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Erotische Texte, lasziv.
Nicht derb-massiv.
Mit Worten sich dem Partner nähern;
bleibt er ehern?
Berühmte Personen haben sich eingefunden,
bereiten dem Leser vergnügliche Stunden.
Mit dabei in frivolen Runden:
Die Kameliendame, Torquato Tasso und die beiden Leonoren, Narziss, Echo und Hera, Hermann und Dorothea, Iphigenie und Artemis, Alexandre Dumas, Fürst Pückler, Don Juan und Donna Elvira, Dante, Gemma und Beatrice, Niccolò Paganini, Ritter Toggenburg, Nestor, Katharina die Große, Goethe und Charlotte von Stein, Georges Bizet und Carmen, Tannhäuser, Venus, Tristan und Isolde, Herkules, Jorinde und Joringel, Alexander der Große, Mozart, Scheherazade und Sindbad, Aphrodite, Casanova, Undine, Sandro Botticelli, Hylas und Dryope, Lola Montez und Ludwig I., Kasperl, Paris und Aphrodite, ...
Es kommt immer anders, als man denkt ... Die Kameliendame
Torquato Tasso und die beiden Leonoren
Narziss, Echo und Hera
Hermann und Dorothea im Interview
Isabel, die Prinzessin auf der Erbse
Bernie und das Callgirl
Iphigenie und Artemis
Segelyacht April
Alexandre Dumas als Paris
Fürst Pückler und Machbuba
Don Juan und Donna Elvira in Sin-City
Dante, Gemma und Beatrice
Niccolò Paganini und die Vampirin
Ritter Toggenburg
Nestor und die Archäologin
Katharina die Große und Alexander
Goethe und Charlotte von Stein - ein Traumpaar
Georges Bizet und Carmen
Wotel, das Weltraum-Hotel
Die Qual der Wahl - Das Cosplay Speed-Dating
Lebenslauf eines Kusses
Tannhäuser, Venus und Elisabeth
Sehnsucht - Tristan und Isolde und Love Potion No. Seven
Herkules und die Prinzessin Hesione
Jorinde, Joringel und die Zauberin Victoria
Abschieds-Kuss
Alexander der Große und die Massenhochzeit von Susa
Mozart in der Entführung aus dem Serail
Scheherazade, Sindbad und Dschinn Rummy
Zephyr und Aphrodite Nummer Sieben
Casanova und Lucinda
Undine
Zauberkuss und Zauberflöte
Sandro Botticelli und seine Venus
Das Goldene Vlies und das Goldene Verlies - Hylas und Dryope
Audienz-Tanz in München - Lola Montez bei Ludwig I.
Kasperls Hochzeit
Paris und Aphrodite
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Es kommt immer anders, als man denkt ... Die Kameliendame
Torquato Tasso und die beiden Leonoren
Narziss, Echo und Hera
Hermann und Dorothea im Interview
Isabel, die Prinzessin auf der Erbse
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Segelyacht April
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Fürst Pückler und Machbuba
Don Juan und Donna Elvira in Sin-City
Dante, Gemma und Beatrice
Niccolò Paganini und die Vampirin
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Sehnsucht - Tristan und Isolde und Love Potion No. Seven
Herkules und die Prinzessin Hesione
Jorinde, Joringel und die Zauberin Victoria
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Alexander der Große und die Massenhochzeit von Susa
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Zauberkuss und Zauberflöte
Sandro Botticelli und seine Venus
Das Goldene Vlies und das Goldene Verlies - Hylas und Dryope
Audienz-Tanz in München - Lola Montez bei Ludwig I.
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Paris und Aphrodite
Auch als Taschenbuch:
Erotische Stories und Gedichte
240 Seiten, ISBN 978-1517688837
Nikolas: "Da wir beide nicht gerne in die Oper gehen, stellt sich mir die Frage in den Weg: Was machen wir hier?! Wieso schleppst Du mich zu 'La Traviata'? Und als Mietwagen einen Ford Escort? Okay, es ist ein Cabriolet; aber er hat 20 Jahre auf dem Buckel."
Natascha: "Spiel Sherlock Holmes - sagen wir mal, ich habe eine Fährte gelegt, Indizien; wohin führt Dich die Indizienkette?"
Sie bleiben vor einem Blumengeschäft stehen. Natascha nimmt sich eine orangene Blume.
"Keine Kamelie, aber als Requisite passend für das Theaterstück, was ich für Dich inszeniere: Wahrheit, mein Lieber; ich habe Wahrheit anzubieten. Nicht, dass ich sie gerne preisgäbe. Aber unsere Liebe hat jetzt einen Härtetest zu bestehen. Ich hatte gehofft, die Oper würde Dich aufnahmebereiter, empfänglicher machen - Musik als Vorbereitung, als Ouvertüre - damit die Wahrheit ihren Auftritt hat, ungeschminkt, brutal ehrlich. Das Leben ist nicht immer pretty."
"Was sollen die Anglizismen?"
"Lediglich ein Anknüpfungspunkt für den Film 'Pretty Woman'."
"Du hast mich gezwungen, mir den Film dreimal anzusehen - ich hatte danach eine therapiebedürftige Aversion gegen Romanzen."
Nikolas schüttelt sich. Sie schlendern zum Strand.
Natascha: "Lässt Du Deinen Denkapparat auf Hochtouren laufen? Solltest Du."
Sie singt:
"Lasst uns genießen, flüchtig und kurz
Sind der Liebe Freuden.
