebsklima, sondern schadet der Produktivität des eigenen Hauses“ (dpa 2013). Das bedeutet: „Unternehmen [sind] im wohlverstandenen eigenen finanziellen Interesse gut beraten, der Einbindung ihrer Mitarbeiter hohe Priorität einzuräumen“ (Gazdar 2014: 4).

Darüber hinaus dokumentiert die Gallup-Studie einen Zusammenhang zwischen der Bindung der Mitarbeiter zum eigenen Betrieb und ihrem Wunsch, den Arbeitgeber zu wechseln: 81 Prozent der Mitarbeiter mit starker Bindung geben im Durchschnitt an, noch drei Jahre im Unternehmen bleiben zu wollen (vgl. Nink 2013: 28). Bei Mitarbeitern mit geringer Bindung sind es lediglich 64 Prozent, bei denen mit keiner Bindung nur noch 45 Prozent (vgl. ebd.; Kestel 2014).

Und ein weiterer Trend ist offensichtlich: Die Loyalität deutscher Arbeitnehmer nimmt trotz guter Arbeitsbedingungen seit dem Jahr 2001 stetig ab (vgl. Gazdar 2014: 3). Dabei kann eine hohe Wechselbereitschaft vor allem bei gut qualifizierten Kräften negative Folgen für ein Unternehmen haben. Angesichts des Fachkräftemangels bergen hohe Fluktuationsraten in der Belegschaft ernsthafte Gefahren für Unternehmen: zum Beispiel Know-how-Verlust, zusätzlicher Mehraufwand bei Stellen-Neubesetzungen und demoralisierende Effekte bei den verbleibenden Mitarbeitern. Eine langfristige Lösung liegt darin, die Anforderungen der Mitarbeiter an eine offene Kommunikation zu erfüllen und ein ehrliches Interesse an den Anliegen der Menschen zu zeigen (vgl. ebd.).

Auch bei Auszubildenden ist die Bindung an den jeweiligen Arbeitgeber in der Regel eher gering ausgeprägt. Eine breit angelegte Befragung unter über 3.000 Auszubildenden in Deutschland kommt zum Ergebnis, dass auch diese Stakeholder trotz hoher Zufriedenheit mit dem Ausbildungsbetrieb nur eingeschränkt loyal gegenüber dem Unternehmen sind (vgl. Köcher/Sommer/Hurrelmann 2014: 65). Auch führt eine hohe Zufriedenheit mit dem Arbeitgeber nicht (zwangsläufig) zu einer starken Identifikation (vgl. ebd.: 76). Gut jeder fünfte Auszubildende (21 Prozent) möchte auf keinen Fall auch später noch in seinem Ausbildungsbetrieb weiterarbeiten (vgl. ebd.: 75). Die Studie weist außerdem auf ein hohes Informationsbedürfnis der Jugendlichen und ein ausgeprägtes Interesse an Arbeitgeber-Themen hin (vgl. ebd.: 92). Die Befragten geben mehrheitlich an, zahlreiche Informationsquellen zu benutzen, um sich vor dem Berufseinstieg zu informieren. Gleichzeitig beurteilen sie das Informationsangebot der Betriebe als unzureichend. Unter den bevorzugten Informationsquellen nennen die Auszubildenden das private Umfeld (Eltern, Freunde, Bekannte) an erster Stelle. Staatliche Angebote sind weniger relevant (vgl. ebd.: 83).

Neben den Stakeholder-Befragungen liefern auch Studien auf Unternehmensseite – überwiegend von Beratungsdienstleistern durchgeführt – erste spannende Ergebnisse zum Handlungsfeld Employer Relations. Kienbaum zum Beispiel befragt regelmäßig die Personalleiter führender Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Im Jahr 2015 geben 58 Prozent der Befragten an, ihr Unternehmen würde den Fachkräftemangel bereits deutlich spüren (vgl. Kienbaum 2015: 14). Gleichzeitig sagen 74 Prozent der Personalleiter, sie hätten besonderen Rekrutierungsbedarf für Fachkräfte und Spezialisten (vgl. ebd.: 17). Zentrale Maßnahmen sind nach Angaben der Befragten die Optimierung des Rekrutierungsprozesses (88 Prozent), die Verbesserung der digitalen Kommunikationsstrategie (88 Prozent) sowie die Verstärkung der Arbeitgeber-Attraktivität nach innen (71 Prozent) (vgl. ebd.: 20).

Auch das Beratungsunternehmen Hays führt regelmäßig Umfragen im Bereich Human Resources (HR) durch. Die wichtigsten Vorhaben sind demnach die Förderung einer nachhaltigen Unternehmenskultur und die Steigerung der Mitarbeiterbindung (Hays 2014: 4f.). Im Vergleich zu früheren Studien haben außerdem die Flexibilisierung der Arbeitsstrukturen und die Etablierung eines Talentmanagements an Bedeutung gewonnen.

In der operativen Umsetzung werden eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima zur Steigerung der Mitarbeiterbindung sowie Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Lebenssituation als wichtigste Instrumente betrachtet. Bereits 2013 geben 93 Prozent der befragten Entscheider an, ein gutes Arbeitsklima sei wichtig, um Mitarbeiter langfristig an das Unternehmen zu binden (vgl. Hays 2013a). Gleichzeitig bewerten aber nur 70 Prozent ihr eigenes Unternehmensklima als positiv. Ähnlich verhält es sich mit der Reputation: 76 Prozent sehen die Reputation des Arbeitgebers als wichtigen Einflussfaktor auf die Mitarbeiterbindung, aber nur 55 Prozent geben an, eine solche Reputation zu besitzen.

Diese Diskrepanz zwischen den empfundenen Prioritäten und den tatsächlichen Handlungen eines Unternehmens wird von Studien zu Arbeitgeber-Themen häufig angesprochen und als sog. „talking action gap“ bezeichnet: „Unternehmen verfügen auf vielen Feldern über ein gutes Gespür für die Auswirkungen gesellschaftlicher Trends auf ihre Organisationen. Gleichwohl ergreifen sie zu wenig konkrete Maßnahmen, um sie aktiv aufzugreifen und ihre Strukturen darauf auszurichten“ (Rump/Breitschopf 2014: 2). So deckt eine Kienbaum-Studie auf, dass 69 Prozent der Unternehmen zwar eine eigene Arbeitgeber-Markenführung entwickelt haben, diese jedoch nur kaum im eigenen Betrieb implementieren können (vgl. Dettmer 2013: 22). Untersuchungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kommen zum Ergebnis, dass der Fachkräftemangel zwar ernst genommen wird, sich die Firmen aber bislang kaum darauf vorbereiten (vgl. BMAS 2014; Töpper 2014).

