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Ein Buch mit Impulsen, die Lust machen, schöpferisch tätig zu sein - für Menschen, die anhand des Mediums Fotografie ihr intuitives Gespür und ihre Achtsamkeit schulen wollen. Der Schwerpunkt liegt nicht auf der Foto-Technik, sondern auf den Themen Inspiration und Originalität. Ich brauche dir nicht zu sagen, was es heißt, inspiriert zu sein. Du weißt es schon. Du und das Gefühl des Inspiriertseins, das dich wie eine Welle voranträgt - ihr seid schon miteinander vertraut. Mit 18 Foto-Experimenten, die spielerisch anregen, die Inhalte sofort in der Praxis umzusetzen. Textauszug: Ein kreativer Prozess, der gute Fotos hervorbringt, kann als eine Metapher verstanden werden für ein gelingendes Leben. In beiden Fällen geht es darum, das Wesentliche zu fokussieren, Unwesentliches auszusortieren - und zuzulassen, dass sich das, was da ist, spielerisch zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügt. Dieses Buch lässt sich somit auf dreierlei Art lesen, und ich möchte zugleich drei unterschiedliche Lesergruppen ansprechen: Zum einen ist dieses Buch für Menschen gedacht, die ein Interesse an persönlichem Wachstum, an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ihrer Identität, ihrer individuellen Eigenart haben. Menschen, die Lust haben, sich auf einen solchen Prozess einzulassen und die die Fotografie als einen möglichen Weg dorthin ausprobieren wollen. Zum anderen ist es für diejenigen geschrieben, die mir von einer kleinen Enttäuschung berichten, die manchmal auftritt, während sie fotografieren: Ich sehe etwas in meiner Umgebung, was sich ganz spannend und aufregend anfühlt. Dann mache ich ein Foto davon. Und wenn ich das Foto anschaue, bin ich irgendwie enttäuscht. Denn das Foto zeigt überhaupt nicht das, was ich dort draußen so interessant fand. Ich habe dieses Buch für Leserinnen und Leser geschrieben, die dieses Gefühl kennen und bessere Fotos machen wollen. Und schließlich ist das Buch auch denjenigen gewidmet, die Hilfesuchende im Kontext von Beratung, Coaching und Psychotherapie professionell begleiten und die nach unkonventionellen Wegen suchen, um bei ihren Klientinnen und Klienten etwas "in Gang zu bringen". Die Experimente dieses Buches bieten ein vielfältiges Repertoire an Anregungen, die sich auch in der Beratungspraxis einsetzen lassen.
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Seitenzahl: 145
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Verlag für psychosoziale Medien
Dr. phil. Tony Hofmann, geb. 1980, autodidaktisch erarbeitete Fähigkeiten im Bereich Fotografie, Grafik und Textentwicklung, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Würzburg (Fachbereich Sonderpädagogik, Pädagogik bei Verhaltensstörungen), Psychotherapeut (HP), Coach für berufliche Profilbildung.
www.TonyHofmann.comwww.Sinn-Bilder.de
Prolog
1.
Lass dich inspirieren
1.1 Fotografische Intuition
1.2 Selbstgespräche
1.3 Innere Achtsamkeit
1.4 Fragen
1.5 Kind sein
1.6 Resonanz
Innehalten I
2.
Liebe, was du siehst
2.1 Streichle die Tür
2.2 Ein kleiner Ruck
2.3 Sortiere aus
2.4 Kombiniere, kombiniere...
2.5 Fotografiere, was stört
2.6 Lass den Zeigefinger einrasten
2.7 Erlaube tausend Zwischenschritte
Innehalten II
3.
