Expedition Pferdekörper - Gisa Bührer-Lucke - E-Book

Expedition Pferdekörper E-Book

Gisa Bührer-Lucke

0,0
19,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Kosmos
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2013
Beschreibung

Wofür brauchen Pferde einen Luftsack? Weshalb gibt es Pferde mit Wolfszähnen? Wieso braucht das Pferd kein Schlüsselbein? Was passiert beim Vorwärts-Abwärts-Dehnen? Wie belastbar sind die Pferdesehnen? Diese und viele andere Fragen beantwortet Gisa Bührer-Lucke unterhaltsam und mit vielen Aha-Effekten. Begeben Sie sich in die Tiefen des Pferdekörpers - Sie werden überrascht sein, wie viele praktische Einsichten Sie aus dem Wissen um die Funktionsweise und den Bau des Pferdekörpers gewinnen können. Detaillierte Farbillustrationen und beeindruckende Farbfotos zeigen in starker Vergrößerung die Schönheit und geniale Funktionsweise des Pferdekörpers. Wussten Sie, dass Pferde Wasser in zwei Kilometern Entfernung riechen können? im Ultraschallbereich hören können? sieben Mal mehr Geschmacksknospen haben als wir Menschen? eine Darmlänge von ganzen vierzig Metern besitzen? ihre Hufe als Tastorgan benutzen?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Seitenzahl: 220

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Dieses E-Book ist die digitale Umsetzung der Printausgabe, die unter demselben Titel bei KOSMOS erschienen ist. Da es bei E-Books aufgrund der variablen Leseeinstellungen keine Seitenzahlen gibt, können Seitenverweise der Printausgabe hier nicht verwendet werden. Statt dessen können Sie über die integrierte Volltextsuche alle Querverweise und inhaltlichen Bezüge schnell komfortabel herstellen.

Inhalt – Im Überblick

Inhalt

Im Überblick

Glück ist für die Pferde, wenn der Mensch sie versteht

Geheimnis Pferd – Aufbruch in eine unbekannte Welt

Die Haut – Schutz und Sinnesorgan

Das Auge – gute Sicht in zwei Richtungen

Die Pferdeohren – ein Frühwarnsystem

Die Supernasen – Riechen und Schmecken

Pferdische Verdauung – vierzig Meter Darmstraße

Drei Eingeweide – Leber, Bauchspeicheldrüse und Milz

Die Zähne – dem Gaul ins Maul geschaut

Können Pferde denken? – Gehirn und Nerven

Kleines Herz ganz groß – das Kreislaufsystem

Trinker der Lüfte – die Atmungsorgane

Der kleine Unterschied – Harn- und Geschlechtsorgane

Die Knochen – der passive Bewegungsapparat

Die Muskeln – der aktive Bewegungsapparat

Der Huf – genial konstruiert

Am Ziel – Wunderwerk Pferd

Service – zum Nachschlagen

Einleitung – Glück ist für die Pferde, wenn der Mensch sie versteht

Einleitung

Glück ist für die Pferde, wenn der Mensch sie versteht

Mit diesem Zitat von Udo Bürger, dem engagierten Tierarzt und Reiter, ist an sich alles gesagt. Denn damit wird die Beziehung zwischen Mensch und Pferd beschrieben, wie sie idealerweise sein sollte.

Es gibt viel zu gewinnen

Dennoch möchte ich den Satz noch etwas erweitern: Es ist auch ein Glück für den Menschen, wenn er das Pferd versteht. Denn wie viel einfacher und glücklicher gestaltet sich so das Zusammenleben dieser beiden Individuen.

Zu diesem Verständnis will ich mit der Expedition Pferdekörper einen Beitrag leisten. Sie soll einen Einblick in das Wesen Pferd geben und Zusammenhänge erklären. Das geht aber nicht ohne einige Grundkenntnisse der körperlichen Gegeben­heiten unserer Pferde. Und Sie werden feststellen, dass der Pferdekörper voller Geheimnisse steckt, die darauf warten, gelüftet zu werden! Begleiten Sie mich auf einer spannenden Reise, bei der es viel zu entdecken gibt.

Dieses Buch erhebt aber nicht den Anspruch, eine anatomische Abhandlung zu sein. Dafür gibt es andere Werke. Ich will vielmehr erklären, welche genetischen und anatomischen Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen des Pferdes verantwortlich sind. Denn auch nach Tausenden von Jahren, die das Pferd in unserer Gesellschaft verbringt, hat sich seine Genetik nicht verändert. Unser Haustier ist weiterhin der freiheitsliebende Steppenbewohner, der er schon immer war.

