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Der dritte Band der erfolgreichen Serie – jetzt in neuer Ausstattung! Überzeugte Singles und langjährige Paare erzählen, wie sie ihre besonderen Träume und Fantasien ausleben. Pures Lesevergnügen und Ratgeber in einem – der zusätzliche Kick für die eigene Lust.
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Seitenzahl: 342
Christoph Brandhurst
Die in diesem Buch beschriebenen oder gezeigten Praktiken sind keine Empfehlungen. Jeder sollte selbst über die Leidenschaften entscheiden, die er hat. Eine Haftung des Autors, des Verlags oder seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist ausgeschlossen.
Vorwort
Extrem, die Dritte. Ist nicht längst alles erlebt und erzählt worden? Nein! Das belegen die vielen Briefe und E-Mails jener Menschen, die nach Erscheinen der beiden ersten Bücher Kontakt zu mir suchten. Sie alle wollen ihre ganz persönliche Geschichte erzählen. In den seltensten Fällen, weil sie exhibitionistisch veranlagt sind. Die Schilderungen in Band 1 und 2 gehen den Menschen nahe. Viele sagen: »Das habe ich auch so erlebt!« Und andere lassen wissen: »Das erlebe ich ganz anders.« Beiden Parteien ist gemein: Sie wollen andere Leser an ihren Erfahrungen teilhaben lassen. Denn obwohl jede Boulevardsendung mindestens schon einmal über Peitsche, Andreaskreuz und Domina berichtet hat, und sich auch im Internet tausende Seiten zum Thema SM googeln lassen – mit der Toleranz ist es noch nicht weit her.
Wie können Sie nur? Das ist doch nicht normal! Das ist pervers! Mit genau diesen Vorurteilen mussten und müssen sich viele der Menschen auseinandersetzen, die in Extrem! 3 von ihren Neigungen und Leidenschaften erzählen. Diesmal sind es überzeugte Singles und langjährige Paare, die – häufig nach vielen Jahren der Orientierungslosigkeit – endlich mit sich und ihren Bedürfnissen in Einklang stehen. Die ihre Neigungen als gegeben annehmen und dazu stehen. Sie erzählen, wie sie ihre besonderen Träume und aufregenden Fantasien ausleben. Extrem! 3 kann daher – wie seine beiden Vorgänger – auch ein wichtiger Ratgeber sein. Es eröffnet neue Perspektiven. Es bietet Möglichkeiten, dem eigenen Leben und der eigenen Lust einen neuen, zusätzlichen Kick zu verpassen. Nach wie vor gilt: Verboten ist nichts, alles ist erlaubt.
Christoph Brandhurst
Teil 1: Beziehungen
Meine Frau kenne ich nun schon seit 14 Jahren, davon sind wir elf Jahre verheiratet, und ich liebe sie wie am ersten Tag. Die Art und Weise, wie wir uns kennengelernt haben, passt zu unserer Art von Sexualität. Ich glaube daher, dass wir uns auf anderem Wege gar nicht erst kennengelernt hätten. In unserer Vorgeschichte ist vieles ähnlich verlaufen, und da wären wir auch schon beim Anfang.
Unser Sexualleben, ob alleine oder als Paar, war immer bunt und facettenreich. Meine ersten sexuellen Erfahrungen machte ich, als ich zwölf Jahre alt war und der Sexualtrieb in mir erwachte. Es waren die üblichen Handlungen unter der Bettdecke. Im Laufe der Zeit entwickelte ich daraus eine regelrechte Kunst, zum Beispiel wie ich den Erguss immer länger hinauszögern konnte, um besonders weit zu spritzen. Jetzt wollen wohl alle wissen – wie geht das? Hm, vielleicht sollte ich daraus einen Ratgeber machen. Nur so viel: Finde deinen Penis schön, geil oder sonst wie positiv; das Gleiche gilt für deine Potenz; wichse regelmäßig nicht mit der Absicht abzuspritzen; höre vorher auf und lass ihn erschlaffen, und fange dann nochmals an; trainiere unbedingt die Unterbauch- und Beckenbodenmuskulatur; üben, üben, üben, und das alles ohne Kopfkino – wichtig!
Später, so mit 16 oder 17, entdeckte ich als weitere anregende Variante die Wonnen des Natursekts. Wie ich genau darauf kam, weiß ich heute nicht mehr. Wahrscheinlich probierte ich es einfach einmal aus und fand Gefallen daran. Es erregte mich ungemein, wenn ich mir in eine möglichst enge Jeans pisste und ich mich dabei selbst befriedigte. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bereits eine nette Sammlung an Pornoheften. Ich sah damals wohl erwachsen genug aus, um mir diese Hefte problemlos im Sexshop kaufen zu können. Inhaltlich ging es in diesen Heften um »Sex in Leder«, Natursekt und SM. Allerdings bekam man diese Sorte Pornos Anfang/Mitte der siebziger Jahre kaum zu kaufen. Hatte ich mal solche Hefte gefunden, so habe ich sie sorgsam vor meinen Eltern verborgen. Sie hätten es nicht verstanden und die sich daraus ergebende Situation wäre für alle nur schwierig geworden.
Zu jener Zeit hatte ich noch keine feste Freundin, ich war einfach zu zurückhaltend und schüchtern, um Kontakte zu Mädchen zu knüpfen. Ich bin halt ein echter Spätzünder. Alle meine Freunde hatten eine Freundin und prahlten mit ihren Erlebnissen herum, nur ich nicht. Irgendwann wollte ich es wissen, wie es sich anfühlt, wenn man richtigen Sex hat. In einer Zeitung warben genügend »Fotomodelle« für ihre Dienste. Nun fasste ich all meinen Mut zusammen, rief alle möglichen Telefonnummern an und wählte schließlich die Frau mit der angenehmsten und meinem Empfinden nach geilsten Stimme aus, fuhr dorthin und verlor meine Unschuld in einem »Privatclub«. Da war ich 17 Jahre alt.
