Films of the Dead - Renatus Töpke - E-Book

Films of the Dead E-Book

Renatus Töpke

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Beschreibung

"Films of the Dead" ist keine Enzyklopädie der Zombiefilme. Autor Renatus Töpke stellt Filme, Dokumentationen und Serien vor, die von Untoten erzählten, schildert ihre Entstehung, erklärt, was sie besonders macht und was besser sein könnte, und er bringt auf den Punkt, ob es sich lohnt, ein Auge zu riskieren. Das kann Trash sein, zum Totlachen oder pure Apokalypse – bekannte Filme wie "Dawn of the Dead", "Braindead" oder "Shaun of the Dead" stehen neben gehypten Serien wie "The Walking Dead" und Doku-Klassikern wie" Document of the Dead". Dazwischen finden sich Geheimtipps der Marke "Maggie" und "Yummy". Abgerundet wird dieses blutige Allerlei durch viele Interviews mit Filmemachern und teils exklusive Fotos. "Films of the Dead" ist ein Buch der Empfehlungen, des Kreuz- und Querlesens, ein Buch für Genrefans, Entdecker, Filmfreunde und Neugierige. Der Einsteiger kann sich eingrooven in die Filmwelt der Zombies, der Hardcorefan, der glaubt, alles schon gesehen zu haben, findet Anregungen und Tipps, um für den nächsten Filmabend doch noch etwas zu entdecken.

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Seitenzahl: 681

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Renatus Töpke

Films of the Dead

Das Buch der Zombiefilme

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

© 2023 Mühlbeyer Filmbuchverlag

Inh. Harald MühlbeyerFrankenstraße 21a67227 Frankenthalwww.muehlbeyer-verlag.de

Umschlagbild: THE SADNESS; WYRMWOOD: APOCALYPSE; NIGHT OF THE LIVING DEAD (1990)

Umschlaggestaltung: Steven Löttgers, Löttgers-Design Birkenheide / Harald Mühlbeyer

ISBN:

978-3-945378-69-4 (Print)978-3-945378-70-0 (PDF)978-3-945378-71-7 (Epub)978-3-945378-72-4 (Mobipocket)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Hinweis:

Für eine bessere Lesbarkeit wird in diesem Buch – sofern nicht anders angegeben – die grammatikalisch männliche Form für alle Geschlechter verwendet.

Alle Links wurden zuletzt im März 2023 abgerufen.

Für Euch (und mich)

Danksagung

Ich möchte mich herzlich bei meinen Interviewpartnern bedanken, die sich die Zeit genommen haben, mir ausführlich Auskunft zu geben, und die mich mit tollen Fotos ihrer Produktionen versorgt haben. Auch geht ein Dank an so manchen Verleiher, der mich mit Bildmaterial und Kontakten unterstützte. Muchas Gracias an meine Frau Diana, die mehr als einmal ins Wohnzimmer kam, während sich gerade Zombies an jemandes Körperfett gütlich taten. Ich verstehe, dass das irgendwann am Verstand des Partners zweifeln lassen muss. Also Danke, dass ich nicht entmündigt wurde.

Bis jetzt…

Zom|bie, der [ˈt͡sɔmbi]

Substantiv, maskulin

(im Voodoo) wiederbelebter Toter oder (in Horrorfilmen o. Ä.) Toter, der ein willenloses Werkzeug dessen ist, der ihn zum Leben erweckt hat

englisch zombi(e), westafrikanischer Herkunft

der Zombie; Genitiv: des Zombie[s], Plural: die Zombies

Inhaltsverzeichnis

Danksagung

Vorwort

Die Nacht der lebenden Toten

The Crazies

Das Leichenhaus der lebenden Toten

Shivers – Parasiten-Mörder

Rabid – Der brüllende Tod

Zombie – Dawn of the Dead

Document of the Dead

Woodoo – Schreckensinsel der Zombies

Thriller

Der Komet

Dämonen

Lifeforce – Die tödliche Bedrohung

The Return of the Living Dead

Zombie 2 – Day of the Dead

Dämonen 2

Die Nacht der Creeps

Return of the Living Dead Part II

Die Rückkehr der Untoten – Night of the Living Dead

Braindead

Reflections on the Living Dead

28 Days Later

Resident Evil

The Many Days of ›Day of the Dead‹

Interview mit Regisseur Perry Martin

Undead

Dawn of the Dead

Dead & Breakfast

The Dead Will Walk

Interview mit Regisseur Perry Martin

Resident Evil: Apocalypse

Sars War – Tod allen Zombies

Shaun of the Dead

Boy Eats Girl

Land of the Dead

Severed – Forest of the Dead

Black Sheep

Fido – Gute Tote sind schwer zu finden

Mulberry Street – Die Nachbarschaft verändert sich

The Zombie Diaries

28 Weeks Later

Dead Heist

Diary of the Dead

Planet Terror

[Rec]

Resident Evil: Extinction

The Signal

Wasting Away

Interview mit Regisseur Matthew Kohnen

Dance of the Dead

Interview mit Regisseur Gregg Bishop

Day of the Dead

Dead Set

Last of the Living

One for the Fire – The Legacy of ›Night of the Living Dead‹

Outpost

Pontypool

Quarantäne

Dead Air

Deadheads

Dead Snow

Doghouse

Mutants

[Rec]²

Survival of the Dead

Untote wie wir

Zombieland

The Crazies – Fürchte deinen Nächsten

The Dead

Die Horde

Rammbock

Interview mit Regisseur Marvin Kren & Autor Benjamin Hessler

Resident Evil: Afterlife

The Walking Dead

Death Valley

Juan of the Dead

More Brains! A Return to the Living Dead

Quarantäne 2: Terminal

They Won’t Stay Dead: A Look at Return of the Living Dead Part II

World of the Dead: The Zombie Diaries 2

Ben & Mickey vs. The Dead

Cockneys vs. Zombies

Dead Before Dawn 3D

Kill Zombie!

[Rec]³ Genesis

Resident Evil: Retribution

School of the Living Dead – Nachsitzen mit Zombies

The Dead 2: India

Frankenstein’s Army

Open Grave

The Returned

Warm Bodies

World War Z

Cooties

Dead Snow 2: Red vs. Dead

Doc of the Dead

Goal of the Dead

I Survived a Zombie Holocaust

Life After Beth

[Rec]⁴ Apocalypse

Weg mit der Ex

Wyrmwood: Road of the Dead

Zombiber

Extinction

Fear the Walking Dead

Freaks of Nature

I Am a Hero

Maggie

Night of the Living Deb

Scouts vs. Zombies – Handbuch zur Zombie-Apokalypse

The Rezort

The Walking Deceased – Die Nacht der lebenden Idioten

What We Become

The Girl with All the Gifts

It Stains the Sands Red

The Outbreak

Puls

Resident Evil: The Final Chapter

Seoul Station

Stolz und Vorurteil & Zombies

Train to Busan

Viral

Anna und die Apokalypse

Cargo

The Cured

The End?

Hungrig

Mayhem

One Cut of the Dead

Day of the Dead: Bloodline

Deadsight

The Night Eats the World

Office Uprising

Operation: Overlord

Patient Zero

Rampant

Zoo

Interview mit Regisseur Antonio Steve Tublén

Black Summer

Blood Quantum

The Dead Don’t Die

Eat Brains Love

Little Monsters

Rabid

Yummy

Interview mit Regisseur Lars Damoiseaux

Zombieland 2 – Doppelt hält besser

#amleben

The Clearing

Peninsula

Malnazidos – Im Tal der Toten

Reality Z

Stay Alive

Army of the Dead

Black Friday

Day of the Dead

Resident Evil: Welcome to Raccoon City

The Sadness

Wyrmwood: Apocalypse

All of Us Are Dead

Final Cut of the Dead

The Last of Us

Vorwort

Ich liebe Zombiefilme. Nicht wegen guts. Nicht wegen gore. Sondern wegen der Atmosphäre, die ein guter Zombiefilm versprüht. Dieses Endzeitliche, wenn die Ordnung zu Chaos wird und sich die Zivilisation beginnt aufzulösen. Ein Film wie 28 DAYS LATER kann für mich genauso Horror verbreiten wie der originale DAWN OF THE DEAD. Es sind eben unterschiedliche Arten von Horror. Aber ich verstehe natürlich, wenn man nur die Langsamen mag. Für old school-Fans muss der Zombie schlurfen und durch sein massenhaftes Auftreten und stoisches Vorwärtsdrängen schocken. Die Jüngern bevorzugen oft den Sprinter, weil hier die Action im Vordergrund steht. Natürlich sind auch die Schnitte schneller, was für viele ein wichtiges Kriterium ist. Sehgewohnheiten spielen da natürlich auch mit. Sicher kann man hier lange diskutieren – was ja auch wieder Spaß macht. Ich persönlich würde in der Realität in jedem Fall die Langsamen vorziehen. Wer rennt schon gern den halben Tag?

Films of the Dead ist keine Enzyklopädie oder Abhandlung über den Zombiefilm. Es soll mit seiner Sammlung von 154 Zombiefilmen, -serien und -dokumentationen aber dennoch als eine Art Nachschlagewerk dienen. Und als Informationsquelle voller Hintergründe und fun facts, damit der Leser nicht nur nicht dumm stirbt, sondern – sollte er denn als Zombie zurückkommen – als der Gebildete seiner Zombietruppe umhertapern kann. Vielleicht wird er so sogar leader of the pack und führt seine fauligen Brüder und Schwestern in die letzte, gewaltige Schlacht gegen die Menschheit. Endlich Personalverantwortung! Aber vor allem ist Films of the Dead da, um zu unterhalten! Ein Buch über Zombiefilme (und ein paar Serien und Dokus), in dem man sich festliest, in dem Lust auf ein Wiedersehen mit bekannten Filmen und auf Neues geweckt wird.

