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Advent: Vier Wochen ganz bewusst leben in einer Zeit des Wartens und Erwartens. Sich in der Vorweihnachtszeit bewusst Zeit nehmen, sich einen Raum gestalten, der Sehnsucht zulässt, Platz für Vorfreude und Besinnlichkeit. Der Adventsbegleiter gibt mit seinen Texten Orientierung und leitet seine Leser jeden Tag einen Schritt weiter hin zum Geheimnis des Lebens. Bis wir schließlich ankommen im eigenen Herzen.
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Seitenzahl: 107
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Editorische Notiz:
Die Texte dieses Buches erschienen zuerst unter dem Titel"Einfach leben. Der Adventsbegleiter".
© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2022
Alle Rechte vorbehalten
www.herder.de
Umschlagkonzeption: Verlag Herder
Umschlagmotive: © Stan Natallia - shutterstock_487287853
Konvertierung: Newgen Publishing Europe
ISBN Print 978-3-451-03390-2 ISBN E-Book (EPUB) 978-3-451-82827-0
Innenillustrationen: © alla_line/shutterstock.com, Artskrin/shutterstock.com, Beststock Productions/shutterstock.com, betris/shutterstock.com, Blinx/shutterstock.com, DaisyArtDecor/shutterstock.com, DODOMO/shutterstock.com, Eva_art/shutterstock.com, Haali/shutterstock.com, juliawhite/shutterstock.com, Keya/shutterstock.com, krupenikova.olga/shutterstock.com,LivDeco/shutterstock.com, LuckyStep/shutterstock.com, Magic Panda/shutterstock.com, Mikhail Gnatuyk/shutterstock.com, Na_Studio/shutterstock.com,Nadejda Emelyanova/shutterstock.com, NadzeyaShanchuk/shutterstock.com, natka_u_a/shutterstock.com, NikVector/shutterstock.com, Olga Rai/shutterstock.com, OneLineStock/shutterstock.com, Sahs/shutterstock.com, samui/shutterstock.com, Simple Line/shutterstock.com, Singleline/shutterstock.com, svetalik/shutterstock.com, Tanya Syrytsyna/shutterstock.com, tetiana_u/shutterstock.com, Valenty/shutterstock.com, Yanina Nosova/shutterstock.com, ZhAnStudio/shutterstock.com
Inhalt
Weihnachten entgegengehen
1. Woche: Vom Warten, Hoffen und Sehnen
1. TagWarten wieder lernen
2. TagSehnsucht und Hoffnung
3. TagIn Sehnsucht verwandelt
4. TagDie Sehnsucht vertiefen
5. TagFolge dem Stern am Himmel
6. TagAusharren und wachsam sein
7. TagDie Sehnsucht zulassen
2. Woche: Vom Innehalten, von der Stille und vom Ankommen
1. TagSuche Ruhe, komme an
2. TagGönn dir Zeit
3. TagKomm in Berührung mit der Stille
4. TagAus der Kraft der Ruhe
5. TagWenn das Herz still wird
6. TagHüte das Feuer
7. TagAngekommen im eigenen Herzen
3. Woche: Vom Wünschen, Maßhalten und Freiwerden
1. TagMeine Gier überwinden
2. TagVerzicht und Freiheit
3. TagAchtsam genießen
4. TagAskese und Glück
5. TagMein Maß finden
6. TagVom Sinn und Unsinn des Wünschens
7. TagGeben und Schenken
4. Woche: Von der Nacht und vom Licht
1. TagNoch ist es Nacht auf Erden
2. TagLicht, das unser Leben erhellt
3. TagDas wahre Licht
4. TagSterne – Licht aus der Höhe
5. TagLicht und Leben
6. TagLicht der Welt
7. TagAuch meine Nacht wird sich erhellen
Heiliger Abend
Das Geschenk der Freude – Gottes Geburt
Das Fest der Weihnacht
Einen neuen Anfang feiern
Quellen
Weihnachten entgegengehen
Es ist ein Bedürfnis vieler Menschen, die Adventszeit bewusst als Vorbereitung auf Weihnachten zu erleben. Das bezieht sich weniger auf die äußeren Vorbereitungen, obwohl es jetzt auch darum geht, Weihnachtsgeschenke zu besorgen oder sich um den Schmuck der Wohnung oder des Christbaums zu kümmern. Viele spüren in sich eine tiefere Sehnsucht, sie haben das Gefühl, dass Weihnachten auch eine innere Bereitung braucht. Sie erinnern sich vielleicht an Adventsrituale, die ihre Eltern mit ihnen durchlebt haben. Sie erinnern sich, dass die Adventszeit eine besondere Zeit war, eine Zeit der Einkehr und der Stille.