Freundschaft mit Hindernissen

Daher ist es auch wenig verwunderlich, dass sich die Welt von Mensch und Tier eklatant unterscheidet. Auf der einen Seite das Pferd als Beutetier, auf ständige Flucht programmiert. Auf der anderen Seite der Mensch als Raubtier und damit seit Urzeiten Jäger des Pferdes. Unsere Aufgabe ist es, dem Pferd klarzumachen, dass von uns keinerlei Gefahr ausgeht, selbst wenn wir feindlich aussehen und feindlich riechen. Wenn wir ihm diese Sicherheit nicht vermitteln können, ist die Arbeit mit Pferden immer von Angst gekennzeichnet. Und zwar auf beiden Seiten. Wer im Sattel, aus welchen Gründen auch immer, Angstgefühle hat, wird sofort ein alarmiertes Pferd unter sich haben, das nur noch an Flucht denkt. Sie ist das einzige Mittel, das ihm Sicherheit verschafft. Nur wenn wir wissen und es auch berücksichtigen, wie ein Pferd „funktioniert“, warum es wie in welchen Situationen reagiert, entwickelt sich zwischen Mensch und Pferd die Partnerschaft, die wir uns so sehr wünschen.

Pferde sind umgänglich, freundlich und neugierig. Um sie zu verstehen, ist der Mensch gefordert.

Er muss die Sprache seines Vier­beiners lernen, dessen Zeichen und Signale interpretieren können. Nur so entsteht eine Partnerschaft.

Den größten Fehler, den wir Zweibeiner machen, ist das Pferd zu vermenschlichen. Das heißt, ihm Charaktereigenschaften zu unterstellen, die es schlicht nicht besitzt. Wenn ein Pferd nicht umsetzt, was der Reiter von ihm fordert, dann hat das seinen Grund. Entweder kann es die Aufgabe nicht erfüllen oder es hat sie nicht verstanden. Glaubt ein Reiter in einer solchen Situation, sein Pferd würde ihn „ärgern“, hat er das Wesen Pferd nicht begriffen. Denn solche Reaktionen sind unseren Equiden völlig fremd und stehen im krassen Gegensatz zur Pferdenatur. Wollen wir Pferde verstehen, bleibt uns nur der Weg, zu denken wie ein Pferd. Denn wir sind es ja, die etwas von diesen Tieren verlangen. Nicht das Pferd. Das käme ohne uns aus. Ein Pferd ohne Reiter ist immer noch ein Pferd. Aber ein Reiter ohne Pferd ...

Ein neuer Weg

Wir Menschen müssen Pferdisch lernen, um Pferde zu verstehen, nicht umgekehrt. Dafür ist es wichtig zu wissen, wie Pferde kommunizieren. Wie funktionieren die Sinnesorgane dieser Tiere, was sehen sie, wie hören sie, was riechen sie? Warum sind sie bei Wind so nervös? Weshalb ist ihr Verdauungstrakt so anfällig? Wozu müssen die Zähne regelmäßig kontrolliert werden? Auf all diese Fragen finden Sie in diesem Buch eine Antwort. Sie entwickeln ein besseres Gespür für das Wesen Pferd, seine Eigenarten und seine Bedürfnisse. Kommen Sie mit auf diese Expedition von Kopf bis Schweif, an deren Ende das Pferd kein unbekanntes Geschöpf mehr ist. Dann wird das Glück auf beiden Seiten sein – bei Pferd und Mensch.

Geheimnis Pferd – Aufbruch in eine unbekannte Welt

Geheimnis Pferd

Aufbruch in eine unbekannte Welt

Pferde sind wunderbare Geschöpfe. Sie faszinieren durch ihre Schönheit, ihre Stärke und ihr freundliches Wesen. Doch das Pferd ist weitaus mehr, wie Sie im Verlauf dieses Buches erfahren werden. Auf unserer Expedition durch das Pferd gibt es in den Tiefen seines Körpers viel Wissenswertes, Erstaunliches und auch das eine oder andere Wunder zu entdecken.

Das gesunde Pferd

Schauen wir uns hier, am Ausgangspunkt unserer Reise, das Pferd einmal von außen an. Woran ist zu erkennen, ob ein Pferd gesund ist, das heißt, ob Körper und Geist im Einklang miteinander sind? Dafür gibt es ganz klare Anhaltspunkte:

ein schönes Fell, glatt und glänzend,

aufmerksame, klare Augen,

lebhaftes Ohrenspiel,

rosafarbene Schleimhäute.

Und natürlich spielt auch die Psyche eine große Rolle.

Ein ausgeglichenes Pferd

ist aufmerksam,

reagiert auf Umweltreize,

nimmt Anteil,

ist neugierig,

zeigt sich beim Fressen nicht gierig, sondern kaut bedächtig,

ist entspannt und fühlt sich sicher genug, um sich zum Schlafen hinzulegen.