Es gibt so viele Zombiefilme, dass der Gedanke, eine vollständige Enzyklopädie zu machen, nie aufkam. Ich wusste, dass das ein Fass ohne Boden wird. Immer wieder bin ich bei der Recherche auf weitere, oft obskurste Zombiefilme gestoßen. HARD ROCK ZOMBIES, CHOPPER CHICKS IN ZOMBIE TOWN, MEIN FREUND, DER ZOMBIE… Kurzfilme nicht zu vergessen. Und Serien! Es gibt auch tolle Zombieserien neben den allseits Bekannten! Erwähnen will ich IN THE FLESH und KINGDOM, die sehr gut sind, aber keinen Platz mehr im Buch gefunden haben. Eigentlich gehört ja auch STAR TREK – DER ERSTE KONTAKT hier rein. Bei den Borg haben wir es in meinen Augen mit einer sehr modernen Art von Zombie zu tun. Sie machen Menschen zu ihresgleichen, sie kennen keine Gefühle und tun alles, um sich auszubreiten.

Ich wurde gefragt, warum die 90er so gut wie gar nicht im Buch vertreten sind. Tatsächlich sind die 90er ein schwarzer Fleck im Zombie-Universum. Bis auf wenige Ausnahmen – etwa Tom Savinis fantastischer RÜCKKEHR DER UNTOTEN oder Peter Jacksons Splatterfest BRAINDEAD – lag das Genre hier schlicht brach. Das bedeutet aber nicht, dass es in den 90ern keine Zombies gab. Die Untoten-Fahne wurde nur nicht von Filmen hochgehalten, sondern von Spielen wie »Zombies Ate My Neighbors« von LucasArts und natürlich Capcoms »Resident Evil«.

Nicht alle Filme in diesem Buch muss man gesehen haben. Aber über manchen nicht so guten Film mussten trotzdem ein paar Worte verloren werden.

Ich hoffe, Ihr habt mindestens so viel Spaß beim Lesen wie ich beim Schreiben.

Renatus Töpke / Wiesbaden / April 2023

DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN

NIGHT OF THE LIVING DEAD

USA 1968

Regie: George A. Romero

Mit Duane Jones, Judith O’Dea, Karl Hardman, Marilyn Eastman, Keith Wayne, Judith Ridley, Russell Streiner

Barbra (Judith O’Dea) und Johnny (Russell Streiner) besuchen das Grab ihres Vaters. Johnny ärgert dabei seine Schwester (»Sie kommen, um dich zu holen, Barbra.«). Dabei werden sie von einem Unbekannten (Bill Hinzman) angegriffen, der Johnny tötet und Barbra verfolgt. Ihr gelingt die Flucht in ein Farmhaus, in dem sie eine grausam entstellte Leiche entdeckt. Als sie fliehen will, wird das Haus schon von weiteren Personen, wie sich rausstellt Untoten, belagert. Der Afroamerikaner Ben (Duane Jones) kommt der traumatisierten Barbra zu Hilfe und verbarrikadiert Türen und Fenster, so gut es geht. Da tauchen Harry (Karl Hardman) und Helen Cooper (Marilyn Eastman) und das Pärchen Tom (Keith Wayne) und Judy (Judith Ridley) auf, die sich im Keller versteckt hatten. Man würde meinen, dass sie gemeinsam die Nacht überleben können, doch nicht jeder verhält sich kooperativ, und die Untoten versuchen immer aggressiver ins Haus zu gelangen.

Über George A. Romeros DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN, vormals »Night of the Anubis« vormals »Night of the Flesh Eaters«, noch viel zu sagen, würde bedeuten, Eulen nach Athen zu werfen. Ohne diesen Film wäre die Horrorlandschaft eine gänzlich andere. Seien es Filme, Bücher oder Halloween – DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN veränderte alles. Und definiert eine der erfolgreichsten Genrefiguren überhaupt. Maßgeblich von Vampiren, Voodoo-Mythos und Richard Mathesons Roman Ich bin Legende von 1954 inspiriert, setzte sich Romero mit seinen Kollegen John A. Russo und Russell Streiner aus der Produktionsfirma Latent Image zusammen. Die Werbefilmer wollten endlich ihren eigenen Spielfilm drehen. So wirft jeder seine Ideen in einen Topf, um sich schließlich auf eine Belagerungssituation in einem einsamen Haus zu einigen. Viele der verworfenen Ideen werden später in den Fortsetzungen DAWN OF THE DEAD (1978) und DAY OF THE DEAD (1985) Verwendung finden.

Die drei Männer gründen mit Karl Hardman und Marilyn Eastman die Firma Image Ten. Zusammen mit fünf weiteren Kollegen investiert jeder 600,- Dollar, um die gesammelten 6000 Dollar in ihr Filmprojekt zu stecken. Doch auch mit weiteren 6000 Dollar ist klar, dass dieses Budget nicht für ihre Zwecke ausreichen würde. Am Ende werden – je nach Quelle – 114.000 bzw. 125.000 bzw. 600.000 Dollar benötigt, um DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN zu realisieren. Das Geld reicht dennoch weder vorne noch hinten und jeder der Beteiligten muss am Filmset mehrere Jobs ausüben. So ist Marilyn Eastman neben ihrer Rolle als Helen Cooper auch für das Make-up der Untoten zuständig. Ihr Plan ist nicht, Verwesungserscheinungen zu zeigen, sondern sich auf besondere Merkmale der jeweiligen Zombie-Statisten zu fokussieren. Die zusätzliche Lichtgestaltung tut mit den starren Blicken der Darsteller ihr übriges. Hardman wiederum half nicht nur beim Make-up, sondern war auch für die Soundeffekte zuständig und machte Standfotos.

Da die helfenden Freunde und Bekannten, die die Filmproduktion als Statisten, Darsteller und hinter den Kulissen unterstützen, nicht durchgehend Zeit haben, müssen die insgesamt 30 Drehtage immer wieder unterbrochen werden.

Als DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN Ende der 60er in die Kinos kommt, gibt es nichts vergleichbares. Das führt dazu, dass alles für das Publikum echt wirkt, nicht wie Film. Der Horror ist jetzt in der Zivilisation angelangt. Nicht auf fremden Planeten. Nicht im Jungle am Amazonas. Nein; im Vorgarten! Zuschauer wie Filmcharaktere werden ohne irgendwelche Erklärungsversuche mit dem Grauen in normalen Alltagsklamotten konfrontiert. Was einer der Gründe ist, warum DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN die Menschen so tief erschüttert: Es ist die Erkenntnis, dass das Grauen plötzlich hier ist. In der Nachbarschaft. Keine Mumie und kein Dracula. Plötzlich waren die Monster da – noch dazu in Menschengestalt! Dazu kann man mit diesen Angreifern nicht verhandeln. Kein Geld der Welt oder irgendwelche Versprechungen können sie von ihrem irrationalen Plan abbringen, dich zu jagen und fressen. Und auch in der Explizitheit verschiebt Romero Maßstäbe. Wurde früher Gewalt meist nur angedeutet, werden hier Menschen gezeigt, die andere Menschen fressen und deren Knochen abnagen.

Natürlich gab es schon vor 1968 Filme, die einen politischen Anstrich haben und vor allem die Angst vor der Atomkraft bebildern – man denke nur an FORMICULA (1954) oder TARANTULA (1955), von den Godzilla-Filmen ganz zu schweigen. Doch Romero versteckt seine Themen wie Rassismus und Klassenkampf nicht, sondern zeigt sie deutlich. Das mit Duane Jones ein Farbiger die Hauptrolle spielt, liegt laut Romero schlicht daran, dass er beim Casting am ehesten überzeugte. Trotzdem: Ein Farbiger, der erst eine weiße Frau rettet und sich dann mit der weißen Mittelschicht (Harry) anlegt, um später vom weißen Lynchmob erschossen zu werden, bedarf keiner weiteren Erklärung. Auch unbeabsichtigt ist das starker Tobak, der Diskussionsstoff bietet.

Zur Jubiläums-Edition, die zum 30. Jahrestag erstellt wurde und für die der damalige Co-Autor Russo einige Extraszenen drehte, äußerte sich Romero nur ungern und ausweichend: »(…) Ich habe versprochen, dass ich nicht schlecht darüber reden werde. Was ich sagen kann ist, dass ich sie nicht mag. Ich verstehe, warum es getan wurde – es ist immer der gleiche Grund; die Sache mit dem Urheberrecht hat alles ruiniert.« Anfangs soll der Film nur mit neuem Mix und überarbeitetem Ton aufgehübscht werden. Dann werden Szenen neu gedreht und eingefügt. »Ich hatte nichts damit zu tun«, entschuldigt sich Romero. Mit der kolorierten Version von 1986 hatte sich der Filmemacher jedoch angefreundet.

DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN wird in den Jahren nach seiner Veröffentlichung aufgrund seines Kultstatus und dank eines fehlenden Copyright-Vermerks im Titel mehrmals neu verfilmt. Denn als der Film kurz vor Veröffentlichung vom ursprünglichen »Night of the Flesh Eaters« in NIGHT OF THE LIVING DEAD umbenannt werden musste, da es bereits einen Film dieses Titels gibt, vergaß ein Mitarbeiter des Kopierwerks, den Urheberrechts-Hinweis an den neuen Titel anzufügen. Der Film wird somit nach damaligem US-amerikanischem Urheberrecht gemeinfrei und geht in public domain über. NIGHT OF THE LIVING DEAD kann nun von jedem nach Belieben veröffentlicht werden. Romero und seinen Mitstreitern entgehen so über Jahrzehnte Millionen an Lizenzen und Einnahmen.

