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Band 1 der fesselnden Dark-Academia-Romantasy: Play the game or lose your heart! Als Harper an der University of Oxford angenommen wird, scheinen all ihre Träume zum Greifen nah. Vor allem als sie mit der Zusage die Einladung erhält, den berüchtigten Diamonds beizutreten – einer Studentenverbindung, die ihren Mitgliedern Macht und Einfluss verspricht. Auf einmal muss Harper am Spiel der Vier Farben teilnehmen und steht ihrer Vergangenheit gegenüber: Finley, der sie vor Jahren ohne Erklärung im Stich ließ und sie jetzt ausdrücklich vor der tödlichen Magie der Diamonds warnt. Play the GAME or lose your HEART. Tauche ein in die Welt der vier magischen Studentenverbindungen Cross, Hearts, Diamonds und Spades, und in ein gefährliches Kartenspiel, das im echten Leben ausgetragen wird! ***Eine Szene aus FOUR HOUSES OF OXFORD, Bd. 1*** "Ich sollte jetzt gehen. Bevor uns noch jemand sieht." Seine Hand zuckte, als wollte er nach mir greifen, doch er tat es nicht und ein bittersüßer Stich fuhr mir durchs Herz. "Solltest du", wisperte ich, doch er rührte sich nicht. Unsere Blicke verhakten sich. Ich ertrank im Grün seiner Augen, wollte ihn berühren, ihn küssen. Ich wollte nur einen Tag. Einen einzigen Tag, ohne ständig Angst davor zu haben, dass uns jemand erwischte. Mein Atem beschleunigte sich. Warum musste alles so kompliziert sein? "Ich will aber nicht gehen." Seine Stimme war leise. "Ich weiß, dass das unvernünftig ist. Nach allem, was passiert ist, sollte ich gehen und … und wenn das Spiel vorbei ist, könnten wir alles sein, was wir wollen. Aber ich kann nicht. Ich habe Angst, dass ich dich wieder verliere, bevor ich dich richtig wiedergefunden habe."
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Seitenzahl: 553
Originalausgabe
Als Ravensburger E-Book erschienen 2022
Die Print-Ausgabe erscheint in der Ravensburger Verlag GmbH, Postfach 2460, D-88194 Ravensburg
© 2022 Ravensburger Verlag GmbH
Text © 2022 Anna Savas
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.
Lektorat: Franziska Jaekel
Umschlaggestaltung: Carolin Liepins unter Verwendung von Fotos von Shutterstock (© Greens87, © Papuchalka – kaelaimages, © pixel creator, © logoboom, © Ollyy, © Ironika, © Hanna Savich, © KDdesignphoto, © Mrs.Moon, © rangizzz)
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-473-51116-7
www.ravensburger.de
Für Benedikt
Breathe – NF
JEKYLL & HIDE – Bishop Briggs
Play Dirty – Kevin McAllister, [SEBELL]
Cross – Echos
Into The Fire – Thirteen Senses
SUCKAPUNCH – You Me At Six
Losing You – UNSECRET, Sam Tinnesz
Truth Hurts – Lizzo
Deathbeds – Bring Me The Horizon
Saints – Echos
Legendary – Welshly Army
Animal – AG, MOONZz
Don’t Save Me – Chxrlotte
No Sanctuary – UNSECRET, Sam Tinnesz, Fleurie
Empire – Beth Crowley
Here I Am – Tommee Profitt, Brooke
Man or a Monster – Sam Tinnesz, Zayde Wolf
Alpha – Little Destroyer
Gilligan’s Island – Tommee Profitt, Nicole Serrano
Monsters – Tommee Profitt, Xeah
Play with Fire – Sam Tinnesz, Ruelle, Violents
Chemical – The Devil Wears Prada
Fallout – UNSECRET, Neoni
Wicked Game – Grace Carter
How Villains Are Made – Madalen Duke
Slip Away – UNSECRET, Ruelle
bad guy – Billie Eilish
No F.E.A.R. – Madalen Duke
Sehr geehrte Ms Scott,
herzlich willkommen an der University of Oxford. Wir freuen uns, Sie ab Herbst bei uns begrüßen zu dürfen. Aufgrund Ihrer besonderen Leistungen möchten wir Sie einladen, den Diamonds beizutreten, einer der renommiertesten Studentenverbindungen unserer Universität und Teil der Vier Farben.
