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Wussten Sie, dass der höchste Holzverbrauch aus Butan gemeldet wird – und nicht etwa aus Skandinavien oder Russland? Dass die Bäume für das beste Brennholz im Frühjahr gefällt werden? Dass es einen Unterschied macht, ob Holz »Borke oben« oder »Borke unten« gestapelt wird? Dass der Holzstapel Rückschlüsse auf den Charakter des Staplers zulässt? Aprikosenholz brennt anders als Mandelholz. Birkenholzscheite verströmen im Kamin einen feinen Duft …
Davon erzählt Lars Myttings Buch, das gleichzeitig auch eine Anleitung ist zum Fällen, Hacken, Stapeln – und die Kunst lehrt, ein schönes Kaminfeuer am Brennen zu halten.
Wer früher ein Taschenmesser in der Tasche hatte, wird nach Konsultation dieser ebenso informativen wie unterhaltsamen und anekdotenreichen »Bibel« zu Axt oder Säge greifen.
Mit Mytting wird aus einem nostalgischen Gefühl eine Bewegung, eine sinnliche Erfahrung, eine Leidenschaft, die nicht nur den Praktiker im Wald, sondern auch den »Armchair Woodsman« zu Hause erfasst.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 220
Die informative, unterhaltsame und anekdotenreiche Kulturgeschichte des Holzes.
Ein wunderbares Geschenk für Männer, die schon alles haben.
200000 verkaufte Exemplare in Norwegen – zwölf Monate auf der Bestsellerliste.
Wussten Sie, dass der höchste Holzverbrauch aus Butan gemeldet wird? Dass die Bäume für das beste Brennholz im Frühjahr gefällt werden? Dass es einen Unterschied macht, ob Holz »Borke oben« oder »Borke unten« gestapelt wird? Dass der Holzstapel Rückschlüsse auf den Charakter des Staplers zulässt? Aprikosenholz brennt anders als Mandelholz …
Davon erzählt Lars Myttings Buch, das gleichzeitig eine Anleitung ist zum Fällen, Hacken, Stapeln – und die Kunst lehrt, ein schönes Kaminfeuer am Brennen zu halten. Wer früher ein Taschenmesser in der Tasche hatte, wird nach Konsultation dieser ebenso informativen wie unterhaltsamen und anekdotenreichen »Bibel« zu Axt oder Säge greifen.
Lars Mytting erzeugt ein nostalgisches Gefühl, eine sinnliche Erfahrung, eine Leidenschaft, die nicht nur den Praktiker im Wald, sondern auch den »Armchair Woodsman« zu Hause erfasst.
Die kleine Kulturgeschichte des Holzes ist ein wunderbares Geschenk für Männer, die schon alles haben.
»Ein Buch, das Jahrzehnte Bestand haben wird. Eine Bibel, eine Bestätigung, ein Nachschlagewerk, ein Stück Poesie, die reinste Freude.« Fedrelandsvennen
Lars Mytting, geboren 1968, stammt aus Fåvang im Gudbrandsdalen. Zuletzt erschien sein Roman Fyksens Tankstelle (2007). Er ist begeisterter Holzfäller und Kaminofenliebhaber und hat erst kürzlich seine ramponierte Motorsäge Partner 500 Professional durch eine Husqvarna 353G ersetzt.
LARS MYTTING
DER MANN UND DAS HOLZ
Vom Fällen, Hacken und Feuermachen
Aus dem Norwegischen vonGünther Frauenlob und Frank Zuber
Insel Verlag
Titel der Originalausgabe:
Hel ved. Alt om hogging, stabling og tørking – og vedfyringens sjel
First published by KAGGE FORLAG AS, Oslo, 2011
Der Verlag dankt NORLA für die Förderung der Übersetzung.
eBook Insel Verlag Berlin 2014
Der vorliegende Text folgt der Erstausgabe, 2014.
© der deutschen Ausgabe Insel Verlag Berlin 2014
© KAGGE FORLAG AS
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Umschlaggestaltung: glanegger.com, Büro für Buch und Grafik, München
Umschlagabbildung: Albert Morell / DIE ILLUSTRATOREN, shutterstock
eISBN 978-3-458-73770-4
www.insel-verlag.de
INHALT
DER MANN UND DAS HOLZ
DIE KÄLTE
Holz und Behaglichkeit
Sicherheit in Krisenzeiten
Wiederaufbau und Modernisierung
Der Wohlfühl-Faktor
Energie und Volkskultur
Kein Feuer ohne Rauch?
Unbürokratische Energie
Menschen und Holz – Nordskogbygda: Ein Musterwald
DER WALD
Wo soll man Holz machen?