Um all das zu erreichen, benötigt das Pferd die richtige Ernährung und eine Lebensweise, die seinem Wesen entspricht, also artgerecht ist. Artgerecht heißt: Wir müssen ihm rund um die Uhr Bewegung ermöglichen, gemeinsam mit Artgenossen. Wir Menschen sind dafür verantwortlich, dem artspezifischen Verhalten des Pferdes Rechnung zu tragen. Nur so werden wir einen gesunden, rundum zufriedenen Partner haben, der bereitwillig auf unsere Wünsche eingeht.

Damit das keine graue Theorie bleibt, sollten wir unser Pferd kennen, nicht nur seine Persönlichkeit, sondern auch seinen Körper und sein naturgegebenes Wesen. Und darum brechen wir jetzt auf zu einer Reise ins Innere des Pferdes.

Wenn es um die Beurteilung des Körperbaus geht, wird immer der Rahmen mit einbezogen. Darunter ist das Verhältnis von Schulter- und Kruppenlänge zum Stockmaß und der gesamten Körperlänge zu verstehen.

Die Haut – Schutz und Sinnesorgan

Die Haut

Schutz und Sinnesorgan

Kein anderes Organ spiegelt so sehr Fütterungsfehler und schlechte Haltungsbedingungen wider, wie die Haut beziehungsweise das Fell eines Pferdes. Denn es ist weitaus mehr als ein schönes Haarkleid: Es muss lebenswichtige Aufgaben erfüllen und ist enormen Anforderungen ausgesetzt.

Oft unterschätzt und dabei lebenswichtig

Das funktionellste, vielseitigste, sowie flächen- und gewichtsmäßig umfangreichste Organ eines jeden Lebewesens ist die Haut. Sie stellt die Grenze zwischen innen und außen dar, ist sehr anpassungsfähig, übernimmt wichtige Stoffwechselvorgänge und besitzt enorme immunologische Fähigkeiten.

Außerdem ist sie für mehrere Sinnesempfindungen zuständig: Schmerzsinn, Temperatursinn, Warm- und Kaltsinn, Tastsinn, Berührungssinn, Drucksinn und Vibrationssinn. Möglich wird das durch hochspezialisierte Rezeptoren, die wie kleine Fühler agieren und die entsprechende Empfindungen aufnehmen und über das Zentralnervensystem in die Großhirnrinde leiten, wo sie verarbeitet werden.

Beim Pferd variiert die Größe der Haut zwischen fünf und zehn Quadratmetern, je nach dem, ob man ein Shetty oder ein Shire Horse vor sich hat. Erstaunlicherweise wird die Haut oft in ihrer Bedeutung und Funktion unterschätzt. Doch wer sich näher damit befasst, muss unweigerlich zu der Erkenntnis gelangen, dass ohne Haut kein Leben möglich ist. Kein einziges Lebewesen kommt ohne sie aus. Sie ist die Barriere zur Umwelt und deren vielfältigen Einflüssen. Sie muss mit vielschichtigen Reizen zurechtkommen wie Hitze und Kälte, ist Regen und Wind ausgesetzt, muss Insekten ertragen. Erst wenn die Haut erkrankt, egal ob beim Menschen oder beim Pferd, fängt man an, über die Verletzlichkeit dieser Außenhülle nachzudenken und muss sich dann mit der oft schwierigen Ursachenforschung auseinandersetzen. Für den Tierarzt ist der Haut- und Fellzustand eines Pferdes ein wichtiger erster Indikator für die gesundheitliche Verfassung des Tieres. Ein gesundes Pferd hat ein schönes, glänzendes Fell. Bei einem kranken ist es stumpf, glanzlos, struppig. Das Pferd gibt insgesamt ein trauriges Bild ab.

Daher ist für den Veterinär, wenn es auch abgedroschen klingen mag, die Haut ein Spiegel der Seele und gibt ihm Aufschluss sowohl über den psychischen, als auch den physischen Zustand des Tieres. So lässt sich durch die Untersuchung bestimmter Hautbereiche, den sogenannten Head’schen Zonen, eine Diagnose erstellen. Denn diese Zonen sind Hautgebiete mit einer nervalen Beziehung zu bestimmten inneren Organen, da sie über dasselbe Rückenmarkssegment versorgt werden. Das ist in der Tiermedizin übrigens schon lange bekannt, und die Ärzte nutzen das nicht nur zu diagnostischen, sondern auch zu therapeutischen Zwecken.

Was Pferdehaut leistet

Als Schutzorgan schirmt sie vor Sonne, Regen, mechanischen Verletzungen, Schmutz, Staub und krank machenden Erregern ab.