Blumen sind's, die blühen und sterben,
Wir können uns ihrer länger nicht erfreu'n ...
Erkannt? Es ist die Stelle in 'La Traviata', wo Violetta und Alfredo ein schlichtes Trinklied singen, das Brindisi, doch es ist mehr: Es ist ein Sich-Einschwören, Sich-Verständigen, eine Zuflucht zum Carpe diem. Pflücke den Tag."
"Du wedelst mir mit der orangenfarbenen Blume bedeutungsvoll vor der Nase - ich bin aber kein Hund, der die Witterung aufnimmt!"
Er malt ein Herz in den Sand, nahe beim Meer, sodass die Wellen es gerade erreichen; sagt: "Symbol für die wahre Natur der Liebe: Sie ist wie Sand-Mandala - die Zeit schert sich nicht um den besinnlichen, intensiven Moment. Es ist sinnlos, dem Moment Intensität verleihen zu wollen. 'Die Kameliendame' von Alexandre Dumas ist das Vorbild für 'La Traviata' - Du siehst, ich habe Ahnung; aber keine Ahnung, warum wir uns darüber ereifern."
Natascha: "Weil das Modell sehr schön veranschaulicht, was es mit der Realität auf sich hat. Wir als Komparsen in unserem eigenen Aufführungsplan - nur Nebendarsteller, das Unterbewusstsein beansprucht die Hauptpräsenz; man findet sich wieder in Situation, die heikel ist; man möchte gerne erläutern, verständlich machen das Prekäre. Aber wenn der Freund sich weigert, Sherlock Holmes zu spielen, dann muss man eben deutlicher werden; aber zu dieser Deutlichkeit fehlt mir der Mut. - Was denkst Du über die Kameliendame? Eine Kurtisane, die sich erdreistet von wahrer Liebe zu sprechen, sie festhalten möchte, sich einen Platz im Himmel erhofft trotz Sündhaftigkeit. Aber ist es im Himmel nicht langweilig mit all den braven, unkoketten Seelen, die nie den Mut hatten, ihren Gelüsten Raum zu geben? Die Kameliendame hat Salon, sie bietet käufliche Romantik. Kann das Leben so einfach sein? Für Genuss nur bezahlen. Ein Tausch. - Ich bin im Escort Business. Begleitdame zu unanständig teurem Preis. Edel - und billig in Deinen Augen?"
"Ob ich es billigen kann? Es kommt immer anders, als man denkt ... und als Du denkst: Ich bin Dir ebenbürtig. Du denkst, ich wäre wie Richard Gere: Dein seriöses Pendant, Deine Zuflucht? Baby, wir stehen beide auf der Seite der Fragwürdigkeit. Frage ist, ob wir einander die Antwort sind."
Natascha: "Sagst Du das nur, damit ich nicht als Einzige moralisch nackt dastehe?"
Nikolas: "Ich bin Stripper; finanziere damit mein Studium der Anthropologie. Sehr ergiebiges Feld übrigens für den angehenden Menschenkundler. Der Homo sapiens ohne kulturelles Fell."
Natascha: "Wir haben den Strand für uns allein. Die Unmoral meint, es sei an der Zeit, sie zu hofieren. Sie lässt bitten, ich freue mich darauf, diese Audienz mit Dir wahrnehmen zu können. Wahre Liebe ist unbezahlbar - hat aber ihren Preis: Ehrlichkeit."
ENDE
Torquato Tasso:
Was tu ich nun, das Werk verlangt nicht mehr
nach mir? Es steht mir frei, in diesem Lustschloss
nach neuer Lust zu streben. Könntet Ihr
mir da behilflich sein? Steht Musen an,
nicht nur im Ideellen zu beglücken?
Wie gern schritt hier der Dichter dichter an
den Quell, dem er sein Glück verdankt. Und hauch
ich 'Leonore', ach, so trifft mein Odem
auf zwei reizende Gestalten doch
mit Fug: Sie spenden Inspirierendes -
die beiden holden Leonoren. Gräfin
die eine: Leonore Sanvitale.
Die andere: Prinzessin von Ferrara.
Torquato Tasso, wird man sagen, hat
es gut getroffen. Ach, entweihen wir
den Garten Eden kühn mit lüsternen
Gedanken! Soll sich Amor regen, hier
gäb's was zu tun - so geben wir ihm doch
Beschäftigung! Das Lustschloss ist begierig,
dem Werk Vergleichbares auch in natura,
leibhaftig zu erleben! Leiber drängen,
ach, wenn man sie nur ließe, heftigst zu-
einander. - Hej, was eilet Ihr von hinnen?
Verweilt beim Liebestollen; ja, die Liebe,
man könnte sie mit Wahnsinn manchmal wohl
verwechseln. Ist es Wunder, da der Dichter
vom süßen Hauch der Musen zu viel ein-
geatmet hat - als Heilkur inhaliert -
und derart inspiriert, wagt er den Antrag:
'ne frisch're Art der Liebe schlag ich vor -
wir steigern uns - was soll platonischer
Verkehr, wenn schön're Ziele locken? Ach,
die Locken; neigt Euch zum Beglückten, dass
er weilen darf in Eurer sanften Aura.
Prinzessin Leonore:
Du forderst Liebe; wie soll diese sich
mit Sanftmut arrangier'n? Ich forder' Härte.
