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Sie ist die lang verschollene Schwester eines argentinischen Milliardärs! Plötzlich darf die freiheitsliebende Beth keinen Schritt mehr ohne den Bodyguard Raphael Cordoba machen. Eine Qual! Denn Raphael ist so arrogant wie attraktiv - und weckt verbotenes Verlangen in ihr …
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Seitenzahl: 171
IMPRESSUM
Feurige Nächte in Argentinien erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg
© 2013 by Carole Mortimer Originaltitel: „A Touch of Notoriety“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRABand 17 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Jeannette Bauroth
Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format in 08/2022.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783751515405
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
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„Pardon, Señorita?“
Beth sah lächelnd zu dem attraktiven jungen Mann hoch. Bis vor ein paar Sekunden hatte er noch am Nachbartisch des Straßencafés in Buenos Aires gesessen und ihr bewundernde Blicke zugeworfen.
Bevor sie jedoch antworten konnte, nahm sie aus den Augenwinkeln bereits einen anderen Mann wahr. Er näherte sich ihrem Tisch mit einer Schnelligkeit und Behändigkeit, die man ihm bei seiner Größe und der muskulösen Statur gar nicht zugetraut hätte. Zwei Sekunden später hatte er dem jungen Mann vor ihrem Tisch bereits den Arm auf den Rücken gedreht und ihn somit völlig wehrlos gemacht.
„Raphael!“, protestierte Beth peinlich berührt und sprang auf. Sie war groß, schlank und trug ein schwarzes T-Shirt, Jeans sowie eine braune Lederjacke.
Raphael würdigte sie keines Blickes. „Hauen Sie ab!“, befahl er dem erschrockenen Mann in barschem Ton, lockerte seinen Griff jedoch nicht.
„Sie sind derjenige, der abhauen sollte!“ Beth war außer sich vor Wut. Da hatte sie nun geglaubt, ihm entwischt zu sein … Sie hätte wissen müssen, dass Raphael Cordoba sie aufspüren und ihr die wenigen ruhigen Minuten in Freiheit verderben würde.
„Werden Sie von diesem Mann belästigt?“ Der junge Argentinier sprach mit starkem Akzent. Tapfer widerstand er dem Zorn seines Angreifers.
Wurde sie von Raphael Cordoba belästigt?
Er machte ihr jedenfalls schon seit ihrer ersten Begegnung zu schaffen, und das nicht nur, weil er sie auf Schritt und Tritt verfolgte.
Er war fast zwei Meter groß, hatte dunkle Haare, die sein markantes Gesicht umrahmten, das von zwei strahlend blauen Augen dominiert wurde. Jedes männliche Model würde ihn um die breiten Schultern und den schlanken, durchtrainierten Körper beneiden, den nicht einmal die dreiteiligen Anzüge verbergen konnten, die Raphael normalerweise trug. Mit seinen dreiunddreißig Jahren strahlte der ehemalige Soldat Kraft und Furchtlosigkeit aus.
„Ich wollte nur mit Ihnen reden“, sagte der junge Mann irritiert zu Beth.
„Ich weiß.“ Sie sah Raphael strafend an.
„Sind Sie bei diesem Mann sicher?“, hakte der Argentinier erneut nach.
„Sicherer als bei Ihnen, Sie …“
„Raphael, bitte!“ Beth bewunderte den Mut des jungen Mannes angesichts Raphaels drohenden Verhaltens. „Es ist … kompliziert“, erklärte sie entschuldigend. „Er wird mir nicht wehtun.“
„Wirklich?“
„Ja, wirklich“, antworte Raphael grimmig auf die Frage des Mannes. Sie wusste, dass in seinen Augen hinter der verspiegelten Sonnenbrille ein gefährlicher Ausdruck stand.
Beth war sich dennoch völlig sicher, dass ihr Raphael Cordoba nichts antun würde. Ganz im Gegenteil, denn er war ihr Bodyguard. Cesar Navarro hatte ihn zu ihrem Schutz abgestellt.
Genauer gesagt, zum Schutz von Gabriela Navarro – der jungen Frau, für die Beth von allen gehalten wurde.
Nur sie selbst glaubte das nicht.
