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»Absolut fesselnd!« ― Rebecca Yarros, Bestsellerautorin von Fourth Wing und Iron Flame Der mit Spannung erwartete dritte Band der romantischen New Adult-Fantasy-Reihe um mächtige Fae und eine scharfzüngige Heldin: Lor taucht immer tiefer in die Welt der Fae ein und setzt dabei ihr Leben und Herz aufs Spiel Lor ist in das Reich des Sonnenkönigs zurückgekehrt. Und sie hat Großes vor: Mithilfe der Herzkrone will sie ihre Magie entfesseln, um endlich das Erbe ihrer Familie zurückzugewinnen. Doch am Sonnenhof wird schnell deutlich, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Und Aphelions High Fae und Sonnenkönig Atlas ist alles andere als erfreut, sie wiederzusehen. Mit dem Aurora-Prinzen Nadir und weiteren Verbündeten an der Seite muss Lor die Gefahren meistern, denn sie weiß, dass mehr als ein machthungriger Herrscher hinter ihrem Blut her ist. Vergangenheit und Gegenwart prallen aufeinander und Lor deckt Stück für Stück die Wahrheit über die Artefakte von Ouranos und ihr Schicksal auf. Ihre Zukunft steht auf dem Spiel und Lor ist ihrem Ziel zum Greifen nahe. Wird sie es schaffen, alles zu bekommen, was sie jemals wollte oder wird sie bei dem Versuch, alles verlieren, was ihr wichtig ist? Unterhaltung pur! In der Fortsetzung des TikTok-Erfolgs von Trial of the Sun Queen und Rule of the Aurora King erwartet dich eine slowburn enemies-to-lovers Fae Romantasy, morally grey Charaktere, machthungrige Herrscher und eine Königsfamilie auf der Flucht – und natürlich jede Menge Spice! Die kanadische Autorin Nisha J. Tulis hat mit ihrer unterhaltsamen, romantischen New-Adult-Fantasy direkt einen Hit auf TikTok gelandet: Leser*innen vergleichen die Fantasy Romance mit »Das Reich der sieben Höfe« von Sarah J. Maas oder »The Serpent and the Wings of Night« von Carissa Broadbent. Das perfekte Buch für den Book Hangover nach »Fourth Wing« und »Iron Flame«! »Die Artefakte von Ouranos« erscheinen in folgender Reihenfolge: - Trial of the Sun Queen - Rule of the Aurora King - Fate of the Sun King - Tale of the Heart Queen
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Seitenzahl: 706
Nisha J. Tuli
Die Artefakte von Ouranos 3
Aus dem amerikanischen Englisch von Paula Telge
Knaur eBooks
Lor ist in das Reich des Sonnenkönigs zurückgekehrt. Und sie hat Großes vor: Mithilfe magischer Artefakte will sie ihre Magie entfesseln, um endlich das Erbe ihrer Familie zurückzugewinnen. Doch in der Heimat des Sonnenkönigs wird schnell deutlich, dass nicht alles Gold ist, was glänzt. Mit Nadir und ihren Geschwistern an der Seite muss Lor die Gefahren meistern, denn sie weiß, dass mehr als ein machthungriger Herrscher hinter ihrem Blut her ist.
Weitere Informationen finden Sie unter: www.droemer-knaur.de
Widmung
Karte von Ouranos
Vorwort
Personenverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Kapitel 29
Kapitel 30
Kapitel 31
Kapitel 32
Kapitel 33
Kapitel 34
Kapitel 35
Kapitel 36
Kapitel 37
Kapitel 38
Kapitel 39
Kapitel 40
Kapitel 41
Kapitel 42
Kapitel 43
Kapitel 44
Kapitel 45
Kapitel 46
Kapitel 47
Kapitel 48
Kapitel 49
Kapitel 50
Kapitel 51
Kapitel 52
Kapitel 53
Danksagung
Für alle Leser*innen, die sich an der köstlichen Spannung eines Slow-Burns erfreuen.
(Ja, ich verspreche, ich lasse sie es in diesem Band tun. Ich kann es auch nicht mehr aushalten.)
Willkommen zurück in Ouranos! Ich weiß, dass einige von euch eine sehr, sehr lange Zeit auf dieses Buch gewartet haben, und ich freue mich wahnsinnig, es endlich mit euch teilen zu können. Vielen Dank für eure Geduld, euren Enthusiasmus und euer Verständnis dafür, dass dieses Buch ein bisschen mehr Zeit gebraucht hat, um in eure Hände zu gelangen.
Vielen Dank an alle, die mir geschrieben oder mich in ihren Posts erwähnt haben, um mir mitzuteilen, wie sehr sie diese Geschichte lieben. Ich freue mich über jede einzelne Nachricht, sie sind mein Antrieb, jedes meiner Bücher so gut wie nur möglich zu schreiben. Dieses war bisher das schwierigste Buch in dieser Reihe, aber dank euch ist es die Mühe wert.
Jetzt ist es endlich hier, und ich brenne darauf, Fate of the Sun King mit euch zu teilen. Zwischen diesen Seiten werdet ihr sowohl die Action und Spannung aus Trial of the Sun Queen findenals auch das Knistern, die Sehnsucht und Hitze aus Rule of the Aurora King. Ich habe mein Herz und meine Seele in diese Seiten fließen lassen und hoffe, ihr habt Spaß beim Lesen, wenn wir unsere Reise mit Lor und ihren Freunden fortsetzen.
Wie immer liste ich die Triggerwarnung vor dem Text auf, falls ihr sie lesen möchtet. Ansonsten springt direkt zum Personenverzeichnis und dann zum ersten Kapitel, wo wir unsere Geschichte in Aphelion beginnen.
Alles Liebe
Nisha
Triggerwarnung: In diesem Buch findet ihr viele Themen aus den bisherigen Bänden wieder, darunter Erwähnungen sexuellen Missbrauchs, die übliche Gewalt, Tod, Folter und Blut. Darüber hinaus wird geflucht, und das Buch enthält auch Beschreibungen von Sex, Selbstmordgedanken sowie Alkoholmissbrauch.
Lor: Unsere Heldin und das Bad Ass-Babe unserer Welt, die eigentlich keiner weiteren Vorstellung bedarf. War zwölf Jahre lang als Gefangene in Nostraza. Hat gegen ihren Willen an den Prüfungen der Sonnenkönigin teilgenommen. Verbirgt ein paar Geheimnisse, die eventuell darauf hinweisen, dass sie das verlorene Mitglied eines verschollenen Königshauses ist. Lässt sich von niemandem in territorialen Fae-Bullshit verwickeln. Fass BLOß NICHT ihre Seife an.
Nadir: Prinz der Aurora. Hat Lor nach den Prüfungen der Sonnenkönigin aus dem Sonnenpalast in Aphelion entführt. Hat ihr geholfen, die Krone zu finden. Wurde von Lors Magie gerettet, als sie um Haaresbreite seinem Vater entkommen sind. Etwas intensiv und leidend, dank der Gefühle, die er unter Umständen für unsere Heldin hegt.
Tristan: Lors Bruder – der älteste der drei Herz-Geschwister. War ebenfalls in Nostraza und hat seine Schwestern bis aufs Blut verteidigt. Er verfügt über etwas Magie, und wir lernen ihn gerade erst kennen. Aber er hat eine Geschichte zu erzählen.
Willow: Lors älteste Schwester – das mittlere Kind der Herz-Geschwister. Die Ruhige. Die, die immer von Lor und Tristan beschützt wurde und die beim Einschlafen keine blutigen Rachefantasien hegt. Ist dabei, eine gewisse Auroraprinzessin besser kennenzulernen.
Amya: Prinzessin der Aurora und Nadirs kleine Schwester. Sie ist die Nette. Unsere Goth-Prinzessin, mit Haarsträhnen in den Aurorafarben und einer Garderobe, für die wir töten würden.
Mael: Kommandant von Nadirs Leibwache. Sein bester Freund, der für die befreiende Komik sorgt.
Atlas: Falls du vergessen hast, wer Atlas ist … Nein, das hast du mit Sicherheit nicht. Der Sonnenkönig. Der Manipulator schlechthin. Hat Lor aus irgendeinem mysteriösen Grund aus Nostraza geholt, damit sie in den Prüfungen der Sonnenkönigin antritt, den du eventuell in diesem Buch erfahren wirst. Nicht blond, obwohl ihn alle mit einem gewissen High Lord des Frühlingshofs vergleichen (IYKYK).
Gabriel: Ihr kennt ihn, ihr liebt ihn, und er ist zurück. Einer der Wächter des Sonnenkönigs und Lors Babysitter während der Prüfungen. Er ist griesgrämig, aber auf eine seltsame Weise liebevoll. Er hat einen Chip, der mit den Flügeln auf seinem Rücken einhergeht, und vielleicht hat er Gründe für sein Handeln. Er ist der Blonde.
Rion: Der Aurorakönig. Ihr erinnert euch vielleicht an ihn aus der Zeit, als er Lor und ihre Geschwister eingesperrt und Lor eine Zeit lang gefoltert hat. Er ist immer noch hinter ihr her. Er ist auch hinter seinem Sohn her. Kurz gesagt: Mittlerweile stehen alle auf seiner schwarzen Liste.
Meora: Mutter von Nadir und Amya. Die Aurorakönigin. Ihr einziger Fehler bestand darin, Rion zu treffen, der sie dafür bestraft hat, dass sie schwanger geworden ist, obwohl er eigentlich nur seine Freundin mit ihr eifersüchtig machen wollte. Sie spricht nicht mehr, und wir müssen Rion loswerden, damit sie frei sein kann.