Erzähle Geschichten
3.1 Finde die Formel
3.2 Benenne die Stimmung
3.3 Erkenne Polaritäten
3.4 Die eigentliche Kunst
3.5 Erzeuge Spannung
3.6 Wozu fotografieren wir?
Epilog
Danke
Zur Weiterführung und Vertiefung
Ein kreativer Prozess, der gute Fotos hervorbringt, kann als eine Metapher verstanden werden für ein gelingendes Leben. In beiden Fällen geht es darum, das Wesentliche zu fokussieren, Unwesentliches auszusortieren - und zuzulassen, dass sich das, was da ist, spielerisch zu einem stimmigen Ganzen zusammenfügt. Dieses Buch lässt sich somit auf dreierlei Art lesen und ich möchte zugleich drei unterschiedliche Lesergruppen ansprechen:
Zum einen ist dieses Buch für Menschen gedacht, die ein Interesse an persönlichem Wachstum, an der Entfaltung ihrer Persönlichkeit, ihrer Identität, ihrer individuellen Eigenart haben. Menschen, die Lust haben, sich auf einen solchen Prozess einzulassen und die die Fotografie als einen möglichen Weg dorthin ausprobieren wollen.
Zum anderen ist es für diejenigen geschrieben, die mir von einer kleinen Enttäuschung berichten, die manchmal auftritt, während sie fotografieren: Ich sehe etwas in meiner Umgebung, was sich ganz spannend und aufregend anfühlt. Dann mache ich ein Foto davon. Und wenn ich das Foto anschaue, bin ich irgendwie enttäuscht. Denn das Foto zeigt überhaupt nicht das, was ich dort draußen so interessant fand.Ich habe dieses Buch für Leserinnen und Leser geschrieben, die dieses Gefühl kennen und bessere Fotos machen wollen.
Und schließlich ist das Buch auch denjenigen gewidmet, die Hilfesuchende im Kontext von Beratung, Coaching und Psychotherapie professionell begleiten und die nach unkonventionellen Wegen suchen, um bei ihren Klientinnen und Klienten etwas „in Gang zu bringen“. Die Experimente dieses Buches bieten ein vielfältiges Repertoire an Anregungen, die sich auch in der Beratungspraxis einsetzen lassen.
Ich habe das Buch in einer Haltung der spielerischen Absichtslosigkeit geschrieben. Weil es mir Freude bereitet, zu fotografieren und weil es mir Freude bereitet, zu schreiben. Beim Schreiben des Buchs haben sich für mich selbst persönliche Veränderungsschritte ergeben, auf einer sehr tiefen Ebene. Das war aber nie meine Intention. Das ist auch nicht verwunderlich, denn Wachstum ereignet sich in den seltensten Fällen intentional und geradlinig - oft geschieht es eher nebenbei und unbemerkt. Erst im Nachhinein fällt einem dann die Relevanz auf, die ein bestimmter Gedanke oder eine bestimmte Erfahrung für den eigenen Lebensprozess gehabt hat. Vielleicht kann ich dich durch dieses Buch an meiner Freude teilhaben lassen1.
Die ersten Arbeiten für dieses Projekt begann ich vor sieben Jahren. Das fertige Buch, das du heute in Händen hältst, ist sehr viel kürzer, als das, was ich mir ursprünglich vorgenommen hatte. Zwei ganze Kapitel habe ich wieder herausgenommen - sie waren für professionell Fotografierende und für etablierte Künstlerinnen und Künstler gedacht. Ich habe mich jedoch entschieden, hier nur die absoluten Basics meines Ansatzes zu skizzieren - vielleicht wird es noch einen zweiten Band zur künstlerischen Vertiefung und einen dritten Band zum Einsatz von Fotografie in beraterischen oder therapeutischen Kontexten geben.
Das Buch macht drei gedankliche Schritte, die inhaltlich den drei Kapiteln entsprechen, in die es untergliedert ist:
Im ersten Kapitel werde ich dich mit einem körperorientierten Verständnis von Intuition vertraut machen und dir zeigen, auf welche Weise du dein intuitives Gespür gezielt wecken und aktivieren kannst. Die Aufmerksamkeit liegt also primär auf dem
Menschen
, der fotografiert.
In Kapitel zwei zeige ich dir, wie du die fühlbare Essenz eines Motivs auf einem Foto festhalten kannst. Die Aufmerksamkeit liegt dabei vorrangig auf der Darstellung des
Motivs
.
Im dritten Kapitel schließlich werden künstlerische Aspekte gerade so weit behandelt, dass du behutsam bis an die Schwelle zum Kunstschaffen herangetragen wirst. Die bisherigen Gedanken werden dabei zusammengeführt: Die Aufmerksamkeit liegt auf der
Interaktion
von Fotograf und Motiv.