Noch vor einer Woche hatte sie in England ein ganz normales Leben geführt. Sie hatte in einem Londoner Verlag gearbeitet und sich lediglich Sorgen um ihre Schwester Grace gemacht. Die war mit ihrem neuen Boss, dem atemberaubend attraktiven Milliardär Cesar Navarro, übers Wochenende nach Argentinien geflogen. Nichts hatte Beth darauf vorbereitet, welche drastischen Auswirkungen dieser Besuch auf ihr eigenes Leben haben würde!
Doch nur ein paar Tage später war sie selbst auch in Argentinien. Die Bluttests hatten bis auf Beth selbst alle davon überzeugt, dass sie Gabriela war, die Tochter von Carlos und Esther Navarro, die man vor zweiundzwanzig Jahren als Kind entführt hatte. Beth weigerte sich jedoch so lange, das zu glauben, bis die Nachforschungen von Cesar Navarro – ihrem vermeintlichen Bruder – weitere Beweise ergeben hatten.
Währenddessen überwachte Raphael Cordoba, der zuvor der persönliche Bodyguard von Cesar Navarro gewesen war, jeden ihrer Schritte. Scheinbar gehörte dazu auch, attraktive junge Männer einzuschüchtern, die nur mit ihr hatten reden wollen.
„Lassen Sie ihn los, Raphael“, verlangte Beth. „Ich wollte sowieso gerade gehen. Ich glaube, mir ist die Milch in meinem Kaffee sauer geworden.“ Sie holte ein paar Scheine aus ihrer Handtasche und legte sie auf den Tisch. Dann wandte sie sich ab, ohne auch nur einem der beiden Männer noch einen Blick zu gönnen.
Sosehr sie Carlos und Esther Navarro während der letzten Tage auch schätzen gelernt hatte, so sehr war sie davon überzeugt, dass es sich bei allem um ein Missverständnis handeln musste. Ihre echten Eltern, James und Carla Lawrence, hatten sie geliebt. Auch ihre Adoptiveltern, die Blakes, hatten sie geliebt. Und jetzt sollte sie akzeptieren, dass sie in Wirklichkeit weder Elizabeth Lawrence noch Beth Blake, sondern jemand völlig anderes war? Das konnte man nicht von ihr erwarten.
Aber trotz ihres lautstarken Protests dachte sie viel und oft über diese Sache nach.
Um die Sache noch weiter zu verkomplizieren, würde ihre Adoptivschwester Grace nächsten Monat Cesar Navarro heiraten. Beth freute sich für sie, weil es offensichtlich war, dass Grace den attraktiven Argentinier aufrichtig liebte. Und diese Liebe wurde von dem ansonsten kühl wirkenden Mann leidenschaftlich erwidert. Dennoch gab die Situation Beth das Gefühl, in der Falle zu sitzen. Sie hätte nichts lieber getan, als ihre Tasche zu packen und nach England zurückzufliegen, um zu vergessen, dass es die Familie Navarro überhaupt gab.
Was natürlich unmöglich war.
Wenigstens musste sie sich keine Gedanken darum machen, ob sie Raphael Cordobas Gefühle verletzte. „Können Sie nicht einfach verschwinden?“, schleuderte sie ihm entgegen, als sie ihn mit langen Schritten näher kommen hörte.
Stattdessen holte er sie ein und ging nun neben ihr her. „Es war sehr töricht von Ihnen, sich so aus Cesars Apartment wegzuschleichen.“
Sein tadelnder Ton ließ Beth zusammenzucken. „Ich hatte das Gefühl, langsam zu ersticken.“
„Trotzdem hätten Sie das Esther nicht antun dürfen.“
Wie machte er das bloß? Immer wusste er ganz genau, was er sagen musste, damit sie sich schuldig fühlte.
Denn ganz egal, wie unerträglich ihr die momentane Situation auch erschien, sie wollte keinesfalls Esther und Carlos Navarro verletzen, die schon so viel hatten ertragen müssen. Nachdem ihre kleine Tochter damals spurlos verschwunden war, hielten sie durch, bis ihr Sohn Cesar an der Universität angenommen wurde. Dann jedoch trennten sie sich trotz ihrer Liebe zueinander. Die Trauer über die verlorene Tochter hatte zu schmerzhaft zwischen ihnen gestanden.
Und jetzt waren sie davon überzeugt, in Beth diese verlorene Tochter wiedergefunden zu haben.