Treibholz
In den Wald
Eine einfache Brotzeit reicht nicht
Alte Methoden noch immer aktuell
Die Fällsaison
Fällen im Sommer
Holz, das niemals trocknet
Insekten und Schädlinge
Die Bedeutung der Mondphasen
Anfeuerholz
Gewicht in kW
Dauerhafte grüne Energie
Holzplantagen
Welche Bäume geben das beste Holz?
Brennwerttabellen
Die Holzarten
DAS WERKZEUG
Scharf muss es sein
Die Bügelsäge
Die Waldausrüstung
Die gängigsten Marken: deutsche und nordische Qualität
Die Axt
Alter Stahl
Axttypen
Finnische Neuschöpfung
Der Segen der Hydraulik
Ausrüstung zum Kappen
Elektrische Motorsägen
Längenmaße
Brennholz in großen Mengen
Menschen und Holz – Norwegische Motorsägen-Pioniere
AM HAUKLOTZ
Im Holzalter
Hauklotz
Spalttechniken
Längsspalten
Die Logik des Holzes
DER STAPEL
Grundlagen des Holzstapelns
Mit oder ohne Dach?
Ästhetik
Ein paar Tricks
Wie viel Holz habe ich?
Stapeltraditionen
Rinde oben oder unten?
Stapelmethoden
Holzschuppen
Trockenschuppen
Menschen und Holz – Hamar: Skulpturen im Garten
DIE TROCKNUNG
Fumata nera
Wie trocken ist »trocken«?
Trocknungszeit
Trocken bis Mittsommer
Wie trocknet Holz?
Holz im Gleichgewicht
Zwei Jahre Trocknung?
Wie trocken ist das Holz?
Forschung in der Küche
Wie viel Wärme bekomme ich?
Trockenes, altes Holz
Menschen und Holz – Elgå: Ein Holzschuppen im Südwind
DER OFEN
Damenwahl
Eine Revolution für Sauberkeit und Effizienz
Die Öfen der Zukunft
Schornsteinzug und Luftzufuhr
Man muss seinen Ofen kennen
Pflege und Unterhalt
Ofentypen
DAS FEUER
Verbrennung
Anfeuern
Minimale Verschmutzung
Die Kraft der Lungen
Wärme für die Nacht
Anfeuern von oben
Kann Holz zu trocken sein?
Die Kunst, das Aschefach zu leeren
Der Schornsteinfeger – der beste Freund des Ofenbesitzers
Kaminbrand
Menschen und Holz – Brumunddal: Holz für Weihnachten
Burning love
Hans Børli: Der Duft von frischem Holz
KALTE FAKTEN
Maßeinheiten für Holz
Brennwerte
Trocknungsgeschwindigkeit für Birkenholz
Aschegehalt in Prozent Trockengewicht
Holzvolumen einer Birke
Anzahl kWh in einer Birke
Fällbedarf
Literaturverzeichnis
DER MANN UND DAS HOLZ
Der Tag, an dem ich begriff, dass ein Holzofen mehr als nur Wärme bedeutet, war kein kalter Wintertag. Im Gegenteil, es war Ende April. Die Sommerreifen waren längst auf den Volvo montiert und das Wachs von den Skiern gekratzt.
Kurz vor Weihnachten waren wir nach Elverum in der Hedmark gezogen, und ein paar Heizlüfter hatten uns durch einen für Østerdalen eher milden Winter gebracht. Im Nachbarhaus wohnte ein Rentnerpaar aus der fröhlich-fleißigen Nachkriegsgeneration. Ottar, der Mann im Haus, hatte sich im Winter wegen einer Lungenkrankheit kaum vor die Tür gewagt.
An jenem Frühlingstag, als eine milde Brise über das Land strich und das Schmelzwasser braun in den Gräben stand, verschwendete ich keinen Gedanken mehr an die vergangene Jahreszeit.
Da fuhr ein Traktor mit Anhänger auf das Nachbargrundstück. Der Motor heulte auf, die Ladefläche wurde gekippt – und eine riesige Fuhre Birkenholz schepperte hinab. Es war wie ein kleines Erdbeben.
Sekunden später stand Ottar schwer atmend auf der Eingangstreppe. Der Mann, für den seit November jeder Gang zum Briefkasten eine Expedition gewesen war.
Er betrachtete das Holz. Dann schloss er den Windfang, stieg aus den Pantoffeln in die Schuhe und setzte sich in Bewegung. Er stapfte um die Pfützen herum, hob ein paar Scheite auf und wog sie in der Hand. Dann plauderte er mit dem Bauern, der den Motor ausgeschaltet hatte.