Das berühmte erste Mal empfand ich allerdings nicht als so besonders. »Danach« hatte ich ein eher neutrales Gefühl nach dem Motto »Aha, so ist das also«. Vielleicht lag es daran, dass die Frau mich sehr professionell, fast nüchtern bedient hat – ich unten, sie oben. Aber es war dennoch so gut gewesen, dass ich fortan oft die Damen des sexuellen Dienstleistungsgewerbes aufgesucht habe und noch heute habe ich fast nur positive Erinnerungen an diese Zusammenkünfte – gelernt habe ich als junger Mann dadurch viel. Allerdings ließen sich damals meine Wunschvorstellungen, dass meine professionelle Sexpartnerin dabei Ledersachen – oberschenkellange Stiefel, offene Ledershorts etc. – trägt oder gar einmal Natursekt abgibt, nicht umsetzen. Das war damals selbst in diesem Gewerbe noch »pervers« und als Praktik undenkbar. Heute sieht das augenscheinlich vollkommen anders aus.
Irgendwann sah ich im Kino die Geschichte der O. Verwirrt und innerlich zerwühlt ging ich damals nach Hause. Ab diesem Zeitpunkt wollte ich das auch – so einen Sex, so eine Frau. Mit der Zeit lernte ich einige Frauen kennen. Manche Beziehungen waren kurz, andere dafür länger. Alle hatten etwas Besonderes. Eine mochte gerne Sex im Freien, eine andere zeigte mir den Analverkehr, eine weitere wurde geil, wenn ich ihr Gesicht vollspritzte. Ich hatte das Vergnügen, eine nymphoman veranlagte Frau kennenzulernen und war der beste Freund einer Hardcore-Lesbe. Dazwischen lernte ich Barbara kennen, sie war eine sehr dominante Frau. Barbara versohlte mir den Hintern und veranstaltete noch viele interessante Dinge mit mir, wie zum Beispiel Bondage, Hodenabbinden, Abspritzen auf Befehl, zusehen, wie sie mit anderen fickte.
Eines Tages wurde mir klar, dass ich nicht der devote Teil einer möglichen Beziehung bin. Es auszuprobieren ist interessant, es aber auch zu sein ist etwas ganz anderes. Wir sprachen darüber und trennten uns freundschaftlich. Ein Jahr später rief sie an und fragte, ob ich ihre »Spielsachen« übernehmen möchte. Sie krempelte gerade ihr Leben um mit Mann, Kind und Umzug. So kam ich für einen symbolischen Obolus an einen Haufen Peitschen, Fesseln, Gewichte und vieles mehr.
In dieser Zeit fing ich an, entsprechende Anzeigen in einschlägigen Kontaktmagazinen aufzugeben. Ergebnis: wenige Antworten, viele Spinner und Gestörte, Abzockversuche, aber auch einige reale Treffen. Diese waren meist sehr geil, waren aber aus den unterschiedlichsten Gründen nie von langer Dauer. Bei den realen Treffen handelte es sich um Paare, die einen jungen Stecher suchten. Interessanterweise standen viele dieser Paare zwar auf »Ficken in Leder«, nicht aber auf SM. Diese Möglichkeit ergab sich aufgrund einer Anzeige von mir. Ein Paar suchte einen jungen dominanten Mann für sie. Er war Vertreter einer deutschen Firma in Westafrika, und so lebte das Paar dort und kam gelegentlich für einige Zeit nach Deutschland zurück. In dieser Zeit ließen sie hier die Sau raus und suchten Leute für ihr Vergnügen.
Das Paar stand auf Gangbang, das heißt mindestens zehn Männer fickten die Frau durch, danach hätte ich sie für das volle SM-Programm einschließlich Natursekt etc. haben können. Durch Briefwechsel und Fotos wusste ich, dass sie in Afrika auch ausgiebigste sexuelle Kontakte pflegten. Das Verhängnisvolle daran war, dass genau zu dieser Zeit, Anfang der Achtziger, die Zeitungen und Medien erstmals voll mit dem Thema Aids waren. Ganz gruselige Geschichten geisterten durch den Medienwald. Alle waren zutiefst verunsichert. Ich auch, und was machte ich? Ich kniff.
Ein sexueller Kontakt mit dem Paar ist deshalb nie zustande gekommen. Die Polaroidfotos sind inzwischen verblasst und die Erinnerungen an sie fast auch. Das Virus feiert nun sein 25-jähriges Bekanntsein und hat in dieser Zeit Millionen dahingerafft und infiziert. Da fragt man sich schon, was aus dem Paar geworden ist.
So verging die Zeit und ich suchte weiter. Eines Tages lag Post in meinem Briefkasten. Darin befand sich ein sehr schön geschriebener Brief, offen, nett und sehr neugierig machend. Beiliegend fand sich ein ausgesprochen reizvolles Foto. Geschrieben hatte ihn Andrea, meine jetzige Ehefrau. Sie hatte eine meiner Anzeigen in einem Kontaktmagazin entdeckt. Wie das kam, kann sie euch selbst erzählen.
Das Magazin hieß »Sklavenmarkt« und darin hatte ich eine Anzeige geschaltet. In diesem Heft gab es eine Fülle von Anzeigen professionell arbeitender Frauen, Dominas, Zofen und Sklavinnen. Ebenso suchten dominante Menschen einen Sexualpartner oder boten ihre Partnerin zur Abrichtung, Erziehung oder nur zum »Durchficken« an, andere Paare suchten jemanden für ihr gemeinsames Spiel und so weiter. Wie man sieht eine bunte Mischung. Zuerst dachte ich, dieser Brief führt zu nichts, zumal Andrea rund 300 Kilometer entfernt wohnte. Sie suchte nach einem Partner, der ihr Verlässlichkeit im Leben gibt, mit ihr ihre ziemlich versaute Sexualität teilt, aber dennoch sehr viel Einfühlungsvermögen besitzt und sich auch noch für andere Dinge im Leben wie zum Beispiel Kunst, Theater, Bücher interessiert. Was folgte, waren lange Telefonate und endlich ein reales Treffen. Unvergessen ist für mich der erste Augenblick, als ich sie traf. Eine unglaublich schöne Frau, lange schwarze Haare, High Heels mit endlosen Absätzen, ganz in schwarzes Leder gekleidet und der Duft von Chanel No. 5. Es hat mich umgehauen! Da Andrea kein Auto hatte, fuhr ich wann immer es möglich war, zu ihr, und es war sehr, sehr oft. Kleine Info am Rande: Der Benzinpreis lag damals bei unter 70 Cent.
Neben unzähligen Telefonaten haben wir uns sehr viele Briefe geschrieben, um uns besser kennenzulernen. Wir trieben es von ganz zart bis sehr extrem, das heißt von einer einfühlsamen Rückenmassage mit entspannendem Öl und anschließendem ausgiebigen Sonntagsnachmittagfick bis zu den extremen Spielarten wie Zwangspinkeln, orale/anale Vergewaltigung mit Ohrfeigen sowie Peitschungen diverser Körperregionen.
