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Vom einfachen Bauernjungen bringt es der gewitzte und tapfere Eric Hellauge binnen kurzer Zeit zum berühmtesten Wikingerführer Islands. Doch als er nach jahrelanger Abenteuerfahrt auf seine Heimatinsel zurückkehren will, um die schöne Gudruda zur Frau zu nehmen, nimmt das Schicksal seinen Lauf: Die habgierige Hexe Groa, deren eifersüchtige Tochter Swanhild und der eitle Wikingerführer Ospakar Schwarzzahn verbünden sich, um Erics Lebensweg mit Hilfe der Schwarzen Magie und eines heimtückischen Plans zu beenden. Gemeinsam mit seinem Blutsbruder Skallagrim, einem ebenso bärenstarken wie trinkfesten Berserker, nimmt Eric den Kampf mit den Mächten des Schicksals auf... Henry Rider Haggard (1856 – 1925) zählt zu den größten Abenteuer-Schriftstellern der Weltliteratur – besonders populär sind bis heute seine Allan-Quatermain-Romane, die auch mehrfach verfilmt wurden. Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe des Romans Eric der Wikinger, der in vielfacher Hinsicht Pate für die Serie Vikings (seit 2013) gestanden haben dürfte, in seiner Reihe APEX FANTASY-KLASSIKER.
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Henry Rider Haggard
Eric der Wikinger
Roman
Apex Fantasy-Klassiker, Band 9
Apex-Verlag
Inhaltsverzeichnis
Das Buch
ERIC DER WIKINGER
Widmung
Einführung
ERIK HELLAUGE
I. Wie Asmund der Priester die Hexe Groa fand
II. Wie Eric Gudruda im Schnee des Kaltrückens seine Liebe gestand
III. Wie Asmund Eric zu seinem Julfest bat
IV: Wie Eric die Goldenen Fälle hinab kam
V. Wie Eric das Schwert Weißfeuer errang
VI. Wie Asmund, der Priester, mit Unna verlobt wurde
VII: Wie Eric gegen Skallagrim den Berserker antrat
VIII. Wie Ospakar Schwarzzahn Eric Hellauge und Skallagrim Lammschweif auf den Pferdekopfhöhen fand
IX. Wie Swanhild sich mit Gudruda befasste
X. Wie Asmund mit Swanhild sprach
XI. Wie Swanhild sich von Eric verabschiedete
XII. Wie Eric zum Gesetzlosen erklärt wurde und mit den Wikingern segelte
XIII. Wie Hall, der Maat, das Entertau durchtrennte
XIV. Wie Eric einen Traum träumte
XV. Wie es Eric in der Stadt London erging
XVI. Wie Swanhild über das Meer schritt
XVII. Wie Asmund der Priester Unna, Thorods Tochter, heiratete
XVIII. Wie Graf Atli Eric und Skallagrim auf den südlichen Felsen der Insel Straumey fand
XIX. Wie Koll, der Halbgescheite, Botschaften von Island brachte
XX. Wie Eric einen neuen Namen bekam
XXI. Wie Hall von Lithtal Botschaften nach Island brachte
XXII. Wie Eric wieder nach Hause kam
XXIII. Wie Eric Gast bei der Hochzeitsfeier Gudrudas der Schönen war
XXIV. Wie das Fest verlief
XXV. Wie das Fest endete
XXVI. Wie Eric sich zum Middalhof hinabwagte, und was er fand
XXVII: Wie Gudruda zum Moosberg hinaufstieg
XXVIII. Wie Swanhild Nachricht von Eric bekam
XXIX. Wie die Hochzeitsnacht verlief
XXX. Wie die Dämmerung kam
XXXI. Wie Eric seine Männer vom Moosberg fortschickte
XXXII. Wie Eric und Skallagrim todgeweiht wurden
XXXIII. Wie Eric und Skallagrim ihren letzten großen Kampf kämpften
Vom einfachen Bauernjungen bringt es der gewitzte und tapfere Eric Hellauge binnen kurzer Zeit zum berühmtesten Wikingerführer Islands. Doch als er nach jahrelanger Abenteuerfahrt auf seine Heimatinsel zurückkehren will, um die schöne Gudruda zur Frau zu nehmen, nimmt das Schicksal seinen Lauf: Die habgierige Hexe Groa, deren eifersüchtige Tochter Swanhild und der eitle Wikingerführer Ospakar Schwarzzahn verbünden sich, um Erics Lebensweg mit Hilfe der Schwarzen Magie und eines heimtückischen Plans zu beenden.
Gemeinsam mit seinem Blutsbruder Skallagrim, einem ebenso bärenstarken wie trinkfesten Berserker, nimmt Eric den Kampf mit den Mächten des Schicksals auf...
Henry Rider Haggard (1856 – 1925) zählt zu den größten Abenteuer-Schriftstellern der Weltliteratur – besonders populär sind bis heute seine Allan-Quatermain-Romane, die auch mehrfach verfilmt wurden.
Der Apex-Verlag veröffentlicht eine durchgesehene Neuausgabe des Romans Eric der Wikinger, der in vielfacher Hinsicht Pate für die Serie Vikings (seit 2013) gestanden haben dürfte, in seiner Reihe APEX FANTASY-KLASSIKER.
Madame,
Ihr habt mir großmütig die Auskunft erteilt, dass ein Prinz, dessen Andenken alle Menschen zu ehren haben, der Kaiser Friedrich, während der beschwerlichen Wochen, die er weit entfernt von seiner Heimat verbrachte - schwankend zwischen Hoffnung und Furcht, leidend und vom Tod versucht Vergnügen daran fand, meine Geschichten zu lesen; dass sie ihn »interessierten und faszinierten«.
Während die Welt Tag für Tag am Krankenbett des Kaiserlichen Gatten Ihrer Majestät wachte, während sich viele von uns bemühten, sich in ihrer höchsten Not angesichts des Schauspiels dieser heroischen Geduld in Mut zu üben, konnte ein unbedeutender Schriftsteller nicht wissen, dass es sein Glück gewesen war, solch einen Leidenden eine Stunde lang Leid und Schmerz vergessen zu lassen.
Dieses Wissen ist einem Schriftsteller viel teurer als jedes Lob, und in tiefer Dankbarkeit wage ich es, mit der Erlaubnis Eurer Majestät, Euch die Geschichte von Eric Hellauge zu widmen.
Der verstorbene Kaiser, im Herzen ein friedliebender Mensch, doch durch die Pflicht ein wahrer Soldat, hätte sich vielleicht selbst für einen Krieger aus grauer Vergangenheit interessiert, einen Helden unserer nordischen Herkunft, der seine Tage im Kampf verbrachte und dessen letztes Verlangen die Rast war. Aber es soll nicht sein; wie der blonde Eric dieser Sage, und auf noblere Art, ist er durch die Hundert Tore ins Walhalla des Ruhms geschritten.
Euch, Madame, widme ich also dieses Buch, so leicht und unwürdig es als Zeugnis meines tiefsten Respekts und Mitgefühls auch sein mag.
Ich verbleibe
als gehorsamster Diener Ihrer Majestät,
H. Rider Haggard
27. November 1889.
An Ihre Kaiserliche Majestät Viktoria, Kaiserin von Deutschland.
Eric der Wikinger ist ein Roman, der auf den isländischen Sagas beruht. Was ist eine Saga? - Ist sie ein Märchen oder eine wahre Geschichte? Die Antwort darauf ist nicht ganz einfach. Denn solche Sagas wie die von Burnt Njal und Grettir dem Starken haben sowohl etwas von der Wahrheit als auch von bloßer Erfindung an sich: die Historiker streiten noch über die Anteile. Und so ist die Saga gewachsen: In den frühen Tagen der isländischen Gemeinschaft - jener Aristokratenrepublik etwa zwischen den Jahren 900 und 1100 unserer Zeitrechnung, kam es zwischen zwei großen Familien zum Streit. Im Fall der Njal-Saga zum Beispiel war dessen Ursache wahrscheinlich das üble Werk einiger Adelsfrauen. Dieser Streit führte zu einem Totschlag. Dann rief das Blut nach Blut, und augenblicklich setzte eine Blutrache ein, die erst durch den gewaltsamen Tod der Mehrheit der Schauspieler des Dramas und eine große Anzahl ihrer Anhänger ein Ende fand. Im Lauf der Fehde traten Männer von heroischer Kraft und Gesinnung an die Front und vollbrachten Taten, die des Eisernen Zeitalters, das sie hervorgebracht hatte, würdig waren. Auch Frauen halfen dabei, die Geschichte zu gestalten, jeweils nach ihren natürlichen Eigenschaften und Charakterzügen zum Guten oder zum Schlechten. Schließlich wurde die Tragödie vom Tod und der Zeit bedeckt und hinterließ nur ein paar verbeulte Wappenschilde und verwunschene Hünengräber, die von jenen erzählten, die die Hauptrollen gespielt hatten.