Serce: Lors Großmutter und die ehemalige Herzkönigin, die die Welt zerstört hat. Wurde ein bisschen größenwahnsinnig. Sie ist mausetot.
Wolf: Lors Großvater und ehemaliger König der Waldlanden, der Serce bei ihrem Wahnsinnsritt zur Seite stand. Es ist schwierig, weil er wie ein netter Typ gewirkt hat, aber einfach danebenstand, als sie Amok gelaufen ist. So wirklich schuldfrei ist er also nicht. Ebenfalls mausetot.
Daedra: Lors Urgroßmutter. Serces Mutter. Ehemalige Herzkönigin, die ihr Bestes gegeben hat, aber der Job einer Mutter ist wirklich undankbar, und manchmal werden die Kinder nicht so, wie man sich das erhofft hat. Und ebenfalls … tot.
Cloris Payne: Hohepriesterin von Zerra, die Serce und Wolf geholfen hat, bis sie wegen der arkturischen Handschellen, die ihr angelegt wurden, den Verstand verloren hat. Okay, ich habe das Gefühl, so langsam bekommt ihr den Dreh raus: tot.
Apricia: Ist noch lebendig, leider. Quicklebendig. Haupt-Bitch während der Prüfungen der Sonnenkönigin. Die hat sie jedoch gewonnen, und nun wird sie die Königin von Aphelion. Hat das Reich nicht schon genug gelitten?
Callias: Aphelions-begehrtester-Stylist-mit-einem-sehr-langen-Schwanz. Ich glaube, damit ist alles gesagt.
Halo: Ein ausgeschiedener Tribut. Hat sich während der Prüfungen mit Lor angefreundet.
Marici: Ein weiterer ausgeschiedener Tribut. Ist mit Halo zusammen und ebenfalls mit Lor befreundet. Okay, am Anfang waren die beiden nicht so nett zu Lor, aber das haben sie geklärt. Jetzt wollen Halo und Marici einfach ihre Zeit zusammen genießen.
Hylene: Eine von Nadirs Freundinnen. Sie hat lange rote Haare und nimmt keine Gefangenen. Ihr werdet bald mehr über sie erfahren.
Etienne: Ist ebenfalls in Nadirs engstem Zirkel. Er ist ruhig, aber hilfreich. Ihr werdet schon sehen.
Zerra: Gottheit/Göttin (die Bezeichnung ist austauschbar, denn wieso eigentlich nicht?) von Ouranos. Höchstes Wesen. Die eine, die über sie alle herrscht.
Cedar: König der Waldlanden, östliches Königreich der Wälder und der Baummagie. Großonkel von Lor und ihren Geschwistern.
Elswyth: Königin der Waldlanden. Großtante.
Cyan: König von Alluvion, das Königreich des Wassers. Er hat blaue Haare, hellblaue Haut, und bisher wissen wir noch nicht viel über ihn. Sucht aktuell nach einem gebundenen Partner.
Bronte: Königin von Tor, das Königinnenreich der Berge. Gebunden an Yael.
D’Arcy: Königin von Celestria, das Königinnenreich des Himmels. Hatte sieben gebundene Partner und Partnerinnen. Bisher.
Schmerz pocht hinter meinem linken Auge und erinnert mich daran, wie mal ein wütender Liebhaber meine Eier gepackt und gedreht hat, nachdem er mich zwischen den Beinen seiner Schwester gefunden hatte. Ich habe ihm gesagt, dass Eifersucht ihm nicht steht, und wenig überraschend hat es das Ganze nicht besser gemacht.
Ein weiterer Stich pulsiert in meiner Schläfe, während der Schlüsselbund in meiner Hand rasselt. Ich hasse das Geräusch. Die Schlüssel glänzen zu hell in dem schwachen Licht des Korridors. Sie verspotten, was in der verlassenen Ecke des Palasts verborgen liegt, sorgfältig geschützt durch falsche Vorhänge aus Schatten.
Meine Schritte klingen scharf in der Stille, wie Rasierklingen, die in mein Trommelfell schneiden, jeder bedrohlicher als der vorherige.
Ich verabscheue diese Aufgabe, und gleichzeitig freue ich mich darauf.
Als ich die Tür erreiche, halte ich inne und atme tief ein, um mich zu erden, bevor ich den Schlüssel ins Schloss stecke und ihn drehe. Die Tür öffnet sich langsam mit den sorgfältig geölten Scharnieren, so leise, wie Staub durch einen Sonnenstrahl fällt. Obwohl wir weit entfernt sind von dem neugierigen scharfen Gehör der High Fae, ist jede Schicht dieses begrabenen Geheimnisses mit Sorgfalt bedacht.
Mit der Kraft seiner Illusionen stellt Atlas sicher, dass diese Ecke von den Vorübergehenden kaum beachtet wird, ihre Blicke schweifen einfach über den Torbogen der schwach beleuchteten Halle hinweg. Sie könnten schwören, dass sie etwas gesehen haben, aber einen Moment später ist es bereits verschwunden, und sowieso haben sie Besseres zu tun.
Ein Kunststück, das er seit fast einhundert Jahren vollführt.
Auf der anderen Seite der Tür führt eine Wendeltreppe hinauf in die Dunkelheit. Meine Schritte hallen von den Wänden wider und schlagen wie Nägel gegen Stahl, winden sich um die schmale Ecke und schnüren mir die Luft ab, während ich emporsteige. Auf dem obersten Treppenabsatz erscheint eine weitere Tür – schwerer und robuster, mit Eisenstäben, Riegeln und einem Schutzzauber versehen, um auf Nummer sicher zu gehen. Selbst ein ausgewachsener Imperial Fae auf dem Höhepunkt seiner Kraft hätte Mühe, sie aufzubrechen.
Ich wähle einen anderen Schlüssel von meinem Bund und drehe ihn im Schloss, bevor ich eine weitere geölte Tür öffne, die schweigend aufschwingt. Das Turmzimmer hat eine komfortable Größe für den einzigen ausrangierten Bewohner. Anders als der Rest des Sonnenpalastes weist es keine der üblichen vergoldeten Verzierungen auf. Kein prächtiges Dekor oder auf Hochglanz polierte Oberflächen. Die Wände und der Boden sind aus Stein, grau und verblasst, wie eine Erinnerung, die man zu vergessen versucht.
Die rundum eingelassenen Fenster bieten von allen Seiten einen atemberaubenden Blick auf Aphelion. Das verlockende Blau des Ozeans. Die glitzernden Kuppeln der Stadt. Der Schatten der südlich liegenden Umbra.
Ich bin mir nicht sicher, ob der König dieses Panorama als Gefälligkeit oder als weitere Buße für eine Sünde gewählt hat, die nur in seinem eigenen Kopf begangen wurde. Vermutlich eher Letzteres. An diesen Ort gefesselt zu sein, mit der Außenwelt vor Augen – so nah und doch unerreichbar –, ist eine ganz eigene Art von Gefängnis.
Atlas’ ohnehin schon angeschlagener moralischer Kompass hat ihn schon vor so vielen Jahren gänzlich im Stich gelassen, dass ich längst vergessen habe, dass er je einen hatte.
Ich brauche einen Moment, um mich zu sammeln, bevor mein Blick zu der Gestalt auf dem Bett wandert. Tyr liegt auf der Seite, die Knie angezogen, die dünnen Hände in die Decke gekrallt, die Augen ausdruckslos und leer. Einst waren sie so strahlend blau wie das Meer, doch die Jahrzehnte in Gefangenschaft haben sie zu gespenstischen Vertiefungen mit gedämpften grauen Schatten verdunkelt. Sein ehemals leuchtend blondes Haar ist zerzaust von der Zeit, der Qual und den langen Jahren, in denen er nicht ein einziges Mal die Wärme der Sonne auf seinem Gesicht spüren konnte.
Ich schreite zu ihm und gehe in die Hocke, sodass ich auf Augenhöhe mit dem Imperial Fae bin, der einst ein König war. Der eigentlich immer noch ein König ist, doch gibt es nur noch elf Fae auf der Welt, die das wissen – und zehn davon sind auf magische Weise zum Stillschweigen verdammt.
»Wie geht es dir heute?«, frage ich, obwohl ich keine Antwort erwarte.
Tyrs Augen flackern auf und registrieren mich, bevor sie wieder abschweifen. Er hört zu, wenn ich spreche, doch er antwortet selten. Manchmal tut er es, das sind die guten Tage, wenn man sie überhaupt als solche bezeichnen kann. Aber sie werden immer seltener, und es ist tatsächlich schon Wochen her, dass er das letzte Mal gesprochen hat.
»Die Vorbereitungen für die Bindungszeremonie laufen auf Hochtouren«, sage ich, während ich mich aufrichte und durch den Raum gehe. Ich nehme die Tasche von meiner Schulter und leere sie auf der Kommode aus, die an der gegenüberliegenden Wand steht.
Atlas traut den Palastbediensteten nicht, also wurde die Aufgabe, Tyr zu versorgen, auf mich und die anderen neun Wächter übertragen. Doch Tyr bereitet meinen Brüdern Unbehagen, also bleibt es meistens an mir hängen. Eins der wenigen Dinge, die ich ohne Groll erledige, weil ich niemandem sonst zutraue, die Arbeit richtig zu machen.
