Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
FIRST LADIES OF SPEED Die faszinierende Geschichte der schnellsten Frauen des 20. Jahrhunderts, auf der Straße, im Wasser und in der Luft. Wir möchten die Geschichten und Abenteuer all jener Frauen beschreiben, die sich seit Anfang der Motorisierung gegen alle Widerstände aufgemacht haben um zu zeigen, dass Frauen im Motorsport, ebenso wie in der Fliegerei, in der Lage sind großartiges und nie dagewesenes zu leisten. Diese Frauen waren durch ihre Entschlossenheit und ihren Mut in der Lage sich nicht nur mit den Männern Ihrer Zeit auf Augenhöhe zu messen, sondern neue Rekorde dort aufzustellen wohin die Herren der Schöpfung sich oftmals nicht hin trauten. Gleich fallen uns Namen ein, wie Elli Beinhorn, Amelia Earhart oder die unvergleichliche Clärenore Stinnes. Wer aber erinnert sich noch an Odette Siko, Mildred Bruce oder die erste schwarze Pilotin Bessie Coleman, die durch einen tragischen Fehler ihres Mechanikers ums Leben kam. Bücher und Berichte über die männlichen Helden des Rennsports gibt es tausende, aber nur wenige erzählen die ganze Geschichte. Die der Menschen, die Sport betrieben und Rekorde errungen haben aus Leidenschaft, unabhängig vom Geschlecht des Sportlers. Wir sehen in allen diesen Lebensgeschichten: Das Geschlecht spielt keine Rolle, die Herkunft ist nicht wichtig, das Alter kein Hindernis. Alles was zählt ist die Vision, der Glaube an sich selbst, und der Mut das zu tun was die innere Stimme einem sagt.
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 211
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Vorwort
Margaret Allan 1909 - 1998 Großbritanien
Elly Beinhorn 1907 - 2007 Deutschland
Adrienne Bolland 1895 - 1975 Frankreich
Lee Breedlove unbekannt USA
Sara Christian 1918 - 1980 USA
Mildred Bruce 1895 - 1990 Großbritanien
Patsy Burt 1928 - 2001 Großbritanien
Bessie Coleman 1892 - 1926 USA
Violette Cordery 1900 - 1983 Großbritanien
Maria Teresa de Filippis 1926 - 2016 Italien
Amelia Earhart 1897 - 1937 USA
Eileen Ellison 1910 - 1967 Großbritanien
Doreen Evans 1916 - 1982 Großbritanien
Janet Guthrie 1938 USA
Elisabeth Junek 1900 - 1994 Tschechoslowakei
Gwenda Hawkes 1894 - 1990 Großbritanien
Jutta Kleinschmidt 1962 Deutschland
Dorothy Levitt 1882 - 1922 Großbritanien
Elfrieda Mais 1892 - 1934 USA
Denise Mc Cluggage 1927 - 2015 USA
Ernestine Merck 1898 - 1927 Deutschland
Donna Mae Mims 1927 - 2009 USA
Pat Moss 1934 - 2008 Großbritanien
Michèle Mouton 1951 Frankreich
Shirley Muldowney 1940 USA
Joane Newton Cuneo 1876 - 1934 USA
Hellé Nice 1900 - 1984 Frankreich
Kay Petre 1903 - 1994 Kanada
Thea Rasche 1899 - 1971 Deutschland
Joan Richmond 1905 - 1999 Australien
Odette Siko 1899 - 1984 Frankreich
Betty Skelton Erde 1926 - 2011 USA
Louise Smith 1916 - 2006 USA
Dorothy Stanley Turner 1917 - 1995 Großbritanien
Clärenore Stinnes 1901 - 1990 Deutschland
Fay Taylour 1904 - 1983 Irland
Harriet Quimby 1875 - 1912 USA
Aloha Wanderwell 1906 - 1996 USA
Elsie „Bill“ Wisdom 1904 - 1972 Großbritanien
Kitty O‘Neil 1946 - 2018 USA
Wissenswertes aus der Geschichte des Motorsports
Wissenswertes aus der Geschichte der Luftfahrt
Quellennachweis
Das Zwanzigste Jahrhundert war wohl das mit den meisten Erfindungen, den unglaublichsten Entdeckungen, den schlimmsten Kriegen, den größten Völkerwanderungen und vielleicht den mutigsten und tapfersten Frauen der Weltgeschichte.