Obwohl sie sich weigerte, das zu akzeptieren, war sie sich – genau wie Raphael – durchaus bewusst, welche Auswirkungen ihr Erscheinen hier auf die beiden älteren Navarros gehabt hatte. Esther war nach der Trennung zurück in die USA gegangen, wo sie aufgewachsen war. Carlos dagegen blieb in Buenos Aires. Jetzt teilten sich die beiden jedoch wieder ein Schlafzimmer in Cesars Apartment.
Beth seufzte. „Es tut mir leid, okay? Ich habe einfach mal ein bisschen Zeit allein gebraucht.“
Raphael konnte mühelos die Emotionen lesen, die sich in ihrem ausdrucksvollen und wunderschönen Gesicht spiegelten. Bis zu einem gewissen Punkt verstand er ihre Verwirrung sogar. Da er seit frühester Kindheit mit Cesar befreundet war, wusste er genau, wie wichtig diese junge Frau für die Navarros war. Er liebte sie alle – den ruhigen und beständigen Carlos, die warmherzige und liebevolle Esther und den kühlen und distanzierten Cesar. Sie hatten Raphael aufgenommen, nachdem dieser vor vielen Jahren das Anwesen seines Vaters hatte verlassen müssen.
Ob nun die eigensinnige und unabhängige Beth ihre neue Identität akzeptierte oder nicht – Raphael würde dafür sorgen, dass sie unter seiner Obhut sicher war. Und das umfasste alle vierundzwanzig Stunden ihres Tages.
„Gabriela …“
„Mein Name ist Beth, verdammt noch mal!“ Auf ihren Wangen zeigten sich rote Flecken, die Augen blitzten wütend.
Dabei waren diese Wangen normalerweise zart und hell und ihre Augen schokoladenbraun. Ihr Mund war sanft geschwungen, und diese langen, seidigen Haare … Raphael kannte nur eine einzige andere Frau mit solchen Haaren, die alle Schattierungen von Gold- bis zu Platinblond enthielten, und das war Esther Navarro.
Er zuckte mit den breiten Schultern. „Für mich sind Sie jetzt Gabriela Navarro.“ Da sie bei ihrer Entführung erst zwei Jahre alt gewesen war, erinnerte sich Gabriela natürlich genauso wenig an Raphael wie an die Navarros. Er konnte sich allerdings noch gut an sie erinnern, da er bereits damals schon viel Zeit mit Cesars Familie verbracht hatte. Gabriela war immer Cesars geliebte kleine Schwester gewesen, ein kleiner Engel mit goldenen Haaren. Die beiden älteren Jungen hatten sie liebevoll verwöhnt.
Momentan sah Beth Blake jedoch gar nicht aus wie ein Engel. „Zum Glück ist es mir aber ganz egal, für wen Sie mich halten.“
„Ich halte Sie nicht nur für Gabriela, sondern es wurde medizinisch bewiesen, dass Sie Gabriela Navarro sind. Und glücklicherweise ist es mir genauso egal, was Sie von mir halten.“ Raphael lächelte spöttisch. Er wusste ganz genau, das würde Beth ärgern.
Sie enttäuschte ihn nicht. „Sie wollen ganz sicher nicht wissen, was ich von Ihnen halte, Raphael.“
Als Bodyguard mochte sie vielleicht nichts von ihm halten, aber als Mann? Er hatte sehr wohl bemerkt, welche sinnlichen Blicke sie ihm unter ihren langen, dunklen Wimpern zuwarf, wenn sie glaubte, er sähe es nicht. Sie nahm ihn durchaus als Mann wahr. Aber Raphael war entschlossen, seinen Status als Beschützer nicht zu vergessen. Angesichts ihres verführerischen Hüftschwungs war das nicht ganz einfach. Alles andere würde jedoch nur ihre Sicherheit gefährden.
