Fearless - Abby Brooks - E-Book

Fearless E-Book

Abby Brooks

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Beschreibung

Date niemals deinen Nachbarn. Nach einer herben Enttäuschung zog es mich nach Wildrose Landing, einer verschlafenen Kleinstadt, um mir dort ein neues Leben aufzubauen. Die Liebe? Das war das Letzte, wonach ich suchte. Doch dann trat Star-Autor Alexander Prescott in mein Leben – erfolgreich, charismatisch und viel zu unwiderstehlich. Als er mir dann auch noch einen Traumjob anbot, sagte ich spontan ja, weil ein Neuanfang eben auch mal Mut erfordert. Doch mit jedem Blick in seine dunklen, Whisky-farbenen Augen und dem Knistern in der Luft wird klar: Dieses neue Kapitel in meinem Leben könnte alles verändern. Aber wir beide haben Geheimnisse, die uns einholen könnten ...

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Seitenzahl: 349

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Liebe Leserin, lieber Leser,

Danke, dass Sie sich für einen Titel von »more – Immer mit Liebe« entschieden haben.

Unsere Bücher suchen wir mit sehr viel Liebe, Leidenschaft und Begeisterung aus und hoffen, dass sie Ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern und Freude im Herzen bringen.

Wir wünschen viel Vergnügen.

Ihr »more – Immer mit Liebe« –Team

Über das Buch

Date niemals deinen Nachbarn.

Nach einer herben Enttäuschung zog es mich nach Wildrose Landing, einer verschlafenen Kleinstadt, um mir dort ein neues Leben aufzubauen. Die Liebe? Das war das Letzte, wonach ich suchte. Doch dann trat Star-Autor Alexander Prescott in mein Leben – erfolgreich, charismatisch und viel zu unwiderstehlich.

Als er mir dann auch noch einen Traumjob anbot, sagte ich spontan ja, weil ein Neuanfang eben auch mal Mut erfordert. Doch mit jedem Blick in seine dunklen, Whisky-farbenen Augen und dem Knistern in der Luft wird klar: Dieses neue Kapitel in meinem Leben könnte alles verändern.

Aber wir beide haben Geheimnisse, die uns einholen könnten ...

Über Abby Brooks

Abby Brooks ist amerikanische Romance Autorin und lebt mit der Liebe ihres Lebens und ihren drei Kindern in einer Kleinstadt in Ohio. Sie liebt es, in der Küche zu tanzen, zu lachen und bis spät in die Nacht zu lesen. 

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Abby Brooks

Fearless

Aus dem Amerikanischen von Ruth Sander

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Grußwort

Informationen zum Buch

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Kapitel 1 — Evie

Kapitel 2 — Alex

Kapitel 3 — Evie

Kapitel 4 — Evie

Kapitel 5 — Alex

Kapitel 6 — Evie

Kapitel 7 — Alex

Kapitel 8 — Evie

Kapitel 9 — Alex

Kapitel 10 — Alex

Kapitel 11 — Evie

Kapitel 12 — Alex

Kapitel 13 — Alex

Kapitel 14 — Evie

Kapitel 15 — Alex

Kapitel 16 — Evie

Kapitel 17 — Evie

Kapitel 18 — Alex

Kapitel 19 — Evie

Kapitel 20 — Evie

Kapitel 21 — Alex

Kapitel 22 — Evie

Kapitel 23 — Alex

Kapitel 24 — Evie

Kapitel 25 — Evie

Kapitel 26 — Alex

Kapitel 27 — Evie

Kapitel 28 — Evie

Kapitel 29 — Evie

Kapitel 30 — Alex

Kapitel 31 — Evie

Kapitel 32 — Evie

Kapitel 33 — Alex

Kapitel 34 — Evie

Kapitel 35 — Evie

Kapitel 36 — Evie

Kapitel 37 — Alex

Kapitel 38 — Evie

Kapitel 39 — Alex

Kapitel 40 — Evie

Kapitel 41 — Alex

Kapitel 42 — Evie

Kapitel 43 — Evie

Epilog — Alex

Impressum

Lust auf more?

Kapitel 1

Evie

Amelia Brown quetschte meine Wangen so fest zusammen, dass meine Lippen hervortraten, dann klopfte sie einmal darauf und drückte mir einen Kuss auf die Stirn. »Evie. Schätzchen. Lächle für mich, meine Süße. Jede Sache hat auch ihr Gutes, selbst diese Katastrophe. Das ist deine Chance, stärker zu werden. Zu lernen. Und zu wachsen.«

Im Geiste versah ich jeden ihrer Sätze mit einem oder mehreren Ausrufezeichen und rang mir das Lächeln ab, das sie von mir gefordert hatte. Mit klimpernden Armbändern rauschte meine stets optimistische beste Freundin in die Küche der Wohnung, die wir uns in den letzten Monaten geteilt hatten, und kehrte mit einer Flasche Tequila und zwei Schnapsgläsern zurück.

Sie schwenkte die Gläser. »Darauf stoßen wir an.«

»Aaah, ja.« Ich zog die Beine unter mich und drückte mir eins der vielen Kissen an die Brust. »Nicht nur, dass ich auf deiner Couch schlafe, weil mein Ex ein Arsch ist, jetzt bin ich auch noch arbeitslos. Wenn das kein Grund zum Feiern ist.« Trotz meines Sarkasmus begann in meinem Herzen eigenartigerweise ein Fünkchen Hoffnung zu glimmen.

Manchmal musste man sich eben verbrennen, um sich dann aus der Asche zu erheben.

Der Gedanke klang mehr so, als käme er aus Amelias Kopf statt aus meinem. Vielleicht hatte ich ihn an irgendeiner Wand gelesen, die sie gern mit motivierenden Sprüchen schmückte.

Sie knallte die Flasche Tequila auf den Couchtisch und machte es sich auf dem Boden bequem. »Mit dieser Einstellung lässt du Negatives in dein Leben.« Sie sah mich böse an, auch wenn sie das nicht im Geringsten bedrohlich wirken ließ, wie vermutlich beabsichtigt. »Wenn du genau hinhörst«, fuhr sie fort, »flüstern dein Höheres Selbst und deine Geistführer dir etwas zu. Sie sagen dir, was du wissen musst, und dass du deinen Job verloren hast, ist sehr gut, das verspreche ich dir.«

Ich glaubte nicht an Geistführer. Oder Tarot-Lesungen. Oder irgendetwas von dem esoterischen Zeug, um das Amelias Leben kreiste, aber ich liebte sie trotzdem so, wie sie war. Außerdem: Ob ich nun daran glaubte oder nicht, konnte ich mich selbst des Gefühls nicht erwehren, dass es gut für mich war, wenn ich mich beruflich verändern musste.