Unternehmen sehen also Arbeitgeber-Themen als aktuelle Kommunikationsherausforderung an. Allerdings haben sie das neue Handlungsfeld noch keineswegs im Griff. Ziel der Unternehmen ist es, hoch qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen und möglichst lange zu binden. Aber sie wissen, dass zum Beispiel die Generation Y nur kurzfristig im Unternehmen bleiben will und auf kurzfristige Bindungen orientiert ist, wenn Bindungen überhaupt noch eine Bedeutung für diese Stakeholder haben. Dies ist das Dilemma der Employer Relations. Die Wertvorstellungen der Unternehmen und (potenzieller) Mitarbeiter gehen auseinander.

Mittelständische Unternehmen tun sich beim Thema Arbeitgeber-Kommunikation besonders schwer. Nur 40 Prozent besitzen laut einer Umfrage eine definierte Arbeitgeber-Marke (vgl. Eichsteller 2015: 9). Bei 30 Prozent der Unternehmen befindet sich diese noch in Planung und ein Viertel der Befragten gibt an, keine eigene Employer-Marke zu besitzen (vgl. ebd.). Unter denjenigen die angeben, keine eigene Marke zu besitzen, halten 63 Prozent eine solche Maßnahme auch nicht für relevant (ebd.).

Unabhängig von der Unternehmensgröße liegt die Herausforderung mitunter auch darin, „[dass] viele Arbeitgeber noch nicht begriffen [haben], dass sie es sind, die den Arbeitnehmer für sich gewinnen müssen und nicht umgekehrt“ (Przyklenk 2014: 7). Klassische Herangehensweisen der Personalabteilungen können zwar den Bewerbungsprozess optimieren. Dies reicht aber nicht aus, um den veränderten Stakeholder-Erwartungen gerecht zu werden. Denn (potenzielle) Mitarbeiter orientieren sich nicht nur an finanziellen Überlegungen, sondern suchen nach überzeugenden Wertvorstellungen, Reputation und Image eines Unternehmens. Sie binden sich nur dann an eine Firma, wenn ihre Erwartungen erfüllt werden.

Einige empirische Studien bestätigen dieses Bild: 75 Prozent der von der Online-Jobbörse StepStone befragten Jobsuchenden bewerben sich eher bei einem Unternehmen mit gutem Ruf (vgl. StepStone 2011). Und: 88 Prozent schließen eine Bewerbung bei einem Unternehmen mit einem schlechten Ruf grundsätzlich aus (vgl. ebd.; Bürker/Eckert 2014: 59).

Umso mehr kommt es für Unternehmen darauf an, eine ausgewiesene Reputation als Arbeitgeber aufzubauen und an wichtige Stakeholder zu kommunizieren. Einige Autoren schlagen vor, angepasste Kommunikationsstrategien als Teil des Personalmanagements einzusetzen (vgl. Lievens 2007; Knox/Freeman 2006). Für kurzfristige Anliegen mag dieser Weg erfolgsversprechend sein. Für eine langfristige Positionierung als Arbeitgeber greifen solche Überlegungen aber zu kurz. Weitere Publikationen zu Employer Branding beziehen die Unternehmensmarke mit ein (Biraghi/Gambetti 2013; Gregory 2007). Sie gehen zwar über die Personalarbeit hinaus, bleiben aber in den instrumentellen Vorstellungen des Personalmarketing gefangen. Ihnen fehlt die ausdrückliche Stakeholder-Perspektive, ohne die im Feld der Employer Relations kaum etwas gelingt.

Eger und Kireth (2014: 56) schlagen daher vor, die Arbeitgeber-Attraktivität nicht an die Marketing- oder Personal-, sondern direkt an die Unternehmensstrategie zu koppeln. Drei Schritte seien dafür notwendig: die ehrliche Auseinandersetzung mit der eigenen Arbeitgeber-Attraktivität, die Authentizität der abgeleiteten Arbeitgeber-Versprechen und die Ausrichtung der Aktivitäten auf die Unternehmensstrategie (vgl. ebd.: 56 ff.). Die Entwicklung einer überzeugenden und auf die Stakeholder abgestimmten „Employer Value Proposition“ (ebd.: 56) bildet dann den Kern dieses Ansatzes, der in der Unternehmenspraxis viele Anhänger hat. Ähnlich argumentiert Dettmer (2013: 22) für eine übergeordnete Betrachtung des Employer-Themas, bei welcher die Personal- und die Kommunikationsaktivitäten nicht nebeneinander, sondern als Ergänzung zueinander formuliert und umgesetzt werden. An dieser Stelle wird bereits offensichtlich, dass Employer Relations eine strategische und integrierte Vorgehensweise erfordert.

Vor dem Hintergrund dieser Überlegungen, den beschriebenen Entwicklungen sowie der aktuellen Brisanz des Arbeitgeber-Themas plädieren wir für eine erweiterte, strategische und stakeholderorientierte Perspektive der Arbeitgeber-Kommunikation. Kurzfristige Maßnahmen sollten mit langfristigen Kommunikationsstrategien verbunden sowie grundlegende Wertvorstellungen potenzieller Mitarbeiter und anderer Stakeholder berücksichtigt werden. Entsprechend sind die Erwartungen der Stakeholder auch der Startpunkt von strategischen Überlegungen und nicht – wie bislang häufig praktiziert – lediglich ein konkreter Rekrutierungsprozess zur Besetzung von aktuell offenen Stellen.

Im Mittelpunkt der Employer Relations stehen die Kommunikationsbeziehungen zwischen dem Unternehmen und den Stakeholdern als Dialogpartnern. Damit einher geht ein erweitertes Verständnis derjenigen Gruppen, die ein Unternehmen mit Kommunikation auch ansprechen sollte. Über potenzielle und aktuelle Arbeitnehmer hinausgehend gelten auch klassische Multiplikatoren – Eltern, Lehrer, Medien – als Stakeholder in der Arbeitgeber-Kommunikation.

Eine so verstandene Arbeitgeber-Kommunikation basiert auf einer integrierten Vorgehensweise, die es den Firmen ermöglicht, auf diesem Handlungsfeld mit einer Stimme zu kommunizieren. Sie überwindet die Trennung von den jeweiligen Kommunikations- bzw. Personalstrategien und spricht sich für eine integrierte Ansprache relevanter Stakeholder aus. In der Rolle als Arbeitgeber positionieren sich Unternehmen neu in ihren internen als auch externen Stakeholder-Beziehungen. Im Folgenden werden die Begriffe Employer Relations und Arbeitgeber-Kommunikation synonym verwendet.

