Es ist Liebe - Stephan Porombka - E-Book

Es ist Liebe E-Book

Stephan Porombka

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Beschreibung

Es werden keine Liebesbriefe mehr geschrieben? Stimmt nicht! Stephan Porombka erzählt von der Liebe im 21. Jahrhundert – und ruft eine neue romantische Revolution aus. Als Internet-Künstler, Professor und gefragter Sprecher zu Themen der Digitalisierung experimentiert er mit den neuen Möglichkeiten der Smartphone-Kommunikation. Unsere Beziehungen verändern sich durch das Internet radikal, wir alle haben so viele Kontakte wie niemals zuvor. Stephan Porombka zeigt, wie schön diese Jahre voll schwirrender digitaler Begegnungen sein können, wenn wir mit der Liebe kreativ umgehen. Sein Buch ist eine besonders gestaltete Flugschrift: ein ebenso schönes wie inspirierendes Buch für die digitale Gegenwart.

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Über das Buch

Es werden keine Liebesbriefe mehr geschrieben? Stimmt nicht! Stephan Porombka erzählt von der Liebe im 21. Jahrhundert – und ruft eine neue romantische Revolution aus. Als Internet-Künstler, Professor und gefragter Sprecher zu Themen der Digitalisierung experimentiert er mit den neuen Möglichkeiten der Smartphone-Kommunikation. Unsere Beziehungen verändern sich durch das Internet radikal, wir alle haben so viele Kontakte wie niemals zuvor. Stephan Porombka zeigt, wie schön diese Jahre voll schwirrender digitaler Begegnungen sein können, wenn wir mit der Liebe kreativ umgehen. Sein Buch ist eine besonders gestaltete Flugschrift: ein ebenso schönes wie inspirierendes Buch für die digitale Gegenwart.

Hanser E-Book

Stephan Porombka

Es ist Liebe

Carl Hanser Verlag

ES WERDEN KEINE LIEBESBRIEFE MEHR GESCHRIEBEN.

DAS IST DAS ENDE DER ROMANTIK.

DAS IST DAS ENDE DER LIEBE.

UND DU BIST MITTENDRIN.

ICH BIN MITTENDRIN.

WIR ALLE SIND MITTENDRIN.

UND ALLE UND ALLES DRUMHERUM.

Wer auch immer so etwas zu Dir sagt – mein dringender Rat ist: Umdrehen und weggehen. 

Dreh Dich einfach um. Und geh weg.

Lass Dich gar nicht drauf ein. Mach irgendetwas anderes. Etwas Lustiges. Etwas Schönes. Etwas Schräges.

Denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Du, wenn Du stehenbleibst und zuhörst, es mit Leuten zu tun bekommst, die von Romantik und vom Liebesbriefeschreiben überhaupt keine Ahnung haben. Und die Dir nur ein schlechtes Gewissen machen wollen. Wenn Du es nicht schon längst hast. Wenn es nicht schon längst in Deinem Kopf ist und Dich blockiert, wenn Du liebst.

Denn es gibt so viele, die sich einmischen wollen. Die alles schlechtreden und blockieren wollen, was nach Liebe aussieht.

Eigentlich gab es immer schon viele Leute, die das mit der Liebe schlechtreden wollten. Die sagen wollten, dass früher alles besser war. Und jetzt sei alles ganz besonders schlimm.

Die Geschichte der Liebe ist überhaupt voll von solchen Leuten, die es grundsätzlich bedenklich finden, auf welche neuen Weisen man sich gerade jetzt im Unterschied zu früher kennenlernt und wen man trifft, wie man miteinander spricht und sich gegenseitig schreibt, wie man sich berührt und küsst und wie man und mit wem man Sex hat.

Immer schon sind sie da und reden alles schlecht.

Das hört wohl nie auf. Und schon gar nicht in der Gegenwart, in der die Stimmen noch mehr an Kraft und Einfluss gewinnen. So stark und einflussreich sind sie wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

Wenn Du willst, kannst Du sie hören. Und Du kannst hören, was diesmal für den Untergang der Liebe verantwortlich sein soll.