Bereits Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts gab es erste Versuche kluger und entschlossener Frauen sich weiterzubilden und ein Universitätsstudium zu absolvieren, was ihnen bis dahin untersagt war.
Man(n) war der Überzeugung, dass Frauen für eine höhere Bildung nicht geeignet seien und ihre Fortpflanzungsfähigkeit könnte sinken, wenn ihr Hirn überbeansprucht würde.
Erst ab dem Jahr 1900 war es im Großherzogtum Baden an den Universitäten Freiburg und Heidelberg Frauen erlaubt zu studieren, aber noch nicht zu promovieren. Trotzdem haben Frauen die Universitäten erobert und bewiesen, dass Forschung und Wissenschaft nicht nur Domänen der Männer sind.
Schon daraus erkennt man, dass Frauen immer kämpfen mussten, wenn sie bestimmte Ziele erreichen wollten.
Die Gleichberechtigung war noch sehr weit entfernt.
Als Otto Lilienthal und die Gebrüder Wright das Fliegen zum wagemutigen Experiment erhoben, waren es kurz darauf bereits einige unerschrockene Frauen, die ebenfalls den Himmel stürmen wollten.
Allerdings wurde es Ihnen - wie immer - sehr schwer gemacht.
Das gleiche galt für die ersten, spektakulären Autorennen, auf der Renn-Piste - oder als Rallye zu den entferntesten Punkten der Erde - aber auch die Frauen wollten dabei sein.
Stellvertretend für alle Frauen deren unterschiedliche Lebensläufe und wagemutigen Geschichten wir in diesem Buch darstellen, zitieren wir einen Satz, den die legendäre Amelia Earhart als Ermutigung allen anderen Frauen zurief:
„Von Zeit zu Zeit sollen Frauen all das tun was Männer bereits getan haben, und gelegentlich etwas tun, was Männer noch nicht getan haben, dadurch können sie sich als Persönlichkeiten erweisen und andere Frauen zu größerer Unabhängigkeit im Handeln und Denken ermutigen.“
Isolde Decker
Margaret Mabel Gladys Allan wurde 1909 in eine wohlhabende schottische Familie geboren, als Tochter von James Allan, dem Besitzer der 1854 gegründeten Reederei und Dampfschifffahrtsgesellschaft Allan Line.
Die Familie war sehr unkonventionell und fortschrittlich. Sie glaubten an das Recht einer Frau auf eigene Erfahrungen und Meinungen. Eine Schwester des Vaters war die bekannte Suffragette Janie Allan, und Margaret wurde in der unorthodoxen, modernen Bedales Schule in Steep, England erzogen. Ihre Mutter, eine begeisterte Reiterin, die die junge Margaret stets in ihrer Selbstständigkeit unterstützte, ermutigte sie auch als sie einen Führerschein machen und Auto fahren wollte.
Diese Voraussetzungen machten es Margaret leicht, bei Rennveranstaltungen und Trails erste Versuche zu starten - denn sie wollte unbedingt Rennfahrerin werden. Der Lagonda ihrer Familie war dazu wie geschaffen. In diesem Wagen, den sie ja genau kannte, absolvierte sie im Dezember 1930 erfolgreich den London - Gloucester - Trial und errang den Ladies' Prize.
In den nächsten Jahren fuhr sie bei den verschiedensten Veranstaltungen mit und hatte auch den einen oder anderen Erfolg zu verzeichnen.
Die erste Rallye auf internationaler Ebene, an der sie teilnahm, war die Rallye Monte Carlo im Jahre 1932. In einem Werks Riley Nine trat sie, mit Eve Staniland als Co-Pilotin, bei dieser schon damals weltberühmten Rallye an. Beide belegten den 10. Platz im Gesamtklassement und den zweiten Platz im Coup des Dames.
Das ermutigte Margaret Allan dazu, sich später im Jahr mit ihrem Bruder Hamish als Beifahrer, bei der Alpine Trial einzuschreiben. Diese einwöchige Motorsportveranstaltung galt damals als die anspruchvollste in ganz Europa. Margaret und Hamish starteten in einem Wolseley Hornet und errangen den Glacier Cup Prize für eine fehlerfreie Fahrt.
Das Jahr 1932 war wohl alles in allem sehr ermutigend für Margaret Allan, denn sie überzeugte nach einem Besuch der Brooklands-Rennstrecke ihren Vater, ihr einen schnelleren, aufgeladenen 2-Liter-Lagonda zu kaufen.