Als Regulationsorgan übernimmt sie die wichtige Rolle eines Abfallbeseitigers. Schädliche Stoffe werden über den Schweiß entsorgt. Vor allem dann, wenn andere Ausscheidungsorgane überfordert sind. Über den Schweiß werden auch Duftsignale ausgesendet. Und eine der zentralen Aufgaben der Haut besteht in der Temperaturregelung.

Die Haut ist zudem Atmungsorgan, wenngleich in untergeordneter Funktion, da nur etwa 1 Prozent des Sauerstoffs über die Haut aufgenommen wird.

Nicht zu vergessen: Die Haut ist auch eine Produktionsstätte von sogenannten Hautanhangsgebilden wie es Kastanien, Haare und Hufe sind. Bei letzteren handelt es sich um eine sehr spezielle Hornschicht der Haut. Die Lederhaut ist von zahlreichen Nerven durchzogen. Mit den Nervenenden an der Hufunterseite tastet das Pferd den Boden ab und wird auf gefährlichen Untergrund hingewiesen. Damit ist auch der Huf ein Sinnes- und Tastorgan. Doch der Reihe nach. Mit dem Huf werden wir uns erst ganz am Schluss befassen.

Durch die sensible Innervation – damit ist die Versorgung mit Nervengewebe, bestehend aus Nervenzellen und Nervenfasern gemeint – ist die Haut das größte Sinnesorgan des Pferdes und damit ein bedeutendes Kommunikationsmittel. Sie ist wichtig für den Sozial­kontakt unter den Artgenossen (Fellkraulen), aber auch für die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd. Wir streicheln unserem Pferd zärtlich übers Fell, klopfen ihm aufmunternd auf den Hals. Und natürlich, wir wissen es alle, funktioniert auch die Hilfengebung über den Hautkontakt: Gerte, Schenkel, Sporen, alles läuft über dieses Sinnesorgan. Jede äußerliche Berührung hinterlässt auf der Haut des Pferdes einen Eindruck, der an das Gehirn weitergeleitet wird. Die auf diese Weise hervorgerufenen Empfindungen teilt das Pferd in positive und negative Kategorien ein. Das Streicheln wird es als angenehm empfinden, den zu starken Sporeneinsatz als unangenehm, ja schmerzhaft.

Zu diesem faszinierenden Organ gehören auch die wichtigen Tasthaare um Nüstern und Maul, die unter keinen Umständen abgeschnitten werden dürfen. Wer es dennoch tut, macht sich strafbar, da er gegen das Tierschutzgesetz verstößt. Mehr über die Funktion der Tasthaare können Sie im Kapitel über den Geruchs- und Geschmackssinn der Pferde lesen.

Drei Schichten – eine Haut

Es gibt drei Schichten der Haut, die untrennbar miteinander verbunden sind: Sie heißen Epidermis (Oberhaut), Dermis (Lederhaut) und Subcutis (Unterhaut). Die gesamte Pferdehaut ist mit Haaren überzogen und stellt damit eine perfekte erste Barriere für eindringende Keime und mechanische und chemische Verletzungen dar. Die zweite wichtige Schranke ist die Epidermis, deren Oberfläche aus einer verhornten Zellschicht besteht. Eine halb durchlässige Epidermisbarriere schützt die Haut vor dem Eindringen von Nässe und gleichzeitig vor Flüssigkeitsverlusten. Außerdem ist sie von einem Schutzfilm überzogen, der von Talg- und Schweißdrüsen gebildet wird. Dieser Fettfilm enthält zahlreiche Proteine und Antikörper, die das Immunsystem regeln und antibakterielle und antimykotische (Anti-Pilz-)Wirkung haben.

Die Haut ist Sinnesorgan und robuste Schutzhülle in einem. Sie besteht aus drei Schichten, die alle miteinander verbunden sind, sich gegenseitig beeinflussen und auch voneinander abhängen.

Arterie

Vene

Fettzellen

Haarwurzel

Nerven

Unterhaut (Subcutis)

Lederhaut (Dermis)

Oberhaut (Epidermis)

Haar

Wenn Gefahr im Verzug ist, werden beispielsweise die Langerhanszellen in der Epidermis aktiv. Sie stehen an vorderster Front des Immunsystems und geben Informationen über eindringende Schad- und Fremdstoffe an das Abwehrsystem weiter. So sollen Infektionen mit Viren, Bakterien oder Parasiten verhindert werden. Das Abwehrsystem befindet sich in der nächsten Schicht, der Lederhaut. Dort werden dann die sogenannten T-Zellen alarmiert, die zum spezifischen Immunsystem gehören. Sie treffen die Entscheidung, was mit den Eindringlingen geschieht. In den Zellzwischenräumen regiert eine ganze Truppe nützlicher Mikroorganismen, deren Gleichgewicht, genau wie bei jenen im Darm, nicht gestört werden darf. Zwölf Bakterien- und 31 Pilzarten tummeln sich im Fell und auf der Haut eines gesunden Pferdes. Zu guter Letzt spielen auch die Melanozyten, das sind die Pigmentzellen in der Oberhaut, eine wichtige Rolle.