Diesmal ist es die Netzkultur.

Sie werden auf Dein Smartphone zeigen. Sie werden sagen: Genau an diesem Smartphone macht sich alles fest.

Weil Dein Smartphone das Gerät ist, an dem etwas ganz Abstraktes ganz konkret sichtbar wird: die tiefgreifenden und weitreichenden Verwandlungen aller Beziehungen.

Weil es ein Beziehungstransformationsgerät ist. Weil es alles, was mit ihm in Berührung kommt und mit jedem Update weiter in Bewegung hält.

Das Smartphone verändert sich dabei nicht nur selbst. Es verändert Dich. Und Deine Liebe.

Das spürst Du genau.

Und das spüren auch die anderen, die den Untergang der Liebe beschwören.

Du selbst spürst es, weil Du wahrscheinlich gleich wieder nach dem Smartphone greifen wirst. Weil es das eine Gerät ist, das Du gleich wieder in Gang setzen wirst, wenn Du mit Deinen Freunden, Deiner Familie, Deiner großen oder kleinen Liebe, mit Deiner Flamme, Deinem Schwarm, Deiner Affäre, Deinem One-Night-Stand Kontakt aufnehmen willst.

Du musst gar nicht frisch verliebt sein, auch nicht verrückt vor Liebe, um es zu spüren. Nichts in Deinem Leben muss dramatisch sein, nichts überwältigend. Alles kann den ruhigen Rhythmus der zarten regelmäßigen Berührungen mit Händen und Worten haben, der sich über Monate und Jahre hinweg ergeben hat und sich immer weiter nur in Nuancen variiert.

Es reicht, wenn Du spürst, dass Du den anderen kurz hören willst. Oder wenn Du schnell etwas lesen und schreiben willst, weil Du eine kleine Sehnsucht hast, vielleicht auch plötzlich eine kleine Furcht, einen Wunsch, eine Idee, einen Witz oder auch nur ein einziges Wort, das Du verlieren oder finden möchtest.

Dann wirst Du das Smartphone nehmen und sagen, wo Du bist und was Du machst. Wie es Dir geht. Was Du siehst. An was Du denkst. Was Du vorhast. Was Du kochen wirst. Worauf Du warten wirst.

Und Du wirst Fragen schicken. Und Antworten lesen. Musikstücke verlinken und verlinkte Musikstücke hören.

Und Du wirst die Bilder sehen, die man Dir sendet. Du wirst Stimmen hören und kleine Filme sehen. Du wirst Verabredungen treffen. Und Du wirst Küsse verteilen und warten, bis Dich Küsse erreichen.

Du wirst auch nach Deinem Smartphone greifen, wenn Dir das alles gar nicht reicht und Du Dich einsam fühlst und nur die Hoffnung hast, irgendwie und irgendwann auf eine große oder kleine Liebe zu treffen. Dein ganzes Denken ist so eigenartig fest mit diesem Gerät verbunden, Du bekommst es gar nicht mehr so richtig davon los.

Das Smartphone ist ein Beziehungsding, ein Liebesding, ein Sehnsuchtsding geworden, mit dem Du selbst eine eigenartige Beziehung führst. Du brauchst es. Du liebst es. Du hast Sehnsucht nach ihm, wenn es nicht da ist.

Wahrscheinlich hasst Du es auch. Es nervt. Es will immer zu viel. Es ist zu nah. Es frisst Deine Zeit. Es macht Dich konfus. Es macht Probleme, die Du ohne es gar nicht hättest.

Aber manchmal denkst Du, es bietet Dir auch Lösungen. Du willst es dann spüren. Du willst es berühren. Du willst, dass es geladen ist und Dir unendlich Strom gibt. Du willst mit ihm in ständigem Kontakt sein, weil es Dir so viele Möglichkeiten eröffnet, die Du ohne es nicht hättest.

Es hängt an diesem Gerät auf eigenartige Weise so viel von Deiner Liebe, Deiner Lust und Deiner Sehnsucht, weil ohne es kaum noch etwas angebahnt, arrangiert, verknüpft und in Bewegung gehalten werden und auch wieder beendet werden kann.

