Erlebnisse eines Callgirls - Maria van Daarten - E-Book

Erlebnisse eines Callgirls E-Book

Maria van Daarten

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Beschreibung

"Wie mache ich mich als Callgirl selbstständig?" Diese Frage stellt sich die 42 - jährige Ilona, die bisher heimlich als Prostituierte in den Clubs ihrer Umgebung gearbeitet hat und die es leid ist, sich tagtäglich wegen ihres Jobs zu verstecken. Schon lange träumt sie vom "Easy Money" und davon, unter der Sonne und am Meer zu leben. Deshalb fliegt sie mit zwei gefüllten Koffern nach Athen, um dort ihr Glück zu versuchen. Gleich nach ihrer Ankunft lernt sie die erfahrene Prostituierte, Violet kennen, die ihr wertvolle Tipps für ihr neues Arbeitsgebiet gibt und sie ins sogenannte 'Fischen' einführt. Ilona nennt sich von jetzt an Anika und gibt eine Anzeige in einer lokalen Wochenzeitschrift auf. Voller Eifer beginnt sie, sich einen Kundenstamm aufzubauen. Dabei trifft sie auf sehr unterschiedliche Männer mit teils außergewöhnlichen Wünschen. Unter anderem einen jungen Mann, der die Erfahrung machen will, einer Domina zu dienen, einen Yogalehrer, der sich an der Vorstellung aufgeilt, ein unartiger Schüler zu sein, einen Griechen der seine anale Lust entdeckt, einen Fußfetischisten und einen Amerikaner, der sich gerne die Hoden abbindet. Spannend und unterhaltsam beschreibt sie ihre Tätigkeit: Von der Auswahl ihrer Kleidung, über die Telefonate mit den Kunden, bis hin zu ihrer eigentlichen Arbeit, für die sie bezahlt wird, - den Sex!

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Für Violet

Inhaltsverzeichnis

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Kapitel 40

Kapitel 41

Kapitel 42

Kapitel 43

Kapitel 44

Kapitel 45

Kapitel 46

Kapitel 47

Kapitel 48

Kapitel 49

Kapitel 50

Kapitel 51

Kapitel 52

Kapitel 53

Kapitel 54

Kapitel 55

Kapitel 56

Kapitel 57

Kapitel 58

Kapitel 59

Kapitel 60

Kapitel 61

Kapitel 62

Kapitel 63

Kapitel 64

Kapitel 65

Kapitel 66

Letztes Kapitel

1

Schon als Jugendliche wollte ich dieses Dorf in der Provinz verlassen. Als ich mit neunzehn Jahren einen Bundeswehrsoldaten heiratete, zogen wir in eine nahe gelegene Kleinstadt. Das war zwar ein erster Schritt, aber ich träumte davon, dort zu leben, wo andere Urlaub machen.

Weil Jahre ins Land gezogen sind, ich mittlerweile wieder Single und mit meinem gegenwärtigen Leben unzufrieden bin, habe ich beschlossen, es von Grund auf zu ändern. Auch wenn das bedeutet, Sicherheiten aufzugeben und Risiken einzugehen.

Was ich anstrebe, ist folgendes: Ich will in der Sonne und am Meer leben, weniger arbeiten, mir meine Zeit selbst einteilen und viel Geld verdienen.

Außerdem will ich mich nicht mehr mit meinem Job verstecken müssen! – Denn das musste ich bislang. – Ich arbeite seit Jahren nebenberuflich als Prostituierte. Und eine Prostituierte kann ihrer Familie nicht einfach eingestehen, dass sie eine Prostituierte ist. Auch ihren Freunden und Bekannten muss sie das verheimlichen. Denn wer will schon eine Prostituierte zur Tochter, Schwester, Partnerin oder Freundin haben? Ich kenne da jedenfalls niemanden!

Jetzt will ich versuchen, mich als Callgirl selbstständig zu machen. Da dies in der dörflichen Gegend, in der ich lebe, unmöglich ist und mir die Geheimhaltung meiner Tätigkeit auch in größeren deutschen Städten ungewiss erscheint, bin ich mit zwei gefüllten Koffern nach Athen geflogen. Das ist weit genug von meiner Heimat entfernt, um unerkannt in dieser Branche arbeiten zu können, – und es liegt am Meer!

Ich bin in einem kleinen, relativ preiswerten Hotel abgestiegen. Vorläufig im Athener Stadtteil Piräus. Um erste Informationen über mein Metier einzuholen, habe ich mir die englischsprachige Wochenzeitung ‚Athens World‘ gekauft und bei den Kleinanzeigen finde ich, was ich suche. In der Rubrik ‚Escort‘ annoncieren Frauen, die Sex verkaufen. Ich lese alle Anzeigen aufmerksam durch und entscheide mich, eine Frau anzurufen, die sich als ‚Lovely English Lady‘ ausgibt. Da sie nicht mit ihrem jugendlichen Alter wirbt oder sich als Model bezeichnet, hoffe ich, dass sie schon etwas älter ist. – Denn das bin ich auch. Ich bin zweiundvierzig Jahre alt. Also lange nicht mehr die Jüngste, – hatte aber in den letzten Jahren immer noch Erfolg in meinem Beruf.

Ich verkaufe mich als Fünfunddreißigjährige. Das ist ein sehr attraktives Alter. Viele junge Männer mögen eine Mittdreißigerin im Bett. Und es gibt eine große Anzahl älterer Herren, die nicht nur auf junges Gemüse stehen. – Also, im Prinzip bin ich im goldrichtigen Alter, um mich als Callgirl selbstständig zu machen und viel Geld zu verdienen.

Ich bin hübsch. Auf meine Art. Ich habe langes blondes Haar, blaue Augen, bin schlank, gepflegt, charmant und immer gut gekleidet. Und ich kann sehr sexy auftreten. – Die Mitte Dreißig kauft mir fast jeder ab!

Ich wähle die Mobilnummer der „Lovely English Lady“ und sie meldet sich mit einem freundlichen:

„Hallo!“

„Hallo! – Mein Name ist Anika. Ich bin gerade in Athen angekommen und würde mich hier gerne als Callgirl selbstständig machen. Wäre es vielleicht möglich, dass Sie mir einige Informationen geben? Über die Preise, die Hotels und so weiter?“

„Oh!“ Kurze Pause. „Welche Staatsangehörigkeit hast Du?“

„Ich bin Deutsche.“

„Bist du alleine hier?“

„Ja.“

„Wie alt bist du?“

„Zweiundvierzig.“

„Hast du schon mal in dem Gewerbe gearbeitet?“

„Nebenberuflich in Clubs. – Könnten wir uns vielleicht mal irgendwo auf einen Kaffee treffen und miteinander reden?“

„Mal sehen.“ Wieder eine kurze Pause. „Lass mich darüber nachdenken. Ruf mich morgen früh wieder an. Bye, bye!“

Sie hat aufgelegt und ich verstehe ihr Zögern. Sie weiß nicht, ob ich wirklich diejenige bin, für die ich mich ausgebe. Ich könnte auch die Ehefrau eines Kunden sein, die ihre Telefonnummer im Handy ihres Mannes gefunden hat… Es gibt so viele Möglichkeiten. Dass sie mich warten lässt und überlegt ist vollkommen in Ordnung.

Eine andere Anzeige in der ‚Athens World‘ stammt von einem Escort Service. Wenn ich so tue, als würde ich mich bei ihnen bewerben, bekomme ich möglicherweise nützliche Informationen für meine künftige Arbeit. Deshalb rufe ich auch dort an und kurz nach dem Klingeln meldet sich eine Frauenstimme auf Griechisch.

„Entschuldigung, sprechen Sie auch Englisch?“, frage ich höflich.

„Natürlich! Hier ist der Escort Service ‚Seven Heaven‘. Womit kann ich Ihnen dienen?“

„Guten Tag. Ich heiße Gaby. Ich bin Deutsche, fünfunddreißig Jahre alt und würde mich gerne bei Ihnen bewerben, um im Escort tätig zu werden.“

„Hast du das schon mal gemacht? Hast du Erfahrung als Prostituierte?“

„Ja, seit über zehn Jahren.“

„Wo bist du jetzt?“

„Ich bin in Athen.“

„Aha! Einen Augenblick. – Könntest du dich mit mir treffen? Ich muss dich natürlich sehen, bevor ich Weiteres mit dir bespreche. – Du bist Fünfunddreißig. Das ist nicht mehr jung!“

„Ich weiß, aber Sie können sich ja selbst ein Bild von mir machen. Ich kann mich jederzeit mit Ihnen treffen.“

„Gut. Unser Büro ist in der Innenstadt. – Kannst du in zwei Stunden im Café Rena, schräg gegenüber der ‚Akropolis‘ Metro-Station, sein?“

„Ja, das schaffe ich. Also um 16.00 Uhr in dem Café?“

„Genau. Bis später, Gaby. – Gaby war dein Name, stimmt’s?“

„Richtig, – und wie ist Ihr Name?