„Wollen wir zurück zum Apartment gehen?“
Sie schaute ihn resigniert an. „Warum fragen Sie mich überhaupt, wo wir doch zurückgehen werden, ob ich will oder nicht?“
„Und warum kämpfen Sie ständig gegen Ihr Schicksal an?“
„Vielleicht weil ich es nicht für mein Schicksal halte?“
„Grace scheint keine Schwierigkeiten zu haben, die Navarros als ihre neue Familie zu akzeptieren.“
Beth seufzte. „Bei Grace ist das anders. Sie hat sich bewusst dafür entschieden, ein Mitglied der Familie zu werden. Ihre Liebe zu Cesar ist der Grund, sich seinem Lebensstil anzupassen.“
„Aber Sie verspüren nicht genug Liebe für Cesar und Ihre Eltern, um das Gleiche zu versuchen?“
Der missbilligende Ton in Raphaels Frage war nicht zu überhören. Den gleichen missbilligenden Ausdruck würde sie gewiss auch in seinen Augen sehen, wenn er endlich einmal diese verdammte Sonnenbrille abnähme. „Sie drehen mir das Wort im Mund herum“, murmelte sie. „Wie soll ich denn drei Menschen lieben können, von deren Existenz ich noch vor ein paar Wochen gar nichts wusste?“ Und genau darum hatte Beth keine Ahnung, wie sie mit der neuen Situation umgehen sollte.
Sie wünschte, sie könnte sich daran erinnern, dass Carlos und Esther ihre Eltern waren, oder an den anmaßenden Cesar als ihren Bruder, aber sie alle waren Beth fremd.
Das würde sich mit der Zeit bestimmt ändern, hatten ihr die beiden älteren Navarros versichert. Und offenbar erwarteten sie, dass Beth diese Zeit hier in Argentinien verbrachte, um sie alle besser kennenzulernen.
„Ich hatte bereits zwei Elternpaare, die ich sehr geliebt habe. Jetzt noch ein drittes – das ist ein bisschen viel.“
Raphaels Augen verengten sich. „Der Unterschied ist, diesmal sind es Ihre leiblichen Eltern.“
„Warum versteht denn niemand, dass ich das einfach nicht akzeptieren kann?“ Ihre Augen wurden fast so schwarz wie Cesars, wenn er wütend oder verärgert war. „Und warum ich nach England zurückmuss.“
„Jeder versucht, Sie zu verstehen.“ Raphael biss sich auf die Zunge, um weitere Vorwürfe zu verhindern. Ein Streit mit der Person, die er eigentlich schützen sollte, würde nicht gerade zum Aufbau eines Vertrauensverhältnisses beitragen. Beth Blake vertraute ihm sowieso nicht. Darüber musste er unbedingt mit Cesar sprechen. „Wenn Sie schon nicht für die Navarros in Argentinien bleiben wollen, dann tun Sie es für Grace. Sie bereitet doch gerade ihre Hochzeit vor.“
„Jetzt greifen Sie aber ganz schön tief in die Trickkiste. Wenn sonst nichts mehr nützt, versuchen Sie mir einzureden, ich wäre eine schlechte Schwester?“
Er lächelte ungerührt. „Funktioniert es?“
„Natürlich.“
Ihr niedergeschlagener Gesichtsausdruck ließ Raphael nicht kalt. „Wenn es Sie tröstet, Grace hat sich anfangs auch ständig mit Cesar gestritten.“
Überrascht blickte Beth ihn an. „Und was wollen Sie mir damit sagen?“
In diesem Moment sah sie ihrem älteren Bruder so ähnlich, dass Raphael Mühe hatte, ein Lachen zu unterdrücken. Und da behauptete sie beharrlich, sie könne gar nicht mit den Navarros verwandt sein!
„Ich meine damit, dass die Navarros keine schlechten Menschen sein können, wenn Grace so schnell gelernt hat, sie zu lieben.“
Beth neigte den Kopf und musterte ihn. „Sie mögen meine große Schwester …“, stellte sie schließlich fest.
„Ja“, gab Raphael zu, ohne zu zögern. Grace Blake war genauso resolut und geradeheraus wie ihre Adoptivschwester und somit zweifellos die perfekte Partnerin für den oft unnahbaren Cesar.
Beth lächelte spöttisch. „Dann gibt es vielleicht doch noch Hoffnung für Sie, Raphael.“
Er sah sie fragend an. „Wie meinen Sie das?“
„Vielleicht sind Sie ja doch nicht so ein emotionsloser Roboter, wie ich dachte.“
Raphael erkannte die beabsichtigte Beleidigung und zog scharf den Atem ein. „Gehen Sie nicht zu weit, Gabriela.“
„Sonst?“ Beth zog es vor, die zweifellos bewusste Verwendung des Namens zu ignorieren.
„Sonst muss ich Ihnen beweisen, dass ich kein emotionsloser Roboter bin.“
Beth sah ihn an und wünschte sich nicht zum ersten Mal an diesem Tag, seine durchdringenden Augen wären nicht hinter dieser Sonnenbrille verborgen.