Wie gern versah ich treulich das mir zu-
gedachte Amt, den Dichter zu dem großen
Gedichtwerk zu verführen. Ach, Du folgtest
nicht immer heiter, willig; drängen, schubsen -
ja, wie beschwerlich ist das Amt der Muse ...
Wie gut, dass wir zu zweit - doch auch zu zweit,
da hatten wir ja alle Hände voll
zu tun. Die Lust, das Vers-Geschöpf in diese
reale Welt zu setzen - aus der Taufe
zu heben uns're Fantasie; gemeinsam -
gemeinsam haben wir dies Kind; und soll
es nicht auf wackeligen Beinen haltlos
pardauz! nach ein paar Schritten fortan stürzen,
so lasse ihm doch Deine Huld, den Frohsinn
zugutekommen: Grübelst, ob es tauglich,
befähigt sei - Du zweifelst, raubst ihm Glauben.
'Jerusalem befreit' - ein schönes Thema;
befrei auch Du Dich, greifst Dich an mit Zweifeln.
Wie schütz ich Dich vor Deinem Argwohn? Liebe?
Ja, wenn sie es vermöge, alle Zweifel
gebieterisch dann fortzujagen - dann
wohl dächte ich, Dir mit Bedacht die Nacht
zum Tag zu machen: Und in Seelennacht
soll glimmen die zum Züngeln willige
bereite Flamme. Zungenkuss zum Anfang?
Bin ich zu forsch, ist es Prinzessin nicht
gestattet, was den Mägden allerorten
als Möglichkeit sich offeriert? Verschlossen
sind mir mit Vornehmheit die vornehmsten
und schönsten Unternehmungen? So bin
ich rasend - ich begehre auf und forder'
die Amoretten auf, sie mögen uns
mit Liebespfeilen-Hagel überschütten.
Erschüttert ist das Bollwerk meiner Tugend.
Gräfin Leonore:
Gemach! Wo eine Freude findet, reicht
es da für zwei? Beteiligung wünsch ich
bei dieser Angelegenheit. Ich ließ
es mir sehr angelegen sein, zum Wohle
Torquato Tassos mittels Worten, Wärme
Ambiente zu erschaffen; was dem Guten
ersprießlich ist, soll keimen, Früchte bringen.
Da wir im Ernte-Monat - könnte die
Begeisterung doch reif sein: Pflücke ich
den Tag? Ja, 'carpe diem' ruft mir zu
ein jeder Baum, die uns so treulich schützen.
Verborgen sind wir drei in diesem Hain.
Ist heiliges Gelände - als ein Wortreich
verplanten wir's. Vielleicht ist es noch mehr.
Wir wanden Dir den Lorbeerkranz - Belohnung
für's Geistige. Sieh, welcher Kranz wird Dich
erwarten: Wag Vorzügliches zu leisten
auf sinnlichem Gebiet. Das Geistige,
das Sinnliche - wie zwei Gefäße: Könnte
hinüberschwappen von dem einen zu
dem andern.
Torquato Tasso:
Unerfüllte Lust war mir
der Antrieb; tja, wenn Trieb gesättigt, geht
es mir wie beutevollem Löwen: dösen;
die Trägheit, sie verlangt ihr Recht. Ich will's
ihr nicht gewähren! Lieber jage ich
die Trägheit. Scheuche sie auf Bäume! Suspekt
war mir der Lorbeerkranz. Ein Schlusspunkt statt
des Semikolons. Fürchtet Innehalten -
der Dichter liebt Gedankenfluss; und meidet
die Lethe, Fluss der Unterwelt, er bringt
Vergessen; doch erinnern muss ich mich
an alles! Führt mich zu dem Flusse, der
Allwissenheit mir böte: Mnemosyne.
(Prinzessin Leonore gibt ihm einen goldenen Becher.)
Prinzessin Leonore:
Es ist nur Traubensaft; berausche Dich
an uns. Den gold'nen Becher führe ich
Dir an die Lippen. Und ich rücke Dir
den Lorbeerkranz zurecht. Du klagst ihn an:
Sagst, er vollendet Unvollendetes.
Die Kraft von Mnemosyne - Wahrheit zu
bekommen als ein Gastgeschenk - vermag
das auch die Liebe? Paare sie mit Lust
und Leidenschaft, dem Privileg, als Freund
die Liebende schon gut zu kennen; so lerne
die Leonoren von der Seite kennen,
die so sein wird, als würdest Du Bekanntschaft
mit Mnemosyne in persona machen.
Torquato, was verkörpern wir einander?
Will ich entkommen der Vergänglichkeit,
der Zeit? Sollst Du mir beim Verwahren dienlich
sein? Nutz' ich Dein Talent für meine Zwecke?
Dann steht 'ne Mumie vor Dir. Eingewickelt
in den Kokon des Ruhms. Ich hefte mich
auf Deine Spuren; bist mir Beute; werd
mit Dir in einem Atemzug genannt.
Und Jäger, Beute werden Eines. Chor:
Erklingt es unisono - Harmonie.
Nur vorgetäuscht? Ach, fallen nicht mal wir
darauf herein? Gibt's kein Entkommen: Drängt's
zur Liebe die Figuren, die als Maske
im Schauspiel sich begegnen - man verkörpert
die Muse und den Genius, man will,
man fordert, kennt sich nicht. Doch Liebe böte
erfüllte Lust; und man quittiert den Dienst
als Protagonist im Welttheater; Rückzug
auf die private Bühne. Schließt den Vorhang
auch für die Götter - ist es möglich? Scham,
Bedauern würden, ach, beharrlich uns
den Spaß verderben?! Sollen wir es so
weit kommen lassen? Soll in Fantasien
die Stätte sein von ungetrübter Lust -
und nirgends sonst? Ich weig're mich! Verlagern
wir's jetzt: Das Lustschloss mit dem Garten - schwupps!
ich deklariere es zum Garten Eden!