„Ach entschuldige, ich bin Elena! Bis später dann!“

„Bis später, Elena!“

Nach einem Blick auf die Uhr weiß ich, dass ich mich jetzt ganz schnell hübsch machen und in Schale werfen muss. Vor dem Kleiderschrank stehend, entscheide ich mich für ein rotes, ärmelloses, knielanges Etuikleid. Das ist sehr schick und betont meine Figur. Auch wenn ich nicht für diesen Escort Service arbeiten will, möchte ich einen guten Eindruck machen, um an die Informationen zu kommen, die ich für mein eigenes Geschäft brauche.

Da meine lockigen Haare schwer zu bändigen sind, bürste ich sie bei herunter hängendem Kopf kräftig durch, kämme sie zurück, lasse ihnen viel Volumen, dränge sie in eine Löwenmähne und sprühe Haarspray auf. Meine Augen schminke ich so, dass ihr Blau bestens zur Geltung kommt und auf meine Lippen trage ich Gloss auf. Jetzt noch etwas von meinem Lieblingsparfüm, dem ‚Must de Cartier‘, und als ich mich von allen Seiten im Spiegel betrachte, weiß ich, dass ich nicht mehr tun kann. – Ich ziehe rote Pumps an, entscheide mich für eine kleine, goldene Handtasche und verlasse das Hotel, um mir ein Taxi zu nehmen.

Für 19 € fährt mich ein unfreundlicher Taxifahrer in die Innenstadt. Als ich in der Nähe der ‚Akropolis-Station‘ aussteige, habe ich noch reichlich Zeit. Ich suche als erstes das Café auf, in dem ich mit Elena verabredet bin und spaziere anschließend ein wenig in der Gegend herum. Hier fängt die Plaka, die Altstadt Athens, mit ihren kleinen Gassen, Geschäften und Restaurants an und ich bewege mich nur auf den schattigen Straßenseiten, weil die Sonne ganz ordentlich brennt.

Um 15.50 Uhr betrete ich das Café Rena und setze mich an einen der kleinen runden Tische. Bei der draußen herrschenden Hitze ist es sehr angenehm, sich in einem klimatisierten Raum aufzuhalten. Als die Kellnerin kommt, bestelle ich eine Cola Zero. Bloß keine Getränke mit Zucker. Die gehen nur auf die Hüfte. Eine kleine Frau mittleren Alters mit schwarzem, kurzem Haar betritt das Café, sieht sich um, nickt mir zu und ich nicke zurück. Das muss Elena sein. Sie steuert auf mich zu und begrüßt mich mit Handschlag.

„Ich bin Elena.“

„Guten Tag, ich bin Gaby. Schön, dass Sie Zeit für mich haben, Elena!“

„Na ja, ein neues Gesicht ist für einen Escort Service immer interessant. Wohnst du in Athen?“

„Nein, noch nicht. Ich bin nur für eine Woche hier, um die Arbeitslage zu checken. Ich möchte im Herbst hierher ziehen, – ab September.“

„Okay! Also, wie ich sehe, bist du hübsch und hast eine gute Figur. Du bist gepflegt. Aber eben schon fünfunddreißig Jahre alt. Bist du wirklich erst Fünfunddreißig? Oder doch schon älter?“

„Ich bin achtunddreißig Jahre alt. Aber ich verkaufe mich immer noch als Fünfunddreißigjährige. Und ich denke, das geht noch durch.“

Elena lacht auf.

„Natürlich, wir machen uns alle jünger! Das ist nichts Neues in unserer Branche. Doch die meisten unserer Mitarbeiterinnen sind wirklich viel jünger. Du wärst die älteste in dem Team. Aber im Prinzip hast du mit den anderen nichts zu tun. – Ich würde Fotos von dir machen und dich in unseren Katalog aufnehmen. – Pass auf, es läuft folgendermaßen: Die Damen, die für uns arbeiten, machen das alle hauptberuflich, – sind also rund um die Uhr erreichbar und müssen unter Umständen innerhalb einer Stunde an dem Ort sein, wo der Kunde sie erwartet. Wie sie das mit ihrer Familie regeln, ist ihre Sache. Bleiben wir mal bei dir. Du würdest einen Anruf von uns bekommen und wir würden dir die Anschrift und Telefonnummer eines Kunden und die Uhrzeit des Termins durchgeben. Zu gegebener Zeit machst du dich auf den Weg. Entweder mit dem Taxi, mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit deinem eigenen Auto. Das bleibt ganz dir überlassen. Wichtig ist, dass du pünktlich bei dem Kunden erscheinst. Ein Meeting dauert ca. fünfundvierzig Minuten bis eine Stunde und beinhaltet Safer Sex in allen erdenklichen Stellungen und Oralverkehr ohne Kondom.“

Die Kellnerin kommt und Elena bestellt einen Kaffee Frappé mit viel Zucker und Milch. Sie fährt fort:

„Der Kunde zahlt dir den mit uns vereinbarten Preis. Das sind gewöhnlich 200 €. Analverkehr und andere Praktiken kosten extra. Aber diese Details sind jetzt nicht so wichtig. – Du nimmst das Geld mit nach Hause und am nächsten Tag wirst du uns die Hälfte davon geben. Wir verabreden uns telefonisch mit dir oder schicken einen Boten zu dir nach Hause. Ganz wie du willst. Auf jeden Fall ist die andere Hälfte des vereinbarten Geldes deines! – Gibt dir der Kunde Trinkgeld, ist das natürlich ebenfalls deines. Sollte er sich jedoch während des Termins z.B. spontan für Analverkehr entscheiden oder eine weitere Stunde dazu buchen wollen, musst du den Betrag mit abkassieren, uns aber die Hälfte von allem abgeben. Wir halten immer Rücksprache mit den Kunden und erfahren was gelaufen ist. Von daher macht es keinen Sinn, uns etwas zu verheimlichen!“

Elena nippt an ihrem Kaffee und zündet sich eine Zigarette an.

„Gut, das habe ich alles verstanden und das sind Konditionen, die ich aus Deutschland kenne. Was für Dienste bietet ‚Seven Heaven‘ den Kunden an?“

„Viele. Wir versuchen soweit alles abzudecken, was die Herren sich wünschen. Ich sage es mal so: Ausgeschlossen sind Pädophilie und kriminelle sexuelle Praktiken. – Das wäre meine nächste Frage an dich: Was machst du? Was kannst du? Und welche Sprachen sprichst du?“

„Ich spreche Deutsch, Englisch, Niederländisch und ein kleines bisschen Französisch. Ich habe unter anderem als Domina gearbeitet und kann verschiedene Rollen spielen. – Was nehmt ihr für eine Domination oder für Rollenspiele?“

„Hin und wieder haben wir jemanden, der dominiert werden will. Aber das ist eigentlich nichts für die Griechen. Die dominieren lieber selbst. Sind eben alle Machos. Doch wenn jemand danach fragt, wäre es schön, eine Dame mehr in unserem Kreis zu haben, die dieses Feld abdecken könnte. Wir verlangen für eine Session von anderthalb Stunden 400 €. Rollenspiele kosten das Gleiche. Das wären also immerhin noch 200 € für dich!“

„Danke, Elena. Ich habe noch eine Frage: Wie werden die Anund Abfahrtskosten des Meetings verrechnet?“

„An- und Abfahrt gehen auf deine Kappe. Dafür übernehmen wir die Inserate in einigen englisch- und griechischsprachigen Zeitungen und im Internet. Wir machen die Termine mit den Kunden. Wir geben dir eine gute Arbeit. Du kannst viel bei uns verdienen und brauchst dich selbst so gut wie um nichts zu kümmern. Du tust einfach nur deine Arbeit und steckst hinterher eine ganz schöne Summe Geld ein!“

„Vielen Dank, Elena. Das ist fürs Erste genug Information für mich und mir gefällt, was ich höre. Jetzt kommt es nur noch auf dich bzw. auf euch an, ob ihr mich im September einstellen würdet.“

„Gaby! Ich denke, da gibt es keine Probleme. Du darfst dich nur nicht gehen lassen, du musst immer gepflegt sein und alles machen, was der Kunde von dir verlangt. – Der Kunde ist König! – Das ist uns ganz wichtig. Es gibt keine Verweigerungen, wenn vorher etwas telefonisch abgesprochen wurde. Du musst jeden Kunden akzeptieren. Auch wenn er dick oder hässlich, unbequem ist, oder stinkt. Wir versuchen schon seit Jahren einen angenehmen und freundlichen Kundenstamm zu halten. Und ich denke, das ist uns gelungen. Wir sind sehr um das Wohl unserer Mitarbeiterinnen bemüht. Eine wirklich schlechte Behandlung unserer Damen lassen wir nicht zu! – Ich würde sagen, andere Einzelheiten besprechen wir im September. – Was sagst du?“

Ich habe längst alles erfahren, was ich wollte. Deshalb antworte ich:

„Prima! So machen wir das. Sobald ich in Athen wohne, rufe ich dich an. Vielen Dank für deine Zeit, Elena!“

„Gerne! Ich übernehme deine Cola.“, sagt sie und zückt ihr Portemonnaie.

„Vielen Dank!“, erwidere ich und nehme meine Handtasche. Elena legt das abgezählte Geld auf den Tisch, wir erheben uns beide und verlassen gleichzeitig das Café. Auf dem Bürgersteig nicken wir uns noch einmal zu und jede von uns schlägt eine andere Richtung ein.