Die unter der Oberhaut liegende Dermis (Lederhaut) besteht aus Bindegewebe. Dort befinden sich Schweiß- und Talgdrüsen, Haarfollikel, Nerven und Blutgefäße. Letztere versorgen das Gewebe mit Nährstoffen und Sauerstoff und sind erheblich an der berühmten Thermoregulation des Pferdes beteiligt. Davon gleich mehr. Außerdem gibt es noch interessante Muskeln, die für das Aufrichten der Haare zuständig sind, womit das Pferd Hitze und Kälte ausgleichen kann. Die wichtigen Schweißdrüsen, von denen ein Pferd pro Quadratzentimeter stolze 400 bis 500 aufweist, sorgen dafür, dass unser vierbeiniger Freund auf Temperatur bleibt. Ein Pferd, das gearbeitet wird, schwitzt natürlich und damit kann die Körpertemperatur – die im Normalfall zwischen 37,2 und 38,3 Grad liegt – schon mal auf 40 oder 41 Grad klettern, was wir normalerweise als hohes Fieber bezeichnen würden. Der Schweiß befeuchtet den Körper und die Verdunstungskälte kühlt den erhitzten Körper wieder ab. Pferde schwitzen aber nicht nur bei körperlicher Anstrengung, sondern auch, wenn sie unter Schmerzen leiden und in Stresssituationen.

Die dritte Hautschicht ist die Subcutis. Sie ist die dickste der drei Schichten, denn hier wird Energie in Form von Fettzellen gespeichert. Insofern dient die Unterhaut gleichzeitig als Stoßdämpfer. Die Dicke der Unterhaut steht in direktem Zusammenhang mit der Fütterung unserer Equiden. Je mehr Futter, desto dicker ist logischerweise die Unterhaut. Doch es gibt nicht nur Fettzellen, sondern auch Bindegewebsfasern, Nervenbahnen, Blutgefäße und eine sehr interessante Hautmuskulatur. Sie ist nämlich in der Lage, die Haut abschnittsweise zucken zu lassen. Kommt uns das nicht bekannt vor? Spätestens im Frühjahr, wenn die Fliegen wieder umherschwirren, können wir dieses Phänomen bei unseren Pferden beobachten. Kaum haben die lästigen Tierchen auf dem Fell zur Landung angesetzt, da zuckt schon die Haut, der Schweif schlägt und das Pferd dreht verärgert den Kopf, um den Störenfried zu vertreiben. Wer hätte gedacht, dass dafür eine Muskulatur in der Unterhaut verantwortlich ist.

Die Haut des Pferdes ist übrigens nicht an allen Stellen gleich dick. Ihre Stärke variiert und schwankt zwischen 1 und 6,5 Millimetern. Am dünnsten ist sie am Ohr mit 1 bis 2, am dicksten an der Kruppe mit 6,5 Millimetern. Eine Körperpartie übrigens, an der sich Pferde gerne begrüßen. In der Akupunktur wird diese Stelle daher „Punkt der 100 Begegnungen“ genannt. Und da wir gerade bei der Kommunikation unter Pferden sind: Es gibt noch einen äußerst bemerkenswerten Bereich, der etwa eine Handbreit oberhalb des Widerrists liegt.

Wer Pferde beobachtet, wird feststellen, dass dies eine bevorzugte Stelle bei der Fellpflege ist. Man hat auch herausgefunden, warum: Das Kraulen dort senkt den Herzschlag und beruhigt die Pferde. Wer also sein aufgeregtes oder nervöses Tier besänftigen will, sollte es an dieser Stelle leicht massieren. Das wirkt garantiert.