Neben der kostenlosen Unterbringung in unserem Verbindungshaus und der Verpflegung durch einen Privatkoch bieten wir Ihnen weitere Annehmlichkeiten wie ein Fitnessstudio mit Wellnessbereich und eine umfangreiche Bibliothek, die ausschließlich den Mitgliedern der Vier Farben zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird Ihr Studium durch exklusive Tutorien begleitet und Sie bekommen die Möglichkeit, bedeutende Kontakte in Wirtschaft und Politik zu knüpfen. Wir werden von einflussreichen Alumni dabei unterstützt, Ihnen den Weg zum Erfolg zu ebnen, und wünschen unseren Mitgliedern nur das Beste.
Bitte teilen Sie uns innerhalb der nächsten vier Wochen mit, ob Sie diese Einladung annehmen werden.
Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.
Hochachtungsvoll
Elizabeth Campbell
Vorsitzende Diamonds
Fluchend hastete ich Richtung Bahnhof. Der Tag hatte mies angefangen und so wie es schien, war vorerst auch keine Besserung in Sicht.
Ich war spät dran. Viel zu spät, und das nur, weil ich den Bus genommen hatte. Heute wäre ich sogar schneller gewesen, wenn ich gelaufen wäre, weil der Bus wegen eines Unfalls in einer Einbahnstraße stecken geblieben war. Das war vor einer halben Stunde gewesen. Als ich noch eine Menge Zeit gehabt hatte.
Jetzt hatte ich keine Zeit mehr.
Die Rollen meines Koffers gaben ein nervtötendes Klackern von sich, als ich ihn über den unebenen Bürgersteig zog. Der Wind fuhr durch meine Haare und ich fröstelte. Es war erst Anfang September, aber der Herbst war schon deutlich spürbar. Die Blätter der Bäume verloren bereits ihr Grün, wurden braun und rot, und obwohl es noch früh war, war es seltsam dämmrig. Als wollte es heute nicht richtig hell werden. Offenbar war das Wetter genauso schlecht drauf wie ich.
So hatte ich mir den Start in mein neues Leben definitiv nicht vorgestellt.
Ich stieß ein erleichtertes Seufzen aus, als ich um die nächste Ecke bog und endlich der Bahnhof Manchester Piccadilly in Sichtweite kam. Für einen Moment hielt ich inne und atmete tief durch. Meine Beine schmerzten und meine Lunge brannte. Meine Kondition war wirklich unterirdisch.
Aber es nützte nichts. Ich musste weiter. Ich schob die Träger meines Rucksacks auf den Schultern zurecht und wollte mich gerade in Bewegung setzen, als jemand so heftig gegen mich stieß, dass mir der Griff meines Koffers aus der Hand gerissen wurde. Fluchend stolperte ich nach vorn, schaffte es aber gerade noch, mich zu fangen, bevor meine Knie Bekanntschaft mit der Straße machten.
Der groß gewachsene, dunkelhaarige Typ, der mich angerempelt hatte, hastete weiter, ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen, von einer Entschuldigung ganz zu schweigen. Fassungslos starrte ich ihm nach und brauchte einen Moment zu lange, um meine Stimme wiederzufinden.
»Arschloch!«, schrie ich ihm hinterher, aber er ignorierte mich.
Gott, warum mussten die Leute dermaßen ätzend sein? Okay, nicht alle waren unausstehlich, aber als Menschenfreund würde ich mich nicht unbedingt bezeichnen. Wahrscheinlich waren die wechselnden Pflegefamilien, bei denen ich mein ganzes Leben lang gewohnt hatte, daran nicht ganz unschuldig.