Wichtigste und beste Neuverfilmung ist nach wie vor Tom Savinis Version von 1990. Mit Patricia Tallman als Barbra wird aus der einst passiv-traumatisierten jungen Frau eine toughe Kämpferin, die den Alphamännern zeigt, wo der Hammer hängt. 2006 folgt eine billige 3D-Version gleichen Namens, die eine eigene Fortsetzung mit dem Titelzusatz RE-ANIMATION erhält. 2011 erzählt MIMESIS: NIGHT OF THE LIVING DEAD von Zombiefans, die tatsächlich in eine vermeintliche Zombie-Apokalypse geraten. RESURRECTION versetzt DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN nach Wales, während A NIGHT OF THE LIVING DEAD (2014) ohne Titelzusatz auskommt. 2015 folgt mit NIGHT OF THE LIVING DEAD: DARKEST DAWN ein Animations-Remake, das vom Land in die Großstadt verlegt wird. Tony Todd, der in Savinis Remake den Ben spielt, leiht diesem hier seine Stimme. Rhodes’ Joseph Pilato spricht Harry Cooper. 2021 kam mit REBIRTH der nächste DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN-Nachfolger raus, NIGHT OF THE ANIMATED DEAD ist nett, aber auch holprig animiert, und mit NIGHT OF THE LIVING DEAD II (in Produktion) steht zumindest ein interessanter Ansatz im Raum, denn der Film soll, laut Ankündigung, die drei einzigen Überlebenden aus Romeros DAY OF THE DEAD wieder zusammen auftreten. Ob hier der Titel DAY OF THE DEAD 2 nicht passender gewesen wäre? Bill Hinzman, der originale Friedhofs-Zombie, dreht 1988 seine eigene Fortsetzung mit dem Titel FLESHEATER (auch bekannt unter dem Titel REVENGE OF THE LIVING ZOMBIES).

Mike Blankenburg, Holger Borgstedt, Thomas Hortian & Lexi Konrad: Zombie – Blutrausch im Kaufhaus. Colla & Gen Verlag 2021/22.

Paul R. Gagne: The Zombies That Ate Pittsburgh – The Films of George A. Romero. Dodd Mead and Company New York 1987.

Gerald Peary: George A. Romero: Interviews. University Press of Mississippi 2011.

THE CRAZIES

USA 1973

Regie: George A. Romero

Mit Will McMillan, Harold Wayne Jones, Lane Carroll, Richard Liberty, Lynn Lowry

In Evans City, Pennsylvania, wird versehentlich das militärische Nervengas Trixie freigesetzt. Über das Trinkwasser gelangt Trixie in die Haushalte – und in die Körper der Bewohner. Es dauert nicht lange, bis sich die ersten Menschen seltsam benehmen und ungeahnte Triebe und Aggressionen entwickeln. Das Militär hält in der Stadt Einmarsch und beginnt damit, die Bürger zusammenzutreiben und unter Quarantäne zu stellen. Die Feuerwehrleute und Freunde David (Will McMillan) und Clank (Harold Wayne Jones) beschließen mit Davids schwangerer Freundin Judy (Lane Carroll) und der aufgegabelten Kathy (Lynn Lowry) und deren Vater Artie (Richard Liberty) das Weite zu suchen. Doch Artie und Judy verhalten sich plötzlich komisch. Und auch Clank zeigt erste Anzeichen einer Ansteckung.

Mit THE CRAZIES will sich George A. Romero vom von ihm selbst geschaffenen Zombiethema freischwimmen und variiert es dann doch nur. Hat er 1968 mit DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN den Zombie, wie wir ihn heute kennen, erfunden, hat er auch bald genug von den Menschenfleischfressern und geht mit THERE’S ALWAYS VANILLA (1971) und SEASON OF THE WITCH (1973) gänzlich andere Wege. Doch derer Erfolg bleibt aus und so wendet sich Romero widerwillig dem – wenn schon nicht Zombies – apokalyptischen Kino zu. »Ich wollte nicht zum Zombieregisseur werden oder etwas machen, dass ähnlich oder gar das Gleiche wie DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN ist. (…)«, erinnert sich der Filmemacher. Basierend auf einem Originaldrehbuch von Paul McCollough mit dem Titel »The Mad People«, überarbeitet Romero das Drehbuch. »Pauls Geschichte«, erinnert sich Romero, »war eine Erkundung des Verhaltens der Menschen, nachdem sie nicht nur von der Chemikalie, sondern auch vom Wahnsinn und dem Chaos der Situation eingeholt wurden.«

Dass es kein großes Budget gibt, kann die Filmemacher nicht davon abhalten, den Film zu machen: »Ich mochte THE CRAZIES«, sagt Romero mit einigen Jahren Abstand. »Bei den frühen Sachen hatten wir nie viel Geld.« Und auch diesmal ist Geld knapp, oder besser gesagt, gar nicht vorhanden. Die letzten Filme haben niemanden interessiert, und Romero ist sich bewusst, dass es der nächste Film reißen muss. Außerdem befindet er sich mit seinen Partnern von Latent Image bzw. Image Ten, der Produktionsfirma hinter DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN, im Krieg. John A. Russo und Russell Streiner sind nicht damit einverstanden, dass Romero mit Produzent Alvin Croft jemanden an Bord der Firma geholt hat, der über ihre Köpfe hinweg entscheidet. Man trennt sich. Doch es geht einfach nicht voran, und irgendwann ist auch Croft genervt, denn Romero lehnt alle Stoffangebote ab. Er hat kein Interesse, weitere Horrorstoffe zu realisieren. Doch ist dies das Einzige, was ihm angeboten wird. Das Geld geht aus, und die paar Werbespots, die Romero dreht, halten die Firma gerade so über Wasser. Mit Erotikfilm-Produzent Lee Hessel gibt es zumindest einen Menschen, der in Romeros nächsten Film investieren will. Er mag den Anfang von »The Mad People« und sagt Romero und Craft 250.000 Dollar zu, wenn Romero die Geschichte umschreibt. Mit Romeros neuem Drehbuch geht es in einen 40 Tage-Dreh. Dass der Film wesentlich teurer aussieht als 250.000 liegt daran, dass Romero auf die Angestellten seiner Filmproduktion zurückgreifen kann: »(…) Wir müssen nicht extra Leute einstellen. Wir haben unser eigenes Equipment (…), unsere eigene 35mm-Ausrüstung, Tontechnik, unsere eigenes Licht… alles. Es kostet also nichts. Die Buchhalter sagen mir, dass ich es abschreiben muss, also irgendwo tauchen diese Kosten in der Gewinn- und Verlustrechnung auf, aber es ist nicht wirklich Geld. Wenn wir die Kosten für den Film analysieren würden, wären es wahrscheinlich 600,000.« Doch Geldgeber Hessel hat keine Ahnung vom Verleihgeschäft. Und während es auch in Romeros Privatleben kriselt, stirbt THE CRAZIES einen einsamen Tod in den Lichtspielhäusern. Erst auf VHS und später auf DVD wird der Film seine Rehabilitation erhalten und rentabel. Wirklich spannend ist THE CRAZIES nicht, dafür ist er zu holprig erzählt und schlecht gespielt. Was auch daran liegt, dass Romero zahlreiche Laiendarsteller besetzt. Dafür wirkt der Film sehr beklemmend ob seines Realismus. Hier trägt vor allem die Entmenschlichung der Soldaten mittels anonymisierender, weißer ABC-Schutzanzüge und Gasmasken bei. Es gibt sogar eine Selbstverbrennung, die nicht von ungefähr an die sich aus Protest verbrennenden tibetanischen und vietnamesischen Mönche erinnert. Wenn dann bewaffnete Bürgermilizen auf selbst völlig überforderte Soldaten treffen, kann das nicht gut ausgehen. Die clever platzierten Actionszenen demonstrieren dann Romeros Fingerspitzengefühl für das Einfangen von Eskalation und geben einen Vorgeschmack auf das, was der Filmemacher 1978 vom Zaun brechen wird…

Konzentriert sich Regisseur Breck Eisner in seinem 2010er Remake von THE CRAZIES auf die Bürger, schneidet Romeros Film auch immer wieder in die provisorischen Labors des Militärs. Hier wird fieberhaft an einem Gegenmittel gearbeitet. Doch die buchstäblich langen Wege hinter den Kulissen sorgen dafür, dass die Hilfe einfach nicht ankommen kann. Und irgendwann, wenn es doch noch Hoffnung gibt, verpufft sie im Chaos. Militär und Politik versagen kläglich. Der hier von Romero erhobene Zeigefinger ist zwar wenig subtil, fällt aber nie negativ auf. Romero gelingt nicht nur eine authentische und glaubhafte Sozialstudie über das Verhalten von Menschen in Extremsituationen, sondern deutet auch durch ungewöhnliche Perspektiven das Entgleiten der Situation an. Dabei ist THE CRAZIES weniger Horror- denn Katastrophendrama.

Jonathan Dornellas: Year of The Crazies: 1973 https://bloody-disgusting.com/news/19300/

Paul R. Gagne: The Zombies That Ate Pittsburgh – The Films of George A. Romero. Dodd, Mead and Company New York 1987.

Gerald Peary: George A. Romero: Interviews. University Press of Mississippi 2011.

DAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN

NON SI DEVE PROFANARE IL SONNO DEI MORTI

Spanien & Italien 1974

Regie: Jorge Grau

Mit Ray Lovelock, Christina Galbó, Arthur Kennedy, Fernando Hilbeck

Der kernige Kunsthändler George (Ray Lovelock) will mit dem Motorrad übers Wochenende zu seinem Landhaus in Windermere, abseits der Großstadt. Als die hübsche Edna (Christina Galbó) an einer Tankstelle sein Bike rammt, ist es erst einmal vorbei mit dem Motorradfahren. Die junge Frau nimmt George gezwungenermaßen in ihrem Auto mit, will sie doch eh in die gleiche Richtung. Kurz vor dem Ziel wird sie von einem Obdachlosen angegriffen. George bringt die verstörte Edna zum Haus ihrer Schwester Katie (Jeannine Mestre), als die hysterisch rausgerannt kommt. Ednas Angreifer hat Katies Mann zerfetzt! Ob das was mit der Schädlingsbekämpfungsmaschine zu tun hat, die in der Gegend getestet wird? George will herausfinden, was da los ist. Erschwerend kommt hinzu, dass ihn der Inspektor der örtlichen Polizei (Arthur Kennedy) auf dem Kieker hat. Verdammte Hippies.

DAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN lebt wie so viele Filme dieser Zeit von der Atmosphäre, die er versprüht. Raue Bilder, toughe Typen, schöne Frauen, verständnislose Cops – das hat schon was. Dazu die unheilvolle Musik Giuliano Sorginis, die bedrohlich-langsam heranschlurfenden Untoten und das stets präsente Stöhnen erledigt den Rest. Das ist vintage Genrekino in Hochform. Dazu noch Genrekino mit Botschaft! Denn schließlich wird hier schon von Beginn an das Thema Umweltverschmutzung und Tristesse der Großstädte etabliert; die Betonwüste ist grau und voller Müll. Tote Tiere und grimmig dreinschauende Menschen dominieren das Bild. Spätestens mit dem Auftauchen der neuartigen Maschine, die radioaktive Strahlen zur Schädlingsbekämpfung in die Erde schießt, ist klar, dass die Erde hier als Opfer des Menschen inszeniert wird. DAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN ist näher an 50er-Science Fiction-Filmen wie FORMICULA oderTARANTULAals an DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN. Dazu müssen sich George und Edna mit der starrsinnigen Polizei rumschlagen und sich Vorurteilen und Generationenkonflikt aussetzen. »Auf dem Land bringt man dich um« wusste schon die Band Rinderwahnsinn 1994…

Mit Arthur Kennedy als unbelehrbarem Inspektor hat DAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN dann auch einen Gegenspieler, der noch unsympathischer ist als die im Grunde hilflos herumschlurfenden Zombies. Kennedy spielt den Prototyp des engstirnigen und gestrigen Polizisten. Er tut alles, um den aus der Großstadt kommenden Werte- und Moralverfall in Person von George abzustrafen. Für ihn ist der bärtige Langhaarige Hippieabschaum. Diesem wiederum liegt wenig daran, die Vorurteile auszuräumen. Er schreit rum und ist mit seiner arroganten Art eben auch ein echter Unsympath. Trotz seiner Rolle als Identifikationsfigur. Wenigstens sagt er am Anfang des Films zum Tankwart ›bitte‹.

Vier Jahre vor George A. Romeros DAWN OF THE DEAD, der einen wahren Zombiehype lostreten wird, lässt Regisseur Jorge Grau die Zombies durch das britische Hinterland tapern – wobei das so nicht ganz korrekt ist; ein Großteil des Films wurde in Italien gedreht. Weitere Szenen werden u.a. in der Nähe von Manchester (Barnes Hospital in Cheadle), Peak District Nähe Sheffield und in Cornwall gedreht. Grau hatte von Produzent Edmondo Amati das Angebot bekommen, sein aktuelles Projekt zu finanzieren, wenn er es an DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN anpasst. Grau lehnt, obwohl Fan von Romeros Erstling, ab, da sich sein geplantes Lady Bathory-Projekt nicht mit Zombies vereinbaren lässt. Drei Jahre später treffen sich die beiden Männer erneut. Beim Essen in Madrid erhält Grau von Amati ein Drehbuch: »Das hier ist wie DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN – in Farbe!« Diesmal sagt Grau zu und schnell schreitet das Projekt voran. Mit Arthur Kennedy soll dem Film ein internationaler Touch verliehen werden. Grau, der erkennt, das sich Kennedy zu der Zeit auf dem absteigenden Ast seiner Karriere befindet und zu viel trinkt, nutzt Kennedys Zustand für dessen Rolle. Er sagt ihm, dass sein Inspektor auf der Karriereleiter stecken geblieben ist und sich nun an Leuten wie George rächen will. Auch will der Regisseur seinen Zombies eine Charakteristik geben. Der Obdachlose etwa, der Edna angreift, ist ein Ertrunkener. Also lässt Grau vor jedem Take Darsteller Fernando Hilbeck mit Wasser übergießen – der ist davon wenig angetan.

Es dauert eine Weile, bis LET SLEEPING CORPSES LIE aka THE LIVING DEAD AT THE MANCHESTER MORGUE aka INVASION DER ZOMBIESakaDAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN zur Sache kommt. Ist die erste halbe Stunde noch sehr ruhig erzählt, nehmen ab der Mitte die Ereignisse zu. Doch bis hierhin punktet der Film mit der erwähnten Atmosphäre, die ihresgleichen sucht. Wenn es dann im letzten Drittel blutiger wird, bietet DAS LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN einige wunderbar stimmige Szenen des Terrors. Als Highlight sei die Szene genannt, in der George und Edna in einem Mausoleum auf einem Friedhof festsitzen, während die Untoten um sie herum zu neuem Leben erwachen. Das dazugehörige und die Tonspur dominierende Stöhnen der Zombies fügt der Szene eine besondere Note hinzu.

Das Zombie-Virus war natürlich schon früher im Südwesten Europas angekommen; mit DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN gibt es 1971 den ersten (Romero-)Rip Off (drei weitere REITENDE LEICHEN-Filme folgen bis 1975). Romeros DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN ist aber auch zu originell und zu erfolgreich, um nicht adaptiert zu werden.

JORGE GRAU – Interview (part 1) discussing LET SLEEPING CORPSES LIE and more: https://www.youtube.com/watch?v=SRgHIPT0_Y4

SHIVERS – PARASITEN-MÖRDER

SHIVERS

Kanada 1975

Regie: David Cronenberg

Mit Paul Hampton, Barbara Steele, Lynn Lowry, Allan Kolman, Joe Silver

In dem futuristisch anmutenden Wohnkomplex Starliner Towers in Montreal tötet Dr. Emil Hobbes (Fred Döderlein) eine junge Frau und verätzt ihre Eingeweide mit Säure. Dann schlitzt er sich den Hals auf und stirbt. Wie sich herausstellt, experimentierte der Wissenschaftler mit Parasiten, die Organe nachwachsen lassen können. Doch Hobbes war nicht gründlich genug; nach und nach zeigen Hausbewohner seltsame Symptome wie Heißhunger auf Fleisch und starke sexuelle Gier. Dr. St. Luc (Paul Hampton) wird zu immer neuen Notfällen gerufen. Bald ist ein Großteil der Bewohner von Parasiten befallen und kein Ort im Starliner Towers ist mehr sicher.

Ein Parasit, der seinen Wirt zu einem sexgierigen Monster macht – so ein bisschen nimmt Cronenbergs Film THE SADNESS von 2022 vorweg. Nur ist es hier keine unsichtbare Grippe, sondern ein phallusförmiges Schleimding, dass in jede Körperöffnung kriecht, um dem Wirt seinen Willen aufzuzwingen. Im Folgenden seziert der angehende Meisterregisseur den Trieb des Menschen, den Hunger nach Sex und Nähe und zeigt auf, wie zerbrechlich jegliche soziale Norm ist. Die Botschaft ist deutlich: Im Zweifelsfall fallen wir doch alle übereinander her und vögeln uns zu Tode. Wenn sich da mal nicht Comicautor Garth Ennis für seinen Crossed-Comic Inspiration geholt hat, wie es seinerseits THE SADNESS-Regisseur Rob Jabbaz bei Ennis tat. Eine ganz eigene Note zu der grotesken Atmosphäre von SHIVERS tragen vor allem Lynn Lowry als Krankenschwester und Allan Kolman als Nicholas Tudor bei. Die beiden Schauspieler sehen ungewöhnlich genug aus, um im ersten Moment zumindest Irritation hervorzurufen. Besonders Lowrys Augen hatten es Filmemacher Cronenberg angetan, setzt er diese doch immer wieder in Nahaufnahmen prominent in Szene.

Da kein Geld für einen Komponisten vorhanden ist, um einen eigenen Score komponieren zu lassen, muss Cronenberg umdisponieren. Der spätere GHOSTBUSTERS-Regisseur Ivan Reitman, der zu dieser Zeit Cronenbergs Produzent ist, suchte also Stockmusic, also lizensierbare Fertigmusik, heraus und bekam dafür einen Credit als Music Supervisor. Erst mit seinem 1979er-Film DIE BRUT kann sich Cronenberg einen Komponisten leisten. Dieser wird Howard Shore, der seitdem Cronenbergs Stammkomponist ist. Im Nachhinein ist der Regisseur auch mit den relativ trashigen Effekten zufrieden. Gemeint sind damit vor allem die teils sichtbaren Drähte, mit denen die Parasiten bewegt werden: »Im Gegensatz zu George Lucas hatte ich nicht den Wunsch, zurückzugehen und den Film mit moderner Technologie zu korrigieren«, sagt Cronenberg in Anspielung auf Kollege Lucas’ Anstrengungen, Ende der 90er seine originale STAR WARS-Trilogie (1977-1983) mit CGI zu verschlimmbessern. »Ich wollte ihn (den Film) in der Zeit leben lassen, in der er existierte, mit all seinen Fehlern. Da gehört er hin.« Der damals noch am Anfang seiner Karriere stehende 32jährige Cronenberg ist sich der Unzulänglichkeiten des Films und seiner damaligen Regiearbeit vollauf bewusst, wie er unumwunden zugibt: »Diesen Film anzuschauen bedeutet, mir zuzusehen, wie ich lerne, wie man einen Film macht.« Und ja, Tempo, Schauspielführung und Logik sind nicht immer optimal. Gerade zum Ende hin wirkt manches zusammenhanglos, die Action unübersichtlich und so mancher Infizierte verhält sich nicht so, wie es in der ersten Hälfte etabliert worden ist. Doch gerade Zombiefans werden ihre Freude am sich ausbreitenden Horror haben, ein hochoktaniges Actionfeuerwerk sollte man aber nicht erwarten.