Hier bin ich Fee, hier darf ich's sein, ich lad
Euch ein, in meinen Zauberkreis zu treten.
Befördert seid Ihr, angereichert mit
Magie: Könnt alles sein; wir können nun
einander alles sein - wir geben uns
die Freiheit. Schreiten barfuß kess fürbass.
(Sie zieht sich die Schuhe aus.)
Torquato Tasso:
So greif ich nach der Illusion - und lass
sie gelten. Sphären sind vermischt: Idee
und Tat verloben sich zu schönem Bund.
Und tauschen wir beherzt der Küsse viel,
so steigert es den dichterischen Puls,
Impuls und Wagemut. Der Griff zur Taille -
wie lange war es mir verwehrt; den Hals
liebkosen; nicht drauf achten, dass Frisur
sich löst; den neckischen Bewegungen
nicht widerstehen müssen - Folge leisten
der Einladung: Ballett der Finger - tanzen
verwegener - quer über Körperbühne.
Als Vorspiel scheint mir nun die Kunst des Dichters:
Die wahre Freude tut sich erst hernach
ja auf.
Gräfin Leonore:
Mit Eifer bei der Sache. Brav.
Doch überfordern wir den Mann? Halt durch;
als Zweigestirn - da wird es ihm zu heiß?
zwei Sonnen nehmen ihn in ihre Mitte.
Torquato Tasso:
Ihr gebt mir Grund, sehr oft zu kommen: Ferrara
erküre ich zu meinem Lieblings-Ort.
'Der Mensch erkennt sich nur im Menschen, nur
das Leben lehret jedem, was er sei.'
In diesen Menschen finde ich mich gerne.
Prinzessin Leonore:
Der Höhepunkt ist süße Qual, ich bebe.
'Und wenn der Mensch in seiner Qual verstummt,
gab mir ein Gott zu sagen, wie ich leide.'
Du hältst doch durch - hast Manneskraft für beide?
Sonst streiten wir um Vorrecht - wär nicht gut.
Torquato Tasso:
Die Herme wackelt - und die Büste des
Vergil stürzt nieder. Soll mir recht sein. Stürzt
das Vorbild: gutes Zeichen; denn man dauert;
hat Moment, in dem man wirken kann.
Die Dichtkunst ist Ekstase, sie gehört
ja den Lebendigen. Das Werk wird leben.
Wir schließen uns ihm an. Sind in ihm. Sind
das Wort. - Die Liebe eingebettet. Spüre,
dass sie dazugehört, den Sinn verleiht.
ENDE
Narziss wendet sich um; was will Echo von ihm? Eine Bergnymphe, eine Oreade. Er ist hier wegen der Rehe, es gilt, zu jagen. Aber sie jagt ihn: Und er flieht.
Narziss denkt: "Raff Dich auf. Aber sie gibt so seltsame Antworten; wiederholt, was man gesagt hat. Am besten, ich gebe ihr was zum Notieren; führt ja doch zu Missverständnissen. Nicht, dass wir in einem Mythos enden und herhalten müssen für psychologische und betriebswirtschaftliche Theorien. Narzissmus - ich habe da so eine Ahnung, dass ich tatsächlich narzisstisch bin. Selbstverliebtheit - ja, mein Spiegelbild hat was, macht was her. Jetzt zerrt Echo an meinen Kleidern; wie hartnäckig sie ist; bin ich aber auch, vielleicht passen wir zueinander?"
Narziss: "Siehst schnuckelig aus; doch ist es eine Art, Männern so nachzustellen? Wo bleibt Sitte? Ich habe zum Glück immer mein Papyrus-Notizbuch dabei. Kritzel los, sei mitteilsam."
Er drückt es ihr in die Hand, doch sie blickt verständnislos auf das Papyrus-Notizbuch.
Echo: "Sei mitteilsam?"
Narziss: "Hör auf, mir alles nachzuplappern! Leg los. Schreib auf, was Dich bedrückt, was Dich entzückt. Kann ja nicht so schwer sein."
Sie schreibt: "Hera erzählte ich dolle Geschichten, damit Zeus Zeit hatte für Techtelmechtel en gros. Als sie es erfuhr, war sie darob nicht froh. Es galt nun, anders zu gewichten: Sie verbannte mich aus ihrem Kreis; so'n Scheiß."
Narziss lacht. "Du hast vermutlich ein flottes Mundwerk; wie kam's, dass Du nun mit 'nem Fluch belegt? War's Hera? Nemesis? Und was habe ich mit alldem zu tun? Wieso frage ich - ach, hat man einmal Interesse gezeigt, dann will man wissen, wie es um denjenigen steht. Deswegen hurtig fort in die Wälder - hier kreisen meine Gedanken um mich selber. Doch nun brichst Du ein in mein Konstrukt; na schön, erzähl, was hast Du Dir eingebrockt?"
Sie drängt sich an seine Seite; umklammert ihn. Da sich die eine Spange ihres Kleides gelöst hat, steht sie halbnackt vor ihm.
Narziss: "Das war doch gewiss Absicht? Lasst die Argumente sprechen; vorerst nur ein Argument, sehe ich das andere auch demnächst?"