1.2Ziele des Forschungsprojekts

Die übergeordnete Zielsetzung dieses Forschungsprogramms ist es, das Handlungsfeld der strategischen Arbeitgeber-Kommunikation von Unternehmen zu skizzieren, das

auf fundierten Erkenntnissen zu den Informationsbedürfhissen der Stakeholder basiert und

an bereits bestehende Strategien und Vorgehensweisen in Unternehmen anknüpft.

Dieses Vorhaben erfasst sowohl die Unternehmens- als auch die Stakeholder-Perspektive und verfolgt mehrere Einzelziele. Mit Blick auf die Arbeitgeber-Perspektive geht es zunächst darum, den Stand der wissenschaftlichen Diskussion und Unternehmenspraxis gleichermaßen zu skizzieren. Sowohl die strategischen Überlegungen als auch die tatsächliche Umsetzung der Stakeholder-Ansprache in der Praxis sollen erhoben werden. Es geht um Themen, Argumente, Kanäle und Stakeholder, mit denen Unternehmen als Arbeitgeber kommunizieren. Zudem sind die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten für die Kommunikation von Arbeitgeber-Themen von Interesse. Untersucht werden sowohl die Kommunikations- als auch die Personalstrategien der Unternehmen, um zu einer integrierten Vorgehensweise der Employer Relations zu kommen. Denn: Potenzielle Mitarbeiter werden auf diesem Feld bislang von der klassischen PR-Arbeit eher vernachlässigt, während aktuelle Mitarbeiter dafür wiederum weniger im Blickfeld der Personalabteilungen stehen. Beide Perspektiven sollen daher verbunden werden. Der Schwerpunkt des Projekts liegt auf beiden Funktionsbereichen von Unternehmen – Kommunikation (Corporate Communications) und Personal (Human Resources).

Auf der Seite der Stakeholder ist es ein zentrales Forschungsziel, das Informationsverhalten potenzieller und aktueller Arbeitnehmer zu beschreiben. Einzelne Wünsche und Erwartungen dieser Gruppen an Unternehmen sind aus verschiedenen Studien bereits bekannt. Eine Forschungslücke besteht jedoch in der Frage, wie sich Menschen über potenzielle Arbeitgeber informieren und welche Kommunikationspräferenzen sie haben.

Sowohl die Inhalte und Themen als auch die Quellen und Kanäle der Arbeitgeber-Kommunikation interessieren. Dabei ist einerseits das allgemeine Informationsverhalten der Menschen relevant. Andererseits interessieren auch bestimmte Situationen – zum Beispiel das aktive Suchen nach einer Arbeitsstelle oder die Bereitschaft, den Arbeitgeber zu wechseln – und deren Einfluss auf das jeweilige Informationsverhalten.

Über die jeweilige Betrachtung der beiden Perspektiven Human Resources und Corporate Communications hinausgehend sucht das Forschungsprojekt nach einer Verknüpfung vorliegender Erkenntnisse, damit die Informationsbedürfnisse der Stakeholder erkennbar werden. Die strategische Arbeitgeber-Kommunikation soll also um die Stakeholder-Perspektive erweitert werden. Grundsätzliche Einstellungen ausgewählter Stakeholder werden zu einer Typologie von Berufspersönlichkeiten zusammengefasst. Sie dient der Systematisierung potenzieller Arbeitnehmer als Basis für das Handlungsfeld Employer Relations.

Abbildung 2:Forschungsfragen des mehrstufigen Projekts zu Employer Relations

Wie kommunizieren Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber?Mit wem kommunizieren Unternehmen in ihrer Rolle als Arbeitgeber?Welche Themen werden über welche Kanäle kommuniziert?Welche Argumente setzen Unternehmen ein, um sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren?Inwieweit unterscheidet sich die Kommunikation der Verantwortlichen für Human Resources und Corporate Communications voneinander?Wer ist zuständig für die Kommunikation des Unternehmens als Arbeitgeber und wie ist diese organisiert?F2Wie informieren sich künftige Arbeitnehmer über Unternehmen als Arbeitgeber?Aus welchen Quellen nehmen potenzielle Arbeitnehmer Informationen über Unternehmen als Arbeitgeber allgemein wahr, wenn keine akute Wechselsituation besteht?Für welche Themen interessieren sich potenzielle Arbeitnehmer, wenn es konkret um eine mögliche Arbeitsstelle geht?Welche Rolle spielt die Reputation des Unternehmens für Arbeitgeber, wenn es konkret um eine mögliche Arbeitsstelle geht?Aus welchen Quellen informieren sich potenzielle Arbeitnehmer über diese Themen, wenn es konkret um eine mögliche Arbeitsstelle geht?Inwieweit unterscheidet sich das Informationsverhalten und das Interesse an Arbeitgeber-Themen bei abhängig Beschäftigten, Auszubildenden und Studierenden?F3Wie beeinflussen Einstellungen zum Privat- und Berufsleben das Informationsverhalten künftiger Arbeitnehmer?Welche Einstellungstypen lassen sich unter potenziellen Arbeitnehmern ausmachen?Inwieweit unterscheidet sich die Verteilung der Typen unter abhängig Beschäftigten, Auszubildenden und Studierenden?F4Welche Handlungsempfehlungen lassen sich für die Employer Relations als neuem Handlungsfeld ableiten?Welche Themen eignen sich jeweils zur Ansprache unterschiedlicher Typen potenzieller Arbeitnehmer?Welche Kanäle passen zur Kommunikation dieser Themen an potenzielle Arbeitnehmer?Wie können die Personal- und Kommunikationsarbeit im Handlungsfeld Employer Relations integriert werden?

Quelle: Eigene Darstellung.

1.3Methodisches Vorgehen

Das methodische Design ist mehrstufig angelegt (vgl. Abbildung 2). Den Startpunkt bildet eine Literaturstudie, die sowohl die Unternehmens- als auch die Stakeholder-Perspektive beleuchtet (vgl. Kapitel 2). Es werden ausgewählte Überlegungen hinzugezogen und mit Blick auf das Forschungsinteresse des Projekts diskutiert. Auch aktuelle Modelle zur Verortung oder zur strategischen Relevanz der Arbeitgeber-Kommunikation werden vorgestellt. Zudem geht es um die Herausarbeitung von Dimensionen der Arbeitgeber-Attraktivität. Der Forschungsstand wird anhand ausgewählter Studien skizziert, wobei sich diese der Vorgehensweise entsprechend sowohl auf Studien zur Unternehmenspraxis als auch auf Befragungen potenzieller Arbeitnehmer beziehen.