Die Regulierungskünstler

Der ursprüngliche Lebensraum der Equiden war die Steppe. Eine baumlose Landschaft mit extremen Temperaturen. Sehr trockene, heiße Sommer wechselten mit bitterkalten Wintern. Ob plus 30 Grad im Sommer oder minus 30 Grad im Winter, der Pferdekörper musste sich immer anpassen. Das funktioniert, weil Pferde zur Gruppe der sogenannten homöothermen Lebewesen gehören. Sie sind in der Lage, trotz wechselnder klimatischer Bedingungen ihre Körperkerntemperatur zu erhalten. Könnten sie das nicht, wäre das Pferd längst ausgestorben. Dem Wärmeverlust begegnen sie, indem sie sich ein dickes Winterfell zulegen. Das wird, sobald die Tage länger werden und die Temperaturen steigen, abgeworfen und in ein leichtes Sommerfell verwandelt. Eine andere Möglichkeit, der Kälte standzuhalten, besteht im Muskelzittern, was die Wärmebildung des Pferdes erhöht. Mehr Bewegung ist ebenfalls eine Möglichkeit der Wärmebildung. Das werden frei lebende Pferde allerdings nur dann tun, wenn sie genügend Futter haben. Bei unseren domestizierten Tieren können wir beobachten, dass sie, wenn es einmal richtig kalt ist, auch mehr Raufutter zu sich nehmen. Bei Pferden in unseren Breitengraden liegt die thermoneutrale Zone zwischen minus 15 und plus 25 Grad. Das heißt, in diesem Temperaturbereich läuft der Stoffwechsel eines Pferdes noch ganz normal ab. Fallen die Außentemperaturen deutlich unter minus 15 Grad, benötigt das Pferd mehr Nahrung, um den Stoffwechsel und damit seine Organe funktionsfähig zu halten. Bei den nordischen Pferderassen liegt der Minusbereich der Temperaturen niedriger, bei den arabischen Pferden ist der obere Bereich höher angesiedelt.

Weder Schnee noch Minustemperaturen können dem Pferd etwas anhaben. Durch seine Thermoregulierung wird für eine gleichbleibende Körperkerntemperatur gesorgt.

Steigt die Temperatur über 25 Grad, findet ein Wärmeaustausch mit der Umgebung über die Haut statt. Das heißt, die Wärme, die durch eine vermehrte Hautdurchblutung entsteht, gibt das Pferd einfach an die Umgebung ab. Darum schwitzen Pferde selbst bei hohen Temperaturen in der Regel nur wenig. Allerdings bewegen sie sich tagsüber auch so gut wie nicht auf der Weide, sondern verlegen ihre Aktivitäten in die kühlere Nacht (sofern wir sie lassen). Anders sieht es aus, wenn Pferde bei hohen Temperaturen gearbeitet werden. Schweiß, das wurde bereits erwähnt, kühlt den Körper ab. Ist das Klima jedoch feucht-heiß und windstill, dann funktioniert diese Kühlung durch Verdunstung so gut wie nicht. Dem Pferd droht ein Hitzschlag. Deshalb ist es bei hochsommerlichen Temperaturen angeraten, entweder frühmorgens oder am Abend zu reiten.

Angesichts dieses ausgeklügelten Systems der Thermoregulation erübrigt sich eigentlich die alljährlich wiederkehrende Frage, ob man sein Pferd eindecken soll oder nicht. Ganz klar: Ein gesundes Pferd benötigt keine Decke. Mit dem Winterfell hat es schließlich längst seinen Pullover angezogen. Leider machen wir aber unser eigenes Kälteempfinden zum Maßstab und statten unsere Pferde mit Decken aus und auf diese Weise mit doppelter Kleidung. Es ist nicht schwierig, sich auszurechnen, dass sich unsere Pferde dabei alles andere als wohlfühlen. Trotzdem gibt es Ausnahmen. Geschorene Pferde benötigen natürlich eine, da man ihnen den natürlichen Schutz genommen hat. Auch bei kranken oder empfindlichen Pferden empfiehlt sich sicherlich eine Decke. Hier muss von Fall zu Fall entschieden werden.

Schon gewusst?

Die Wahrheit über lange Mähnen

Pferdemähne und Schweif gehören zum Pferd, sind für uns eine Selbstverständlichkeit. Tatsächlich ist es jedoch so, dass die lange Mähne aus einer Genmutation heraus entstand. Diese ausgeprägte Langhaarbildung, genannt Hypertrichie, wird als genetisch bedingte Abnormität bezeichnet. Sie zeigt sich auch am Kötenbehang einiger Pferde wie den Friesen, Shire Horses und Welsh Cobs. Pferde ohne diese genetische Veränderung haben kurze Mähnen, die sogenannte Stehmähne. Sie kommt noch bei wild lebenden Pferden, Eseln und Zebras vor.