Er hebt mit dem Zeigefinger das Oberteil ihres Kleides etwas an. Sie lässt ihn gewähren.
Sie schreibt: "Du bist bekannt dafür, die Liebe zu verschmähen. Man sagt, es sei Dein Stolz. Endest wohl als Hagestolz? Wir könnten Neues säen; nun, was gibt es zu erspähen? Ich bin die Echo, verflucht dazu, nur das zu wiederholen, was man mir lässt an Resten, vorliebnehmen mit den Resten. Es steht mit mir nicht zum Besten: Vermiss die Sprache, das Zauberwort. Du liest nur den Inhalt, doch ist es eigentlich gebunden an liebliche Stimme; ja, auch ich schwärme von meiner Person; steigere mich da hinein, ganz nach Art des Narziss."
Narziss: "Halt! Stopp! Veto! Noch bin ich nicht sprichwörtlich! Dem gilt es, einen Riegel vorzuschieben. Apropos Riegel: Das in meinem Gewand sieht verdammt danach aus. Was stellst Du mit mir an? Ach was, als Erstes brechen wir den Bann: Ein Kuss vermag wohl mehr als Heras schwacher Zauber; meine Küsse haben mehr Power! Die Redegabe und die Eloquenz seien mit Dir wieder. Besitz das, was Du von jeher besaßest: Lass nicht rauben Dir die schöne Gabe; stemme Dich mit Inbrunst gegen diese Wogen, surf auf ihnen - bleibe oben!"
Echo sagt: "Bleibe oben." Sie setzt sich rittlings auf ihn.
Narziss: "Man soll dem Meister zwar mit mehr Respekt begegnen - aber ich sehe mal darüber hinweg. Bumsfidel gehst Du die Sache an. Lernt man das in der Oreaden-Schule? Was lernt Ihr Bergnymphen eigentlich? Sich zu verlieben in den nächstbesten Mann; ach, was mache ich Dir vor: Ich bin die Selbstgefälligkeit in Person, muss darum dem Echo gefallen. Von Dir verkörpert - der Widerhall; mein Seelen-Echo. Warte, ich befreie Dich davon: Sollst wieder Deine Meinung frei sagen, nicht gebunden an Vorgaben, an Vorredner. Und es geschieht mit der Magie des Kusses. Verspreche ich zu viel? Mache ich zu viel Aufhebens darum? Es muss sein; Magie bedarf der Erwartung."
Sie presst ihre Lippen auf seine; begierig, als ginge es um Mund-zu-Mund-Beatmung.
Nach einer Weile meint Narziss: "Nicht übel; sehr viel Vehemenz; doch bin ich selbstgefällig genug, um mir das zuzuschreiben, meinem Magnetismus. Du, mein Eisenstückchen."
Sie lächelt. Sie versucht, einen Satz zu sagen.
Echo: "Ich liebe Dich. - Ich kann's! - Die Worte gehorchen mir wieder, unterstehen meinem Befehl, die Zungentruppen spazieren zu Dir - und es ist ein Überfall auf Deine Gefühle. Mit Worten als Kohorten - auf zu den Erfüllungspforten!"
Narziss hebt die Hand.
Narziss: "Gemach, was für ein Tempo. Wir sollten uns bemühen, dem Mythos zu entsprechen. Ich betrachte jetzt in dem Weiher mein Antlitz - und Du kannst Dich zu mir gesellen, derweil ich mich bewundere."
Sie zerrt ihn vom Weiher weg.
Echo: "Spiegle Dich in meiner Seele, meiner Liebe. In meiner Liebe suchst Du nach dem Bild des atemberaubend Schönen."
Narziss: "Doch was, wenn dieses Bild getrübt wird - so, wenn ein Blatt hineinsegelt in den Weiher, verzerrt es dann mein Spiegelbild? Ein Ungeheuer? Was ist dann noch mit Lieblichkeit und dem Dazustehen, dass man sich für vortrefflich hält? Wie trifft es einen, wenn das Selbstbild derart leidet; wie leidet man mit ihm - und will es reparieren."
Narziss robbt wieder zum Weiher. Er plätschert in dem Weiher mit der Hand.
Narziss: "Nur noch getrübter alles. Es wirbelt die Tiefe auf. Ich gab mich zufrieden mit der oberen Schicht. Sohn eines Flussgottes - und weigert sich, das Unruhige, Bewegte anzuerkennen, als zu ihm gehörig. Wo blieb das ruhige, strahlende Bild? - Du merkst, es wirkt affektiert, aber ich will es dramatisch. Will Dir etwas bieten, zeigen, dass ich Tiefe habe."
Echo: "Mir genügt vollauf Deine Physiognomie; da ist nichts vom Gnom. Besonders, das Wichtigste hat stattliches Maß; da wollen wir doch Maß nehmen - ich habe da sehr Geeignetes anzubieten. Kaum benutzt."
Narziss: "Ich frage mich, mit welchen Storys Du Hera die Zeit vertrieben hast? Ging wohl sehr freizügig zu? Solltest Du aufschreiben; da ist ein Markt für Frivoles. Immer gegen die guten Sitten an - dieses Bollwerk der Langeweile. Kessheit überspringt den Respekt, hält sich da gar nicht lange auf."
Echo reißt ihm die Kleider vom Leibe.