Für einen Moment wanderten meine Gedanken zu Victor und Anita, dem Ehepaar, bei dem ich die letzten Monate verbracht hatte. Wir hatten uns nicht besonders gut verstanden – die Untertreibung des Jahres – und sie waren mindestens so froh gewesen wie ich, als ich achtzehn geworden war und damit offiziell für mich selbst verantwortlich. Ich spürte nicht einmal einen Funken Wehmut darüber, dass die vergangene Nacht auch die letzte in dem heruntergekommenen Haus gewesen war, in dem winzigen Zimmer, das ich mir wochenlang mit zwei anderen Mädchen hatte teilen müssen. Das war wirklich keine spaßige Angelegenheit gewesen.
Das Läuten einer fernen Glocke riss mich aus meinen Gedanken. Mist! Sieben Minuten. Ich hatte noch exakt sieben Minuten, bis mein Zug abfuhr.
Hastig schnappte ich mir meinen Koffer und rannte los. Ich erreichte den Bahnhof gerade noch rechtzeitig, hetzte durch die Halle zum richtigen Gleis und blieb abrupt stehen, als die Anzeigetafel an Gleis 6 nicht Oxford, sondern Sheffield anzeigte.
»Nein, nein, nein!« Konnte dieser Tag noch schlimmer werden? Wo war mein Zug?
Hektisch sah ich mich um. Hier musste doch irgendwo jemand sein, den ich fragen konnte! Wieso war hier niemand?
Mir entwich ein frustrierter Laut, dann sprintete ich zurück in die Halle und zur Information. Ich war so in Panik, dass ich meinen Zug auf der Anzeigetafel auch nicht fand. Keine zwei Minuten mehr.
Verdammt. Verdammt. Verdammt!
Mein Herz raste. Ich konnte es mir nicht leisten, diesen Zug zu verpassen. Mir fehlte das Geld für ein neues Ticket. Ich musste in diesen Zug!
Dann entdeckte ich ihn doch endlich in der viel zu langen Liste und rannte los. Gleis 11. Ernsthaft? Das war fast am anderen Ende des Bahnhofs.
Auf dem Weg rempelte ich mehrmals jemanden an, aber das war mir egal. Ich hatte keine Zeit, mich zu entschuldigen, und ich konnte auch nicht nach dem richtigen Waggon suchen, als ich endlich das Gleis erreichte und tatsächlich Oxford auf der Anzeigetafel stand. Also sprang ich einfach in den Wagen vor mir. Die Türen schlossen sich mit einem leisen Zischen hinter mir und einen Moment später setzte sich der Zug mit einem Ruck in Bewegung.
Schwer atmend lehnte ich mich an die Wand und schloss für einen Moment die Augen. So ein Scheißtag.
Als mein Herz wieder einigermaßen gleichmäßig schlug, zog ich mein Handy aus dem Rucksack, rief das Ticket in der Trainline-App auf und machte mich auf die Suche nach meinem Platz. Zum Glück dauerte es nicht lange, bis ich die Nummer fand, ich musste mich dafür noch nicht einmal durch den halben Zug drängeln. Ich betrachtete das als Fortschritt. Vielleicht würde der Rest des Tages doch noch besser werden.
»Darf ich mal?«, fragte ich das Mädchen, das mit einem Buch in der Hand auf dem Nachbarplatz saß, und zwang mich zu einem freundlichen Lächeln.
»Klar.« Sie drehte sich ein Stück zur Seite, nachdem ich meinen Koffer auf die Gepäckablage gewuchtet hatte, und als ich mich endlich auf das durchgesessene Polster fallen ließ, stieß ich ein befreites Seufzen aus.
Meine Sitznachbarin widmete sich glücklicherweise sofort wieder ihrem Buch. Erleichtert, dass sie offenbar kein Mensch war, der sich sofort mit jeder fremden Person unterhalten wollte, wandte ich mich ab und zog meine Kopfhörer aus dem Rucksack, von denen einer einen absolut nervigen Wackelkontakt hatte.