Meine Ausbeute umfasst die übliche Ladung an Trockenwaren. Ein paar Laibe Brot. Mehrere Stücke Käse. Obst und Gemüse. Wein, Bier und Wasser. Auch wenn er wartet, bis ich gegangen bin, wird er alles aufessen. Das ist ein gewisser Trost. Wenigstens verhungert er nicht, und mittlerweile werte ich jede positive Sache als Gewinn, wie klein sie auch sein mag.
»Die Gästeliste der Königin würde wahrscheinlich die ganze Stadt umfassen«, fahre ich fort, um den Gesprächsfluss aufrechtzuerhalten. »Sogar zweimal.« Niemand hat jemals behauptet, ich sei besonders redselig, aber ich hasse die Stille, die sich in den Ecken dieses Raumes einnistet, wenn Tyr nicht in der Stimmung für ein Gespräch ist. Was zur Folge hat, dass ich wie ein Narr allein vor mich hin plappere.
»Sie macht einen riesigen Aufstand, weil es sich weiter verzögert.«
Während ich so vor mich hin rede, denke ich über all die Ereignisse nach, die sich in den letzten Monaten zugetragen haben. Die vielen Dinge, die ich an Atlas’ Plan, sich zu binden, nicht verstehe. Er ist weder der Primus noch ein aufgestiegener König, deshalb bin ich mir nicht sicher, was er sich davon erhofft. Auf der anderen Seite verstehe ich aber auch nicht, worauf er wartet. Er hat die Prüfungen abgehalten, um eine Gefährtin zu finden, und der Spiegel hat wohl Apricia auserkoren. Also sollte das hier alles schon längst vorbei sein.
Doch Atlas weigert sich weiterhin, und ihr schrilles Gekreische ist wahrscheinlich bis nach Aurora zu hören. Die ganze Sache raubt mir noch den letzten Nerv. Ich weiß, dass es etwas mit Lor zu tun hat, aber auch nach monatelangem Nachforschen und Ausfragen weiß ich nicht, warum.
Offensichtlich habe ich etwas Wichtiges an der Frau übersehen, die mir während der Prüfungen das Leben zur Hölle gemacht hat, obwohl ich, wenn auch widerwillig, zugeben muss, dass sie mir am Ende ans Herz gewachsen ist. Wie ein lästiges kleines Haustier, bei dem man sich nicht dazu überwinden kann, es am Straßenrand auszusetzen, obwohl es ständig die eigenen Schuhe anknabbert.
Ich spüre, dass Tyr zuhört, während ich vom Königreich und von den jüngsten Ereignissen erzähle. Berichten aus Umbra zufolge gibt es in den Straßen vermehrt Unruhen. Die Low Fae fordern das Recht, innerhalb der vierundzwanzig Distrikte Eigentum erwerben zu können, doch ihre Anträge auf Unterkünfte in den oberen Vierteln werden vom Stadtrat auf Atlas’ Geheiß immer wieder abgelehnt. Obwohl das System gegen sie arbeitet, haben viele genug Reichtum angehäuft, um sich ein Haus in den Distrikten leisten zu können, aber ihre Wünsche stoßen bei Atlas auf taube Ohren.
Ich habe nie verstanden, warum sie hierbleiben und nicht in die Waldlanden oder nach Alluvion gehen, wo sie frei und gleichberechtigt leben könnten. Dabei weiß ich nur zu gut, dass es nicht so einfach ist, den Ort, den man sein Zuhause nennt, zu verlassen. Außerdem ist es kaum fair, dass sie diejenigen sind, die gehen sollen.
Dazu kommen noch die umherziehenden Wildererbanden des Aurorakönigs, die allein schon Bedrohung genug sind, um die Low Fae innerhalb der Mauern zu halten. Sie haben zwar nur wenige Rechte in Aphelion, aber es ist wahrscheinlich immer noch besser, als in Rions Minen verpflichtet zu werden.
»Hunger?«, frage ich, während ich ihm einen Teller mit Essen herrichte. Ich schneide ihm ein bisschen was von dem Käse ab, von dem ich weiß, dass er ihn mag, füge ein paar Cracker hinzu und einen Windbeutel – seine liebste Süßspeise. Ich schenke ihm auch noch ein großzügiges Glas von dem guten Whisky ein, den ich mitgebracht habe. Der hat fast so viel gekostet wie ein ganzes Haus in einem der schlechteren Distrikte, aber warum sollte es ihm nicht erlaubt sein, sich, wann immer möglich, etwas zu gönnen?
Ich stelle das Essen auf seinen Nachttisch, schaue wieder zu Tyr rüber und frage mich, ob wir einen guten oder einen schlechten Tag haben. Er hat kaum auf meine Anwesenheit reagiert, und das verrät mir wahrscheinlich die Antwort.
Mein Blick gleitet über die arkturischen Fesseln, die seinen Hals und seine Handgelenke umschließen. Der blau leuchtende Stein, der in den Beltza-Mooren weit im Norden abgebaut wird, hat ihn seit dem Tag, an dem Atlas ihn in diesen Raum gesperrt hat, von seiner Magie abgeschnitten.
Atlas hat das Versprechen des Wächters gegen meine Brüder und mich verwendet und Tyr davon überzeugt, die Herrschaft über Aphelion an ihn abzutreten. Wir wurden gezwungen, Tyr gegen unseren Willen gefangen zu nehmen, ihn in Handschellen zu legen und wegzusperren – möglicherweise für immer oder bis … sich etwas Drastisches ändert.
Die Erinnerung daran verfolgt mich Tag und Nacht, aber ich hatte keine Wahl. Ich habe immer noch keine Wahl. Sich dem Befehl des Königs zu widersetzen bedeutet, unvorstellbare Schmerzen zu erleiden und schließlich zu sterben. Mehr als einmal habe ich es in Betracht gezogen. Einfach zuzulassen, dass mein Ungehorsam allem ein Ende setzt. Aber dann stünde Tyr ohne mich da, und ich kann mich nicht darauf verlassen, dass die anderen ihn so beschützen würden wie ich. Auf diese Weise kann ich wenigstens meinen Teil dazu beitragen, sosehr ich mich auch selbst dafür verachte.
Tyrs Blick folgt meinen Bewegungen, als ich mich auf dem Stuhl in der Ecke niederlasse, das Buch auf dem Tisch neben mir in die Hand nehme und zu der Seite blättere, die ich vor zwei Tagen markiert habe.
Ich habe Tyr im Laufe der Jahre Hunderte von Büchern vorgelesen. Er weigert sich, sie selbstständig zu lesen, und wartet stattdessen, bis ich komme. Das ist eine weitere Kleinigkeit, die ich für ihn tun kann. Vielleicht macht es dieses elende Leben ein kleines bisschen weniger elend.
Während ich lese, beobachte ich ihn aus dem Augenwinkel und bemerke, wie sich seine Augen bewegen, als würden sie den Worten auf der Seite folgen. Ich glaube, er lauscht jeder Silbe, aber wann immer er selbst ein Wort sagt, habe ich Angst, dass es sein letztes sein könnte.
Manchmal liegt er so still da, als wäre er längst fort. In letzter Zeit mache ich mir Sorgen, dass sich sein Zustand schneller denn je verschlechtert. Ich habe schon vor langer Zeit festgestellt, dass Arkturit den Verstand der High Fae allmählich schwächt. Ich weiß nicht, was Atlas vorhat. Er kann Tyr nicht töten: Der Spiegel würde die Magie auf den wahren Primus übertragen, und er würde alles verlieren, was er seit Jahrhunderten zu erreichen versucht.
Nach einer Stunde schließe ich das Buch und stehe auf, weil ich noch tausend andere Aufgaben habe, die meine Aufmerksamkeit verlangen.
Tyr hat sein Essen, wie üblich, nicht angerührt. Ich habe nie verstanden, warum er sich weigert, in meiner Gegenwart zu essen, aber ich dränge ihn nicht dazu. Ein Mann, der gezwungen ist, diese fadenscheinige Existenz zu führen, hat ein Recht auf seine Eigentümlichkeiten. Wenigstens isst er. Das muss für den Moment genügen.
Ich stehe über ihm, wünschte, dass ich mehr für ihn tun könnte, und streiche eine Locke seines Haars zurück, die Strähnen trocken und brüchig. Sie müssen bald wieder geschnitten werden, auch sein dichter werdender Bart verlangt eine Rasur. Das nächste Mal bringe ich eine Schere und einen Rasierer mit. Aus offensichtlichen Gründen kann ich beides nicht hierlassen. Mir fällt auf, dass seine Tunika ein bisschen runtergekommen aussieht. Vielleicht ist es auch an der Zeit für neue Klamotten.
»Ich bin morgen wieder da«, sage ich und versuche, dabei nicht ganz so rührselig zu klingen, wie ich mich fühle. »Iss auf.«
Tyr blinzelt, und ich würde so gern glauben, dass er mir damit zeigt, dass er mich wahrnimmt. Ich hoffe zumindest, dass es so ist. Ich vermisse ihn und alles, was wir beinahe gewesen wären. Ich schaue noch einmal in den Raum und halte inne, als der Boden unter meinen Füßen zu vibrieren beginnt. Ein weiteres Beben. Sie haben vor ein paar Wochen begonnen, aber ihr Ursprung ist noch immer ein Rätsel.
Egal. Das ist nicht meine Angelegenheit. Ich habe im Moment genug andere Dinge, um die ich mich sorgen muss.