„Soll mich das jetzt einschüchtern?“, fragte sie leichthin.
Jetzt konnte sie seinen intensiven Blick beinahe durch die Brillengläser spüren. „Es gibt viel angenehmere Arten, sich eine ungehorsame Frau gefügig zu machen, als durch Angst.“
Ein Schauer durchlief sie. Das war keine Angst, das war Erregung …
Und genau hier lag auch der Grund, warum sie diesen Mann ständig herausfordern musste. Noch nie war sie sich eines Mannes körperlich so bewusst gewesen wie bei Raphael Cordoba. Dieses arrogante, gute Aussehen. Der muskulöse Körper unter den maßgeschneiderten Designeranzügen. Sogar schon sein Duft nach Sandelholz, Zitrone und Mann reichte aus, um alle ihre Sinne in Alarmbereitschaft zu versetzen. Kein angenehmes Gefühl für eine Frau, die sich im Umgang mit dem anderen Geschlecht bisher immer für kühl und beherrscht gehalten hatte.
„Sich eine ungehorsame Frau gefügig machen?“ Beth warf ihm einen höhnischen Blick zu. „Gesprochen wie ein echter Neandertaler.“
„Ich versichere Ihnen, bisher hatte keine Frau einen Grund, sich über meine … Methoden zu beschweren.“
Da war sich Beth sicher. Der Mann war der Inbegriff der Verführung. Allerdings wollte sie nichts über die anderen Frauen in seinem Leben hören.
Wortlos drehte sie sich um und ging in die Richtung von Cesars Apartment.
Die ganze Zeit über war sie sich bewusst, dass Raphael ihr folgte.
Das Prickeln entlang ihrer Wirbelsäule sagte ihr auch, dass der durchdringende Blick aus diesen blauen Augen genau auf den Schwung ihrer Hüfte und ihren Po gerichtet war, während sie vor ihm herging …
„Aber …“
„Ich denke, wir sollten Gab… Beth nach England zurückreisen lassen, wenn das ihr Wunsch ist“, unterbrach Cesar sanft seine Mutter. Diese hatte protestieren wollen, als Beth sie alle daran erinnerte, dass morgen ihr Flug nach England ging.
Seine Unterstützung überraschte Beth – sie war sich sicher gewesen, er würde ihrem Wunsch genauso ablehnend gegenüberstehen wie offensichtlich seine Eltern. Vielleicht hatte Grace doch einen guten Einfluss auf ihn.
Sie lächelte ihn dankbar an. „Danke, Cesar.“
Er nickte. „Raphael wird dich natürlich begleiten.“
Vielleicht war sie mit ihrer Dankbarkeit doch ein wenig voreilig gewesen. „Das glaube ich nicht …“
„Und natürlich fliegst du in meinem Privatjet.“
„Schluss jetzt damit!“ Allein beim Gedanken an den Bodyguard und einen Privatjet sträubten sich ihr die Haare. Verschlimmert wurde das Ganze nur noch durch Raphaels spöttisches Lächeln. Obwohl er an der Tür stand, um den Flur zu bewachen, lauschte er offensichtlich dem Gespräch. „Ich habe bereits ein Flugticket.“
„Carlos!“ Esther wandte sich hilfesuchend an ihren Mann.
„Vielleicht ist es besser, wenn du Cesars Angebot annimmst“, schlug Carlos Navarro vor.
„Tut mir leid, aber das möchte ich nicht.“ Beth sah ihn entschuldigend an. „Und ganz bestimmt werde ich nicht zulassen, dass Raphael mich begleitet.“
„Beth, sei doch vernünftig“, wurde sie leise, aber bestimmt von Grace unterbrochen, die ihr sanft über die Hand strich.
„Ich bin vernünftig.“ Beth wusste, dass sie zweifellos eher kindisch wirkte. „Nur die Menschen an diesem Tisch wissen, dass ihr mich alle für Gabriela haltet. Und Raphael.“ Sie warf ihm einen ungeduldigen Blick zu, als sie sah, dass das spöttische Lächeln inzwischen einem Grinsen gewichen war.
„Wir wissen, dass du Gabriela bist.“ Esther lächelte sie warm an.