Am nächsten Morgen rufe ich wieder die ‚Lovely English Lady‘ an. Sie ist freundlich und hat sich entschieden, mich zu treffen. Ich notiere die Adresse des Cafés, das sie als Treffpunkt vorschlägt und wir vereinbaren eine Uhrzeit. Am Nachmittag mache ich mich mit dem Bus auf den Weg nach Glyfada, einem südlichen Stadtteil Athens, der direkt an der Küste liegt. Von dort aus nehme ich ein Taxi. Wir haben am Telefon darüber gesprochen, wie wir uns erkennen. Sie sagte: ‚Ich habe langes, blondes Haar. ‘ Und ich entgegnete: ‚Ich ebenfalls‘.

Auf der Terrasse des Cafés, in dem wir verabredet sind, muss ich nicht lange warten bis sich eine mittelgroße, leichtfüßige, ihre Handtasche schwingende Blondine suchend zwischen den Tischen umsieht. Als sie in meine Richtung schaut, gebe ich ihr ein kleines Zeichen mit der Hand und sie nähert sich mir langsam, mich aufmerksam betrachtend.

„Hi Darling!“, begrüßt sie mich. „Ich bin Violet.“

„Hi! Ich bin Anika. – Das heißt, mit richtigem Namen heiße ich Ilona. – Danke, dass wir uns treffen können!“

„Lass uns ruhig bei unseren Künstlernamen bleiben. Das ist schon okay!“

Sie nimmt Platz und schaut sich skeptisch um. Ich versichere ihr, dass ich alleine bin. Violet ist in meinem Alter oder sogar etwas älter. Sie bestellt einen schwarzen Tee und dann stellt sie mir Fragen: Wo ich wohne, wie lange ich bleiben will, ob ich Familie habe und so weiter. Ich beantworte alles wahrheitsgemäß, weil man mit Lügen nichts erreicht. – Ich meine, das Lügen ist in unserem Beruf weit verbreitet. Wer trägt schon seinen richtigen Namen, gibt sein richtiges Alter an oder seine wahre Herkunft? Aber ich will ja etwas von Violet: Information und vielleicht sogar eine Freundschaft unter Kolleginnen. Wenn man so etwas anstrebt, muss man auch als Prostituierte ehrlich sein.

Wir sind uns vom ersten Augenblick an sympathisch. Sie erzählt mir, dass sie seit über fünfzehn Jahren in Athen arbeitet, einen großen Kundenstamm hat und nur in der ‚Athens World‘ annonciert. Dass sie manchmal in Hotels geht, aber viel lieber zuhause arbeitet. Sie nimmt normalerweise 150 € für eine Stunde und macht nur Safer Sex. Keinen Analverkehr. Der größte Teil ihrer Kunden sind Griechen. Aber immer wieder trifft sie auch Geschäftsleute aus aller Welt. Wenn sie mit einem Kunden schon gut bekannt ist, gestattet sie ihm, zu ihr nach Hause zu kommen.

Einmal klingelt ihr Handy. Sie sieht sich nervös um, steht auf, nimmt das Gespräch an, geht umher und telefoniert. Das einzige was ich verstanden habe, ist ihre Frage: ‚Hi Darling. Wie geht es dir? ‘

Als sie wieder zu mir an den Tisch kommt, sagt sie lässig:

„Ein Termin für Montag früh. Christo. Ich kenne ihn seit vielen Jahren. Er kommt immer montags oder donnerstags. Aber er gibt mir nur 60 €. – Da musst du anfangs auch etwas flexibel sein. Nicht jeder Grieche hat 150 € für dich. Nicht in dieser Krise! – Nur bei Besuchen in Luxushotels und bei den Geschäftsleuten darfst du auf keinen Fall mit dem Preis runtergehen. Die billigen Huren aus Bulgarien und Russland, die an der Straße stehen und die Drogensüchtigen, die verkaufen sich für viel weniger. Ich habe gehört teilweise für 30 €. Und sie machen alle Arten von ungeschütztem Sex. – Grauenhaft!“

Violet erzählt mir, dass es in ganz Athen verteilt eine große Anzahl Stundenhotels gibt, in denen man sich mit einem Kunden verabreden kann, dass selbstständig ausgeübte Prostitution in Griechenland zwar illegal ist aber durchaus praktiziert und toleriert wird. Dass man nur achtgeben muss, der Polizei nicht direkt in die Arme zu laufen. Ihr sei das zum Glück noch nie passiert. Sie erzählt, früher habe sie hin und wieder luxuriöse Hotels aufgesucht, um sich an deren Bar Kundschaft zu angeln. – Und irgendwie ist sie wohl in der Stimmung und fragt mich, ob ich Lust dazu habe, mal an einem Abend mit ihr zusammen ‚Fischen‘ zu gehen.

„Zu zweit geht so etwas viel besser als alleine. Man kann einem Herrn, der an uns beiden gleichzeitig interessiert ist, auch ein verlockendes Angebot machen und er zahlt jeder von uns nur 100 € anstelle der 150 €. Das ist immer noch gutes und schnell verdientes Geld.“

Violet redet wie ein Wasserfall und ich freue mich ungemein, dass sie so offen zu mir ist! Auch darüber, dass sie mich zum „Fischen“ einlädt und wir etwas gemeinsam unternehmen werden.

Schließlich verabreden wir uns für den nächsten Tag um 20.00 Uhr an der Plateia in Glyfada und ich bin ich sehr glücklich! Denn jetzt weiß ich genug, um mich als Callgirl in Athen selbstständig zu machen.

2

Am nächsten Nachmittag lege ich mir die Kleidung für den Abend zurecht. Ich entscheide mich für ein kurzes, Figur betontes, schwarzes Sommerkleidchen und schwarze High Heels. In eine kleine Handtasche packe ich zusätzlich zu meinem üblichen Sachen vier Kondome, ein kleines Fläschchen Massageöl und einen zweiten Slip zum Wechseln. Für diesen Abend sollte das reichen. Um 19.00 Uhr mache ich mich auf den Weg zur Busstation. Es ist Mitte Juni, es ist heiß und ich fühle mich großartig in Form für meinen ersten Fischfang!

Die Busfahrt von Piräus bis nach Glyfada dauert über eine halbe Stunde. Natürlich hätte ich ein Taxi nehmen können, das wäre schneller und bequemer gewesen. Aber da ich bisher noch keinen einzigen Euro eingenommen habe, gehe ich sparsam mit meinem Geld um und leiste mir ein Taxi nur dann, wenn es unbedingt sein muss.

In Glyfada angekommen, steige ich aus und spaziere über einen Platz mit großen Pinien, Blumenbeeten und dazwischen verstreut stehenden Parkbänken. Es dauert nicht lange und ich sehe Violet. Sie trägt ein hellrotes Kleid. Es ist länger als meines aber ebenfalls figurbetont. Mit ihren langen, blonden Haaren und dem roten Lippenstift sieht sie trotz ihres Alters verdammt sexy aus und ich sehe, wie die Männer sich nach ihr umdrehen. Wir begrüßen uns mit Küsschen und schlendern die ‚Metaxa Straße‘ mit ihren vielen Modegeschäften entlang. Violet hat sich Gedanken über unseren gemeinsamen Abend gemacht. Sie möchte mit mir in ein angesehenes Hotel gehen, das nicht nur von Touristen sondern auch von Geschäftsleuten besucht wird und in dem sie früher schon öfter ihr Netz ausgeworfen hat. Dort arbeitet ein Barmann der darüber Bescheid weiß, welchen Beruf sie ausübt und der keinerlei Probleme macht, wenn sie mit einem Hotelgast auf dessen Zimmer verschwindet. Dafür gibt sie ihm immer ein gutes Trinkgeld.

Da ich keine Ahnung habe, was für Hotels es hier gibt und wo die Geschäftsleute absteigen, verlasse ich mich ganz auf Violet und willige ein, später mit ihr ins Ammas Hotel zu gehen.

Während wir an den Geschäften entlang bummeln, erzählen wir uns allerlei aus unserem Berufs- und Privatleben. Ich fühle ich mich beschwingt und frei und habe das Gefühl, allen kommenden beruflichen und privaten Herausforderungen in diesem fremden Land gewachsen zu sein.

Gegen 21.00 Uhr machen wir uns auf den Weg zum Ammas Hotel. Als wir das Foyer betreten, bewundere ich seine luxuriöse Ausstattung. In meiner Heimat gibt es nichts Vergleichbares. Dort kenne ich nur kleine, einfache Hotels, hauptsächlich Familienbetriebe, in denen keine reichen Geschäftsleute absteigen.

Wir fahren mit dem Lift in die obere Etage, wo sich eine Dachterrasse mit einer Bar und einem Swimmingpool befindet. Wieder staune ich und Violet lacht, weil sie bemerkt, wie fremd mir dieser Luxus ist.

Wir gehen in Richtung Tresen und da sitzen zwei Männer mittleren Alters. Sie haben Drinks vor sich stehen und schauen in den Fernseher, der an der Rückwand der Bar hängt und auf dem gerade eine Sportsendung übertragen wird. An den Tischen verstreut sitzen Pärchen und Familien. Keine Singles. Michalis, der Barmann, erkennt Violet sofort und begrüßt sie sehr freundlich. Sie stellt mich als ihre deutsche Freundin vor und fragt, ob das Hotel gut belegt sei. Michalis sagt, ja, aber nicht nur mit Geschäftsleuten, sondern ebenfalls mit Urlaubern aus Amerika, Südafrika und England.

