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Ein Fotografie-Buch für Anfänger und ambitionierte Hobby-Fotografen – stimmungsvolle Fotos ganz einfach selbst machen! Mit Bildern Geschichten erzählen – das kann jeder! Alles was du dazu brauchst, sind Lust, Inspiration und Kreativität. Das Handwerkszeug lässt sich mit dem Fotografie-Praxisbuch von Anna Heupel leicht lernen. Sie selbst ist ihren Weg von der Industriekauffrau zur Fotografin gegangen und zeigt fernab von klassischen Fotokursen, wie man stimmungsvolle Bilder aufnimmt. Das erwartet dich: - Die Grundlagen der Fotografie - Gestaltungsmittel - Lichtkunde - Farbenlehre - Erkennen besonderer Momente - Stilkunde und Bildsprache - Inspiration Weg von der reinen Technik – hin zu mehr Freiheit Fotografieren lernen für Einsteiger bedeutet nicht, dass zunächst unendlich viel Theorie studiert werden muss. Und genau das macht Anna Heupel in ihrem Buch klar. Vielmehr geht es um Ausprobieren, den eigenen Stil finden, Fehler machen und sich mit Leidenschaft einem Thema zu nähern. Das zeigt die Autorin anhand vieler Beispielbilder von ihren Reisen und Fotoshootings. Die eigene Bildsprache Das Buch ermuntert dazu, seine eigene Bildsprache zu finden – auch ohne klassische Fotografieausbildung im Studio. Du wirst angeregt, rauszugehen und Motive zu suchen, dich auszuprobieren, zu reisen und das Gefühl zu finden, das ein perfektes Erinnerungsfoto in dir auslöst. Das Buch ist sowohl für Anfänger als auf für ambitionierte Fotografen geeignet, die sich weiterentwickelt wollen.
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Seitenzahl: 178
© eBook: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
© Printausgabe: 2021 GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, Postfach 860366, 81630 München
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Projektleitung: Vanessa Lotz
Lektorat: Niko Raatschen
Korrektorat: Ulrike Wagner
Covergestaltung: ki 36 Editorial Design, München, Sabine Krohberger
eBook-Herstellung: Christina Bodner
ISBN 978-3-8338-8186-2
1. Auflage 2021
Bildnachweis
Fotos: Anna Heupel, die basis, Freepik.com/macrovector
Syndication: www.seasons.agency
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GRÄFE UND UNZER VERLAG Grillparzerstraße 12 81675 München
Am Machu Picchu in Peru, 2018
der Titel dieses Buchs, »Fotografie – Inspired by Life«, ist seit Jahren mein Mantra und beschreibt am besten, was die Fotografie für mich bedeutet: Inspiration, Lebensfreude, Freiheit, Kreativität und Faszination in all dem finden, was mir im Leben begegnet. Sei es eine Entdeckung beim Spazierengehen, besonderes Licht, ein Moment auf einer Reise, ein gutes Essen, das glitzernde Bachwasser bei unserem Haus in Schweden, ein Tag mit Freunden beim Klettern oder eine interessante Persönlichkeit, die ich bei einem Projekt porträtiere. Ich bin Hals über Kopf verliebt in das Leben und will alles, was mir auf dieser abgefahrenen Reise begegnet, einfangen und für immer konservieren. Vielleicht ist genau das der Grund, warum die Fotografie mir so viel bedeutet. Weil ich fasziniert von dem bin, was ich sehe und erlebe, aber auch, weil ich genau deswegen Angst habe, Angst vor der Vergänglichkeit und davor, dass diese bunte Reise einmal endet. Das Drücken des Auslösers meiner Kamera gibt mir kurz ein Gefühl von Unendlichkeit. »Klick – eingefangen« und für immer gespeichert. Und genau das möchte ich mit meinen Fotografien wiedergeben, ich möchte Geschichten erzählen, die das Leben schreibt. Während uns täglich unzählige Momente umgeben, nur so an uns vorbeifliegen und die Welt immer schnelllebiger wird, vergessen wir häufig zu erkennen, worauf es wirklich ankommt, und vor allem vergessen wir, genau hinzusehen. Manchmal habe ich das Gefühl, dass viele Menschen den Sinn für das Besondere in kleinen Momenten, die Faszination für Licht und Farben verloren haben. Vielleicht, weil uns all die Pflichten und der auferlegte Druck in einen grauen Schleier hüllen und die Sicht erschweren. Aber ich glaube fest daran, dass Faszination in jedem von uns schlummert und nur darauf wartet, entdeckt und ausgelebt zu werden. Ich möchte euch mit diesem Buch helfen, den grauen Schleier loszuwerden, wieder klar sehen zu können, zu fotografieren und vor allem dabei eure ganz eigenen Geschichten zu erzählen. Die Fotografie bot mir in den vergangenen zehn Jahren einen Rückzugsort, eine Konstante und einen kreativen Kanal, um meinen Gefühlen und Gedanken Ausdruck zu verleihen. Meine Kamera hat mich immer begleitet, zu unzähligen schönen Momenten, auf spannenden Reisen durch über 40 Länder, aber vor allem zu mir selbst. Ich sage immer wieder: Fotografie hat viel mit dir selbst und mit deiner Sicht auf die Dinge zu tun. Damit, wie du die Welt siehst.