Jetzt hatte sie die Legitimation um auf der Brooklands-Strecke um Siege zu fahren. Über die nächsten Monate folgte nun eine Zeit des Trainings und des Testens. Bereits im nächsten Jahr, sie fuhr inzwischen einen 4,5 Liter-Bentley, gewann sie ihren ersten Rundkurs-Sieg.
Natürlich war den Organisatoren und Managern der großen Autofirmen die außergewöhnliche Begabung dieser jungen Rennfahrerin nicht entgangen, und in der Folge bot ihr das MG-Werksteam an, für das Staffellaufrennen in Brooklands 1934 festes Mitglied der Mannschaft zu werden. Bei diesem 200-Meilen-Rennen belegte sie mit ihrem rein weiblichen Team auf Anhieb den dritten Platz. Ein sintflutartiges Gewitter während des Rennens erschwerte das Erreichen des Podiums - aber dies war der Einstieg zum 24-Stunden-Rennen von Le Mans 1935.
Hier sollte sie mit einem werksgetunten MG-PA fahren. Sie wurde außerdem Mitglied von George Eystons so genanntem „Dancing-Daughters“-Damen-Rennteam. Mit Sicherheit war das All-Girl-Team eher ein inszeniertes Stück für die Presse als ein ernsthafter Versuch, eine Klasse zu gewinnen. Trotzdem machten die Damen das Beste daraus und brachten alle drei Autos erfolgreich ins Ziel, was 30 anderen Teams in diesem Rennen nicht gelang.
1935 war auch das Jahr, in dem Margaret Allan zum ersten Mal eines der Autos fuhr, mit denen man sie in der Rückschau am stärksten in Verbindung brachte: Richard Markers Bentley 4,5 Liter genannt „Old Mother Gun“. Dieses Auto hatte 1928 mit Woolf Barnato und Bernard Rubin am Steuer das 24-Stunden-Rennen von Le Mans als Werks-Bentley gewonnen und schon eine lange, erfolgreiche Renngeschichte hinter sich als Richard Marker es kaufte. Er baute den Wagen komplett um, verpasste dem Einsitzer eine stromlinienförmige Karosserie und stattete ihn mit einem deutlich leistungsgesteigerten 6,5-Liter-Motor aus. „Old Mother Gun“ das Monster, die Legende war geboren.
Margaret Allan fuhr nun von Erfolg zu Erfolg. Doch wie sich herausstellte, sollte 1936 die letzte Renn-Saison für die furchtlose junge Lady aus gutem Hause sein.
Im Jahre 1937 heiratete sie Christopher Jennings, einen Redakteur der Zeitschrift The Motor und zog sich völlig aus dem Rennsport zurück.
Während des Zweiten Weltkrieges diente sie als Krankenwagenfahrerin und wurde später nach Bletchley Park geschickt. Dort arbeitete sie im „Intelligence De-Coding Center“. Nach dem Krieg wurde sie eine erfahrene Automobil-Journalistin für die Zeitschrift „Vogue“ und viele bekannte Motorsport-Zeitschriften. Sie berichtete über Neuheiten und schrieb Test-Berichte.
Mit ihrer Familie, sie hatte inzwischen einen Sohn geboren, zog sie nach Schottland wo ihr Mann High-Sheriff wurde. Ihr Leben verlief nun in ruhigeren Bahnen. Margaret Allan wurde eine kompetente Gärtnerin und gewann nun auch auf diesem Fachgebiet mehrere Preise. Auf der Chelsea Flower Show erhielt sie sogar den Royal Horticultural Society Preis.
Margaret Allan starb im September 1998 in Carmarthenshire im Alter von 89 Jahren.
Rückblickend bewertete ein Redakteur des Magazins Motor Sport ihre Rennbilanz als „genauso gut ... wie jeder Mann mit vergleichbaren Autos“.
Sie hatte alle Schwierigkeiten gemeistert. Der österreichische Forscher Hugo Bernatzki plante 1931 eine Westafrika-Expedition und suchte für Luftaufnahmen noch einen Piloten. Und sie bewarb sich um diese Position.
Der Präsident der Luftfahrtindustrie, Admiral Lahs, stellte Elly Beinhorn eine D-1713 zur Verfügung. Ihr eigenes Flugzeug, eine Messerschmitt, hatte sie als Pfand in Berlin lassen müssen, weil sie sich die Kasko-Versicherung für die D-1713, eine Klemm KL 25 Ia, die ihr für diesen Auftrag geliehen worden war, nicht leisten konnte. Das Geld für die Überholung dieser gebrauchten Maschine für eine Tropen-Ausrüstung sowie die Visa- und Einfluggenehmigungen überstiegen bei weitem ihre Ersparnisse und sie musste sogar noch einen Kredit aufnehmen.
