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Fermentierte Lebensmittel gibt es seit der frühesten Vorgeschichte. Sie haben es der Menschheit ermöglicht, die schlimmsten Mangelerscheinungen, Hungersnöte und Epidemien zu überleben. Fermentierte Lebensmittel und Getränke bieten eine Fülle von gesundheitlichen Vorteilen. Tatsächlich verbessert die Fermentation die Verdaulichkeit von Lebensmitteln. Sie macht Mineralien besser verwertbar. Sie zerstört bestimmte schädliche Substanzen. Sie reduziert die Laktose und ermöglicht eine bessere Aufnahme von Gluten. Sie produziert Antiseptika, die uns vor Krankheitserregern schützen. Und vor allem reichert sie die Nahrungsmittel mit Vitaminen, Aminosäuren und Probiotika an, die für das reibungslose Funktionieren unseres Darms und unseres Immunsystems so wertvoll sind.
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Seitenzahl: 99
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MARIE-CLAIRE FRÉDÉRICGUILLAUME STUTIN
Fermentieren leicht gemacht
Hausgemachtes aus dem Glas
Marie-Claire Frédéric & Guillaume Stutin
FERMENTIEREN LEICHT GEMACHT
Hausgemachtes aus dem Glas
HEEL
HEEL Verlag GmbH
Gut Pottscheidt
53639 Königswinter
Tel.: 02223 9230-0
Fax: 02223 9230-13
E-Mail: [email protected]
www.heel-verlag.de
© der deutschen Ausgabe:
2022 HEEL Verlag GmbH
First published as two separate books untitled “Aliments fermentés, aliments santé” and “Boissons fermentées naturelles” by Editions Gallimard, Paris
© 2021, Editions Gallimard, collection Alternatives
ISBN 978-2-07-293245-8
ISBN 978-2-07-293246-5
Design: Bigre! - www.bigre.net
Fotos: IGS
Deutsche Ausgabe:
Übersetzung: Elke H. Lückert, Frankfurt am Main
Satz: gb-s, Königswinter
Coverdesign: Axel Mertens, Königswinter
Lektorat: Peter Diekmann
Projektleitung: Helge Wittkopp
© stock.adobe.com: jchizhe (U1 oben), beats_ (U1 unten)
Alle Rechte, auch die des Nachdrucks, der Wiedergabe in jeder Form und der Übersetzung in andere Sprachen, behält sich der Herausgeber vor. Es ist ohne schriftliche Genehmigung nicht erlaubt, das Buch und Teile daraus auf fotomechanischem Weg zu vervielfältigen oder unter Verwendung elektronischer bzw. mechanischer Systeme zu speichern, systematisch auszuwerten oder zu verbreiten.
Die Rezepte wurden nach bestem Wissen und Gewissen verfasst. Weder der Verlag noch der Autor tragen die Verantwortung für ungewollte Reaktionen oder Beeinträchtigungen, die aus der Verarbeitung der Zutaten entstehen.
– Alle Angaben ohne Gewähr –
– Alle Rechte vorbehalten –
Printed in Slovakia
ISBN 978-3-96664-530-0
eISBN: 978-3-96664-558-4
Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG
1 GEBRAUCHSANWEISUNG FERMENTATION VON LEBENSMITTELN
Warum fermentieren wir?
Ist es kompliziert?
Ist es gefährlich?
Ist es mit einer salzfreien Diät vereinbar?
Die notwendigen Arbeitsmittel
Die große Familie der Fermente
Die Rohmaterialien
Die unerlässlichen Vorsichtsmaßnahmen
Zeit und Temperatur der Fermentation
Legen Sie einfach los!
2 GEMÜSE
Fermentieren von Gemüse
Koreanischer Kimchi
Sauerkraut & Co.
Saurer Coleslaw
Butternut-Kürbis mit Salbei
Spinat mit Zitrone
3 SAUCEN UND GEWÜRZE
Sauce mit roten Chilis nach Louisiana-Art
Senf nach traditioneller Art
Probiotischer Ketchup
Ananas-Limetten-Chutney
4 MILCHPRODUKTE
Joghurt nach bulgarischer Art
Hüttenkäse
Ricotta oder Sérac
Hausgemachter Mozzarella
5 GEBRAUCHSANWEISUNG FERMENTATION VON GETRÄNKEN
Warum sollte man seine selbstgemachten Getränke fermentieren?