Während die ersten Klänge des Songs Breathe von NF erklangen, vibrierte wie aufs Stichwort mein Handy und zeigte mir eine neue Nachricht an.
Cece 9:23: Hat alles geklappt? Mein Zug geht in eineinhalb Stunden. Wir treffen uns dann am Bahnhof?
Automatisch breitete sich ein Lächeln auf meinem Gesicht aus. Cece war meine beste Freundin, seit ich mit zwölf ein paar Monate bei ihrer Familie gewohnt hatte, bevor ihre Eltern sich scheiden ließen und sie mit ihrer Mutter nach Southampton gezogen war. Danach war ich bei einer neuen Familie in Manchester gelandet und inzwischen hatten wir uns seit zwei Jahren nicht mehr gesehen. Es sei denn, Video-Calls zählten, dann sahen wir uns praktisch täglich. Sie war die Einzige, der ich voll und ganz vertraute, die Einzige, die jedes meiner Geheimnisse kannte.
Dass wir jetzt zusammen in Oxford Jura studieren würden, war ein kleines Wunder. Ohne das Stipendium, das ich bekommen hatte, hätte ich nie dort anfangen können. Dann hätte ich auch nicht die Möglichkeit gehabt, Cece jeden Tag zu sehen, und nach den letzten Jahren war die Aussicht auf eine Konstante in meinem Leben – vor allem, wenn es sich dabei um meine beste Freundin handelte – ein Geschenk des Himmels.
Ich schüttelte über meine eigene Rührseligkeit den Kopf. Normalerweise war ich nicht so sensibel. Aber heute war nicht normalerweise.
Ich 9:23: Machen wir
Cece 9:24: Gut, und dann will ich alles über Xavier wissen!
Mein Lächeln erlosch. Ich hatte Cece wirklich viel zu erzählen. Es gab keinen Xavier, hatte es auch nie. Aber wir waren dazu übergegangen, den Absender der Briefe, die neben der Einladung der Diamonds ganz tief unten in meinem Rucksack lagen, so zu nennen. Zugegeben, die Briefe könnten auch von einer Frau geschrieben worden sein, aber die Schrift auf den Umschlägen war kaum lesbar gewesen und es gab nur wenige Namen mit X, die keine absoluten Zungenbrecher waren. Xavier war also die naheliegende Lösung gewesen. Ganz abgesehen davon, konnte es einem Menschen, der einfach nur mit X unterzeichnete und sich auch nicht auf dem Umschlag kenntlich machte, wohl egal sein, welchen Namen wir ihm gaben.
Es war Wochen her, seit ich den ersten Brief bekommen und zuerst für einen schlechten Scherz gehalten hatte. Doch in kurzen Abständen waren weitere Briefe angekommen und irgendwann hatte ich mich dabei ertappt, die Worte darin zu glauben.
Tja und jetzt musste ich mit Cece über all das sprechen, damit ich sichergehen konnte, dass ich nicht den Verstand verlor. Ich hatte ihr zwar erzählt, was in den Briefen stand, aber etwas zu hören oder schwarz auf weiß zu lesen, waren nun mal zwei verschiedene Dinge. Und was ich darüber erzählte, klang deutlich bescheuerter, als die Briefe es tatsächlich waren.
Ich schrieb ihr kurz zurück und starrte dann aus dem Fenster auf die vorbeiziehende Landschaft. Es juckte mir in den Fingern, die Briefe aus dem Rucksack zu holen und sie noch einmal zu überfliegen, dabei konnte ich sie praktisch auswendig.
Harper, ich weiß, das klingt verrückt, aber du musst …
Ich schloss die Augen und ließ die Briefe im Rucksack, während die Wörter durch meinen Kopf tanzten. Wörter, die mein ganzes Leben verändert hatten. Noch mehr als die Einladung der Diamonds. Denn es waren Xaviers Briefe, die mich dazu gebracht hatten, die Einladung der Studentenverbindung auch anzunehmen – nicht die Annehmlichkeiten, die Elizabeth Campbell mir versprochen hatte, so verlockend sie auch sein mochten. Für jeden anderen vermutlich auch wären. Nur eben nicht für mich.