Aber sie hatte ihr Ziel erreicht. Sie flog über Spanien und Gibraltar auf den Afrikanischen Kontinent. Unter ihr, an der Westküste Städte wie Tanger, Rabat und Casablanca. Ihr Ziel war Dakar, der Ort, der für die nächste Zeit der Stützpunkt der Expedition sein würde. Im Laufe der folgenden Wochen erkundete sie die Gegend und machte die geplanten Luftaufnahmen.
Nach mehr als zwei Monaten, noch vor Beginn der Regenzeit, verließ Elly Beinhorn das Expeditionsteam, da ihre Aufgabe hier erfüllt war. Beim Rückflug nach Deutschland musste sie zwischen Bamako und Timbuktu wegen einer geplatzten Ölleitung im Sumpfgebiet des Niger notlanden. Bei einem Stamm der Ureinwohner fand sie Aufnahme, so dass sie einen Boten nach Timbuktu schicken konnte. Ein französisch sprechender Soldat wurde geschickt um sie nach Timbuktu zu führen. Krank und völlig erschöpft kam sie dort an. Sie hatten die Strecke zu Fuß und per Boot gemeistert und während der langen Zeit in den Sümpfen erinnerte sie sich, welche Strapazen und Mühen sie schon auf sich genommen hatte.
Geboren wurde Elly Maria Frida Beinhorn im Jahre 1907. Ihre Eltern gaben ihr die Sicherheit einer sehr behüteten Kindheit. Aber vielleicht war gerade das der Grund, dass sie lieber frei sein wollte. Schon als ganz junges Mädchen mit sechzehn Jahren, bewarb sie sich beim Tierpark Hagenbeck und bei der UFA um an Tierfang- und Filmexpeditionen teilnehmen zu können.
Aber nachdem sie einen Vortrag des Fliegers Hermann Köhl über seine Atlantiküberquerung gehört hatte, stand ihr Entschluss fest: Sie wollte Pilotin werden. Schon am nächsten Tag wollte sie sich als Flugschülerin beim Hannoverschen Aero-Club anmelden - aber sie wurde nicht angenommen, weil weibliche Piloten keine Berufschancen haben.
Sie gab nicht auf und bewarb sich bei der Deutschen Luftfahrt GmbH in Berlin und wurde angenommen. Die 2000 Reichsmark Ausbildungsgebühren bezahlte sie von ihrem ersparten Geld.
Obwohl ihre Eltern strikt dagegen waren, begann sie die Ausbildung. Mit 21 Jahren, als sie volljährig geworden war, verließ sie ihr Elternhaus und zog nach Berlin-Spandau um am Flugunterricht in Berlin-Staaken teilnehmen zu können. Ihren ersten Alleinflug bezeichnete sie später als das Tor zu einer „neu geschenkten Welt.“
Sie machte nicht nur den A-Schein sondern ein Jahr später auch den Kunstflugschein II. Damit erschloss sie sich neue Einnahmequellen als Kunstfliegerin auf Jahrmärkten. Mit dem späteren Erwerb des A1-Scheins für Seeflug, des B1-Scheins und einem Blindflug-Pilotenschein schloss sie ihre Ausbildung ab.
Fortan bestritt sie ihren Lebensunterhalt durch Kunstflüge mit einem eigenen Flugzeug, einer Messerschmitt M23b, die sie in Raten abbezahlte.
Und nun der große Erfolg. Nachdem sie über Wien allein zurück nach Deutschland geflogen war, wurde sie hier von einem Luftgeschwader empfangen und landete am 29. April in Berlin. Durch die groß aufgemachten Berichte in allen Zeitungen wurde sie schlagartig zu einer nationalen Berühmtheit. Elly Beinhorn war nun in der Lage ihre Schulden zurückzuzahlen. Sie hielt Vorträge, gab Interviews und lieferte Fotoberichte.
Längst hatte sie schon wieder ein neues Projekt im Auge, das vorbereitet und finanziert werden musste - eine Weltumrundung!