Die Theke beschreibt ein großes L und wir setzen uns an das kurze Stück, so dass die beiden Herren an dem langen Tresenteil uns gut sehen können. Das ist natürlich Violets Idee. Wir bestellen beide einen frischgepressten Orangensaft und Violet klärt mich auf:

„Wir sitzen nicht nur hier, weil wir den beiden Männern so auffallen, sondern auch aus folgendem Grund: Um zur Toilette zu gehen, muss jeder nah an uns vorbeigehen. Schau, sie sind gleich hier um die Ecke!“

‚Geschickt‘, denke ich, und bewundere Violet für ihre Taktik. Die beiden Männer haben schon neugierig zu uns herüber geschaut. Violet und ich unterhalten uns leise und kichern hin und wieder. Ich bin gespannt, wie es weitergeht! Werden wir die Männer ansprechen oder warten wir darauf, dass sie uns ansprechen? Ich will Violet nicht damit nerven, sie nach ihren nächsten Schritten zu fragen und denke, ich warte einfach ab was geschieht. Sie ist schließlich die Expertin fürs Fischen. – Außerdem: Wenn uns heute kein Fisch ins Netz geht, ist das nicht schlimm. Dann ist es für mich eine Übungsstunde und Violet und ich haben uns ein bisschen näher kennengelernt und einen netten Abend miteinander verbracht. Mir würde das vollkommen reichen.

Hin und wieder sieht Violet zu den Männern rüber und wenn sie Blickkontakt zu einem hat, lächelt sie auf eine ganz reizende, charmante Art. Für die beiden könnte das so aussehen, als wenn Violet sie anbaggert. Sie macht ihnen Hoffnung. Auf eine Unterhaltung, auf einen Flirt? Auf Sex?

In den Clubs, in denen ich bisher gearbeitet habe, war vollkommen klar, worum es ging. Aber jetzt ist das ganz anders und dementsprechend unsicher fühle ich mich. Ich sage mir jedoch, dies hier ist nur eine andere Ebene, auf der ich mich anbiete. Das Spiel beginnt nur anders. Aber es läuft auf bezahlten Sex hinaus.

‚Also keine Panik, Ilona! – Ich stehe zwar nicht in verführerischer Sexwäsche hier, in der ich posieren und mich anbieten kann, aber ich trage ein schickes Sommerkleid, in dem ich sexy aussehe und mit dem ich leicht einen Mann verführen kann.‘

Es vergeht über eine Stunde, aber es geschieht nichts weiter… Michalis schaltet den Fernseher aus und nun wenden die beiden Herren sich endlich von ihm ab. Der Herr mit den grau gewellten Haaren steht auf und geht an uns vorbei zur Toilette. Er grüßt uns freundlich auf Englisch und lächelt uns an. Ein weiterer Herr betritt die Dachterrasse und stellt sich an den langen Teil der Theke. Er ist ein Mittfünfziger, groß, kräftig, dunkle kurze Haare und glatt rasiert. Michalis geht auf ihn zu, der Gast bestellt einen Drink und nachdem er serviert ist, beginnen die beiden zu plaudern. Auf einmal sehen beide zu uns rüber und der neue Gast lächelt uns an. Violet flüstert mir zu:

„Der Neue könnte auch passen. Wenn das mit den anderen beiden nichts wird, könnten wir uns diesen teilen.“

Sie kommt näher an mich heran und flüstert noch leiser:

„Wenn er uns will, nehmen wir 100 € für jede von uns, – aber wir machen keine lesbischen Spielchen. Das mag ich nämlich nicht!“

„In Ordnung!“

Der Grauhaarige kommt von der Toilette zurück, lächelt uns wieder an, geht aber schnurstracks weiter zu seinem Kollegen. Die beiden vertiefen sich in ein Gespräch. Violet hat mittlerweile den neuen Gast ins Visier genommen. Auch ich sehe hin und wieder zu ihm rüber und schenke ihm mutig ein kleines Lächeln. Auf einmal nimmt er seinen Drink und kommt auf uns zu.

„Hi! Ich bin Jack. Darf ich mich zu euch setzen?“

„Ja bitte.“, antworte ich viel zu schnell.

Violet reicht ihm die Hand und sagt:

„Ich bin Violet und das ist meine Freundin Anika.“

Jack gibt auch mir die Hand und sagt:

„Angenehm!“

Er hat einen Barhocker herangezogen und setzt sich, mit Violet und mir ein Dreieck bildend, zu uns. Ich schlage die Beine übereinander und mein Kleid rutscht dabei ein Stückchen höher, so dass die Hälfte meiner gebräunten Oberschenkel gut zur Geltung kommt. Meine Geste wird sofort mit einem lächelnden Blick von ihm quittiert.

„Darf ich euch einladen, etwas mit mir zu trinken?“, fragt Jack und wir bejahen. Auf unseren Wunsch hin bestellt er Wodka und wir mischen ihn mit unserem Orangensaft.

„Cheers, meine Hübschen!“, sagt er, und wir prosten uns zu.

Der Fisch ist also da! Dieser Mann will nicht nur Unterhaltung während eines Drinks an der Bar, der will auch Sex, – dafür habe ich ein sicheres Gespür! Nur wird er den Sex bezahlen müssen. Ich frage mich, ob Michalis ihm schon etwas angedeutet hat…

Jack möchte wissen, was wir in Athen machen. Ob wir etwa in Urlaub sind.

„Nein, wir leben und arbeiten hier.“, antwortet Violet sofort.

Natürlich fragt er daraufhin, was wir beruflich machen und bevor ich auch nur die Chance hätte, eine falsche Silbe über meine Lippen kommen zu lassen, erwidert Violet:

„Anika tanzt und ich gebe Massagen!“

Als sie das sagt, bewegt sie ihre Hände mit gespreizten Fingern in leicht kreisenden Bewegungen und sieht Jack dabei verlockend an. – Wow! Das war fast auf den Punkt gebracht. Ich staune über ihren Mut, einem wildfremden Mann so etwas aufzutischen, ohne dabei rot zu werden. Jack hingegen guckt für einen Moment verlegen aus der Wäsche. Anscheinend weiß er nicht, was er darauf erwidern soll und antwortet nur zögernd:

„Oh, – wie interessant!“

Violet hakt sofort nach und zwitschert mit verführerischer Stimme:

„Heute haben wir unseren freien Tag, – aber zu einem Tänzchen oder einer Massage sind wir immer aufgelegt.“

Dabei bewegt sie sich auf dem Hocker zum Takt der Musik, die leise aus den Lautsprechern über die Dachterrasse rieselt.

„Stimmt’s?“, fragt sie mich.

„Genau!“, gebe ich zurück und versuche ein halbwegs keckes Lächeln.

„Na dann auf euren freien Abend!“, sagt Jack und erhebt sein Glas mit dem Whisky. Ich kann es kaum fassen, wie cool Violet es angestellt hat, ihm ein Tänzchen und eine Massage in Aussicht zu stellen.

„Und was machst du in Athen?“, frage ich ihn aus lauter Verlegenheit.

„Ich bin geschäftlich hier. Die Firma, für die ich arbeite, stellt Radarsysteme für Schiffe her. Die verkaufe ich in Griechenland. – Aber lasst uns nicht über meine Arbeit reden. Davon will ich gerade abschalten!“

„Und dabei können wir dir bestens helfen!“, erwidert Violet sofort und ich staune über ihre Schlagfertigkeit.

Mittlerweile bin ich gespannt, wie sie Jack dazu bringen will, dass er uns auf sein Zimmer einlädt und ein paar Euro für den Sex springen lässt. Mir fällt überhaupt nichts dazu ein und ich habe eher Angst davor, durch dumme Bemerkungen etwas zu vermasseln. Violet hingegen schafft es irgendwie, uns in ein Gespräch zu verwickeln, das sich um belanglose Dinge dreht: Den Sommer in Athen, Athen und die Plaka, die Plaka und ihre Restaurants, die Restaurants und ihre Preise, die Preise und die Krise... Währenddessen nehmen wir noch einen weiteren Drink und gehen ganz entspannt miteinander um. Der Wodka macht mich locker. Das fühlt sich großartig an und tut meinen Gesichtsmuskeln gut, die sich jetzt entspannen können. Meine Selbstsicherheit kehrt zurück. Der Fisch ist an der Angel. Der hüpft uns nicht mehr davon! – Die Frage ist nur noch, wieviel bringt er auf die Waage?

