Flatterherz - Henry-Martin Klemt - E-Book

Flatterherz E-Book

Henry-Martin Klemt

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Beschreibung

Männer werden erst durch Frauen erwachsen, einigermaßen jedenfalls und wenn sie die Frauen lieben. Henry-Martin Klemt hat das sein Leben lang getan. Der 1960 in Berlin geborene Dichter ist zweimal der großen Liebe begegnet. Aber nicht nur ihnen wendet sich Klemt in seinem neunten Gedichtband „Mich ritt die schöne Kellnerin“ zu. In einem einzigartigen Zyklus von 20 Sonetten beschreibt er Begegnungen voller Leidenschaft, Inspiration und Tiefe, die einen Augenblick umfassen oder ein ganzes Leben. Glück und Erfüllung, Schmerz und Trauer fließen ineinander. Freude an der Körperlichkeit prägt die Bilderwelt des Dichters, für den nicht Gewalt und Härte, sondern Kraft und Weichheit Ausdruck menschlicher Stärke sind. Philosophische Verse wechseln mit ernsten und heiteren Liedern. Klemt vergewissert sich in der Liebe seiner selbst, zeichnet in seinen zärtlichen, manchmal skurrilen Balladen Porträts, die über die Beziehung zwischen zwei – oder mehr – Menschen hinausgehen, und führt nebenher ein Stück durch die Zeit und durch die Welt. Wenn es Gott gibt, ist sie eine Frau, schreibt Klemt, und lädt zur Liebe ein aus Erfahrung: Das Hohelied ist nie umsonst gesungen, und wer es hört, der geht nicht, sondern tanzt…

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EPUB
MOBI

Seitenzahl: 86

Veröffentlichungsjahr: 2016

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Für Rita

Flatterherz

Henry-Martin Klemt

Liebesgedichte

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2016 Henry-Martin Klemt

Titelfoto: Henry-Martin Klemt

Foto Rücktitel: Peter Zenker

Herstellung und Verlag: tredition

978-3-7345-1096-0 (Paperback)

978-3-7345-1097-7 (Hardcover)

978-3-7345-1098-4 (e-Book)

Die kluge Fischerstochter

Du musst mir die Liebe

erklären

nur anders

als allen vorher.

September 2015

Also werde ich singen

***

Eine Frau war gegangen

Durch den Raum ohne Türen

Die Meere fingen ihr Bild

Die Berge blickten ihr nach

Die gleiche Erde berühren

Für ein Leben

Ist das genug

Mai 2004

Tagebuch 1978

Für Bettina

Noch brannten die Gaslaternen

der Kindheit in mir. Wo längst

Beton gesät war, spürte

mein Fuß noch die Erde,

und ich fragte nie, wie viele

sich wärmen an uns, bevor sie

die Asche hinter sich streun.

Du konntest neben mir

die Augen schließen: Ich

war da, wie der Regen, und du

warst da, wie der erste

Abschied, der sterblich macht.

1993

Damals mit B.

Rose im Licht.

Laken im hautwarmen Wasser.

Nackt sein. Tanzen. Tanzen

auf zerbrochnem Glas.

Vorher und Nachher:

Wachs in der gleichen Flamme.

Blaue Wunde Himmel.

Grüne Narbe Gras.

November 1984

Frühe Begegnung

Wie ich dir Brücke aus der Kinderzeit,

die, kaum dass du darüber warst, verschwand,

warst du der Regenbogen, weit gespannt

durch meine erste Uferlosigkeit.

August 1980

Landläufiges Lied

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt,

im Karree und immer im Karree.

Ob sie noch ihr Fenster offen hat?

Ob ich sie heut nacht noch einmal seh?

Brennt kein Licht dort, ist sie nicht zu Haus.

Wenn es leuchtet, wer ist dann bei ihr?

Kenn mich nicht mehr. Kenn mich nicht mehr aus.

Stehe Stunden vor der Fahrstuhltür.

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt.

im Karree und immer im Karree.

Steh am Fluss. Der Fluss hat mich so satt.

Sind das ihre Spuren hier im Schnee?

Auf den Stufen saß sie, neben mir.

Es war Herbst. Bald bricht der Frühling an.

Jetzt erzähl ich, jetzt erzähl ich ihr

alles, was ich doch nicht sagen kann.

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt,

im Karree und immer im Karree.

Jeden ihrer Kerle mach ich platt.

Ein Kaninchen frisst den ersten Klee.

Im Papierkorb kramt ein alter Mann,

findet ein paar Scheiben Brot darin,

die er mit den Tauben teilen kann,

wenn ich endlich fortgegangen bin.

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt,

im Karree und immer im Karree.

Sommerregen macht die Straßen glatt,

eh die Nacht zurückkriecht in die Spree.

Wo am Kirchturm sich die Zeiger drehn,

rückwärts, vorwärts, keine Ahnung, wie,

werden alle Straßen zu Museen.