»Na schön.« Ich schnappte mir ein Schnapsglas und hielt es ihr hin. »Auf einen Neuanfang!«

»So ist es richtig!« Mit einem riesigen Grinsen schraubte Amelia den Verschluss der Flasche ab und füllte beide Gläser. Schließlich kippte sie ihren Tequila herunter, und ich tat es ihr nach, riss dann aber die Augen auf und schnappte hustend nach Luft, als er sich meine Kehle hinunterbrannte.

»Ich weiß gar nicht mehr, wann ich das letzte Mal Schnaps getrunken habe.«

Amelia hielt mitten im Nachschenken inne. »Hmmm. Ich auch nicht.« Mit einem Achselzucken leerte sie ihr zweites Glas und schenkte mir ein Lächeln, das mir verriet, dass wir jetzt Spaß haben würden.

»Heute Abend schreiben wir alles auf, was dieser Mistkerl gesagt hat, als er dich gefeuert hat. Wir werden dich aufbauen, denn, Eveline, du bist pfiffig und hast verdammt viel drauf.« Sie reichte mir das nächste Glas. »Es wird Zeit, dass du dein wahres Ich auf die Welt loslässt.«

Ich kippte meinen Tequila, während sie den nächsten einschenkte. »Es wäre auch schön, wenn endlich keine ekligen Männer mehr auf mich losgelassen würden.«

Vor fünf Stunden hatte mein Boss mich vor seinem Schreibtisch Platz nehmen lassen und mir den Boden unter den Füßen weggezogen, indem er mir eröffnete, ich sei eine ganz gute Redakteurin mit sehr viel ungenutztem Potenzial, aber immer zu vorsichtig. Der Mann, den ich für meinen Mentor gehalten hatte, schaute mir in die Augen und sagte: »Evie, wenn du eine Farbe wärst, dann wärst du Beige.«

Kein starkes, raffiniertes Schwarz.

Kein cooles, ausgeglichenes Petrol.

Kein feuriges Rot oder auffallendes Pink.

Nur lahmes Beige.

»Als ich dich eingestellt habe, warst du anders«, meinte er und fuhr dann fort, dass ich stets so zurückhaltend sei wie Fahrstuhlmusik. Unauffällig. Da, aber auch nicht da. So dass man mit dem Kopf nickt, ohne es zu bemerken. Oder einfach mitsummt. Um dann tagelang mit einem Lied im Kopf herumzulaufen, das man hasst.

Ich sei langweilig. Fade. Und mein neuer Charakter mache sich in meinem Schreiben bemerkbar. In einer Welt, die Drama und Skandale wolle und YouTube lieber möge als Zeitungen, könne er nicht länger darauf warten, dass ich mich wieder daran erinnere, wie ich mal gewesen sei.

Und als hätte das noch nicht weh genug getan, hatte er noch einen draufgesetzt.

Als er mich einstellte, habe er geglaubt, ich könne eines Tages nützlich sein, doch wenn ich mich sofort nützlich machen wolle, auf meinen Knien, würde er darüber nachdenken, mich zu behalten. Mit gekränktem Stolz, aber erhobenen Hauptes hatte ich sein Büro eilig verlassen und war bloß noch lange genug geblieben, um eine Beschwerde bei der Personalabteilung einzureichen.

»Wieso musste er so weit gehen?«, fragte ich Amelia. »Zu sagen, dass er gedacht hat, ich könne eines Tages nützlich sein, das ist ja fast genau das, was Drew mir an den Kopf geworfen hat, als er sich von mir trennte …« Schnell klappte ich den Mund zu.

Drew hatte an jenem Tag viele gemeine Sachen gesagt, und es würde mir besser gehen, wenn ich sie alle vergaß. Ich sollte nicht noch mehr Energie an meinen Ex-Freund verschwenden. Er hatte mir schon genug geraubt.

»Wenn ein Motto in unserem Leben sich ständig wiederholt, wollen unsere Geistführer, dass wir uns damit beschäftigen.« Amelia kippte noch einen Tequila und notierte dann das Schlimmste, was mein Boss gesagt hatte, auf einem Zettel.

Vorsichtig. Langweilig. Fade. Blas mir einen!

»So. Also. Such dir ein Wort aus, mit dem du den ganzen Unsinn überschreibst. Ein Wort, das Evie McAllister von diesem Augenblick an beschreibt.«

Mit einer schwungvollen Geste, die bei solch lebensverändernden Ereignissen angemessen war, reichte sie mir den Stift. Ich betrachtete die furchtbar beigen Wörter, die sie in ihrer lässigen Schrift notiert hatte, und stellte mir mein Leben so vor, wie ich es mir wünschte. Wie wollte ich sein? Wie wollte ich leben? Als mir die Antwort einfiel, konnte ich sie nicht schnell genug hinkritzeln.

Furchtlos.

Das Kratzen der Bleimine auf dem Papier war ein Kampfschrei. Der extravagante Schnörkel am letzten S eine Ankündigung. Zur Betonung fügte ich noch ein Ausrufezeichen hinzu. Und dann noch eins. Und als Letztes, berauscht von Machtphantasien, Tequila und dem Wunsch, die Vergangenheit hinter mir zu lassen, zog ich noch einen scharfen Strich unter das Wort.

Mit einem entschlossenen Nicken ließ ich den Stift fallen. Klappernd landete er auf dem Tisch und rollte darauf herum, während Amelia sich vorbeugte, um zu sehen, was ich geschrieben hatte. Sie lächelte breit und sah mich mit strahlenden Augen an. »Das gefällt mir. Nein. Ich liebe es. Es ist perfekt. Wer möchte nicht furchtlos sein?« Sie stand auf und drehte sich mitten in ihrem Wohnzimmer langsam im Kreis. Der Boho-Rock flatterte ihr um die Knöchel. Ihre Armbänder klimperten. Die blonden Haarwellen auf ihrem Rücken wogten.

Sie war so überschwänglich.

Fühlte sich so wohl in ihrer Haut.

Hatte keine Angst, sie selbst zu sein.

Sie inspirierte mich dazu, mich, so wie sie, in mich selbst zu verlieben – oder mich zumindest mit meinen Schwächen auszusöhnen. Amelia Brown war der furchtloseste Mensch, den ich kannte, und es wäre gut für mich, zu lernen, etwas mehr wie sie zu sein.