Als der Zug schließlich in den Bahnhof von Oxford einfuhr, griff ich ein zweites Mal an diesem Tag nach meinem Koffer. Ich verließ den Zug und schaute mich suchend nach Cece um.
Wir hätten wirklich etwas präziser sein können, als es um unseren Treffpunkt gegangen war. Ich zog mein Handy aus der Tasche, schickte ihr eine kurze Nachricht und setzte mich dann in Bewegung, um nach ihr zu suchen. Sie musste auf jeden Fall schon angekommen sein. Die Strecke von Southampton nach Oxford war deutlich kürzer als von Manchester aus.
Doch ich kam nicht weit.
Ich hatte die Bahnhofshalle noch nicht einmal halb durchquert, als ich erst einen blonden Haarschopf und dann das dazugehörige Gesicht entdeckte. Die Augen. Das Lächeln. Noch immer viel zu vertraut.
Wie erstarrt blieb ich stehen. Mein Herz schlug auf einmal rasend schnell. Mir wurde schlecht. So richtig schlecht. Ich hörte das Blut in meinen Ohren rauschen, für einen Moment geriet die Welt um mich herum aus dem Gleichgewicht. Das konnte nicht sein, er konnte nicht wirklich hier sein. Das war nicht möglich.
Jemand rempelte mich an, ich stolperte zur Seite und der Bann brach. Hastig richtete ich mich wieder auf, blickte genau dorthin, wo er gerade noch gestanden hatte – und starrte ins Leere. Hektisch schaute ich mich um, fand ihn aber nicht. Er war nicht da. Als hätte er sich in Luft aufgelöst. Blinzelnd schüttelte ich den Kopf.
Ich hatte ihn mir nur eingebildet. Das war die einzige Erklärung. Er konnte gar nicht hier sein. Keine Ahnung, was mein Unterbewusstsein mir damit sagen wollte, aber er war nicht hier.
Und was, wenn doch?
Nein.
Nicht er.
Er war meine ganz persönliche Hölle.
Und er war nicht hier.
Ich wirbelte herum und hastete kopflos durch die Halle, mein Koffer polterte lautstark hinter mir her. Bilder stiegen vor meinem inneren Auge auf. Bilder von uns beiden. Bilder, die wehtaten. Weil er mich einfach verlassen hatte, obwohl er versprochen hatte, bei mir zu bleiben. Er hatte sich erst in mein Herz geschlichen und es mir dann aus der Brust gerissen.
Zwei Jahre waren seitdem vergangen. Wieso tat es immer noch weh? Wieso?!
Vor dem Bahnhof blieb ich keuchend stehen und hätte am liebsten losgeschrien. Er war nicht hier. Er war nicht hier. ER. WAR. NICHT. HIER.
Wie oft war es während der letzten Jahre vorgekommen, dass ich für den Bruchteil einer Sekunde geglaubt hatte, ihn wiederzusehen?
Viel zu oft.
Wie oft war es real gewesen?
Kein einziges Mal.
Frustriert trat ich gegen die niedrige Mauer, vor der ich stehen geblieben war, und stieß einen spitzen Schrei aus, als ein stechender Schmerz durch meinen Fuß jagte.
Verdammt! Stöhnend ließ ich mich auf die Mauer sinken und vergrub das Gesicht in den Händen.
Reiß dich zusammen, Harper. Reiß dich zusammen!
Die Wahrscheinlichkeit, ihm nach zwei Jahren ausgerechnet hier zu begegnen, war total gering.
Tief durchatmen.
Zwei Jahre und jetzt sollte er plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen? Nein, ganz sicher nicht.
Unwillkürlich umfasste ich mit der rechten Hand mein linkes Handgelenk, tastete nach dem Armband, das ich dort für eine kurze Zeit getragen und das mir alles bedeutet hatte.