Sie, lieber Leser, liebe Leserin, möchten die Adventszeit bewusster leben. Sie möchten dem Geheimnis dieser heiligen Zeit auf die Spur kommen. Aber vielleicht geht es Ihnen ähnlich wie denen, die mir von ihrem Wunsch nach einer intensiven Zeit erzählen, aber zugleich auch von ihrer Ratlosigkeit. Es gibt keine festen Formen mehr, die zeigen, wie sie die Adventszeit besser gestalten können. Gerade deshalb möchte ich Ihnen diesen Wegbegleiter durch die Adventszeit anbieten. Er soll eine Hilfe sein, wie Sie die Adventszeit als bewussten Weg auf Weihnachten hin erleben können. Viele gehen in die Adventszeit mit guten Vorsätzen. Aber wenn dann Weihnachten kommt, haben sie das Gefühl, dass die Zeit an ihnen vorbeigegangen ist, dass sie den Advent doch nicht so erlebt haben, wie es ihrem Wunsch entsprach. Dieses Buch möchte Ihnen helfen, diese Zeit als heilige und heilsame Zeit zu erleben. Wenn Sie jeden Tag bewusst die Texte lesen, die wir ausgesucht haben, dann wird die Zeit des Advents schon intensiver. Sie denken dann zumindest jeden Tag etwas nach über das Geheimnis dieser Zeit. Und die kommende heilige Zeit verwandelt auch die übrige Zeit des Tages, in der Sie sich vielleicht von der äußeren Hektik anstecken lassen. Aber Sie haben das Gefühl: Zumindest die heilige Zeit des Lesens gehört mir. Und sie bricht eine Bresche in die Hektik, die mich von außen manchmal umfassen möchte.
Jede der vier Adventswochen ist unter ein eigenes Thema gestellt, das dann für jeden Tag der Woche entfaltet wird. Es sind die Themen, um die es in der Adventszeit geht: bei sich selbst ankommen, mit der eigenen Sehnsucht in Berührung kommen, warten lernen, aufwachen aus der Routine, die uns oft gefangen hält. Und es geht immer wieder um die Stille. Die Adventszeit lädt uns ein, still zu werden, die lärmenden Gedanken zum Schweigen zu bringen und den Ort der Stille in sich zu entdecken, der schon in uns ist, der aber oft genug zugeschüttet ist vom Schutt negativer Gefühle. Und es geht in der Adventszeit darum, frei zu werden von unserer Gier, immer mehr haben zu müssen. Ziel ist es gerade in dieser vorweihnachtlichen Zeit, unser eigenes Maß zu finden. Und es geht darum, sich der eigenen Dunkelheit zu stellen, um so das Licht von Weihnachten umso tiefer zu erfahren.