Violet gibt mir mit einem Stupser an mein Knie zu verstehen, dass wir zusammen auf die Toilette gehen sollen. Ich nehme meine Tasche vom Haken unter dem Tresen und wir bitten Jack, uns zu entschuldigen. Auf der Toilette schaut Violet in den Spiegel, malt ihre Lippen nach und sagt:

„Jetzt müssen wir geschickt in seinem Zimmer landen. – Am besten ist, wir lassen nicht mehr viel Zeit verstreichen. Wir wollen schließlich nicht betrunken werden!“

„Einverstanden! Und ich überlasse dir das ganze Fischen. Ich bin in der Beziehung total unnütz. Das hast du sicher bemerkt.“

„Das stimmt, aber es macht nichts. Du wirst es lernen! Also mach dir keine Gedanken deshalb, – komm, lass uns gehen!“

Sie stößt mich leicht mit ihrem Ellbogen an und kichert wie ein junges Mädchen. Ich überprüfe ebenfalls mein Make-up und als alles perfekt ist, gehen wir gemeinsam zurück an die Bar. Als wir wieder auf unseren Barhockern Platz genommen haben, fragt Violet:

„Jack, Darling, – wohnst du hier im Hotel?“

„Ja.“, entgegnet er, „Das tue ich. Wieso?“

„Hättest du vielleicht Lust auf ein bisschen Spaß zu Dritt auf deinem Zimmer?“

Kurze Pause. – Jack nimmt seinen Whisky und trinkt.

„Oh ja, das hätte ich…“, gibt er betont langsam zurück und sieht Violet dabei fragend und mit hochgezogenen Augenbrauen an.

‚Oh Gott, ich bin so froh, dass sie das Reden übernimmt! So direkt könnte ich niemals mit einem fremden Mann über dieses Thema sprechen. ‘, denke ich und spüre, wie ich erröte.

Violet beugt sich vor, legt sachte ihre rechte Hand auf Jacks Bein, sieht ihn mit einem ungeheuer bezaubernden Lächeln an und flüstert:

„Gut Darling, das einzige was wir uns wünschen ist, dass du dich uns gegenüber großzügig erweist. – Was meinst du?“

Jack legt seine Hand auf die ihre, sieht kurz zu mir rüber und fragt:

„Und wie großzügig müsste ich sein?“

„Da heute unserer freier Tag ist, sind wir ebenfalls großzügig und sagen: Für uns beide zusammen 200 €.“

Ich kann es kaum fassen, wie selbstsicher sie das rüberbringt. Kein drum herumreden. Sie bringt es einfach auf den Punkt! – Jack kratzt sich am Kopf und macht ein Gesicht, das mir gar nicht gut gefällt, aber dann hebt er wieder seine Augenbrauen und antwortet:

„Abgemacht! Das gönne ich mir heute. Also, trinken wir noch einen und verschwinden danach auf mein Zimmer?“

„Einverstanden, Darling. Danke!“, entgegnet Violet.

Sie schaut nicht triumphierend, sie bleibt einfach jugendlich charmant und heiter, plappert irgendetwas über die griechische Musik und verstrickt uns erneut in eine lockere Unterhaltung. So, als wenn nichts weiter geschehen wäre. Jetzt, wo der Deal gemacht ist, kehrt meine Sicherheit zurück. Ich muss nicht mehr darüber nachdenken, was ich tun oder lassen soll. Das Freudenmädchen in mir kann sich entfalten und an die Arbeit gehen. Als ich meine Beine öffne, um sie von rechts nach links übereinanderzuschlagen, mache ich das bewusst langsam und gebe Jack damit Gelegenheit, einen tiefen Blick zwischen meine Schenkel zu werfen. Sozusagen als kleinen Vorgeschmack. Die nächsten Drinks stehen schon vor uns, Michalis hat sie fast unbemerkt serviert und lässt sich nicht anmerken, dass er ahnt, was zwischen uns läuft. Nach einer Weile beugt Violet sich zu Jack rüber und flüstert:

„Sag uns deine Zimmernummer. Dann stehst du gleich auf, verabschiedest dich so von uns, dass die anderen Gäste glauben, wir trennen uns und wir folgen dir fünf bis zehn Minuten später. – Mach dich in der Zwischenzeit frisch an deinem besten Stück, damit wir es ordentlich verwöhnen können.“

Sie zwinkert ihm zu.

„Meine Zimmernummer ist 617.“, antwortet Jack, „Auf der sechsten Etage, gleich links neben dem Aufzug“.

Aufgeregt kippt er seinen Drink runter und lässt sich die Rechnung geben. Nachdem er bezahlt hat, steht er auf, nickt uns zu, und mit einem letzten Blick auf meine nackten Oberschenkel verabschiedet er sich von uns.

Violet sieht auf ihre Uhr und geht noch einmal zur Toilette. Danach sind fünf Minuten verstrichen. Wir zahlen unsere Getränke bei Michalis, der uns wissend einen schönen Abend wünscht. Violet gibt ihm einen Zehner Trinkgeld und er nimmt es lächelnd und mit einem dankenden Nicken an.

3

Als wir in den Aufzug steigen, sage ich zu Violet:

„Das hast du wahnsinnig geschickt eingefädelt. Wow! Ich hoffe, ich habe mich nicht allzu dämlich angestellt.“

„Nein, alles ist bestens. Ich habe den ganzen Mut nur, weil du dabei bist! Mein Gott, als ich vor über zwanzig Jahren das erste Mal nach Griechenland kam, war das alles nur ein einziges Spiel, bei dem man Geld machen konnte. Die Griechen waren so verrückt nach Blondinen, das kannst du dir nicht vorstellen! Und jeder hat etwas springen lassen dafür, mit einer ins Bett zu gehen. Ich war mit einer Freundin im Urlaub hier. Wir trieben es überall. Auf dem Olivenacker, am Strand, im Auto. – Wir hatten mehr Geld als wir nach Hause flogen, als bei unserer Ankunft in Griechenland. Die Männer haben alles für uns bezahlt. Getränke, Essen, Pensionen, – sie ließen sich nie lumpen. Hauptsache, sie konnten mit uns flirten, uns küssen, anfassen oder vielleicht ein Nümmerchen mit uns schieben.“

Der Aufzug hält an. Wir steigen aus und Violet flüstert mir zu:

„Denk dran! Keine Lesbenspiele, nur Safer Sex und für mich keinen Analverkehr. Wenn er Anal will und du willst es ihm geben, ist das deine Sache.“

„Okay! Auf Analverkehr bin ich auch nicht scharf.“

Violet hat schon lange keinen Freier mehr mit einer zweiten Frau bedient. Sie arbeitet seit vielen Jahren alleine und bevorzugt das. Dabei ist es zu zweit eigentlich immer eine einfache Sache, weil der Mann doch relativ schnell überfordert ist.

Wir klopfen an Zimmer Nummer 617 und Jack öffnet uns. Er trägt nur noch seine Unterhose. Ein kräftiger, muskulöser Mann steht uns gegenüber.

„Herein spaziert, Ladies!“, sagt er, und wir folgen ihm in den Raum. Ich bitte ihn, Musik zu machen.

„Was immer ihr wollt!“, gibt er zurück. Er spielt so lange an der Fernbedienung des Fernsehers herum, bis er einen Sender mit langsamer, melodischer Musik gefunden hat. Violet hat ihr Kleid ausgezogen und trägt nur noch einen roten Spitzen BH mit einem dazu passenden Höschen. Sie legt ihre Hände von hinten auf Jacks Schultern und massiert ihn sanft. Wir stehen in dem Raum zwischen Bett und Badezimmer. Viel Platz ist hier nicht für uns Drei. In einem großen Spiegel an der Wand kann Jack sich, Violet und mich sehen. Ich versuche, auf die Musik der Siebziger Jahre langsam tänzelnd einen kleinen Striptease hinzulegen. Als ich nur noch meinen schwarzen Satinslip und meine High Heels trage, gehe ich auf Jack zu und schmiege mich von vorne an ihn. Sofort greift er mit einer Hand an meinen Busen und mit der anderen in meinen Slip. Gleichzeitig will er mich küssen. Einen Kunden zu küssen, gehört zwar normalerweise nicht zu meinem Service, aber da er unser selbst gefangener Fisch ist und nicht aus dem Mund riecht, lasse ich das Küssen zu. Violet bleibt von hinten an Jack geschmiegt. Sie massiert seinen Rücken, seinen Po und die Innenseiten seiner Schenkel. Der Schwanz in seiner Unterhose ist schon dick geschwollen. Ich höre auf, ihn zu küssen, gleite an ihm hinunter, fahre stattdessen mit meiner Zunge über seine Brust, seinen Bauch und seine Hüfte; hole sein bestes Stück oben aus dem Slip heraus und stecke es tief in meinen Mund. Jack stöhnt auf. Ich ziehe ihm die Unterhose aus und lecke abwechselnd seine Eier und seinen Schwanz.