Aufgespürt

Haarige Details

Der Hauptbestandteil des Pferdefells besteht aus Wollhaar, also das, was wir als Felldecke wahrnehmen. Dazu kommt das Langhaar, zu dem Stirnschopf, Schweif, Mähne und Kötenbehang zählen und die schon bekannten Tasthaare um Nüstern, Maul und Augen. Das Wollhaar, auch Grannenhaare genannt, wird zwei Mal jährlich erneuert, die Langhaare sind stetig wachsende Haare. Sie dienen dem Schutz des Pferdes. Mähne und Schweif halten Insekten fern und Letzterer schützt auch den empfindlichen Genitalbereich, da sich um After und Scheide sensible, haarlose Hautstellen befinden. Der Kötenbehang leitet das Regenwasser ab. Haare sind Hornfäden, die aus Keratin, einer Hornsubstanz, bestehen. Das einzelne Haar setzt sich zusammen aus Follikel, Wurzel und Haarschaft. Jedes Haar hat nicht nur eine Schweißdrüse, sondern ist auch mit einem Muskel verbunden, der es in die Lage versetzt, sich aufzustellen. In den Haarfollikel münden Talg­drüsen, die Talg absondern. Er überzieht das Fell mit einem feinen Fettfilm und hält es nicht nur geschmeidig, sondern verleiht ihm auch einen schönen Glanz.

Wie Pferde Schmerzen zeigen

Schmerz gehört zu den Sinnesempfindungen aller Säugetiere, Pfer­de und Menschen mit eingeschlossen. Schmerz ist die Antwort auf einen übermäßigen Reiz, der bestimmte Schmerzrezeptoren, die Nozizeptoren, in Aktion treten lassen. Die Haut besitzt als größtes Sinnesorgan eine sehr hohe Anzahl dieser Schmerzrezeptoren, die in der Lederhaut liegen. Die Übermittlung der Nervenreize geht von der Haut zum Rückenmark, weiter zum Thalamus – das ist der größte Teil des Zwischenhirns – und landet dann in der Großhirnrinde.

Mit der Thermografie, einem relativ jungen, diagnostischen Ver­fah­ren, lassen sich die Wärme­bereiche des Pferdes darstellen. Auffällige oder einseitige Wärmeflächen können auf ein Entzündungsgeschehen hindeuten, da die Stoffwechselaktivität hier höher ist.

Wenn es um Schmerzen geht, leidet das Pferd stumm, was aber nicht bedeutet, dass sein Schmerzempfinden weniger stark ausgeprägt ist als beim Menschen (der stöhnt, weint oder jammert), beim Hund (der winselt) oder der Katze (die schreit). Dass Pferde keine solche Schmerzstimme haben, liegt daran, dass sie Fluchttie­re sind. Jeder Laut würde ein Raubtier auf den Plan rufen. Insofern leiden Pferde fast immer still. Allerdings lassen auch schwerkranke Tiere manchmal Schmerztöne vernehmen (etwa ein Stöhnen bei Kolik oder Hufrehe), wenngleich verhältnismäßig leise.

Allerdings verfügen Pferde über eine Schmerzmimik, an der ein aufmerksamer Pferdebesitzer erkennen kann, dass seinem Tier etwas fehlt: Trübe Augen, ein nach innen gekehrter Blick, fehlendes Ohrenspiel, gekräuselte Nüstern sind häufig Ausdruck chronischer Schmerzen. Auch Wesensveränderungen, stumpfes Fell, Appetitlosigkeit und Abmagerung sind ernste Warnsignale.

Schon gewusst?

Als die Pferde bunt wurden

Schwarz, Weiß, Braun, Rot, Falb – warum haben Pferde unterschiedliche Farben? Hier hat, wie so oft, auch der Mensch seine Finger im Spiel. Denn vor rund 20.000 Jahren gab es nur eine Einheitsfarbe und die war Braun. Damit war das Beutetier Pferd seiner Steppenumgebung relativ gut angepasst und für die Raubtiere nicht sofort sichtbar. Vor etwa 9.000 Jahren brachte die vermutlich erste Genmutation Rappen hervor. Ohne menschliche Einwirkung.

Und da derzeit Forscher weltweit damit beschäftigt sind, das Genom des Pferdes zu entschlüsseln, wurde nun von englischen und deutschen Wissenschaftlern anhand der Unter­suchung des Erbgutes entdeckt, dass die Menschen wahrscheinlich vor rund 5.000 Jahren mit der Domestizierung des Pferdes begonnen haben. Denn um diese Zeit kam es zur nächsten Genmutation mit vielfältigen Nuancen: neben braunen und schwarzen Pferden gab es plötzlich auch Falben, hellbraune und gefleckte oder gescheckte Exemplare. Die Wissenschaftler vermuten allerdings, dass es auch schon früher zu Genmutationen kam, die hellere Farben produzierten. Aufgrund ihrer Auffälligkeit fielen diese Pferde aber sehr rasch Raubtieren zum Opfer. Das änderte sich erst, als der Mensch sich das Pferd zu Nutze machte, und es dadurch in seine Obhut nahm. So gelang auch Tieren mit helleren Fellfarben das Überleben.