Vorkenntnisse sind keine nötig - alles, was du brauchst, ist ein Fotoapparat (ein Smartphone tut es auch), Neugier und ein bisschen Zeit. Ich werde dich behutsam an die Stellen führen, an denen der kreative Prozess so richtig beginnen kann, der Prozess, in dem sich eine eigene fotografische Handschrift entwickeln kann und in dem du die Möglichkeit hast, dir in deine eigenen inneren Dunkelkammern zu folgen.
Die fotografische Darstellung eines faszinierenden Motivs ist etwas ganz Individuelles. Niemand kann dir sagen, was beim Fotografieren richtig und was falsch ist. Trotzdem werde ich dir konkrete Anregungen geben. Das Buch enthält 18 Experimente, die als Anregung zum Forschen, Entdecken und Ausprobieren dienen. Das können Gedankenexperimente sein, die deine Kreativität und deine Vorstellungskraft trainieren, aber manchmal auch richtige Fotoaufgaben für die Praxis. Schau einfach, was davon dich anspricht und variiere meine Anleitung so, dass sie für dich passend wird. Mache sie dir zu Eigen. Und wenn du das Gefühl hast, dass ein Experiment gerade nicht passt, kannst du es auch überspringen.
Gemeinsam werden wir durch eine Welt der präzisen Empfindungen und genauen Beobachtungen wandern. Ich möchte dir mit diesem Buch Mut machen, deinen Empfindungen zu trauen, ganz genau hinzuschauen und das, was du dabei erlebst, in eine stimmige Bildsprache zu übersetzen. Deine Fotos werden davon profitieren und vielleicht weckst du sogar, auf eine - zugegeben - recht unspektakuläre Weise, dein schlummerndes künstlerisches Potenzial.
Tony Hofmann,
Goßmannsdorf bei Würzburg,
im Herbst 2017
1 Ich schreibe dieses Buch sozusagen „privat“, deshalb habe ich mich als Anrede für das „Du“ entschieden.
Der einzige Tyrann, den ich in dieser Welt anerkenne, ist die leise innere Stimme.
Mahatma Gandhi
Ich brauche dir nicht zu sagen, was es heißt, inspiriert zu sein. Du weißt es schon. Du und das Gefühl des Inspiriertseins, das dich wie eine Welle voranträgt - ihr seid schon miteinander vertraut. Ein Moment der Inspiration lässt sich nicht planen oder erzwingen. Er lässt sich nicht mal so recht in Worte fassen.
Dennoch handelt dieses Buch von genau diesem kurzen Moment und von den wenigen Sekunden davor und danach. Ich will das, was beim Fotografieren und überhaupt in der Kunst am schwierigsten zu beschreiben ist, behutsam einkreisen. So, wie man einen Stern nicht direkt anschauen darf, um ihn klar zu sehen, will ich versuchen, mit meinen Worten auf das Wesen der künstlerischen Inspiration hinzudeuten.
Denn Inspiration ist die Quelle eines guten Fotos. Auch dies weißt du. Und doch ist es sinnvoll, sich diese schlichte Tatsache von Zeit zu Zeit zu vergegenwärtigen. Wie schnell verliert man sich in der Beschäftigung mit technischen Neuerungen von Kamerasystemen oder mit Brennweiten, Blendenzahlen und Testberichten von Objektiven. Sicherlich ist es notwendig, sich mit technischen Details auseinanderzusetzen. Denn auch handwerkliche Aspekte spielen eine Rolle, wenn du gute Fotos machen möchtest. Nur, wer sein Werkzeug kennt und beherrscht, kann es nutzen. Und doch - wichtiger als das Werkzeug ist, wofür du es nutzt. Im Kern deines fotografischen Schaffens steht deine Lust, etwas, was dich fasziniert, bildlich darzustellen. Kreativität und Inspiration sind essenziell. Technik ist nachrangig.