Sobald das Grollen nachlässt, schließe ich die Tür sanft hinter mir, bevor ich die Treppe wieder hinuntergehe und mich sofort auf den Weg zu Atlas’ Gemächern mache. Dort angekommen, dränge ich mich an seinen Wachen vorbei und klopfe an die Tür seines Arbeitszimmers. »Atlas?«
»Herein«, ertönt es von der anderen Seite.
Er steht am Fenster, hält eine Tasse Tee in der Hand und starrt auf die Stadt hinaus.
»Ich war gerade bei ihm«, sage ich mit leiser Stimme.
Das Arbeitszimmer ist gegen Abhörmaßnahmen gesichert, aber ich kann nicht anders, als meine Geheimnisse zu hüten. Es fühlt sich falsch an, in einem normalen Tonfall darüber zu sprechen. Als würde ich etwas als völlig normal darstellen, was alles andere als normal ist.
»Hm«, antwortet Atlas, immer noch auf die Aussicht draußen konzentriert.
Zum Glück sieht er nicht, wie sich meine Kiefer angesichts seiner Gleichgültigkeit anspannen. Dass er sich verhält, als wäre ihm der Bruder, dem er alles genommen hat, scheißegal, macht mich so wütend, dass es in meinen Augenwinkeln rot pulsiert.
Schließlich stößt sich Atlas vom Fenster ab und lässt sich auf der glänzenden Ledercouch in der Mitte des Raumes fallen. Er nimmt einen langen Schluck von seinem Tee, bevor er sich zurücklehnt und mir einen Blick zuwirft, der zu fragen scheint: Sonst noch etwas, womit du mich belästigen willst?
»Es geht ihm schlechter«, dränge ich. »Die Handschellen …«
»Bleiben, wo sie sind«, unterbricht Atlas mich, und seine Antwort ist durchdrungen von der Drohung, dass er dieses Gespräch nicht mehr führen wird.
»Aber sie bringen ihn um.«
Atlas zieht eine Augenbraue hoch und fixiert mich mit einem kalten Blick. »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun? Sie abnehmen, damit er mich töten kann?«
Sein durchdringender Blick aus aquamarinblauen Augen wirkt wie eine Herausforderung. Wir kennen uns schon lange. Atlas mag uns als Freunde bezeichnen, aber es fällt mir schwer, unsere Beziehung so zu sehen. Wenn eine Seite die ganze Macht hat und man nur ein Diener unter seinem Befehl ist, ist das etwas komplizierter als Freundschaft.
Ich widerstehe dem Drang, die Wahrheit auszusprechen, die mir auf der Zunge liegt und wie Säure brennt. Dass ich liebend gern sehen würde, wie Tyr ausbricht und Atlas alles heimzahlt.
»Nein«, sage ich knapp. »Aber es bringt ihn um.« Ich betone den letzten Teil des Satzes, in der Hoffnung, dass das zumindest Atlas’ Aufmerksamkeit erregt. Dem Spiegel ist es gleich, ob er durch Vernachlässigung stirbt oder ob man ihm mit einem Dolch die Kehle aufschlitzt. »Wenn du nichts tust …« Ich schweife ab und lasse die Drohung zwischen uns im Raum hängen.
»Sobald ich mich gebunden habe, wird alles gut«, sagt Atlas mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Ich will eine Erklärung verlangen, was er damit meint, setze stattdessen zu einer Frage an, von der ich weiß, dass er sie nicht beantworten wird. »Apropos, ich habe gehört, dass du den Termin für die Zeremonie wieder verschoben hast. Wenn eine Bindung das Problem lösen würde, warum zögerst du sie dann immer weiter hinaus?«
Was für ein Spiel spielt Atlas? Er weigert sich, eine Bindung mit Apricia einzugehen, und preist gleichzeitig die Vorzüge einer Bindung an. Das ergibt doch alles keinen Sinn, verdammt noch mal.
»Ich habe meine Gründe«, antwortet Atlas, ausweichend wie immer. »Hast du schon irgendwelche Hinweise darauf, wo Lor ist?«
»Das hat doch alles etwas mit ihr zu tun«, sage ich wieder. Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass wir dieses Gespräch führen, und es wird bestimmt nicht das letzte Mal sein. »Sag mir, was hier los ist. Warum ist sie so wichtig?«
Atlas zuckt mit den Schultern, bevor er einen großen Schluck von seinem Drink nimmt. »Je weniger du weißt, desto besser, Gabriel. Das ist nur zu deinem eigenen Schutz. Ich habe immer nur dein Bestes im Sinn.«
Ich ignoriere die kolossale Absurdität dieser letzten Aussage und rede weiter auf ihn ein: »Aber wenn ich es wüsste, könnte ich dir vielleicht besser helfen. Ich würde nicht blindlings suchen.«
Das entspricht der Wahrheit, aber das ist nur zum Teil der Grund, warum ich es wissen will. Was ich wirklich herausfinden möchte, ist, auf wessen Seite ich stehen sollte.
Atlas stößt einen leidgeplagten Seufzer aus, als wäre ich derjenige, der hier im Unrecht ist. »Zu wissen, warum ich sie brauche, wird dir nicht helfen, sie zu finden. Hast du irgendwelche Hinweise darauf, wo sie sich befindet?«
Ich schüttle den Kopf. Ich habe durchaus Theorien, wo sie sein könnte, aber irgendetwas hält mich davon ab, diese Informationen mit Atlas zu teilen. Eine tief verwurzelte Vorahnung sagt mir, dass das der richtige Schachzug ist.
Nadir hat sich beim Ball der Sonnenkönigin nach einem vermissten Mädchen erkundigt. Aus Sorge, dass Atlas etwas Leichtsinniges mit Lor vorhat, habe ich sie Nadir offenbart, zumindest habe ich es versucht. Hat er das Brandmal auf ihrer Schulter gesehen, bevor Atlas ihn aus dem Palast geworfen hat? War Nadir derjenige, der sie entführt hat? Aber warum sollte er sich für sie interessieren? Warum sollte sie mich interessieren?
Trotz allem ist es meine Pflicht, Atlas zu schützen, nicht um seinetwillen, sondern um Tyrs willen.
In der Nacht, in der sie verschwunden ist, wurden keine Spuren hinterlassen, und ich frage mich langsam, ob sie sich einfach in Luft aufgelöst hat. Es würde mich nicht überraschen, wenn sie sich irgendwie befreien konnte. Ich hatte praktisch von Anfang an das Gefühl, dass sie etwas zu verbergen hat. Und dass sie die Prüfungen überlebt hat, ist Beweis genug, dass sie sehr erfinderisch ist, auch wenn sie Hilfe dabei hatte.
»Du musst sie finden«, sagt Atlas nun. »Die Zukunft des Königreichs hängt davon ab.«
»Warum?« Ich versuche es noch einmal. »Warum? Sie war eine Gefangene von Aurora. Warum ist sie so wichtig?«
»Komm schon, Gabriel. Du weißt doch inzwischen, dass sie mehr ist als das.«
Ich beiße die Zähne zusammen angesichts des herablassenden Tons, den der König anschlägt. Ich bin so kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und ihn blutig zu prügeln. Aber das wäre sinnlos. Ich würde nur wieder im Kerker landen, oder noch Schlimmeres. Der Gedanke an Tyrs Schicksal, eingeschlossen in einem Turm, nie in der Lage, sich frei zu bewegen, lässt mich erzittern. Allein die Vorstellung weckt zu viele Erinnerungen, die ich lieber vergessen würde.
Zum Glück werde ich von meinen mörderischen Impulsen verschont, als die Tür zum Arbeitszimmer aufgerissen wird.
»Atlas!«, faucht Apricia, als sie in den Raum stürmt. Ihr langes dunkles Haar ist mit goldenen Strähnen durchzogen, und sie trägt ein übertriebenes goldenes Kleid, das angesichts der frühen Stunde völlig lächerlich ist. »Man hat mir gerade gesagt, dass du die Bindungszeremonie schon wieder verschoben hast!«
Ihre Stimme ist hoch und aufgeregt, schrill genug, um Kristall zum Bersten zu bringen. Sie passt zu ihrem Gesicht, das rot angelaufen ist. Ihre Augen glänzen, als würde sie sich gleich in einem Wasserfall aus wütenden Tränen auflösen. Warum musste ausgerechnet sie die Prüfungen gewinnen? Wirklich jede der anderen Tribute wäre besser gewesen.
»Mein Liebling«, sagt Atlas, und seine Worte sind von falscher Wärme erfüllt. »Es war leider nicht zu ändern.«
»Nenn mich nicht Liebling«, erwidert Apricia mit erhobenem Zeigefinger. »Mein Vater ist stinksauer!«
»Hmm«, macht Atlas und stellt seinen Becher mit einem Klirren auf den Tisch.
»Antworte mir!«, schreit sie fast. »Warum hast du sie wieder aufgeschoben?«
Atlas steht auf und geht auf Apricia zu. Er hat sein charmantestes Lächeln aufgesetzt, das ich nur allzu gut kenne. Ich spüre förmlich, wie Apricias Höschen bei seinem Anblick dahinschmilzt. Ich habe keine Ahnung, wie sie sich immer noch zu ihm hingezogen fühlen kann.