Der 1962 erbaute Wohnkomplex Tourelle-Sur-Rive auf Nuns Island bei Montreal doubelt den luxuriösen Apartment-Komplex für die gerade einmal fünfzehn Drehtage. Schauspieler und Crew leben in dieser Zeit auch in dem von der Außenwelt unabhängigen Kokon aus Stahl und Beton. Für die Spezialeffekte, vor allem die sich unter der Haut der Darsteller bewegenden Parasiten, engagierte Cronenberg den amerikanischen Maskenbildner Joe Blasco, da es niemanden in Kanada gab, der seinerzeit etwas in der Art bewerkstelligen konnte: »In Kanada wurde noch kein ernsthafter Horrorfilm gedreht«, sagt Cronenberg damals. Gleichzeitig verläuft der Dreh weitgehend reibungslos. In einer Szene sticht Lynn Lowry als Krankenschwester Forsythe Drehbuch-gemäß mit einer Gabel um sich. Regisseur Cronenberg, der zwar eine Schutzweste trägt, bekam einen tiefen Stich ab und trägt bis heute die Narben des Unfalls auf seinem linken Arm.

Ursprünglich wird SHIVERS – PARASITEN-MÖRDER unter dem Titel »Orgy of the Blood Parasites« von Cronenberg geschrieben. Zum Zeitpunkt des Drehs heißt er schließlich »The Parasite Murders« (daher auch der schon damals seltsame deutsche Titel PARASITEN-MÖRDER – was auch immer ein Parasiten-Mörder ist), um im US-Kino THEY CAME FROM WITHIN betitelt zu werden. Cronenberg war nie mit letzterem Titel glücklich und auch SHIVERS ist nie sein Favorit, nur fällt ihm auch kein besserer Name ein.

Audiokommentar von David Cronenberg auf der BluRay von Vestron Video 2020.

RABID – DER BRÜLLENDE TOD

RABID

Kanada: 1977

Regie: David Cronenberg

Mit Marilyn Chambers, Frank Moore, Joe Silver, Susan Roman, Patricia Gage

Hart (Frank Moore) und Rose (Marilyn Chambers) haben einen Motorradunfall. Während Hart schnell wieder auf dem Damm ist, liegt Rose im Koma und hat so starke Verbrennungen, dass ihr Haut verpflanzt werden muss. Aber nicht irgendwelche Haut: Klinikchef Dr. Keloid (Howard Ryshpan) hat da was biologisch Verändertes vorbereitet… Die neue Haut wird von Roses Körper schnell angenommen und der jungen Frau geht es bald schon besser. Doch es treten unheimliche Veränderungen auf: Rose braucht Blut! Und das saugt sie ihren Opfern über eine Art Dorn, der aus ihrer Achsel kommt, aus. Die so Infizierten werden zu rasenden Amokläufern, die im Blutrausch andere anfallen und ebenfalls anstecken. Die Stadt versinkt im Chaos, die Behörden verhängen den Ausnahmezustand. Hart sucht in diesem Tollhaus verzweifelt nach seiner Freundin.

Auch ein David Cronenberg musste sich erst seine Sporen als genialer Regisseur mit Hang zu Gewalt und Sex verdienen. Nach dem grandiosen SHIVERS – PARASITEN-MÖRDER legt der Kanadier ähnlich kraftvoll und thematisch nach. RABID – DER BRÜLLENDE TOD (der Titelzusatz wurde später umgeändert in das weniger irritierende ›Bete, dass es dir nicht passiert‹) spielt mit den vielschichtigen Themen der Massenhysterie, dem Ausnahmezustand unter einer Militärherrschaft und dem Genre des Wissenschaftsthriller. Nicht zu vergessen die Zombiethematik, die – ähnlich wie bei SHIVERS – Filme wie (2002) maßgeblich inspiriert hat. Wobei wiederum George A. Romeros DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN und THE CRAZIES sichtbaren Einfluss auf Cronenbergs erste Filme haben.

Ein faszinierender Aspekt neben Cronenbergs noch in den Kinderschuhen steckendem Bodyhorror ist das Abbilden einer Großstadtgesellschaft, die mit dem plötzlichen Aufkommen einer unberechenbaren Seuche konfrontiert wird. Dieser Seuche, die die gesamte Welt bedroht, steht ein überforderter Regierungsapparat gegenüber, der verzweifelten Aktionismus und kopflose Schadensbegrenzung betreibt. Dass diese Bemühungen in ein konsequent böses Ende münden, wird Cronenberg-Fans damals nicht gewundert haben, hatte doch SHIVERS schon ein herrlich nihilistisches Ende. Da fällt es auch nicht ins Gewicht, dass es RABID in manchen Momenten an Uneinheitlichkeit – etwa bei der Intelligenz der Infizierten – fehlt. Shivers hatte zwei Jahre zuvor mit dem gleichen Problem zu kämpfen. Auch lässt sich nicht klar erkennen, warum manche Infizierte sofort verwandelt sind und andere Stunden für die Transformation brauchen.

Ursprünglich unter dem Titel »Mosquitoes« mit Sissy Spacek geplant, wurde Rabid in Montreal für eine gute halbe Million Dollar gedreht. Zunächst ist es für Cronenberg und seine Produzenten Ivan Reitman und John Dunning schwierig, Geld für den Film aufzutreiben. Obwohl sein von der Canadian Film Development Corporation (CFDC) geförderter SHIVERS – PARASITEN-MÖRDER ein finanzieller Erfolg ist, sind die Kritiken sehr durchwachsen und nennen ihn wahlweise ›pervers‹ oder ›geschmacklos‹. Nach massiver Überarbeitung des Drehbuchs findet die CFDC doch einen Weg, sich zu beteiligen (mit Hintertür, falls man sich distanzieren muss). Im Nachhinein sagt Cronenberg zu dieser Förderung, dass SHIVERS und RABID zu der Zeit die einzigen Filme der CFDC waren, die Geld eingespielt haben. Die Rolle der Rose ging auf Wunsch des späteren GHOSTBUSTERS-Regisseurs Reitman an die Pornodarstellerin Marilyn Chambers. Dieser Casting-Coup sollte die Vermarktung des Films im Ausland vereinfachen und für zusätzliche Presse sorgen.

Wurde SHIVERS seinerzeit von der Presse geschmäht (heute ist der Film allgemein als Genreklassiker geadelt), wurde der junge Cronenberg plötzlich hofiert und zu Festivals eingeladen. Und das zu Recht. RABID liegt nicht nur ein starkes Drehbuch zu Grunde, auch sind die Darsteller, die Atmosphäre und die sehr speziellen Make-up-Effekte noch heute mit ihrem raw & dirty-Look überaus gelungen. Ein Klassiker des ›Körperhorrors‹, dessen gesamtes Genre auf den Arbeiten Cronenbergs fußt, welches dieser mit Filmen wie VIDEODROME (1983) und EXISTENZ (1999) perfektionierten sollte.

Audiokommentar von David Cronenberg auf der BluRay von Scream Factory 2016.

Text-Beitrag: https://catalog.afi.com/Film/56316-RABID?cxt=filmography

ZOMBIE – DAWN OF THE DEAD

DAWN OF THE DEAD

USA & Italien 1978

Regie: George A. Romero

Mit David Emge, Gaylen Ross, Ken Foree, Scott H. Reiniger, Tom Savini

Die Welt steht am Abgrund: Ein unbekanntes Virus lässt die Toten wieder auferstehen und die Lebenden fressen. Wird man gebissen, dauert es nur wenige Tage und man wird ebenfalls zu einem wandelnden Leichnam. Das Paar Stephen (David Emge) und Fran (Gaylen Ross) flieht mit den beiden Cops Roger (Scott H. Reiniger) und Peter (Ken Foree) im Hubschrauber aus dem im Chaos versinkenden Philadelphia. Nach stundenlanger Suche nach einem sicheren Unterschlupf entdecken die vier eine riesige, scheinbar verlassene Shopping Mall. Pilot Stephen landet den Hubschrauber auf dem Dach, und nach Erkundung der Räume beschließen die vier zu bleiben. Hier, abseits des Chaos, will man sich erst mal orientieren und Pläne schmieden. Draußen rotten sich derweil immer mehr Zombies vor den Türen des Konsumtempels zusammen. Auch sie wollen rein. Stephen, Fran, Peter und Roger fühlen sich wie Maden im Speck, schließlich gibt es in den Geschäften alles, was man brauchen kann – und mehr! Doch die eigentliche Gefahr bahnt sich erst noch an: Eine plündernde Rockergang hat den Hubschrauber ausgespäht und lässt die Motoren knattern.

Nach dem Erfolg seines Debütfilms DIE NACHT DER LEBENDEN Toten verweigert sich Romero konsequent einer Fortsetzung. Der Filmemacher will auf keinen Fall auf Zombies und Horror festgelegt werden und widmete sich mit THERE’S ALWAYS VANILLA und SEASON OF THE WITCH anderen Genres, um sich 1973 mit THE CRAZIES wieder dem Zombiegenre anzunähern. Da auch THE AMUSEMENT PARK (1975) nicht an den Erfolg von Romeros erstem Film anschließen kann, beginnt sich dieser doch so langsam Gedanken über eine Fortsetzung zu machen. Wäre das nicht ein garantierter Hit? Nun, garantiert ist im Filmbusiness wohl nur, dass keiner weiß, was ein Hit wird. Aber ein Versuch ist es wert.