Sie wollte 1931 die Erste sein, die es schafft, die Erde im Alleinflug zu umrunden. Sie startete mit einer offenen Klemm KL 26 mit 80 PS-Motor und flog über Breslau, Budapest, Belgrad und Sofia nach Istanbul. Dann überquerte sie den Bosporus und kam in einen Sturm, der die Maschine beschädigte. In Aleppo, wo sie nach einem Nachtflug landete, wurde ihre Maschine von französischen Militärfliegern wiederhergestellt.
Entlang des Euphrat erreichte sie Bagdad und wurde dort vom Generalkonsul Litten empfangen, der ihr mehrere Empfehlungsschreiben ausstellte, die ihr beim Weiterflug über die vielen Länder behilflich sein sollten.
Elly Beinhorn lernte auf dieser Weltreise unter anderen den Reiseschriftsteller Richard Halliburton kennen, der sich ebenfalls auf einer Weltreise befand. Sie vereinbarten, Weihnachen 1931 zusammen in Delhi zu verbringen. Während dieses Aufenthaltes besuchte Elly Beinhorn das Taj Mahal.
Wegen der politischen Unruhen in der Mandschurei änderte sie ihre Route und wollte nun über Australien weiterfliegen.
Auf ihrem Weiterflug wurde sie in Siam dem Königspaar vorgestellt. Über Singapur ging es Richtung Sunda-Inseln weiter und über den Äquator in Richtung Süden.
Als Elly Beinhorn in Java ankam, begann gerade die Regenzeit und deshalb flog sie weiter über Surabaya auf die Insel Sumbawa. Nun wollte sie über die Timorsee nach Australien.
Nach sieben Stunden erreichte sie im März 1932 Darwin, wo sie von einem begeisterten Publikum empfangen wurde. Nach zwei Tagen Aufenthalt flog die junge Pilotin weiter in Richtung Sydney wo sie am 2. April eintraf.
Fast einen Monat blieb sie in Sydney und bereitete hier den Flug nach Südamerika vor. Der Direktflug war für die kleine Maschine zu weit und darum wurde sie zerlegt und auf einem Schiff nach Neuseeland gebracht.
„Mein erster Alleinflug war das Tor zu einer neu geschenkten Welt“
Elly Beinhorn fuhr ab Wellington mit einem Touristenschiff nach Panama. Die Reise dauerte ca. einen Monat. Auf einem US-amerikanischen Militärflugplatz in Colón fand sie dann die nötige Unterstützung. Ihre Maschine wurde wieder aufgebaut und mit sechs zusätzlichen Tanks versehen, die ihr einen ununterbrochenen Flug von elf Stunden ermöglichen sollten.
Über Trujillo und Lima in Peru flog sie weiter nach Chile und Buenos Aires, Argentinien. Sie wollte zunächst nach Rio de Janeiro fliegen, aber das schlechte Wetter zwang sie die Klemm wieder abzubauen und bereits in Argentinien an Bord eines Schiffes zu gehen.
Am 1. Juli 1932 fuhr sie nach Rio. Dort stellte man ihr eine Maschine zur Verfügung mit der sie nach Salvador de Bahia fliegen konnte. Dies war die letzte Station ihrer Weltreise.
Während der dreiwöchigen Überfahrt nach Bremerhaven schrieb sie an ihrem späteren Bestseller „Ein Mädchen fliegt um die Welt“. Eine jubelnde Menge empfing sie dort und nachdem die Klemm wieder zusammengebaut war, flog Elly Beinhorn am 26. Juli 1932 zum Empfang nach Hannover und schließlich zurück nach Berlin, wo sie ebenfalls frenetisch gefeiert wurde.
Es wartete aber nicht nur Freude auf sie. Ihre Schulden hatten sich inzwischen auf stattliche 16.000 Mark summiert.
Dieses Problem löste Paul von Hindenburg, der ihr den mit 10.000 Mark dotierten Hindenburgpokal überreichte sowie der Reichsverband der Deutschen Flugzeugindustrie der die restliche Summe ausglich.
Im Sommer 1933 bereitete sie sich auf ihren nächsten Rekordflug vor: Eine Afrika-Umrundung.
Dabei legte sie 28.000 Kilometer zurück. Die Erlebnisse auf diesem Flug beschrieb sie in dem Buch „Berlin - Kapstadt - Berlin“. Mit einer deutlich schnelleren Maschine, einer KL 32 mit 160 PS-Motor startete sie zu einem erneuten USA-Flug.
Durch ihre Popularität war es nun für sie einfach, das nötige Kapital für dieses Unternehmen aufzubringen.