Etwas leichter ist akutes Schmerzgeschehen zu erkennen. Bei einer Kolik etwa scharrt das Pferd mit den Hufen, tritt gegen den Bauch und wendet häufig den Kopf in Richtung der Schmerzquelle. Auch Ruhelosigkeit, unsicherer Gang, Schwitzen, eine erhöhte Atem- und Pulsfrequenz und natürlich Fieber zeigen sich im Fall einer akuten Erkrankung.

Kräuselt ein Pferd seine Oberlippe, gilt das als sicheres Zeichen einer mittelschweren Kolik. Fast immer geht das einher mit Appetitlosigkeit, starken Schweißausbrüchen und Unruhe. Häufig kann man auch beobachten, dass Pferde mit dem Wasser spielen. Sie trinken nicht, sondern plätschern mit ihren Lippen darin he­rum, als wollten sie sich vom Schmerz ablenken oder das fiebrige Maul kühlen.

Aufgespürt

Wie die Farbe ins Fell kommt

Die Haarfarbe des Pferdes richtet sich nach zwei Farbstoffen, den Melaninen: das schwarze Eumelanin und das rote Phäomelanin. Aus der unterschiedlichen Verteilung dieser beiden Melanine entstehen alle bekannten Fellfarben. Dann gibt es noch eine Reihe von Farbgenen, die steuern, wo die Farbe im Fell erscheint. Am besten erforscht sind die beiden Gene Extension und Agouti.

Keine Regel ohne Ausnahme: Ein Schimmel kommt mit dem sogenannten Grey-Gen auf die Welt, wird aber grundsätzlich in einer anderen Farbe geboren. Erst im Laufe der Jahre kommt es zum Ausschimmeln. Beim Schimmel handelt es sich also um keine Farbe, sondern um eine Farbveränderung durch den Verlust von Farbpigmenten. Die Wissenschaft vermutet, dass sich hier ein vorzeitiger Alterungsprozess vollzieht, bei dem durch Mutation das Wachstum von Pigment­zellen angeregt wird. Und dass dabei Stammzellen, die für die Färbung des Fells zuständig sind, vorzeitig absterben.

Eine weitere Mutation ist bei dominant weißen Pferden zu finden. Ihr Fell ist schneeweiß, ihre Haut ist rosa, im Gegensatz zur schwarzen beim Schimmel. Nur an Ohren, Mähne oder im Schweif sind hin und wieder farbige Haare zu finden. Bei dominant weißen Pferden handelt es sich um eine sogenannte Defektmutation. Die Haut enthält keine Farbpigmente und man spricht hier von Leuzismus, Farblosigkeit.

Nachdem der Mensch sich des Pferdes bemächtigt hatte, kam Farbe ins Fellspiel.

Durch Züchtungen entstand eine ganze Palette von Farben und Mustern. Von Schimmeln über Füchse bis hin zu Rappen, Braunen, Palominos und Schecken.

Je stärker die Schmerzen werden, desto offensichtlicher die Reaktion des Pferdes, die sich eben insbesondere bei Kolik zeigt. Herz- und Atemfrequenz steigen, die Augen sinken ein. Die Pferde befinden sich in extremer Ruhelosigkeit, die bis zu heftigem Hinwerfen führen kann, und signalisieren damit schwerstes Schmerzgeschehen, wie es zum Beispiel bei Darmdrehungen auftritt. Wenn sich die Schmerzäußerungen plötzlich von dramatisch auf nicht mehr vorhanden verändern, deutet das auf Magen- oder Darmriss hin.

Allerdings muss man auch dazu sagen, dass Pferde wie Menschen unterschiedlich leiden. Beim einen liegt die Schmerzgrenze höher, beim anderen niedriger. Zeigt das eine Pferd bei einer schweren Kolik entsprechend starke Symptome, kann sich ein anderes dabei still, nahezu unauffällig verhalten. Das aber sollte wiederum dem Pferdebesitzer auffallen. Es kommt also, wie immer, auf den Einzelfall an und einen wachsamen Blick.

Und damit ist das Schlüsselwort gefallen und wir kommen zum nächsten Sinnesorgan, den Augen.

Das Auge – Gute Sicht in zwei Richtungen

Das Auge

Gute Sicht in zwei Richtungen

Wenn wir auf dem Rücken unserer Pferde durch die Natur schaukeln, reiten wir durch ein kunterbuntes Bildermeer: blauer Himmel, gelbe Rapsfelder, roter Klatschmohn, sattgrüne Wiesen, blaue Autos. Für uns Menschen ist das ein ganz selbstverständlicher Anblick. Und das Ganze dreidimensional, versteht sich.

Ein Stimmungsbarometer