Echo: "Tun wir's hier an diesem Weiher. Die Lust als Gebieterin; wer hört nicht gern auf sie? Es ist wohl auch meine Freude darüber, dass Du den Bann gebrochen mit solcher Leichtigkeit und solchem Vertrauen. Das zeichnet den Narziss aus: Vertrauen in seine Fähigkeiten; dadurch zieht er andere mit. Einen Hymnus auf die Eitelkeit; das Hymen meint dann: Bühne frei!"
Narziss: "Ob die Lust als Ratgeberin nicht zu spontan ist? Ich will es nicht verhehlen: Zwischen uns steht immer noch meine Begeisterung für Narziss, ihn würde ich als Partner bevorzugen; seltsames Eingeständnis? Befremdlich? Doch das Abbild, das Selbst umarmen zu können, ihm Zuneigung zu zollen, ihm gewissermaßen auf die Schulter klopfen zu können, das hat seinen Reiz, den ich vorerst noch höher veranschlage, als ..."
Sie entkleidet sich völlig. Sie lässt ihr Kleid fallen.
Narziss: "... Damit sind meine Argumente hinfällig. Lass mich noch eine Weile baff sein, dem Augenblick die Chance geben, sich im Bewusstsein zu verankern. - So, dem ist Genüge getan, fortan finde ich Dich wieder im Ordner 'Unvergesslich'."
Hera kommt durch das Gebüsch.
Hera: "Hah! Habe ich doch richtig vermutet. Bei mir klingeln die Alarmglocken, wenn einer meiner Bannsprüche umgangen wird. Hier wird nicht rumgehext - Narziss die Sinne verwirren, wo er doch weiß, wem seine Liebe zu gelten hat: Die Ichbezogenheit - steh weiter unter diesem Bann."
Narziss küsst Hera.
Hera: "Das kommt jetzt aber doch überraschend. Nicht, dass ich es gehofft hätte. Zeus würde das nicht gutheißen. Obwohl - er ist als Geier oder Schwan unterwegs, vögelt, was er vögeln kann. - Ich habe eine Lyra mitgebracht. Echo, könntest Du die spielen, während ich mit Narziss was zu besprechen habe?"
Echo schmettert Hera die Lyra gegen den Kopf.
Hera: "Das bringt meine Locken aber schon in wüste Unordnung. Aber das Wüste ist doch Dein Ding - oder Narziss?"
Echo: "Ich hätte wüste Beschimpfungen - ich war Deine achtbeste Freundin."
Narziss: "Bitte, Bühne frei, zofft Euch. Ich sehe gerne zu. Schlamm-Catchen im Weiher - und da verbringe ich meine Zeit mit Rehe-Jagen."
Echo: "Was wird aber mit dem Narzissmus und der Verwandlung des Narziss in die Narzisse? Laut Welten-Drehplan hat das stattzufinden."
Hera: "Das Skript wird just in diesem Augenblick geschrieben. Jeder schreibt dran mit. Man taucht die Feder ein, und wer schreibt mit: der Zweifel, die Selbstliebe, der Unglaube, das Hoffen ... Alle beteiligt, jeder möchte federführend sein. Man drängt die Feder in diese Zeile, möchte unbedingt das Wort ergreifen und ... Wie platzieren wir die Worte, wie platzieren wir uns? Einen Dreier? Doch nicht flott, ich liebe es, den Augenblick zu dehnen, er soll sich in Unendlichkeiten wähnen. Irrer Rausch, mit Klarheit angegangen - am Ende sind wir dann marschiert durch die Wüste des Wahns, des Liebeswahnes ..."
Narziss: "Du klingst vielversprechend; ob ich solchen Erwartungen gerecht werden kann? Ich fürchte, wir verdursten in der Wüste - bleiben wir bei diesem Feuchtgebiet, dem Weiher."
Er blickt gen Himmel.
Narziss: "Kann Zeus uns nicht entdecken? Wäre eine Blitzaktion nicht doch besser?"
Hera entkleidet sich.
Hera: "Die vielen Male, da er mich betrogen, ich zahle es ihm heim! Sei kein Narr. Ziselier mir Liebesornamente in meine Seele. Narziss, lass Dich doch nicht bitten."
Narziss: "Da Du so schön mit meinem Namen spielst, will ich mich gefällig erweisen und schauen, welche Spielsachen Du anzubieten hast. Man war ja bereits in einigen Läden und weiß, was Sachen taugen, kann vergleichen. Made in Olymp? Das Göttliche hat seinen eigenen Reiz, da können die Nymphen schwer mithalten."
Echo braust auf.
Echo: "Wird das ein Wettbewerb? Wessen Liebes-Inbrunst den Narziss mehr begeistern kann? Topp, die Wette gilt. Doch Bergnymphen stehen tolle Hügel zu Gebote."
Narziss: "Die Bergformation findet Applaus; besonders reizen Hügelketten. Wäret Ihr so liebenswürdig?"
Echo und Hera legen sich nebeneinander.
Narziss: "Jetzt habe ich auch so einen Donnerkeil wie Zeus. Wo soll er einschlagen? So ein Gewitter hat etwas Befreiendes - der Zorn hinweggewaschen. Traulich liegen beieinander Hera und Echo - die sich eben noch an die Wäsche wollten - haben die Wäsche gar nicht mehr nötig. Als Kur gegen das Zoffen - so tun, als sei man von Amors Pfeilen getroffen. Das lässt die Beteiligten hoffen."
Echo: "Toll, fühle mich wie vom Blitz getroffen. Hell erleuchtet jede Seelen-Kammer. Freudig hofft man auf den nächsten Einschlag, lass es regnen, überflute tüchtig."