Durch Vorträge, Reiseberichte und Filme verdiente sie innerhalb weniger Monate das notwendige Polster um dieses neue Abenteuer zu bewältigen.
Sie startete 1934 mit einer neuen Klemm KL, die deutlich schneller war als die Vorgänger. Bei dieser Reise verband sie ihr Interesse an den Maya-Kulturen in Süd-Amerika mit dem Flug in die USA.
Da sie wegen eines Propellerschadens pausieren musste, nutzte sie die Gelegenheit, um sich einen weiteren Traum zu erfüllen. Sie verbrachte mehrere Wochen allein auf dem Gelände der Stadt Chichén Itzá, Mexiko. Diese Ruinenstadt, deren Gebäude in einem Umkreis von 3 Kilometern auf Terrassen und Pyramiden im 6. Jh. gegründet wurde, war bei der Ankunft der Spanier schon verfallen.
Elly Beinhorn konnte nach der Reparatur ihren Flug in die USA fortsetzen und erreichte zunächst Los Angeles. Hier verbrachte sie einige Wochen und flog dann weiter nach Kansas um die bis dahin wohl bekannteste amerikanische Pilotin Amelia Earhart zu treffen.
Für das Jahr 1935 plante sie einen weiteren Rekordflug: Zwei Kontinente in 24 Stunden.
In den USA hatte sie mehrere Flugzeugfabriken besichtigt und war beeindruckt von dem Stand der dortigen Technik. Bei den Bayrischen Flugzeugwerken fand sie ebenbürtige Maschinen mit genügend Komfort und Leistung.
Das Flugzeug, welches ihr vom BFW-Vorstand zur Verfügung gestellt wurde, taufte sie auf den Namen „Taifun“.
Bis zum Beginn des Krieges 1939 flog Elly Beinhorn acht Maschinen dieses Typs. Am 13. August 1935 startete sie zu ihrem neuen Rekordversuch in Gleiwitz und flog über Ungarn und die Transsilvanischen Alpen bis nach Istanbul. Dort verließ sie den europäischen Kontinent und erreichte den Wendepunkt ihrer Reise, das asiatische Haidar-Pascha. Hier konnte sie allerdings nicht landen, so dass ihr Ankommen nur von einem türkischen Major beurkundet wurde. Nach 3470 Kilometern war sie wieder zurück in Berlin und hatte wieder einen neuen Rekord aufgestellt.
1991 wurde Elly Beinhorn mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse ausgezeichnet.
Im September 1935 lernte Elly Beinhorn den Rennfahrer Bernd Rosemeyer kennen. Er hatte auf dem Masaryk-Ring in der Tschechoslowakei gerade seine ersten Rennsiege errungen.
Von nun an war Bernd Rosemeyer immer an ihrer Seite, wenn es seine Zeit erlaubte. Im Juli 1936 heirateten sie. Sofort nach der Hochzeit trainierte Rosemeyer für den Großen Preis von Deutschland auf dem Nürburgring, und sie testete neue Flugzeuge für einen weiteren Rekordversuch. Dieser neue Rekord sollte sie an einem Tag über drei Kontinente führen.
Am 6. August 1936 flog sie von Istanbul nach Kairo und weiter nach Berlin. Sie flog an einem Tag 3750 Kilometer und überquerte dabei drei Kontinente: Asien - Afrika - Europa.
Bernd Rosemeyer fand Gefallen an der Fliegerei und nahm nun auch Flugstunden. Bei den Autorennen in Europa, Asien und Afrika begleitete ihn seine Frau, die inzwischen schwanger war. Am 12. November 1937 kam in Berlin ihr Sohn, Bernd Rosemeyer junior zur Welt.
Am 28. Januar 1938 wurde der Wagen Bernd Rosemeyers während eines Rekordversuchs auf der Autobahn Frankfurt - Darmstadt bei einer Geschwindigkeit von ca. 430 km/h von einer Windböe erfasst und überschlug sich mehrmals. Bernd Rosemeyer war sofort tot.
In den darauffolgenden Monaten schrieb Elly Beinhorn eine Biografie über ihren verstorbenen Mann. Eigentlich hatten sie eine gemeinsame Biografie über ihr aufregendes wunderbares Leben veröffentlichen wollen - nun war es die Geschichte eines einzelnen wagemutigen Menschen geworden. Das Buch wurde zu einem Bestseller und verkaufte sich über 200.000 Mal.