Fasziniert von ihrem Optimismus und dem brennenden Mut in meinem Bauch, nickte ich bestätigend. Furchtlos! Perfekt! Ja, verdammt noch mal! Nun dachte ich schon in Ausrufezeichen! Das musste doch bedeuten, dass ich etwas Gutem auf der Spur war! Oder? Ja!

Amelia zog mich hoch und schenkte uns beiden noch zwei Gläser ein. Wie viele waren das jetzt? Zwei? Oder drei? Der Tequila floss so schnell und reichlich, dass ich die Übersicht verloren hatte. Mit der Begeisterung, die es nur auf der Grenze zwischen beschwipst und betrunken gab, stießen wir an und tranken die Gläser aus.

»Für echte Veränderungen braucht man Energie, Evie.« Amelia nahm den Zettel vom Tisch, warf ihn in eine Schüssel und zündete ihn an. Dann fuhr sie mit der Hand durch den Rauch, als wollte sie ihn festhalten, und ließ ihn zur Decke entweichen. »Verbrenn ihn, dann weißt du Bescheid.«

»Was meinst du damit?« Ich legte den Kopf schief.

Sie drückte einen Finger auf die Lippen. »Wie es weitergeht.«

Als der Zettel bloß noch Rauch und Asche war – was sich tatsächlich erlösend anfühlte –, griff sie sich die Flasche und führte mich zum Fenster, wobei es uns beiden gelang, über ihren Rock zu stolpern.

Wann war er so lang geworden?

»Wir wollen nun nicht mehr an die Vergangenheit denken. Lass uns nach vorne blicken.« Sie zeigte nach draußen, als läge meine Zukunft auf dem Bürgersteig und schaue zu uns auf, was ich nicht glaubte. Trotzdem spähte ich vorsichtshalber nach unten. »Jetzt, wo du deine Seele nicht mehr an eine Zeitung verkaufen musst, kannst du dich darauf konzentrieren, ein richtiges Buch zu schreiben.«

Ich hatte Mühe, nicht zu schnauben. Es würde kein Buch geben. Jedenfalls nicht von mir. Nicht nach der Geschichte mit Drew.

»Es wäre vielleicht besser, wenn ich mich erst mal darauf konzentriere, herauszufinden, wo ich wohnen möchte. Ich weiß, dass du gesagt hast, ich könnte so lange hierbleiben, wie ich will, aber du vermisst doch sicher deine Privatsphäre. Und dein Wohnzimmer.« Die Straßenlampen und die vorbeifahrenden Autos draußen vor dem Fenster wirkten verschwommen und schwankten. Ich zwinkerte, um besser sehen zu können, dann reichte Amelia mir die Flasche und ich nahm einen Schluck. »Ich schätze, ich könnte in das Haus ziehen, das meine Großtante Ruth mir hinterlassen hat.«

Der Brief war an dem Tag gekommen, an dem Drew mich aus unserer Wohnung geworfen hatte. Ich war überrascht gewesen, weil ich Ruth zuletzt gesehen hatte, als ich noch ein Kind war, und nun war mir dank ihr, genau in diesem Moment, in dem ich es am meisten brauchte, ein Haus in den Schoß gefallen.

»Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass du bei mir bleibst.« Amelia warf einen Arm über meine Schulter, und der Duft von Vetiver, ihrem Lieblingsaromaöl, schlug mir ins Gesicht. Sie behauptete, es sorge dafür, dass sie ausgeglichen, geerdet und glücklich sei. Für mich roch es nach Erde und Moos. Aber nach fünf Jahren auch so wie meine beste Freundin, was bedeutete, dass ich mich bei dem Geruch ebenfalls ausgeglichen, geerdet und glücklich fühlte – und nach der Achterbahnfahrt, die mein Leben in letzter Zeit gewesen war, sehnte ich mich nach Ruhe.

»Süße, ich kann nicht für immer auf deiner Couch schlafen. Außerdem haben wir beschlossen, dass ich nicht in das Haus ziehe, weil es so weit weg ist, dass das Penneln schrecklich sein würde.« Das hörte sich falsch an. »Penneln? Pen…?«

»Pennen?« Amelia lächelte hilfsbereit.

»Das Fahren würde zu lange dauern. Das Hin und Her ist zu viel.« Wir starrten einander einige Sekunden lang an und prusteten dann los.

Amelia hickste und taumelte. Anschließend legte sie eine Hand aufs Herz und machte große Augen, weil ihr eine Erkenntnis kam. »Du meine Güte. Jetzt verstehe ich. Ich kann nicht glauben, dass ich es nicht vorhergesehen habe!«

»Was?« Ich legte die Handkanten an die Fensterscheibe. Von meinem Atem beschlug das Glas, deshalb wischte ich es frei, konnte aber immer noch nicht erkennen, was sie so aufgeregt hatte.

»Wir haben das alles ganz falsch verstanden. Dieses Haus war ein Wink des Schicksals, und da du es nicht bezogen hast, kam der nächste Wink mit voller Wucht. Und zwar, indem du deinen Job verloren hast.«

Als mir die Tragweite ihrer Schlussfolgerungen bewusst wurde, fiel mir die Kinnlade herunter. Ich hatte Winke vom Schicksal bekommen. Erst Drew und die gemeinen, schrecklichen Dinge, die er zu mir gesagt und mir angetan hatte. Dann das Haus. Und jetzt … mein Job …

An dem Punkt wurde mir klar, dass ich betrunken war. Wenn Amelia anfing, über Winke des Schicksals zu reden, und ich ihr glaubte, stimmte etwas nicht.

Sie schaffte den langen Weg zurück zur Couch und ließ sich mit einem Stöhnen darauf nieder. »Vielleicht sollst du in dieses Haus ziehen. Du hast doch Bilder davon, oder?«

Nickend klappte ich meinen Laptop auf und klickte auf die Bilder, die der Notar mir per E-Mail geschickt hatte, nachdem ich den Brief bekommen hatte. Dann wappnete ich mich mit einer Grimasse für Amelias Urteil.

Ich brauchte nicht lange zu warten.

»Du besitzt ein Haus, das aussieht wie das da, und schläfst immer noch auf meiner Couch? Ich meine, es hat sogar einen Namen! Sugar Maple Hill.« Träumerisch seufzend nahm sie mir die Flasche aus der Hand und nahm mehrere lange Schlucke.

»Bestimmt ist es wunderschön, aber die Pennelei …« Das war nicht das Wort, das ich hatte sagen wollen. Ich zwinkerte und lauschte dem Schwappen des Tequilas, der durch meinen Kopf rauschte. War die Flasche voll gewesen, als wir angefangen hatten? Das war sie nun sicher nicht mehr.