Bald kannten wir alle Swingerclubs an unseren Wohnorten. Andrea hatte bereits ihre Cluberfahrungen und erzählte sehr positiv davon, auch dass Männer die Frauen nicht anbaggern oder etwas taten, was Frau/Paar nicht wollte. So war ich neugierig und ging mit. Ich war begeistert. Es ist zwar beim ersten Mal schon etwas ungewöhnlich zu sehen, wenn die eigene Frau Sex mit einem anderen Mann hat. Aber man kann ja mitmachen oder sich dessen Partnerin zuwenden, schließlich gehen alle aus dem gleichen Grund in den Club.
Neben diesen Swingergeschichten waren wir bei privaten Bordellfeten zu Gast (hierüber schreibt Andrea etwas), fickten mit vielen anderen Paaren und besuchten ziemlich viele SM-Feten. Ich habe meine Frau zu Prostituierten geschickt, die ihre Dienste auch für Frauen anboten, damit sie es mit ihnen treibt. Bei anderen Gelegenheiten habe ich mich an dem Anblick aufgegeilt, wenn sie mit anderen Frauen Sex hatte. Andrea mochte es gerne hart und erbarmungslos, Erniedrigung durch Schläge, Natursekt und Vergewaltigungsspiele. Auf der anderen Seite hat sie eine ganz zarte, weiche und sehr verletzliche Seele.
Wir verliebten uns, zogen zusammen und später, als wir unserer Gefühle zueinander sicher waren, heirateten wir. Ein paar Jahre später wurden wir gewollt glückliche Eltern. Damit begann ein neuer spannender Lebensabschnitt, der aber für unser Sexualleben eine entscheidende Veränderung mit sich brachte. Spontan einer SM-Orgie zuzusagen ging nicht mehr. Swingerclub bis morgens um 4 Uhr geht auch nicht mehr. Fickorgie mit mehreren Paaren daheim, mit einem schlafenden Kleinkind nebenan, schließt sich grundsätzlich für uns aus. So schmolz der Bekanntenkreis dahin wie Schnee in der Frühlingssonne.
Nun, es gibt ja Verwandte, Freundinnen, Omas und Babysitter. Leider gehören wir zu den Familien, deren Verwandtschaft klein und alt ist und in der kaum Bereitschaft zur Kinderbetreuung vorherrscht. Freunde und Freundinnen haben sich verabschiedet, weil sie zwar für einige wenige Stunden mal aufpassen würden, aber am Wochenende lieber selber was unternehmen wollen. Babysitter – findet erst mal einen, der an einem Samstag bis 3 Uhr morgens bleiben möchte, und dann musst du diese Zeit auch bezahlen. Da kommen für diese kurze Zeit schnell 150 bis 200 Euro an Feten beziehungsweise Clubeintritt, Babysitter und Fahrtkosten zusammen. Für einen Einzelverdienst nicht gerade eine unbedeutende Ausgabe.
Bleiben noch die Omas. Zuerst dachten wir, die bekommt man nicht mehr aus der Wohnung, so wie sie sich aufgeführt haben, als sie die Nachricht vom herannahenden Enkelchen vernahmen. Kaum war das Kind da, waren die Omas wie vom Erdboden verschluckt. Ich will es abkürzen: Eine lebt leider nicht mehr, die andere – meine Schwiegermutter – machte ihrer eigenen Tochter das Leben auch nicht leichter.
Es hagelte in der Vergangenheit nur so an Vorhaltungen und Vorwürfen hinsichtlich dessen, was sie macht, Kindererziehung und und und. Kurz gesagt, alles würde Andrea falsch machen. Angekündigte Kinderbetreuung, damit wir auch endlich mal wieder vor die Tür kommen, wurde urplötzlich zurückgezogen. Vorher war das alles nicht so, wahrscheinlich liegt es daran, dass diese Frau ein eigenes schwerwiegendes psychisches Problem mit sich herumträgt. Es gab noch einige unglaubliche Geschichten.
An dieser Stelle nur ein explizites Beispiel, wie einen die eigene Familie bei auftretenden Problemen alleinlässt: Wir waren über mehrere Wochen krankgeschrieben. Andrea mit Lungenentzündung, und mich streckte ein Bandscheibenvorfall plus stark fiebriger Infektion nieder. Einziger Kommentar von Familienseite war »gute Besserung« und »gehabt euch wohl«. Niemand ging mal einkaufen, geschweige denn holte mal das Kind übers Wochenende zu sich. Andere Mütter aus der Kindertagesstätte holten oder brachten mal unser Kind dorthin. Auf der anderen Seite stellt die Familie hohe Erwartungen an unser Verhalten, wenn mal dort etwas anliegt. Ebenso ist der Weg von dort zu uns immer zu weit, im umgekehrten Fall wohnen wir ja gleich um die Ecke.
Andrea leidet aufgrund ihrer Sensibilität extrem unter so einem Verhalten, zumal es von ihrer eigenen Mutter kommt. Was da zwischen den beiden abläuft, nenne ich emotionalen Missbrauch. Um Andrea in solchen Situationen aufzufangen, sprechen wir viel über diese Dinge, das kostete mich über die zurückliegenden Jahre betrachtet allerdings viel Energie und Kraft. Ich glaube, dass es an der Zeit ist, sich endgültig von solchen Menschen zu verabschieden, damit unsere Beziehung nicht mehr leidet. Zurzeit kommen wir uns, was unsere Sexualität betrifft, vollkommen ausgebremst vor – von 250 km/h auf 0 km/h.
Teil 1: Beziehungen
Ohne meine gewissen sexuellen Neigungen hätte ich meinen Mann nie kennengelernt. Wieso und warum habt ihr bestimmt schon in dessen Geschichte gelesen. Wir haben uns über ein Kontaktmagazin kennengelernt. Das Heft hieß »Sklavenmarkt« und der Umstand, wie ich auf Thomas aufmerksam wurde, ist schon einmalig. Aber der Reihe nach.