Narziss: "Ansporn; ganz nach guter Zeus-Regie; die Verwandlung passend zu dem Partner; fühl Dich ein, gleich Dich an dem Partner. So verstand ich die Metapher mit dem Stier und der Kuh Europa."
Hera: "Das war mehr als nur 'ne Metapher."
Es blitzt, donnert. Zeus erscheint auf der Bildfläche. Er klettert aus einer silbernen Maschine.
Zeus: "Deus ex machina. Immer wieder beliebt, wenn eine Lösung ansonsten nicht erreichbar scheint."
Hera: "Aber laut Drehplan stünde ich gleich vor der Lösung meines Orgasmus-Problems."
Echo: "Ist die Maschine mit Alu-Folie verkleidet? Was für eine billige Kulisse ist das hier?
Zeus: "Ich merk schon, ich muss da noch gehörig dran feilen, bis dieser Narziss-Mythos passabel ist."
Narziss: "Das mit der Narzisse kannst Du vergessen! Wir können ja einen Strauß ausfechten."
Narziss und Zeus balgen sich. Echo poliert ihre Fingernägel.
Hera: "Echo, ich habe Deine Geschichten vermisst. Sie lenken ab, wenn der Gatte sich wieder voll peinlich aufführt. In den Mythen steht dann selbstverständlich die bereinigte Version, von wegen symbolträchtig. Alle trächtig. Prächtig."
Echo: "Mehr zu sein als nur ein Symbol - ich glaube, darum ging es in unserer Geschichte. Man lässt sich vereinnahmen, man habe dieses und jenes zu bedeuten. Das ist, als ob man es zuließe, dass man ganz dem Symbol das Feld überließe."
Narziss: "Beliebigkeit - dass einem die Welt beliebig wird - vielleicht bewahrt einen Selbstliebe davor?"
ENDE
Reporter: "Hermann und Dorothea, Ihr seid ja das idyllische Traumpaar schlichtweg. Unsere Leser interessiert, ob es sich denn wirklich so zugetragen hat, wie es Johann Wolfgang von Goethe kolportiert. Wir sind hier bei dem Birnbaum, wo das alles begonnen hat. Von hier können wir das Gasthaus sehen 'Zum Goldenen Löwen' - es scheint alles vorhanden."
Dorothea: "Es beginnt ja schon damit, dass wir nicht unentwegt im Hexameter-Versmaß uns unterhalten. Wir haben es versucht, das ist nicht durchzuhalten. Das haben wir dem Goethe auch gesagt; hatte er gar kein Verständnis für; die Idylle verlangt es. Er war sehr streng mit uns; hat uns gemahnt, uns zu besinnen: Vorbilder seien wir, wir trügen Verantwortung dafür, dass die schöne Tradition der homerischen Dichtung in uns einen Brückenkopf hätte; aber ehrlich: Dieses Achten darauf, dass nach einer betonten Silbe zwei unbetonte zu folgen haben, das hat uns den ganzen Ehealltag kaputtgemacht. Ich war verzweifelt!"
Reporter: "Wie war das für Dich, Hermann? Großer Triumph: Die Trulle heimgeführt - sie, die keine Dukaten bei sich hatte. Gewissermaßen ein Schnäppchen."
Dorothea: "Ich habe mich unter Wert verkauft. Ganz spontan musste ich mich entscheiden. Hermann war wie ein Pfeiler inmitten eines Meeres, das an Dir zerrt. Wie Venus, eine Schaumgeborene, so entstieg ich den Fluten, quasi nackt."
Hermann: "Yes Sir, ich erinnere mich sehr gerne daran: Eine Frau wie Dorothea, da kommst Du ja unter normalen Umständen nicht mal in Rufweite. Wie soll sie mich da erhören? Wir aber konnten ganz traulich miteinander verkehren. Ein sehr schöner Verkehr."
Reporter: "Das hat Goethe gar nicht erwähnt." Er blättert in dem Epos.
Dorothea: "Ja, es ging ordentlich zur Sache. Musste dem Hermann demonstrieren, was ihn erwartet. Habe mich gewissermaßen an dem Pfeiler tüchtig festgehalten."
Reporter: "Wir sind hier am Rhein. War es für Dich ein Sprung in unbekannte Gewässer?"
Dorothea: "Ich könnte jetzt ein Wortspiel machen: Von wegen Hermann sei zu seicht und so - aber es ist ja gar nicht so entscheidend, was jemand in der Birne hat."
Hermann: "Bitte?! Wie kommst Du mir denn? Gut, zugegeben, unser Nachbar, der Kaufmann und seine drei Töchter, die haben die Bildung mit Löffeln gefressen und ich mit den Fingern - aber das Derbe hast Du immer sehr zu schätzen gewusst bei unsern Ausflügen in Eros' Reich."
Der Reporter macht sich Notizen. "Das ist es, was unsere Leser schätzen und zu würdigen wissen: derbe Anzüglichkeiten; und das von dem Idylle-Paar. Ich bitte um Einzelheiten - das turnt mich jetzt aber richtig an. Könnte Dorothea sich oben freimachen? Steigert die Auflage und mein Temperament. Ein temperamentvoller Bericht hat was Spritziges. Hast Du auch was Spritziges für uns Hermann?"