Während sich viele bei der Fotografie sehr auf die Technik fokussieren, Themen in einem so kreativen Feld zu kompliziert gestalten, möchte ich euch in den nächsten Kapiteln durch Bilder, Texte und Tipps meine Sicht auf die Fotografie näherbringen. Ich möchte euch Inspiration vermitteln und motivieren, die Schönheit, die uns manchmal zu Füßen liegt, wieder zu finden. »Inspired by Life« bildet damit eine Art Bildband meiner ganz persönlichen Geschichte der Fotografie, kombiniert mit hilfreichen Tipps und den Grundlagen, damit jeder von euch loslegen kann. Ich freue mich, euch mitzunehmen in die bunte Welt der Fotografie, und vor allem freue ich mich, euch zu inspirieren, zum Denken anzuregen und der Fotografie, diesem wundervollen Bereich, voller Neugier und Euphorie zu begegnen.
»Wird das Sonnenlicht bei den Pyramiden in Ägypten so warm leuchten wie hier bei uns?« Diese Frage ließ Anna vor 20 Jahren mit graugelatschten Hausschuhen und einem Stofflöwen im Rucksack von Siegen Richtung Afrika aufbrechen, ohne Plan, nur den Juliwind in den Kinderhaaren. Auch wenn sie damals, mit acht Jahren, nie viel weiter als bis zum Gartenzaun kam, bevor ihre Mutter sie wieder ins Haus rief – die Suche nach dem Licht ist ihr seit ihrer Kindheit geblieben.
Als sie mit elf Jahren herausfand, dass sie ihre geliebten Sonnenstrahlen auch mit der Kamera ihres Vaters einfangen und für die Ewigkeit festhalten kann, wurden ihre Ausflüge plötzlich länger. Vom heimischen Garten in die Siegener Wälder und irgendwann bis in die ganze Welt. Ihre Wände hängte sie voll mit Modeaufnahmen und Schnappschüssen. Das Kinderzimmer wurde zu ihrer kreativen Landkarte, auf der sich Fotos von Fotografinnen wie Camilla Åkrans den Platz immer öfter mit den wehenden Haaren von Annas Freundinnen – ihren ersten Modellen – und den Erinnerungen an vorbeiziehende Jugendsommer teilen mussten.
Annas Fotografie ist heute genau das. Die Erinnerung an vergangene Sommer, die Unbeschwertheit des Menschen in der Natur, die vergessene Leichtigkeit der Kindheit und die Machtlosigkeit beim ersten Blick auf neue, atemberaubende Landschaften. Und so oft sie durch ihre Aufträge auch an paradiesischen Orten stranden mag, auch die alltäglichen Orte, die Anna bereist, werden in ihren Fotos und unserer Vorstellung für einen flüchtigen Moment zu Sehnsuchtsorten. In Portugal spricht man oft von der »Saudade« – ein viel besungener Ausdruck, in dem sich Wehmut, Fernweh und sanfte Melancholie vereinen. Sie ist die Krankheit der Seefahrer und oftmals auch die Kraft in Annas stärksten Bildern und vielleicht einer der Gründe, warum sich weltweit Tausende Menschen im Social Web zu ihren Bildern hingezogen fühlen.