Die unerlässlichen Vorsichtsmaßnahmen für alle Getränke
6 TRADITIONELLE GETRÄNKE
Indian Tonic mit Kurkuma
Champagner aus Holunder
Mexikanischer Tepache
Limonade aus Lindenblüten
Sprudelnde Orange
7 LIMONADEN AUF DER BASIS VON INGWER-SAUERTEIG
Ginger Bug oder Ingwer-Sauerteig
Ginger Ale
Spritzige Apfelschorle
Indian Tonic
8 KOMBUCHA
Kombucha Natur mit Tee
Kombucha mit Cranberry-Saft
Kombucha mit Kaffee
Kombucha mit Kakao und Kirschen
9 ANHÄNGE
Probleme und Lösungen
Einleitung
Die Menschheit hat sich mit der Anwendung der Fermentation entwickelt. Als sie sich noch nicht von der übrigen Tierwelt unterschied, war die einzige Möglichkeit, Nahrung zu verarbeiten, sie zu essen. Doch schon sehr früh war die Fermentation für die Menschen selbstverständlich: Durch Zufall entdeckten sie, dass Lebensmittel, die in einer Grube unter Luftabschluss gelagert wurden, sehr lange haltbar waren. Diese auf wundersame Weise konservierten Vorräte schmeckten besser und retteten die Menschen in den harten Wintermonaten vor dem Verhungern. Diejenigen, die sie aßen, wurden weniger häufig krank und lebten länger als diejenigen, die sie nicht aßen. Es dauerte nicht lange, bis diese Nahrungsmittel heilig und magisch wurden und in allen Zivilisationen rund um den Globus eine kulturelle Bedeutung erlangten. Was mich faszinierte, als ich die Welt der Fermentation entdeckte, war ihre absolute Universalität, die von ihrem langen Bestehen zeugt.
Die Geschichte der Fermentation zu entdecken, war schon fesselnd genug. Die Suche nach den lebendigen Spuren in unserer zunehmend sterilen Welt war ein noch packenderes Abenteuer. Was für eine Belohnung, Methoden und Rezepte auf allen Kontinenten zu finden! Ich hoffe, dass die in diesem Buch dargestellten die Leser genauso auf Reisen schicken werden, wie sie mich auf Reisen geschickt haben.
Fermentierte Lebensmittel sind von unendlicher Vielfalt. Die Fermentation betrifft alle Kategorien: Pflanzen, Fleisch, Fisch und Milchprodukte. Da dieses Buch auch für Leser zugänglich sein soll, die noch nie fermentiert haben, habe ich mich ausschließlich auf Gemüse, Getreide und Milchprodukte konzentriert, da diese am einfachsten zu fermentieren sind und sofort gute Ergebnisse liefern.
Viele der Anweisungen werden Sie überraschen. Um zu fermentieren, muss man alles vergessen, was man gelernt hat: Zunächst einmal darf man Mikroben und Schimmelpilze gegenüber nicht abgeneigt sein, denn die meisten von ihnen sind nützlich. Und vor allem muss man sich Zeit nehmen, im Gegensatz zu den Anweisungen unserer heutigen Welt, in der alles schnell gehen muss. Zeit ist eine eigenständige Zutat bei der Fermentation. Normalerweise achten wir auf das Verfallsdatum eines Lebensmittels, um es zu verzehren, bevor es verdorben ist. Hier ist es umgekehrt: Man wartet auf das Datum, bis zu dem das Lebensmittel seine volle Wirkung entfaltet hat, und erst dann verkostet man es. Lassen wir die Langsamkeit hochleben, fermentieren wir!
Fermentationvon Lebensmitteln
Wenn man von „fermentierten (gegorenen) Getränken“ spricht, denkt man meist an solche, die wie Wein, Bier oder Apfelwein alkoholisch sind. Oft ist nicht bekannt, dass auch Rohprodukte wie Tee, Kaffee und Schokolade nach dem Pflücken und vor dem Rösten oder Trocknen eine oder mehrere Fermentationen durchlaufen. Auch viele andere alkoholfreie Getränke, die im angelsächsischen Sprachraum als Softdrinks bezeichnet werden - Limonade, Soda & Co. - wurden durch Fermentation hergestellt, was heute nicht mehr der Fall ist.