Niemand weiß es, doch hier wohnte sie.

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt,

im Karree und immer im Karree.

Such den Ort, der mich verlassen hat,

sich versteckt und wartet, dass ich geh.

Eine rote, rohe Ziegelwand

sahn wir aus dem schmalen Fenster nur.

Dielen knarrten, ein Topf Geranien stand

auf dem Fensterbrett im Treppenflur.

Weiter treib ich, weiter durch die Stadt,

im Karree und immer im Karree.

Jahre fallen, Blatt um Blatt um Blatt,

voller Zeichen, die ich nicht versteh.

Und mein Lied hat keinen letzten Ton.

Irgendwo hier hat er sich verirrt.

Manchmal hör ich meine Mutter schon:

Komm nach Hause, wenn es dunkel wird.

Juli 2012

Kleines Abendlied

Der Abend zerrinnt.

Ein Vogel aus Rauch

Und Asche erdacht.

Worte sind blind.

Sie suchen nach dir

Und falln in die Nacht.

1981

Moment

Fenster im vierzehnten Stock.

Einer nennt’s Tür.

Nun sagt es Vogel zu ihm.

Er öffnet’s und denkt:

Ein Fenster kann gar nichts sagen,

außer: Na, flieg schon!

Darauf wartet er jetzt.

1983

***

Schließ deine Tür nicht vor der Nacht

solang noch Licht aus deinem Fenster dringt.

Es hat sich einer auf den Weg gemacht

zu deinem Haus. Vielleicht hat er gedacht,

dass er in der Dunkelheit ertrinkt.

Lass ihn ein. Mein Platz ist leer.

Lass ihn sitzen, wo mein Glas noch steht.

Solche kommen manchmal von weither.

Lass ihn reden, bis die Lider schwer

und der Morgen fahl ins Zimmer weht.

Gib ihm keinen Namen. Gib ihm dich.

Alle, die noch kommen, sind verirrt.

Immer wieder lockt ein heller Strich

uns zu Fremden. Aber was, wenn nicht

uns am End die Tür geöffnet wird?

Lass ihn ein. Mein Platz ist leer.

Lass ihn sitzen, wo mein Glas noch steht.

Solche kommen manchmal von weither.

Lass ihn reden, bis die Lider schwer

und der Morgen fahl ins Zimmer weht.

1982

Romantische Ballade

Für Bettina

An einem Wintertag nach beinah zwanzig Jahren

fuhr er zu ihr, als wäre nie etwas geschehn.

Sie lachte, sprach, wie damals, als sie siebzehn waren,

und ihr Gesicht – er konnte sich nicht satt dran sehn.

Es wurde später. Ihre Kinder gingen schlafen.

Sie stellte Kerzen auf den Tisch und holte Wein.

Er sah sie vor sich, so wie sie sich damals trafen.

Dann warn sie still und jeder trank für sich allein.

Er sah die Männer vor sich, die sie später hatte,

und im Regal sah er das Bild von einem Mann.

Sein Herz schlug härter und die Welt versank in Watte.

Nur einer fehlte ihr zum Glück von Anfang an.

So wie es schneit, wär es wohl besser, hier zu bleiben,

sah er sie sagen. Warum hörte er sie nicht?

Die Flocken schlugen krachend an die Fensterscheiben,

wie weiße Falter auf der Suche nach dem Licht.

Er hatte Lust, sie einfach in den Arm zu nehmen,

mit ihr zu tanzen, sie zu vögeln, bis sie schrie,

und dachte, während er sich schämte: Warum schämen

für einen Traum, der so lang leben wird wie sie?

Wie damals sah er sich an ihrem Fenster stehen

und sah sie hinter sich, nicht schlafend und nicht wach.

Was nicht geschehn war, würde niemals mehr geschehen.

Die letzte Bahn zerschnitt das schwarze Tuch der Nacht.

Sie geht hinaus, bringt ihm die Decke und ein Kissen.

Ist sie es wirklich, oder ist es seine Frau?

Und ist die Liebe etwas andres als Gewissen

und dass mir der vertraut, dem ich mich anvertrau?

Auf ihrer Couch noch mal von seinem Traum zu träumen,

das ist, als müsste er sich selbst vor ihr kastriern.

Und schlimmer noch, als diese Nacht mit ihr versäumen,

scheint ihm, das Bild, das alte, tote, zu berührn.

Er möchte fort sein oder einfach um sich schlagen.

Er sieht den Kerzendocht, wie der im Wachs verglüht,

und will jetzt aufstehn oder irgendetwas sagen.

Doch ob er das noch kann, weiß nicht einmal mein Lied.

1997

Intermezzo Berlin

Eine Klarinette kann der Zeit

in die Unruh fahren,

wie das Eis dem Fluss,

kann ihr bedeuten,

still zu stehn, zu schwingen

zwischen Atem und Rauch,

Museen auf der Insel

und Trödlern davor,

die Zeit feilbieten,

vergangene, verhangene

Festlandszeit im Februar,

am ausgestreckten Arm

der Spree, eines mittags

bei minus elf Grad.