„Oh mein Gott!“, flüstert er. „Das ist ja irre!“

Nach ein paar Minuten nehme ich Blickkontakt zu Violet auf. Wir verständigen uns darüber, Jack aufs Bett zu dirigieren. Ich ziehe mein Höschen aus und sage:

„Jetzt wollen auch wir unseren Spaß, Darling, – leg dich hin!“

Als er auf dem Rücken liegt, krabbeln wir rechts und links neben ihn und bearbeiten sein Gemächt mit unseren Zungen. Er windet sich vor Geilheit. Genau so mag ich die Männer! Wenn sie ihren Verstand verlieren. Wenn sie nur noch Schwanz sind. Nach einer Weile löse ich mich von seinem Geschlecht und knie mich so über seinen Kopf, dass meine Pussy dicht über seinem Gesicht schwebt. Sofort zieht er mich weiter zu sich runter und beginnt mich zu lecken. Ich stütze mich am Kopfteil des Bettes ab und tue so, als wenn ich es geil finde, so wild von ihm geleckt zu werden. Einen Orgasmus will ich ihm allerdings nicht so einfach vorspielen. Damit warte ich, bis ich genau weiß, ob er das überhaupt braucht. Die meisten Leute sind der Meinung, dass eine Hure den Orgasmus immer nur vorspielt und deshalb gehe ich sehr sparsam mit diesem Schauspiel um. Wenn ich einen Freier schon länger kenne und ihm dann irgendwann vormache, dass mir der Sex mit ihm Spaß macht, fühlt er sich unglaublich geschmeichelt. Deshalb vermeide ich es möglichst, einem Kunden unnötigerweise einen sexuellen Höhepunkt vorzuspielen. Und deshalb stöhne ich bei Jack nur lustvoll vor mich hin. Als ich mich zu Violet umdrehe, sehe ich, sie hat aufgehört ihn zu lutschen und hat ihm ein Kondom übergezogen. Auf ihr Zeichen hin wechseln wir unsere Plätze. Ich rutsche mit meiner nassgeleckten Muschi auf Jacks geschützten Schwanz und sage:

„Ah, das ist geil, Baby. – Dein Dicker fühlt sich wahnsinnig gut an!“

Violet kniet sich breitbeinig in Jacks Reichweite neben uns. Der weiß nicht wohin er sehen und fassen soll. Während ich ihn reite, greift er mit einer Hand an meinen Busen, mit der anderen an Violets Boobs. Am liebsten würde er wahrscheinlich gleichzeitig ihre Muschi befummeln. Aber er hat nur zwei Hände. Jack ist gierig und geil. Ihm wird es nicht leidtun, nachher das Geld herauszurücken. Da bin ich mir sicher! Ich ficke ihn langsam und rhythmisch. Als er kurz vor dem Explodieren ist, steige ich von seinem Schwanz, streife das Kondom ab, lasse es neben das Bett fallen, nehme vom Nachttisch ein frisches und rolle es vorsichtig über sein bestes Stück. Danach gebe ich Violet ein Zeichen. Sie löst ihre Titten von Jacks Zugriff, setzt sich auf ihn und reitet ihn sofort, heftig stöhnend. Ohne darüber zu sprechen, sind wir uns einig, dass es an der Zeit ist, ihn zum Abschluss kommen zu lassen. Ich knie mich mit gespreizten Beinen in Hundestellung so neben die Beiden, dass Jack von hinten auf meine Muschi schauen und einen Finger in sie hineinstecken kann. Er ist aufs allerhöchste erregt und gibt sich Mühe, uns beide zu händeln. Violet fickt ihn immer schneller und dann kommt, was kommen muss: Er kommt! – Jack bäumt sich auf und stöhnt mit schmerzverzerrtem Gesicht. Er fasst Violet bei der Hüfte, während er sie hart von unten stößt. Mit geschlossenen Augen sinkt er schließlich in sich zusammen. Er atmet schwer und wohlig.

„Oh Ladies, das war grandios.“, flüstert er.

Wir legen uns rechts und links neben ihn und lauschen seinem schnaufenden Atem. Jack nimmt uns in die Arme und küsst uns beide auf die Stirn. Erschöpft und glücklich schaut er uns an. So gefällt mir das!

Was ich, neben dem vielen Geld das ich verdienen kann, an meinem Beruf am meisten liebe, ist, dass ich jemanden so richtig glücklich machen kann! – Violet fragt Jack, ob er noch eine kleine Massage zum Einschlafen möchte, doch er lehnt ab und sagt:

„Es wird Zeit, euch hinauszuwerfen. Sonst bange ich um meine Nachtruhe. Ich fliege morgen sehr früh nach Amsterdam.“

Ich stehe auf und frage, ob ich das Bad benutzen darf. Jack bejaht. Ich schlüpfe hinter den Duschvorhang der Badewanne, dusche mich und spüle meinen Mund danach gründlich mit einem antiseptischen Mundwasser aus. In ein Badetuch gehüllt kehre ich zurück ins Zimmer und nun verschwindet Violet ins Badezimmer. Ich ziehe mich an und plaudere mit Jack, der aufsteht und zwei 100 € Scheine auf seinen Schreibtisch legt. Als Violet wieder im Zimmer ist, zeigt er auf das Geld und sagt:

„Das ist für euch, ihr beiden Hübschen. Danke sehr, Anika und Violet! Das war wirklich ein aufregendes Erlebnis. Habt ihr eine Telefonnummer? Ich komme bestimmt irgendwann mal wieder nach Athen und dann könnten wir das gerne wiederholen.“

Da ich noch keine Geschäftsnummer habe, nicke ich Violet zu. Auf einem Stück Papier hinterlässt sie ihm ihre Mobilnummer, unsere Namen und malt ein Herzchen dazu. Wir bedanken uns bei ihm für seine Großzügigkeit, küssen ihn links und rechts auf die Wange und wünschen ihm eine gute Nacht.

Als wir aus dem Zimmer geschlüpft sind, liegt ein zufriedener Ausdruck auf Violets Gesicht. Auch ich bin zufrieden. Höchst zufrieden! Immerhin habe ich gerade eben mein erstes Geld in Athen verdient. Ich bin immer noch erstaunt darüber, dass wir heute Abend überhaupt einen Fisch an Land gezogen haben. Und ganz besonders freue ich mich darüber, so eine nette und liebenswerte Kollegin zu haben.

Als wir vor der Tür des Ammas Hotels in die milde, warme Abendluft Athens treten, nehmen wir uns kurz in den Arm, drücken uns verschwörerisch und gehen gemeinsam in Richtung Plateia-Glyfada. Es ist fast Mitternacht und ich weiß nicht, ob es noch einen Bus zurück nach Piräus gibt. Ich könnte mir natürlich ein Taxi leisten. Aber dazu bin ich einfach zu geizig. Das würde ich nur machen, wenn wirklich kein Bus mehr fährt. Ich ziehe einen 5 € Schein aus meinem Portemonnaie und reiche ihn Violet, um mich an dem Trinkgeld für Michalis zu beteiligen. Violet dankt mir und sagt:

„So finde ich das am besten, wenn wir uns immer alles teilen. Es ist blöde sich ständig gegenseitig einzuladen. – Das hat doch nichts mit Freundschaft zu tun.“

Wir plaudern vor uns hin und gehen nochmal den gelungenen Abend und unseren erfolgreichen Fischfang durch. Violet sagt:

„Mein Gott, ich fühle mich heute Abend zwanzig Jahre jünger! Wie damals im Urlaub auf den griechischen Inseln.“

„Und ich bin richtig glücklich, dich kennengelernt zu haben. Vielen Dank für alles, Violet!“

„Ach, nichts. Bedank dich nicht! – Sieh jetzt erst mal zu, dass du eine Anzeige in der ‚Athens World‘ aufgibst. Glaub mir, wenn du geschickt bist, kannst du hier eine ganze Menge Geld verdienen!“

Wir erreichen die ‚Plateia-Glyfada‘ und ich sehe bei der Bushaltestelle auf den Fahrplan. Es wird noch ein Bus fahren. Als der kommt, umarmen und küssen wir uns, ich steige ein und Violet schlendert, ihre kleine Handtasche schwenkend, davon. Ich lehne meinen Kopf müde an die Rückenlehne des Sitzes, während mich der Bus schaukelnd nach Piräus fährt.

4

Das kleine Hotel, in dem ich wohne, liegt in Piräus auf einem Hügel oberhalb von ‚Zeas-Marina‘. Von meinem Balkon aus sehe ich über andere Häuser hinweg auf den kreisrunden Jachthafen mit seiner Vielfalt an Booten und auf das dahinterliegende Meer. Mein Zimmer ist klein, aber es hat einen Kühlschrank, eine Klimaanlage, einen Fernseher und Internetzugang. Mehr brauche ich für den Augenblick nicht. Ich zahle 35 € pro Tag ohne Frühstück. Für meinen Neustart in Athen will ich in den kommenden zwei Monaten möglichst nicht mehr als 5000 € ausgeben. Das sollte für die Startphase reichen. Aber das heißt natürlich, ich muss mit meinem Geld haushalten. Sollte ich ein preiswerteres Hotel in einer guten Lage finden, werde ich umziehen, auch wenn ich momentan mit meiner Unterkunft sehr zufrieden bin.

Die Verkehrsverbindung mit dem übrigen Athen ist ganz gut. Auf der Straße vor dem Hotel fahren ständig Taxis und in der Nähe der ‚Plateia-Piräus‘ fahren Busse in alle Richtungen Athens.

Meine beiden Koffer, mit denen ich aus Deutschland angereist bin, sind noch nicht ganz ausgepackt. Ich habe bisher nur ein paar Kleider, einen Sommermantel und drei Jacken auf Bügel in den Kleiderschrank gehängt, meine Oberteile und Röcke in die Regale eines Wandschranks gelegt und meine Schuhe unters Bett gestellt.