Auch wenn du nicht planen kannst, wann eine Idee in dir aufblitzt, kannst du diesen magischen Moment wahrscheinlicher machen. Weil mich alles, was mit diesem besonderen Augenblick zu tun hat, seit langem brennend interessiert, habe ich vor einigen Jahren an der Universität Würzburg eine Umfrage durchgeführt. Etwa einhundert Teilnehmer gaben mir Antwort. Es kristallisierte sich heraus: Am wichtigsten schien für die Befragten zu sein, sich in einer entspannten, angenehmen Stimmung zu befinden, um gute Ideen zu bekommen.
Ein Teilnehmer berichtete: „In dem Moment war ich innerlich ruhig und hatte eine Art Gedankenblitz“. Eine Studentin schrieb: „Gute Ideen entstehen, wenn ich mit mir alleine bin, vor allem in der Stille oder in der Natur.“ Für einen anderen Studenten waren eine „gelassene Atmosphäre unter Freunden“ und „keinerlei Druck oder Erwartung von den Andern“ wichtig. Eine weitere Teilnehmerin erläuterte: „Ich muss mich wohl fühlen, so dass ich mich nur auf meine Gedanken und maximal ein Geschehen konzentrieren kann. Alles weitere, die Verknüpfungen und Gedankensprünge, geschehen in meinem Inneren. Ich muss mich im Einklang fühlen mit mir und der Umwelt, so dass mein Gehirn seine Gespinste spinnen kann.“
Experiment 1: Was brauche ich?
Vieles davon lässt sich auf die Fotografie übertragen. Ich lade dich ein, gedanklich und innerlich nachspürend zu erforschen, wie das bei dir ist: Was heißt es für mich, inspiriert zu sein? Was brauche ich, damit aus einem inspirierten Anfangsgefühl heraus gute Fotos entstehen? Und was müsste eigentlich geschehen, damit meine Fotos auf gar keinen Fall gut werden?
Dieses kleine Gedankenexperiment wird besonders hilfreich sein, wenn du einen Stift und einen Zettel nimmst und einige wenige Punkte notierst, die für dich wesentlich sind. Vielleicht kannst du auch ein kleines (Foto-) Tagebuch anlegen, das dich beim Lesen dieses Buches begleitet. Auch ich selbst will die Experimente gedanklich und praktisch mitvollziehen. Denn auch ich stehe gerade an einem Punkt, an dem ich nicht weiter weiß. Ich fotografiere jetzt seit fast zwanzig Jahren. Die Bilder, die dabei herauskommen, sind mittlerweile ziemlich gut. Das finde nicht nur ich, sondern so denken auch viele andere Menschen. Ich habe Kalender hergestellt, die in vielen Wohnzimmern hängen, arbeite mit einer besonderen Auswahl meiner Bilder in Sprachfindungsprozessen und verkaufe ab und an Kunstdrucke. Dennoch - ich habe derzeit das Gefühl, dass meine Bilder immer gleich aussehen, dass ich mich im Kreise drehe. Ich möchte das Schreiben des Buches nutzen, um mich selbst aus diesem Kreis zu befreien, oder - anders gesagt - vielleicht erst so recht hineinzufinden.
Wenn ich mir selbst die oben genannten Fragen stelle, so wird mir deutlich: Was ich tun kann, damit keine guten Fotos entstehen, ist ganz leicht. Die Regel heißt: Nimm dir keine Zeit, Tony. Gehe davon aus, dass du alles, was du auf dem Display deiner Kamera siehst, schon kennst. Geh davon aus, dass du alles, was du in deinem Gesichtsfeld siehst, schon kennst. Geh davon aus, dass du nicht herumzulaufen brauchst, um dein Motiv zu erkunden. Nimm dir keine Zeit, um wirklich hinzuschauen. Nimm dir keine Zeit, um deine Augen und dein Bewusstsein zu öffnen für die Realität deines Motivs. Nimm dir keine Zeit, um zu fühlen, was da ist. Geh stattdessen lieber verwalterisch an die Sache heran. So in etwa: Alles drauf? - Check. - Helligkeit passt? - Check. - Schärfe passt? - Nein. Nochmal ein bisschen nachjustieren! und Check. Auslösen! - Fertig. So, auf eine solch uninspirierte Art, entstehen garantiert keine guten Fotos. Das Wesentliche fehlt.