Eine Klarinette verstummt,

zählt Mützen, Münzen

auf Notenblättern, Samt,

in einem schwarzen Sarg

für die Zeit, die Geräuschlosigkeit

eines Vollmondgedichts.

Zuflucht in dunklen Höfen,

Geranien, knarrende Stufen,

Auschwitz und Bach

über den Türmen, von bangen

Blicken erklommen, über

die Brandmauern, Dächer

abstürzend bis In den

Himmel hinab.

Tausendschön du.

Neunmalklug ich.

200 Planeten taugen

zum Leben. Zum Jungsein

war ich zu jung. Ich hatte

sie alle schon einmal gesehn.

Wie ich die Räder sah

in den Zählwerken, spürte

in meinen Lungen

den antiquarischen Staub,

filigrane Schatten im

Dämmer, zwei Fingerspitzen

auf der Schulter,

überm Lindenblatt.

Anderthalb Mülltonnen

groß steht die Hure vor mir

am Hackeschen Markt

in der Hauptverkehrszeit.

Hast du Zeit, Süßer?

21 Grad unter Null.

Neugierig wäre ich schon

auf das Millennium,

das uns endlich entlässt

aus der Krabbelgruppe

der Evolution. Hast du Zeit,

die Klarinette zu hören

um Mitternacht noch

In einem Vollmondgedicht?

Februar 2012

Il Canzione Della Maschera

Für Harald Schulze

Also werde ich singen,

wie der Stein singt,

wenn er zerreißt,

Für den, der durch meine

Augen hinabstürzt

in sich.

Für den, der an meinen

Lippen niederbrennt,

wie sein Jahrhundert,

in dem er aufbricht,

liebt und stirbt.

(Ich warte nicht

darauf, dass mein Warten

aufhören wird.)

Der gestürzt ist, gebrannt,

wird sich aufrichten, langsam.

Vielleicht ist er schön.

So wie ich es bin, so

wie nur Schatten es sind,

das unmissverständliche,

unbegreifliche Schweigen

eines Gartens im Herbst.

Also werde ich singen.

1997

Zimmer Lied

Was liegt hinter all den Türen,

deren Klinken wir berühren?

Straßen, die einst unsre waren,

und der Glanz aus deinen Haaren?

Wie wir ohne Schmerz gestritten

und an unsrer Eintracht litten?

Wie aus jeglicher Gefahr

Hoffnung keimte Jahr für Jahr?

Warum such ich noch immer

nach dem dreizehnten Zimmer?

Sprangen über unsre Schatten,

bis wir nur noch einen hatten

an den leuchtenden Fontänen,

die sich nach dem Ursprung sehnen,

der Gestalt, der sie entsprangen.

Was vergangen, ist vergangen,

wird zum Tier, das ewig stirbt,

wenn es eingeschlossen wird.

Und so such ich noch immer

nach dem dreizehnten Zimmer.

Unbewohnter Landschaft Tiefen,

eh wir miteinander schliefen,

Kinder, die wir großgezogen,

während fort die Freunde flogen.

Doch nur der wird nicht vergessen,

den das Feuer hat gefressen.

Die Entkommenen des Lichts

sind das Mögliche, sind nichts.

Ich nur suche noch immer

nach dem dreizehnten Zimmer.

Was liegt hinter all den Türen?

Ich weiß nicht, wohin sie führen,

ob nach draußen oder drinnen,

weg vom Sinn und zu den Sinnen.

Drück die Klinke, lös den Riegel,

blas den Staub von meinem Spiegel,

so als wär dort ein Vermächtnis.

Unfug, murmelt das Gedächtnis.

Doch ich suche noch immer

nach dem dreizehnten Zimmer.

Juli 2012

Dezember Sonett

Jetzt schmeckt die Luft schon wieder so wie einst.

Die Kälte ein Geschenk. Der Frost ein Segen.

Die alten Männer, die die Straße fegen,

sehn mit gesenkten Blicken, ob Du weinst.

Es sind die gleichen noch, so wie der Schnee.

Der türmt sich schmutzig an den Bordsteinrändern.

Wir wollten uns und wollten alles ändern.

Heut bin ich froh, wenn ich dich wiederseh:

im Schmerz noch unbekümmert und im Glück

ein wenig traurig, weil es doch verschwindet.

Du wolltest, dass der Winterwind dich findet.

Ich wollte immer, dass du nicht mehr frierst,

dass du die weißen Flügel nicht verlierst.

Ein Abdruck bleibt im Schnee für mich zurück.

Dezember 2014

Trauriges Lied

Manchmal bin ich traurig, dass ich nicht mehr um dich weine,

nicht mehr aus dem ungelebten Leben nach dir schrei,

dass ich dich jetzt nicht mehr anseh, wie ein Mann die eine