Danach begann sie wieder zu fliegen. Es half ihr sehr, in ihr gewohntes Leben zurückzukehren.
Sie übernahm nun Aufträge der Messerschmitt AG. Diese führten sie nicht nur durch Europa sondern auch nach Asien, wo sie einem Maharadscha ein Flugzeug vorführen sollte.
Ihr Sohn lebte während dieser Zeit bei seinem Großvater väterlicherseits in Lingen. Zwei Monate nach ihrer Rückkehr aus Asien begann der Zweite Weltkrieg und Sportfliegen war nicht mehr möglich. Ihr eigenes Flugzeug, die „Taifun“ wurde beschlagnahmt um bei der Luftwaffe als Kuriermaschine eingesetzt zu werden.
1941 heiratete Elly Beinhorn den Kaufmann Karl Wittmann und lebte mit ihm und ihrem Kind in Berlin. Nach einem Jahr bekam sie ihre Tochter Stefanie Elly Barbara.
Anders als manche anderen der bekannten Pilotinnen ihrer Zeit war Elly Beinhorn keine Luftwaffenpilotin. Sie stellte jede fliegerische Tätigkeit ein um in der Nähe ihrer Kinder zu sein.
Die Bombardierungen Berlins veranlassten sie zunächst nach Bayern und dann nach Ostpreußen zu ziehen. Als die Ostfront immer näher rückte, flüchtete sie mit ihren Kindern nach Trossingen und lebte dort in den nächsten zehn Jahren.
Nach dem Krieg war es deutschen Staatsbürgern zunächst verboten zu fliegen.
Im Frühjahr 1951 bekam Elly Beinhorn ein Angebot aus der Schweiz zur Charterung einer Piper mit 65 PS. Zusätzlich wurde ihr zugesichert, dass sie ihren Pilotenschein erneuern kann, was in Deutschland immer noch nicht möglich war.
So ausgerüstet arbeitete sie als Journalistin und Fotografin für eine Illustrierte. Ausgangspunkt ihrer Flüge war der Flughafen von Neuchatel-Colombier.
1954 zog Elly Beinhorn mit ihren Kindern von Trossingen nach Freiburg, wo sie ein eigenes Haus besaß. Ihr zweiter Ehemann hatte sich inzwischen von ihr getrennt. Sie verdiente den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder durch Vortragsreihen und Fernsehsendungen im WDR.
Als in Deutschland das Fliegen wieder erlaubt war, erneuerte sie auch ihren Kunstflugschein. Schon bald errang sie wieder Pokale und Medaillen.
1979 gab die damals 72-Jährige freiwillig ihren Pilotenschein ab. Sie lebte bis zum Schluss in einem Seniorenheim in München wo sie am 28. November 2007 mit einhundert Jahren starb.
Beerdigt ist Elly Beinhorn in Berlin-Dahlem auf dem Waldfriedhof neben ihrem ersten Mann, der Rennlegende Bernd Rosemeyer.
Das Leben von Elly Beinhorn war nicht nur wegen ihrer fliegerischen Fähigkeiten bemerkenswert, sondern auch, weil sie es als Frau gegen viele Vorurteile und Widerstände geschafft hat sich durchzusetzen.
Als sie 1930 ihre Fliegerkarriere begann, gab es in Deutschland nur 21 Pilotinnen. Sie war die erste Frau, die alle fünf Erdteile mit dem Flugzeug überflog und gehört bis zum heutigen Tag zu den berühmtesten Fliegerinnen der Welt.
Seit 1913 hatten Piloten versucht, die Anden zu überqueren, und der Nationalkongress von Chile hatte ein Preisgeld von 50.000 Pesos für die erste erfolgreiche Überquerung der Gebirgskette zwischen dem 31. und 35. Breitengrad, wo die höchsten Gipfel liegen, durch einen Chilenen ausgelobt, wenn es nicht ein Ausländer vorher schafft.
Der chilenische Offizier Dagobert Godoy erhielt den Preis 1918. Doch nun war sie hier - eine junge Frau mit nur 40 Stunden Flugerfahrung. Ohne Karte und ohne Kenntnis der Gegend in der sie sich befand. Es war der 1. April 1921 als sie in Mendoza abhob. Rene Caudron, ihr Chef und der Besitzer der Flugzeugwerke in Le Crotoy, hatte ihr eine G3 zur Verfügung gestellt.