Bevor wir so richtig ins intuitive Fotografieren einsteigen, möchte ich dir in diesem ersten Kapitel zeigen, was gute Fotos mit der genauen Wahrnehmung von feinen Körperempfindungen zu tun haben. Wie beim Trockenschwimmen legen wir hierdurch eine sichere Basis für spätere Kapitel, in denen wir so richtig in die fotografische Praxis eintauchen.
Das feine Empfinden, das du in Momenten der Inspiration verspürst, das Empfinden, das dich wie eine Welle voranträgt zu neuen, guten Ideen, nenne ich fotografische Intuition. Deine Intuition nutzt du nicht nur in der Kunst, sondern auch im Alltag. Vielleicht ist dir gar nicht so richtig bewusst, wie oft du dies tatsächlich tust.
Wenn dir ein bestimmtes Wort schon sprichwörtlich auf der Zunge liegt, aber noch nicht ausgesprochen werden kann, nutzt du deine sprachliche Intuition: Du wartest darauf, dass das Wort von selbst kommt. Wenn du dich in einer fremden Stadt verlaufen hast und das Gefühl hast, zum Bahnhof gehe es dort entlang, erwacht deine Intuition auf einer räumlichen Ebene. Und falls du schon einmal einen Gebrauchtwagen gekauft hast, weißt du vielleicht, dass du den Worten des freundlichen Verkäufers nicht immer trauen solltest. Bei manchen Autos meldet sich ein Gefühl, das dich zweifeln lässt. Du spürst vielleicht: Irgendwas ist da komisch.
Solche unsteten, vagen Gefühle helfen dabei, uns zurechtzufinden in einer komplexen Umwelt. Sie haben das Potenzial, uns durchs Leben zu leiten, uns zu zeigen, was gut tut und uns fernzuhalten von dem, was uns schadet. Sie machen uns neugierig auf Menschen, die besonders sind. Und wir spüren, welche Menschen wie lieber meiden möchten. Die veränderlichen, randunscharfen Gefühle in unserer Körpermitte geben uns auf ihre eigene, paradoxe Art Sicherheit. Sie bieten einen verlässlichen Anker in einer sich ständig verändernden Umgebung. Sie verleihen auf einem Boden, der schwankt, Stabilität. Wenn wir sie achtsam wahrnehmen und ins Denken und Handeln einbeziehen, können wir auf jede neue Situation individuell und frisch antworten. Wir sind innerlich wach, aufmerksam und (er)finden stimmige Möglichkeiten, die spontan entstehen und nicht aus der Retorte kommen. Wir reagieren nicht nur, sondern wir agieren.
Auch in der Fotografie hilft uns die Intuition. Die fotografische Intuition führt uns auf verschlungenen Wegen zu Motiven, die uns faszinieren. Sie gibt uns den Weg vor zu besonderen Stellen, die uns zunächst gar nicht aufgefallen sind. Oder, ein anderes Beispiel: Nehmen wir einmal an, ich würde dir zwei Fotos vom gleichen Motiv zeigen. Beide unterscheiden sich kaum voneinander, und doch spürst du schon nach kürzester Zeit, welches Foto besser ist. Du blickst kurz zwischen beiden hin und her und es ist klar: Das da hat was. Wenn ich dich fragen würde, warum du dich so entschieden hast, würdest du vielleicht ein wenig nachdenken und nach einiger Zeit antworten, dass das bessere Bild ein wenig dunkler ist und auch der Ausschnitt ist kleiner gewählt. Diese Begründung entsteht jedoch erst im Nachhinein - das Gefühl für die Qualität des besseren Bildes war zuerst da.
Deine Intuition begleitet dich immer und überall, auch jetzt, während du dieses Buch liest. Sie „läuft immer mit“, ob wir sie nun bemerken oder nicht. Überprüfe das doch mal in einem schlichten Selbstversuch, gleich jetzt.
Experiment 2: Finde die Intuition im Körper
Nimm dir einen Moment Zeit und richte deine Aufmerksamkeit in deinen Körper. Achte darauf, wie es sich momentan in dir anfühlt. Wo würdest du dein Intuitionsgefühl körperlich ganz konkret lokalisieren?