Hoffentlich. Hoffentlich. Hoffentlich.
Das Klingeln meines Handys holte mich unsanft zurück in die Realität. Ungelenk fischte ich es aus meiner Jackentasche und verzog das Gesicht, als ich Ceces Namen auf dem Display sah. Ich hatte sie komplett vergessen, nur weil mich ein blödes Hirngespinst völlig aus der Fassung gebracht hatte.
Ganz toll.
»Hey«, begrüßte ich sie und rieb mir in einer erschöpften Geste über das Gesicht, um auch die letzten Gedanken an ihn zu vertreiben.
»Wo steckst du? Ich finde dich nicht.« Sie klang so fröhlich und aufgeregt, dass meine Anspannung ganz von selbst ein bisschen nachließ.
»Ich komme zu dir. Oder sollen wir uns am Starbucks treffen? Ist vielleicht einfacher«, erwiderte ich und räusperte mich, als ich hörte, wie rau und belegt meine Stimme klang.
»Perfekt, dann bis gleich.«
Nachdem ich aufgelegt und noch einmal tief durchgeatmet hatte, schnappte ich mir meinen Koffer und kehrte in die Bahnhofshalle zurück. Obwohl ich mir inzwischen sicher war, dass ich ihn mir nur eingebildet hatte, kam ich nicht dagegen an, mich noch einmal nach ihm umzuschauen.
Er war nirgendwo zu sehen.
Erleichterung durchflutete mich.
Alles ist gut.
Energisch schob ich jeden Gedanken an ihn in den hintersten Winkel meines Kopfes und ging zum Starbucks-Stand hinüber, wo Cece bereits auf mich wartete.
Wärme breitete sich in mir aus, als ich sie entdeckte. Sie sah aus wie immer. Ihre Haare schimmerten in einem warmen Dunkelbraun, sie trug ein cremefarbenes Kleid unter einem kurzen weinroten Mantel, dazu eine ebenfalls weinrote Strumpfhose und die gleichen Dr. Martens wie ich.
Mit ausgebreiteten Armen lief sie mir entgegen und wir fielen uns um den Hals. Tief atmete ich ihr blumiges Parfüm ein, das mir immer noch vertraut war, obwohl wir uns so lange nicht gesehen hatten. Viel zu lange.
Erst jetzt merkte ich, wie sehr ich sie tatsächlich vermisst hatte, und meine Augen begannen zu brennen. Hastig blinzelte ich die Tränen weg.
»Hast du dich verlaufen?«, neckte sie mich und schulterte ihren Rucksack, nachdem wir uns wieder voneinander gelöst hatten.
»So halb.« Das war nicht gelogen. Aber auch nicht die Wahrheit. Ich schüttelte mich, um mich davon abzuhalten, wieder an ihn zu denken. Wenn ich Cece erzählte, wen ich zu sehen geglaubt hatte, würde sie mir einen Vortrag halten, den ich nicht hören wollte. Also ließ ich es bleiben.
Ihm stand der Raum nicht zu, den er unweigerlich einnahm, wenn wir über ihn redeten. Schon lange nicht mehr. Deshalb weigerte ich mich konsequent, an seinen Namen auch nur zu denken, geschweige denn ihn auszusprechen.
»Also, wollen wir dann los? Auf uns wartet ein Geheimnis, das gelüftet werden will.« Ihre Augen glitzerten aufgeregt und ich schmunzelte.
»Kann es sein, dass du die Briefe spannender findest als ich?«
Sie hob die Arme und blinzelte unschuldig. »Vielleicht. Ganz vielleicht bin ich auch ein klitzekleines bisschen neidisch.«
»Worauf? Dass ich seltsame Briefe von einem Verrückten bekomme?«
»Ja. Nein. Nicht unbedingt. Ich meine … du musst schon zugeben, dass die ganze Sache ziemlich spannend ist.«
Ich zog die Augenbrauen hoch. »Willst du tauschen?«
Also das wagte ich doch sehr zu bezweifeln. So toll war mein Leben wirklich nicht. Auch wenn sich in letzter Zeit einiges getan hatte.