Atlas nimmt ihr Gesicht in seine Hände. »Meine Königin. Ich will, dass diese Verbindung die bedeutsamste ist. Die wichtigste. Die denkwürdigste, die es je in Ouranos gegeben hat. Ich will, dass sie Balladen darüber singen. Sie soll in den Geschichtsbüchern verewigt werden. Ich will, dass die Geschichte unserer Liebe und unserer Vereinigung eine ist, die Generationen von High Fae auch noch in Hunderten von Jahren ihren Enkeln erzählen.«
Apricia sieht ihn mit so viel zarter Hoffnung an, dass sie mir fast leidtut. Beinahe.
»Das ist es, was du willst?«, flüstert sie, offensichtlich wieder kurz davor, zu weinen und damit ihren Eyeliner zu ruinieren.
»Du weißt, dass ich das will. Alle sollen wissen, wie sehr meine Liebe für dich brennt, meine Königin. Wie viel sie für mich und für Aphelion bedeutet. Du wirst die größte Königin sein, die sie je hatten. Und das erfordert Zeit, mein Liebling.« Atlas wischt mit seinem Daumen eine Träne von ihrer Wange.
Ich beiße mir fast die Zunge ab, um nicht spöttisch aufzulachen.
»Ich hoffe, du kannst das verstehen und gibst mir ein wenig mehr Zeit, um alle Details zu klären. Ich möchte nichts dem Zufall überlassen. Hmm?«
Er neigt den Kopf mit einem flehenden Blick, und ich schaue fasziniert zu. Ich bin immer wieder erstaunt, wie Atlas jeden dazu bringen kann, alles für ihn zu tun, oft zum eigenen Nachteil.
Einschließlich seines eigenen Bruders.
Einschließlich mir.
Es war so befriedigend zu sehen, wie Lor nach der vierten Prüfung im Thronsaal über ihn hergefallen ist. Ich hätte nichts lieber getan, als aufzustehen und zu jubeln. Endlich hat jemand seinen Charme durchschaut, auch wenn es ein bisschen gedauert hat.
Das macht mich noch misstrauischer, wer oder was sie wirklich ist.
»Okay«, sagt Apricia schließlich und schnieft. »Ich verstehe. Es ist nur so, dass ich mich so sehr an dich binden möchte.«
»Ich weiß, mein Liebling«, antwortet er sanft. »Und das will ich auch. Es ist mein größter Wunsch, aber ich weigere mich, die Zeremonie zu vollziehen, bevor nicht alles so perfekt ist wie du. Verstehst du?«
Sie nickt langsam, und er lässt ihr Gesicht los, bevor er ihr einen sanften Kuss auf die Wange drückt. »Geh zurück in dein Zimmer, und ich komme später zu dir. Ich habe bei Auren’s ein paar von diesen köstlichen Backwaren für dich bestellt.«
Apricias Augen strahlen. Es ist schon ein bisschen armselig, wie leicht sie sich kaufen lässt.
»Okay«, sagt sie etwas beschwichtigt und wischt sich eine Träne von der Wange. »Wirst du mit mir zu Abend essen?«
»Natürlich. Ich muss nur noch das Gespräch mit Gabriel beenden und ein paar Dinge erledigen.«
»Und wirst du …« Apricias Augen huschen zu mir, aber sie scheint zu dem Schluss zu kommen, dass ich es nicht wert bin, sich zu zieren. »Bleibst du über Nacht bei mir?«
Atlas schenkt ihr ein weiteres geduldiges Lächeln und tippt ihr auf die Nasenspitze. »Du weißt, dass ich das gern würde, aber wir waren uns doch einig, dass wir damit bis nach der Zeremonie warten, nicht wahr? Bitte fang nicht wieder damit an.«
Sie nickt, und ihr kurzzeitiger Optimismus verpufft, als hätte man ihn mit tausend kleinen Nadeln gepikst. »Natürlich. Ich verstehe. Tut mir leid.«
Sie wirft dem König noch einen letzten langen Blick zu und wendet sich dann zum Gehen. Während die Tür ins Schloss fällt, sehen wir ihr beide nach.
Dann wirbelt Atlas mit einem eisigen Gesichtsausdruck zu mir herum. »Finde Lor, Gabriel. Und zwar sofort. Es ist mir egal, was du dafür tun musst. Finde sie, oder ich kann für nichts mehr garantieren.« Damit wendet er sich ab und schreitet zum Ausgang, bevor er innehält und noch einmal zu mir zurückblickt. »Außerdem ist mir zu Ohren gekommen, dass Erevan in Umbra wieder Unruhe stiftet. Kümmere dich darum.«
Dann knallt er die Tür hinter sich zu, und ich bleibe allein zurück.
Ich knalle das Glas auf die schmutzige Theke, der Schluck Feuerwhisky brennt in meiner Kehle. Ein Ellbogen bohrt sich in meine Wirbelsäule, und ich werfe einen bösen Blick über meine Schulter. Doch der bleibt völlig unbemerkt. Viel zu viele Menschen sind in diesen morschen Wänden zusammengepfercht, und es ist so voll, dass ich mich kaum bewegen, geschweige denn denken kann. Aber die schäbigen Tavernen in Umbra sind ideal, um Klatsch und Tratsch und andere Informationen aufzuschnappen, die wir so dringend brauchen.
Eine lockere Strickmütze verdeckt mein Haar, und weite Kleidung verbirgt jede Andeutung meiner Kurven. Auf den ersten Blick sehe ich aus wie ein Mann, der kaum alt genug ist, um sich einen Bart wachsen zu lassen.
Dieser Ort ist eine Bruchbude. Nur zaghaft bahnt sich das Sonnenlicht einen Weg durch die schmutzigen Fenster, während ein paar kümmerliche Laternen versuchen, diesen Mangel auszugleichen. Der Boden ist so klebrig, dass ich ernsthaft überlege, die Stiefel später zu verbrennen.
Ich gebe dem Barkeeper ein Zeichen, dass ich noch einen Drink will. Ein Low Fae mit silbriger Haut, einer hellgrünen Strähne und einem überheblichen Lächeln. Obenrum trägt er nichts als eine knappe Lederweste, die seine glänzenden Muskeln offenbart. Wenigstens ist die Aussicht nicht die schlechteste.
»Noch mal das Gleiche?«, fragt er mit einem trägen Halblächeln, und ich nicke und spüre, wie sich ein Blick von der anderen Seite des Raumes in meinen Nacken brennt. Als ich über meine Schulter schaue, sehe ich Nadir in der Ecke sitzen, die Arme so fest verschränkt, dass es mich wundert, dass er sich noch keine Rippe gebrochen hat. Sogar unter seiner Kapuze kann ich den missbilligenden Blick in seinem viel zu schönen Gesicht ausmachen.
Er ist sauer, weil der Barkeeper mit mir flirtet, obwohl er mit jedem flirtet, und ich wünschte, dieser High-Fae-Prinz würde sich verdammt noch mal beruhigen.
Ist er noch besitzergreifender geworden seit jener schicksalhaften Nacht im Herzschloss, als ich die Fassung verloren und geschrien habe, dass ich ihm niemals gehören werde? Die Erinnerung daran lässt mich jedes Mal zusammenzucken, wenn sie wieder hochkommt. Und das passiert ganz schön oft.
Meine Magie zuckt unter meiner Haut, um mich daran zu erinnern, was sie will. Als ob ich daran erinnert werden müsste. Als hätte Nadir sich nicht schon in meinem Kopf, meinem Herz und meinem Geist eingenistet, als wäre ich in der Lage, ihn von dort zu vertreiben. Aber ich weigere mich, mir einzugestehen, welchen Einfluss er noch immer auf mich hat.
Genauso wenig kann ich zugeben, dass ich es vielleicht bereue, diesen Schlussstrich gezogen zu haben. Denn ich darf mein Ziel nicht aus den Augen verlieren, und ich weigere mich, seinen territorialen Fae-Scheiß mitzumachen.
Unter dem Umhang trägt er sein übliches Schwarz, doch er hat sich für eine Tunika und eine legere Hose entschieden, die weniger schick sind als seine üblichen Anzüge. Das ändert jedoch nichts daran, wie umwerfend er aussieht.
Ich seufze, nehme das Glas, das der Barkeeper gerade vor mir abstellt, und kippe den Inhalt hinunter, während ich versuche, Nadirs Anwesenheit auszublenden und mich auf die Gespräche um mich herum zu konzentrieren.
Wir sind vor etwa einer Woche in der Stadt angekommen und haben uns ein Bild von der aktuellen Lage in Aphelion gemacht, um den Sonnenpalast zu infiltrieren, ohne Atlas’ Aufmerksamkeit zu erregen. Wir hatten erwartet, dass es einfach werden würde, sich hineinzuschleichen – relativ gesehen natürlich –, aber es scheint, als wären wir dank der bevorstehenden Bindungszeremonie und der Unruhen in Umbra in einem brodelnden Kochtopf gelandet. Nadir will nichts überstürzen, damit wir nichts tun, was wir nicht mehr rückgängig machen können.
Amya hat überall Augen und Ohren, und sie alle bestätigen, dass Atlas’ Spione noch immer nach etwas suchen. Oder in diesem Fall eher nach jemandem. Die Suche läuft auf Hochtouren, sie werden immer unvorsichtiger, was dafürspricht, dass Atlas mittlerweile ziemlich verzweifelt ist. Das könnte uns in die Karten spielen, aber genauso gut unseren Untergang bedeuten. Das einzig Positive ist, dass er sich seiner Herrschaft über Aphelion so sicher zu sein scheint, dass er nicht innerhalb der Stadtmauern sucht. Trotzdem ziehe ich mir die Mütze tiefer in die Stirn, denn ich will kein Risiko eingehen.
Wie gern würde ich einfach zum Palast stürmen und eine Erklärung für all das verlangen, aber der Spiegel hat für mich oberste Priorität. Mit dem Spiegel zu sprechen und meine Magie zurückzubekommen.
Mein Glas ist wieder leer, und ich starre es an. Die Gespräche in der Taverne zeugen von der zunehmenden Sorge um die geringe Ausbeute der Fischernetze und Fallen in Umbra. Der Fang von Meereslebewesen ist eine der wenigen Einnahmequellen der Low Fae, und ihre Besorgnis knistert in der Atmosphäre wie ein aufziehender Sturm.
Amyas Spione haben auch herausgefunden, dass Atlas die Zeremonie wieder einmal verschoben hat, aber diese Neuigkeit scheint in Umbra keine großen Kreise zu ziehen. Ich verstehe, warum. Was für einen Unterschied macht die Bindung von Atlas und Apricia für sie? Die Bürger aus Umbra sind viel mehr daran interessiert, genug Essen und Vorräte zu finden und Atlas’ repressive Gesetze zu umgehen.
Während ich darauf warte, dass der Barkeeper mein leeres Glas bemerkt, lässt mich die Hitze in meinem Nacken einen weiteren kurzen Blick in Nadirs Richtung werfen. Ich versuche zu widerstehen, aber ich kann nichts dafür, dass er mich so anzieht. Meine eingesperrte Magie spielt verrückt, seit ich ihn abgewiesen habe, sie ist wütend auf mich.
Er beobachtet mich und versucht gar nicht erst, es zu verbergen. Mit verschränkten Armen lehnt er sich auf seinem Stuhl zurück und starrt alle um sich herum finster an. Und doch schafft er es irgendwie, mir das Gefühl zu geben, ich sei die Einzige im Raum, die er sieht.
Niemand scheint ihn als den Auroraprinzen zu erkennen, doch seine Haltung zieht definitiv Aufmerksamkeit auf sich. Er ist definitiv kein unterdrückter Bürger aus Umbra.
Glücklicherweise ist er nicht der einzige Adlige, der sich hier herumtreibt. Dutzende adlige High Fae aus Aphelion ziehen durch die Straßen, essen in den Restaurants, trinken in den Bars und besuchen die Bordelle. Ich habe gehört, dass Elfen und Feen besonders verlockend sind für die High Fae, und es ist nicht schwer zu verstehen, warum. Sie sind alle atemberaubend mit ihrer weichen, perlmuttartigen Haut und ihren kurvigen Körpern. Ich weiß nicht, ob sie gut behandelt werden, aber man hat mir versichert, dass sie zumindest angemessen für ihre Dienste bezahlt werden. Nicht, dass das eine Rolle spielt, wenn man eine Low Fae in Aphelion ist, denn es ist ihnen verboten, in einem der schöneren, wohlhabenderen Distrikte zu leben.
Ich habe immer wieder über die Low Fae nachgedacht, die ich in Aurora gesehen habe. Was ist schlimmer? In Rions Minen zwangsverpflichtet zu werden oder in einer Illusion von Freiheit zu leben, die durch Atlas’ Regeln stark eingeschränkt wird? Es macht mich wütend, dass Atlas mir auch in dieser Sache so dreist ins Gesicht gelogen hat. Er hat behauptet, dass die Bewohner der Umbra jederzeit gehen können, aber er hat nicht erwähnt, dass sie nirgendwo sonst in Aphelion ein Haus oder ein Grundstück kaufen dürfen.
War überhaupt irgendetwas von dem, was er mir gesagt hat, wahr? Was würde ich nicht dafür geben, mit ihm allein in einem Raum zu sein und ihn zu zwingen, jeden intriganten, verlogenen Gedanken in seinem Kopf preiszugeben.
Ich scanne die Bar und entdecke Tristan in einer anderen, weiter entfernten Ecke, wo er sich mit einer Gruppe von Zwergen unterhält. Amya und Willow sind in einem anderen Viertel der Umbra, um zu sehen, was sie noch aufschnappen können. Es gefällt mir nicht, dass Willow so weit weg von uns ist, aber ich weiß, dass Amya sie beschützt.
»Lor?«, ertönt plötzlich eine Stimme, und ich zucke zusammen, betrachte die Person aus dem Augenwinkel. Callias, Aphelions-begehrtester-Stylist-mit-einem-sehr-langen-Schwanz, steht ein paar Meter entfernt, eine Hand auf die Theke gestützt. »Bist du es wirklich?«
Ich konzentriere mich auf das Glas in meinen Händen und ignoriere ihn, in dem Versuch, ihn glauben zu lassen, er habe mich verwechselt.
»Ich weiß, dass du es bist«, sagt er und kommt näher. »Die alberne Mütze kann mich nicht täuschen.«
Ich tue weiterhin so, als sei der Grund meines Glases das Faszinierendste, was ich je gesehen habe, und murmle nur: »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
Er schnaubt und beugt sich dann herunter, sodass sein Mund direkt an meinem Ohr ist. »Netter Versuch, Tribut.« Und dann lauter: »Was machst du denn hier?«
Schließlich starre ich ihn finster an. »Pssst. Sprich leise.«
Er rollt mit den Augen und richtet sich ganz auf, als ich mich wieder abwende. Während ich wieder mit hängenden Schultern in mein Glas starre und inbrünstig hoffe, dass niemand unserem Austausch gelauscht hat, höre ich, wie er für uns beide Drinks bestellt. Einen Moment später klirren zwei weitere Gläser auf den Tresen.
Wir trinken schweigend. Nadirs Augen brennen sich von der anderen Seite des Raumes in meinen Rücken. Er ist wahrscheinlich kurz davor, seinen Royal-Fae-Arsch herüberzuschwingen.
»Hast du vor, noch was zu sagen?«, erkundigt sich Callias beiläufig, während er sich umdreht und sich mit dem Rücken an die Bar lehnt. Sollte jemand in unsere Richtung gucken, ist er gerade weit genug weg, dass man nicht sofort merkt, mit wem er spricht. »Oder soll ich rausgehen und Gabriel holen?«
»Was?«, frage ich und presse dann die Lippen zusammen.
Fuck! Gabriel ist auch hier?!
»Das hat deine Aufmerksamkeit erregt«, antwortet Callias grinsend.
»Er ist hier? Warum? Was macht ihr hier?«
»Ich habe ihn umherwandern sehen. Er ist zugegebenermaßen auch schwer zu übersehen, mit den Flügeln und allem. Und darf ein Fae an seinem freien Tag nicht auf einen Drink in die Umbra gehen? Das ist gerade der letzte Schrei, musst du wissen.«
»Tatsächlich? Mit den Unterdrückten im Slum abhängen? Wie … geschmackvoll«, erwidere ich.
Callias grinst. »Du hast mir gefehlt, letzter Tribut. Wo hast du die ganze Zeit gesteckt?«
Mein Blick flackert durch den Raum. Nadir sitzt jetzt vorgebeugt da und beobachtet mich und Callias mit der Intensität eines Falken, der sich aus der Luft an eine Maus heranpirscht. Ich werfe ihm einen scharfen Blick zu, der ihm hoffentlich zu verstehen gibt, dass er bleiben soll, wo er ist. Nicht, dass ich wirklich erwarte, dass er auf mich hören würde.
Tristan folgt meinem Blick, und zwischen seinen Augenbrauen bildet sich eine Falte. Er und Nadir sehen sich kurz vielsagend an, ein seltenes Zeichen von Kameradschaft.
O Mann, ich muss uns alle von hier wegbringen.
»Spielt keine Rolle«, sage ich, stoße mich von der Theke ab und klappe den Kragen hoch. »Bitte vergiss, dass du mich gesehen hast.« Es ist nicht so, als würde Callias mir irgendetwas schulden, aber wir haben uns während der Prüfungen angefreundet, und ich hoffe, das reicht aus, um ihn davon abzuhalten, mich zu verraten.
Den Blick auf meine Füße gerichtet, schlängle ich mich durch die zunehmend betrunkene Menge und stürme nach draußen. Umbra ist nicht unbedingt das, was ich mir vorgestellt habe, als ich das erste Mal davon gehört habe. Ja, ich hatte erwartet, dass es ein armes Viertel ist, aber die Wahrheit ist komplizierter als das.
Wohlhabende Low Fae, die hier eingepfercht wurden, haben ihr Bestes getan, um die heruntergekommenen Gebäude instand zu setzen. Es heißt, Umbra hat immer schon als eine Art »inoffizieller« Fünfundzwanzigster Distrikt gegolten, auch wenn sie nie so bezeichnet worden ist. Als Atlas vor einem Jahrhundert an die Macht gekommen ist, hat er die Low Fae gezwungen, innerhalb der Grenzen umzusiedeln, all ihre Besitztümer beschlagnahmt und sie an den Adel verteilt.
Was für ein Monster tut so etwas? Wieder einmal verfluche ich mich für meine Dummheit und Naivität während der Prüfungen. Atlas hat mich in allem getäuscht.
Im letzten Jahrhundert sind die einst prächtigen Gebäude trotz aller Bemühungen der Bürger verfallen. Ihr König investiert seine Ressourcen ausschließlich in die Instandhaltung der anderen vierundzwanzig Distrikte und überlässt die Umbra dem unausweichlichen Verfall. Ich blicke das Gebäude aus verblasstem Sandstein vor mir finster an. Fresken und dekorative Ornamente ranken sich um die großen Fenster, während die Wände mit Rosen und Ranken verziert sind, allesamt im Laufe der Zeit verblasst und zum Teil schon brüchig.
Hier treffen die Mittellosen auf die Reichen, doch sie alle ringen mit denselben Ketten. Es herrscht so viel Ungerechtigkeit auf engstem Raum, dass es sich wie ein Pulverfass anfühlt, das nur darauf wartet, zu explodieren.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt, warum niemand im Palast während der Prüfungen gemerkt hat, dass ich nicht aus Umbra stamme, aber jetzt verstehe ich, dass sie einfach keine Ahnung hatten, was da vor sich gegangen ist. Es war ihnen verboten, mir zu nahe zu kommen, und sie durften auch nicht an den öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen. Sie mussten einfach schlucken, was ihnen gesagt wurde.
Das zeigt sich auch auf dem Platz, auf dem ich mich gerade befinde. Ein High Fae steht auf einem Podest und streckt seine Faust in Richtung der Menge, die sich vor ihm versammelt hat. Sie alle haben die Nase voll von dieser Behandlung, und sie haben einen Anführer gefunden, der sich für ihre Sache einsetzt. Jemand, der bessere Chancen als die Low Fae hat, sich beim König Gehör zu verschaffen.
»Was ist passiert?«, fragt eine tiefe Stimme zu meiner Linken, und ich muss mich nicht umdrehen, um zu wissen, dass es Nadir ist. Selbst wenn mir seine Stimme nicht so vertraut wäre wie mein eigenes Herz, zuckt meine Magie verräterisch, als er mich berührt. Möglichst unauffällig versuche ich, meine Position zu verändern, damit wir uns nicht mehr berühren. Ich will ihn nicht verletzen, aber ich versuche, ein wenig Abstand zu halten.
»Nichts«, sage ich. »Brauchte nur ein bisschen frische Luft.«
»Mit wem hast du geredet?«
»Mit niemandem. Nur jemand, der mir einen Drink ausgeben wollte.«
Ich ignoriere den unwirschen Laut, den er von sich gibt, bevor ich von ihm weggehe und versuche, mich in der Menge zu verlieren. Wo steckt Tristan? Eigentlich treffen wir uns immer wieder an unserem Ausgangspunkt, wenn wir getrennt werden. Ich muss nicht in seine Richtung gucken, um zu wissen, dass Nadir mir auf dem Fuße folgt. Ich spüre ihn überall.
»Zu lange schon behandelt der Sonnenkönig euch wie Bürger und Bürgerinnen zweiter Klasse!«, dröhnt der Mann, der gerade die Menge anheizt. Er heißt Erevan, und obwohl er High Fae ist, ist er zum Anführer der wachsenden Rebellion geworden. Er trägt eine schlichte braune Tunika und eine Weste aus Wildleder, doch sie sind offensichtlich von guter Qualität. Sein welliges blondes Haar hat er im Nacken zusammengebunden, und seine strahlend blauen Augen mustern die Menge, die ihn mit einer fast schon manischen Leidenschaft verehrt.
Er streckt eine Faust in den Himmel, und sie heben ihre ebenfalls, ein Chor begeisterten Jubels bricht los. »Er hält euch in diesen Mauern fest! Er verbietet euch, irgendwo anders als in diesen zerfallenden Häusern zu leben! Er verbietet euch, mit den High Fae Handel zu betreiben. Er unterbindet eure Magie. Und warum? Weil er Angst vor euch hat! Weil er Angst hat, was eure Magie bewirken könnte!«
»Jaa!«, erklingt die zustimmende Antwort, und die Spannung in der Luft wird geradezu fieberhaft.
Erevan listet weitere Ungerechtigkeiten auf, die ihnen angetan wurden, und jede klingt schlimmer als die vorherige.
Ich würde nie jemandem vorwerfen, sich gegen eine solche Unterdrückung aufzulehnen, und frage mich, wie wir helfen können, während wir hier sind. Natürlich hat Nadir gesagt, dass wir uns da raushalten sollen, aber ich habe nicht vor, in nächster Zeit anzufangen, auf ihn zu hören.
In dem Moment entdecke ich ein paar gefederte weiße Flügel und halte inne. Nadir rennt praktisch in mich rein, weil er mir so dicht folgt. Zum Glück ist es nicht Gabriel, aber dafür einer der anderen Wächter, die mich wiedererkennen könnten. Ich glaube, sein Name ist Jareth. Ich erinnere mich daran, wie er mein erstes Abendessen mit Atlas während der Prüfung unterbrochen hat. Als ich meinen Blick über den Platz schweifen lasse, entdecke ich noch mehr von ihnen. Was tun sie hier? Sind sie hier, um Erevan zu stoppen?
Ihre Haltung ist entspannt, während sie sich ihren Weg durch die Menge bahnen und Erevan mit teilnahmslosem Ausdruck dabei zuhören, wie er die Fae aufstachelt.
Das Bedürfnis, Erevan zu warnen, macht sich in mir breit. Hat er die Ankunft der Wächter bemerkt? Sollte er nicht aufhören? Es ist eine Sache, den König öffentlich zu beschimpfen, aber eine ganze andere, das vor den Augen seiner treuesten Diener zu tun.
Erevan schreit wieder etwas, und da bemerke ich den kleinsten Bruch in seiner Stimme, während die Farbe aus seinem Gesicht weicht. Er hat die Wächter erst jetzt bemerkt, doch er lässt sich nicht beirren, sondern setzt seine Tirade über die Verbrechen des Königs fort, seine Stimme wird lauter.
Sein Mut ist beeindruckend. Oder dumm.
Eine Bewegung in meinem Augenwinkel erregt meine Aufmerksamkeit, als immer mehr Fae durch die Gassen auf den Platz zuströmen – Soldaten in der Uniform des Sonnenkönigs.
»Wo ist Tris?«, frage ich, drehe mich im Kreis. Ich bete, dass er noch immer sicher in der Bar ist.
»Ich weiß es nicht«, antwortet Nadir, »aber wir sollten von hier verschwinden. Er wird uns am Haus treffen.«
Er blickt in die gleiche Richtung wie ich, und es ist offensichtlich, dass er zu dem gleichen Schluss gekommen ist.
Bald ist hier die Kacke am Dampfen.
Unglücklicherweise eskaliert das Ganze genau in dem Moment, in dem wir den Platz verlassen wollen. Ohne Vorwarnung strömt die Armee des Königs unter den panischen Schreien der Menge auf den Platz. Sie bewegt sich wie eine Mauer, drängt und schubst, während alle versuchen, den Platz zu verlassen.
Ein Körper prallt gegen mich und stößt mich so heftig zurück, dass ich fast stolpere und mich gerade noch im letzten Moment fangen kann. Unbekannte Gesichter umringen mich, und ich kann nicht erkennen, wo Nadir abgeblieben ist. Wobei das auch überhaupt keine Rolle spielt. Er kann sehr gut auf sich selbst aufpassen. Ich hingegen muss von hier verschwinden und in Deckung gehen, bevor mich jemand wiedererkennt.
Eine weitere Welle von Körpern zieht mich in die Mitte des Platzes, und ich kämpfe dagegen an, fahre die Ellbogen aus und bahne mir einen Weg in die andere Richtung. In der Hoffnung, dass ich niemandem Schaden zufüge, der es nicht verdient hat, kämpfe ich gegen den Strom an.
Es fühlt sich an, als würde mein Kampf durch die Menge ewig dauern. Das Getöse um mich herum erreicht ohrenbetäubende Ausmaße. Schreie vermischen sich mit dem Klirren von Stahl auf Stahl. Die »Rebellen« werden gnadenlos niedergemetzelt, die Körper schlagen auf dem Stein auf, und klagende Schreie werden laut.
Eine weitere Regel des Königs verbietet es den Low Fae, Waffen zu kaufen, und so bleiben ihnen nur die Relikte, die sie finden können, und die Waffen, die sie sich selbst zusammenzimmern, sodass sie meist unbewaffnet und unterlegen sind.
Ich muss hier raus. Ich dränge und dränge, bis ich schließlich den Rand der Menge durchbreche. Ich bin nicht die Einzige, die versucht, von dem Platz zu flüchten und Schutz zu suchen, doch die Wachen blockieren alle Fluchtwege.
Es herrscht das absolute Chaos.
Ich entdecke eine unbewachte Gasse und steuere darauf zu, wobei ich versuche, dem Fluss von Fae und Menschen zu entkommen. Die Mütze tiefer ins Gesicht ziehend, erreiche ich schließlich den Ausgang, werfe noch einen Blick über die Schulter, bevor ich mich in die Sicherheit der Schatten ducke.
Dann drehe ich mich um und krache gegen eine Mauer.
»Aua«, rufe ich und stolpere zurück, bis mich ein Arm auffängt und wieder aufrichtet.
Tatsächlich ist es keine Wand.
Es ist ein High Fae.
Mit schneeweißen Flügeln und goldener Rüstung. Mit zornigen blauen Augen und gewelltem blondem Haar.
»Was in Zerras Namen machst du hier, letzter Tribut?«, knurrt Gabriel mir ins Gesicht.
Shit. Shit. Shit.