Heute ist Dienstag und auf meinem Programm steht, mich um meine Anzeige in der ‚Athens World‘ kümmern. Bis Mittwochmittag muss ich sie bei der Redaktion abgegeben haben, damit sie am Freitag in der dieswöchigen Ausgabe erscheint. Also gehe ich ins Bad und mache mich fertig zum Ausgehen. Gekämmt, geschminkt und von Kopf bis Fuß mit einer leichten Sonnenmilch eingecremt, so dass meine Haut samtig glänzt, schlüpfe ich in meine Sommerkleidung. – Wie sehr ich es liebe, diese luftigen Sachen zu tragen! Das ist in Deutschland auch während des Hochsommers nicht selbstverständlich. An der Rezeption gebe ich meinen Schlüssel ab und verlasse das Lilo Hotel in Richtung Plateia.

Dort trinke ich zum Frühstück einen Nescafé mit Milch und esse ein Blätterteigteilchen. Hier ist alles so anders als in Deutschland. Der Kaffee, das Gebäck, der Lärm, die Hitze, die lauten Menschen, einfach alles! Bequem im Schatten einer Platane sitzend, nehme ich mein Notizbuch heraus und fange an, ein Inserat für die ‚Athens World‘ zu formulieren:

‚Charming Lady from Germany likes to meet nice Gentlemen … Telefonnummer.’ – Ich weiß nicht so recht… Vielleicht besser:

‚Attractive Lady from Northern Europe likes to meet nice Gentlemen for outgoing and fun ... Telefonnummer.’ – Das gefällt mir auch nicht so richtig. Vielleicht so:

‚Very attractive Lady from Germany likes to meet a generous Gentleman … Telefonnummer. ‘ – Ja, das ist besser. Ich lese mir diese Formulierung immer wieder durch und auf einmal weiß ich, es geht noch besser!

‚Very attractive and charming Lady from Germany likes to meet a generous Gentleman …. Telefonnummer.’ – Das ist es! Das klingt gut! Ich bin äußerst zufrieden.

‚Sehr attraktive und charmante Dame aus Deutschland würde gerne einen großzügigen Herrn kennenlernen … Telefonnummer. Während ich mein Frühstück bezahle, frage ich die Bedienung des Cafés, wo ich in der Nähe einen Mobilfunkanbieter finde und die junge hübsche Griechin weist mir den Weg. Sie sagt, es seien nur ein paar Meter weiter die Straße hinauf. In Wirklichkeit laufe ich jedoch mindestens einen Kilometer, bevor ich den Laden entdecke. Dort lasse ich mir die vorhandenen Simkarten mit den Mobilnummern vorlegen. Es sind ungefähr zwanzig an der Zahl. Ich sehe mir alle an und entscheide mich für die Nummer 69978 69 22 69. Die gefällt mir und sie lässt sich leicht merken. Danach sehe ich mir Smartphones an. Ich entscheide mich für eins der unteren Preisklasse, mit dem ich jedoch alles machen kann, was für meine Arbeit als Callgirl wichtig ist und frage den netten Verkäufer nach einer Ersatzbatterie, die ich benötige, falls mein Akku unterwegs mal schlapp machen sollte. Für alles zusammen zahle ich 388 €. Das passt. Jetzt bin ich als Callgirl mit dem Wichtigsten ausgestattet: Einem Telefon!

Als nächstes mache ich mich auf den Weg zum Büro der ‚Athens World‘. Das liegt in der Innenstadt am ‚Omonoia-Platz‘. Violet hat mir beschrieben, wo es ist, mir jedoch geraten, mich nicht länger als nötig in dieser Gegend aufzuhalten, weil es dort angeblich von Drogensüchtigen, Zuhältern, Dealern, illegalen Einwandern und Dieben wimmelt.

Ich ziehe einen Touristen-Stadtplan aus meiner Tasche, worin die Metro-Stationen eingetragen sind, doch leider finde ich keine in meiner unmittelbaren Nähe. Die nächste Station ist am Hafen von Piräus, der mir ziemlich weit entfernt scheint. Trotzdem entscheide ich mich, zu Fuß dahin zu laufen. Auf diese Weise lerne ich den Stadtteil Piräus, in dem ich zurzeit wohne, besser kennen. Das kann nur von Vorteil sein und ich spare das Geld für ein Taxi. Außerdem habe ich mir vorgenommen, in der Anfangsphase nur die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen, um einen Kunden zu besuchen. Auch wenn Violet mir davon abgeraten hat.

Eine halbe Stunde später sitze ich in einer Bahn, die mich in die Innenstadt bringt. Am Omonoia-Platz steige ich aus und laufe die fünf Etagen Treppen zu Fuß hoch. Für meine Figur und meine Fitness verzichte ich auf die Rolltreppe. Wenigstens diesmal! Wieder über der Erde suche ich auf dem Stadtplan nach der Geschäftsstelle der ‚Athens World‘. Um ein paar Ecken herum finde ich sie. Ich betrete das klimatisierte Büro, stelle mich an den Tresen und spreche eine Dame an, die dahinter an einem Schreibtisch sitzt:

„Guten Tag. Ich würde gerne eine Anzeige für die nächste Ausgabe der ‚Athens World‘ aufgeben.“

Die Dame sieht mich kurz an, nickt, tippt jedoch weiter auf die Tastatur ihres Computers ein und beachtet mich nicht weiter. Ich überlege mir, geduldig zu warten. Und schließlich steht sie auf, um mir am Tresen gegenüber zu treten.

„In welcher Rubrik möchten Sie die Anzeige aufgeben?“

Ich lege ihr den Zettel mit dem Text auf die Theke und schiebe ihn zu ihr rüber.

„Unter ‚Escort‘ bitte.“, antworte ich.

Sie sieht mich an und ich habe das Gefühl, sie mustert mich. Ob sie glaubt, ich sei zu alt oder nicht hübsch genug um im Escort Service zu inserieren? Ich weiß es nicht. Jedenfalls liest sie sich den Anzeigentext genau durch. Dann sieht sie mich wieder an und fragt:

„Für wie viele Wochen soll ihr Text erscheinen?“

„Für vier Wochen, bitte.“

„Das macht dann 44 € zusammen. 11 € pro Woche.“

Ich gebe ihr einen Fünfziger. Sie nimmt das Geld, dreht sich um und geht wieder zu ihrem Schreibtisch, öffnet eine Schublade und kommt mit dem Wechselgeld zurück. Sie hat einen Quittungsblock mitgebracht und stellt mir eine Bescheinigung über die gezahlten 44 € aus. Prima! Ab Freitag steht meine Anzeige in der ‚Athens World‘!

Der Omonoia-Platz flößt mir nicht so viel Angst ein, wie ich nach Violets Erzählung befürchtet habe. Und da ich schon mal hier bin, bietet es sich an, die Gegend ein wenig zu erkunden. Was soll mir am helllichten Tage schon geschehen? – Laute Autos, Mopeds, Taxis und Busse fahren in dreispuriger Bahn um den Platz herum. Große Kioske stehen neben den U-Bahn Schächten und bieten Baseballkappen, Lesebrillen, T-Shirts, Zeitschriften, Pornohefte, Zigaretten, Spielzeug und Getränke an. Ich gehe vorbei an einem großen griechischen Kaufhaus, einem Hotel, Bekleidungsgeschäften, Schuhläden, Messerschleifern, Handyläden, Fast Food Restaurants und einem alten, traditionellen Kaffeehaus. Straßenhändler bieten Modeschmuck und Sonnenbrillen an. Ich sehe Bettler, Touristen, gut und schlecht gekleidete Menschen aller Herkunftsländer und einen kleinen Sexshop, in den ich kurz hineinschaue, der mich jedoch nicht weiter interessiert. Ein gut bestückter Sexshop könnte sich allerdings als sehr nützlich für meine Arbeit erweisen. Ich gehe langsam und beobachte das chaotische Gedränge und Durcheinander, das ebenso auf der Straße wie auf dem Gehsteig herrscht. Mopeds parken einfach dort, wo sie einen Platz finden. Immer wieder muss ich um Hindernisse, wie Stühle, Tische und Kisten mit Waren herum gehen. Mir fallen viele Männer auf, die wie Pakistani oder Inder ausschauen. Manche sehen mir nach oder sprechen mich an.

Dann entdecke ich die Schaufenster eines weiteren Sexshops. Als ich eintrete, bin ich die einzige Kundin. Das Personal besteht aus einem finster dreinschauenden Mann Mitte Fünfzig und einer aufgedonnerten, eher nachlässig gekleideten Frau gleichen Alters. Ich frage auf Englisch, ob ich mich umsehen darf. Beide nicken gelangweilt.

Hier gibt es nicht nur Sexspielzeug, Filme und Hefte, sondern eine Riesenauswahl an Sexwäsche. Die liebe ich! Ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll zu stöbern. Bei den Lederklamotten, der Lackkleidung oder den scharfen Outfits aus Netz, Satin und Spitze? Ich entscheide mich für einen Korb voller Slips, die im Angebot sind. Es gibt welche die unten offen sind oder die Perlenketten durch den Schritt gezogen haben. Ich besitze schon eine große Kollektion dieser Art Wäsche und muss gestehen, dass ich einen Fabel dafür habe.