Für die Erhebung der Daten aus der Unternehmensperspektive wird dann in einem nächsten Schritt ein Methodenmix aus einer explorativen Vorstudie (vgl. Kapitel 2.4) und einer nachgeschalteten repräsentativen Online-Befragung verwendet (vgl. Kapitel 3). In der Vorstudie als erste Teilstudie werden zunächst qualitative Leitfadengespräche mit Kommunikations- und Personalverantwortlichen aus ausgewählten Unternehmen durchgeführt. Es handelt sich dabei vor allem um große Unternehmen, die Erfahrungen mit Employer-Branding- bzw. Arbeitgeber-Strategien haben. Ziel ist eine möglichst genaue Beschreibung der aktuellen Beschäftigung von Unternehmen mit Arbeitgeber-Themen, um geeignete Fragen für die anschließende quantitative Erhebung zu erhalten. Aus diesem Grund werden die Gespräche offen geführt. Inhaltlich werden die Zuständigkeiten und das strategische Vorgehen bei der Kommunikation von Arbeitgeber-Themen abgefragt.

Im Zentrum des Forschungsprojektes stehen dann quantitative Umfragen unter Unternehmen und ausgewählten externen Stakeholder. Die Kommunikations- und Personalverantwortlichen der 500 umsatzstärksten deutschen Unternehmen werden befragt, mit welchem Konzept sie das eigene Unternehmen als Arbeitgeber kommunikativ präsentieren (vgl. Kapitel 3). Die Marketing-Verantwortlichen werden nach den vorliegenden Explorationsergebnissen nicht weiter berücksichtigt, weil sie nach der ersten Teilstudie nur selten die Arbeitgeber-Kommunikation maßgeblich beeinflussen. Einige Großkonzerne gehen hier zwar andere Wege, aber – quantitativ betrachtet – spielt der Funktionsbereich Marketing bei der überwiegenden Zahl der kleinen und mittelständischen Unternehmen eine nachrangige Rolle bei Employer Relations.

Im Mittelpunkt der repräsentativen Umfrage steht, wie Unternehmen vorgehen, um ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern und sich bei den Stakeholdern erfolgreich zu positionieren. Der Fragebogen behandelt die strategische Verankerung und den Stellenwert der Arbeitgeber-Themen im Unternehmen. Außerdem werden aktuelle Stakeholder, Themen, Argumente, Kanäle und Instrumente der Attraktivitätssteigerung erhoben. Bei den Stakeholdern werden über aktuelle, potenzielle und ehemalige Mitarbeiter hinaus auch Multiplikatoren wie Journalisten, Headhunter, der Freundes- und Bekanntenkreis, Lehrer und Eltern berücksichtigt. Ferner wird zwischen interner und externer Stakeholder-Ansprache in der operativen Umsetzung unterschieden. Auch aktuelle Herausforderungen in der Arbeitgeber-Positionierung werden erhoben. Die Kommunikations- und Personalverantwortlichen erhalten die gleichen Fragen. So ist sowohl die Betrachtung der Gesamtstrategie als auch ein direkter Vergleich zwischen den beiden Arbeitsbereichen möglich.

Die Stakeholder-Sicht wird anschließend über eine weitere, quantitative Umfrage erhoben (vgl. Kapitel 4 und 5). Dabei werden über eine breit angelegte Umfrage das Verhalten und die Meinung dreier primärer Gruppen der Arbeitgeber-Kommunikation untersucht: abhängig Beschäftigte, Studierende und Auszubildende. Die Stakeholder werden im bevölkerungsrepräsentativen Omninet-Panel des Marktforschungsinstituts forsa befragt. Im Unterschied zum reinen Online-Panel nehmen daran auch Nicht-Internetnutzer teil. Dieses Vorgehen erhöht die Qualität und die Repräsentativität der Ergebnisse.

Die Umfrage enthält Fragen zum allgemeinen Informations- und Mediennutzungsverhalten, zu den Social-Media-Aktivitäten sowie zu den genauen Quellen, aus denen sich (potenzielle) Arbeitnehmer ganz generell über Unternehmen als Arbeitgeber informieren. Darüber hinaus wird mit einem Szenario-Design gearbeitet, um situative Veränderungen des Informationsverhaltens und der Interessenslage bei hohem Involvement festzustellen. Die vorgegebene Situation sieht vor, dass sich eine interessante Arbeitsstelle auftut. Ferner werden die aktuelle berufliche Situation der Befragten, ihre Wechsel- und Mobilitätsbereitschaft sowie ihre berufliche Zukunftsplanung erhoben.

In einem weiteren Schritt erfolgt die Aggregation der erhobenen Daten zu einer Typologie der „Berufspersönlichkeiten“ (vgl. Kapitel 5). Die Typologie wird im Voraus analytisch hergeleitet und beinhaltet zwei Dimensionen, die grundsätzliche Einstellungen zum Berufsleben beschreiben. Das Arbeitsziel als erste Dimension ist eine statische Größe. Sie beschreibt die Einstellung der Stakeholder gegenüber dem „Endprodukt“ des Arbeitslebens, worauf es also in der Summe ankommt. Dabei wird zwischen einem finanziellen Motiv – dem Geld – und einem nicht finanziellen Motiv – der Selbstverwirklichung – unterschieden. Bei Letzterem wird zunächst nicht berücksichtigt, ob es um die eigene berufliche Weiterentwicklung oder um eine Hilfeleistung bzw. Entwicklung für andere oder für die Gesellschaft geht. Diese erste Dimension gibt also Antworten auf die Frage: Warum geht man arbeiten?

Die zweite Dimension beschreibt die generelle Arbeitshaltung der Stakeholder und beantwortet die Frage: Wie will man arbeiten? Differenziert wird zwischen der Orientierung an Stabilität und Wandel, also zwischen einem stabilen Arbeitsverhältnis bzw. einem geregelten Arbeitsalltag und dem regelmäßigen Wechsel von Arbeitgebern, Aufgaben usw. Mit dieser Dimension wird ein grundsätzliches Persönlichkeitsmerkmal berücksichtigt: das Ausmaß der Risikobereitschaft. Mit Blick auf den Untersuchungsgegenstand wird jedoch nicht nach der allgemeinen Risikobereitschaft gefragt, sondern nach dem Bedarf an beruflicher Stabilität bzw. am beruflichen Wandel.

Durch die Kombination der beiden Dimensionen ergeben sich vier Typen von Berufspersönlichkeiten: die sicherheitsorientierten Materialisten („die Bequemen“), die sicherheitsorientierten Idealisten („die Treuen“), die veränderungsorientierten Materialisten („die Spieler“) und die veränderungsorientierten Idealisten („die Abenteurer“). Hierbei handelt es sich um analytische Idealtypen. Sie werden zielgerichtet konstruiert, um (potenzielle) Arbeitnehmer zu erfassen und auf Basis begründeter Merkmale trennscharf voneinander zu unterscheiden. Dafür ist es notwendig, die als wesentlich befundenen Charakteristika des Berufslebens – Arbeitsziel und Arbeitshaltung – hervorzuheben bzw. zum Teil absichtlich zu überzeichnen. Durch die quantitative Befragung werden die Typen empirisch validiert und deren Verteilung in den Befragtengruppen erhoben. Aufgrund der Repräsentativität des Panels liefern die Ergebnisse ein plausibles Abbild der potenziellen und aktuellen Beschäftigten in Deutschland in den Befragtengruppen.