Brennholz im Frühling?, dachte ich. Jetzt, wo alle das erste Bier im Freien genießen wollen?
Natürlich, klärte Ottar mich später auf. Holz müsse man spätestens im Mai kaufen. Frisches Holz. Es sei billiger und man bekomme, so viel man brauche. Außerdem wolle er selbst dafür sorgen, dass es ordentlich trocknet.
Ich beobachtete ihn durch das Küchenfenster. Der Bauer fuhr davon, und Ottar las Holzscheite auf und begann zu stapeln.
Verschiedene Äxte und Spalthämmer. In der Mitte (rot) die innovative Vipukirves-Axt.
Am Anfang holte er bei jedem Scheit mehrmals tief Luft. Sein Atem rasselte. Ich ging hinüber und wechselte ein paar Worte mit ihm. Nein, danke, er brauche keine Hilfe. »Das Holz ist gut dieses Jahr. Fühl mal das hier. Oder das. So schöne, weiße Rinde. Und wie gleichmäßig gesägt! Lauter viereckige Späne. Daran sieht man, dass die Sägekette gut gefeilt war. Ich mach das nicht mehr selbst. Bin zu alt. Schön gleichmäßig gespalten ist es auch. Das ist nicht mehr selbstverständlich heute, wo alle Spaltmaschinen benutzen. Ja, ja, jetzt muss ich weitermachen.«
Mit krummem Rücken setzte er die Arbeit fort. Ich ging wieder hinein. Kurz darauf fuhr ich einkaufen, und unterwegs fiel mir auf, dass vor vielen Häusern – besonders vor den älteren – frische Holzladungen lagen. Offenbar kauften alle, die etwas davon verstanden, ihr Brennholz im Frühling. Wie Munition vor der Elchjagd oder Konserven vor einer Polarexpedition.
Eine Woche verging, und Ottars Holzhaufen wurde nicht kleiner. Erst ab der zweiten Woche schrumpfte er allmählich. Und Ottar, sah er nicht viel gesünder aus?
Der alte Mann war immer für einen Plausch zu haben, verlor aber nicht viele Worte über die Arbeit, die er jahraus, jahrein verrichtete. Bestimmt hatte er sich den ganzen Winter lang geärgert, dass Alter und Krankheit ihm die Kraft raubten, aber nun hatte er eine Aufgabe, die alles ins Lot bringen würde. Er hatte das Gefühl, etwas Nützliches zu tun, und zudem war er zeitig auf den nächsten Winter vorbereitet.
Ich habe ihn nie direkt gefragt, was er an Holz so mochte. Lieber wollte ich zusehen, wie er in Ruhe eine schlichte und schöne Arbeit verrichtete.
Nur einmal wurde er persönlich: »Das Beste ist der Duft. Der Duft von frischer Birke. Hans Børli hat ein Gedicht darüber geschrieben.«
Ottar brauchte einen Monat für seinen Stapel. Oft hielt er inne, um den Wohlgeruch zu genießen, den Børli besungen hat. Hinzu kam das Aroma von Harz, obwohl nur wenig Fichtenholz beigemischt war. Eines Morgens lagen nur noch Späne und Rinde auf dem Boden, die er auflas, um sie später als Anzünder zu benutzen.
Nie habe ich eine größere Veränderung bei einem Menschen gesehen. Neuer Lebensmut keimte in ihm auf und verdrängte Alter und Krankheit. Ottar ging aufrechter und machte Spaziergänge, und eines Tages warf er tatsächlich einen nagelneuen, knallgelben Rasentraktor an und mähte den Rasen auf seinem Grundstück.
Natürlich sind Bewegung, frische Luft und Wärme gesund, aber ich bin sicher, dass es nicht allein das war. Das Holz hatte ihm geholfen. Sein Lebtag lang hatte er selbst Holz geschlagen. Obwohl er die Motorsäge für immer weggelegt hatte, freute er sich noch über jedes Scheit. Über den Duft, der ein Gedicht für ihn war, und über den Stapel, der lange Winterstunden vor dem Ofen versprach.
So kam es zu diesem Buch. Ich bin mit meinem Volvo 240, der nur einen Zweiradantrieb hat, in die kältesten Gebiete des Landes gefahren, um Holzfäller und Brennholzenthusiasten zu treffen. Das Heulen der Motorsägen hat mir den Weg gewiesen, manchmal auch das leise Knirschen einer Bügelsäge. Ich habe mich den Menschen behutsam genähert und mit ihnen über Holz gesprochen.