Bei der Netzwäsche entdecke ich einen roten Bodysuit, der mit Lackstreifen abgesetzt ist und nur am Hals, am Rücken und im Schritt gehalten wird. Sehr sexy! Den werde ich anprobieren. Der wäre wahnsinnig heiß zu meinen roten halterlosen Netzstrümpfen und den roten Lack High Heels, die ich nur bei der Arbeit und niemals auf der Straße trage. Die meisten Männer stehen auf rote Wäsche. Ich ebenfalls. Der größte Teil meiner Dessous ist Schwarz oder Rot. Im Sommer, wenn ich schön gebräunt bin, trage ich allerdings auch gerne Wäsche in knalligen Farben: In Orange, Gelb, Gold, Giftgrün und Pink. Bloß kein Lila oder Blau! – Ich stöbere weiter.

Unter den Ledersachen finde ich ein sehr hübsches Set. Es besteht aus einem Minirock, bei dem die Vorder- und Rückseite nur durch silberne Metallringe verbunden sind. Das Oberteil wird mit einem Klettverschluss am Hals und einem am Rücken befestigt. Es ist so geschnitten, dass die Brüste gehoben werden und die Brustwarzen frei liegen. Das gefällt mir sehr gut und ich lege es zum Anprobieren über meinen Arm. Als ich genug gesehen habe, frage ich die Verkäuferin nach der Umkleidekabine.

Es gibt so etwas Ähnliches hinter einem Vorhang. Dort steht ein Schemel und an der Wand hängt ein großer Spiegel. Ich ziehe mich bis auf meinen Slip aus, falte meine Kleider zusammen und lege sie auf den Hocker. Wow! Der rote Netzbody passt wie angegossen und sieht verdammt scharf aus! Auf dem Preisschild steht 59 €. Na ja, solche Sachen aus dem Sexshop sind immer teuer. Ich ziehe ihn aus und hänge ihn liebevoll wieder über seinen Bügel. Zuerst sollte ich etwas verdienen, bevor ich Geld für Sexwäsche ausgebe. Trotzdem ziehe ich die noch viel teurere Ledergarnitur an. Sie kostet 149 €. Und ich sehe in ihr zum Anbeißen aus.

Meine Nippel gucken keck über dem ledernen Brustheber. Ich zupfe an ihnen und sie werden sofort hart. Mich selbst im Spiegel zu betrachten, wenn ich so sexy gekleidet bin törnt mich einfach manchmal an und ich nehme das als sicheres Zeichen, dass es die Männer ebenfalls antörnt. ‚Gott, ist das ein geiles Ledergespann! Mit meinen schwarzen ledernen Overknee Stiefeln, einer Peitsche und Handschellen, würde ich eine sehr sexy Domina abgeben. ‘ schwärme ich mir selbst vor.

Ich zupfe noch einmal an meinen Brustwarzen und reibe mit dem Finger einmal kurz über meine Klitoris, einfach nur um zu sehen, ob ich sie stimulieren kann. Sie reagiert freudig und pulsiert. Schade, dass ich hier in einem Sexshop bin. Sonst würde ich mich ein bisschen mit mir selbst vergnügen. Aber das kann ich später im Hotel noch machen. Also raus aus den Sachen, raus aus der Umkleidekabine und raus aus dem Sexshop. Die Sachen werden hoffentlich nicht so schnell verkauft sein. Diesen Laden werde ich leicht wiederfinden und wenn ich erst mal ein gutes Sümmchen verdient habe, werde ich meine Arbeitskleidung durch schwarzes Leder und rotes Netz erweitern!

5

Wieder zurück im Lilo Hotel, nehme ich mein neues Smartphone und verbinde es mit dem Ladegerät. Ich trage Violets Mobil- und Festnetznummer ins Adressbuch ein. Dann wähle ich ein Hintergrundbild, schaue was für Apps vorinstalliert sind und probiere die Kamera aus. Wichtig ist, dass ich ins Internet kann und über eine Suchmaschine verfüge. Viel anderen Schnickschnack brauche ich nicht. Es soll nur mein Arbeitstelefon sein.

Als nächstes stelle ich meinen Koffer aufs Bett und beginne, die restliche Kleidung zu sortieren und in den Schrank zu einzuräumen. Nachdem ich damit fertig bin, packe ich Kondome in zwei verschiedenen Größen, Gleitgel, ein kleines Fläschchen Massageöl und einen kleinen schwarzen Vibrator in ein Kosmetiktäschchen. Dieses Täschchen werde ich von nun an immer in meiner Handtasche bei mir tragen. Ebenso ein anderes, das ich fürs erste mit einem verführerischen BH-Slip-Set aus schwarzem Satin und ein paar halterlosen Strümpfen bestücke.

Für den Fall, dass mich jemand für eine Domination bucht, packe ich ein kurzes schwarzes Lackkleid, lange schwarze Vinylhandschuhe, dazu passende Overknee Stiefel, eine Peitsche, ein Spanking paddle, ein paar Handschellen und eine Haarspange mit sehr langem blondem Pferdeschwanz in eine große Umhängetasche. Dazu einen größeren Dildo, Brustwarzenklemmen und zwei schwarze, weiche Seile, von je einem Meter Länge. Nachdem ich mit meinen Arbeitsvorbereitungen fertig bin, rufe ich Violet an.

„Hallo Violet! Ich bin‘s, Anika. Wie geht es dir? Bist du gut nach Hause gekommen? Ich telefoniere gerade von meiner neuen Mobilnummer aus. Speichere sie! Ich werde dich von nun an nur noch darüber anrufen.“

„Hi Darling, gut dich zu hören! Schön, dass du dich um dein Geschäft gekümmert hast. Ich bin gut nach Hause gekommen. Und heute war ich schon sehr beschäftigt. Janis hat angerufen und kam um 11.00 Uhr. Danach war ich einkaufen und währenddessen rief Jack mich an. Nicht unser Jack. Mein Jack! – Ich musste mich beeilen, um rechtzeitig wieder zuhause zu sein, weil er nur um 14.00 Uhr und keine halbe Stunde später kommen konnte! – Er war wieder schrecklich. Stell dir vor, er legt mir einfach 100 € auf den Tisch und stellt mir eine Schachtel Pralinen dazu, nimmt mich in den Arm, küsst mich fast blutig, zerrt mich ins Schlafzimmer und vögelt mich wund! Zum Glück brauchte er nicht sehr lange, um mich wund zu vögeln. Ha, ha, ha! – Bis vor einem halben Jahr hat er immer noch 150 € bezahlt, aber seit seine Frau sich von ihm getrennt hat und er mit mir gehen will, gibt er mir nur noch 100 € und legt Pralinen oder Blumen dazu! – Was sagst du dazu? – Und ich weiß nicht, was ich tun soll! Ich kenne ihn seit zwölf Jahren. Er will ernsthaft mit mir gehen. Er hat sich das in den Kopf gesetzt und fragt mich jedes Mal nach dem Sex, wann wir miteinander ausgehen können. Aber ich sage immer: ‚Nein Jack! Ich muss arbeiten, ich kann nicht einfach einen ganzen Abend mit dir ausgehen! ‘ Ach Gott, natürlich will ich ihn als Kunden nicht verlieren. – Weißt du, er kommt so gut wie einmal die Woche. Naja. So ist das. Heute Abend fahre ich ins Hilton Hotel. Jerry von Ägina fliegt morgen nach London und will mich noch sehen, bevor er für einen Monat fort ist. Ich bin zwar froh, dass mein Geschäft gut läuft, aber ich komme noch nicht mal dazu, mein Fernsehprogramm anzuschauen. – Wie geht es dir, Darling? Es war so schön gestern Abend. Das sollten wir wiederholen. Der Sommer eignet sich sowieso besser zum Fischen, als der Winter. Wir können uns luftiger kleiden und mehr von unserem Körper zeigen. – Sonst gibt es bei mir nichts Neues. Was machst du jetzt? Hast du mit dem Geschäftsführer des Lilo Hotels gesprochen, um einen besseren Preis für dein Zimmer auszuhandeln?“

Ich nutze Violets kurze Pause, um ihr zu antworten:

„Nein, ich habe noch nicht mit ihm gesprochen. Das mache ich vielleicht nachher noch, oder morgen früh, mal sehen… Ansonsten geht’s mir gut. Ich habe meine Annonce in der ‚Athens World‘ aufgegeben und bin gespannt wie es ab Freitag läuft. Zurück im Hotel habe ich meine Koffer ausgepackt und alles verstaut. Morgen will ich noch einmal in die Innenstadt, um mich ein bisschen mit ihr vertraut zu machen. – Soll ich dir mein Inserat vorlesen?“

„Ja bitte, Darling! Weißt du, ich habe meine Anzeige schon seit Jahren nicht mehr verändert. Ich glaube, jeder Mann in Athen kennt sie.“

Ich lese Violet meine Annonce vor:

„ ‘Very attractive and charming Lady from Germany likes to meet a generous Gentleman….Tel. Nr. 69978 69 22 69’ – Na, wie gefällt sie dir?”

„Sehr gut, Darling! Sie ist sehr ansprechend. Und sie trifft genau auf dich zu! Du hättest sogar noch das Wort sexy mit reinnehmen können. – Denn das bist du, wenn du dich erst mal traust. Nachdem der Deal mit Jack gestern klar war, bist du richtig gut rangegangen. In Jacks Zimmer warst du alles andere als unbeholfen oder schüchtern. Das Anbaggern auf freier Wildbahn musst du einfach noch lernen. Das wird dir hier nützlich sein. Aber das kommt schon noch!“