Beth musste schwer schlucken, als sie die bedingungslose Liebe in den Augen der älteren Frau erkannte. „Wie ihr ja wisst, habe ich Schwierigkeiten, das zu akzeptieren.“ Sie starrte auf den Tisch und vermied es, die anderen anzusehen. Sie wusste, was sie sehen würde: Hoffnung in den Augen von Carlos und Esther, Missbilligung in denen von Cesar, Verständnis bei Grace und Spott bei Raphael. „Bis Cesar nicht weitere Beweise vorlegen kann, bin ich immer noch Beth Blake. Und Beth Blake hat in England einen Job, zu dem sie zurückkehren muss.“
Cesar starrte finster vor sich hin. „Ich habe angenommen, dass du lediglich nach England zurückkehrst, um dein Haus dort zu verkaufen und zu kündigen, ehe du wieder hierher zurückkommst.“
„Wie kommst du denn auf diese Idee? Ich habe viele Jahre studiert und eine Arbeit gefunden, die mir gefällt. Warum sollte ich das aufgeben?“
„Vielleicht weil du Gabriela Navarro bist und es nicht nötig hast zu arbeiten?“
„Selbst wenn ihr zweifelsfrei beweisen könntet, dass ich Gabriela bin …“
„Das haben wir doch bereits getan.“
„Selbst dann weigere ich mich, hier herumzusitzen wie ein verwöhnter Pudel …“ Beth hörte ein unterdrücktes Lachen von der Tür her. Sie warf Raphael einen argwöhnischen Blick zu. Doch seine Miene verriet nichts über seine Gedanken. Stirnrunzelnd wandte sie sich wieder an Cesar. „Man hat mich nicht dazu erzogen, herumzusitzen und mir die Fußnägel zu lackieren …“
„Ein ‚verwöhnter Pudel‘ muss sich ja auch nicht die Fußnägel lackieren“, entgegnete Cesar hitzig.
„Das bringt uns nicht weiter“, schaltete sich Grace sanft ein.
Liebevoll sah er sie an. Das Lächeln verschwand jedoch aus seinem Gesicht, als er sich erneut an Beth wandte. „Außerdem wäre Grace bestimmt froh, wenn du hierbleibst und ihr bei den Vorbereitungen für die Hochzeit hilfst.“
„Raphael hat schon die gleiche Tour versucht“, erwiderte sie matt.
„Und?“
„Natürlich werde ich zur Hochzeit kommen, schließlich bin ich die Brautjungfer. Aber Esther wird Grace in der Zwischenzeit sicher gern bei den Vorbereitungen helfen.“ Beth wusste, dass Cesar darauf nichts entgegnen konnte. Seine Mutter war mit den Vorbereitungen für das große Fest ganz in ihrem Element.
„Wie wäre es mit einem Kompromiss – du nimmst einen Monat unbezahlten Urlaub und kommst hierher zurück …“
„Einen Monat?“, wiederholte Beth fassungslos. „Schon diese eine Woche, die ich nehmen musste, obwohl ich gerade erst in der Firma angefangen habe, hat nicht gerade Freudenstürme ausgelöst.“
Cesar presste die Lippen zusammen. „Vielleicht sollte ich den Verlag einfach kaufen. Dann wäre meine erste Anordnung als neuer Chef, dass du einen Monat Urlaub nimmst.“
Beth wünschte, er würde nur scherzen oder zumindest sarkastisch sein. Leider wusste sie nur zu gut, dass Cesar reicher war als manch kleines Land und absolut in der Lage, diese Ankündigung wahr zu machen.
Sie sah Grace ungläubig an. „Willst du wirklich diesen Größenwahnsinnigen heiraten?“
Grace lachte. „Definitiv. Und keine Angst, er ist gar nicht so schlimm, wenn man ihn erst einmal besser kennt.“
Von der Tür her erklang erneut ein unterdrücktes Lachen. Beth drehte sich zu Raphael um. „Vielleicht möchten Sie herkommen und etwas zu diesem Gespräch beitragen?“
Raphael blickte sie spöttisch an. „Ich bin doch nur ein Angestellter …“
„Ich denke, wir wissen beide, dass sie als langjähriger Freund von Cesar und Chef seines weltweiten Sicherheitsdienstes mehr sind als ‚nur‘ ein Angestellter. Außerdem sollen Sie ja offenbar mit mir nach England kommen, deshalb geht Sie dieses Gespräch genauso viel an wie mich.“
„Ja, setz dich zu uns, Raphael“, lud ihn Cesar ein.