»Nein danke. Eigentlich bin ich ganz zufrieden. Außerdem bin ich ein echter Angsthase. Du lässt mich einfach an deinen Abenteuern teilhaben und ich bin zufrieden.« Mit einem verschmitzten Lächeln hakte sie sich bei mir unter und wir liefen Richtung Ausgang.
»In einer Studentenverbindung aufgenommen zu werden, würden die meisten nicht unbedingt als Abenteuer bezeichnen«, gab ich trocken zurück und ignorierte, dass mein Herz aus dem Takt geriet.
»Wären wir in den USA, hättest du recht. Aber wir sind in Oxford und du gehörst zu den Diamonds. Das ist ein Abenteuer«, widersprach sie und warf mir einen vielsagenden Blick zu.
Ich rollte übertrieben mit den Augen und schwieg, obwohl ich ihr insgeheim recht gab. Die Diamonds waren so viel mehr als eine simple Studentenverbindung.
»Ich muss zugeben, das ist gar nicht übel.« Breit lächelnd warf Cece ihren Rucksack in eine Ecke ihres neuen Zimmers und stellte den Koffer vor ihrem Kleiderschrank ab.
Sie war im Wadham College untergebracht worden, einem der neununddreißig Colleges und Private Halls der University of Oxford. Ich hatte das Wadham College bisher nur auf Bildern im Internet gesehen, in der Realität war es allerdings noch beeindruckender. Es wirkte wie ein Schloss, in dessen Mitte eine große Wiese dazu einlud, es sich im Sommer draußen mit einem Buch bequem zu machen.
Hohe Schornsteine ragten aus dem dunklen Dach des sandfarbenen Gebäudes in den Himmel empor. Über der hohen Eingangstür, die man eher als Tor bezeichnen konnte, befand sich ein Erker, in dem hoffentlich zwei Lesesessel standen, sonst wäre der Platz total verschwendet. Durch schmale, aber hohe Fenster fiel Licht ins Innere – na ja, sofern es draußen auch richtig hell wurde. In Oxford war es noch diesiger als in Manchester.
Ceces Zimmer war nicht übermäßig groß, aber es war ein Einzelzimmer und sie hatte ein eigenes kleines Bad. Mehr hatte sie nicht gewollt.
Der helle Holzboden war zwar alt und man sah, dass schon viele Studierende vor ihr in diesem Zimmer gewohnt hatten, aber alles war gut gepflegt. Die weißen schmucklosen Wände würden nicht lange leer bleiben. Cece hatte eine Vorliebe für Lichterketten und Artprints. In ihrem Zimmer in Southampton konnte man kaum noch die moosgrüne Farbe der Wände sehen.
Vor dem Fenster stand ein Bett, das breit genug war, um eine Nacht gemeinsam darin zu schlafen, bevor ich mich morgen auf den Weg zum Verbindungshaus der Diamonds machen würde. Außerdem gab es einen schmalen Schreibtisch, einen braunen Ledersessel und einen Kleiderschrank, der für Cece definitiv zu klein war, wenn ihre Mum ihr erst mal ihre restlichen Sachen nachgeschickt hatte.
»Das Zimmer ist toll«, bestätigte ich, und bei dem Gedanken, dass ich bei den Diamonds ebenfalls ein Zimmer ganz für mich allein haben würde, machte mein Herz einen erwartungsvollen Satz. Gleichzeitig breitete sich eine nagende Unruhe in mir aus.
Nachdem ich die Einladung einer der vier elitären Studentenverbindungen der University of Oxford – den Vier Farben – bekommen hatte, war mein erster Gedanke gewesen, dass sie einen Fehler gemacht hatten. Schließlich hatte ich mich nicht um einen Platz beworben. Einer Studentenverbindung beizutreten, war so ziemlich das Letzte gewesen, was ich mir für mein Studium vorgestellt hatte.
