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Studienarbeit aus dem Jahr 2009 im Fachbereich Geschichte Deutschlands - Nachkriegszeit, Kalter Krieg, Note: 1,0, Technische Universität Dresden, Sprache: Deutsch, Abstract: Die vorliegende Arbeit hat sich nicht zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Jugendwerkhöfe in der DDR nachzuzeichnen, sondern sie möchte vielmehr der Frage nachgehen in welchem Zusammenhang Ideologie und Erziehung gestanden haben. Die Jugendwerkhöfe, die letzte Erziehungsinstanz vor dem Strafvollzug, bilden dabei eine Art Kristallisationspunkt. Wenn hier die gewünschte „Umerziehung“ scheitert, bedeutet das auch ein ideologisches Scheitern. Daher wird vor allem untersucht werden, wie die Ideologie des Marxismus-Leninismus auf das Erziehungsideal wirkte und welche genuin sozialistischen Erziehungsmethoden zum Ziel führen sollten. Bei einer derartigen Verknüpfung von Erziehung und Ideologie schließt sich daher die Frage an, inwiefern die DDR Erziehung, besonders in den Jugendwerkhöfen, zum staatlichen Repressionsinstrument wurde und welchen Stellenwert die Erziehung für die DDR hatte. Ich möchte mich in dieser Arbeit dabei auf die offenen Jugendwerkhöfe beschränken, da eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des geschlossenen Jugendwerkhofes Torgau einer eigenen Arbeit bedürfte. Zur Erarbeitung des Themas habe ich mich für folgendes Vorgehen entschieden: Eingangs erläutere ich, welche Stellung die Jugendwerkhöfe im Jugendhilfesystem hatten und aus welchen Gründen Jugendliche in eine solche Einrichtung eingewiesen wurden. Das zweite Kapitel beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Verknüpfung von Ideologie und Pädagogik und stellt kurz die Kernelemente der Erziehung in der DDR vor. Durch den Rekurs auf die Ideologie soll deutlich werden, welche entscheidende Bedeutung der Erziehung in der Umsetzung ideologischer und politischer Ziele beigemessen wurde. Innerhalb dieses Abschnittes erfolgt ein Exkurs in die kriminologische Ursachenforschung von jugendlicher Delinquenz und abweichendem Verhalten. Der Blick auf die angenommenen Ursachen des in der DDR als Fehlverhalten Interpretierten ermöglicht ein besseres Verständnis für die Wahl der Erziehunsmethoden. Im dritten und letzten Kapitel wird dann ein Blick auf die praktische Umsetzung der vorgestellten Theorien geworfen, um im Anschluss ein Fazit bezüglich der Wirksamkeit dieser Erziehung zu ziehen.
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Veröffentlichungsjahr: 2010
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1) Einleitung
Die vorliegende Arbeit hat sich nicht zum Ziel gesetzt, die Geschichte der Jugendwerkhöfe in der DDR nachzuzeichnen, sondern sie möchte vielmehr der Frage nachgehen in welchem Zusammenhang Ideologie und Erziehung gestanden haben. Die Jugendwerkhöfe, die letzte Erziehungsinstanz vor dem Strafvollzug, bilden dabei eine Art Kristallisationspunkt. Wenn hier die gewünschte „Umerziehung“ scheitert, bedeutet das auch ein ideologisches Scheitern. Daher wird vor allem untersucht werden, wie die Ideologie des Marxismus‐ Leninismus auf das Erziehungsideal wirkte und welche genuin sozialistischen Erziehungsmethoden zum Ziel führen sollten. Bei einer derartigen Verknüpfung von Erziehung und Ideologie schließt sich daher die Frage an, inwiefern die DDR Erziehung, besonders in den Jugendwerkhöfen, zum staatlichen Repressionsinstrument wurde und welchen Stellenwert die Erziehung für die DDR hatte. Ich möchte mich in dieser Arbeit dabei auf die offenen Jugendwerkhöfe beschränken, da eine Auseinandersetzung mit der Geschichte des geschlossenen Jugendwerkhofes Torgau einer eigenen Arbeit bedürfte.
Zur Erarbeitung des Themas habe ich mich für folgendes Vorgehen entschieden: Eingangs erläutere ich, welche Stellung die Jugendwerkhöfe im Jugendhilfesystem hatten und aus welchen Gründen Jugendliche in eine solche Einrichtung eingewiesen wurden. Das zweite Kapitel beschäftigt sich vor allem mit der Frage nach der Verknüpfung von Ideologie und Pädagogik und stellt kurz die Kernelemente der Erziehung in der DDR vor. Durch den Rekurs auf die Ideologie soll deutlich werden, welche entscheidende Bedeutung der Erziehung in der Umsetzung ideologischer und politischer Ziele beigemessen wurde. Innerhalb dieses Abschnittes erfolgt ein Exkurs in die kriminologische Ursachenforschung von jugendlicher Delinquenz und abweichendem Verhalten. Der Blick auf die angenommenen Ursachen des in der DDR als Fehlverhalten Interpretierten ermöglicht ein besseres Verständnis für die Wahl der Erziehunsmethoden. Im dritten und letzten Kapitel wird dann ein Blick auf die praktische Umsetzung der vorgestellten Theorien geworfen, um im Anschluss ein Fazit bezüglich der Wirksamkeit dieser Erziehung zu ziehen.
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2) Stellung und Aufgabe der Jugendwerkhöfe
In diesem Kapitel soll überblickshaft erörtert werden, was der JWH war, d.h., wie war er rechtlich verankert und zu welchem politischen Ressort zählte er. Aus dieser Einordnung ergeben sich dann weitere Fragen, beispielsweise welche Aufgaben ihm zugedacht waren, welche Einweisungsgründe zu einer Einweisung führten und in welchem Maße er als Repressionsinstrument diente.
2.1) Der JWH und die Jugendhilfe in der DDR
Die Jugendwerkhöfe waren ein Organ der Jugendhilfe, die ihrerseits dem Ministerium für Volksbildung, seit 1963 unter Margot Honecker, untergeordnet war.1Unter Jugendhilfe verstand man folgendes: „Jugendhilfeumfaßt die rechtzeitige korrigierende Einflußnahme bei Anzeichen der sozialen Fehlentwicklung und die Verhütung und Beseitigung der Vernachlässigung von Kindern und Jugendlichen, die vorbeugende Bekämpfung der Jugendkriminalität, die Umerziehung von schwererziehbaren und straffälligen Minderjährigen sowie die Sorge für elternlose und familiengelöste Kinder und Jugendliche.“2Vergleicht man diesen Anspruch der Jugendhilfe mit dem im KJHG formulierten, so fällt auf, dass sich Jugendhilfe heute vor allem als Angebot und Hilfe versteht, während Jugendhilfe in der DDR vor allem eine „ordnungspolitische Maßnahme des Staates(…)“3war und somit auch den Ruf eines repressiven Organes des Staates innehatte.4
Je verwurzelter die Bürger in ihren jeweiligen Kollektiven (Pioniergruppe, FDJ, Arbeitskollektiv, Familie) waren, umso besser seien die Prinzipien des sozialistischen Zusammenlebens zu verwirklichen. Zeigte sich nun eine „Störung“ in der Integration in Kollektive oder gar ein Rückzug aus den Kollektiven, war eben diese Verwirklichung sozialistischer Beziehungen gefährdet und die Jugendhilfe sollte eingreifen.5
Jugendhilfe wurde als gesamtgesellschaftliches Anliegen, im Sinne einer allgemeinen Bürgerpflicht, verstanden und so war die Jugendhilfe in der DDR durch