Nicht nur eingefleischte Holzfäller, auch Wissenschaftler haben zu diesem Buch beigetragen. Ich habe viel Unterstützung von Fachleuten aus der Forstwirtschaft erfahren, aber auch von Leuten, die etwas von der modernen Verbrennungstechnik verstehen. Außerdem habe ich die Forschungsberichte studiert, die seit Jahrzehnten unter dem nüchternen Titel »Mitteilungen aus dem Norwegischen Waldforschungswesen« erscheinen.
Die meisten der hier beschriebenen Verfahren habe ich selbst ausprobiert. Ich bin an Rundstapeln verzweifelt, habe fein gespaltenes Eichenholz im Backofen getrocknet, die Fallrichtung einer Kiefer falsch berechnet. Gleichzeitig habe ich nach der Seele der Holzfeuerung gesucht. Doch Holzenthusiasten reden nicht viel. Sie demonstrieren ihre Leidenschaft nicht mit Worten, sondern mit hohen, kerzengeraden Holzstapeln, frischem Kitt in alten, gusseisernen Öfen und offenen Verschlägen, deren Längsseite nach Süden zeigt (nur ruhig, wir kommen darauf zurück). Sie zeigen ihre Gefühle durch Methode, weshalb die Methode auch eine wichtige Rolle in diesem Buch spielt. Es ist also auch ein praktisches Buch, in dem es um Holzfällen, Specksteinöfen, Ketten-Feilen oder Stapeln geht.
Das Buch wurde zu meiner Überraschung ein großer Erfolg in Skandinavien. Allein in Norwegen und Schweden wurden über 200000 Exemplare verkauft. Ich bekam viel Post von Holzenthusiasten, die mir ihre Erfahrungen mitteilten. Sie fließen auch in diese neue Ausgabe ein.
Zwar ist Brennholz kein großes Thema im öffentlichen Leben, doch im Zuge der Energiewende wird es immer wichtiger, da es als nachwachsender Rohstoff Bioenergie erzeugt. Und weil das Verhältnis der Menschen zum Feuer ein so archaisches und grundlegendes ist, spricht jedes Holzfeuer unser Innerstes an.
Deshalb ist dieses Buch dir gewidmet, Ottar. Du hast stets daran gedacht, wir anderen haben es gern verdrängt:
Dass der Winter jedes Jahr kommt.
Elverum, bei minus 31 Grad
Lars Mytting
Der weiße Mann macht ein großes Feuer und stellt sich weit weg. Der Indianer macht ein kleines Feuer und setzt sich dicht davor.
Indianisches Sprichwort
DIE KÄLTE
Frieren oder Wohlfühlen. Erz oder Eisen. Rohes Fleisch oder knuspriger Braten. Eine Frage von Brennstoff, also Holz. Der Winter markierte die Grenze zwischen Leben und Tod. Das Sammeln von Holz war schlicht und einfach lebenswichtig. Hatte man wenig, fror man. Hatte man zu wenig, starb man.
Vielleicht haben die Jahrtausende im Frost zu einem spezifischen nordischen Holzfeuerungsgen geführt, das den Menschen in warmen Lebensräumen fehlt. Denn ohne Holz hätten weder Skandinavier noch Sibirer überlebt. Auch das Heizen mit Öl- und Elektroöfen über fast ein Jahrhundert hat diesem Gen nichts antun können, und vielleicht ist die Freude, mit der sich so viele aufs Holz stürzen, auf jenes alte Gen zurückzuführen. Es verbindet uns mit dem Jäger und Sammler, von dem wir alle abstammen.
Überall auf der Welt wird Holz geschlagen und für den nächsten Winter getrocknet. Das schlägt sich auch in der jeweiligen Sprache nieder. Auf Norwegisch, Schwedisch und Dänisch heißt Brennholz ved, was fast identisch ist mit dem altnordischen Wort für Wald (viðr). Dasselbe gilt für das englische wood. Wald und Wärme waren ein Synonym, egal, ob sich die Menschen um Lagerfeuer oder um Kamine und Öfen versammelten. In allen Sprachen gibt es alte Redensarten, in denen Holz eine Rolle spielt. Wer zum Beispiel »viel Holz« hat, ist reich.
Der Holzverbrauch in Skandinavien ist in den letzten 30 Jahren wieder kräftig gestiegen. Wir haben riesige Waldgebiete, und die Tradition der Holzfeuerung ist durch Kohlefeuerung oder andere Energie kaum geschmälert worden. Die Skandinavier haben viel zur Entwicklung moderner, umweltfreundlicher Öfen beigetragen. Sie haben guten Grund dazu, denn trotz Klimawandel ist es in Skandinavien immer noch kalt.
Das Fällen, Stapeln und Trocknen von Holz wird in allen nordischen Ländern auf ähnliche Weise gehandhabt. Der durchschnittliche Brennholzverbrauch liegt in Norwegen bei 300, in Schweden bei 340 und in Finnland bei 390kg pro Einwohner. Allein Schweden, das die größte Einwohnerzahl aufweist, verbraucht pro Jahr 3 Millionen Tonnen Holz. Selbst im Ölland Norwegen stammen 25% der Heizenergie für Wohnhäuser aus Holzverbrennung, und die Hälfte des dazu benötigten Holzes wird privat geschlagen.
Trockene Fjellbirke in stabilem Vierkantstapel. Gestapelt von Eimund Åsvang, Drevsjø.
Der nordische Holzverbrauch ist also nicht groß. Er ist kolossal.
In einem durchschnittlich kalten Winter verbrauchen die Norweger 1,5 Millionen Tonnen. Zu einem 30cm breiten und 2m hohen Stapel geschichtet, wäre dieser 7200km lang. Norwegens nationaler Brennholzstapel reicht von Oslo bis in den Kongo. Nebeneinander gestapelt, was praktischer wäre, würde dieselbe Menge bei gleicher Höhe eine Fläche von gut 2km2 bedecken.
Dies ist kein Rechenfehler, sondern ein von den Computern des Statistischen Zentralbüros errechneter Wert. Anschaulicher ist dieser Vergleich: 1,5 Millionen Tonnen würden ungefähr 2000 Güterzüge mit je 12 Holzwaggons füllen. Norwegen besteht zu etwa einem Drittel aus Wald. Tatsächlich entspricht der Verbrauch nur 12% von dem, was nachwächst, und weniger als 0,5% des bestehenden Waldvolumens in Norwegen.
Im internationalen Vergleich stehen wir Norweger somit gut da. Den Weltrekord im Holzverbrauch hält weder Skandinavien noch Sibirien, sondern das asiatische Bhutan, wo jeder Einwohner durchschnittlich 850kg Brennholz pro Jahr verbraucht. Dort stammen 90% aller Energie, die zum Heizen und Kochen eingesetzt wird, aus Holz. Auf dem Land liegt der Durchschnittsverbrauch sogar bei 1250kg. Die Bhutaner schlagen ungefähr so viel Holz, wie dort nachwächst. Ihr hoher Verbrauch ist nicht nur ein ökologisches, sondern auch ein soziales Problem, das Land befindet sich stets am Rande einer Holzkrise.
Auch in großen Teilen Europas gab es solche Energiekrisen. In früheren Jahrhunderten wurde für Schmelzwerke, Häuser- und Schiffsbau so viel Holz verbraucht, dass über weite Strecken Holzmangel herrschte. Die kleine Eiszeit im 16. und 17. Jahrhundert verschärfte die Lage, und viele Länder konnten die Energieversorgung nur noch durch Kohlefeuerung gewährleisten. Auch in Schweden war der Holzverbrauch gefährlich hoch. Die Häuser wurden damals mit offenen Kaminen beheizt, in denen Tag und Nacht Feuer brennen musste.
Offene Feuerstellen heizen nicht gut. Allein im Winter 1550 verbrauchte man am Hof von Johann III. auf Schloss Vadstena über 33000 Ladungen Brennholz. Als im 17. Jahrhundert die großen Eisenwerke aufkamen und riesige Waldgebiete gerodet wurden, stand Schweden kurz vor einer Energiekrise. Zum Glück beauftragte der Reichsrat zwei tüchtige Ingenieure mit der Konstruktion effektiverer Öfen. Sie erfanden den Kachelofen, wie wir ihn heute kennen. »Zum Holzsparen«, wie es schon 1767 hieß.
In anderen Ländern ging die Kultur der Holzfeuerung verloren. In Großbritannien wurde gerodet und urbanisiert und man ging schnell zur Kohle über. Doch die Erinnerung an die Qualitäten des Holzfeuers blieb. In Oscar Wildes Das Bildnis des Dorian Gray symbolisiert es den Klassenunterschied. Dort heißt es, »der Besitz von Kohle habe den einen Vorteil, einem Gentleman den Luxus zu ermöglichen, auf seinem eigenen Herde Holz zu brennen«.
In Norwegen wurden nur Eichenwälder gerodet, und die Bevölkerungszahl war nie so hoch, dass die Lage prekär wurde. Auch in Finnland dominierte Holz als Wärmequelle aufgrund der reichen Ressourcen weiterhin über die Kohle. Erst im 20. Jahrhundert, als Elektrizität und Ölfeuerung gebräuchlich wurden, sank der Holzverbrauch, besonders in den Städten.
Auch der Zweite Weltkrieg machte deutlich, wie wichtig das Holzfeuer in Krisenzeiten ist. Im besetzten Norwegen wurden Koks und Öl drastisch rationiert. Hingegen stieg der Holzverkauf 1943 gegenüber 1938 um das Vierfache, auch wurde wesentlich mehr Holz durch Privathaushalte gefällt. In Finnland wurde das Holz regelrecht gebunkert. Man schlug über 10 Millionen Tonnen pro Kriegsjahr, und jeden Herbst verwandelte sich der 1,6km lange Hakaniemi-Platz in Helsinki in ein Holzlager. Wahrscheinlich standen dort die größten zusammenhängenden Holzstapel, die es je gegeben hat.
Hunderttausende Fahrzeuge wurden damals in Europa mit Holzvergasern ausgestattet – eine Notlösung, die überraschend viele Gemeinsamkeiten mit moderner Verbrennungstechnologie aufweist. Ein großer Kessel wurde hinten an das Fahrzeug montiert und mit Spänen – heute wären es Pellets – gefüllt, meist aus Espe oder Erle. Diese wurden verschwelt, und das dabei entstandene Holzgas durch ein Rohr in den Motor geleitet. Den eigentlichen Vergaser ersetzte man oft durch ein Ventil, durch das dem Gas Luft beigemischt wurde. Der Motor blieb der alte, und im Idealfall kam man mit 2 bis 3kg Spänen so weit wie mit 1 Liter Benzin. Zeitzeugen berichten, dass es gegen Ende des Krieges kaum noch Espen in Südnorwegen gab.
Einige der weltgrößten Holzlager wurden auf dem Hakaniemitorget in Helsinki während der beiden Weltkriege aufgestapelt. Jedes Jahr wurde der Platz mit meterhohen Holzstapeln vollgestellt. Das Foto stammt aus den Rekordjahren 1941-1944, in denen allein in Finnland 25 Millionen m3 pro Jahr gefällt wurden.
Foto: Pekka Kyytinen / Helsinki Stadtmuseum
Auch in der Nachkriegszeit spielten Holzöfen beim Wiederaufbau eine wichtige Rolle, besonders in Nordnorwegen. 1946 gab die Regierung eine klare Order an die Produzenten: Lieferungen in die Finnmark hatten Priorität, auch wenn der Export lukrativer war. Ohne Holzöfen kein Hausbau und keine Wiederbevölkerung der verbrannten Provinz. Die Holzwirtschaft war von großer Bedeutung für die Pläne, die 1944 von der Exilregierung bekannt gegeben wurden. Sofort nach Kriegsende sollten 220000 Bogensägeblätter, 515000 Feilen, 10000 Wetzsteine und 5300 Schäleisen angeschafft werden.
Mit dem Frieden kamen auch die industriellen, einfach einzusetzenden Energien zurück. Alte Reklamen für Elektroöfen dokumentieren den damaligen Zeitgeist: Neben Klappfenstern und Linoleumböden war der elektrische Heizkörper ein Symbol der modernen, bequemeren Zeit. Endlich war die Familie von der Brandgefahr befreit, von Ruß, Spänen und Aschekästen. Man musste kein Holz mehr schleppen, keine Kamine instandhalten und vor allem nicht mehr mitten in der Nacht aufstehen, damit der Ofen nicht ausging. Es muss ein herrliches Gefühl von Modernität gewesen sein, nachts das leise Klicken des Thermostats zu hören und sich im warmen Bett einfach umzudrehen.
Kein Wunder, dass der Holzverbrauch in dieser Zeit drastisch sank. Das Holzfällen und Holzmachen war in den Fünfzigerjahren noch fast genauso anstrengend wie 100 Jahre zuvor. Alles geschah per Hand. Die Öfen waren längst nicht so effektiv wie heute und die Häuser oft schlecht isoliert. Strom und Öl waren billige, komfortable Alternativen und hielten die Wärme den ganzen Tag. In den Siebzigerjahren waren Öl und Strom extrem billig. Nur wer über eigenes Holz verfügte, heizte noch damit. Doch mit Energiekrisen und Preissteigerungen nahm Holz an Bedeutung wieder zu.