»Plackerei?« Amelia hatte ganz offensichtlich keine Ahnung, wovon ich redete, war aber dennoch eifrig bemüht, mir zu helfen.

»Die lange Fahrt. Das Pendeln. Pendeln!« Ich kicherte. »Das hört sich seltsam an, oder?« Ich sprach das Wort noch ein paarmal aus, nur um sicher zu sein. »Jedenfalls ist es ein wunderbares Haus, aber anscheinend denkt jeder in Wildrose Landing, dass es darin spukt.« Ich warf mich auf die Couch, lehnte den Kopf zurück und ließ ihn zur Seite rollen, um mir das schockierte Gesicht meiner Freundin nicht entgehen zu lassen.

Amelia schnellte allerdings hoch und packte mich bei den Schultern. »Du versuchst doch, furchtlos zu werden, und du hast ein Spukhaus geerbt! Kein Wunder, dass du deinen Job verloren hast! Du hast nicht auf die Zeichen geachtet! Evie!«

Ich glaubte weder an Geister noch an Zeichen, aber ihre Begeisterung war ansteckend. Ich kniete mich hin und packte sie ebenfalls bei den Schultern. »Glaubst du das wirklich?«

»Ich weiß es. Und weißt du, was ich noch weiß? Wir werden das Wochenende in dem Haus verbringen. Deinem Haus. Und wir nehmen all deine Sachen mit, für den Fall, dass du dich entscheidest, dortzubleiben.« Sie deutete auf das Display und wackelte mit den Hüften. »Ich frage mich, ob wir den Geist sehen werden. Oh! Und ob es wohl ein hübscher Geist ist. Wie cool wäre das denn?«

Es würde schwer werden, irgendwelche Beweise für einen Geist zu finden, egal ob hübsch oder hässlich, weil es keine Geister gab. Ich überlegte, ob ich Amelia das sagen sollte, aber je mehr sie sich freute, desto mehr wollte ich bei dem Hüftwackeln mitmachen. Ob es in dem Haus spukte oder nicht, nach Wildrose Landing zu ziehen und wieder von vorn anzufangen, wäre ein recht furchtloser Schritt.

Vielleicht schrieb ich ein Buch.

Vielleicht verliebte ich mich.

Vielleicht fand ich in einer kleinen neuenglischen Stadt mein Glück.

Amelias Tanzen wurde langsamer, und ihr Gesicht hatte auf einmal eine ungesunde Farbe. Dann hickste sie und rannte ins Bad.

Vielleicht hatten wir aber auch nur zu viel Tequila getrunken.

Kapitel 2

Alex

Es war eine dunkle und stürmische Nacht. Komm schon, Mann. Das kannst du besser.

Mondlicht verfing sich im Regen und fiel auf die Straße. Jetzt übertreibst du.

Regen trübte meine Sicht und der Wind riss Blätter von den Bäumen, als ich, mit meinem riesigen Untier an der Seite, durch die Dunkelheit hastete. Okay. Weiter …

»Warum verfolgt mich meine Schreibblockade sogar beim Spazierengehen?« Fragend schaute ich Morgan an, dessen Krallen auf dem nassen Pflaster klackten.

Ich hätte mich wohl besser fragen sollen, warum ich überhaupt im Regen mit dem Hund Gassi ging, aber ich sprach es nicht laut aus. Ich wollte die Angewohnheit, mit mir selbst zu reden, nicht noch weitertreiben.

Doch Morgan setzte sich über meine Sorgen hinweg, indem er den Kopf schräg legte und mit seinem struppigen Schwanz wedelte. Weder mein blockiertes Hirn noch die auf uns herabprasselnden Regentropfen kümmerten ihn. Auf mich dagegen warteten zu Hause leere Seiten, und zu allem Überfluss war ich auch noch zu abgelenkt gewesen, um mir den Wetterbericht anzusehen, ehe ich mich auf den Weg gemacht hatte, um einen klaren Kopf zu bekommen, so dass wir nun beide klatschnass waren.

Das war ganz besonders unangenehm, weil mein Kopf nach wie vor alles andere als klar war.

Regentropfen schnitten – Ach, gib auf, Mann!

Morgan blieb stehen, um sich die Nässe aus dem Fell zu schütteln, und traf mich mit einem nach Hund riechenden Wasserguss. Ich revanchierte mich, indem ich mich vorbeugte und mein Haar in seine Richtung ausschüttelte. Er dankte mir mit einem Zungenschlabber quer übers Gesicht, und ich richtete mich gerade noch rechtzeitig auf, um einen Wagen um die Ecke schlittern zu sehen.

Na gut, »schlittern« war ein starkes Wort für das mäßig schnelle Einbiegen, dessen Zeuge ich wurde, doch mein Schriftstellerhirn peppte die Passage automatisch ein wenig auf. Was natürlich sinnlos war, weil wir nicht noch mehr Drama brauchten, als wir ohnehin schon hatten. Dafür sorgte bereits Morgan. Als der Wagen beschleunigte, riss mein Hund mir die Leine aus der Hand und rannte auf die Straße, weil – ohne Scheiß – ein völlig durchnässtes Kätzchen dem Auto im Weg saß.

Ich stoppte meine Fabulierversuche. Ich brauchte keine aussagekräftigen Verben und keine dynamischen Sätze mehr.

In meinem Kopf schrie es nur noch: Nein, Morgan, nein! Wieso bist du so dumm? Stirb nicht, du großartiges Tier!

Mit einem barbarischen Schrei lief ich meinem Hund nach, hob das Kätzchen hoch und begriff endlich, warum Wildtiere im Scheinwerferlicht erstarrten. Als das Auto auf mich zukam, sah ich Morgans Leben und direkt danach meins vor mir ablaufen. In einer Aneinanderreihung von Erinnerungen untermalt vom kreischenden Soundtrack des Gefährts, das alles beenden würde.

Dann schlitterte der Wagen wirklich, kam von der Straße ab und hielt quer auf dem Grasstreifen daneben, während ich mit großen Augen und wild klopfendem Herzen blinzelnd mitten auf der Straße stand und ein zitterndes schwarzes Fellknäuel an mich drückte. Schnell steckte ich das Kätzchen unter meine Jacke, um es zu wärmen, während Morgan herbeitrottete und sich neben mich setzte.

Die Beifahrertür flog auf, und eine Frau sprang aus dem Wagen. »Sind Sie völlig verrückt geworden?«, schrie sie und ruderte mit den Armen, als könne sie fliegen. Ihr langer Rüschenrock flatterte im Wind, klammerte sich aber rasch regenschwer an ihre Knöchel.

