36,99 €
Examensarbeit aus dem Jahr 2008 im Fachbereich Didaktik - Germanistik, Note: 1,0, Studienseminar für Lehrämter an Schulen Jülich, Sprache: Deutsch, Abstract: „Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“ (I. Kant) Die von Kant konstatierte Gegebenheit, dass Begriffe ohne Inhalt so unausgefüllt blieben wie Bilder ohne Begriffe aussagelos, lässt sich nicht selten auf den Schulalltag des Deutschunterrichts übertragen. Zum einen wird die ohnehin insgesamt sehr dürftige Bebilderung von Schulbüchern oft nur unzureichend von den Lehrpersonen als Erkenntnisquelle ernst genommen, zum anderen fällt es den Schülern oft schwer Begriffe bzw. Texte mit Inhalt, mit Vorstellungen zu füllen. Aufgrund u.a. dieser Überlegungen wurde von mir ein Konzept entwickelt, das schwerpunktmäßig drei Unterrichtseinheiten umfasst und im Rahmen einer Reihe zur Lyrik der Neuen Subjektivität in einem Grundkurs 11 in besonderem Maß zur Förderung von Vorstellungsbildung anhand visualisierender Methoden beitragen soll. Die Arbeit ist in folgende Kapitel gegliedert: 1. Einleitung, 2. Theoretischer Hintergrund, 3. Didaktische Konzeption, 4. Durchführung und Auswertung der Erarbeitung lyrischer Texte der Neuen Subjektivität anhand visualisierender Methoden, 5. Evaluation, 6. Konklusion, 7. Literatur, 8. Anhang
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Page 1
gemäß § 33 der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staatsprüfung
visualisierender Methoden zu lyrischen Texten der Neuen Subjektivität in einem GK 11.
Page 3
5. Evaluation…………………….……………………………………………………........ 275.1. Mündliche Evaluation im direkten Anschluss an die Unterrichtseinheiten…………………..…………………………………………....... 27
5.2. Evaluation durch die Lernenden mit Hilfe des Programms GrafStat……………...... 28 5.3. Evaluation durch die Lehrende……………………………………………................ 30
6. Konklusion……………………………………………….…………………………….... 32
7. Literatur……………………………………….………….……………………………... 33
8. Anhang………………………………………………….…………………………………. II Unterrichtsreihe………………………………………………………………… I II Lernziele………………………………………………...…………………….. II III Verlaufspläne………………………………………………………………….. V IV Antizipierte Ergebnisse………………………………………………………. IX V Primärtexte……………………………………………………………………. X VI Bildmaterial des antizipierenden Einstiegsimpulses………………………... XII VII Arbeitsaufträge……………………………………………………………… XII VIII Schülerergebnisse der Erarbeitungsphasen……………………….……… XVIII IX Evaluationsbogen………………………………………………………. XXXIV X Exemplarische, ausgefüllte Evaluationsbögen………………………………. XL XI Auswertung der Schülerevaluation mit Hilfe des Programms GrafStat….. XLVI XII Zusammenfassung der Ergebnisse der Schülerevaluation in Textform…... XLIX
Page 1
„Gedanken ohne Inhalt sind leer, Anschauungen ohne Begriffe sind blind.“1
Die von Kant konstatierte Gegebenheit, dass Begriffe ohne Inhalt so unausgefüllt blieben wie Bilder ohne Begriffe aussagelos, lässt sich nicht selten auf den Schulalltag des Deutschunterrichts übertragen. Zum einen wird die ohnehin insgesamt sehr dürftige Bebilderung von Schulbüchern oft nur unzureichend von den Lehrpersonen als Erkenntnisquelle ernst genommen2, zum anderen fällt es den Schülern3oft schwer Begriffe bzw. Texte mit Inhalt, mit Vorstellungen zu füllen.4Letzteres trifft insbesondere auf den diesjährigen Grundkurs Deutsch (G6) der Jahrgangsstufe 11 des Cusanus-Gymnasiums der Stadt Erkelenz zu.5Im Verlauf des ersten Halbjahres zeigten sich enorme Schwierigkeiten bei den Schülern die für die Erschließung literarischer Texte notwendigen „mentale[n] Modelle“6zu entwickeln, was sich vorwiegend in schriftlichen Hausarbeiten und Klausuren widerspiegelte, während die sonstige Mitarbeit von Schülern mit defizitären Klausurnoten überwiegend besser war und ist. Diese Diskrepanz zwischen mündlicher und schriftlicher Leistung lässt sich folgendermaßen erklären7: Beim gemeinsamen Erstellen einer Hypothese zur Textaussage im Unterrichtsgespräch oder auch bei der Erarbeitung eines literarischen Textes in Partner-oder Gruppenarbeit fallen Probleme bei der Vorstellungsbildung nicht auf, da hier die Lernenden mit einem ausgeprägteren Vorstellungsdenken ein mögliches Bild vorgeben, das von denjenigen mit Schwächen bei der Imagination übernommen wird und abschließend von dem Großteil des Kurses in einer als insgesamt leistungsstark zu
1Kant, Immanuel: Werke in zehn Bänden. Hrsg. von Wilhelm G. Weischedel. Bd. 3. Darmstadt 1983, 98.