Das Buch bietet für jeden Tag der Adventszeit, für den Heiligabend und das Weihnachtsfest Texte an. Es bietet sich an, jeden Tag der Adventszeit damit zu beginnen, diese Texte zu lesen. Dabei können Sie, lieber Leser, liebe Leserin, auf zwei verschiedene Weisen damit umgehen. Die erste Weise ist: einfach nur den Text zu lesen. Lassen Sie sich Zeit dafür. Im Lesen tauchen Sie schon ein in eine andere Welt. Sie kommen beim Lesen in Berührung mit Ihrer eigenen inneren Welt. Sie entdecken lesend, was in Ihnen selbst an Sehnsucht, an Erfahrung, an inneren Bildern ist. Das Lesen selbst ist dann schon ein heilsames Geschehen. Sie brauchen sich gar keine Vorsätze für den Tag zu machen. Es genügt, wenn Sie im Lesen eintauchen in die Wirklichkeit von Advent und Weihnachten. Ein solches Lesen verwandelt Sie schon. Und Sie spüren, worum es in der Adventszeit und an Weihnachten geht: um Ihre eigene Menschwerdung, um das Licht mitten in Ihrer Dunkelheit, um die Liebe mitten in der Kälte, die Sie von außen umgibt. Das Lesen vermag Sie zu wärmen und zu erhellen. Die zweite Weise, mit den Texten umzugehen, wäre, die Anregungen für den Tag in eine Übung umzusetzen. Manche Texte beschreiben Rituale, die Sie an diesem Tag machen könnten. Sie sollen sich aber durch die Anregungen für ein Ritual nicht unter Druck setzen lassen. Lesen Sie die Rituale einfach durch und trauen Sie Ihrem Gefühl. Wenn Sie Lust haben, dieses Ritual zu üben, dann tun Sie es. Dann wird es Ihnen guttun und Sie in Berührung bringen mit dem, was der Advent meint: dass Gott in Ihrem Herzen ankommt und dass Sie dadurch zu sich selber kommen, mit Ihrem Wesen in Berührung kommen. Wenn Sie Widerstand gegen ein Ritual spüren, dann bleiben Sie einfach beim Lesen. Das allein verwandelt schon Ihre Sichtweise auf den heutigen Tag. Zumindest die fünf Minuten, die Sie mit dem langsamen Lesen verbringen, sind dann täglich eine heilige Zeit für Sie. Und diese heilige Zeit wird Sie mit dem heiligen Raum auf dem Grund Ihrer Seele in Berührung bringen. Das ist heilsam für Sie. Wenn Sie täglich die heilige Zeit des Lesens für sich reservieren, dann wird auch die übrige Zeit davon berührt. Sie haben dann das Gefühl: Die übrige Zeit wird mich nicht auffressen. Die heilige Zeit bewahrt Sie davor, von den äußeren Erwartungen und Anforderungen gelebt zu werden. Sie werden selbst leben, anstatt gelebt zu werden.
So wünsche ich Ihnen, dass dieses Buch Sie gut durch den Advent führt, dass es gesegnete und heilsame Tage für Sie werden, dass Sie mit Ihrer tiefsten Sehnsucht in Berührung kommen und dass Ihnen das Geheimnis von Weihnachten aufgeht. Ich wünsche Ihnen eine gesegnete Adventszeit, in der Sie still werden und in der Stille Gottes heilende Nähe erfahren. Ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest, das Sie mit Freude erfüllt, weil Sie das Licht Gottes in Ihrer Dunkelheit erfahren, weil die Geburt Jesu Sie an das göttliche Kind auf dem Grund Ihrer Seele erinnert und weil Sie spüren, dass von diesem hilflosen Kind in einer armen Krippe eine Liebe ausgeht, die stärker ist als aller Hass dieser Welt, und dass diese Liebe uns befähigt, in Frieden zu kommen mit uns selbst und mit den Menschen, mit denen wir leben.
Anselm Grün
Segen für die Adventszeit
Barmherziger Gott, wir beginnen jetzt die Adventszeit. Wir warten auf das Kommen Deines Sohnes Jesus Christus. Er möge in unseren Herzen ankommen. Seine Ankunft möge unser Leben verwandeln. Segne diese Zeit, dass wir in dieser Zeit wachend auf das Kommen Jesu warten. Segne sie, dass wir bereit sind, sein Klopfen an der Tür unseres Herzens zu hören, und dass wir ihn eintreten lassen in unsere Seele. Segne diese Zeit, dass wir auch bei uns selbst ankommen und Dir so eine Wohnung bereiten, damit Du auch bei uns und in unserem Herzen ankommen kannst. Verwandle Du in dieser Zeit unsere vielen Süchte in Sehnsucht. Bring uns durch den adventlichen Schmuck, durch die Adventslieder und durch die Stille in Berührung mit unserer tiefsten Sehnsucht, die allein Du zu stillen vermagst. Gib uns den Mut, bei all dem äußeren Lärm des Weihnachtsgeschäftes in die Stille zu gehen, um Dich in der Stille zu vernehmen und uns von Dir in der Stille ansprechen zu lassen. Lass die Zeit des Advents eine gesegnete Zeit für uns werden, eine heilende und Geborgenheit schenkende Zeit, in der wir spüren, dass wir allein bei Dir wirklich Heimat erfahren dürfen. Amen.
Was heißt das für mich?