»Ich? Sie meinen, ich wäre der Verrückte hier?« Dabei war tatsächlich ich derjenige, der ihnen direkt vors Auto gelaufen war, doch Nebensächlichkeiten wie diese spielten keine Rolle, wenn eine Verrückte auf einen zugestapft kam. »Warum achten Sie nicht auf die Straße?«

»Oh, wir haben auf die Straße geachtet! Und zwar so gut, dass wir auf dem Seitenstreifen gelandet sind, vielen Dank. Sie sind derjenige, der besser aufpassen müsste, Mister.« Voller Aggressivität bohrte sie einen Finger in meine Brust und hätte beinahe das zitternde Kätzchen aufgespießt.

Morgan, der das unter meiner Jacke steckende Tier im Blick hatte, schnaufte bestätigend.

Verräter.

Knarrend öffnete sich die Fahrertür, und eine kleinere Frau näherte sich mir. Sie hatte blonde Haare. Sie waren heller als die ihrer Freundin. So hell, dass sie beinahe farblos waren. Große Augen. Hohe Wangenknochen. Weiche Lippen. Während ihre Freundin ihre Eigenheiten stolz präsentierte, war diese Frau ruhig und wirkte völlig unauffällig. Wenn sie sich unter eine Menschenmenge mischte, würde niemand fragen, ob sie dazugehörte.

Und dennoch …

Sie hatte mehr zu bieten. Da war ich mir sicher. Ich sah es an ihren Augen, die um Anerkennung geradezu bettelten.

Ich kann in dich hineinschauen. Der Gedanke sprang mich an und gleich darauf fast auch aus meinem Mund, deshalb hielt ich ihn mir schnell zu und schaute nur finster.

Der Regen klatschte ihr das Haar ans Gesicht, und sie strich es zurück. »Geht es Ihnen gut?«, fragte sie. Ihre samtweiche, sonore Stimme jagte Schauer über meinen Rücken. Ich versuchte, mir den Klang einzuprägen, um ihn später beschreiben zu können.

Und mit einem Mal war die Schreibblockade vorbei. In einem einzigen glorreichen Moment fiel mir alles auf, was mir bisher entgangen war. Der Haken an der Geschichte, an dem ich immer wieder hängen geblieben war. Die Handlung im Hintergrund, die ich nicht richtig zu Ende gedacht hatte. Zum ersten Mal seit Wochen fing meine Muse an, mir etwas zuzuflüstern, und ich stand mit einem Kätzchen in der Hand im Regen und konnte mir kein Wort davon aufschreiben.

»Uns geht es gut. Und Ihnen?« Ich musste nach Hause, sofort, ehe die Inspiration mich verließ. Doch als ich losgehen wollte, hockte sich die Frau in dem Hippie-Rock vor Morgan. Mit klimpernden Armbändern kraulte sie ihm den Kopf und raunte ihm Komplimente zu. Der Hund schloss die Augen und streckte die Zunge heraus, als wolle er sagen: Ja, ich bin tatsächlich ein guter Junge.

Der zunehmende Regen zog gerade Striche durch das Licht der Scheinwerfer. In der Ferne grollte Donner. Blitze zuckten. Und wir fünf standen unbeholfen mitten auf der Straße, während Musikfetzen aus dem Auto drangen.

Liam McGuire? Irgendetwas Poppiges, aber schwer …

»Wieso ist er auf die Straße gelaufen?«, fragte die Hippie-Frau, als sie sich wieder aufrichtete.

Der Ruf meines Laptops war unwiderstehlich. Irgendetwas sagte mir, dass ich ewig im Regen stehen bleiben würde, wenn diese Frau das Kätzchen sah, deshalb schob ich das zitternde Bündel noch tiefer unter meine Jacke. »Ich habe nicht die leiseste Ahnung, und es spielt ja auch keine Rolle mehr. Ich bin einfach froh, dass keinem was passiert ist.«

»Dann war das wohl Schicksal.« Mit einem beinahe frohlockenden Lächeln schaute die Frau ihre Freundin an. »Schließlich ist es äußerst ungewöhnlich für einen Hund, ohne jeden Grund über eine Straße zu laufen.«

Das war es nicht. Jedenfalls nicht bei Morgan. Der Köter hatte gefehlt, als Aufmerksamkeitsspannen vergeben worden waren.

Die Fahrerin verdrehte die Augen und wandte sich mir zu. »Können wir Sie wenigstens mitnehmen? Wir wissen nicht genau, wo wir hinmüssen, aber Sie ins Trockene zu bringen, ist das Mindeste, was wir tun sollten, nachdem wir Sie fast überfahren hätten.«

Ihre Stimme war leise, und ihre Gesten zurückhaltend, was jedoch Absicht war.

Sie faszinierte mich, wie sie völlig durchnässt dastand und auf eine Antwort wartete.

»Alles gut. Ich habe es nicht weit nach Hause.« Zwar wohnte ich nicht so nah, wie ich es mir bei dem Wetter wünschte, doch ich wollte nicht mit dem nassen Hund in ihr Auto.

Ach verdammt. Ich war echt selten dämlich.

Meine Ablehnung hatte nichts damit zu tun, dass der nasse Köter ihren Rücksitz schmutzig machen würde.

Diese Frau reizte mich. Mit ihren großen Augen und dem feuchten T-Shirt brachte sie mich auf Gedanken, die zu verfolgen ich weder die Zeit noch die Energie hatte. Wenn meine Muse endlich wieder mit mir sprach, war das Letzte, was ich brauchte, Ablenkung. Und dieser Frau stand das Wort »Ablenkung« auf die Stirn geschrieben. Ich spürte es bei jedem fernen Donnergrollen.

Ich hatte einen Abgabetermin.

Und war schon zwanzigtausend Wörter in Verzug gewesen, bevor ich anderthalb Stunden Arbeitszeit damit verschwendet hatte, spazieren zu gehen.

Das – und nicht der nasse Hund – war der Grund, warum Morgan und ich durch den Regen nach Hause zurücklaufen würden. Falls meine Inspiration sich entschloss, sich auf eine Fremde zu konzentrieren, die ich nie wiedersehen würde, statt auf die ersten Eingebungen, die ich seit Wochen gehabt hatte, war ich erledigt, verdammt nochmal. Ich musste so schnell wie möglich weg von dieser Frau, sonst würden meine Agentin, mein Lektor, der Verlag und Tausende verärgerte Leser mir so schnell an die Gurgel gehen, dass mir Hören und Sehen verging.

Zögernd stiegen die Frauen wieder in ihren Wagen, während Morgan und ich uns auf den Heimweg machten. »Also, wie sollen wir dich nennen?«, fragte ich das Kätzchen, das an meiner Brust schnurrte. Es sah mich mit seinen leuchtend grünen Augen an und miaute. »Okay, dann Larry.«

Morgan schnaubte missbilligend, als die Autorücklichter immer kleiner wurden und nach einem letzten Blinken zusammen mit meiner Inspiration verschwanden. Ich fluchte leise vor mich hin und sagte mir, dass ich die beiden Frauen sowieso nie wiedersehen würde.

Kapitel 3

Evie

Amelia, die tropfnass war, tat so, als würde sie mir vom Beifahrersitz ein Telefon herüberreichen. »Eveline McAllister, das Schicksal ruft an! Dieses Zusammentreffen war der Beweis dafür, dass du hierherziehen sollst. Willkommen in deinem zukünftigen Leben, meine Kleine.«

Sie strahlte, als wären wir nicht soeben im Regen von der Straße abgekommen.

Als hätten wir nicht gerade um ein Haar den schönsten Mann der Welt überfahren.

Er war völlig durchnässt gewesen, deshalb wusste ich nur, dass er dunkle Locken hatte. Lang genug, dass sie ihm in die Augen hingen, die jede Farbe haben konnten, weil sie im Finstern nicht richtig zu erkennen gewesen waren. Er hatte ein nettes Lächeln und liebte seinen Hund so sehr, dass er auf die Straße gelaufen war, um ihn zu retten, aber er hatte mich so anklagend angesehen, als wäre ich schuld daran gewesen, dass wir fast einen Unfall gehabt hätten.

Doch nichts davon erklärte die Faszination, die mich im Moment dazu brachte, auf den letzten Metern zum Haus meiner Großtante Ruth meine Freundin und ihren Glauben an das Schicksal zu ignorieren.

Im Rückspiegel verfolgte ich, wie der Mann und sein Hund immer kleiner wurden und schließlich ganz aus meinem Leben verschwanden. Das hätte mich nicht so traurig machen sollen. »Ich frage mich, warum er nicht wollte, dass wir ihn nach Hause bringen. Habe ich etwas Falsches gesagt?«

Oder hatte er meine unveränderliche »Beigeheit« gespürt und schnell weglaufen wollen, ehe er sich damit ansteckte?

Amelia ließ sich in ihren Sitz sacken. »Ich weiß nicht. Weil er Angst vor Fremden hat?«

»Als ob wir zwei Furcht einflößend wirken würden.« Er dagegen hatte mich so angestarrt, dass ich durchaus etwas Angst bekommen hatte. Auch wegen des Flatterns in meinem Bauch und der Erkenntnis, dass ich nach wie vor im Rückspiegel nach ihm Ausschau hielt. Ich sah mit einem auffordernden Blick, dass sie mir zustimmen sollte, zu Amelia hinüber.

Statt mit einem solidarischen Abklatschen und einem bestätigenden Nicken zu reagieren, schnitt meine Freundin eine Grimasse. »Immerhin hast du ihn beinahe über den Haufen gefahren.«

»Stimmt.«

Aber es war dunkel gewesen.

Und es hatte geregnet.

Dann war da plötzlich dieser Mann … einer wie aus einem Traum. Breite Schultern. Markante Züge. Er war mir irgendwie bekannt vorgekommen, auch wenn ich das Amelia gegenüber nicht erwähnen würde. Denn dann hätte sie gleich von einem weiteren Wink des Schicksals gesprochen.

Wie sich herausstellte, hatten wir das Nahtoderlebnis in der Nähe meines Hauses gehabt. Nach zwei Kurven kam es in Sicht – stattlich, vornehm und mindestens eine Nummer zu groß für mich. Rotahornbäume säumten die Zufahrt. Der Herbst hatte die Blätter zum Leuchten gebracht, doch sie zitterten im Sturm, als wollten sie uns davor warnen, näher zu kommen. Brennende Verandalichter begrüßten mich, was seltsam war, da ich nie eine Stromrechnung bekommen hatte. Als ein Blitz schlagartig den Himmel erhellte, schrie Amelia erschrocken auf, und ich tat es ihr nach. Dann parkte ich vor dem Haus.

»Was für eine ereignisreiche Fahrt.« Meine Freundin klang noch überschwänglicher als sonst. Obwohl ich sie schon so lange kannte, hatte ich nicht gewusst, dass sie ein Adrenalinjunkie war. Was ganz gut passte, weil ich mich erstaunlicherweise auch wie elektrisiert fühlte. Bei jedem Windstoß schlug mein Herz schneller. Jeder Blitz lud mich mit mehr Energie auf. Jedes Nervenende prickelte erwartungsvoll.

Das hier war richtig. Dieses Haus. Dieser Ort. Dieser Mann. Alles war richtig.

Ich blinzelte, um nicht mehr an den klatschnassen Fremden zu denken. Er war wahnsinnig attraktiv gewesen, spielte aber in meinem Abenteuer keine Rolle mehr. Es wurde Zeit, nach vorn zu blicken. Den Einflüsterungen meines Höheren Selbst und meiner Geistführer zu gehorchen.

Beschämt verdrehte ich die Augen.

Ich konnte Amelias Rat nicht allzu weit folgen, ohne mir lächerlich vorzukommen.

Ich beugte mich vor und spähte durch die Windschutzscheibe. »Siehst du irgendwelche Schatten hinter den Fenstern? Im Internet stand, die Leute hätten hier so was gesehen.«

Amelia schüttelte den Kopf. »Es ist seltsam, dass das Licht an ist, oder? Wie kann das sein in einem Haus, das schon seit Monaten leer steht?«

Wir nahmen unsere Taschen und sprinteten zur Veranda. Mit vor Aufregung bebenden Fingern sperrte ich auf, und wir traten über die Schwelle. Während wir die Taschen fest umklammert hielten, spähten wir in die Ecken, als würde jeden Augenblick ein Gespenst herausspringen und Buh rufen.

»Es ist unheimlich sauber hier.« Mit einem Finger strich Amelia über einen Beistelltisch. »Man sollte meinen, dass hier nach sechs Monaten alles voller Staub und Spinnweben wäre.«

»Ehrlich gesagt weiß ich auch nicht, wie die Lichter brennen können. Ich habe ganz sicher nicht dafür gesorgt.«

Meine Freundin erschauerte und schaute mich mit großen Augen an. »Denkst du, das war der Geist?«

»Glaubst du allen Ernstes, dass Geister Rechnungen bezahlen? Bestimmt gibt es eine vernünftige Erklärung dafür.«

Donner grollte.