2Vgl. Ballstaedt, Steffen-Peter: Text-Bild-Kompositionen im Unterrichtsmaterial. In: Der Deutschunterricht
4 (2005), 65, 68 f
3Aufgrund der besseren Lesbarkeit spreche ich im Folgenden von „Schüler“, „Lehrer“ usw. und verstehe diese Form geschlechtsneutral als nomen generale.
4Basis dieser These sind eigene Hospitations- und Unterrichtserfahrungen sowie Aussagen von Kollegen.
5Um die Motivation für das in dieser Arbeit aufgezeigte Förderkonzept nachvollziehbar zu gestalten, erfolgt eine ausführliche Analyse der Lerngruppe bereits an dieser Stelle und nicht im Rahmen des Kapitels zur didaktischen Konzeption.
6Schnotz, Wolfgang: Aufbau von Wissensstrukturen. Untersuchungen zur Kohärenzbildung beim Wissenserwerb mit Texten. Weinheim 1994, 158. Schnotz zufolge muss „ein mentales Modell eines Gegenstands […] keine bildhafte Vorstellung dieses Gegenstands sein, [… auch wenn] dem mentalen Modell meist ein gewisser Imaginationsgehalt zugeschrieben wird. […] Ein mentales Modell kann jedoch durchaus Informationen über das Original [z.B. Textinhalt und -strukturen] enthalten, die der Wahrnehmung nicht direkt zugänglich sind.“ (Ebd.) Anhand der visualisierenden Methoden (Vgl. für eine Legitimierung der fachdidaktischen Schwerpunktsetzung Kapitel 1.1 und 3.1 und 3.3) sollen den Schülern nicht unmittelbar „einseh- bzw. vorstellbare“ Informationen zugänglicher und transparenter werden. Die Verwendung des Terminus „mentales Modell“ umfasst im Rahmen dieser Arbeit folglich auch die visuelle Komponente.
7Selbstverständlich wird hier nur ein möglicher Erklärungsansatz geliefert, der weitere nicht ausschließt.
Page 2
bezeichnenden mündlichen Mitarbeit präsentiert und diskutiert wird. Sobald aber eine selbstständige textbezogene Konstruktion von Vorstellungen gefordert wird, treten deutliche Schwierigkeiten auf, die nicht zuletzt auch mit einem oberflächlichen Lesen des Textes einher gehen. Sowohl an der Klausur im Rahmen der Reihe zur Kommunikation in Kurzgeschichten8als auch beim Einsammeln einzelner Hausaufgaben zeigte sich, dass mehrere Lernende keinen Zugang zu literarischen Texten fanden und damit auch keinen Ansatz für eine textreferentielle Analyse. Dabei konnte ich feststellen, dass viele Schüler bereits beim Fixieren erster Texteindrücke große Schwierigkeiten hatten bzw. dies ganz ausließen,9was seine Entsprechung in der schriftlichen Arbeit fand. Aufgrund dieser Diagnose beschloss ich, im Zusammenhang mit der das zweite Halbjahr einleitenden Reihe zur Lyrik der Neuen Subjektivität, gezielte Fördermaßnahmen zur Vorstellungsbildung zu entwickeln, denn „die Fähigkeit zum Vorstellungsdenken ist überall wichtig, wo selbstständig Lösungen gefunden [und] Denkwege beschritten […] werden sollen“10. Gleichzeitig galt es Methoden auszuwählen, die zusätzlich zu einer Minderung der Abwehrhaltung von Schülern gegenüber verdichteter Sprache führen würden.11
Die Beschäftigung mit Werbeanalysen hat im Rahmen einer erfolgreichen Projektarbeit gezeigt, dass kreatives, handlungs- und produktionsorientiertes Arbeiten sowie die Verknüpfung von Bild und Text das Interesse und die Bereitwilligkeit zum Lernen des gesamten Kurses steigern. Vor diesem Hintergrund wurde bei der Entwicklung eines Förderkonzepts auf visualisierende Methoden12zurückgegriffen, da dies einen Ansatzpunkt zur Motivation und Förderung von Schülern mit unausgeprägter
8Der ursprüngliche Schnitt der Klausur (Analyse der Kurzgeschichte „Das Brot“ von Wolfgang Borchert unter besonderer Berücksichtigung der Kommunikationssituation und Fokussierung des Verhaltens der Frau) lag mit achtmangelhaftbenoteten Arbeiten bei 3,8. Selbstverständlich spielen bei der Bewertung und dem Zustandekommen der Note noch weitere Faktoren eine Rolle, aber es war erkennbar, dass bei Schülern, die keinen Zugang zu der Situation oder der Stimmung im literarischen Text fanden, auch die Darstellungsleistung defizitär ausfiel.
9Ich habe den Schülern geraten, auch in Klassenarbeiten, vor der skizzenartigen inhaltlichen Vorstrukturierung ihrer Arbeit, erste Texteindrücke zu festzuhalten.
10Abraham, Ulf: Vorstellungs-Bildung und Deutschunterricht. In: Praxis Deutsch 154/1999, 21.
11Den bei Schülern häufig auftretenden Unwillen sich mit lyrischen Texten zu beschäftigen konstatiert auch Dorothee von Hoerschelmann. Vgl. Hoerschelmann, Dorothee von (Hrsg.): Materialien-Handbuch Deutsch. Bd. 4. Lyrik. Köln 2007, XV.
12Anm.: Vgl. für eine Erläuterung zu visualisierenden Methoden und der dabei vorgenommen Schwerpunktsetzung Kapitel 2.2 und 2.4.
Page 3
Vorstellungsbildung bietet. Gleichzeitig kann auch das Interesse von Lernenden, die diesbezüglich in weniger ausgeprägtem Maß einer Förderung bedürfen, geweckt werden. Darüber hinaus wurden in die Unterrichtsreihe weitere Unterstützungen der Imagination13eingebaut14, da eine „Konzentration der Vorstellungshilfen [ausschließlich] auf den visuellen Bereich […] als unzureichend“15zu betrachten ist. Die Fokussierung von visualisierenden Methoden legitimiert sich einerseits durch die oben genannten kurzspezifischen Neigungen, andererseits durch das hohe „didaktische Potenzial“16von Bildern.17
Aufgrund dieser Überlegungen wurde von mir ein Konzept entwickelt, das schwerpunktmäßig drei Unterrichtseinheiten umfasst und im Rahmen einer Reihe zur Lyrik der Neuen Subjektivität in besonderem Maß zur Förderung von Vorstellungsbildung anhand visualisierender Methoden beitragen soll.
Mit dem Konzept wird kein Anspruch auf vollständige „Genesung“ der Defizite im Bereich der Imagination bei allen Lernenden erhoben, denn dazu bedarf es kontinuierlicher Unterstützungsmaßnahmen. Die Fördereinheiten werden vielmehr als Anstoß zur Weiterentwicklung verstanden, da es sich bei der Vorstellungsbildung letztendlich immer um einen eigenaktiven, die Bereitschaft des Einzelnen voraussetzenden Prozess handelt.18In der vorliegenden Arbeit wird nach einer theoretischen Hinführung, die didaktischmethodische Planung der einzelnen Unterrichtseinheiten sowie deren Durchführung und Auswertung dargelegt. Abschließend wird sowohl die Evaluation der Lernenden als auch die der Lehrenden erläutert und das Konzept hinsichtlich seiner Stärken und Schwächen beurteilt werden.
13Anm.:Imaginationwird hier synonym mit dem BegriffVorstellungsbildungverwendet. Vgl. für definitorische Erläuterungen Kapitel 2.1.
14Anm.: In Anlehnung an Abraham wurden die Gedichte nicht nur laut vorgelesen, sondern den Schülern zusätzlich gestattet, das Gedicht ein weiteres Mal leise sich selbst vorzulesen und die Vorstellungen zunächst leise aufzusagen (- jedoch nicht durchgehend, um Lernende, die dies als störend empfinden, nicht zu beeinträchtigen). Des Weiteren sollte die Vorstellungsbildung in der zweiten Unterrichtseinheit des Förderkonzepts beim vorwiegend auditiven Lerntyp mit einem kurzen Musikstück als Impuls unterstützt werden. (Vgl. Abraham: Vorstellungs-Bildung und Deutschunterricht, 18.)
15Ebd.
16Vgl. Ballstaedt: Text-Bild-Kompositionen im Unterrichtsmaterial, 65.
17Eine detaillierte Erörterung der Schwerpunktsetzung auf visualisierende Methoden erfolgt im Rahmen des zweiten Kapitels.
18Vgl. Abraham: Vorstellungs-Bildung und Deutschunterricht, 15.