Die Dimensionen der Typologie werden über standardisierte Ranking-Angaben im Fragebogen abgebildet. Die Typologie ermöglicht die Klassifikation potenzieller Arbeitnehmer nach ihren Grundeinstellungen. Die einzelnen Typen werden anhand ihres Informations-, Mediennutzungsverhaltens sowie ihrer demografischen Angaben charakterisiert und voneinander unterschieden. Daraus ergeben sich einschlägige Informations- und Mediennutzungsprofile in Bezug auf Arbeitgeber, die dann zur Ableitung fundierter Handlungsempfehlungen dienen.

Abbildung 3:Aufbau des Forschungsprojekts Employer Relations

Quelle: Eigene Darstellung.

Im letzten Block der empirischen Studie (vgl. Abbildung 3) werden die vier Typen der Berufspersönlichkeiten mit Blick auf die Strategien und Instrumente der Arbeitgeber-Kommunikation analysiert. Dies erfolgt in Bezug auf die drei Gruppen der abhängig Beschäftigten, Studierenden und Auszubildenden. Durch die Zusammenführung der Ergebnisse aus der Unternehmens- und der Stakeholderperspektive lassen sich Lücken in der strategischen Ausrichtung der Arbeitgeber-Kommunikation identifizieren und Ansatzpunkte für das stakeholderorientierte Kommunikationsmanagement ableiten.

In Ergänzung zu den empirischen Studien berichten ausgewählte Kommunikations- und Personalverantwortliche über die Erfahrungen ihres Unternehmens in der Arbeitgeber-Kommunikation (vgl. Kapitel 6). Sie betonen einzelne Aspekte der Employer Relations vor dem Hintergrund unterschiedlicher Unternehmenskulturen und Herangehensweisen. Zudem fassen drei Absolventen des Master-Studiengangs Kommunikationsmanagement der Universität Hohenheim (Stuttgart) die Ergebnisse ihrer herausragenden Abschlussarbeiten zusammen (vgl. Kapitel 7). Sie stehen am Anfang des Berufslebens und repräsentieren eine Stakeholder-Generation, die viele Unternehmen nur mit großem Aufwand von sich überzeugen können. Sie ergänzen die vorliegende Publikation durch ihre speziellen Perspektiven auf die Arbeitgeber-Kommunikation, die sie aus sehr spannenden empirischen Analysen entwickelt haben. Ein zusammenführendes Kapitel diskutiert abschließend die künftigen Herausforderungen für Wissenschaft und Praxis und formuliert einige Ableitungen von Handlungsempfehlungen für die Unternehmenspraxis (vgl. Kapitel 8).

Förderhinweis

Die vorliegende Publikation ist Teil eines umfangreichen Forschungsprojekts des Fachgebiets für Kommunikationswissenschaft und Journalistik der Universität Hohenheim (Stuttgart) zur Arbeitgeber-Kommunikation. Verschiedene Studien des Fachgebiets sind darin enthalten.

Darüber hinaus wurde eine Explorationsstudie zu Strategien und Konzepten in Unternehmen sowie zu Stakeholder-Umfragen von der Akademischen Gesellschaft für Unternehmensführung & Kommunikation bzw. von der Stiftung zur Förderung der PR-Forschung an der Universität Leipzig finanziert. Ein Kurzbericht über diesen Teil des Projekts ist 2015 bei der Akademischen Gesellschaft erschienen und kann hier heruntergeladen werden: http://www.akademische-gesellschaft.com/fileadmin/webcontent/Research_report/AGUK_FB06_Employer-Relations_Mast.pdf.

2Employer Relations – neues Feld in der Unternehmenskommunikation

Welche Reputation haben Arbeitgeber bei den Stakeholdern, die für sie wichtig sind? Dringen sie mit ihren Botschaften überhaupt zu den Menschen durch, die sie erreichen wollen? Wie gut sind die Stakeholder informiert, wenn es um Unternehmen als Arbeitgeber geht? Die aktuelle Diskussion in den Fach- und Verbandsöffentlichkeiten geht vom Leitbild der schlecht informierten Stakeholder und der Annahme aus, dass Arbeitnehmer die Information von Unternehmen als nicht ausreichend bewerten oder andere Aussagen präferieren. Ein solcher Zugang zur Employer Relations als Kommunikationsfeld setzt bei den Menschen an, die angesprochen werden sollen (=Stakeholder-Perspektive).

Die Literaturanalyse hat jedoch ergeben: Die wissenschaftliche Beschäftigung der Management- und Kommunikationsforschung konzentriert sich auf die Unternehmensseite und argumentiert aus der Kommunikatorperspektive. Besonders prominent vertreten sind dabei in der Literatur die Ansätze aus der Marketing- und Managementforschung zum Employer Branding. Neuere Überlegungen behandeln auch die Rolle der Kommunikation für die Positionierung der Unternehmen als Arbeitgeber und den Zusammenhang zwischen Corporate Branding und Corporate Communications bzw. PR. Bislang gibt es aber nur wenige Hinweise darauf, wie sich die PR- und HR-Ansätze zu einer strategischen Arbeitgeber-Kommunikation sinnvoll verknüpfen lassen.

Das Kapitel stellt die unterschiedlichen Verständnisse der Arbeitgeber-Kommunikation aus dem Marketing, dem Personalmanagement und der PR vor. Potenzielle Verbindungen zwischen Human Resources und Public Relations werden herausgearbeitet und Implikationen für ein übergreifendes Verständnis der Employer Relations diskutiert. Besondere Aufmerksamkeit wird dem breiten Forschungsfeld zum Konstrukt Arbeitgeber-Attraktivät gewidmet und Verknüpfungen zu der Reputationsforschung gezogen. Abschließend werden Dimensionen von Employer Relations als Beziehungsmanagement aus der Unternehmenssicht wie auch aus der Perspektive der Stakeholder skizziert. Beide Blickwinkel gehören zusammen.

2.1Zwischen Employer Branding und Corporate Communications

Ein Begriff durchzieht die wissenschaftliche Literatur wie auch die allgemeine Publizistik: Employer Branding. Viele Autoren in Wissenschaft und Praxis verwenden den Begriff, wenngleich die einzelnen Definitionen weit auseinander gehen und keinen gemeinsamen Nenner erkennen lassen. Als Ausgangspunkt für eine Begriffserklärung eignet sich der zugrunde liegende Markenbegriff. Demnach bezeichnet die Employer Brand ein „Wertesystem eines Unternehmens und seine Art zu agieren, [um] derzeitige und potenzielle Angestellte anzuziehen, zu motivieren und zu halten“ (Dettmer 2013: 22). Es geht also um Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen, um sich den relevanten Zielgruppen, aber auch der allgemeinen Öffentlichkeit gegenüber als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren.