Blitze zuckten.

Amelia schrak zusammen. »Dir ist schon klar, dass du dich gerade genauso anhörst wie die Leute in Spukfilmen?« Das Zittern in ihrer Stimme veranlasste mich, einen Arm um ihre Schultern zu legen.

»Wie war das noch mal?« Ich beugte mich vor, um ihr in die Augen sehen zu können. »Wer von uns beiden muss daran arbeiten, ihre Angst zu besiegen?«

»Haha.« Sie schlug mir auf den Arm, um mich davon abzulenken, dass sie errötete. »Sehr lustig.«

»Finde ich auch.«

Amelia blieb stehen und wandte sich mir zu. »Jetzt mal ehrlich, Evie. Wenn du furchtlos werden willst, musst du dich schon etwas anstrengen. Das Leben soll erlebt, nicht überlebt werden. Du musst lernen, Menschen an dich heranzulassen, und aufhören, dir Sorgen darüber zu machen, dass sie sich als eine Kopie von Drew entpuppen könnten. Du kannst dich nicht vor der Welt verstecken und erwarten, dass es dir dabei gut geht.«

»Okay. Therapieansatz verstanden. Das heißt, weniger zu Hause bleiben und öfter mal …« Ich zuckte die Achseln. Was war das Gegenteil von zu Hause bleiben?

»Geh einfach mal raus, Schatz. Das ist alles, was ich sage.«

Weitere Erkundungen ergaben, dass das gesamte Haus penibel sauber war, vollständig eingerichtet und sehr groß. Ich würde den Unterschied zwischen Salon, Wohnzimmer, Bibliothek und Arbeitszimmer lernen müssen, wenn ich darin wohnen wollte.

»Dieses Haus strahlt merkwürdige Schwingungen aus, als wäre kürzlich jemand hier gewesen.« Argwöhnisch blickte Amelia die Treppe hinauf. »Gut, dass ich meinen Salbei mitgebracht habe.«

Ich folgte ihrem Blick und strich über das Geländer. »Es fühlt sich echt irgendwie bewohnt an.«

Zur Überraschung meiner besten Freundin verflüchtigte sich dieses Gefühl auch nicht nach einer gründlichen Reinigung mit Salbei und einem Schutzgebet. Auch wenn es nun überall nach ihrer Kräutermixtur stank. Ich liebte Amelia, aber darüber, was gut und was schlecht roch, würden wir uns wohl nie einigen können.

Wir stiegen die breite Treppe hoch, suchten uns Schlafzimmer aus und sagten einander Gute Nacht. Ich ließ mich auf ein riesiges Himmelbett fallen, kroch unter die Daunendecke und häufte um mich herum Kissen an, dann drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke.

War das alles wahr?

Gehörte dieses Haus wirklich mir?

Passte Eveline McAllister in eine so noble Umgebung?

»Dir werd ich’s zeigen, Drew«, murmelte ich, ehe ich die Faust in die Matratze rammte, weil ich plötzlich das Gesicht meines Ex-Bosses vor mir sah.

Du könntest dich ja nützlich machen …

Nö. Ich würde mich nicht von solchen Arschgesichtern herunterziehen lassen. Von nun an wollte ich mich auf die Zukunft konzentrieren statt auf die Vergangenheit. Ich stand auf, ging ins Badezimmer, band mein Haar zu einem unordentlichen Knoten zusammen, putzte mir die Zähne und machte mich bettfertig – mit Herren-Boxershorts und einem weißen Tanktop. Nachdem ich mich in meinem neuen, wuchtigen Bett zusammengerollt hatte, stellte ich mir all das Schöne vor, das ich in diesem Haus machen könnte.

Ich könnte mehr schreiben.

Gesünder leben.

Vielleicht mit Yoga oder Pilates anfangen.

Jeden Tag laufen gehen und mich vegan ernähren.

Oder die Paleo-Diät ausprobieren.

Oder einen Mann finden, der perfekt zu mir passte, und mich Hals über Kopf in ihn verlieben.

Während ich mir diese optimierte Version von Eveline McAllister ausmalte, tauchte des Bild eines völlig durchnässten Fremden vor meinem geistigen Auge auf. Mit einem Lächeln auf dem Gesicht kuschelte ich mich tiefer in meinen Kissenberg und schlief ein.

Ich konnte ja nicht ahnen, dass die Ruhe im Haus nicht lange währen würde.

Kapitel 4

Evie

Ich schrak hoch und schaute mich verwirrt um, wobei ich die Daunendecke fest an meine Brust drückte.

Was war das für ein Lärm?

»Amelia?«

Bestürzt über meine Dummheit schleuderte ich die Decke weg. Nachdem ich mich schon gestern Abend wie eine Figur in einem Horrorfilm aufgeführt hatte, benahm ich mich gerade noch dämlicher. Jeder wusste doch, dass die junge Frau, die halb nackt nach jemandem rief, als Erste starb.

Warmes Morgenlicht sickerte durch die hauchdünnen Vorhänge an meinen Fenstern, während der Krach unten weiterging. Ich streifte einen Morgenmantel über und schlich auf den Flur hinaus, wo ich alles andere als überrascht feststellte, dass Amelia mit weit aufgerissenen Augen und breit grinsend vor heimlicher Freude über den neuerlichen Adrenalinstoß auch soeben aus ihrem Zimmer kam.

»Jetzt geht’s los«, raunte sie mir zu.

Stufe um Stufe stiegen wir auf leisen Sohlen die Treppe hinunter. Kaum dass ich unten angekommen war, flog die Haustür auf und ein schnaubendes Ungetüm stürzte herein. Es war monströs und bewegte sich so schnell, dass ich keine Zeit hatte wegzulaufen. Also warf es mich um und stellte sich mit dem Hintern wackelnd auf meine Brust, während ich schrie wie am Spieß.

»Morgan!«, rief eine männliche Stimme, die den lauten Schritten gefolgt war, und plötzlich war ich wieder frei.

Als ich mich auf die Ellbogen stützte, erblickte ich Amelia, die vor sich hin kicherte, einen riesigen Hund und …

»Was machen Sie denn hier?«, sagten der Mann und ich zeitgleich mit genau der gleichen empörten und überraschten, aber auch neugierigen Betonung.

In der vergangenen Nacht hätte ich ihn beinahe umgebracht. War er etwa in mein Haus eingedrungen, um sich an mir zu rächen?