Der Legende nach beginnt es erstmals in Romeros Kopf richtig zu rattern, als er 1974 von seinem Freund Mark Mason durch die noch heute existierende Monroeville Mall bei Pittsburgh geführt wird. Damals kommen die gewaltigen Einkaufszentren, in denen es auf tausenden Quadratmetern alles gibt, was das Herz begehrt, gerade in Mode. Aber viele sind es noch nicht, was sie auch ein wenig futuristisch macht. Eigene kleine Städte, in denen man sich verlieren kann, so weitläufig erstrecken sich ihre Gänge und Verkaufsflächen. Als Romero von seinem Freund in die für Kunden unzugänglichen Bereiche geführt wird, zeigt ihm dieser auch die Zivilschutzausstattung in Form von Lebensmitteln. Diese gebunkerten Vorräte und die apathisch vor sich hin starrenden Kunden des Einkaufszentrum lassen Romero anfangen zu denken. Er weiß sofort, dass er seinen Drehort für eine DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN-Fortsetzung gefunden hat. Was er mit der Mall konkret anfangen soll, ist ihm zu dem Zeitpunkt jedoch noch nicht klar.

Wenn man so will, macht es sich Romero selbst schwerer als nötig; es gibt damals einige Produktionsstudios, die einen »Die Nacht der lebenden Toten Teil 2« finanzieren würden, doch der Filmemacher will keine direkte Fortsetzung. Er möchte das Thema lieber aus anderer Perspektive betrachten – und muss so das Budget mit seinem Partner Richard Rubinstein und ihrer gemeinsamen Firma Laurel Group, später Laurel Entertainment, unabhängig, also mit Investoren, aufbringen. Ein Vorteil einer unabhängigen Finanzierung ist natürlich, dass ihm niemand reinreden kann. Romero beginnt mit dem Drehbuch, während er seinen Vampirfilm MARTIN (1978) fertigstellt. Als die italienische Horror-Ikone Dario Argento in New York weilt, um SUSPIRIA (1977) vorzustellen, trifft sich der eingefleischte DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN-Fan mit Romero und Rubinstein und freut sich zu hören, dass an einer Fortsetzung gearbeitet wird. Er lädt Romero mit dessen zukünftiger Ehefrau Christine nach Rom ein. Hier könne er am Drehbuch – da noch unter dem Titel »Dawn of the Living Dead« – weiter arbeiten. George und Christine kommen der Einladung gerne nach. Der durchweg düstere und nihilistische Ton des Scripts ändert sich und wechselt durch einige entspannte und teils komische Szenen immer wieder in fast schon leichtfüßige Gewässer. Außerdem verpasst Romero später dem Drehbuch ein positiveres Ende (ursprünglich sollte die schwangere Fran am Filmende ihren Kopf in die laufenden Rotorblätter des Helikopters halten und von den Untoten aufgefressen werden). Da Argentos Englisch nicht das beste ist, muss er jede Drehbuchseite von Alfredo Cuomo – der die Männer auch einander vorgestellt hat – übersetzen lassen. Das hat natürlich einen Grund; Argento stellt mit seinem Bruder Claudio einen Teil des Budgets zur Verfügung – je 250.000 Dollar werden von den Argento-Brüdern und Laurel Entertainment übernommen (Rubenstein gibt später zu, dass es sich bei den offiziell kolportierten 1,5 Millionen Dollar Budget um eine gefakete Aufblähung des Budgets handelte, um ernster genommen zu werden und die Gelder aus dem internationalen Verkauf des Films zu maximieren). Für ihren Beitrag zum Budget dürfen die Italiener den Film in allen nicht-englischsprachigen Ländern in einer eigenen Schnittfassung vertreiben. Romero sagt, dass diese Zusammenarbeit eine der fruchtbarsten in seiner Karriere war, da er u.a. totale künstlerische Freiheit genoss.

Mitte November 1977 fällt die erste Klappe. Dank Romeros Freundschaft mit Mason, der günstigerweise im Management der Monroe Mall sitzt, kann das Filmteam für erschwingliche 40.000 Dollar Miete in der Mall filmen. Da der Publikumsverkehr weitergehen muss, kann jedoch nur nachts gedreht werden, was von den Filmemachern alles fordert: Abends nach Geschäftsschluss fällt das Filmteam in die Mall ein, baut auf, dreht die Nacht durch und muss um 7 Uhr in der Früh stoppen, da pünktlich per Zeitschaltuhr die Easy Listening-Musik der Mall gnadenlos durch die Gänge dudelt. Laut Special-Make-up-Meister Tom Savini fand das Team nie heraus, wie es den Timer hätte ausschalten können. Außenaufnahmen müssen sonntags stattfinden, wenn der Parkplatz leer ist. So geht es bis zum Weihnachtsgeschäft; während diesem muss wegen der allgegenwärtigen Weihnachtsdeko pausiert werden. Im neuen Jahr geht es in unvermindertem Rhythmus weiter. Produzent Rubinstein kann die Kooperation mit dem Mall-Management nicht hoch genug loben: »Es ist unmöglich für uns, den Wert der Nutzung der Mall in Dollar aufzuwiegen.« Romero ist ebenso begeistert von den Möglichkeiten vor Ort: »Ich hätte dort für immer drehen können.« Der Dreh selbst läuft dann auch ohne große Probleme ab; 31 der 44 ansässigen Geschäfte kooperierten mit den Filmemachern und lassen diese in ihre Räume. Romero gewährt seinem Team oft freie Hand bei der Gestaltung von Szenen und geht bereitwillig auf Vorschläge und Ideen ein. »Ich habe versucht, es für die Leute so spaßig wie möglich zu machen«, sagt er dazu. »Wir führen hier keine OP durch. Wir sollten einfach so viel Spaß wie möglich haben und ich liebe das Kollaborieren mit anderen Menschen. Wenn 20 Leute im Raum sind, willst du deren Ideen hören.« Kameramann Michael Gornick erinnert sich, dass Romero manchmal nur grobe Anweisungen gibt (etwa ›In die Richtung filmen wir und hier kommen Zombies.‹) und dann geht. »Ich bereitete die Einstellung vor und George kam zurück und fragte ›Wie sieht’s aus, Mann?‹« So kommt auch bei Schneestürmen, die das Team von Außenwelt und Verpflegung abschneiden, keine schlechte Stimmung auf. Natürlich gibt es kleinere Probleme; das Auto, mit dem die Eingeschlossenen durch das Einkaufszentrum rasen, erleidet einige Schäden, und die Statisten, die sich begeistert als Zombies zur Verfügung stellten, müssen zähneklappernd in T-Shirts über die eisigen Parkplätze wandeln. Doch ansonsten läuft der Dreh harmonisch. Für die Rocker-Gang, die mit ihrem Angriff auf die Mall den Anfang vom Ende einläutet, werden die lokalen Pagans angeheuert. Und die haben sichtlich Freude daran, durch die langen Gänge der Mall zu brettern und Zombies zu jagen. Apropos Statisten: Gibt es für die Zombiedarsteller in Produktionen wie THE WALKING DEAD (2010-2022) regelrechte Boot Camps, in denen sie lernen, sich wie Untote zu bewegen, denkt Romero nicht daran, den Zombiedarstellern Anweisungen zu geben: »Du musst ihnen nur sagen ›Sei tot‹«. Für ihn besteht nämlich die Gefahr, dass sich sonst alle gleich bewegen.

Weitere Locations neben der Mall sind der Harold W. Brown Memorial Flughafen in der Nähe, auf dem die Szenen gedreht werden, als der Hubschrauber tanken muss. Die Szenen in den oberen Stockwerken, wo Fran und die Männer ihr Lager haben, werden wie der Aufzugschacht in den Räumen der Produktionsfirma gedreht. Die Szenen im Waffengeschäft der Mall – aus Mangel eines solchen vor Ort – entstehen im Pittsburgher Waffengeschäft Firearms Unlimited, die Hafenszene am Monongahela River in Downtown Pittsburgh und die Szenen auf dem Parkplatz, auf dem Peter und Roger die Laster für die Blockade der Eingänge holen, filmt die Crew auf dem Gelände von B&P Motor Express Co., einige Kilometer von der Mall entfernt. Die Eröffnungssequenz, die in einem Fernsehstudio spielt und ein Cameo von Romero beinhaltet, entsteht im regionalen Sender WPGH-TV. Die Erstürmung des Wohnhauses im Anschluss wird großteils nahe der Point Park Universität in Pittsburgh gefilmt. Im Februar 78 ist der Dreh beendet und Romero kann sich dem Schnitt widmen, den er selbst übernimmt. Dank unzähligen Einstellungen und Perspektivwechsel, die Romero auch gefilmt hat, um Argento Varianten für seine eigene Schnittfassung zu Verfügung zu stellen, verfügt Romero über eine reichhaltige Auswahl an Material.

Sechster Hauptdarsteller neben den vier Hauptfiguren und der Mall ist das Zombie-Make-up von Maskenbildner und Teilzeit-Stuntman Tom Savini. Die nie zuvor in solch detaillierter Darstellung gezeigten Make-up-Effekte setzen vom Fleck weg Maßstäbe. Savini, der auch als Blades – eine von Savini am Set improvisierte Figur – eine Nebenrolle als Machete schwingender Rocker übernimmt, sollte schon zehn Jahre vorher in DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN die Effekte übernehmen, musste jedoch nach Vietnam. Die dort gesehenen Grausamkeiten führen zu den seinerzeit radikalsten Gore-Effekten in einem Film. Savini arbeitet nach Romeros MARTIN gerade an einem Theaterstück, als er eine Nachricht von Romero bekommt: ›Hey, wir haben noch einen Job. Denk dir Wege aus, Leute zu töten.‹ Und Savini beginnt zu denken… Nach DAWN OF THE DEAD wird er zwar noch viele Filme mit seinen Künsten beglücken – u.a. natürlich viele von Romeros Werken wie DAY OF THE DEAD und GESCHICHTEN AUS DER SCHATTENWELT (1990) –, doch DAWN OF THE DEAD wird für viele sein Meisterstück sein und ihn vor allem einem großen Publikum vorstellen. Dass Savinis Kultstatus vor allem auf DAWN OF THE DEAD zurückzuführen ist, versteht sich von selbst. Er selbst sieht eher DAY OF THE DEAD als sein bestes Werk an.