In jedem Jahr frage ich mich von Neuem: Was bedeutet für mich die Adventszeit und was heißt für mich Weihnachten? Wie kann ich das verstehen, was wir jetzt im Advent erwarten und was wir an Weihnachten feiern? Setzen Sie sich in aller Stille hin. Und fragen Sie sich: Was erhoffe ich mir von der diesjährigen Adventszeit und was erhoffe ich mir von Weihnachten? Ich kann diese Hoffnung nur erkennen, wenn ich mich meiner eigenen Wahrheit stelle. Was bewegt mich momentan? Worunter leide ich? Wo bin ich nicht zufrieden? Was stockt in mir? Wo lebe ich an mir vorbei? Was ist meine tiefste Sehnsucht?
Was ist die Botschaft dieser Zeit für mich, in meiner persönlichen Situation, mit meinen Glaubensschwierigkeiten, mit meinem inneren Widerstand? Ich muss für mich eine Antwort finden, damit diese Zeit eine gesegnete Zeit für mich wird.
Was ist dort auf dem Grund meiner Seele? Ahne ich da, dass Gott selbst in mir wohnt und mich in Berührung bringt mit dem göttlichen Kind in mir, mit dem einmaligen und ursprünglichen und unverfälschten Bild Gottes in mir?
1. Tag
Warten wieder lernen
… bis Weihnachten kommt
In den Wochen vor Weihnachten wanderte ich einmal durch eins unserer Häuser in Bethel. Da fand ich ein kleines krankes Mädchen, das mit vergnügtem Gesicht aufrecht in seinem Bette saß. Als ich zu ihm kam, rief es mir schon von weitem zu: »Onkel Pastor, ich weiß ein Geheimnis!« »So«, sagte ich, »was ist denn das für ein Geheimnis?« »Ja«, sagte es, »du musst mir erst 5 Pfennig schenken, dann sage ich es dir.« Dabei guckte es mich schelmisch und zuversichtlich an, dass ich nicht anders konnte, als seine Bitte zu erfüllen.
Ich legte also ein Fünfpfennigstück vor ihm auf die Bettdecke: »Nun lass mich dein Geheimnis wissen.« Da faltete die Kleine andächtig ihre Hände und sagte nur diese Worte: »Advent – Advent – Advent – Advent – Weihnachten!« Zuerst musste ich lachen und denken: Kind, dafür hätte ich nicht 5 Pfennig zu bezahlen brauchen. Das weiß ich selber. Aber dann blieb der Klang der Kinderstimme in meinem Ohr und Herz hängen: »Advent – Advent – Advent – Advent – Weihnachten!« Es war, wie wenn eine große Glocke läutet, und ihre vier letzten Schläge klingen feierlich durch die schweigende Stille; und dann fällt plötzlich die Orgel ein mit einem fröhlichen Jubel. Es war, wie wenn jemand im Dunkeln langsam eine Treppe hinaufsteigt, eine Stufe nach der andern; und plötzlich, wie er oben ist, springt vor ihm eine Tür auf, und alles wird hell. Das kleine Mädchen ahnte, was das Geheimnis der Adventszeit ist: Warten und Wandern, Wandern und Warten, bis Weihnachten kommt.
Friedrich v. Bodelschwingh
Streck dein Herz im Warten aus
Wer nicht warten kann, dem geht etwas Wichtiges verloren: Wer jedes Bedürfnis sofort befriedigen muss, wird völlig abhängig von jedem Bedürfnis. Warten macht innerlich frei. Wenn wir warten können, bis unser Bedürfnis erfüllt wird, dann halten wir auch die Spannung aus, die das Warten in uns erzeugt. Das macht unser Herz weit. Und es schenkt uns überdies das Gefühl, dass unser Leben nicht banal ist. Wir sehen dies, wenn wir auf etwas Geheimnisvolles warten, dann erkennen wir: Wir sind mehr als das, was wir uns selbst geben können. Warten zeigt uns, dass das Eigentliche uns geschenkt werden muss. Ein lieber Mensch, der erwartet wird, auf den freut man sich. Lass dich in dieser Adventszeit einladen, im Warten dein Herz zu weiten und dich als Erwarteten aufzurichten. Du bist wertvoll. Viele warten auf dich. Gott wartet auf dich, damit du wahrhaft lebst.