Ich versuche, mich aus Gabriels eisernem Griff zu befreien, aber er zerrt mich bereits tiefer in das Netz der kleinen Gassen, während die Geräusche des Kampfes zu einem dumpfen Rauschen verblassen.
»Lass mich los«, fordere ich und stolpere hinter ihm her, ohne mit seinen langen, wütenden Schritten mithalten zu können.
Sein Griff wird nur noch fester, und ich zucke zusammen, weil ich sicher bin, dass er blaue Flecken auf meiner Haut hinterlässt.
Bei den Göttern, ich hatte vergessen, was für ein Arschloch er ist.
Die Zeit, in der ich nicht in Aphelion war, hat meine Erinnerungen getrübt und mich hauptsächlich an die Aspekte denken lassen, die etwas besser waren als der Rest. In meinem Kopf hatte ich Atlas als den Hauptbösewicht meiner Geschichte ausgemalt, aber als ich Gabriels angespannten Kiefer und seinen stechenden Blick bemerke, erinnere ich mich, dass auch er eine Rolle darin gespielt hat.
Er ignoriert mich und zerrt mich weiter, bis wir schließlich an einer verlassenen Ecke stehen bleiben. Was hat er vor? Mich hier auf offener Straße ermorden? Er wird mich doch sicher erst zu Atlas zurückbringen?
Er reißt mich nach vorne und stößt mich gegen eine Steinmauer. Meine Hände schlagen gegen die raue Oberfläche, um meine Nase vor einem schmerzhaften Aufprall zu schützen. Ich wirble herum und sehe ihn mit hocherhobenem Kinn an. Wenn das hier mein Ende ist, werde ich versuchen, so würdevoll wie möglich zu gehen.
»Was machst du hier?«, fragt er wieder, noch giftiger als davor. »Hast du auch nur den Hauch einer Ahnung, was passieren wird, wenn Atlas herausfindet, dass du in Aphelion bist?«
»Natürlich!«, schnauze ich. »Was machst du hier? Solltest du nicht in deinem schicken Palast sein?«
Gabriel schließt die Augen und holt tief Luft, als würde er die Götter um Geduld anflehen. »Von mir wird erwartet, dass ich hier draußen bin, Lor. Aber von dir nicht. Wo warst du?«
»Das spielt keine Rolle. Was hast du jetzt mit mir vor?«
Er presst die Lippen zusammen, in seinen Augen tobt ein Konflikt. Nadir hat mir erzählt, dass Gabriel im Grunde ein Sklave ist, der sich den Befehlen von Atlas nicht widersetzen kann und kaum eigene Handlungsmöglichkeiten hat.
Damals hatte ich Mitleid mit ihm.
»Wirst du mich zu ihm bringen?«
Es ist nicht nötig, näher darauf einzugehen, wen ich meine.
»Das sollte ich«, antwortet er, aber seinen Worten geht ein unmissverständliches Zögern voraus.
»Hast du eine Wahl?«, hake ich vorsichtig nach und frage mich, wie empfindlich er bei diesem Thema ist. Ich könnte es ihm nicht verübeln, wenn ein magischer Schwur ihn zwingen würde, Atlas zu gehorchen. Nicht, dass ich glaube, dass er mich sonst beschützen würde.
Sein grimmiger Blick wandert zu mir, seine Augen lodern vor Wut.
Okay, definitiv empfindlich.
»Ich habe meine Wege, seine Befehle zu umgehen.«
Mein Atem stockt vor Überraschung. »Heißt das, du lässt mich laufen?« Meine Frage klingt wahrscheinlich hoffnungsvoller, als sie es sein sollte.
Er scheint darüber nachzudenken, denn in seinen blauen Augen spiegelt sich die Mischung aus Ärger und Irritation wider, die mir so vertraut ist.
»Ich will alles wissen«, sagt er schließlich. »Wer bist du? Warum habe ich dich aus Nostraza geholt? Und wie bist du geflüchtet? Erzähl mir alles, und ich werde tun, was ich kann, um vorerst dafür zu sorgen, dass er dich nicht in die Hände bekommt. Aber ich kann diese Entscheidung nicht treffen, bevor ich weiß, warum er dich will und ob du eine Gefahr für ihn oder Aphelion darstellst.«
Ich versuche, nicht aufzustöhnen. Seine Forderung ergibt Sinn, aber wie viele Leute werden mein immer weniger geheimes Geheimnis noch erfahren, bevor das alles hier vorbei ist?
In diesem Moment ertönen sich nähernde Schritte, und wir lenken unsere Aufmerksamkeit auf eine Kapuzengestalt, die durch die Gasse auf uns zukommt. Jemand anderes fände das vielleicht unheimlich, aber ich weiß genau, wer sich unter der Kapuze verbirgt.
Im ersten Moment sieht Gabriel überrascht aus, als Nadir sie zurückschiebt, doch dann macht sich eine resignierte Erschöpfung breit, während er sich mit der Hand über das Gesicht fährt.
»Ich hätte es wissen müssen«, sagt er.
Nadir grinst und zuckt dann mit den Schultern. »Wahrscheinlich.«
»Ich nehme an, ihr beide kennt euch?«, frage ich und bemerke ihren vertrauten Umgang miteinander.
»Leider ja«, sagt Gabriel.
Keine Ahnung, warum ich es sympathisch finde, dass Nadirs Anwesenheit ihn ebenfalls reizt. Wenigstens geht es nicht nur mir so.
»Was macht ihr beide hier?«, fragt Gabriel und wirkt nun ungeheuer genervt. »Atlas hat euch aus Aphelion verbannt.«
»Mmmh«, macht Nadir. »Du weißt, dass ich noch nie sonderlich gut darin war, Befehle zu befolgen. Vor allem, wenn es um Atlas geht.«
Gabriel fährt sich noch einmal mit der Hand über das Gesicht und dann durch die Haare und zerzaust damit den Heiligenschein, den seine Locken bilden.
»Ich will eine Erklärung. Fang an zu reden«, sagt er zu mir. »Sofort.«
»Nicht hier, wo uns jeder finden könnte«, entgegne ich mit einem Kopfschütteln.
»Komm mit«, sagt Nadir, und sein Blick fällt auf mich, bevor er entschieden mit seinem Kinn die Richtung deutet.
Ich verdrehe die Augen, während ich mich von der Wand abstoße. Zerra, er ist so gebieterisch.
Dann wendet er sich ab, und wir beide folgen ihm. Mit jedem Schritt begeben wir uns tiefer in die verwinkelten Gassen. Während wir weitergehen, lausche ich auf Kampfgeräusche von dem Platz, doch entweder ist er schon vorbei, oder wir sind außer Hörweite.
»Hast du gesehen, was auf dem Platz passiert ist?«, frage ich Nadirs Rücken. Der Weg verengt sich und zwingt uns, im Gänsemarsch zu gehen.
»Sie haben einige der Low Fae verhaftet, aber die meisten haben sich einfach aus dem Staub gemacht.«
»Haben sie welche getötet?«
Er blickt über seine Schulter zu mir. »Einige. Ja.«
Diese Antwort gefällt mir nicht. »Welchen Zweck hatte das Ganze?« Ich schaue jetzt wieder zu Gabriel, setze meine Fragen fort.
»Das war eine Botschaft«, sagt Gabriel. »Atlas kann Erevan noch nicht stürzen, denn damit würde er einen noch größeren Aufstand riskieren, aber das sollte die Leute daran erinnern, dass er diese Ausschreitungen nicht dulden wird.«
»Ausschreitungen«, höhne ich. »Als ob ihre Forderungen nicht völlig legitim wären.«
Gabriel antwortet nicht, doch als ich ihn noch einmal über die Schulter hinweg anschaue, sehe ich ein Zögern in seinem Blick, das einen Moment lang aufflackert und dann wieder verschwindet.
Schweigend schlängeln wir uns weiter durch die Gassen, bis wir die andere Seite von Umbra erreichen. Hier ist es ruhiger, auf einem kleinen Markt werden Obst, Fisch und andere frische Waren verkauft. Die Low Fae dürfen in den oberen Distrikten nur mit Lebensmitteln und anderen Konsumgütern handeln. Zumindest lässt Atlas sie also nicht verhungern. Wahrscheinlich klopft er sich für diese Großzügigkeit vor dem Spiegel selbst auf die Schulter.
Wir überqueren die nordwestliche Grenze und biegen in einen breiteren Boulevard ein. Unser Versteck in Aphelion liegt im Achten Distrikt, der zufälligerweise am weitesten vom Palast entfernt ist. Das Haus ist unscheinbar und hat seine besten Tage schon hinter sich. Es gehört einer High Fae aus der Arbeiterschicht namens Nerissa. Offenbar ist sie eine alte Bekannte von Nadir, aber ich habe ihre Beziehung noch nicht ganz durchschaut.
Nicht, dass es mich interessiert. Es geht mich absolut nichts an.
Ich seufze, weil ich weiß, wie armselig ich mich anhöre, sogar in meinem eigenen Kopf.
Wir betreten das Haus auf Nadirs Anweisung immer von der Rückseite, also folgen wir einer weiteren Gasse, bis wir das Tor erreichen, das den hinteren Teil des Grundstücks absperrt. Ich bin mir nicht sicher, ob wir Gabriel zeigen sollten, wo wir wohnen, aber ich vertraue darauf, dass Nadir weiß, was er tut. Wenn er Gabriel schon eine Weile kennt, kann er seine Absichten vielleicht besser einschätzen als ich.