Amelia gab vor, ans Telefon gehen zu müssen, reichte es mir und setzte sich dann auf die unterste Treppenstufe, um sich die Show anzusehen.

Der Mann verschob den quer über seiner Brust liegenden Riemen einer Kuriertasche, verschränkte die Arme vor der Brust und schaute mich böse an. »Hören Sie, ich weiß nicht, wie Sie hier reingekommen sind, aber wenn Sie jetzt sofort gehen, rufe ich nicht die Polizei.«

Seine Herablassung ließ mich endgültig die Fassung verlieren, die durch die Attacke des sabbernden Ungeheuers namens Morgan ohnehin bereits erschüttert war. »Das könnte ich zu Ihnen ebenfalls sagen.« Unbeholfen rappelte ich mich auf, schlang den Morgenmantel fester um mich und hoffte wider besseres Wissen, dass ich diesem Kerl kein lustiges Schauspiel geboten hatte. »Was macht Ihr Hund in meinem Haus?«

»Netter Versuch, Lady. Zufällig kenne ich die Besitzerin dieses Gebäudes, und das ist …«

»War meine Großtante Ruth, die vor sechs Monaten gestorben ist.« Arrogant hob ich die Augenbrauen und reichte ihm meine Hand. »Eveline McAllister, die letzte lebende Verwandte von Ruth Graywood.«

»Aber Sie sollten sie Evie nennen«, sagte Amelia schmunzelnd von ihrem Treppenplatz her.

Der Mann musterte mich. »Sehr schön. Als hätten Sie diese Info nicht auch im Internet finden können«, erwiderte er spöttisch. »Sie haben ja keine Ahnung, wie viele Geisterjäger ich hier schon vertreiben musste, seit diese Zeitungsartikel erschienen sind.«

»Stimmt. Sie haben mich erwischt.« Wie ein ertapptes Kind schaute ich auf meine Füße, erst dann nahm ich ihn streng ins Visier. »Oh, aber würde ich durch eine Suche im Internet auch den Hausschlüssel bekommen? Oder die Besitzurkunde?« Ich riss meine Handtasche von dem kleinen Tisch in der Nähe der Tür, holte den Schlüssel heraus und steckte ihn ins Schloss. Da der Mann noch immer im Türrahmen stand, kam ich ihm dabei näher, als mir lieb war. Besonders weil ich so spärlich bekleidet war und weil er sich soeben widerrechtlich Zutritt zu meinem Haus verschafft hatte. Dennoch konnte ich mich nicht davon abhalten, in seine sanften schokoladenbraunen Augen zu schauen.

»Ach, wer hätte das gedacht?« Der Mann starrte auf den Schlüssel im Schloss und lachte laut auf. »Es freut mich, dich kennenzulernen, Eveline …«

»Evie.« Amelia stand auf und fasste nach seiner ausgestreckten Hand. »Und ich bin Amelia. Das da ist Morgan und du bist …?«, gurrte sie so freundlich, dass ich sie am liebsten erwürgt hätte.

Dieser Kerl konnte ein Killer sein oder ein Kidnapper oder irgendein verrückter Stalker. Nur weil wir ihn inzwischen zweimal zufällig getroffen hatten – ihn einmal fast überfahren hätten und ihm dann jetzt in meinem Haus begegneten –, war sie bereit, einen Wink des Schicksals darin zu sehen. Wahrscheinlich stellte sie sich bereits vor, wie sie unsere Hochzeit mit Salbei, Vetiver und jeder anderen stinkenden Pflanze, die ewiges Glück verhieß, absegnete.

»Alex Prescott.« Lächelnd schüttelte der Mann ihre Hand. »Ich bin der Nachbar. Morgan tut es sehr leid, dass er ohne Erlaubnis hier eingedrungen ist … Wir … äh … haben euren Wagen in der Einfahrt gesehen und wollten nachsehen, was da los ist.«

Seine dunklen Locken waren genauso attraktiv wie seine braunen Augen. Von da lenkte eine fein geschnittene Nase meine Aufmerksamkeit auf sinnliche Lippen. Der Riemen seiner Tasche presste ein verschlissenes T-Shirt an seine Brustmuskeln, und eine alte Jeans ließ genau das Richtige vom Unterleib sehen.

Großer Gott, war der Mann gut ausgestattet!

Ich blinzelte, während mir das alles im Kopf herumging, dann machte es plötzlich Klick. »Alex Prescott? Wie Alexander Prescott?«

Wie der Autor erstklassiger Thriller, der jedes Mal, wenn er ein neues Buch veröffentlichte, auf der Bestsellerliste der New York Times erschien. Wie der Schriftsteller, der, als ich noch dort studierte, einen Vortrag an der Brown University gehalten hatte, woraufhin ich in meiner glorreichen Unbekümmertheit beschloss, meinen ganzen Mut zusammenzunehmen und nachher mit ihm zu reden. Das wiederum hatte dazu geführt, dass ich praktisch neben ihm hergelaufen war, ihn mit Komplimenten überhäuft und dazu gezwungen hatte, mit mir über das Schreiben zu diskutieren, als wären wir befreundet, während er versuchte, zum Parkplatz zu flüchten.

Damals war ich stolz darauf gewesen, dass ich so tapfer gewesen war, auf einen von mir bewunderten Autor zuzugehen. Aber ich hatte einen Mann vollgelabert, der mir haushoch überlegen war, was mir allerdings erst klar wurde, als er sich in seinen Wagen setzte und wegfuhr. Alex Prescott war so viel besser als ich, und ich brauchte mich nicht mit ihm zu vergleichen. Dennoch hatte ich ihm meine Ansichten zur Schriftstellerei aufgedrängt, obwohl sie völlig unwichtig waren.

An diesem Tag hatte sich die Stimme des Selbstzweifels bei mir eingenistet und mir zugeflüstert, ich sei eine Irre, die Alexander Prescott bis zu seinem Wagen nachgelaufen ist und von der er bestimmt seinen Freunden erzählt, wenn er unangenehme Begegnungen mit seinen Fans schildern will.

Alles, was Drew, nachdem er mich betrogen hatte, über die Lippen gekommen war, hatte diese Stimme wieder flüstern lassen. Inzwischen hörte ich ihre Litanei schon seit Monaten und war davon wie gelähmt.

Alex lächelte schwach, als Morgan sich vor seinen Füßen zu Boden fallen ließ. Dann verrückte er seine Tasche und beäugte die immer noch offene Tür, als könne er es kaum erwarten, wieder zu gehen, nachdem ich ihn erkannt hatte – oder vielleicht er mich. »Ja, genau so. Der bin ich.«