Wahrscheinlich ist dieses kleine Experiment etwas ungewohnt, falls du dies zum ersten Mal machst. Vielleicht weißt du auch gar nicht so recht, was ich überhaupt meine. Am einfachsten ist es wahrscheinlich, wenn du versuchst, von den Füßen her aufwärts zu wandern. Du kannst deine Aufmerksamkeit nacheinander in verschiedene Körperregionen lenken. Beginne mit den Füßen, dann gehe weiter zu den Waden, zu den Oberschenkeln, in den Beckenbereich, den Bauchraum, in die Brust, in Hände und Arme und in den Kopfbereich. Verweile in jeder Körperregion - wie fühlt es sich da an? Achte darauf, wo du dein Intuitionsgefühl am deutlichsten wahrnimmst.
Vielleicht findest du beim Hinspüren erst mal gar nichts Besonderes. Vielleicht nimmst du nach einer Weile so etwas wie leichtes Wohlsein oder vages Unbehagen wahr. Frag dich: Wie fühle ich mich, während ich dieses Buch lese? und: Wo spüre ich diese Empfindung am deutlichsten?
Wenn du gerade irgend etwas gespürt hast, und sei es auch ganz unscheinbar und wenig versprechend - herzlichen Glückwunsch. Da ist schon deine Intuition. Sie ist nichts Besonderes. Das, was da sowieso schon spürbar ist, als gegenwärtiges Hintergrundempfinden - das ist schon das, was ich meine. Wenn du deine Aufmerksamkeit auf dieses Empfinden richtest, wird es vielleicht noch etwas deutlicher, tritt etwas hervor. Die meisten Menschen spüren ihre Intuition dann als feines Gefühl im Brust- und Bauchraum. Vielleicht ist das auch bei dir so, jetzt, während du diese Zeilen liest. Manchmal zeigt sich die Intuition auch als Kloß im Hals, als Ruhe in den Beinen oder als leichte Anspannung in den Schultern. Oder ganz woanders.
Experiment 3: Finde ein Wort dafür
Wo auch immer du sie gerade spürst, deine Intuition ... ich lade dich ein, die Empfindung noch ein wenig geduldiger und aufmerksamer wahrzunehmen. Lies ein wenig langsamer, ein wenig besinnlicher weiter. Gib dem Hintergrundempfinden, das da gerade ist, etwas mehr Raum. Bleib ein wenig dabei, mit deiner Aufmerksamkeit. Verweile, während deine Augen über diese Zeilen wandern, bei dem, was da fühlbar ist. ... Vielleicht findest du sogar ein (vorläufiges) Wort, das beschreiben könnte, was da ist. Hier sind einige Vorschläge ... gleiche jedes der Worte mit dem Empfinden in deinem Körper ab, um dich heranzutasten an das, was du gerade spürst. Möglicherweise spürst du gerade etwas Kribbeliges, etwas Enges oder Weites, ein ziehendes Gefühl oder eine leichte Spannung. Oder du fühlst, wie sich etwas öffnen will, vielleicht auch etwas Leises, ein grünes Gefühl oder Lust dich zu bewegen. Oder vielleicht auch etwas Angenehmes oder etwas Unangenehmes, etwas Drückendes, etwas Sehnendes oder ein ruhiges Gefühl. Oder Du spürst einfach nur: Ja, da ist doch was. Aber ich kann es nicht richtig benennen.
Falls dir gerade kein Wort einfallen sollte, das zu dem Empfinden passt, dann ist das eben so. Die Intuition hat viele feine Facetten und es ist an sich schon wertvoll, wenn du sie einfach nur ins Bewusstsein durchlässt. Vielleicht kommt das passende Wort (die passenden Worte) später noch zu dir.
Ich selbst spüre, während ich diese Zeilen eintippe, ein drückendes Gefühl in meinem unteren linken Bauchbereich. Es drängt mich etwas. Was dieses Gefühl bedeutet, ist hier an dieser Stelle nicht wichtig. Ich brauche es nicht zu verstehen oder zu interpretieren. Es reicht schon, wenn ich es spüre. Und eine kleine Zeit lang damit verweile. Jetzt verändert es sich. Aus dem Drängen und Drücken