Diese mehr oder weniger sprudelnden Softdrinks, die heute im Handel erhältlich sind, werden nämlich chemisch mit Kohlensäure versetzt und mit Zucker, synthetischen Aromen und allerlei Zusatzstoffen vollgestopft. Zu Recht haben sie nicht den Ruf, gesund zu sein, und einige von ihnen sollten die Welt erobern, indem sie die viel gesünderen und schmackhafteren lokalen Zubereitungen verdrängen, die seit Langem traditionell hergestellt wurden. Diese traditionellen Getränke jedoch können uns wirklich glücklich machen: Sie sind nicht nur köstlich und enthalten viel weniger Zucker als ihre industriell gefertigten Geschwister, sondern haben durch die Fermentation auch viele gesundheitliche Vorteile.
Ein fermentiertes Getränk ist eine zuckerhaltige Flüssigkeit (Fruchtsaft, Sirup, Baumharz, Honigmischung usw.), die von Mikroorganismen - mikroskopisch kleinen Bakterien, Hefen oder Schimmelpilzen - umgewandelt wurde. Diese Organismen vermehren sich, wenn sie an die Luft kommen. Wenn man sie jedoch anaeroben Bedingungen (Sauerstoffmangel) aussetzt, stresst sie das und sie beginnen, sich zur Wehr zu setzen und Enzyme zu bilden, die den Zucker und andere Nährstoffe aus der Materie, in der sie sich befinden, „aufbrechen“ und in andere Substanzen umwandeln, die für unsere Organismen nützlich sind: Enzyme, Vitamine, organische Säuren, Probiotika und manchmal auch Alkohol - das erste Medikament, das als solches bekannt wurde.
Fermentationvon Lebensmitteln
Der Ursprung der Sprudelgetränke
Das erste Ergebnis der Fermentation ist das Sprudeln, lange bevor Alkohol oder etwas anderes hergestellt werden kann. Das Wort „fermentieren“ leitet sich vom lateinischen fervere ab, was so viel wie kochen bedeutet. Eine fermentierende Flüssigkeit sieht aus wie eine Kochende: Sie wirft Blasen. Unsere prähistorischen Vorfahren, die den ersten Met, den ersten Wein oder das erste Bier getrunken haben, haben auch ein sprudelndes Getränk geschätzt. Und die Vorliebe für die Frische dieser kleinen Explosionen im Mund hat in der Folgezeit nie nachgelassen. Das Problem, das in der Vergangenheit auftrat, war das der Haltbarkeit der Bläschen. Denn vor der Erfindung des Fasses und der Flasche gab es keine Möglichkeit, den Druck im Inneren eines Behälters aufrechtzuerhalten. Die Bläschen entwichen so schnell wie sie in Erscheinung getreten waren: Man musste die Zubereitungen trinken, sobald sie fertig waren, um das Sprudeln zu genießen.
Bei Mineralwasser mit natürlicher Kohlensäure aus Quellen, die es überall auf der Welt gibt, treten solche Probleme nicht auf. Ein ganz spezielles Mineralwasser erlebte in Europa einen besonderen Aufschwung.
Es handelte sich um das Selterswasser aus der deutschen Stadt Selters, welches die Römer Aqua Saltare („tanzendes Wasser“) nannten. Dieses stark medizinisch genutzte Thermalwasser galt als Heilmittel für eine Vielzahl von Beschwerden, die auf den Verdauungstrakt zurückzuführen waren. Während der Cholera-Epidemie, die 1832 in Paris ausbrach, wirkte es Wunder und verdiente sich dabei goldene Lorbeeren. Aber es war ein teures Wasser, das in Flaschen aus Deutschland transportiert werden musste - ein Luxus, den sich nur die Reichsten leisten konnten. Man stellte also eine Art Ersatz her: Wasser, das künstlich mit Kohlensäure versetzt und in einem Siphon unter Druck gehalten wurde. Der Erfolg stellte sich sofort ein und war allgegenwärtig.
Das Sodawasser im Siphon wurde später von einem sprudelnden, zuckerhaltigen Getränk verdrängt, das in Flaschen mit Gummidichtung verkauft wurde, die dem Druck standhielten: Soda. Diese Bezeichnung leitet sich vom englischen Wort soda water ab, das Anfang des 19. Jahrhunderts in Frankreich in einem Apothekenblatt auftauchte und ein Getränk bezeichnete, das durch die Zugabe von Natron (Natron heißt auf Englisch soda) und Weinsäure mit Kohlensäure versetzt wurde und dem man Johannisbeer- oder anderen Fruchtsirup hinzufügte. Alle handelsüblichen zuckerhaltigen Getränke werden mit derselben Technik mit Kohlensäure versetzt, die weder gut noch schlecht ist, wohingegen die Fermentation enorm viele Vorteile mit sich bringt.