Das Aufgabenfeld des Employer Branding – verstanden als strategischer Tätigkeitsbereich – ist es, die Arbeitgeber-Marke zu definieren, umzusetzen und zu pflegen. Über die Schritte, wie das geschehen kann und welche Rolle die Stakeholder dabei spielen, gehen die Meinungen der einzelnen Autoren weit auseinander. Der Begriff wird zwar häufig verwendet. Ihm wird auch eine konsensbildende Kraft unterstellt. Allerdings fungiert er häufig als Worthülse.

Zum Begriff Employer Branding

Der Begriff Employer Branding ist nicht neu und reicht bis in die 1960er-Jahre zurück. Seine Popularität hat aber im Zuge der Diskussion über den Fachkräftemangel deutlich zugenommen (vgl. Einwiller/Will 2002: 102 f.). Unabhängig von der genauen Auslegung des Begriffs betonen die meisten Ansätze eine Kombination aus ökonomischen, funktionalen und psychologischen Aspekten als zentralen Bestandteil der Arbeitgeber-Marke (vgl. zum Beispiel Backhaus/Tikoo 2004; Gmür/Martin/Karczinski 2002; Dell/Ainspan 2001; Ambler/Barrow 1996). Eine solche Marke verleihe – so die Annahme – dem Unternehmen eine bestimmte Identität, mit der sich Arbeitnehmer identifizieren können. Hierbei werden die unternehmensspezifischen Wertesysteme betont, die diese Identität prägen und die Arbeitgeber-Marke von der Konkurrenz unterscheiden. Im Hinblick auf die ökonomische Komponente des Employer Branding fassen Hieronimus, Schaefer und Schröder (2005: 12) zusammen:

“For a company to exploit its brand effectively when it fishes for talent, it must think of recruits as customers, use sophisticated marketing analysis to identify its key rivals, determine which corporate attributes matter most to specific types of recruits, and understand how best to reach them.”

Für die Autoren ist Employer Branding also Teil eines Managementprozesses und damit ein zielgerichtetes, strategisches Handlungssystem des Unternehmens. Ähnlich argumentieren Grobe (2006) und Shah (2011). Sie gehen aber einen Schritt weiter und definieren Employer Branding als identitätsorientierte, strategische und operative Führung der Arbeitgeber-Marke. Im Mittelpunkt stehe die Heranziehung, Förderung und Bindung von Mitarbeitern im Unternehmen. Die Rekrutierung von Personal und der Erhalt von Fachwissen und Fachkräften im Unternehmen werden als oberstes Ziel angesehen.

Neuere Ansätze beschäftigen sich darüber hinausgehend mit einer Modellierung von möglichst effizienten Rekrutierungsprozessen für Unternehmen (vgl. Phillips/Gully 2015). In diesem Verständnis spielen die Identität und die Kultur einer Organisation – über ihre Werte als Arbeitgeber hinaus – eine zentrale Rolle bei der Definition der Arbeitgeber-Marke (vgl. Shah 2011: 32). Daraus entsteht dann die sog. Markenloyalität. Gemeint ist damit, dass die in der Arbeitgeber-Marke vertretenen Wertvorstellungen mit dem Gesamtwertesystem des Unternehmens kompatibel sein müssen. Nur so könne ein widerspruchsfreies Bild nach innen und außen vermittelt und in einem nächsten Schritt die Produktivität des Arbeitgebers gefördert werden.

Gleichzeitig ermöglicht das sog. Talentmanagement die Vermittlung eines in sich konsistenten und überzeugenden Arbeitgeber-Images (vgl. Shah 2011: 32). Dafür werden glaubwürdige Assoziationen mit der Arbeitgeber-Marke durch das Employer Branding produziert und nach innen wie nach außen präsentiert. Im letzten Schritt entstehen dadurch die Attraktivität der Arbeitgeber-Marke und die Bindung an diese (vgl. Abbildung 4).

Talentmanagement und Arbeitgeber-Markenwert

Ferner ist die Arbeitgeber-Attraktivität Kernstück der meisten Definitionen und Ansätze zum Employer Branding. Auch dieses Konstrukt wird sehr unterschiedlich ausgelegt. Im Kern geht es aber immer um die Ausgestaltung eines attraktiven Arbeitgeber-Images – der sog. Employer Attractiveness. So gehen Wilden, Gudergan und Lings (2010: 56 ff.) davon aus, dass sich die Attraktivität aus der Employer-Branding-Strategie und den damit einhergehenden Employer-Brand-Signalen ergibt (vgl. Abbildung 5). Darunter verstehen sie Auswirkungen der Markenstrategie bei den Zielgruppen, wobei sie zwischen der Deutlichkeit und der Glaubwürdigkeit der vermittelten Inhalte und Werte unterscheiden. Diese wirken sich wiederum auf die wahrgenommene Qualität, die erwarteten Risiken sowie auf die Informationskosten aus. Das Zusammenwirken all dieser Faktoren ergibt die Attraktivität der Organisation als Arbeitgeber.

Berger-Remy und Michel (2015: 31 f.) wiederum schlagen vor, den Markenwert neu zu definieren und die sog. Employee-Based Brand Equity mit einzuschließen. Sie argumentieren, dass eine Arbeitgeber-Marke durch kognitive Assoziationen der eigenen Mitarbeiter definiert wird. Der Markenwert lässt sich dann mit drei Faktoren bestimmen: erstens die Bedeutung, die die Marke für den Mitarbeiter produziert; zweitens die Richtung, die die Marke vorgibt (zum Beispiel in Bezug auf Werte) sowie drittens das Empfinden bzw. das Gefühl, welches aus dem Erleben der Marke in der täglichen Arbeit entsteht (vgl. ebd.: 41 ff.). Eine Ableitung von kommunikativen Implikationen zur Steigerung des Markenwerts bleibt in diesem Ansatz jedoch aus.

Auch Yang, Wan und Wu (2015) sowie Hurrell und Scholarios (2014) beschäftigen sich mit der Arbeitgeber-Marke eines Unternehmens. Hurrell und Scholarios setzen bei den HR-Maßnahmen an, die zu einer stärkeren Markenidentifikation der Mitarbeiter führen können. Gleichzeitig postulieren sie, dass Unternehmen mit einem geringen Social-Skills-Gap – also Betriebe, in denen Mitarbeiter eine hohe Sozialkompetenz besitzen – eine stärkere Markenbindung aufweisen (vgl. ebd.: 56 ff.). Die Autoren sprechen sich für eine stärkere Bedeutung des HR-Managements für die Bildung von Arbeitgeber-Marken aus. Auch in diesem Fall wird die Rolle der Kommunikation jedoch vernachlässigt.