Aufgeklärt wurde ich durch meine Eltern nie. Ich bekam ein Aufklärungsbuch zu lesen und etwas später mit 14 Jahren die Pille verschrieben. Das war das Einzige, worauf meine Mutter Wert legte. Alles weitere Wissen über Sexualität musste ich mir selbst aneignen. Recht früh hatte ich starke erotische Fantasien und masturbierte in dieser Zeit sehr viel. Die Phantasien wurden mit der Zeit immer schweinischer. Sie gingen in Richtung Dominanz und Unterwerfung. Genau konnte ich es noch nicht fassen, da ich ja noch keinerlei Erfahrung hatte.
Damals gaben mir die Sendungen »Aktenzeichen XY … ungelöst« in ihre Fallschilderungen über Fesselungen und Vergewaltigungen einige erregende Momente – das klingt irgendwie abgedreht, aber so war es nun mal. Das hat nichts zu tun mit dem erlittenen Leid der betroffenen Personen. Was diese Personen erlitten haben, möchte ich in der Realität nicht erleben. Diese Geschichten gingen auf meine Fantasien ein, wo ich mir vorstellte, in einem einvernehmlichen Geschehen dabei zu sein.
Ich ging damals noch zur Schule, war also noch ein braves Schulmädchen, aber was für eines. Manchmal konnte ich es nicht aushalten, mein erregtes Geschlecht drückte gegen meine engsitzende Jeans – mit Vorliebe trug ich enge Sachen – und ich konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen. Meistens war ich dort nach der Schule allein. So hatte ich Zeit, meiner damals neu entdeckten Neigung Raum zu geben.
Ich kniete mich beispielsweise mit weitgeöffneten Beinen über einen Wäschehaufen und pisste mir in meine engen Jeans, mit meiner Hand rieb ich danach etwas im Schritt herum und hatte dadurch sehr starke Orgasmen. Klingt pervers und das war es auch, aber ich fühlte mich sehr gut dabei. Meine Mutter konnte, wenn sie nach Hause kam, sich so über regelmäßig frisch gewaschene Wäsche freuen.
Aufgrund meiner starken bisexuellen Orientierung sammelte ich bald meine ersten Erfahrungen mit Frauen. Da ich nicht sehr an meiner Unschuld hing, hatte ich ein reges Sexualleben. Ich hatte neben meinem normalen Freundeskreis auch wechselnde männliche und weibliche Freunde und mit ihnen auch »normalen« Sex. Meine Eltern erfuhren nie etwas von meinem sexuellen Leben.
Ein schlechtes Gewissen hatte ich deswegen nie. Wahrscheinlich hätten meine Eltern aber insbesondere wegen meiner speziellen Neigungen einen großen Aufstand gemacht, wenn sie davon erfahren hätten. Das hielt mich wohl auch davon ab, in einem Sexshop, Pornokino oder Club zu arbeiten, obwohl ich das damals gerne gemacht hätte. Als ich in die Lehre ging, kam ich dort in eine recht lockere Clique. Einer meiner Kollegen nahm mich eines Tages mit in einen Pärchenclub. Die Atmosphäre dort empfand ich als sehr angenehm, keiner bedrängte mich und ich konnte mich trotzdem austoben und alles ausprobieren, wonach mir der Sinn beziehungsweise die Geilheit stand: Sex mit mehreren Paaren, Männern oder auch nur mit Frauen.
Seitdem gehe ich gerne in Swingerclubs, heute sind die seltenen Besuche dort wie Urlaub vom Alltagsstress. Monate später lernte ich meinen ersten festen Partner kennen. Diese Beziehung hielt sehr lange, hat aber nie zur Ehe geführt. Er war auch für ausgefallene Spiele wie zum Beispiel Gruppensex, Anal und Natursekt zu begeistern und wir suchten über ein bekanntes Kontaktmagazin entsprechende Paare. Mit ihm zusammen konnte ich vieles ausprobieren, unter anderem auch Parkplatzsex, nuttiges Ausgehen. Allerdings weigerte er sich, mit mir Pärchenclubs zu besuchen, wahrscheinlich hatte er Angst, dass er dort seinen Schwanz nicht hochbekommt.
Nach einigen Jahren kriselte es in unserer Beziehung. In dieser Zeit lernte ich ein Paar kennen. Es funkte mächtig zwischen uns dreien. Ich hatte Sex mit ihnen zusammen und auch einzeln. Über sie fand ich auch den Einstieg in den SM-Bereich.
Anfangs verstanden wir uns alle gut, allerdings lebte das Paar auch in einer ähnlichen Beziehungskiste wie ich mit meinem Freund. Später lief es darauf hinaus, dass er mich alleine aufsuchte. Seine Frau wurde deswegen hochgradig eifersüchtig auf ihn und mich, weil sie ebenfalls gerne alleine mit mir zusammen gewesen wäre. Hatte ich sie bei mir, war’s genau umgekehrt. Alle drei zusammen klappte immer seltener. Eifersucht und Neid schaukelten sich langsam hoch bis zum Unerträglichen.
So wurde ich ständig von einem der beiden angerufen, zuerst ging es nur um das eine – was und wie er/sie es gerne jetzt mit mir treiben würde, dann kamen Eifersüchteleien und Vorwürfe.
Später, als feststand, dass keiner mich fest für sich allein haben konnte, begann ein sehr verletzender Psychoterror. Auf diesen möchte ich nicht weiter eingehen, nur so weit, dass es für mich eine sehr schwere Zeit war, mich daraus zu lösen.
Auf der anderen Seite suchte ich trotz aller Probleme weiter meine Kontakte. Nach Möglichkeit wollte ich einen festen Partner, und so kaufte ich mir regelmäßig einschlägige Kontaktmagazine. Schrieb auf viele Anzeigen und traf mich mit einigen Männern. Die Anzeigen, auf die ich schrieb, waren keine dieser 08/15-Anzeigen mit Kuschelsex, garniert mit ein bisschen Schweinerei, sondern sie hatten den harten, man kann sagen den brutalen, Sex zum Inhalt. Dominanz, SM, Natursekt, orale Vergewaltigung, Ohrfeigen, heftiger Gruppensex, das waren die Schlagwörter, nach denen ich suchte.
Allerdings muss ich heute rückblickend feststellen, dass die so genannten dominanten Männer, die ich damals in nicht geringer Zahl kennenlernte, nicht das waren, für was sie sich ausgaben. Und so blieb es meistens beim ersten unverbindlichen Date.