Eine umweltfreundliche und kostengünstige Art der Konservierung
Die Fermentation wurde bereits in prähistorischen Zeiten zur Konservierung von Lebensmitteln eingesetzt. Milch ist nur wenige Tage haltbar, Käse hingegen kann Monate und sogar Jahre aufbewahrt werden. Frisches Fleisch und Fisch sind nur kurze Zeit genießbar, vor allem in Regionen mit warmem Klima. Aber Wurst, getrockneter Schinken, gesalzener oder getrockneter Fisch sind viel länger haltbar, und zwar außerhalb des Kühlschranks. Dasselbe gilt für frisches Obst und Gemüse, das leicht verderblich ist, während Sauerkraut und Essiggurken jahrelang haltbar sind.
Durch Fermentation konnten die Menschen Vorräte anlegen, um in schlechten Zeiten zu überleben. Das Fermentieren eines Lebensmittels verhindert, dass es verfault und verdirbt. Dadurch ist es selbst bei Raumtemperatur über sehr lange Zeiträume hinweg haltbar.
Die Fermentation ist also ein Mittel, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden. Wenn man zu viele Karotten gekauft hat, um sie sofort zu verbrauchen, kann man sie einfach in einem Glas mit Salz und Wasser gären lassen, um sie später zu servieren und einen köstlichen, mit Vitaminen angereicherten Salat daraus zu machen (beim Einfrieren fehlt diese Bereicherung).
Die Erfindung der Pasteurisierung, die damit einhergehende Sterilisation und das Aufkommen der Tiefkühltruhen haben der ungeteilten Herrschaft der Fermentation ein Ende gesetzt. Und das ist sehr bedauerlich. Denn die Fermentation bietet gegenüber anderen Konservierungstechniken eine Reihe von Vorteilen, die nicht zu unterschätzen sind. So benötigt sie keinerlei Energie: Man muss nicht heizen, um zu sterilisieren, man braucht keinen Strom, um eine Gefriertruhe auf Minustemperaturen zu halten, und man braucht nicht einmal einen Kühlschrank.
Die Fermentation wurde etwa zehntausend Jahre vor Kühlschränken und anderen industriellen Verfahren erfunden! Früher hatte man Keller oder Vorratskammern, in denen man Lebensmittel lagerte, aber die Krüge mit den Fermentierungen wurden auch draußen in den Hinterhöfen der Häuser aufgestellt. Die Haltbarkeit war auf jeden Fall gewährleistet, selbst in heißen Ländern. Die Fermentation ist daher die kostengünstigste und umweltfreundlichste Art, Lebensmittel zu verarbeiten und zu konservieren, um einer Verschwendung entgegenzuwirken.
Vielfältige Vorteile für die Gesundheit
Mikroben, Bakterien und Hefepilze sind in unserem Universum allgegenwärtig. Sie werden als die ersten Lebensformen auf der Erde betrachtet und wahrscheinlich auch die letzten sein. Unser Körper wird von vielen von ihnen bewohnt, und die meisten von ihnen sind äußerst nützlich. Sie sind sogar unentbehrlich, damit wir überleben können.
Wissenschaftler nennen sie in ihrer Gesamtheit „die Mikrobiota“. Sie besteht aus Millionen von Bakterien, die zehn Mal so zahlreich sind wie unsere Körperzellen und etwa zwei Kilogramm unseres Körpergewichts ausmachen. Die Mikrobiota spielt eine wichtige Rolle für unsere körperliche und seelische Gesundheit. Ein Ungleichgewicht führt zu einer Vielzahl von Krankheiten. Die Bakterien, aus denen sie besteht, spielen eine wichtige Rolle in unserem Immunsystem. Sie verteidigen uns an vorderster Front gegen Krankheitserreger und sagen unseren zellulären Immunsystemen, wann und wo sie eingreifen müssen.
Wir werden ständig von Krankheitserregern angegriffen, aber die meiste Zeit sind wir uns dessen nicht bewusst, weil die Mikrobiota gut funktioniert. Nur wenn unsere körpereigenen Bakterien bei der Bekämpfung von Viren und pathogenen Mikroben versagen, treten unsere weißen Blutkörperchen in den Krieg ein. Ist die Mikrobiota schwach, werden wir krank.
Eine Zufuhr von Bakterien, welche die Mikrobiota bereichert und diversifiziert, ist entgegen der landläufigen Meinung auch nach dem Kochen wirksam, da unser Immunsystem aktiviert und auch trainiert wird, wenn es auf die Hüllen toter Bakterien trifft.