Am Abend vor dem Ereignis, erzählte Adrienne Bolland später, besuchte sie eine junge Frau französischer Herkunft in ihrem Hotel in Buenos Aires. Adrienne Bolland dachte zunächst, die schüchterne junge Frau wolle sie von ihrem Vorhaben abhalten und bat sie, sich kurz zu fassen. Die Frau hingegen gab ihr genaue Instruktionen, wie sie sich bei der Überquerung der Anden zu verhalten habe.
„Achten Sie darauf, wenn Sie einen See in Form einer Auster sehen, dann nicht nach rechts zu steuern; in Richtung einer hohen Bergwand, die aussieht wie ein umgedrehter Stuhl. Das ist zu gefährlich. Wenn Sie dahin steuern sind Sie verloren! Fliegen Sie nach links, gegen die Bergwand!“
Bollands Flug war eine besondere Herausforderung. Die G3 konnte nicht viel höher als 4.500 m fliegen. Das war unterhalb der höchsten Gipfel in den Anden, die mit dem Aconcagua bis zu fast 7.000 m hoch sind. Also musste sie zwischen den Gipfeln und drum herum fliegen und durch die Täler und somit eine riskantere Route als ihr Vorgänger Godoy nehmen.
Der Fliegeranzug und der Pyjama, den sie unter der Lederjacke trug, waren mit Zeitungspapier ausgestopft, aber das half ihr nicht, gegen die Kälte anzukommen.
Die junge Französin war inzwischen steif gefroren. Das Flugzeug hatte keine Windschutzscheibe, so dass sie unentwegt dem Wind ausgesetzt war. Sie saß in dem winzigen, wannenartigen Cockpit der G3 über den Bedienelementen während ein eisiger Wind die Blutgefäße in ihren Lippen und ihrer Nase platzen ließ. Von der kalten Luft in dieser Höhe und dem auslaufenden Blut, welches auf ihrer Haut gefror, kam sie sich vor wie eine Mumie. Die bittere Kälte verbrannte ihre Hände und Füße. Sie fühlte sich schwindlig und konnte in der dünnen Atmosphäre kaum noch atmen. Die Versuchung war stark umzukehren, aber Adrienne gab dennoch nicht auf.
Plötzlich entdeckte sie den austernförmigen See und tat, was die junge Frau in Buenos Aires ihr gesagt hatte:
„Ich musste mich entscheiden, denn merkwürdigerweise habe ich dem Mädchen vertraut.“ Sie drehte links ab zu der Bergwand und glaubte schon, sie würde daran zerschellen. Jedoch entdeckte sie schnell, dass der Wind, wenn er auf den Berg trifft, aufgrund der Thermik in den Himmel abgelenkt wird. Die wärmere Luft hob das Flugzeug an und trug es hoch, bevor es die Felswand streifte und schon bald gab es eine Bresche zwischen den Gipfeln und darunter die Ebenen von Chile.
Nach 4 Stunden und 17 Minuten landete Adrienne Bolland in Santiago, der Hauptstadt. Tausende Menschen hatten sich hier versammelt, um die Heldentat dieser mutigen Frau zu feiern. Nicht jedoch der französische Konsul, er hatte geglaubt die Überquerung der Anden - im Flugzeug mit einer französischen Pilotin sei ein Aprilscherz. Sie wurde von den Feiernden „Göttin der Anden“ genannt. Aber Adrienne lehnte den Beifall ab. Sie sagte: “Was ist Ruhm? Ruhm ist nichts wert, verglichen mit der inneren Freude, etwas vollbracht zu haben!“ In Frankreich blieb ihre Leistung fast unbeachtet.
Aber wer war diese Adrienne Bolland? Wo kam sie her und was hat sie bewogen diesen Wahnsinnsflug zu riskieren?
Sie wurde am 25. November 1895 in Arcueil bei Paris geboren. Als jüngstes von sieben Kindern einer belgischen Emigrantenfamilie lernte sie deshalb sehr früh, sich gegen alle Widerstände durchzusetzen. Das war in ihrem ganzen Leben der Grundgedanke. Sie sagte von sich selbst: “Ich habe niemals nachgegeben. Niemand konnte meine einmal gefasste Meinung ändern!“
Um die Aufmerksamkeit ihres Vater zu erhalten, entwickelte sie eine ungeheure Durchsetzungsfähigkeit und war als der kleine „Schreck“ in der Familie bekannt. Die Zeit des Erwachsenwerdens, in den Jahren nach dem ersten Weltkrieg, war im Paris der zwanziger Jahre besonders aufregend und wild.