Aber ihr Ruhm lebte im Geiste der Menschen weiter. Von Generation zu Generation wanderten Skalden durch den winterlichen Schnee, so wie Homer in seinen Tagen vielleicht über die griechischen Berge und durch die Täler gewandert ist, um wegen der Geschichte aus alter Zeit, die sie zu erzählen hatten, an jedem Ort willkommen geheißen zu werden. Hier saßen sie Abend für Abend am Herd und vertrieben die Müdigkeit der tageslosen Dunkelheit mit Geschichten aus jener Zeit, in der die Männer ihr Leben selbst in die Hand nahmen und es für gut verbracht hielten, wenn der Nachwelt ein Lied über sie in Erinnerung blieb. Die Geschichte zu verändern war eins der größten Verbrechen: der Skalde musste sie wiederholen, wie er sie vernommen hatte; doch zweifellos erfuhren die Sagas nach und nach eine Veränderung. Die Fakten mochten die gleichen bleiben, doch um sie herum braute sich ein Dunst aus wundersamen Geschehnissen und Legenden zusammen. Ein Beispiel von vielen: der Bericht über das Niederbrennen von Bergthorsknoll in der Njal-Saga ist nicht nur ein Stück erzählende Literatur, dessen lebendige, einfache Kraft und Einsicht (abgesehen von Homer und der Bibel) kaum anderswo erreicht wird, er entspricht auch offensichtlich der Wahrheit. Beim Lesen spüren wir, dass kein Mensch diese Geschichte erfunden haben kann, obwohl einige große Skalden sie in ihre Form gebracht haben. Dass die Erzählung wahr ist, kann der Verfasser von »Eric« bezeugen, denn er ist - mit der Sage in der Hand - an Ort und Stelle jedem Akt des Dramas gefolgt. Wer auf dem einsamen Hügel gräbt, von dem man über die Ebene und die See bis zu den Westman-Inseln blicken kann, wird vielleicht noch Spuren des Brandes finden und entdecken, was möglicherweise der schwarze Sand ist, mit dem vor etwa neunhundert Jahren Bergthora und ihre Frauen den Lehmfußboden bestreut haben, und vielleicht sogar die fettigen, zu Klümpchen geronnenen Überreste der Molke, die sie auf die Flammen schütteten, um sie auszulöschen. Er entdeckt vielleicht auch die Orte, wo Flossi sein Heer aufstellte, wo Skarphedinn singend starb, während man ihm die Beine vom Leib brannte; wo Kari von der in Flammen stehenden Ruine sprang, und das kleine Tal, in dem er zur Ruhe gebettet wurde. - Kurz gesagt, bei jedem Schritt wird die Wahrheit der Erzählung immer offensichtlicher. Und doch hat man der Geschichte Dinge hinzugefügt (es sei denn, wir glauben, dass manche Menschen mit dem Zweiten Gesicht gesegnet sind), denn wir können die prophetische Vision nicht für wahr halten, die Runolf, Thorsteins Sohn, kam; oder die Njals, der am Vorabend des Gemetzels wie Theoklymenus in der Odyssee die ganze Tafel und das darauf liegende Fleisch als »eine einzige Masse aus geronnenem Blut« sah.
So entspricht also in dem Nordischen Roman, den ich den Lesern nun anbiete, die Geschichte Erics und seiner Taten der Wahrheit; aber Asmunds Traum, Swanhilds Zauberei, der Zwischenfall mit dem sprechenden Kopf und Erics und Skallagrims Visionen verdanken ihren Ursprung der Phantasie nachfolgender Skaldengenerationen; und schließlich hat man dann im 15. oder 16. Jahrhundert die Geschichte mit all ihren übernatürlichen Hinzufügungen niedergeschrieben.
Der menschliche Geist - und besonders der der nordischen Völker - neigt dazu, un- und außergewöhnliche Gründe für Handlungen und Tatsachen zu liefern, die ausreichend durch das Wirken der Naturgesetze geklärt sind. Swanhild hätte keinen »Schutzgeist« gebraucht, der sie in ihre bösen Pläne einführt; Eric hätte keinen Liebestrank gewollt, der zu seiner Niederlage führen sollte. Unsere allgemeine Erfahrung als die Menschen, die wir sind - im Gegensatz zu den Menschen, die zu sein wir uns rühmen -, reicht aus, um uns zu lehren, dass die Leidenschaft des einen und die menschliche Schwäche des anderen genügten, um zu diesen Ergebnissen zu führen. Die natürliche Magie, die Schönheit und inhärente Macht einer solchen Frau wie Swanhild ist viel mächtiger als alle Zaubersprüche, die die Magier erfunden, oder als jeder Dämon, den sie vielleicht zu ihrer Unterstützung beschworen haben. Doch keine Saga wäre ohne die Erfindung solcher äußerer Mächte vollständig: man hat schon immer gefühlt, dass man sie braucht, sei es, um die Taten der Helden und Heldinnen hervorzuheben oder um ihre Persönlichkeit mit größerer Bedeutung zu schmücken. Selbst Homer verspürte diesen Drang und zögerte nicht, nicht nur das Zweite Gesicht, sondern auch Götter und Göttinnen einzuführen und deren übernatürliche Handlungen direkten Einfluss auf die Persönlichkeiten seines Gesangs nehmen zu lassen, und zwar viel freier als in jeder nordischen Saga. Vielleicht ist noch ein Wort er Erklärung nötig über das Erscheinen von »Schutzgeistern« in Tiergestalt, das sich zum Beispiel auch in dieser Geschichte finden lässt. Wie heute die Finnen und Eskimos, glaubten damals die Isländer, dass Leidenschaften und Begierden von Zauberern sichtbare Gestalt in Geschöpfen wie Wölfen oder Ratten annahmen. Diese nannte man dann »Sendboten«, und es gibt in den Sagas viele Anspielungen auf sie.
Eine andere Eigenschaft der Sagas, die man als überaus charakteristisch bezeichnen kann, ist ihre Schicksalhaftigkeit. Beim Lesen scheinen wir die Stimme des Verderbens ständig dröhnen zu hören. »Die Dinge werden geschehen, wie das Schicksal es bestimmt hat«, das ist der wichtigste Schlüsselsatz. Der nordische Geist hatte nur wenig Vertrauen in den freien Willen, noch weniger, als wir es heutzutage haben. Männer und Frauen wurden mit gewissen Charaktermerkmalen und Vorlieben geboren, die sie erhalten hatten, damit ihr Leben in vorbestimmten Wegen verlief und ihre Taten zu einem vorbestimmten Ende führten. Sie tun diese Dinge nicht aus eigenem Antrieb, obwohl ihre Begierden sie zu den Taten drängen: sie tun sie, weil sie sie tun müssen. Die Nornen, wie sie das Schicksal nennen, haben ihren Weg schon vor langer, langer Zeit bestimmt; sie bewegen sich auf ihm und müssen ihm bis zum Ende folgen. Dies war die Schlussfolgerung unserer skandinavischen Vorfahren - ein Glaube, der ihnen aufgezwungen wurde durch ihr empfindsames Erkennen der Sinnlosigkeit der menschlichen Hoffnungen und Pläne, des Schreckens und der Tragödie des Lebens, der Anmaßung ihrer Begierden, der unbeschrittenen Finsternis und des traumlosen oder traumreichen Schlafes, der auf sein Ende folgt.
Obwohl die Sagas sowohl als Beispiele einer in der Welt fast einzigartigen Literatur als auch wegen ihrer lebendigen Bedeutung mitreißen, sind sie der englischsprachigen Öffentlichkeit kaum bekannt. Dies ist leicht zu erklären: es fällt schwer, die Welt des neunzehnten Jahrhunderts dazu zu bringen, sich für Menschen oder Ereignisse zu interessieren, die vor tausend Jahren lebten beziehungsweise geschahen. Darüber hinaus stellen die Sagas zweifellos einen schwierigen Lesestoff dar. Die archaische Natur des Werkes, der Brauch des nordischen Saga-Erzählers, endlose Nebenhandlungen zu weben, und die Beharrlichkeit, mit der er die Herkunft und die Abenteuer der Vorfahren eines jeden unwichtigen Charakters einführt, entsprechen nicht dem Geschmack des modernen Lesers.
Eric Hellauge wurde daher dieser Eigentümlichkeiten beschnitten und bis zu einem gewissen Ausmaß in die Form des Romans unserer heutigen Zeit gebracht, wobei Archaismen soweit wie möglich vermieden wurden. Der Autor wäre dankbar, sollte es ihm gelungen sein, Interesse am beschwerlichen Leben unserer nordischen Vorfahren erweckt zu haben, und glücklich, sollte sein schwieriges Experiment den Sagas, den Prosaepen unserer Rasse, neue Leser bringen. Zu umfangreich, zu weitschweifig, zu detailversessen, können sie sich in der Tat nicht mit den Epen Griechenlands messen; aber mit ihren Bildern des einfachen und heroischen Lebens stehen sie hinter keiner anderen Literatur der Welt zurück, abgesehen allein von der Iliade und der Odyssee.
Es lebte ein Mann im Süden, bevor Thangbrand, Wilibalds Sohn, den Weißen Christus auf Island predigte. Er trug den Namen Eric Hellauge, Thorgrimurs Sohn, und in jenen Tagen gab es keinen, der ihm an Kraft, Schönheit und Wagemut gleichkam, denn in all diesen Belangen war er der erste. Aber er war nicht der erste, was das Glück betraf.
Zwei Frauen lebten im Süden, nicht weit von jener Stelle, wo sich die Westman-Inseln aus dem Meer erheben. Gudruda die Schöne war der Name der einen, und Swanhild, genannt die Vaterlose, Groas Tochter, war die andere. Sie waren Halbschwestern, und es gab keine wie sie in jenen Tagen, denn sie waren die schönsten aller Frauen, obwohl sie nichts gemeinsam hatten bis auf ihr Blut und ihren Hass.
Diese beiden schönen Frauen sahen das Licht der Welt in der gleichen Stunde. Aber Eric Hellauge war fünf Jahre älter als sie. Erics Vater war Thorgrimur Eisenzehe. Er war ein mächtiger Mann gewesen; aber bei einem Kampf mit einem Berserker, der ihn überfiel, als er vom Weizensäen nach Hause ging, hatte er einen Fuß verloren, so dass er danach auf einem mit Eisen beschlagenen Holzbein ging. Dennoch erschlug er den Berserker, indem er auf einem Bein stand und sich gegen einen Felsen lehnte, und für diese Tat verehrten ihn die Leute sehr. Throgrimur war ein wohlhabender freier Bauer; er erzürnte nicht schnell, war gerecht und reich an Freunden. Ziemlich spät in seinem Leben nahm er sich Saevuna, Thorods Tochter, zur Frau. Sie war ihm ein gutes Weib, willensstark und mit dem Zweiten Gesicht gesegnet, und mit so langen Haaren, dass sie sich gänzlich darin einhüllen konnte. Aber diese beiden liebten einander nicht allzu sehr, und sie hatten nur ein Kind, Eric, der geboren wurde, als Saevuna schon in die Jahre gekommen war.
Gudrudas Vater war Asmund Asmundson, der Priester vom Middalhof. Er war der weiseste und der wohlhabendste aller Männer, die in jenen Tagen im Süden Islands lebten. Er besaß viele Landgüter, und auch zwei Handelsschiffe und ein Kriegslangschiff, und er hatte gegen Zinsen viel Geld verliehen. Er hatte seinen Wohlstand durch Wikingerarbeit gewonnen, indem er auf Raubzügen die englische Küste heimgesucht hatte, und von den Taten in seiner Jugend an den Küsten erzählte man sich düstere Geschichten, denn er war ein rothändiger Wikinger. Asmund war ein stattlicher Mann mit blauen Augen und einem langen Bart; und darüber hinaus war er sehr erfahren in Fragen der Rechtsprechung. Er liebte das Geld sehr und wurde von allen gefürchtet. Doch er hatte viele Freunde, denn mit zunehmendem Alter wurde er freundlicher. Er hatte Gudruda zur Frau genommen, die Tochter Björns, die sehr lieblich und von Natur aus freundlich war, so dass sie alle Gudruda die Sanfte nannten. Dieser Ehe waren zwei Kinder entsprungen. Björn und Gudruda die Schöne; aber Björn wuchs auf wie sein Vater in seiner Jugend, stark und hart, und begierig auf Gewinn, während Gudruda abgesehen von ihrer wunderbaren Schönheit ganz und allein nach ihrer Mutter geriet.
Die Mutter Swanhilds der Vaterlosen war Groa die Hexe. Sie war eine Finnin, und man sagte ihr nach, dass das Schiff, auf dem sie segelte, bei dem Versuch, im Schutz der Westman-Inseln bei einer steifen Brise aus Nordost Fahrt zu machen, auf einem Felsen zerschmetterte und alle Menschen an Bord im Netz von Ran gefangen wurden und ertranken, abgesehen von Groa selbst, die sich mit ihren magischen Künsten rettete. Wahr ist zumindest, dass Asmund der Priester am Morgen nach dem Sturm das Ufer nach ein paar streunenden Pferden absuchte und dabei eine wunderschöne Frau fand, die einen purpurnen Umhang und einen großen Gürtel aus Gold trug, wobei sie auf einem Felsen saß, ihr schwarzes Haar kämmte und sich dabei singend die Zeit vertrieb; und zu ihren Füßen lag, in einem Tümpel hin und her gespült, ein Toter. Er fragte, woher sie käme, und sie antwortete:
»Aus dem Schwanenbad.«
Danach fragte er sie, wo ihre Sippe sei. Aber sie deutete auf den Toten und sagte, das allein wäre von ihr noch übrig.
»Wer war dieser Mann?«, sagte Asmund der Priester.
Sie lachte erneut und sang dieses Lied:
Groa segelt empor vom Schwanenbad,
Die Todesgötter ergreifen die Hand des Toten.
Sieh, wo ihr glückloser Gatte liegt,
Ein kühnerer Meereskönig schwang nie das Schwert!
Asmund, behalte den Rockträger,
Denn letzte Nacht riefen die Nornen,
Und Groa dachte, sie erzählen von dir,
Ja, von dir und ungeborenen Kindern.
»Woher kennst du meinen Namen?«, fragte Asmund.
»Die Seemöwen riefen ihn, als das Schiff sank, deinen und andere - und man wird sie in Geschichten hören.«
»Dann ist dies das beste Glück«, sprach Asmund; »aber ich glaube, du hast das Zweite Gesicht.«
»Aye«, antwortete sie, »und schön bin ich obendrein.«
»Wahr genug, dass du schön bist. Was sollen wir mit dem Toten machen?«
»Lass ihn in Rans Armen. So mögen alle Gatten ihre Ruhe finden.«
Da man sah, dass sie eine Hexe war, wechselte man zu dieser Zeit kein Wort mehr mit ihr. Aber Asmund nahm sie mit nach Middalhof und gab ihr ein Stück Land, und sie lebte dort allein, und er zog viele Vorteile aus ihrer Weisheit.
Nun geschah es, dass Gudruda die Sanfte mit einem Kind schwanger ging, und als ihre Zeit kam, schenkte sie einer Tochter das Leben - einem sehr schönen Kind mit dunklen Augen. Am gleichen Tag brachte Groa die Hexe ein Mädchen zur Welt, und die Leute fragten sich, wer der Vater war, denn Groa hatte keinen Mann. Die Frauen munkelten, Asmund der Priester sei auch der Vater dieses Kindes; aber als er dies hörte, wurde er wütend und sagte, keine Hexe würde je ein Balg von ihm tragen, wie schön sie auch sei. Nichtsdestotrotz sagte man immer noch, das Kind sei das seine, und es stimmt, dass er es liebte, wie ein Mann sein eigen Fleisch und Blut liebt; aber von allen Dingen kann man dies am schwersten wissen. Als man Groa befragte, lachte sie düster, wie es ihre Art war, und sie sagte, sie wisse nichts davon, sie habe das Gesicht des Kindesvaters, der des Nachts aus dem Meer gestiegen sei, nie gesehen. Und aus diesem Grund hielten ihn einige für einen Zauberer oder den Geist ihres toten Mannes; andere aber sagten, Groa lüge, wie es viele Frauen bei solchen Angelegenheiten schon getan hätten. Aber von all diesem Gerede blieb nur das Kind übrig, und es bekam den Namen Swanhild.
Doch nur eine Stunde, bevor das Kind Gudrudas der Sanften geboren wurde, ging Asmund von seinem Haus zum Tempel, um das heilige Feuer zu schüren, das Tag und Nacht auf dem Altar brannte. Als er das Feuer gerichtet hatte, setzte er sich auf die Querbank vor den Schrein und schlief ein, wobei er das Bild der Göttin Freyja betrachtete. Er träumte einen sehr bösen Traum.
Er träumte, dass Gudruda die Sanfte eine Taube zur Welt brachte, die wunderschön anzusehen war, da all ihre Federn aus Silber waren; aber dass Groa die Hexe eine goldene Schlange zur Welt brachte. Und die Schlange und die Taube wohnten zusammen, und stets versuchte die Schlange, die Taube zu töten. Und schließlich kam ein großer weißer Schwan über den Kaltrücken-Berg geflogen, und seine Zunge war ein scharfes Schwert. Nun sah der Schwan die Taube, und sie gefiel ihm, und der Taube gefiel der Schwan; aber die Schlange richtete sich auf und zischte und wollte die Taube töten. Aber der Schwan bedeckte sie mit seinen Schwingen und trieb die Schlange mit Hieben davon. Dann kam er, Asmund, hinaus und vertrieb den Schwan, wie der Schwan die Schlange vertrieben hatte, und er schwang sich hoch in die Luft empor und flog nach Süden, und die Schlange schwamm durchs Meer davon. Aber die Taube ließ den Kopf hängen; sie war nun blind. Dann kam ein Adler aus dem Norden und hätte die Taube geschlagen, aber sie floh schreiend stets im Kreis herum, und immer kam der Adler näher. Schließlich kam aus dem Süden der Schwan zurück; er flog schwerfällig, und um seinen Hals schlängelte sich die goldene Schlange, und mit ihr kam ein Rabe. Und er sah den Adler und trompetete laut und schüttelte die Schlange ab, so dass sie wie ein goldener Schimmer ins Meer stürzte. Dann trafen sich der Adler und der Schwan im Kampf, und der Schwan drängte den Adler hinab und besiegte ihn mit seinen Schwingen, woraufhin er zur Taube flog und sie tröstete. Aber die im Haus liefen hinaus und schossen mit Pfeilen auf den Schwan und vertrieben ihn, doch nun war er, Asmund, nicht dabei. Und wieder ließ die Taube den Kopf hängen. Wieder kam der Schwan zurück, und mit ihm der Rabe, und ein großes Heer wurde gegen sie aufgestellt, darunter alle Männer aus Asmunds Familie und Stamm, und die Männer seines Hauses und ein paar aus seiner Priesterschaft, und viele, die er dem Gesicht nach nicht kannte. Und der Schwan flog zu seinem Sohn Björn. Er ließ das Schwert seiner Zunge vorschießen und tötete ihn; dann erschlug er noch viele Männer auf diese Art. Und der Rabe, mit einem Schnabel und Klauen aus Stahl, tötete auch viele Männer, so dass Asmunds Verwandtschaft floh, und der Schwan bei der Taube lag. Aber als sie schliefen, kroch die goldene Schlange aus dem Meer und zischte etwas in die Ohren der Männer, und sie erhoben sich und folgten ihr. Sie kam zu dem Schwan und wand sich um dessen Hals. Sie biss die Taube und tötete sie. Dann erwachten der Schwan und der Rabe, und sie kämpften, bis alle, die von Asmunds Verwandtschaft und Volk übrigblieben, tot waren. Aber die Schlange wand sich noch immer um den Hals des Schwans, und schließlich fielen Schlange und Schwan ins Meer, und weit draußen auf hoher See brannte eine Feuerflamme. Und Asmund erwachte zitternd und verließ den Tempel.
Als er nun ging, lief ihm weinend eine Frau entgegen.
»Spute dich, spute dich!«, rief sie. »Dir wurde eine Tochter geboren, und dein Weib Gudruda liegt im Sterben!«
»Ist dem so?«, sagte Asmund. »Nach schlechten Träumen schlechte Nachrichten.«
Nun lag in der Bettkammer der großen Halle von Middalhof Gudruda die Sanfte, und sie lag im Sterben.
»Bist du da, Mann?«, fragte sie.
»Gerade gekommen, Weib.«
»Du kommst in einer bösen Stunde, denn es ist meine letzte. Nun höre. Du nimmst das neugeborene Kind in deine Arme und küsst es, und du gießt Wasser über es und benennst es mit meinem Namen.«
Dies tat Asmund.
»Höre, mein Mann. Ich bin dir eine gute Frau gewesen, obwohl du nicht immer gut zu mir warst. Aber so sollst du dafür büßen: du sollst schwören, dass du es nicht aussetzt, obwohl es ein Mädchen ist. Vielmehr wirst du es pflegen und aufziehen.«
»Ich schwöre es«, sagte er.
»Und du sollst schwören, dass du nicht die Hexe Groa zur Frau nimmst, noch dass du etwas mit ihr zu tun haben wirst, und das zu deinem eigenen Wohl - denn wenn du es doch tust, wird sie dein Tod sein. Schwörst du?«
»Ich schwöre es«, sagte er.
»Es ist gut; aber, Mann, wenn du deinen Eid brichst, entweder in Worten oder im Geist der Worte, wird das Böse dich und dein ganzes Haus überkommen. Nun grüße mich zum Abschied, denn ich sterbe.«
Er beugte sich über sie und küsste sie, und man sagt, dass Asmund in dieser Stunde weinte, denn auf seine Art hatte er seine Frau geliebt.
»Gib mir das Kind«, sagte sie, »damit es einmal an meiner Brust liegen kann.«
Man gab ihr das Kind, und sie schaute in dessen dunkle Augen und sagte:
»Die schönste der Frauen sollst du sein, Gudruda - so schön, wie keine andere Frau auf Island je vor dir war; und du sollst mit einer starken Liebe lieben - und du sollst verlieren - und im Verlust sollst du wiederfinden.«
Nun heißt es, dass ihr Gesicht so hell wie das eines Geistes wurde, als sie diese Worte sprach, und als sie sie gesprochen hatte, fiel sie tot zurück. Und man legte sie in die Erde, aber Asmund betrauerte sie sehr.
Doch als alles vorbei und geschehen war, lastete der Traum, den er geträumt hatte, schwer auf ihm. Nun war von allen Traumdeutern Groa die erfahrenste, und als Gudruda sieben volle Tage unter der Erde war, ging Asmund zu Groa - wenn auch wegen seines Eides nur zögernd.
Er kam zu dem Haus und betrat es. Auf einer Liege in der Kammer lag Groa, und sie gab ihrem Kind die Brust und war sehr schön anzusehen.
»Seid gegrüßt, Herr!«, sagte sie. »Was wollt Ihr hier?«
»Ich habe einen Traum geträumt, und du allein kannst ihn deuten.«
»Das mag schon sein«, gab sie zurück. »Es ist wahr, ich habe einige Erfahrung mit Träumen. Wenigstens anhören werde ich ihn mir.«
Dann breitete er ihn ihr Wort für Wort aus.
»Was willst du mir geben, wenn ich deinen Traum deute?«, sagte sie.
»Was verlangst du? Mich deucht, ich habe dir schon viel gegeben.«
»Ja, Herr«, und sie schaute auf das Kind an ihrer Brust. »Ich erbitte auch nur wenig: dass du dieses Kind in deinen Arm nimmst, Wasser über es gießt und ihm einen Namen gibst.«
»Die Männer werden reden, wenn ich dies tue, denn es ist die Aufgabe des Vaters.«
»Es bedeutet nicht viel, was die Männer sagen: Geschwätz vergeht, wie vom Winde verweht. Überdies sollst du ihnen die Lüge in des Kindes Namen geben, denn es soll Swanhild die Vaterlose heißen. Dies und nicht weniger ist mein Preis. Bezahle ihn, wenn du willst.«
»Deute mir den Traum, und ich werde dem Kind einen Namen geben.«
»Nein, zuerst wirst du das Kind benennen: denn dann wird ihm von deiner Hand kein Schaden drohen.«
So nahm Asmund das Kind, goss Wasser über es und gab ihm den Namen.
Dann sprach Groa: »Dies, Herr, ist die Deutung deines Traumes, oder aber ich gehe irre mit meiner Weisheit: Die silberne Taube ist deine Tochter Gudruda, die goldene Schlange ist meine Tochter Swanhild, und diese beiden werden einander hassen und gegeneinander ringen. Aber der Schwan ist ein mächtiger Mann, den beide lieben werden, und der doch, wenn er nicht beide liebt, beiden gehören wird. Und du wirst ihn fortschicken, aber er wird zurückkehren und Unglück über dich und dein Haus bringen, und deine Tochter wird blind vor Liebe für ihn sein. Und am Ende wird er den Adler erschlagen, einen großen Herrn aus dem Norden, der versuchen wird, deine Tochter zu heiraten, und viele andere wird er töten, mit der Hilfe dieses Raben mit dem stählernen Schnabel, der bei ihm sein wird. Aber Swanhild wird über deine Tochter Gudruda triumphieren, und dieser Mann, und die beiden, werden von ihrer Hand sterben, und die anderen... Wer kann es schon sagen? Aber dies ist wahr - dass der mächtige Mann dein ganzes Geschlecht zu einem Ende bringen wird. Nun siehe, ich habe deinen Traum gedeutet.«
Da wurde Asmund sehr erzürnt. »Du hast gut daran getan, mich zu überreden, diesem Bastardkind einen Namen zu geben«, sagte er. »Ansonsten hätte ich es noch in dieser Stunde getötet.«
»Dies kannst du. nicht mehr, Herr, denn du hast es in deinen Armen gehalten«, gab Groa lachend zurück. »Gehe lieber und setze Gudruda die Schöne auf dem Kaltrücken-Hügel aus; so wirst du dem Bösen ein Ende bereiten, denn Gudruda selbst wird die Wurzel allen Übels sein. Erfahre überdies auch noch, dass dein Traum nicht alles verrät, denn du selbst musst auch noch eine Rolle im Schicksal spielen. Geh, setze das Kind Gudruda aus und sei beruhigt.«
»Dies kann nicht sein, denn ich habe geschworen, es aufzuziehen, und zwar mit einem Eid, den ich nicht brechen kann.«
»Es ist gut«, lachte Groa. »Die Dinge werden geschehen, wie das Schicksal sie vorhergesehen hat; lasse sie also geschehen, wenn ihre Zeit gekommen ist. Es ist Platz für Hügelgräber auf dem Kaltrücken, und das Meer kann seine Toten verschlingen!«
Und zornigen Herzens ging Asmund von dannen.
Nun muss berücksichtigt werden, dass fünf Jahre vor dem Todestag Gudrudas der Sanften Saevuna, Thorgrimur Eisenzehes Weib, im Sumpf des Flusses Ran einem Sohn das Leben schenkte, und als sein Vater kam, um das Kind zu betrachten, rief er laut aus: »Hier haben wir ein wunderbares Balg, denn sein Haar ist gelb wie Gold, und seine Augen leuchten hell wie Sterne.« Und Thorgrimur nannte ihn Eric Hellauge.
Nun liegt der Kaltrücken einen Stundenritt vom Middalhof entfernt, und es geschah im Lauf der Jahre, dass Thorgrimur zum Middalhof kam, um das Julfest zu halten und im Tempel zu beten, denn er war in der Priesterschaft von Asmund Asmundson, und den Jungen Eric mit sich brachte. Auch Groa und Swanhild waren dort, denn sie lebten nun auf Middalhof; und die drei hübschen Kinder durften in der Halle zusammen spielen, und die Leute hielten es für ein großes Vergnügen, ihnen zuzuschauen. Nun hatte Gudruda ein hölzernes Pferd und ritt darauf, während Eric das Pferd schob. Doch Swanhild stieß sie vom Pferd und rief Eric zu, kräftig zu schaukeln; doch er tröstete Gudruda und wollte nicht schieben, und daraufhin wurde Swanhild wütend und stieß hervor:
»Du musst schieben, wenn ich es will, Eric.«
Da stieß er das Pferd zur Seite, und zwar mit solcher Wucht, dass Swanhild fast ins Herdfeuer gefallen wäre. Sie sprang auf, griff sich einen Feuerscheit und warf ihn nach Gudruda, deren Kleider versenkten. Die Männer lachten darüber; aber Groa, die sich von ihnen abgesondert hatte, runzelte die Stirn und stieß
Hexensprüche hervor.
»Warum schaust du so düster drein, Haushälterin?«, fragte Asmund, »der Junge ist hübsch und frohen Herzens.«
»Ah, er ist hübsch wie kein anderes Kind, und er wird sein ganzes Leben hübsch bleiben. Dennoch wird er sich nicht gegen sein Unglück erheben können. Dies sage ich ihm voraus: Frauen werden ihm sein Ende bereiten, und er wird den Tod eines Helden sterben, aber nicht von der Hand seiner Feinde.«
Und nun verstrichen die Jahre in Frieden. Groa lebte mit ihrer Tochter Swanhild auf Middalhof und war die Geliebte Asmund Asmundsons. Doch obwohl er seinen Schwur soweit vergessen hatte, wollte er sie doch niemals zur Frau nehmen. Das Hexenweib war erzürnt deswegen und schmiedete viele Pläne und Intrigen, um Asmund dazu zu bringen, sie zu heiraten. Doch er wollte es nicht, obwohl sie ihn bei allen anderen Dingen wie an einem Strick führte.
Zwanzig volle Jahre waren vergangen, seit man Gudruda die Sanfte zur Ruhe gelegt hatte; und nun waren Gudruda die Schöne und Swanhild die Vaterlose erwachsene Frauen. Auch Eric war ein Mann von fünfundzwanzig Jahren, und zwar ein Mann, wie noch nie einer auf Island gelebt hatte. Denn er war stark und groß von Statur, sein Haar war gelb wie Gold, und seine grauen Augen leuchteten mit dem Glanz von Schwertern. Er war sanft und liebevoll wie eine Frau, und selbst als Junge kam seine Kraft schon der von zwei Männern gleich; und es gab keinen in der ganzen Nachbarschaft, der es beim Springen, Schwimmen oder Ringen mit Eric Hellauge aufnehmen konnte. Die Männer hielten ihn hoch in Ehren und sprachen gut von ihm, obwohl er sich bislang noch keiner großen Taten rühmen konnte, sondern zu Hause auf dem Kaltrücken lebte und sich um den Hof kümmerte, da Thorgrimur Eisenzehe, sein Vater, mittlerweile tot war. Aber die Frauen liebten ihn sehr, und das war sein Fluch - denn von allen Frauen liebte er nur eine, Gudruda die Schöne, Asmunds Tochter. Er liebte sie von Kindheit an, und zwar nur sie, bis zum Tage seines Todes, und auch sie liebte keinen außer ihn. Denn nun war Gudruda die begehrteste aller Jungfrauen, wunderschön anzusehen und süß anzuhören. Ihr Haar war blond wie das Erics, und sie war weiß wie der Schnee auf dem Hekla; aber ihre Augen waren groß und dunkel, und schwarze Wimpern beschatteten sie. Ansonsten war sie groß und kräftig und gut gebaut, von fröhlichem Gesicht und doch schlank, und die geistreichste aller Frauen.
Swanhild war auch sehr schön; sie war schlank, feingliedrig und von dunklerem Teint. Ihre blauen Augen waren so tief wie das Meer, und ihr braunes, lockiges Haar war so üppig, dass sie sich bis zu den Knien damit bedecken konnte. Niemand wusste, was es mit ihrem Geist auf sich hatte, denn obwohl sie sich in Gesprächen offen äußerte, waren ihre Gedanken finster und geheimnisvoll. Dies war ihre Freude: die Herzen der Männer zu gewinnen und sie dann zu verspotten. Sie täuschte viele auf diese Art, denn was die Wege der Liebe betraf, war sie das listigste aller Mädchen, und sie kannte sich gut in der Kunst der Frauen aus, die Männer nicht zum Zuge kommen zu lassen. Dennoch hatte sie ein kaltes Herz und begehrte Macht und großen Reichtum, und sie studierte die Magie, in der sich ihre Mutter ebenfalls gut auskannte. Aber auch Swanhild liebte einen Mann, und das war die Fuge in ihrem Harnisch, durch die der Pfeil des Schicksals in ihr Herz drang, denn dieser Mann war Eric Hellauge, und er liebte sie nicht. Aber sie begehrte ihn so arg, dass ohne ihn die ganze Welt für sie dunkel war, und ihre Seele nichts weiter als ein Schiff, das in einer Winternacht steuerlos dahintrieb. Daher setzte sie all ihre Kraft ein, ihn für sich zu gewinnen, und belegte ihn mit Zaubereien, derer sie nicht wenige und nicht geringe kannte. Dennoch flogen sie an ihm vorbei wie der Wind, denn er träumte stets nur von Gudruda und sah keine anderen Augen als die ihren, obwohl sie noch kein Wort der Liebe untereinander gewechselt hatten.
Aber Swanhild suchte in ihrem Zorn Rat bei ihrer Mutter Groa, obwohl nur wenig Zuneigung zwischen ihnen bestand; und als sie die Geschichte des Mädchens gehört hatte, lachte Groa laut auf: »Hältst du mich für blind, Mädchen?«, fragte sie. »All dies habe ich gesehen, wahrhaftig und vorausgesehen, und ich sage dir, du bist verrückt. Lass diesen Bauern Eric gehen, und ich suche dir ein schöneres Federvieh, dem du nachstellen kannst.«
»Nein, das werde ich nicht tun«, sprach Swanhild; »denn ich liebe nur diesen Mann und werde ihn für mich gewinnen; und Gudruda hasse ich, und ich werde sie übertrumpfen. Gib mir deinen Rat.«
Groa lachte erneut. »Die Dinge müssen so sein, wie das Schicksal es bestimmt hat. Dies ist nun mein Rat: Asmund wird einen Vorteil aus Gudrudas Schönheit ziehen wollen. Wer sie zum Weib bekommt, muss ein Mann reich an Freunden und an Geld sein; und in dieser Sache denkt Björn genauso wie sein Vater. Nun werden wir warten und die Augen offenhalten, und wenn die Gelegenheit richtig ist, werden wir Asmund und ihrem Bruder Björn Geschichten über Gudruda zutragen und schwören, dass sie ihre Sittsamkeit bei Eric überschritten hat. Darüber wird Asmund zürnen, und er wird Eric von Gudrudas Seite vertreiben. Inzwischen werde ich folgendes tun: Im Norden lebt ein Mann, der reich an allen Dingen und aufgeblasen vor Stolz ist. Er trägt den Namen Ospakar Schwarzzahn. Seine Frau ist erst vor kurzem gestorben, und er hat verkündet, dass er das schönste Mädchen Islands heiraten will. Nun beabsichtige ich, Koll den Halbgescheiten, den Leibeigenen, den Asmund mir gegeben hat, wie zufällig zu Ospakar zu schicken. Er ist ein großer Redner und sehr klug, denn bei seiner Halbgescheitheit ist er von listigerem Verstand als die meisten anderen Männer; und er wird Gudrudas Schönheit so hoch preisen, dass Ospakar hierher kommen und sie um die Ehe bitten wird; und wenn alles gutgeht, wirst du dich auf diese Art einer Rivalin entledigen, und ich mich einer, die verächtlich auf mich herabsieht. Doch wenn dieser Plan scheitern sollte, gibt es noch zwei andere Wege, auf denen starke Füße bis zum Ende ausschreiten können; und einer dieser Wege besteht darin, dass du Eric mit deiner Schönheit für dich gewinnst, denn die ist nicht gering. Alle Männer sind schwach, und ich habe einen Trank, der das Herz so weich wie Wachs macht; aber der andere Pfad ist noch sicherer.«
»Und was ist das für ein Pfad, meine Mutter?«
»Er verläuft durch Blut in Dunkelheit. Neben dir liegt ein Messer, und in Gudrudas Brust schlägt ein Herz. Tote Frauen sind ungeeignet für die Liebe!«
Swanhild warf den Kopf zurück und musterte das dunkle Gesicht Groas, ihrer Mutter.
»Mich deucht, bei dem Preis, den es zu erringen gibt, würde ich mich nicht fürchten, diesen Pfad zu begehen, wenn es sein muss, Mutter.«
»Nun sehe ich, dass du in der Tat meine Tochter bist. Das Glück gehört den Kühnen. Jedem kommt es in ungewisser Gestalt. Einige lieben Macht, einige Reichtum und einige - einen Mann. Nimm, was du liebst - bahne dir deinen Weg dorthin und nimm es, sage ich; sonst wird dein Leben nur aus Langeweile bestehen: denn welchen Nutzen hat es, Reichtum und Macht zu gewinnen, wenn du nur einen Mann liebst, oder den Mann, wenn du Gold und den höchsten Rang begehrst? Dies ist weise: die Sehnsucht deiner Jugend zu befriedigen; denn das Alter kriecht schnell heran, und dahinter liegt Dunkelheit. Wenn du daher diesen Mann begehrst, und Gudruda steht dir im Weg, dann erschlage sie, Mädchen. Mit Zauberkraft oder mit Stahl. Und nimm ihn, und in seinen Armen wirst du vergessen, dass die deinen rot sind. Aber lass uns zuerst den einfacheren Plan versuchen. - Tochter, auch ich hasse dieses stolze Mädchen, die mich als ihres Vaters Hure verachtet. Auch ich sehne mich danach, ihren blonden Kopf stumpf im Staub des Todes zu sehen, oder wenigstens diese stolzen Augen Schamestränen weinen zu sehen, weil der Mann, den sie hasst, sie als seine Braut von dannen führt. Hätte es sie nicht gegeben, wäre ich Asmunds Frau, und wenn sie fort ist, kann ich dies mit deiner Hilfe doch noch werden - denn er liebt dich sehr und hat auch allen Grund, dich zu lieben. Sollen wir also in dieser Angelegenheit, wenn schon in keiner anderen, Hand in Hand Vorgehen und unsere fünf Sinne gegen ihre Unschuld stellen.«
»So sei es«, sagte Swanhild. »Enttäusche mich nicht und fürchte nicht, dass ich dich enttäuschen werde.«
Nun brach Koll der Halbgescheite zu seinem Botengang auf, und die Zeit verstrich, bis nur noch ein Monat an Weihnachten fehlte, und die Männer saßen in den Häusern, da die Jahreszeit dunkel war und viel Schnee fiel. Schließlich kam der Frost, und mit ihm ein klarer Himmel, und Gudruda unterbrach in der Halle das Spinnen und ging zur Frauenveranda. Sie sah hinaus und erkannte, dass der Schnee hart war, und es überkam sie eine große Sehnsucht nach frischer Luft, denn noch war eine Stunde Tageslicht. So warf sie sich einen Mantel um und schritt aus. Sie nahm die Straße zum Kaltrücken in den Marschen beim Fluss Ran. Aber Swanhild beobachtete sie, bis sie den Hügel überschritten hatte. Dann nahm auch sie einen Mantel und folgte diesem Pfad, denn sie beobachtete Gudruda unentwegt.
Gudruda war schon seit etwa einer halben Stunde unterwegs, als sie bemerkte, dass sich die Wolken am Himmel ballten und die Luft schwer war von bald fallendem Schnee. Als ihr dies aufgefallen war, machte sie sich auf den Heimweg, und Swanhild versteckte sich, um sie passieren zu lassen. Nun fielen Schneeflocken, die so groß und weich wie Blütenblätter waren. Immer schneller kamen sie, bis die ganze Ebene ein einziges weißes Labyrinth aus Nebel war. Doch Gudruda ging unverdrossen weiter, und ihr folgte Swanhild wie ein Schatten. Und nun stellte sich auch noch Dunkelheit ein, und der Schnee fiel dick und schnell und bedeckte die Spur ihrer Schritte, und sie kam vom Weg ab, und hinter ihr folgte Swanhild, die sich nicht zeigen wollte. Eine Stunde oder länger schritt Gudruda aus, dann rief sie laut um Hilfe, und ihre Stimme fiel schwer gegen den Schneemantel. Schließlich wurde sie müde, bekam es mit der Angst zu tun und setzte sich auf einen schrägen Felsen nieder, von dem der Schnee abgeglitten war. Nun befand sich kurz dahinter ein zweiter Felsen, und auf den setzte sich Swanhild, denn sie wollte von Gudruda nicht gesehen werden. So verging eine Weile, und Swanhilds Glieder wurden schwer wie vom Schlaf, als sich plötzlich in der Schnee erfüllten Dunkelheit etwas bewegte. Dann sprang Gudruda auf die Füße und rief. Eine Männerstimme antwortete:
»Wer geht da?«
»Ich, Gudruda, Asmunds Tochter.«
Die Gestalt kam näher; nun konnte Swanhild das Schnauben eines Pferdes hören, und dann sprang ein Mann hinab, und dieser Mann war Eric Hellauge.
»Du bist es wirklich, Gudruda!«, sagte er mit einem Lachen, und seine mächtige Gestalt zeichnete sich dunkel im Schneegestöber ab.
»Oh, bist du es, Eric?«, antwortete sie. »Ich war nie erfreuter, dich zu sehen; denn du kommst wirklich zu einer guten Stunde. Noch eine kleine Weile, und ich hätte dich nicht mehr gesehen, denn der Todesschlaf lässt meine Augen müde werden.«
»Nein, sag so etwas nicht. Du hast dich also verirrt? Nun, das habe ich auch. Ich verließ das Haus, um drei streunende Pferde zu suchen, und wurde vom Schnee überrascht. Sollen sie in Odins Ställen bleiben, denn sie haben mich zu dir geführt. Ist dir kalt, Gudruda?«
»Nur ein wenig. Ja, hier auf dem Felsen ist noch Platz für dich.«
So setzte er sich neben sie auf den Stein, und Swanhild kroch näher; denn nun hatte alle Müdigkeit sie verlassen. Aber der Schnee fiel immer noch in dicken Flocken.
»Es kommt mir in den Sinn, dass wir beide hier sterben können«, sagte Gudruda plötzlich.
»Glaubst du das?«, fragte er. »Nun, ich will dir sagen, ich könnte mir kein besseres Ende erbitten.«
»Es ist ein schlechtes Ende für dich, Eric: vom Schnee erstickt zu werden, bei all den Taten, die du noch zu vollbringen hast.«
»Es ist ein gutes Ende, Gudruda, an deiner Seite zu sterben, denn so werde ich glücklich sterben; aber ich trauere um dich.«
»Trauere nicht um mich, Hellauge, schlimmere Dinge könnten geschehen.«
Er rutschte näher an sie heran, und dann legte er den Arm um sie und zog sie an seine Brust; und sie gebot ihm keinen Einhalt. Swanhild sah es und richtete sich hinter ihnen auf, aber für eine Weile hörte sie nichts außer dem eigenen Herzschlag.
»Höre, Gudruda«, sagte Eric schließlich. »Der Tod kommt immer näher, und bevor er uns ereilt, möchte ich dir etwas sagen, wenn ich sprechen darf.«
»Fahre fort«, flüsterte sie an seiner Brust.
»Dies möchte ich dir dann sagen: ich liebe dich, und ich möchte mir kein besseres Schicksal erbitten, als in deinen Armen zu sterben.«
»Zuerst sollst du mich in deinen sterben sehen, Eric.«
»Sei sicher, wenn dem so sein sollte, werde ich nicht lange zögern. Oh, Gudruda, seit ich ein Kind war, habe ich dich mit einer großen Liebe geliebt, und nun bist du alles für mich. Besser, so zu sterben, als ohne dich zu leben. Also spreche, solange noch Zeit ist.«
»Ich werde nicht vor dir verbergen, Eric, dass deine Worte süß in meinen Ohren klingen.«
Und nun schluchzte Gudruda, und die Tränen quollen schnell aus ihren dunklen Augen.
»Nein, weine nicht. Liebst du mich also?«
»Aye, gewiss genug, Eric.«
»Dann küsse mich, bevor wir sterben. Ein Mann sollte so nicht sterben, und doch sind Männer schon auf schlimmere Art gestorben.«
Und so küssten die beiden sich zum ersten Mal draußen im Schnee auf dem Kaltrücken, und dieser erste Kuss war lang und süß.
Swanhild lauschte, und das Blut kochte in ihr, wie Wasser in einer heißen Quelle kocht, wenn das Feuer unter ihm zum Leben erwacht. Sie legte die Hand auf ihren Gürtel und umklammerte das Messer an ihrer Seite. Sie zog es zur Hälfte heraus und schob es dann wieder zurück.
»Kälte tötet so sicher wie Stahl«, sagte sie sich. »Wenn ich sie töte, kann ich mich oder ihn nicht retten. Sollen wir in Frieden sterben, und soll der Schnee unseren Kummer bedecken.« Und wieder lauschte sie.
»Ah, mein Schatz«, sagte Eric, »selbst inmitten des Todes gibt es noch Hoffnung auf Leben. Schwöre mir also, dass du mich immer lieben wirst, wie du mich jetzt liebst, falls wir durch Zufall überleben sollten.«
»Aye, Eric, dies schwöre ich, und zwar gern.«
»Und schwöre, mag da kommen was will, dass du nur mich heiraten wirst.«
»Ich schwöre, dass ich nur dich heiraten werde, Eric, wenn du mir treu bleibst.«
»Dann bin ich deiner sicher.«
»Prahle nicht zu viel, Eric: Wenn du überlebst, hast du noch alle Tage vor dir, und mit der Zeit kommen Versuchungen.«
Nun wirbelte der Schnee schneller und dicker hernieder, bis die beiden, die sich Brust an Brust umklammert hielten, nur noch ein weißer Hügel waren; und auch das Pferd war völlig weiß, und Swanhild war fast vom Schnee begraben.
»Wohin gehen wir, wenn wir sterben, Eric?«, sagte Gudruda. »In Odins Haus ist kein Platz für Jungfrauen, und wie sollen meine Füße mich ohne dich tragen?«
»Nein, mein Schatz, meine Maid; Walhalla verschließt seine Tore vor mir, einem Mann, der keine Taten aufzuweisen hat. Auf Bifrösts Regenbogenbrücke darf ich nicht reisen, denn ich darf nicht mit dem Harnisch auf der Brust und mit erhobenem Schwert sterben. Zu Hel werden wir gehen, und zwar Hand in Hand.«
»Bist du sicher, Eric, dass Männer diese Gefilde finden? Um die Wahrheit zu sagen - manchmal bringe ich ihnen diesen Argwohn entgegen.«
»Ich bin mir nicht so sicher, dass ich nicht auch zweifeln würde. Aber ich weiß immerhin dies: Wohin du gehst, dort werde auch ich sein, Gudruda.«
»Dann sind die Dinge ja gerichtet, und die Nornen haben ihr Werk gut getan. Doch Eric, plötzlich habe ich das Zweite Gesicht, denn es überkommt mich, dass ich zwar nicht in dieser Nacht, aber dennoch in deinen Armen und an deiner Seite sterben werde. Da, ich sehe es auf dem Schnee! Ich liege schlafend neben dir, und jemand kommt mit ausgestreckten Händen. Schlaf fällt von ihnen wie ein Nebel - bei Freyja, es ist Swanhild! Oh! Es ist verschwunden.«
»Es war nichts, Gudruda, nur ein Trugbild des Schnees - ein unzeitiger Traum, der vor dem Schlaf kommt. Mir wird kalt, und meine Augen werden schwer; küsse mich noch einmal.«
»Es war kein Traum, Eric, und ich werde Swanhild immer Argwohn entgegenbringen, denn ich glaube, auch sie liebt dich, und sie ist schön und mein Feind«, sagte Gudruda und legte ihre schneekalten Lippen auf die seinen. »Oh, Eric, erwache! Erwache! Sieh, es hat aufgehört zu schneien.«
Er stolperte auf die Füße und sah sich um. Über den Himmel flackerten die wilden Nordfeuer und warfen ihr Licht auf die Dunkelheit.
»Nun scheint es mir, dass ich das Land kenne«, sagte Eric. »Sieh, dort liegen die Goldenen Fälle, wenn wir sie wegen des Schnees auch nicht hören können; und dort, draußen im Meer, erheben sich die Westman-Inseln; und dieses dunkle Ding ist der Tempelhof, und dahinter befindet sich die Stätte. Wir sind gerettet, Gudruda, und insofern hattest du wirklich das Zweite Gesicht. Nun erhebe dich, bevor deine Glieder steif werden, und ich werde dich auf das Pferd setzen, wenn es noch laufen kann, und dich zum Middalhof hinabführen, bevor die Hexenlichter uns wieder im Stich lassen.«
»So soll es sein, Eric.«
Nun führte er Gudruda zum Pferd - das schnaubte und den Schnee abschüttelte, als es seinen Herrn sah, da es noch nicht erfroren war -, setzte sie auf den Sattel und legte den Arm um ihre Taille, und sie schritten langsam durch den tiefen Schnee. Und auch Swanhild kroch aus ihrem Versteck, da der brennende Zorn das Leben in ihr bewahrt hatte, und folgte ihnen. Viele Male fiel sie, und einmal wurde sie beinahe von einer Schneewehe verschluckt und schrie in ihrer Furcht laut auf.
»Wer hat da gerufen?«, fragte Eric und wandte sich um. »Ich dachte, ich hätte eine Stimme gehört.«
»Nein«, gab Gudruda zurück, »es hat nur ein Nachtfalke geschrien.«
Nun lag Swanhild still in der Verwehung, aber sie sagte leise zu sich: »Aye, ein Nachtfalke, der deine dunklen Augen ausreißen wird, meine Feindin!«
Die beiden gingen weiter, und schließlich kamen sie zu dem überhöhten Weg, der am Tempel vorbei zu Asmunds Halle führte.
Hier verließ Swanhild sie und gelangte, indem sie über die Torfwand zur Wiese hochstieg, um die Außengebäude herum zum westlichen Ende des Hauses, das sie dann, von niemandem bemerkt, durch die Männertür betrat. Denn alle Leute hatten sich, als sie ein Pferd kommen und eine Frau darauf sitzen sahen, vor der Halle versammelt. Doch Swanhild lief zu dem Bett, in dem sie schlief, und legte, nachdem sie den Vorhang geschlossen hatte, ihre Kleider ab, schüttelte den Schnee aus dem Haar und zog einen Unterrock aus Leinen über. Dann ruhte sie eine Weile, da sie müde war, und ging schließlich in die Küche, um sich am Feuer zu wärmen.
Mittlerweile waren Eric und Gudruda zum Haus gekommen, und dort begrüßte Asmund sie herzlich, da er sich tief im Herzen Sorgen um seine Tochter gemacht hatte und sehr froh war, sie lebendig zu sehen; wegen der Dunkelheit und des Schnees hatten die Männer gerade erst nach ihr zu suchen angefangen.
Nun erzählte Gudruda ihre Geschichte, aber nicht alles, und Asmund bat Eric ins Haus. Dann fragte jemand nach Swanhild, und Eric sagte, er habe nichts von ihr gesehen. Asmund war traurig deswegen, denn er liebte Swanhild. Aber als er allen Männern auftrug, aufzubrechen und sie zu suchen, kam eine alte Frau und sagte, dass Swanhild in der Küche sei, und während das Gesindeweib noch sprach, kam sie in die Halle, in Weiß gekleidet, sehr bleich und mit leuchtenden Augen und schön anzusehen.
»Wo bist du gewesen, Swanhild?«, sagte Asmund. »Ich dachte schon, du wärest mit Gudruda im Schnee umgekommen, und wollte alle Männer auf die Suche schicken, während die Hexenlichter noch brennen.«
»Nein, Pflegevater, ich bin im Tempel gewesen«, log sie zur Antwort. »So ist Gudruda nur knapp dem Schnee entkommen, dank diesem Hellauge dort! Ich freue mich sehr darüber, denn wir würden unsere liebe Schwester sehr vermissen.« Und sie trat zu ihr und küsste sie. Doch Gudruda sah, dass ihre Augen wie Feuer brannten, und sie fühlte, dass ihre Lippen kalt wie Eis waren, und schreckte verwundert zurück.
Nun war es Essenszeit, und die Männer saßen beim Fleisch, während die Frauen sie bedienten. Aber während Gudruda hin und her eilte, sah sie unentwegt Eric an, und Swanhild beobachtete die beiden. Als sie mit dem Essen fertig waren, setzten die Leute sich um den Herd, und nachdem Gudruda abgeräumt hatte, kam sie zu Eric und setzte sich neben ihn, so dass sie mit ihrem Arm den seinen berühren konnte. Sie sprachen kein Wort, aber sie saßen beieinander und waren glücklich. Swanhild bemerkte es und biss sich auf die Lippe. Nun saß sie neben Asmund und dessen Sohn Björn.
»Sieh, Pflegevater«, sagte sie, »dort sitzt ein hübsches Paar!«
»Das kann man nicht bestreiten«, gab Asmund zurück. »Man muss viele Tage reiten, um einen anderen Mann wie Eric Hellauge zu finden, und zwischen Middalhof und der Stadt London blüht keine so schöne Maid wie Gudruda, abgesehen von dir, Swanhild. Nun, ihre Mutter hat gesagt, dass es so sein soll, und zweifelsohne hatte sie bei ihrem Tod das Zweite Gesicht.«
»Nein, nenne mich nicht mit Gudruda in einem Atemzug, Pflegevater; neben diesem weißen Schwan bin ich nur eine graue Gans. Aber diese beiden werden sicher heiraten, und das wird eine gute Partie für Eric sein.«
»Lass deine Zunge nicht so schnell vorauseilen«, sagte Asmund scharf. »Wer hat dir gesagt, dass Eric Gudruda haben soll?«
»Niemand hat es mir verraten. Aber ehrlich gesagt, ich bin mir dessen sicher. Schließlich habe ich Augen und Ohren«, erwiderte Swanhild. »Sieh sie dir doch an; sicher tragen nur Verliebte solche Gesichter.«
Nun hatte Gudruda durch Zufall das Kinn auf ihrer Hand abgestützt und sah unter dem Schatten ihres Haars Eric in die Augen.
»Mich dünkt, meine Schwester erstrebt höheres, als einen einfachen Bauern zu heiraten, wenn er auch so groß wie zwei andere Männer ist«, sagte Björn mit einem Schnauben. Nun war Björn eifersüchtig auf Erics Kraft und Aussehen und mochte ihn nicht gut leiden.
»Vertraue nichts, das du siehst, und wenig, das du hörst, Mädchen«, sagte Asmund und riss sich aus seinen Gedanken, »dann werden deine Vermutungen gut sein. Eric, komm her und sage uns, wie du Gudruda im Schnee gefunden hast.«
»Ich sitze nicht so schlecht, dass ich nicht bleiben könnte«, flüsterte Eric leise; aber Gudruda sagte: »Geh.«
So erhob er sich und erzählte seine Geschichte; aber nicht alles, denn er hatte vor, Asmund am Morgen um Gudrudas Hand zu bitten, obwohl ihm sein Herz kein Glück bei dieser Sache prophezeite und er daher nichts überstürzen wollte.
»Damit hast du mir und den meinen einen guten Dienst erwiesen«, sagte Asmund kalt und musterte Erics Gesicht mit seinen blauen Augen. »Es wäre schade, wenn meine schöne Tochter im Schnee umgekommen wäre, denn wisse dies: Ich habe vor, den Preis für ihre Ehe hoch anzusetzen, ihrer Ehre und der Ehre meines Hauses wegen, und so wäre irgendeinem reichen und edlen Mann eine große Freude verlorengegangen. Aber nehme du nun dieses Geschenk im Andenken deiner Tat, und Gudrudas Gatte wird dir an dem Tag, da er sie zu seiner Frau macht, noch einen geben.« Und mit diesen Worten zog er einen goldenen Ring von seinem Arm.
Als Eric dies hörte, erzitterten seine Knie, und ihm wurde wie vor Furcht schwach ums Herz. Aber er antwortete klar und deutlich:
»Dein Geschenk wäre ohne deine Worte besser gewesen, Ringgeber; aber ich bitte dich, ihn zurückzunehmen, denn ich habe nichts getan, um es mir zu verdienen, obwohl vielleicht die Zeit kommen wird, da ich dich um ein größeres bitten werde.«
»Man hat meine Geschenke noch nie zurückgewiesen«, sagte Asmund, der nun wütend wurde.
»Dieser wohlhabende Bauer glaubt, das Gold habe nur einen geringen Wert. Es ist närrisch, Fische ins Meer zu werfen, mein Vater«, schnaubte Björn.
»Nein, Björn, das nicht«, gab Eric zurück; »aber wie du sagtest, ich bin nur ein Bauer, und seit mein Vater, Thorgrimur Eisenzehe, starb, gingen die Dinge nicht allzu gut am Fluss Ran. Aber wenigstens bin ich ein freier Mann, und ich werde keine Geschenke nehmen, die ich nicht erwidern kann. Daher werde ich den Ring nicht nehmen.«
»Wie du willst«, sagte Asmund. »Stolz ist ein gutes Pferd, wenn du klug reitest«, und er schob den Ring über seinen Arm zurück.
Dann legten sich die Leute zur Ruhe; aber Swanhild suchte ihre Mutter auf und berichtete alles, was ihr zugestoßen war, und Groa lauschte interessiert.
»Nun werde ich einen Plan machen«, sagte sie, »denn diese Dinge kommen uns gelegen, und Asmund ist jetzt in der richtigen Stimmung. Eric wird nicht mehr nach Middalhof kommen, bis Gudruda von dannen gegangen ist, fortgeführt von Ospakar Schwarzzahn.«
»Und wie soll ich Erics Gesicht sehen, wenn er nicht mehr hierher kommt? Denn, Mutter, ich sehne mich nach diesem Anblick.«
»Das ist deine Sache, du liebeskranke Närrin. Wisse dies: wenn Eric weiterhin kommt und mit Gudruda spricht, wird dies das Ende deiner Hoffnungen sein; denn so schön du auch bist, sie ist zu schön für dich. Und so stark du auch bist, auf gewisse Weise ist sie zu stark. Du hast gehört, dass diese beiden sich lieben, und eine solche Liebe spottet über den Willen der Väter. Eric wird bekommen, was er will, oder unter den Schwertern von Asmund und Björn sterben, wenn diese Männer gegen seine Kraft bestehen können. Nein, der Wolf muss vom Lamm ferngehalten werden, bis er hungrig wird. Dann soll er die Schafherde suchen und dich erblicken, denn wenn das Beste verschwunden ist, wird er das Gute verlangen.«
»So sei es, Mutter. Als ich auf dem Kaltrücken hinter Gudruda zusammengekauert im Schnee hockte, hatte ich mich halbwegs dazu entschlossen, ihr Liebesgeflüster mit diesem Messer zu beenden, damit ich endlich frei von ihr gewesen wäre.«
»Ja, und schnell in dein Verderben geeilt wärest, du Wildkatze. Die Götter helfen diesem Eric, wenn du ihn versuchst. Nein, warte auf deine Zeit, und wenn du zuschlagen musst, schlage im geheimen und unbeobachtet zu. Vergiss auch nicht, dass Klugheit mächtiger ist als Kraft, dass Lügen tiefer stechen als Schwerter, und dass Zauberei gewinnt, wo Ehrlichkeit scheitern muss. Nun werde ich zu Asmund gehen, und er wird ein zorniger Mann sein, bevor der Morgen kommt.«
Dann ging Groa zu der Bettstelle, wo Asmund der Priester schlief. Er saß auf dem Bett und fragte sie, weshalb sie käme.
»Aus Liebe zu dir, Asmund, und zu deinem Haus, obwohl du mich schlecht behandelst, der du so großen Gewinn aus mir und meiner Voraussicht gezogen hast. Sage nun: willst du, dass diese deine Tochter, Gudruda die Schöne, die Hure dieses langbeinigen freien Bauern werden soll?«
»Das liegt nicht in meinem Sinn«, sagte Asmund und strich sich über den Bart.
»Weißt du, dass an diesem selbigen Tag deine weiße Gudruda im Schnee auf Erics Schoß saß, während er sie hätschelte, wie es seinem Herzen beliebte?«
»Wahrscheinlich, um sich zu wärmen. Männer träumen in der Stunde ihres Todes nicht von der Liebe. Wer hat dies gesehen?«
»Swanhild, die hinter ihnen stand und sich aus Scham verborgen hielt. Daher dachte sie auch, diese beiden müssten bald heiraten! Ah, jetzt bist du ein Narr, Asmund. Junges Blut macht sich nicht viel aus Kälte oder Tod. Bist du blind, oder siehst du nicht, dass diese beiden sich einander zuwenden wie Vögel in der Nistzeit?«
»Sie könnten Schlimmeres tun«, sagte Asmund, »denn sie sind ein hübsches Paar, und mich dünkt, dass beide füreinander geschaffen wurden.«
»Dann ist ja alles gut. Doch es ist schade, eine solch hübsche Maid wie einen verfaulten Köder ins Wasser geworfen zu sehen, nur um diese kleine Forelle von Bauer zu fangen. Du hast Feinde, Asmund; du bist zu wohlhabend, und es gibt viele, die dich wegen deiner Stellung und deines Reichtums hassen. Wäre es nicht klug, dieses dein Mädchen zu benutzen, um eine Wand um dich herum gegen den bösen Tag zu errichten?«
»Ich bin es gewohnt, Haushälterin, eher meinem eigenen Arm als gekauften Freunden zu vertrauen. Doch sage mir, denn zumindest hast du den Vorausblick, wie soll dies geschehen? Obwohl ich heute Abend hart zu ihm gesprochen habe, bin ich, wie die Dinge liegen, geneigt, Eric Hellauge Gudruda zur Frau nehmen zu lassen. Ich habe den Jungen schon immer gemocht, und er wird es weit bringen.«
»Höre zu, Asmund! Sicher hast du von Ospakar Schwarzzahn gehört - dem Priester, der im Norden lebt?«
»Aye, ich habe von ihm gehört, und ich kenne ihn; es gibt keinen Mann, der ihm an Hässlichkeit, Kraft, Reichtum oder Macht gleichkommt. Vor vielen Jahren segelten wir auf einem Wikingerzug zusammen, und er tat Dinge, bei denen sich mein Blut abwandte, und in jenen Tagen hatte ich nicht gerade das Herz eines Hühnchens.«
»Mit der Zeit ändert sich der Charakter der Männer. Wenn ich mich nicht irre, wünscht sich dieser Ospakar mehr als alles andere, Gudruda zur Frau zu nehmen, denn nun, da er alles hat, bleibt ihm nur übrig, darum zu bitten - die schönste Frau auf Island zur Gemahlin. Bedenke, wer könnte sich, mit Ospakar zum Schwiegersohn, dir noch entgegenstellen?«