Da DAWN OF THE DEAD mit seinem 500.000 Dollar Budget noch immer weit unter den üblichen Kosten einer Filmproduktion liegt (die Gagen von Romero und Rubinstein kommen on top), ist die Produktion glücklich, dass sich auf ihren Statistenaufruf hunderte Freiwillige melden. Bei den mit ihrer Hilfe entstehenden Massenszenen wird aus Zeit- und Kostengründen später nur die erste Reihe detailliert geschminkt. Alles dahinter wird nur noch grau angepinselt. Warum im Film dennoch manche Zombies grün und bläulich sind? Savini erklärt es: »Sie waren alle grau – absolut grau –, aber das Filmmaterial, die Lichtverhältnisse, die Lampen, das Scheinwerferlicht… Durch die Kameras wurden sie manchmal blau, manchmal grün. Aber sie wurden grau gemacht. Sie sollten alle grau sein.« Nur bei einigen Zombies verliert sich Savini in Details und gibt ihnen Charakter und macht sich darüber Gedanken, wie diese Person wohl gestorben ist und wie das am besten dargestellt werden könnte. Savini beginnt sich regelrecht in seinem ersten großen Filmprojekt, in dem er der Hans Dampf in allen Gassen ist, zu verlieren: »Die Mall war ein einziger, großer Spielplatz. (…) Die Atmosphäre hatte was von Halloween und das jede Nacht. (…) Das Leben an sich war so langweilig verglichen mit dem Leben am Set von DAWN OF THE DEAD.« Manche der Figuren erlangen regelrechten Kultstatus, der Hare Krishna-Zombie oder der Krankenschwestern-Zombie sind nur zwei Beispiele. Deren Darsteller verdienen sich mit dem Aufkommen des Convention-Hypes ein erkleckliches Zubrot mit Fotos und Autogrammen.

Von kaum einem Film gibt es so viele verschiedene Fassungen wie von DAWN OF THE DEAD. Alleine drei offizielle Fassungen – der Argento Euro-Cut mit ca. 116 Minuten, der US-Kino-Cut von Romero mit ca. 127 Minuten und der Director’s Cut bzw. Cannes-Cut mit ca. 139 Minuten – sorgten vor dem Internetzeitalter für fragende Gesichter (Romero selbst spricht einmal scherzhaft gar von mindestens zehn Versionen). Welche ist denn nun die richtige? Schon Romeros Kinofassung und Argentos eigener Cut unterscheiden sich gewaltig in Tonfall und Tempo. Eine beliebte Filmversion ist der Ultimate Final Cut (156 Minuten) aus dem Hause Astro. Hier wurde alles an vorhandenem Material zusammengeschnitten, was greifbar war. Auf die 48minütige Super-8-Fassung sei der Vollständigkeit halber hingewiesen.

Auch die Filmmusik ist (zu großen Teilen) unterschiedlich. Lässt Argento seine Lieblingskomponisten der Gruppe Goblin seine Fassung untermalen, greift Romero großteils auf Stockmusic der De Wolfe Music Library zurück und nutzt Goblins Musik nur in Auszügen. Romeros Vorliebe für bereits existierende Stockmusic liegt nicht nur daran, dass er aus hunderten Musikstücken wählen kann. Diese typischen easy listening-Musikstücke unterstreichen auch den von ihm gewünschten Tonfall, um hier ironisch mit dem Konsumthema zu brechen. Romero will die Gewalt grotesk-comichaft überzogen darstellen und auch lichte Momente zulassen. Argento blendet diese Aspekte komplett aus. Er setzt auf Tempo und Düsternis.

Dass DAWN OF THE DEAD mit einem Konsumtempel als Hauptlocation, dem Verhalten seiner Figuren und vielen Anspielungen auf den Konsumterror klar Stellung gegen den Kaufrausch als Lebensinhalt und dessen Auswirkungen auf Mensch und Gesellschaft (und Untote) bezieht, muss nicht zum hundertsten Mal durchgekaut werden. Das trifft auch auf die in allen erdenklichen Medien aufgearbeitete Indizierungsgeschichte des Films zu. Auch existieren mehrere verschiedene Titel zu DAWN OF THE DEAD. Ein frühes Bootleg nennt sich ZOMBIES IM KAUFHAUS, die ersten offiziellen deutschen Fassungen nennen sich schlicht ZOMBIE – abgeleitet von Argentos italienischem Titel ZOMBI. Doch egal, um welche Fassung es sich handelt und welcher Titel drauf steht, am Ende zeichnet Romeros Film seine einzigartige Atmosphäre aus.

George A. Romeros DAWN OF THE DEAD als etwas anderes als einen Klassiker zu bezeichnen, wäre unverschämt; schließlich hat dieser meisterliche Prototyp des modernen Horrorfilms nicht nur Maßstäbe in Sachen Gewalt und Make-up-Kunst gesetzt. Auch festigt er den Ruhm und die Karriere seines Autors und Regisseurs und kurbelt nicht zuletzt die Laufbahn von Savini entscheidend an. Natürlich wirken die grüngesichtigen Untoten heute eher albern als furchteinflösend und auch das Kunstblut erscheint eher Orange bis Lila, doch 1978 ticken die Uhren anders. Das Publikum strömt in Scharen in die Kinos und die Moralapostel rufen das Ende der Vernunft aus. Bisweilen werden ganze Doktorarbeiten, Bücher und Dokumentationen über das Phänomen DAWN OF THE DEAD veröffentlicht. Nicht zu vergessen Zack Snyders vorzügliches Remake von 2004. Der Einfluss von DAWN OF THE DEAD auf die Popkultur ist immens. Nicht nur wird der Film in Filmen (Juan of the Dead), Serien (THE WALKING DEAD) und Computerspielen (»Resident Evil«) referenziert. Auch in der Musik hinterläßt er seine Spuren: Sampelten White Zombie in ihrem Song »Psychoholic Slag« noch Dialoge aus dem Film, gehen My Chemical Romance mit »Early Sunsets Over Monroeville« einen Schritt weiter und widmen dem Film einen ganzen Song. Die Sprites huldigen George A. Romero, Tom Savini und Dario Argento sogar in einem nach Romero benannten, zuckersüß vorgetragenen Song, und auch die Ärzte spielen in ihrem »Anti-Zombie« in der ersten Zeile des Films »In der Hölle ist kein Platz mehr…« auf die weltberühmte Tagline ›Wenn in der Hölle kein Platz mehr ist, kommen die Toten auf die Erde zurück‹ an. DAWN OF THE DEAD tritt eine Welle an Nachahmern los wie kaum ein anderer Film. Zu den bekanntesten zählen vor allem die italienischen Vertreter, wie der auch als ZOMBI 2 bekannte WOODOO – DIE SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES (1979) und dessen losen Nachfolger ZOMBIE 3 – EIN NEUER ANFANG (1988), ZOMBIES UNTER KANNIBALEN (1980) und EIN ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL (1980). Nicht zu vergessen DIE HÖLLE DER LEBENDEN TOTEN (1980), GROßANGRIFF DER ZOMBIES (1980) und ÜBER DEM JENSEITS (1981).

Audiokommentar George A. Romero, Christine Romero & Tom Savini auf der Anchor Bay Divimax DVD 2004.

Aviva Briefel & Sam. J. Miller: Horror after 9/11: World of Fear, Cinema of Terror 2011.

THE DEAD WILL WALK. Dokumentation. USA 2004. Regie: Perry Martin.

Markus Haage: Dawn of The Dead-Retrospektive in Der Zombie Nr. 3/2013.

Glenn Kay: Zombie Movies–The Ultimate Guide. Chicago Review Press, Inc. 2008.

Christoph N. Kellerbach: Dawn of The Dead Ultimate Edition-Booklet Koch Films 2022.

DOCUMENT OF THE DEAD

Dokumentation

USA 1979

Regie: Roy Frumkes

Mit Roy Frumkes, Ken Foree, Tom Savini, George A. Romero, David Emge, Scott H. Reinger, Gaylen Ross, Richard P. Rubinstein

Ursprünglich als THE PITTSBURGH PROJECT geplant, gilt Roy Frumkes Dokumentation über die Dreharbeiten von DAWN OF THE DEAD als einer der ersten Filme über Dreharbeiten. Gerade Ende der 70er / Anfang der 80er sind Filmdokus – oder eben Making ofs – rar gesät. Nur Großproduktionen wie KRIEG DER STERNE (1977) ist es vergönnt, dass ein Kamerateam hinter den Kulissen filmt. Und so eilt DOCUMENT OF THE DEAD schnell der Ruf des must see voraus; ein Film über die Entstehung des blutigsten und brutalsten Film aller Zeiten? Her damit! Doch der Siegeszug der VHS-Kassette ist noch Zukunftsrauschen.

Im Jahr 1977 ist Frumkes Lehrer an der New Yorker School of Visual Arts. Hier will er einen Lehrfilm über unabhängiges Filmemachen drehen. Welchen Film er begleiten will, ist schnell klar; Romero ist ein etablierter Filmemacher und DAWN OF THE DEAD scheint vielversprechend zu sein. Insgesamt kostet der 16mm-Film 33.000 Dollar und läuft in seiner ursprünglichen Fassung 66 Minuten. 1981 ist die Uraufführung, gefolgt von einer erfolgreichen Festivaltour. Doch trotz des Erfolgs ist das Interesse von Seiten der Verleiher nicht so groß wie von Seiten der Filmfans; niemand will die Doku vertreiben.