Viele kamen wohl nicht damit zurecht, entweder überhaupt nicht zum Ziel gekommen zu sein oder nach dem ersten realen Sex gesagt zu bekommen, dass sie doch nicht der gesuchte (Sexual-) Partner sind. Viele veranstalteten einen regelrechten Telefonterror und jammerten mir die Ohren voll: »Ach, bitte, bitte, darf ich dich noch mal ein bisschen verhauen.« Oder sie verfielen in beleidigende Schimpfattacken, in der Meinung, dies würde mich zur Vernunft und an ihre Seite bringen. Diese Typen kosteten mich viel Zeit und Nerven. Aber trotzdem, ich war in Gedanken ständig beim Sex und immer geil.
In dieser Zeit war ich die absolute Masturbationsqueen. Ich brauchte Kontakte und suchte weiter. Eines Tages traf ich mich wieder mit einem Mann. Er war nett und wir unterhielten uns sehr lange. Dabei kam heraus, dass er verheiratet war, seine Frau nicht auf Leder oder SM stand und er deshalb nur etwas für nebenher suchte. Ich sagte ihm, dass ich einen festen Partner suche und dies für mich nicht in Betracht käme. Er hatte dafür Verständnis und betonte, dass er sich schon im Klaren darüber ist, wie schwierig es sei, eine seinen Vorstellungen entsprechende Geliebte zu finden. Wir plauderten noch über alles Mögliche und verabschiedeten uns dann. Beim Verabschieden überreichte er mir mit den Worten »Statt Blumen habe ich Ihnen dieses Magazin mitgebracht, vielleicht finden Sie darin einen passenden Partner« ein SM-Kontakt-Magazin. Es hieß »Sklavenmarkt«.
Zu Hause angekommen, erst mal lesen und dabei die Hand spielen lassen. Uuuaaah, und da fand ich die Anzeige von Thomas. Der Text war klasse, nicht überheblich und abgehoben wie so viele andere, eher nüchtern und auch die anderen Interessen beschreibend wie zum Beispiel Theaterbesuche oder Motorradfahren.
Der Text und das dazugehörige Foto sprachen mich an. Nur die Entfernung, immerhin 300 Kilometer, störte mich. Aber ich setzte mich hin und schrieb einen Brief, fünfmal fing ich an und rang mit den Worten. Er sollte schließlich nicht billig klingen. Nachdem ich ihn abgeschickt hatte, war erst mal Warten angesagt – für meinen Begriff ziemlich lange sogar.
Schließlich dachte ich, er meldet sich gar nicht mehr. Dann, eines schönen Sonntags, rief er an. Wir telefonierten an dem Tag lange. Auch die folgenden Tage vergingen nicht ohne Telefongespräche. Natürlich drehten sich die Gespräche um Sex, Sex und noch mehr Sex, schließlich lernten wir uns über ein SM-Magazin kennen, sowie auch um die anderen Dinge im Leben.
Nach einer Woche trafen wir uns. Ich hatte Vertrauen gefasst. Deshalb fand das erste Treffen bei mir zu Hause statt. Super gestylt, ganz in Leder und sehr nervös wartete ich. Thomas war pünktlich und sehr, sehr sympathisch. Von der Bettkante schubste ich ihn nicht, eher im Gegenteil. Wir wurden schnell ein Paar. Aufgrund der Entfernung trafen wir uns zuerst leider nur am Wochenende. Während der Woche telefonierten wir unendlich viel und hatten dabei jede Menge Telefonsex. An die astronomischen Telefonkosten mag ich gar nicht mehr denken.
Wir waren auf sehr vielen SM-Partys zu Gast und verbrachten auch viel vergnügliche Zeit in Swingerclubs. Auch in der freien Natur unternahmen wir so einiges, zum Beispiel hielt er mal in der Nacht ohne Vorwarnung an einem einsamen Feldweg an, zerrte mich aus dem Auto, warf mich über die Motorhaube und peitschte mich aus. Danach wollte er mich oral nehmen oder anpissen, jedenfalls kniete ich vor ihm, da kam ein Auto daher.
Also alles irgendwie harmlos aussehen lassen und dann weitermachen, aber Irrtum, es kam schon wieder ein Auto und noch eines und noch eines. Unverrichteter Dinge sind wir dann weitergefahren. Wie sich später herausstellte, führte der unscheinbare Feldweg in ein kleines Neubaugebiet.
Bald zog ich zu Thomas, fand dort mein neues Zuhause. Zusammen erlebten wir viele schöne sexuelle Dinge, trafen aber auch auf abgedrehte Leute. Hier möchte ich nur wenige Begebenheiten erzählen, ansonsten würde sich daraus ein dickes Buch ergeben. Wir hatten einen geilen Kontakt zu einem anderen Paar, trafen uns regelmäßig Freitagabend und fickten mit ihnen bis zum Sonnenaufgang. Jede mit jedem in Lack, Leder oder Latex.
Leider brach der Mann diese Zusammenkunft nach etlichen Monaten ab, wir erfuhren später, dass es ihm wohl zu viel war, denn er hatte nebenher noch eine heimliche Geliebte. Von der durfte seine Frau nichts wissen, uns alle zusammen schaffte er wohl nicht mehr.
Später gehörten wir zu einem Kreis von rund fünf bis sieben Paaren. Gegründet wurde der Kreis von Elke, einer Bordell- beziehungsweise Privatclub-Betreiberin. Einmal im Monat traf man sich dort, wenn die dort arbeitenden Frauen Feierabend hatten. Bezahlen brauchte man nichts, sondern man brachte nur Getränke und Videos mit. Elke war immer supergeil drauf, sie saugte den Männern die Schwänze aus, um anschließend mit uns Frauen zu vögeln. Auch diese Treffen hörten leider irgendwann auf, weil Elke ihr Geschäft erweiterte, sich von ihrem Freund trennte und wohl jetzt mit einer Frau zusammenlebt.
Manche Treffen endeten katastrophal. Als Beispiel seien diese kurz erwähnt: Wir trafen ein Paar zur ersten Kontaktaufnahme im Restaurant. Sie wollten es gerne mal mit einem anderen Paar zusammen erleben. Er wollte es eigentlich sofort und auf der Stelle, sie traute sich noch nicht so ganz und bat um einen Tag Bedenkzeit.
Einen Tag später rief sie an und es klappte. Wir trafen uns bei dem Paar und wir brachten ein erotisches Spiel, um den Einstieg zu erleichtern. Die Atmosphäre wurde schnell lockerer, die Frau immer gelöster und lüsterner. Er bekam einen roten Kopf. Laut Spielkarte sollte die Frau mit meinem Mann einen heißen Tanz hinlegen, sie fasste dabei Thomas an die starke Ausbeulung seiner Hose, da haute er mit blutrotem Kopf seine Faust auf den Tisch und brüllte: »Ich kann das nicht.«
Wir verschwanden, es war sehr spät und sehr viel Schnee lag auf der Straße. Nach fünf Jahren – ehrlich! – rief er an und meinte: »Na ja, der Anfang war nicht so berauschend, aber jetzt würden wir uns gerne mit euch treffen.« Wir aber nicht.
Eine andere Geschichte war eine geile Piss- und Fickorgie zwischen uns und einem weiteren Paar. Besonders wir Frauen verstanden uns toll. Sie wollten uns eigentlich gleich am nächsten Wochenende wieder treffen, aber unsere Anrufe liefen ins Leere, wiederum Jahre später kam ein Anruf von ihnen nach dem Motto: »Es war ja so toll.« Irgendwie hatten wir ein Abo auf solche Leute, denn es waren nicht die einzigen Begebenheiten dieser Art.
Trotz solcher Negativerlebnisse suchten wir immer Kontakte. Sollten sich auch jetzt noch Kontakte ergeben, so wären wir nicht abgeneigt. Allerdings ist dies heute für uns schwierig geworden. Nach langem Warten sind wir glückliche Eltern geworden. Unser Kind ist einfach klasse – dieser Meinung sind wohl fast alle Eltern. Leider mangelt es erheblich an der familiären Unterstützung.
Mit meiner Mutter verstehe ich mich immer schlechter und als Oma, die mal die Kinderbetreuung übernehmen kann, damit wir auch mal einen freien Abend oder ein freies Wochenende haben, fällt sie ganz aus. In ihren Augen mache ich grundsätzlich alles falsch. Nur ihre Meinung ist die richtige, danach hat sich alles zu richten. Sie will mich kontrollieren und erziehen. Weil ich das nicht mitmache, straft sie mich durch ihr Verhalten.
Meine Schwester bläst in das gleiche Horn und der Rest der Verwandtschaft ist inzwischen schon verstorben oder hat kein Interesse an Kindern. Sucht man sexuelle Kontakte und lässt dabei durchblicken, dass man noch ein Kleinkind hat, so winken bisher alle ab nach dem Motto: »Eltern sind unzuverlässig. Da kann mit Kindern immer was dazwischenkommen. Ach nee, wir wissen nicht …«
Gerade als Eltern muss man konkret und punktgenau planen, das bringt doch erst die Zuverlässigkeit. Andererseits ist es auch finanziell nicht leicht, 80 Euro für einen Babysitter und 80 bis 100 Euro Eintritt für den Swingerclub zu zahlen, wohlgemerkt nur für einen Samstagabend von 19 bis 3 Uhr.
Zurückblickend auf unser bisheriges Sexualleben fühle ich mich zurzeit sehr ans Haus gefesselt und total ausgebremst. Es fehlt mir – das geile Leben.
Teil 1: Beziehungen
Ob ich eine Nymphomanin bin? Hm, was ist eine Nymphomanin? Eine klassische Nymphomanin bin ich jedenfalls nicht. Es gibt ja die klassischen – da kenne ich ein paar Mädels –, die brauchen es täglich mindestens drei Mal, morgens, mittags, abends … Deren Freunde haben ein schlechtes Leben, denen geht es schlecht. Eine richtige Nymphomanin fordert, überfordert die Männer. Es gibt kaum Männer, die zu einer Nymphomanin passen; also Männer, die sagen: »Ich bin auch so veranlagt. Ich brauche das.«
Die Männer, die ich kenne, und die mit einer Nymphomanin zusammen sind, die sind in sich gekehrt. Die erklären: »Ich kann nicht mehr.« Weil ihre Freundin immer und immer wieder mit ihnen poppen will. So bin ich nicht. Ich muss nicht ständig poppen. Ich muss nicht jeden Tag Sex haben. Meine Abstände sind größer. Aber es passiert trotzdem, dass ich immer wieder den Drang verspüre, andere Männer zu haben.
Es gibt einen ganz bestimmten Typ Mann, auf den ich abfahre: den Geschäftsmann. Den Anzugträger. Anzug auf Maß. Groß gewachsen. Mindestens 1,80 Meter. Kleine Männer im Anzug finde ich hässlich. Die sehen so aus, als würde ihnen etwas fehlen. Große Männer in Anzügen dagegen strahlen Kraft aus. Macht. Erfolg. Wenn ich einen großen Mann im Anzug sehe, mit einer geilen Krawatte, dann denke ich: »Den will ich haben!«
Wenn er dann noch geile Boxershorts trägt … die sehe ich zwar nicht gleich, aber meist tragen diese Typen geile Boxershorts … dann ist es um mich geschehen. Das ist so … ich weiß nicht … das war schon immer so … es ist ganz schlimm! Wahrscheinlich sind die meisten meiner Freunde deshalb Banker. Makler. Vertriebschefs. Oder haben andere erfolgreiche Jobs. Aber immer Männer, die Anzüge tragen. Das Geile ist: Die brauchen sich auch nie lange auszuziehen. Zack, Hose auf, das Hemd flattert aus dem Schlitz, zack, raus das Teil, rein in meine Muschi, fertig. Geil!
Klar, das brächte auch ein Typ in einer Jeans zustande. Aber der reizt mich nicht. Ich brauche Anzüge. Die entsprechen meinem Beuteschema. Sie strahlen einen unbändigen Reiz aus. Das ist bei mir extremst ausgeprägt. Selbst wenn ich in einer Beziehung lebe.
Ich finde: Diesen Drang, etwas Neues zu erleben, trägt jeder Mensch in sich. Wahrscheinlich können es manche besser verdrängen, andere eben nicht. Aber grundsätzlich glaube ich, der Mensch ist gar nicht für die Monogamie geschaffen. Das funktioniert einfach nicht. Heute erst recht nicht mehr.
Wenn ich heute meine Oma sehe oder andere Rentner, die 60 Jahre oder noch länger verheiratet sind … das kriegen wir doch gar nicht mehr hin. Ich bin 27 Jahre alt. Ich habe einen Freund, er ist 33. Wir könnten uns lieben und anstrengen, wie wir wollen. 60 Jahre Ehe kriegen wir nicht mehr hin. Aber ich glaube, der Wille ist sowieso nicht vorhanden. Paare trennen sich, finden sich neu, gehen wieder auseinander. So ist das heute.
Ich bin mit meinem Freund zusammen. Im Augenblick bin ich ihm treu. Es ist nämlich so: Wenn ich in einer richtig glücklichen Beziehung bin, das kann ich ehrlich vertreten, verspüre ich diesen Reiz, mit anderen Männern anzubandeln, nicht. Oder kaum.
Aber es gibt immer diese dumme Situation: Die Beziehung steckt in einer schwierigen Phase, dann passiert es sehr schnell, dass ich mich auf einen anderen Typen einlasse. Dabei geht es um Sex. Auch um eine Form der Bestätigung. Aber eigentlich will ich den Typen nur haben. Ihn erobern. Besitzen. Benutzen.
Denn wie wir alle wissen, ist der Orgasmus ziemlich schnell vorüber. So genial auch das ganze Vorspiel mit dem Typen ist. Sobald ich meinen Höhepunkt hatte, könnte ich aufhören. Ich muss dann nicht mehr weiterpoppen. Ich muss auch nicht warten, bis der Typ fertig ist. Wozu? Klar, natürlich, meistens mache ich weiter, weil der Typ ja auch noch kommen möchte. Aber in Wahrheit interessiert mich das nicht. Ich habe mein Ziel erreicht, den Typen erobert, ich hatte meine Befriedigung. Ich hatte meinen geilen Moment, und damit ist das Thema für mich erledigt. Der Reiz ist weg. Wenn der Typ dann noch weiter mit mir schläft, o Mann, da krieg ich manchmal die Krise.
Ob ich ein schlechtes Gewissen meinem Freund gegenüber hätte? Nein, das macht mir nichts aus. Das Bedürfnis, es auch mit anderen Männern zu machen, kann ich sehr gut runterspielen. Ich habe immer all meinen Freunden erklärt, wie super und treu ich bin. Alle haben sie es mir geglaubt. Ich kann früh mit einem Typen poppen, komme zwei Stunden später zu meinem Freund nach Hause und bin für ihn die geilste Frau der Welt. Ich kann das trennen.
Ich bin ein Einzelkind. Ich wurde sehr locker erzogen. Wir sind immer nackt durchs Haus gerannt. Über Sexualität wurde gesprochen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass meine Eltern je Sex hatten. Ich glaube, das möchte ich mir auch gar nicht vorstellen. Mein Freund, mit dem ich mit 14 zusammenkam, durfte recht fix bei mir übernachten. Mutter war der Auffassung: »Wenn du der Meinung bist, du möchtest mit ihm schlafen, dann kannst du das tun. Besser daheim und sicher, als irgendwo und gefährlich.«
Aber ich legte gar keinen Wert darauf, mit ihm zu schlafen. Als ich nämlich mit 13 zum ersten Mal meine Tage bekam, ging es mir furchtbar schlecht. Und dabei blieb es. Von vier Wochen im Monat war ich eine Woche immer richtig krank. Mit 14 bekam ich die Pille verschrieben, was meine Leiden schmälerte. Jetzt hätte ich ja ohne Weiteres loshämmern können. Tat ich aber nicht. Ich hatte nämlich ein großes Problem mit den Tampons. Die kriegte ich nicht in meine Scheide eingeführt. Dabei hatte ich bereits Mini-Mini-Mini-Tampons. Trotzdem bekam ich sie nicht eingeführt. Meine Mutter sagte: »Nicole, du bist wie ich. Du bist zu eng gebaut.«
Ich dachte mir daraufhin: Na super, wenn das Tampon schon nicht reinpasst, wie soll denn dann ein Schwanz reingehen?
Deshalb hatte ich lange Zeit ein Problem mit dem Sex. Mein damaliger Freund probierte einige Male, sein Glied in mich einzuführen. Es klappte nicht. Es tat mir weh. Höllisch weh. Weswegen wir nicht mehr weitermachten. Heute frage ich mich: »War ich zu doof?« Wir beließen es bei den ganzen Spielereien drumherum. Lecken. Blasen. Petting. Auch ich selbst spielte ständig an mir herum. Ich kannte mich und meinen Körper in allen Details, probierte alles Mögliche aus. Seitdem kann ich mich jeden Tag selbst befriedigen. Das geht recht fix.
Eine Freundin von mir behauptete damals, sie könnte sich am besten mit dem Duschstrahl befriedigen. Ich ging nach Hause, dachte mir: Das probiere ich aus. Ich muss ehrlich sagen: Das war geil. Das ging richtig gut. Ich bin jahrelang fast jeden Tag in die Wanne gegangen. Ich sagte meiner Mutter: »Ich geh in die Wanne.« Ich legte mich in die Wanne, ließ aber kein Wasser einlaufen, sondern machte die Dusche an, befriedigte mich selbst und duschte noch ein bisschen. Das war wirklich geil.
Und dann, eines Tages, ich kann mich noch genau daran erinnern: Es war der 12. Juni 1996, 14.33 Uhr. Ich war mit meinem Freund zugange. Wir steigerten uns hinein. Da klappte es auf einmal. Mit 16 hatte ich meinen ersten Sex. Es war richtig gut. Ich hatte keine Schmerzen.
Von dem Tag an gingen auch alle Tampons ohne Probleme rein, selbst die großen. Ich konnte es kaum glauben. Meinem Freund war ich erst einmal treu. Klar, es war ja auch mein erster Freund. Mit ihm blieb ich noch zusammen, bis ich 18 war. Treu war ich ihm da allerdings schon lange nicht mehr. Zu der Zeit war ich Azubi. Ich wollte die große, weite Welt entdecken. Ich wollte was erreichen. Ich habe in der Firma, in der ich arbeitete, richtig geackert. Ich war fast an jedem Projekt beteiligt, das ins Leben gerufen wurde.
Damals lebte ich mit meinem Freund in Halle. Ich arbeitete in München. Das waren zwei verschiedene Welten. Zu Hause bei meinem Freund war ich die liebe Nicole. Zusammen mit einem erfolgreichen Geschäftsmann wohnte ich im »Excelsior« in München. Nicht selten geschah es, dass ich statt drei monatlicher Meetings fünf oder sechs in München hatte … Das war genial. Ich war in München, im Hotel, der Geschäftsmann ackerte den ganzen Tag. Ich ließ mich im Hotel von einem Butler bedienen. Wenn man im »Excelsior« so eine große Suite hat, muss man keinen Finger rühren. Ich shoppte den ganzen Tag, wartete auf den Typen. Am Abend kam er dann, wir hatten ein bisschen Spaß.