Hermann: "Wir sind hier zwar beim Birnbaum - und eine gewisse Parallele zum biblischen Apfelbaum und Adam und Eva könnte man schon sehen, aber wer will schon Äpfel mit Birnen vergleichen, obwohl, wenn ich Dorotheas Äpfel betrachte, und sie annimmt, ich hätte eine weiche Birne ..."
Reporter: "Sag mal, was plapperst Du da eigentlich? Verwirrt Dich dermaßen die Tatsache, dass ich Dorothea gerade das Oberteil ausziehe? Ein flotter Dreier könnte für unsere Leser von großem Interesse sein, da es ja um deutsches Bildungsgut geht: Ihr seid deutsches Bildungsgut - und je näher ich mich damit befasse, umso mehr empfinde ich den Geist, der diese Daktylen und Verse belebt."
Dorothea: "Aber nicht so dicht an mir. Hermann, zerr den Mann bitte runter von mir!"
Hermann ist auf den Birnbaum geklettert und pflückt einige Birnen; er sagt: "Carpe diem! Es ist doch schön, dass Goethe uns zum Modell gemacht hat, wir sind Vorbild - gehören gewissermaßen einer Kollektion an von Preziosen; ich komme zurück auf den Sprung in unbekannte Gewässer: Die Realität ist solch ein unbekanntes Gewässer. Man lebt das Mustergültige, als ob wir ein Weinstock wären, der zu ranken hat um die Antike. Ist sie ein Spalier? Taugt sie dazu? Dorothea und ich sind Gebundene - gebunden durch Versmaß; der Antike sollen wir nacheifern, statt vorwärtszustürmen in unbekannte Zukunft. Vorgetäuscht wird, dass die Zukunft beschlossene Sache sei; das ist Sache der Älteren, sie wollen es so: Wollen es nicht zur Sprache kommen lassen, dass ohne ihr Zutun das Unbekannte wahrlich zu erhalten wäre. Wir sind Repräsentanten des Verstockten. Wir sind bedingt; das Idyll ist unsere Welt; die Wohlgeordnetheit - Versfuß-Ordnung, Versuchs-Anordnung. Wir sind ein Experiment; Figuren, die durch das Gedicht ihre Grenzen finden; es beschreibt uns. Aber wie wäre es, wenn wir Roman wären, dann hätte das Techtelmechtel mit Dorothea nicht so schnell zu Höhepunkten geführt, die so gar nicht im Gedicht stehen, wegen Moral. Obwohl, das Leseinteresse wäre ja vorhanden ... Aber dann im Jambus, schnelleres Versmaß, anders ist so eine Leistung nicht zu vollbringen. Im Roman hingegen schickt Dir der Autor üblen Antagonisten. Bis Du den bezwungen hast, bist Du buchstabengläubig, verlernst, zwischen den Zeilen zu lesen. Doch darauf kommt es ja an: Sich Freiheiten herausnehmen, dem Gefühl folgen. So wie es gilt, einen flüchtigen Gedanken festzuhalten, wenn er schön ist: So griff ich die vorübereilende Dorothea, zog sie an mich - dafür bedarf es eines Vorwandes, dann billigt sie es."
Reporter: "Du hast also das Glück beim Schopf gepackt. Etwa so?"
Er greift Dorothea ins Haar. Sie rammt ihm ihr Knie in den Bauch.
Reporter: "Atemberaubendes Temperament. Ist momentan vielleicht etwas ungünstig, mich hier weiter vorzutasten. Dorothea, stimmt die Mär: Du hast Dir den Säbel eines Marodeurs geschnappt und damit eine Jungfrauen-Schar geschützt? Von Dir hört man keine vergleichbaren Heldentaten, Hermann."
Hermann: "Hermann dem Cherusker nachzueifern, könnte interessant sein, aber meine Hobbys sind Angeln und Wandern. Die Beschaulichkeit wird vernachlässigt. Man muss sie in Ehren halten."
Reporter: "Ich zitiere:
'Alles regt sich, als wollte die Welt, die gestaltete, rückwärts
lösen in Chaos und Nacht sich auf und neu sich gestalten.'
Wie fühlt Ihr Euch, wenn Euch von Goethe solche Sätze in den Mund gelegt werden? Möchte man sie ausspucken wie Kieselsteine, die bunt schimmern im Bachbett, aber keinen Nährwert haben? Wir bieten unseren Lesern eine Sättigungsbeilage: etwas, was ihren Lesehunger stillt."
Dorothea: "Also von Goethe zu verlangen, er möge lauwarmen Kartoffelsalat servieren ... Ich habe da einen anderen Satz, der viel diskutiert wurde:
'Dienen lerne beizeiten das Weib nach ihrer Bestimmung!
Denn durch Dienen allein gelangt sie endlich zum Herrschen, ...'
Ich werde oft gefragt, wie habe ich das gemeint, war das eine Um-den-Finger-wickeln-Taktik? Ebenso wenig, wie es ratsam ist, die Zimperliche zu spielen, ebenso könnte es ja eine Art Tarnmodus sein, damit unerkannt bleibt das wahre Wesen: die Walküre, die Amazone, die Tigerin."
Sie beißt dem Reporter in den Nacken.
Er sagt: "Wie verspielt. Der Nackenbeißer, ein Sujet, das wir für unsere Cover verwenden."
Hermann: "Ja, Dorothea geht die Sache richtig an, sie kann zupacken, da könnten schwächere Naturen als ich einpacken. Da muss man gegenhalten können, Ekstase in diesem Bebens-Bereich verträgt nicht jeder."