»Ende März 1845 borgte ich mir eine Axt und wanderte hinab in den Wald zum Waldenteich, in dessen unmittelbarer Nähe ich mein Haus bauen wollte […] Der Besitzer der Axt sagte, als er mir zeitweise sein Eigentumsrecht an derselben übertrug, sie sei sein Augapfel. Ich gab sie ihm aber schärfer zurück, als ich sie empfing.« So schrieb Thoreau am Anfang von Walden. Vermutlich nutzte er eine Axt wie die auf dem Foto – eine American Felling Axe von Gränssfors.
Seit dem Tiefpunkt von 1976 ist der Holzverbrauch in Norwegen und Dänemark um das Zehnfache gestiegen. Ein Viertel aller norwegischen Haushalte heizt wieder mit Holz, und eine durchschnittliche Jahresernte liefert 6,5 Milliarden kWh Energie. Auch wenn der Heizwert in der Praxis vom jeweiligen Ofentyp abhängt, entspricht dies in etwa der elffachen Produktion des großen Wasserkraftwerks in Alta. Noch immer wird die Hälfte dieser Menge von privat gefällt, doch sollte man nicht vergessen, dass die Norweger Ende des 19.Jahrhunderts mit Axt und Handsäge doppelt so viel Brennholz wie heute produzierten.
Das Comeback der Holzfeuerung hat verschiedene Ursachen. 1974 kam die Ölkrise, und die Öl- und Strompreise stiegen. Außerdem wurden zunehmend Öfen mit sauberer und effektiver Verbrennung gebaut, und die Produzenten begannen, mehr Gewicht auf Design zu legen. Weitere Faktoren kamen unverhofft hinzu: der Klimawandel und eine zunehmend unsichere Weltwirtschaft. Plötzlich waren die halb vergessenen Vorteile der Holzfeuerung wieder aktuell, und als CO2-neutrale und erneuerbare Energiequelle wurde sie für den Umweltschutz interessant.
Die Bauern besaßen nun Traktoren, die Privatleute PKWs und Anhänger. Gute Motorsägen wurden erschwinglich, und schließlich trat auch die Spaltmaschine ihren Siegeszug an. Das robuste Gerät wird meist an einen Traktor gekoppelt. Es kappt und spaltet ganze Stämme und befördert die fertigen Scheite auf einem Band in Säcke oder auf Paletten. So kann eine Person allein in kürzester Zeit so viel Holz machen, dass sich die Anschaffungskosten schnell amortisieren. Die Waldbesitzer erkannten rasch, welches Potential im Holzverkauf lag. Der Branchenverband der Holzproduzenten hat 4500 Mitglieder in Norwegen. Sie haben sich den neu entwickelten Qualitätsnormen des Norwegischen Standards angeschlossen, die in der Holzwirtschaft als Maßstab für viele europäische Länder gelten und den Verbrauchern gutes Holz zu einem fairen Preis garantieren.
Dennoch lassen sich die Vorteile der Holzfeuerung nicht allein in Euro und Cent ausdrücken. Feuer bedeutet lebendige Wärme, es zieht die Menschen seit Urzeiten an, fasziniert sie und gibt ihnen Sicherheit. Außerdem gibt es einen großen Unterschied zwischen der Wärme eines Heizkörpers und der Wärme eines Holzofens. Ein Ofen wird glühend heiß. Heizkörper brauchen lange, um den Frost aus einem kalten Haus zu vertreiben und wärmen nicht bis in die Knochen. Ein elektrischer Heizkörper gibt selten mehr als 2000 Watt ab, während schon ein kleiner gusseiserner Ofen 6000 Watt schafft. Moderne Holzöfen geben bis zu 14000 Watt ab. Rein wissenschaftlich betrachtet gibt es keinen Unterschied zwischen der Wärme aus elektrischer Energie und Verbrennungswärme, doch der menschliche Körper reagiert anders auf die intensive Hitze eines Holzofens. Moderne Öfen und Kaminöfen mit Glastüren geben elektromagnetische Strahlungswärme ab, während ein Heizkörper nur die Luft im Zimmer erwärmt. Flammen und Glut hingegen erzeugen dieselbe Infrarotstrahlung wie die Sonne, die Wärme entsteht hier auf der Haut und im Körper. Auch das Raumklima ist ein anderes. Der Sauerstoffverbrauch des Feuers lässt die Luft zirkulieren, und der Ofen schluckt sogar Staub. Gar nicht zu reden von dem beruhigenden Gefühl beim Blick in ein flackerndes Feuer– und dem feinen Duft von Holz und Rauch. All das macht die Magie des Feuers aus.
Wer mit Holz heizt, ist Wind und Wetter ausgesetzt. Man ist selbst das Thermostat, der Mittler zwischen dem Frost im Freien und der Wärme im Haus, wie das Brennholz ein Bindeglied zwischen Wald und Haus ist. Um Holz zu holen, müssen wir hinaus in die Kälte. Für einen Moment sind wir mit der Natur konfrontiert, und bei der Rückkehr ins Warme überkommt uns eine Zufriedenheit, wie sie ein Höhlenbewohner erfährt, wenn er zum Lagerfeuer zurückkehrt.
Vielleicht sind wir auch postmodern genug, um Dinge zu schätzen, aus denen sich die Generation vor uns nichts gemacht hat. Alles kommt zurück. Als Haushaltsgeräte aus Hartplastik auf den Markt kamen, warfen die Menschen ihr Holzgeschirr und ihre alten Geräte weg. Sie waren froh, den alten, grob geschnitzten Plunder loszuwerden, den man nie richtig sauber bekam. Heute wird alles, was davon überlebt hat, als »bäuerliche Antiquität« teuer verkauft. Die Generation vor uns bedeckte Parkettböden mit Linoleum (oder später PVC) und verkleidete Fachwerkfassaden mit Faserzementplatten. Heute wird alles wieder freigelegt.
In Norwegen, Schweden und Finnland hat die Holzfeuerung nichts mit Nostalgie zu tun, sie ist tief in der Volkskultur verwurzelt. Dort verrät der Holzstapel vor dem Haus viel über die Persönlichkeit der Bewohner, gleichzeitig zeigt er deren Verbundenheit mit der Natur. Holz machen gehört in Skandinavien ebenso zur Volksseele wie der Langlauf oder die Elchjagd.
Trotzdem erklärt nicht die Tradition allein, warum Menschen mit Kabelanschlüssen im Haus beim Heizen auf eine Steinzeitmethode schwören. Der Hauptgrund für den gestiegenen Holzverbrauch ist praktischer Natur: Die Holzfeuerung ist modernisiert und auf eine Stufe mit anderen Energiequellen gebracht worden. Bei uns gilt das Holz als eine Art nationales Sparkonto für kalte Zeiten. Die größte Schwäche der Elektrizität liegt darin, dass der Strom komplett ausfallen kann, und die Kälteperiode ist in großen Teilen Skandinaviens lang und streng. Temperaturen bis zu minus 25Grad über eine längere Zeit sind normal, erst ab minus 40Grad ist in den Medien von einer Kältewelle die Rede. Unter solchen Bedingungen wird ein Stromausfall innerhalb weniger Stunden kritisch. Viele Städte und Dörfer werden nur durch eine Stromleitung versorgt, besonders an der Küste. In solchen Fällen gibt es nichts Besseres als Brennholz, es kann nämlich auch zum Kochen benutzt werden. Im Januar 2007 war Steigen im Bezirk Nordland 6 Tage lang bei Kälte und Unwetter ohne Strom. Holzöfen waren die einzige Rettung.
In Norwegen muss jedes Haus ab einer bestimmten Größe eine alternative Wärmequelle haben, in der Regel ist das ein Holzofen. Dieses Gesetz stammt interessanterweise nicht von der Baubehörde, sondern vom Amt für Sicherheit und Bereitschaft, weil durch diese alternativen Wärmequellen Panik vermieden und eine Evakuierung verhindert werden kann. Holz ist eine extrem handliche und bewegliche Energiequelle. Man braucht keine Hochspannungsleitungen, und es gibt immer Nachschub. Man kann es jahrelang lagern und jederzeit bedürftigen Nachbarn aushelfen. Selbst schlechteres Holz erfüllt seinen Zweck, man braucht nichts als Streichhölzer. Es gibt uns ein Gefühl der Sicherheit, wenn Energie in fester Form vor dem Haus gestapelt ist. Ein Holzstapel macht uns nichts vor, man sieht immer, wie viel man noch hat.
Einer der meistzitierten Autoren zum Thema Mensch und Holz ist der Philosoph Henry David Thoreau, der 1845 (!) in die Wälder zog, weil ihm die moderne amerikanische Gesellschaft zu hektisch wurde. In seinem Buch Walden schrieb er: »Es ist bemerkenswert, wie hoch selbst heutzutage in diesem neuen Lande das Holz im Preise steht, und dass dieser Preis konstanter und allgemeiner verbreitet ist als der des Goldes. Trotz aller Entdeckungen und Erfindungen will kein Mensch einen Holzstoß missen. Holz ist für uns geradeso kostbar wie für unsere sächsischen und normannischen Vorfahren.«
Aus Walden