Ich hab mich nicht einmal schlecht gefühlt. Selbst meine Mutter, die mich mehr als einmal deckte, sagte: »Nicole, probier lieber noch aus, du bist jung, mach, was du denkst. Dann weißt du, wie es ist.« Natürlich ist das selten, dass die eigene Mutter einem ein Alibi verschafft. Klar, sie hat nicht gesagt, ich solle ständig mit anderen Männern schlafen. Aber sie sagte: »Nicole, genieße die Zeit, gerade die Jahre der Entdeckung. Ich will nicht, dass du mit 18 einen Mann hast, ihn heiratest und mit ihm Kinder möchtest. Dann knallt es!« Das wollte meine Mutter nicht. Denn sie wusste: Solche Beziehungen funktionieren nicht. Nicht in der heutigen Zeit. Deshalb hat sie öfter mal hergehalten.
Ich finde: Die Erfahrung war es wert. Ich hatte echt schöne Erfahrungen mit älteren Männern gemacht. Ältere Männer waren für mich … so was wie … eine Notwendigkeit. Ältere Männer, die waren es. Ein jüngerer Mann, bitte schön, was konnte der mir denn damals erzählen? Und überhaupt: Was sollte der mir bieten? Und damit meine ich die rein sexuelle Ebene: Die älteren Männer ließen mich spüren, dass ich eine Frau bin.
Ich hatte das Gefühl, die nahmen mich, wie ich gerne genommen werden wollte. Das konnte mir mein 18-jähriger Freund nicht geben. Als ich mich von ihm trennte, hatte ich zwar gleich darauf einen neuen Freund. Aber ich hatte immer deutlich ältere Männer nebenher. Sie waren erfolgreich. Sie hatten Macht. Sie hatten Geld. An ihrer Seite konnte ich ein ganz anderes Leben leben.
Das war schon geil: Daheim in Leipzig, wo ich inzwischen lebte, hatte ich an den Wochenenden meine Neubauwohnung, zwei Zimmer, ohne Balkon, für genau 520 Mark. Und in der Woche lebte ich in München das Leben von … tja, von wem eigentlich?
Ich war auf Ebenen, auf die die meisten von uns niemals hingelangen. Ich weiß: Mit meinem Angestelltenverhältnis, mit meinem normalen Einkommen als Vertriebsleiterin – und es ist schon mehr, als andere üblicherweise verdienen –, werde ich gewisse Ebenen niemals erreichen. Aber ich hatte damals während meiner Ausbildung das Glück, gut betuchte Männer zu haben, die mich in die feine Gesellschaft einführten.
Natürlich war da eine Etikette vonnöten. Aber ich konnte gut schauspielern. Ich glaube, das können Vertriebler immer. Ich kann alles spielen. Ich kann in die Oper gehen, von der ich keine Ahnung habe, und ich schwöre, die Leute sind der Meinung, ich bin der totale Spezialist. Ich kann das. Man muss ja nicht viel erzählen. Nur das, was man erzählt, muss geil klingen.
Das Gefühl, mich zu prostituieren, hatte ich nicht. Keiner der Typen hat gesagt: »Du kriegst das jetzt nur, wenn du mit mir poppst.« Viele der Typen mochten mich. Es gab auch Männer, die sehr gerne eine Beziehung mit mir geführt hätten – was immer »Beziehung« hieß. Ich war 20, der Typ 40, mein Gott, was hätte das denn werden sollen? Das ging doch nicht! Außerdem störte mich, dass ich – was immer ich mit diesen Männern unternahm – stets nur die Begleitung war. Die Frau von XY. Das ist etwas, was ich nicht mag. Es war mal eine Erfahrung, aber das bin nicht ich. Normalerweise bin ich die Frau, die Karriere macht, die viel Geld verdient. Ich habe immer mehr Geld verdient als meine Partner. Das wird sich vermutlich niemals ändern – es sei denn, ich finde mal einen Freund, der tatsächlich richtig, richtig viel Geld verdient. Aber an sich verdiene ich in den Beziehungen das meiste Geld.
Ein weiterer Grund, warum diese Affären mit den älteren Männern nicht lange dauerten: Das Risiko, ertappt zu werden, wird größer, je länger die »Beziehung« dauert. Das wesentliche Problem, warum die meisten Affären in flagranti auffliegen oder warum Fremdgehen überhaupt auffliegt, ist: Der Reiz, sich mit der Affäre mehrmals zu treffen, wird so groß, dass man schließlich Fehler begeht. Belässt man es dagegen bei einem Mal, dass man mit seiner Affäre vögelt, würde nie etwas passieren. Doch dann machen die Leute den Fehler und sagen: »Es ist nichts passiert. Ich kann mich immer wieder mit dem anderen treffen.«
Meine Erfahrung ist: Lügen, um zu lügen, ist auf Dauer zu schwierig. Irgendwann kommt man in die Bredouille und weiß nicht mehr, was man vorher gesagt hat. Man weiß nur: Man hatte was Falsches erzählt. Lügen speichert man jedoch nicht ab. Nur die Wahrheit hat man im Kopf gespeichert. Deshalb: Egal welche Sachen man treibt, sie fliegen auf, wenn man nicht rechtzeitig oder relativ schnell die Biege macht.
2003 war ich Single. Ich entdeckte das Internet. Und die »Freenet«-Community. Ich verstehe gar nicht, dass viele behaupten, die Community sei so schlecht. Ich lernte richtig geile Typen kennen. Ich traf mich manchmal mit drei verschiedenen Typen an einem Tag, häufig sogar im gleichen Restaurant.
Ich fand die Typen interessant, sie sahen nett aus, ich wollte sie kennenlernen. Ich traf mich mit ihnen, war hin und weg und dachte mir: Wow, den behalte ich! Ich ging mit ihnen ins Bett. Und merkte, dass nicht alles so toll ist. Ich hatte nämlich einige Triefnasen dabei. Männer, die Streicheleinheiten verteilten, hier mal was, dort mal was … Wie fürchterlich! Das konnte ich nicht leiden. Das war mir zu viel Brimborium. Okay, ich konnte gerne mal an seinem Schwanz rumspielen. Aber wenn ich poppen wollte, dann wollte ich poppen. Und nichts anderes.