2019 in Sri Lanka
30 Jahre alt und selbstständige Fotografin, Reisebloggerin und digitale Gestalterin aus Siegen. Erst einmal danke ich dir von Herzen für das Interesse an diesem Buch und die damit verbundene Unterstützung. Seitdem ich denken kann, träume ich davon, ein Buch zu schreiben, es mit meinen Fotografien zu füllen und Menschen auf eine andere, nicht digitale Art inspirieren und motivieren zu dürfen. Und jetzt ist es soweit. Ich kann es immer noch nicht fassen, aber während ich diese ersten Zeilen schreibe, sitze ich grinsend in unserem gemütlichen Dachgeschoss in Siegen, voller Freude und Euphorie, dieses Lebensprojekt verwirklichen und euch neue Impulse für die Fotografie mitgeben zu können.
Geboren und aufgewachsen in einem Dorf mit 2 000 Einwohnern, waren Felder, Wiesen und Wälder die größte Spielfläche und Inspiration für mich. Ich war ein typisches Mädchen vom Land: rau, voller Energie, hatte grundsätzlich Dreck unter den Fingernägeln und mindestens ein aufgeschürftes Knie. Meine Clique bestand überwiegend aus Jungs, die Freizeit verbrachten wir mit Budenbauen, Bachwanderungen und Fahrradfahren. Alle Kinder- und Jugendsommer, an die ich mich erinnere, sind gefüllt von warmen Gefühlen, endlosem Sommerlicht, Wildblumen, Barfußlaufen, Sauerampferessen und den leckersten Butterbroten der Welt, die Mama uns für tägliche Entdeckungstouren mitgab. Ich erinnere mich auch noch gut an die ersten, zaghaften Schritte in der Fotografie, als ich die letzten Bilder eines fast vollen Films verknipsen durfte. Papa liebte die Fotografie und das Filmen, alle Familienurlaube wurden mit Kameras in der Größe der eines ZDF-Reporters dokumentiert. Damals fanden meine Schwester und ich das voll nervig, heute sind die Bilder und VHS-Filme wertvolle Erinnerungen, die ich nicht missen möchte.
Ein Bild von einer analogen Kamera kostete echtes Geld, ich musste genau überlegen, wann ich abdrückte und welche Einstellungen ich wählte. Die meisten meiner Versuche waren Ausschuss, da ich die Technik einer analogen Kamera noch nicht beherrschte, aber ein erster Funke war bereits früh übergesprungen. Als meine Eltern dann die erste »Digicam« ins Haus holten, ging es richtig los. Bei jeder Gelegenheit schnappte ich mir heimlich die Kamera aus dem Wohnzimmerschrank und düste mit dem Fahrrad in die Wälder, bevor meine Eltern es bemerkten. Da ich schon immer sehr chaotisch war, hatten Mama und Papa berechtigte Angst, dass die Kamera bei einer anstehenden Expedition kaputt- oder gar verloren ging. Wenn mein Plan jedoch aufging, knipste ich alles, was mir bis zur Dämmerung vor die Linse kam. Ich fotografierte Blumen, Insekten, Wolken und den Himmel, Katzen, Kühe, Blätter, Käfer und Schnecken und später meine beste Freundin Lisa, die bei Abenteuern immer mit dabei war. Alles natürlich ohne großen Plan, dafür aber mit umso größerer Leidenschaft. Eines Abends kam ich mit vielen Bildern im Gepäck nach Hause, unter anderem mit Aufnahmen des atmosphärischen Sonnenuntergangs, der den heimatlichen Abendhimmel in ein Farbenspiel aus sanften Pastelltönen tauchte. Mein Papa war so begeistert von diesen Fotos, dass er ein Motiv drucken ließ und die Bilder sehr feierte. Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass nicht nur ich die Fotografie so sehr liebte, sondern meine Aufnahmen auch bei anderen Anklang fanden. Das gab mir Mut und motivierte mich weiterzumachen.
In der Schule kristallisierte sich schnell heraus, wo meine Stärken und Schwächen lagen. Mathe war eine Katastrophe, während ich in Sport, Kunst und Sprachen punktete. Meine Fantasie war, laut meinen Grundschullehrern, sehr ausgeprägt, was sich bereits in den ersten Schuljahren beim Schreiben kreativer Aufsätze zeigte. Ich kann mich an viele Momente erinnern – zum Bespiel auf der Rückbank unseres Opel Corsas auf dem Weg nach Italien –, in denen ich im Vorbeifahren Situationen sah, anfing zu träumen und mir Geschichten ausgemalt habe. Vielleicht fällt es mir auch dadurch so leicht, Geschichten mit meinen Bildern zu erzählen. Mindestens so ausgeprägt wie meine fantasievollen Träumereien waren leider auch meine Konzentrationsprobleme und mein energiegeladener Geist. Mir fiel Lernen immer sehr schwer, ich konnte schlecht ruhig sitzen und mich auf eine Sache konzentrieren. So schleppte ich mich regelrecht durch die Schule und schaffte mit durchschnittlichen Noten die Mittlere Reife. Parallel schrieb ich Bewerbungen für einen Ausbildungsplatz zur Fotografin an alle Fotostudios Siegens – obwohl die meisten gar keine Auszubildenden suchten! Die Möglichkeiten, hier als Fotografin zu lernen und zu arbeiten, waren nicht wirklich gegeben. Um des Friedens willen entschied ich mich kurzerhand für eine kaufmännische Ausbildung zur Industriekauffrau bei einem Betrieb im Nachbarort, was immerhin besser war, als ganz ohne Ausbildung dazustehen. Leider stellte sich aber sehr schnell heraus, dass der Beruf, damit verbunden das ganze Wirtschafts- und Industrie-Zeug, mir überhaupt keine Freude bereiteten. Meine Motivation war im Keller, ich war gefrustet, traurig, fühlte mich antriebslos, und ein Ziel war erst mal nicht in Sicht. Drei Jahre Ausbildung standen mir bevor.
Kann es so falsch sein, auf sein Herz zu hören?
2016, Sonnenaufgang in Miami mit Evi
In meiner Freizeit lenkte mich die geliebte Fotografie ab. Ich knipste Lisa, wir uns gegenseitig, bearbeiteten die Bilder und teilten anschließend unsere »Kunstwerke« auf sozialen Netzwerken wie Myspace, um Gleichgesinnte zu suchen. Die einfache Kompaktkamera, die Lisa und ich uns gemeinsam mit lang angespartem Geld gekauft hatten, wurde unseren damaligen Ansprüchen nur gering gerecht. Ich wollte unbedingt besser werden, richtige Bilder machen, diesen doofen Hintergrund unscharf und endlich mein geliebtes goldenes Licht in Lisas Haare bekommen. Wie? Ich wusste es nicht, trotz ständigem Lesen und Probieren. Aber dann, mit dem lang ersehnten Kauf der ersten digitalen Spiegelreflexkamera, betrat ich eine komplett neue Welt der Fotografie. Eine Nikon D60 ging ab jetzt mit mir auf Tour. Die Möglichkeiten schienen endlos, ab jetzt verging kein einziger Tag mehr ohne Fotos, ganz zum Leid meiner Freunde, die für spontane Fotoideen immer am Start sein mussten. Ich steckte jede freie Minute in das Thema, las Bücher, statt Rechnungswesen zu lernen, brachte mir die Bildbearbeitung bei und häufte mir immer mehr Wissen und Erfahrungen an. Das alles ging natürlich nicht spurlos an der Ausbildung vorbei, die Noten wurden immer schlechter, was wiederum dazu führte, dass ich noch weniger Lust und Motivation auf den grauen Büroalltag hatte, während doch draußen die bunte Welt der Fotografie auf mich wartete.
Ich zog nach endlosen Diskussionen mit meiner Familie, einem Klassenwechsel, weil ich in der Schule so schlecht war, und einer mündlichen Nachprüfung die Ausbildung durch, absolvierte endlich die Prüfung und war ausgebildete Industriekauffrau. So weit, so gut. Und jetzt? Jetzt fing ich wieder von vorne an, schrieb wieder Bewerbungen als Fotografin, sammelte wieder Absagen und wusste wieder nicht, was ich tun sollte. Irgendwann hatte ich mich damit abgefunden, nie Fotografin werden zu können. Ich jobbte, bediente Trucker in einer Spielothek, fuhr beim AWO-Fahrdienst und landete kurzerhand doch irgendwie wieder in einem Handwerkerbüro, wo ich immerhin coole Kollegen, einen Alltag und ein geregeltes Einkommen hatte. So konnte ich mir nach und nach Objektive und Zubehör für meine Kamera zulegen und mit der Fotografie weiterkommen. Als ich 2011 anfing, meine Fotografien bei Facebook zu teilen, war das Feedback toll und die Nachfrage direkt sehr groß. Kein Wunder, denn zu diesem Zeitpunkt waren natürliche Porträts von Menschen und Spielereien mit Licht etwas ganz Neues im Vergleich zu den gewohnt gestellten Studioporträts in Schwarzweiß. Nach und nach wurden immer mehr Leute auf meine Fotografie aufmerksam, kamen zu Fotoshootings, um von mir fotografiert zu werden, und ich erinnere mich noch gut an das Gefühl, als ich den ersten 50-Euro-Schein, nach einem vierstündigen Shooting, in der Hand hielt und mein Glück nicht fassen konnte: »Wow. Ich darf machen, was ich liebe, lerne dazu, hänge mit coolen Leuten in der Natur ab und bekomme dafür sogar Geld.« Ich war überglücklich, gründete ein Nebengewerbe, jobbte weiter im Büro, bis ich mich nach anderthalb Jahren erfolgreicher Nebenselbstständigkeit dazu entschied, mich ganz der Fotografie zu widmen. »Was soll schon passieren?«, fragte ich mich immer wieder bei aufkommenden Zweifeln. Eigentlich kann nichts passieren. Das Schlimmste wäre, dass es nicht lange gut geht, keine Aufträge mehr reinkommen, was zur Folge hätte, dass ich kein Geld verdienen würde und im schlimmsten Fall zurück ins Büro oder zu einem anderen Job müsste. Da gibt es weitaus schlimmere Ausgangssituationen. Wenn ich es jetzt nicht einfach probiere, würde ich es nie rausfinden. Nur Mut, sagte ich mir immer wieder. Nur Mut.
Nein, kann es nicht. Das kann ich dir versprechen. Wenn das Herz für etwas brennt, kann man keine falschen Entscheidungen treffen. Das geht einfach nicht, auch wenn es sich anfangs komisch anfühlt. Ich lebte lange mit diesem Konflikt: Kopf gegen Herz – und es wäre mir um einiges leichter gefallen, meinem Herzen zu folgen, wenn ich mehr Unterstützung im engeren Umfeld erlebt hätte. Aber ein 22-jähriges Mädchen vom Dorf, das gerade aus einer Ausbildung purzelte und eigentlich einen handfesten Beruf ausüben könnte, bekam viel Gegenwind und negatives, vor allem ungefragtes Feedback zu hören. »Mit der Fotografie verdient man doch nichts, Anna.« »Passbilder machst du dann, oder?« »Du hast die Fotografie doch gar nicht gelernt.« »Aber bald gehst du wieder ins Büro?« »Und was ist mit der Rente?« All das und viel mehr konnte ich mir täglich anhören, während mein Kopf bereits die nächsten Fotoideen und Projekte zusammensuchte. Geld? War mir egal, Hauptsache, ich konnte fotografieren. Ich glaube, wenn man eine Sache macht, weil das Herz dafür brennt, kann es nur gut gehen. Wenn man jedoch eine Sache macht, weil man schnelles Geld und den großen Erfolg als Ziel hat, geht das oft nach hinten los.
Ich lebte anfangs von ca. 500 Euro im Monat; da ich aber noch bei Mama und Papa einquartiert war, kam ich damit über die Runden. Anstatt mir Sorgen über mein Geld zu machen, das machten meine Mitmenschen ja schon genug, legte ich los, trat einer Fotogemeinschaft bei, lernte die Studiofotografie kennen (also das Blitzen mit künstlichem Licht), fotografierte viele Menschen, brachte mir die Hautretusche bei, arbeitete Tag und Nacht mit Hingabe, sodass sich diese Arbeit bereits nac kurzer Zeit bezahlt machte. Es gab erste Veröffentlichungen in Magazinen, Beauty- und Modelkampagnen, Interviews und Beiträge, Models aus ganz Deutschland kamen zu Fotoshootings. Bilder, die auf einmal im Internet durch die Decke gingen und auf der ganzen Welt zu sehen waren, kamen von einer Industriekauffrau aus Rudersdorf, die gerade dabei war, an ihrem eigenen Traum zu wachsen. Es war ein Prozess, ein Zusammenspiel aus Tausenden kleiner Momente, die sich gut und richtig anfühlten. Ich habe mich jedoch nie darauf ausgeruht oder in den Erfolgen gebadet. Klar, Bestätigung fühlt sich immer gut an und füttert das Ego. Das kann keiner abstreiten. Aber ich blieb weiterhin einfach am Ball, folgte meiner inneren Stimme, suchte neue Projekte und steckte Unmengen an Zeit und Leidenschaft in meinen Prozess. Mir ging es dabei mehr um eine persönliche Weiterentwicklung anstatt um Erfolg und bezahlte Jobs. Die meisten meiner Arbeiten habe ich zu Beginn sogar unentgeltlich oder gering bezahlt gemacht, weil ich einfach nur lernen und mich entwickeln wollte und dankbar um jede Referenz war. Alle Energie und aller Mut, die ich in die Fotografie gesteckt hatte, kamen aber irgendwann step by step zurück. Ich war zwar ein junges Küken in der Szene und wurde von vielen belächelt, weil ich so unwissend drauflosknipste, erreichte aber nach kurzer Zeit mit meiner Bildsprache, mit natürlichen Porträts und stimmungsvollen Momentaufnahmen Tausende Menschen auf der ganzen Welt.
Diese Bilder waren meine ersten Portraitprojekte.
Aber warum eigentlich die Fotografie? Warum nicht ein anderes kreatives Feld? Ich kann es euch nicht genau sagen, aber irgendwie war die Leidenschaft fürs Fotografieren schon immer da. Die Fotografie war die einzige Konstante in meinem Leben, die keine Zweifel geweckt hat. Es war nicht so, dass ich irgendwas suchen musste, es war immer die Fotografie, die ganz selbstverständlich auf mich wartete. Beim Fotografieren mag ich am meisten, vergängliche Augenblicke für immer einfangen zu können, am liebsten mit besonderem Licht. Ich liebe es auch, meine anderen Leidenschaften, wie die fürs Klettern, Reisen, Wandern, und alles, was ich so sehe und erlebe, mit der Fotografie verbinden zu können. Es gibt keine Reise ohne Kamera, selbst zu kleinen Ausflügen schleppe ich mein Zeug mit. Die Fotografie ist mein Mittel, um Geschichten zu erzählen und mich kreativ auszuleben. So wie meine Fotografien sind, sehe ich die Welt. Voller Faszination und Neugier. Durch die Fotografie habe ich sogar zu meiner großen Liebe und meinem Mann Timo gefunden. Seit 2013 sind wir ein unschlagbares Team, teilen unser Leben, unterstützen uns bei allem, was ansteht, und teilen viele gemeinsame Leidenschaften. Wir beide interessieren uns für Reisen, so machten wir im Jahr 2016 eine Weltreise, von der wir bis heute zehren. Unsere tiefe Verbundenheit mit der Natur und die Suche nach Ruhe brachten uns nach Schweden, wo wir 2019 ein Haus kauften. Aber auch persönliche und berufliche Hoch- und Tiefpunkte und der Umgang damit schweißten uns mehr und mehr zusammen. Timo ist der Mensch, der mir am meisten bei meiner Selbstständigkeit und dem Prozess der Fotografie geholfen hat. Gar nicht durch offensichtliches Handeln, sondern indem er mir jeden Tag das Gefühl gibt, dass es okay ist, wie ich bin, ich auf mich vertrauen kann und dass ich geliebt werde, egal was ich mache. Und diese Selbstakzeptanz und Toleranz spiegelt sich heute auch in meinen Bildern wider, ich habe dadurch mehr und mehr verstanden, worum es in der Fotografie geht. Um Sehen, Erkennen, Verstehen – und um dich selbst. Die Fotografie ist für mich das wundervollste Mittel, Gefühlen und einer persönlichen Sicht auf Dinge Ausdruck zu verleihen und damit meine Sprache in die Welt zu tragen.
Nur Mut.
Auftragsarbeit für Schweiz Tourismus, 2020
Übrigens sind die Bilder im Buch, auf denen ich zu sehen bin, überwiegend durch meinen Mann Timo entstanden, der mir bei spontanen Fotoideen immer zur Seite steht.
Manche Bilder, wie dieses von uns während unseres Roadtrips in Australien, habe ich mit einem Selbstauslöser gemacht. Falls ihr also mal alleine unterwegs seid, könnt ihr Fotoideen auch immer selbst umsetzen.
Bis ich mich jedoch getraut habe zu sagen: »Ich bin Fotografin«, vergingen einige Jahre. Oft habe ich mich nicht gut genug für diese Berufsbezeichnung gefühlt, vor allem, weil ich die Fotografie so gerne als Ausbildungsberuf gelernt hätte. Ich dachte immer, ich weiß zu wenig und bin einfach nicht gut genug. Heute hingegen bin ich froh, keine Ausbildung zur Fotografin gemacht zu haben. Ich glaube, das hätte mich kreativ eingeschränkt und mir weniger Spielraum zum Ausprobieren gelassen. Jetzt, zehn Jahre später, sitze ich hier und sage es jedenfalls voller Stolz: Ich bin Fotografin.