Die Literaturanalyse macht deutlich: Die marketingorientierten und personalwirtschaftlichen Perspektiven dominieren die theoretische Auseinandersetzung mit Employer Branding. Als intermediäre Ansätze fungieren Überlegungen des sog. Personalmarketing, das Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitgeber-Marke vorschlägt, sie aber als reines Marketinginstrument betrachtet. Die Perspektive der strategischen PR oder des Kommunikationsmanagements wird in der Literatur selten vertreten (vgl. Mast 2016: 26 ff.).

Der häufige Gebrauch des Begriffs Branding, das seinen Ursprung in der Betriebswirtschaftslehre hat und von einer Marketingzielsetzung ausgeht, verrät: Arbeitgeber-Kommunikation wird in der Literatur bislang vorrangig als ein Werkzeug unter vielen verstanden, das den Botschaften der Unternehmen den Weg zu den Herzen der Stakeholder bereiten soll. Daher werden potenzielle und aktuelle Mitarbeiter als alleinige Zielgruppen der Arbeitgeber-Marke angesehen. Multiplikatoren und weitere Stakeholder, die im Kommunikationsmanagement wichtig sind und die Arbeitgeber-Reputation beeinflussen, bleiben unberücksichtigt.

Abbildung 4:Talentmanagement durch Employer Branding

Quelle: Shah 2011:32.

Die Literatur zur Arbeitgeber-Kommunikation ist allgemein geprägt durch eine geringe Berücksichtigung kommunikationsbezogener Aspekte. So geben laut einer Kienbaum-Studie aus dem Jahr 2013 über zwei Drittel der befragten Unternehmen an, eine eigene Arbeitgeber-Markenführung entwickelt zu haben, sie aber nicht bzw. nur schwer im Betrieb implementieren zu können (vgl. Dettmer 2013: 22). Gründe dafür seien unklare Zuständigkeiten und fehlendes Budget sowie nicht vorhandene Kompetenzen im Unternehmen. Auch andere Studien berichten von rivalisierenden Abteilungen innerhalb der Organisation, weil Zuständigkeiten nicht ausreichend geklärt seien.

In der vorliegenden Literatur zur Arbeitgeber-Kommunikation und speziell zum Employer Branding sind die sozialwissenschaftlichen Ansätze der PR oder des Kommunikationsmanagements ebenfalls kaum vertreten. Es ist für Wissenschaft und Praxis noch ein weiter Weg – von der Denkweise des Branding bis hin zur Corporate Communications auf diesem neuen Handlungsfeld. Dies erstaunt insofern, weil zentrale Begriffe aus den Employer Branding-Ansätzen eng mit der Corporate Communications verbunden sind. Langfristige Einstellungen wie Reputation oder Vertrauen sind zentrale Steuerungsgrößen des Kommunikationsmanagements und fallen unter das Aufgabenfeld der Kommunikationsabteilung. Entsprechend kann auch das Kommunikationsmanagement bei der Entwicklung und Durchsetzung einer Arbeitgeber-Marke eine zentrale Rolle spielen.

Abbildung 5:Rahmenmodell des Arbeitgeber-Markenwerts

Quelle: Wilden/Gudergan/Lings 2010: 66 (in Anlehnung an Erdem/Swait 1998).

Employer Branding als strategischer Prozess

Die Betrachtung der Prozesse in den verschiedenen Employer-Branding-Ansätzen gibt erste Aufschlüsse darüber, auf welche Weise eine Verbindung mit dem Kommunikationsmanagement hergestellt werden kann. Denn beide theoretischen Zugangsweisen basieren aufgrund ihrer definierten Zielsetzung und der langfristigen Auslegung auf einem mehrstufigen Prozess. Wie positioniert sich eine Organisation bei den Zielgruppen als attraktiver Arbeitgeber? Laut Shah (2011: 31 f.) ist es notwendig, acht konsekutive Ziele zu erfüllen, um als Wunscharbeitgeber wahrgenommen zu werden. Demnach müssen die Organisationen

das eigene Unternehmensziel verstehen,

den eigenen Bedarf an Talenten identifizieren,

die Attribute der eigenen Employment Brand bestimmen,

nach Synergie mit der Corporate Brand suchen,

einen Kommunikationsplan entwickeln,

den Mitteilungs- und Kreativitätsinhalt entwickeln,

messbare Werte schaffen sowie

durchführen und evaluieren.

Um diese Ziele zu erreichen, schlägt der Autor einen vierstufigen Prozess als Kreislauf vor (vgl. Shah 2011: 32). In der Konzeptphase werden Stärken des Unternehmens als Arbeitgeber identifiziert und analysiert, ob die aktuell bestehende Arbeitnehmermarke mit den Unternehmenszielen im Einklang steht. Nach diesem sog. „360° employer brand audit“ folgt als zweiter wichtiger Schritt die Designphase. Es wird eine konkrete Employer-Brand-Strategie formuliert, die die festgelegten Ziele optimal umsetzt. Anschließend werden in der Integrationsphase diejenigen Maßnahmen implementiert, die in der Strategie vorgesehen sind. Shah nennt die Pflege der Karriereseite, des Intranet, der Besuch von Talentmessen, das Erstellen von Newslettern, gezielte Werbung zur Mitarbeiterrekrutierung und Sponsoring als geeignete Instrumente. Der letzte Schritt besteht in der Maßnahmenevaluation mit Blick auf die definierten Ziele.

Ein näherer Blick auf die vorgeschlagenen Maßnahmen verrät: Eine Verbindung zur strategischen Kommunikationsarbeit wird in dieser theoretischen Auseinandersetzung nicht hergestellt, obwohl sie implizit besteht. So können gerade Newsletter und Messebesuche in der Praxis auch zum PR-Portfolio gehören. Diese Instrumente verfolgen auch oder sogar primär Image- und Reputationsziele und nicht nur Rekrutierungs- bzw. Werbezwecke. In diesem Sinne ist es naheliegend, sie auch als Teil einer als Beziehungsmanagement verstandenen Arbeitgeber-Strategie zu betrachten.

In der Praxis der Arbeitgeber-Kommunikation ist es meist die Personalabteilung, die mit dem Ziel, möglichst gute Arbeitnehmer an das Unternehmen zu binden, eine Employer-Branding-Strategie ins Leben ruft. So geben 24 Prozent der befragten Personalverantwortlichen in einer Kienbaum-Studie an, Arbeitgeber-Attraktivität als ein Handlungsfeld mit besonderer Priorität zu betrachten. Die Entwicklung eines Employer Brand sei „[...] in den vergangenen Jahren oben auf der Agenda der Personaler verankert worden“ (Kienbaum 2013). Dabei seien die am häufigsten verwendeten Instrumente nach wie vor Online-Jobbörsen und die eigene Karriere-Website, die in der Verantwortung des Personals liegen.

HR-Instrumente zur Stärkung der Arbeitgeber-Attraktivität

Über die genannten Maßnahmen hinausgehend setzt das HR-Management eine Reihe von weiteren Instrumenten ein, um sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Arbeitsmarkt zu positionieren. Für das Employer Branding werden sowohl interne als auch externe Zielgruppen in den Blick genommen. Intern geht es primär um die eigenen Mitarbeiter mit und ohne Führungsverantwortung. Extern sind dagegen potenzielle Angestellte aus anderen Unternehmen oder auch Studierende und Auszubildende wichtig.

Zentrale Kommunikationswege in der internen Ansprache sind Mitarbeitergespräche oder Feedback-Kanäle. Diese können nach einer Studie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales glaubwürdige Signale für höheres Engagement, Zufriedenheit und Bindung der Beschäftigten an die Betriebe liefern (vgl. BMAS 2014). Ebenfalls wichtig ist die Förderung von Mitarbeitern durch Angebote zur Mitarbeiterentwicklung und das Sicherstellen einer geeigneten Work-Life-Balance. Es geht zum Beispiel um Weiterbildungsmaßnahmen, ein angemessenes Gehalt und gezielte Nachwuchsförderung (vgl. Dettmer 2013: 23). Zudem spielen Angebote zu flexibler Arbeitszeit, mobilen Arbeitsplätzen sowie Frauen- und Familienförderung eine zentrale Rolle bei der Bewertung der Arbeitgeber-Attraktivität (vgl. BMAS 2014).

Bei den in der Literatur erwähnten HR-Instrumenten fällt auf, dass sich die meisten theoretischen und auch praktischen Ansätze auf die Außenwirkung des Employer Branding konzentrieren. „In den letzten fünf Jahren haben sich die Kommunikationsaktivitäten von HR-Organisationen immer stärker nach außen hin verschoben“, sagt Wolfgang Jäger (Interview von Bautz 2014: 54). Es werde vor allem in externe Kanäle wie Bewerbermanagementsysteme oder Karriereseiten investiert. Finanzielle und personelle Ressourcen für das Talentmanagement oder interne Kommunikationsmaßnahmen zur Stärkung der Arbeitgeber-Marke fehlen dagegen oft (vgl. ebd.). Dabei sind die eigenen Mitarbeiter und deren Wahrnehmung ein entscheidender Faktor für die Reputation eines Unternehmens und damit auch für das Employer Branding.

Die Verbreitung von Bewertungsportalen im sozialen Netz verstärkt diesen Einfluss. Die Online-Plattform kununu spielt gegenwärtig eine Schlüsselrolle (vgl. Bautz 2014: 55). Angestellte können ihren aktuellen bzw. ehemaligen Arbeitgeber anonym anhand bestimmter Kategorien bewerten. Erste Effekte dieser Urteile auf die Wahrnehmung des Unternehmens bei potenziellen Arbeitnehmern wurden bereits festgestellt. Denn Mitarbeiter gelten als besonders authentische Quellen, wenn es darum geht, Arbeitgeber zu bewerten. Die einschlägige Kommunikationsmanagement-Literatur betont daher immer wieder ihre Rolle als Multiplikatoren und zentrale Botschafter der Unternehmensreputation. Überlegungen zu Marketing- und Personalstrategien vernachlässigen diesen Punkt jedoch meist. Und dies kann mitunter finanzielle Folgen haben: Erzielt ein Unternehmen positive Bewertungen, muss unter Umständen weniger in Personalmarketing-Maßnahmen investiert werden (vgl. ebd.). Eine persönliche und zielgerichtete interne Kommunikation ist also auch beim Employer Branding entscheidend. Die Maßnahmen zur Stärkung der Arbeitgeber-Attraktivität sollten nicht nur aus HR- und Personalmarketingmaßnahmen bestehen, sondern eng mit der internen Kommunikation verknüpft sein und die eigene Belegschaft als Zielgruppe miteinbeziehen.

Employer Branding als Teilbereich des Corporate Branding

Die Herausforderung besteht darin, das Employer Branding sinnvoll in das komplexe Kommunikationsgeschehen einer Organisation zu integrieren, denn: „Viele Unternehmen verstehen Employer Branding noch immer als reine Werbemaßnahme, um sich für Absolventen unabhängig von der Substanz als möglichst attraktiv und hip zu verkaufen“ (Dettmer 2013: 23). Direkter Ansatzpunkt für die Arbeitgeber-Marke ist aber die Gesamtmarke des Unternehmens. Man spricht von der Verbindung zwischen der Employer und der Corporate Brand. Die Unternehmensmarke als Konstrukt umfasst nicht nur diejenigen Aspekte der Unternehmenskultur, die eine direkte Auswirkung auf die bestehenden und potenziellen Arbeitnehmer haben, sondern ist weiter gefasst. Van Riel (2001: 12) definiert den Prozess des Corporate Branding als

„[...] systematically planned and implemented process of creating and maintaining a favourable reputation of the company with its consituent elements, by sending signals to stakeholders using the corporate brand“.

Die Unternehmensmarke ist eng mit den Konzepten zur Reputation, zum Image und zur Kultur der Organisation verbunden (vgl. Mast 2016: 46 ff.). Biraghi und Gambetti (2013: 6 f.) erstellen ein Rahmenmodell einer Unternehmensmarke auf Basis einer systematischen Literatur-Inhaltsanalyse und unterteilen die Auseinandersetzung in drei zentrale Phasen (vgl. Abbildung 6).

Die erste Phase besteht im Übergang von der produkt- zu einer organisationszentrierten Sichtweise (vgl. z. B. Schultz/de Chernatony 2002; Balmer 2001). Die Corporate Brand wird verstanden als „the visual, verbal and behavioural expression of an organization’s unique business model“ (Knox/Bickerton 2003: 1). Dieser erweiterte Marketingansatz ist zunächst stark betriebswirtschaftlich geprägt. Dennoch spricht er der Kommunikation eine zentrale Rolle zur Zielerreichung zu (vgl. Biraghi/Gambetti 2013: 4). Damit einher geht das Verständnis von Kitchen und Schultz (2001), die Corporate Brand als „overarching umbrella“ beschreiben. Kommunikation ist – unter dieser theoretischen Perspektive – das passende Marketing-Instrument zur Aufspannung und Stabilisierung dieses Markenschirms.