Erst 1988 macht ein früherer Schüler Frumkes den Vorschlag, DOCUMENT OF THE DEAD über seinen eigenen Verleih zu veröffentlichen. Um ihn jedoch etwas mehr up to date erscheinen zu lassen, besucht Frumkes Romero am Set vom 1990 veröffentlichten TWO EVIL EYES und dreht hier 24 Minuten auf Video nach. Diese werden ans Ende des Films geschnitten, wobei auch drei Minuten der Ur-Fassung entfernt wurden. Nun 85 Minuten lang, wird DOCUMENT OF THE DEAD auf Video veröffentlicht und der Traum vieler Zombiefans endlich wahr. Bei einem Meeting mit Don May, dem Chef des Verleihs Synapse, spricht man über die Lizenzierung von Frumkes sehenswertem Splatter-Spaß STREET TRASH (1987). May fragt beiläufig »Wie wäre es mit einem Update zum Thema DOCUMENT?« Frumkes hat schnell wieder Blut geleckt: »Also sagte ich ›Ich werde das endgültige DOCUMENT OF THE DEAD machen.‹ Ich rief George an, der gerade dabei war DIARY OF THE DEAD zu machen, und ich sagte: ›George, du kannst ewig weitermachen, aber nach diesem hier gebe ich es ab!‹« Es folgt also 2012 eine letzte Erweiterung auf 101 Minuten, mit dem gleichzeitigen Straffen von 20 Minuten an anderer Stelle. Frumkes erläutert dazu: »Ich werde das Original ein wenig kürzen und dreißig oder vierzig Minuten hinzufügen – aber es wird radikal anders sein müssen. Ich will nicht zu viel verraten, aber etwa zwei Drittel davon sind im Kasten, und ich habe großartiges Material.« Einzug halten nun der in der aktuellen Fassung außen vor gelassene DAY OF THE DEAD, das DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN-Remake von Tom Savini von 1990, Zack Snyders DAWN OF THE DEAD-Remake,LAND OF THE DEAD (2005), DIARY OF THE DEAD (2007) und SURVIVAL OF THE DEAD (2009). Außerdem werden Aufnahmen von Romero auf einer Convention und weiteres Interviewmaterial mit seiner Tochter integriert. Aus der anfänglichen reinen DAWN OF THE DEAD-Doku wird nun endgültig eine Romero-Zombie-Doku; der sogenannte ›Definitive Cut‹.

Dass DOCUMENT OF THE DEAD so einen Kultstatus einnehmen konnte, ist nicht verwunderlich, handelt es sich doch nicht nur um ein aufrichtiges Filmprojekt, sondern auch um eine der zur damaligen Zeit raren Möglichkeiten, hinter die Kulissen einer Filmproduktion zu blicken. Und dann auch noch bei einer der bis dato blutigsten! Romero höchstpersönlich führt Frumkes über die Sets, steht bereitwillig Frage und Antwort und kommt rüber wie ein netter, bodenständiger Typ. Dazu darf man Make-up-Koryphäe Tom Savini über die Schulter schauen, der mit kindlicher Freude über seine Arbeit spricht: »Zombies sind Menschen, die auf interessante Weise gestorben sind – oder auch auf uninteressante Weise. Eben Menschen, die gestorben sind und wieder lebendig geworden sind. Und ich mache sie hübsch zurecht.«

Devin Faraci: An Interview with Roy Frumkes: https://chud.com/7953/exclusive-interview-roy-frumkes-street-trash/.

Roy Frumkes: A Zombie’s Testament. Fangoria. Nr. 85, August 1989.

Gregory Lamberson & Roy Frumkes: Producing Screams and Laughter. Cheap Scares!: Low Budget Horror Filmmakers Share Their Secrets. McFarland & Company, Inc. 2008.

Schnittbericht DOCUMENT OF THE DEAD: https://www.schnittberichte.com/schnittbericht.php?ID=384283

WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES

ZOMBI 2

Italien 1979

Regie: Lucio Fulci

Mit Al Cliver, Ian McCulloch, Olga Karlatos, Richard Johnson, Tisa Farrow

Als im New Yorker Hafen ein verlassenes Segelboot dümpelt, staunt die Wasserpolizei nicht schlecht, als sich ein beleibter Zombie erst auf einen ihrer Männer stürzt, um dann gurgelnd im Wasser zu verschwinden. Reporter Peter West (Ian McCulloch) will herausfinden, was es damit auf sich hat. Zusammen mit Anne Bowles (Tisa Farrow), der Tochter des Bootsbesitzers, Abenteurer Brian (Al Cliver) und Susan (Auretta Gay) macht er sich auf nach Matool, einer kleinen Insel in den Antillen. Dort treffen sie auf Dr. Menard (Richard Johnson), der verzweifelt gegen eine Seuche kämpft, die Menschen und Verstorbene als Untote zurückkehren lässt.

Im Zuge des weltweiten Erfolges von Romeros DAWN OF THE DEAD will Produzent Ugo Tucci auch Geld mit Zombies verdienen. Landsmann (und DAWN OF THE DEAD-Co-Finanzier) Dario Argento verdiente mit der Auswertung in den nicht englischsprachigen Ländern unter dem Titel ZOMBI schließlich eine Stange Geld. Mit Joe D’Amato findet sich auch ein bekannter Regisseur, doch Tucci fürchtet, dass beim Erotikfilmer D’Amato selbiger Aspekt zu hoch ausfallen könnte. Mit den zusätzlichen Geldgebern Gianfranco Couyoumdjian und Fabrizio de Angelis wird das Budget erhöht, was Regisseur Enzo G. Castellari kurzzeitig ins Gespräch bringt. Der glaubt aber nicht, der richtige Mann für den Job zu sein. Um nicht einfach nur abzusagen oder sich die Auftragsarbeit zumindest ordentlich entschädigen zu lassen, stellt Castellari hohe Gagenforderungen – und ist raus. Zweite Wahl ist Lucio Fulci, der De Angelis mit seinen blutigen Gialli QUÄLE NIE EIN KIND ZUM SCHERZ (1972) und DIE SIEBEN SCHWARZEN NOTEN (1977) beeindruckt hatte. Fulci nimmt den Job an und schreibt das Drehbuch von Dardano Sacchetti und dessen Ehefrau Elisa Briganti um, Sacchetti will schließlich ›aus Gründen‹ nicht genannt werden. Das Drehbuch trägt ursprünglich den Titel »Nightmare Island« und ist stark beeinflusst von H. G. Wells’ Roman Die Insel des Doktor Moreau. Sacchetti wollte mit seiner Geschichte zurück zu Klassikern wie ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE (1943). Doch Sacchetti hat nicht die Rechnung mit Fulci gemacht; das Buch wird umgearbeitet und zu ZOMBI 2. »(…) Ich habe viel verändert«, gibt Fulci unumwunden zu. »Ich wollte einen total fantastischen Film machen, einen freien Film, im Gegensatz zu DIE SIEBEN SCHWARZEN NOTEN (1977). ZOMBI 2 basiert auf Empfindungen, auf Angst und natürlich auf Horror.« Von Mitte Juni bis Anfang Juli finden die Dreharbeiten im italienischen Latina und in Santo Domingo statt. Für die Aufnahmen in New York besucht man mit kleinem Team für wenige Tage New York City und dreht guerilla style ohne Genehmigung. D’Amato verwirklicht seine Variante eines Zombiefilms im Jahr darauf mit dem Zombie-Sexploitationer IN DER GEWALT DER ZOMBIES (1980). Mit ZOMBI 3 wird Fulci 1988 eine missratene Fortsetzung seines Films drehen. Wie Romeros Produzent Richard P. Rubinstein auf diesen angeblichen dritten Teil von DAWN OF THE DEAD reagiert hat, ist nicht überliefert. Dafür jedoch seine Reaktion auf Fulcis WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES: »Dario Argento war der italienische Produzent von DAWN OF THE DEAD und weder Dario noch ein anderer seiner Leute war in ZOMBI 2 involviert. Wenn der amerikanische Verleih etwas anderes behauptet, wird er sich wohl in einem Rechtsstreit wiederfinden.«

Hieß es im übergroßen Vorbild noch im Original »When there is no more room in hell, the dead will walk the earth«, wird hier mit »When the earth spits out the dead, they will rise to suck the blood of the living« versucht, eine ähnlich legendäre Tagline zu konstruieren. Doch das Pfund, mit dem Fulcis Film (auch ZOMBIE FLESH EATERS betitelt) wuchten kann, ist eher die unnachahmliche Atmosphäre, die sich durch den gesamten Film zieht. »Ich wollte die stimmungsvolle Atmosphäre von Hexerei und Heidentum einfangen, die vorherrschend gewesen sein muss, als sich die Europäer um 1700 in der Karibik niederließen.« Sei es der Anfang auf New Yorks Hudson River, die schwül-bedrohliche Stimmung auf Matool oder die raw & dirty anmutenden Gore-Effekte mit literweise Kunstblut; alles an WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES führt zu ungläubigem Staunen. Seinen Anteil daran hat auch der permanente Wind, der über Matool zu wehen scheint und alles in Staub hüllt. Irritierend zunächst auch die extreme Langsamkeit der Untoten, die nicht nur wie in Zeitlupe aus ihren Gräbern steigen, sondern mehr oder weniger im Gänsemarsch alles niederringen, was ihnen im Weg ist. Und es wird bald deutlich, dass es nicht um die Kraft der Zombies geht, sondern um ihr stoisches Vorwärtsdrängen. Da können die Protagonisten noch so schnell rennen, um sich schießen und sich in den Hütten verbarrikadieren; es gibt kein Entkommen. Wenn dann in einem der wohl apokalyptischsten Filmenden die Toten auf den Big Apple zuwanken, ist man sich sicher, dass es hier kein Happy End gibt – auch wenn die Hochhäuser etwas stabiler sein sollten als die Strohhütten in der Karibik.

WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES