Förstermord und Justizirrtum in Stecklenberg - Georg Baars - E-Book

Förstermord und Justizirrtum in Stecklenberg E-Book

Georg Baars

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Beschreibung

1924 und noch mehr 1935 erregte ein Verbrechen die Menschen im Harz wie vermutlich nie zuvor. 1924 wurde ein Jagdpächter erschossen und 1935 stellte sich heraus, dass ein Unschuldiger dafür über zehn Jahre im Gefängnis saß. In der Öffentlichkeit und den Medien war von Förstermord und Justizskandal die Rede.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Schüsse am Rumberg

Die Suche nach den Mördern

Die Fahndung und Verhaftung

Fänger Schmidt

Die Befragung

Anklageschrift

Prozess und Urteil

Kampf um Gerechtigkeit

Untersuchung durch Kriminalkommissar Otto Busdorf

Beichte eines Wilddiebes

Hafturlaub

Die wahren Täter

Das Geständnis

Freilassung

Was sich ein Zeitungsreporter ausdenkt

Anklage

Entschädigung

Das weitere Leben von Karl Schmidt

Nachwort: Die Geschichte eines Aktenstapels

Vorwort

Bei Forschungen zur Geschichte Stecklenbergs stieß ich auf den Fall vom „Förstermord am Rumberg bei Stecklenberg“. Er fand den Unterlagen nach zwischen Neinstedt, Bad Suderode und Stecklenberg statt, nachweislich auf der Gemarkung von Stecklenberg. Zwar wurde ein Jagdpächter erschossen, aber man sprach vom „Förstermord“.

2013 hatte ich im Landesarchiv in Berlin 1 einige Unterlagen zum Fall aufgetrieben und kopiert, dort sammelte man sie zu Lehrzwecken wegen des Fehlurteils. Mit der Zeit wurden die Nachforschungen immer interessanter. Vor allem ging es um den „Justizirrtum“ - welch ein niedliches Wort für eine Sache, verübt von Richtern und Staatsanwälten, denen nichts passieren kann, wenn sie einem Unschuldigen die Freiheit rauben. Selbst Beweise einer Unschuld wurden ignoriert und damit eine Revision lange verhindert. Erst als der richtige Täter gefunden war, musste sich die „blinde Justizia“ bewegen.

Die aus den Akten ersichtlichen Vorgänge liefern uns zugleich ein Gesellschaftsbild jener Zeit. Nach dem Krieg herrschte Not, die viele Kleinkriminelle hervorbrachte und Gesetzeswächter an ihre Grenzen stoßen ließ.

Auch heute können Fehlurteile passieren, wie eine Liste bei Wikipedia „Justizirrtümer in der deutschen Rechtsprechung“ zeigt.

Erst 2023 berichteten Presse und Fernsehen: „Längste Haftstrafe in Deutschland beendet - Klaus Bräunig nach 53 Jahren aus Haft entlassen - Urteil von 1970 bis heute umstritten.“ 2

Woanders, zum Beispiel in den USA, ist die Liste der Irrtümer noch viel länger und leider auch die Zahl unschuldig Hingerichteter. Mehr als 4000 Menschen saßen in den USA in den vergangenen 30 Jahren zu Unrecht in Haft. Und das sind nur die Fälle, die aufgefallen sind. 2023 wird berichtet: „Glynn Simmons saß 48 Jahre unschuldig im Gefängnis.“ 3

Am 1. Juni 2024 ist der 100. Jahrestag des

„Förstermordes bei Stecklenberg“.

Georg Baars, Mai 2024

Schüsse am Rumberg

Am 1. Juni 1924, einem Sonntag, hallen Schüsse über die Feldflur am Rumberg bei Stecklenberg, erst vereinzelt, dann gegen 6 Uhr sogar Salven. Die Kleingärtner auf den umliegenden Feldern sind beunruhigt. Was ist geschehen, wer hat geschossen?

Schnell macht ein Gerücht die Runde: Jemand ist erschossen worden. Schießen dürfen dort doch nur die Jagdpächter. Das sind der Kaufmann Richard Mellin und der Kaufmann Emil Weißenborn aus Neinstedt.

Die Polizei ist schnell zur Stelle, nimmt die Zeugenaussagen auf:

Aussage Emil Weißenborn:

„Heute morgen 3.15 Uhr ging ich mit dem Kaufmann Richard Mellin aus Neinstedt nach dem Rumberg, um einen Rehbock zu schießen.

Gegen 5.30 Uhr bemerkten wir zwei Männer vom sogenannten Trompeterbusch her auf dem Triftwege an der Feldscheune vorbei dem Rumberg zu ankommen. Kurz vorher hatten wir beide schon einen Schuss gehört. In der Annahme, dass es sich um Wilderer handelt, hielten wir uns versteckt und ließen die beiden auf uns zukommen. Etwa 150 Meter vor uns bog der eine der beiden Männer ab und ging quer übers Feld, während der Andere und zwar der größere der beiden, weiter auf uns zu hereinkam.

Als dieser auf fünf bis sechs Schritte angekommen war, stellten wir ihn und durchsuchten ihn nach Waffen. Ich tastete bei ihm die Kleidung, einen leichten Arbeitsanzug mit Hosen in Schaftstiefeln, ab, entdeckte aber keine Waffe an ihm. Der Mann trug aber in der Hand einen eisernen Anschlagkolben, den ich ihm wegnahm, worauf der Mann sagte: „Den kriege ich doch wieder!“

Mellin hatte inzwischen die Verfolgung des anderen Mannes aufgenommen. Ich ließ den durchsuchten Mann frei, um Mellin bei der Verfolgung des anderen Mannes zu unterstützen. Jetzt entfernte sich der Durchsuchte und lief auf der Höhe des Rumberges entlang, jedoch so, dass er die beiden Jagdpächter erblicken konnte. Mellin hatte inzwischen zwei Schreckschüsse Schrot aus seinem Jagdgewehr abgegeben. Wir hatten verabredet, bei einem Zusammentreffen mit Wilderern für den Fall der Not Schreck-Schrotschüsse abzugeben.

Auf den Karten sind die Positionen der Durchsuchung 1, des Schützen 2 und des Opfers 3 markiert.

Gleich nach Abgabe dieser Schreckschüsse, die dem fortlaufenden und von Mellin verfolgten kleineren Manne galten, fielen vom Rumberg her kurz hintereinander in schneller Folge fünf bis acht Schuss aus der Richtung, in der sich der vorher durchsuchte Mann befand. Mellin wurde getroffen und sank zusammen, etwa zwischen dem dritten oder vierten Schuss.

Die Geschosse der weiteren fallenden Schüsse hörte ich, als ich in der Richtung auf Mellin zulief, an mir vorbei sausen. Der Verfolgte kleinere Mann lief jetzt im Bogen weiter auf dem oben am Rumberg befindlichen Mann zu, traf auch mit ihm zusammen und beide sahen noch eine kurze Weile auf uns beide Jagdpächter herab, worauf beide hinter dem Rumberg verschwanden. Wenige Minuten darauf war Mellin in Folge der Verwundung verstorben.“

Aussage Konrad Albrecht, Neinstedt, 29 Jahre alt:

„Heute Morgen kurz nach 5 Uhr ging ich von zu Hause weg, um auf meinem in der Quarmbachschen Wiese gelegenen Acker zu hacken. Ich traf dort ungefähr um 5.30 Uhr ein. Kurz nachdem ich auf dem Acker war, fiel am sogenannten Trompeterbusch ein Schuss. Ich sah darauf, wie zwei Männer in der Richtung des Rumberges weiter gingen. Waffen habe ich bei ihnen sonst nicht bemerkt.

Ungefähr um 6 Uhr wurde ich durch Rufen und Hundegebell auf dem nahe gelegenen Rumberg aufmerksam und sah, dass dort der Kaufmann Mellin, Neinstedt hinter jemandem her lief. Etwas weiter in Richtung nach Suderode war der Kaufmann Weißenborn. Mellin lief hinter einem Mann her und ich hörte wie er drei bis viermal rief: „Stehen bleiben, Hände hoch!“ Es fielen mehrere Schüsse.