Natürlich geht es auch ohne. Man hört manchmal von Leuten, die ohne Smartphone leben. Die das Wochenende ohne Netzzugang verbringen, die abends ausgehen, Bücher und Zeitungen lesen, sich analog informieren und Briefe wechseln. Es gibt natürlich Leute, die sich ohne Smartphone lieben, streiten, einander verlassen und sich wieder verlieben.

Aber die Wahrheit ist: Um uns herum geht die Wahrscheinlichkeit längst gegen null, dass man Leute trifft, die sich als Paar verstehen und sich nicht auch über dieses Gerät verbinden.

Und damit wird die Wahrscheinlichkeit immer größer, dass man nur noch auf Leute trifft, die ihre Liebesgeschichten mit und über und durch die Verbindung ihrer Smartphones schreiben.

Zehnjährige, Zwanzigjährige, Leute mit dreißig, vierzig, fünfzig, sechzig, siebzig. Alle tun es.

Und zwar mit einer Selbstverständlichkeit, die alle einzelnen Momente ihrer Geschichten betrifft.

Und das heißt: Vom Verschwinden der Liebesbriefe, vom Verfall der Romantik und der Verkümmerung der Liebe sind nicht nur einige wenige betroffen. Es geht nicht nur um die sogenannten jungen Menschen, wenn wir davon reden, dass sich die Liebe und das Lieben verändern.

Betroffen sind langsam aber sicher alle. Also auch ich. Und Du.

Weil wir nämlich längst keine großen Liebesbriefe mehr schreiben.

Weil wir am Smartphone hängen.

Wir klicken immer weiter. Wir lesen immer neue Texte, sehen uns dauernd neue Fotos und Filme und Einträge an, die uns etwas versprechen, die uns berühren, beschäftigen, erregen. So unglaublich viel Zeug ist im Umlauf, um uns zu triggern. Oder uns in etwas hineinzuziehen, indem es Spuren legt, denen wir folgen können. Denen wir alle ständig an so viele verschiedene Orte folgen, von Nachrichtenseiten bis zu hastigen Chats mit Geliebten und Freunden und unseren Familien.

Also läuft ja scheinbar wirklich alles falsch. Denn alle laufen mit.

Und wir sind mittendrin. Und mittendrin bin ich. Und mittendrin bist Du.

Öffne den Startbildschirm von Deinem Smartphone und zeig, wie es Dich auch längst erfasst hat und verändert.

Das ganze Ding ist voll mit Programmen, die alle mit Deinem Leben und Deiner Liebe kurzgeschlossen sind. Von der Navigations-App bis Facebook, von der Fotofunktion bis zum Mailprogramm.

All das wird von den Leuten, die Dir schlechte Laune machen wollen, als Werkzeug zur Zerstörung der abendländischen Liebesbriefkultur verstanden. Denn diese Leute mögen ganz grundsätzlich nicht, wie sich die Beziehungen über das Smartphone organisieren.

Klick mal auf die Icons. Zeig, was Du da machst. Hör Dir an, was Dir vorgeworfen wird. Und fühl Dich schlecht.

Da schüttest Du Dich bei Whatsapp zu zweit, zu dritt oder in größeren Gruppen mit Kurznachrichten, Bildern und Emojis zu.

Bei Facebook, heißt es, hast Du nicht mal echte Freunde.

Bei Twitter rasen Dir die hundertvierzig Zeichen-Miniaturen durch den Feed und reißen alles mit, was Ruhe, Tiefe und Konzentration braucht.

Die Gegenwart verbrennt, Klick für Klick. So wie bei Instagram. Da flackern die schöngefilterten Bilder von Sonnenuntergängen, Mittagessen, Kaffeebechern auf Vintage-Holztischplatten unkontrolliert an Dir vorbei. Dazwischen Menschen, die durch ihre Kamera mit anderen Menschen flirten. Sie stellen sich den Blicken der anderen Instagram-User aus, um magnetisch schön zu sein, um begehrt zu werden, um doch unnahbar, ungreifbar, unberührbar zu bleiben.

Und dann gibt es Snapchat