In einem Haus voller fremder Menschen wohnen, die ich nach absehbarer Zeit wieder aus den Augen verlieren würde? Nein danke, davon hatte ich mein Leben lang wirklich genug gehabt.
Trotzdem war ich neugierig geworden und hatte die Vier Farben gegoogelt. Schließlich erhielt man nicht jeden Tag die Einladung einer geheimnisvollen Studentenverbindung. Bei meiner Recherche war ich auf deren Website gestoßen, die allerdings so wenig preisgab, dass man zwar mehr wissen wollte, aber nicht durchschauen konnte, wer oder was tatsächlich dahintersteckte. Es hatte nicht einmal Fotos der Verbindungshäuser gegeben.
Trotzdem wurden die Vier Farben immer mal wieder in verschiedenen Artikeln erwähnt. Ein ehemaliges Mitglied hatte es im Ruderteam zu Olympia geschafft und direkt beim ersten Versuch Gold gewonnen, ein Mädchen war, kaum nachdem sie das Studium beendet hatte, Juniorpartnerin einer großen Anwaltskanzlei in London geworden. Es gab noch mehr unglaubliche Geschichten über Studierende, die bei den Vier Farben gewesen waren, Zeitungs- und Blogartikel. Lebensläufe auf den Webseiten großer Firmen.
Doch über die Vier Farben selbst hatte ich nichts finden können. Sie wurden oft erwähnt, hatten aber niemals das Wort ergriffen, nicht einen Beitrag selbst geschrieben. Bis ich schließlich nach stundenlanger Suche in den Tiefen des Internets auf ein Forum gestoßen war, in dem sich Studierende anonym zu den Vier Farben ausgetauscht und darüber spekuliert hatten, warum die Verbindungen nach den Farben eines klassischen Kartenspiels benannt worden waren – Diamonds, Hearts, Spades und Cross – und warum so viele von ihnen so erfolgreich geworden waren, dass der Verdacht nahelag, man müsse nur Mitglied werden, damit sich alle Wünsche und Träume erfüllten.
Überflüssig zu erwähnen, dass sie nicht zu einer Einigung gekommen waren. Der letzte Beitrag war vor ein paar Jahren geschrieben worden, zwei kryptische Sätze, die den anderen Usern nahelegten, sich nicht zu sehr mit den Vier Farben zu beschäftigen, wenn man etwas zu verlieren hatte. Eine Drohung, die lächerlich hätte wirken müssen. Dennoch war mir beim Lesen ein merkwürdiger Schauer über den Rücken gekrochen, als würde etwas in mir instinktiv zurückschrecken.
»Harper? Alles okay?« Cece schnipste mit den Fingern direkt vor meinem Gesicht herum und riss mich aus meinen Gedanken.
»Hm?«, machte ich und rieb mir irritiert über die Schläfe.
»Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.« Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. »Du hast schon wieder an die Briefe gedacht, oder?«
Ich zuckte mit den Schultern und schlenderte zu ihrem Bett. »Nein.« Genau genommen hatte ich nur über die Vier Farben und ihren kaum vorhandenen Internetauftritt nachgedacht.
»Du bist eine miserable Lügnerin, weißt du das?« Missbilligend runzelte Cece die Stirn und meine Lippen verzogen sich unwillkürlich zu einem kleinen Grinsen.
»Gar nicht wahr. Du kennst mich nur gut genug, um mich zu durchschauen. Manchmal.«
»Immer«, widersprach Cece und warf sich neben mir auf die weiche Matratze. »Also? Hast du an die Briefe gedacht?«
»Vielleicht«, gab ich widerstrebend zu und ließ mich auf den Rücken fallen.
»Uuuuund?« Sie stupste mich auffordernd an. »Lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen.«
»Mach ich nicht. Ich dachte einfach, wir könnten erst mal feiern, dass wir beide hier sind, anstatt uns Gedanken über anonyme Briefe zu machen.«
Cece schnaubte. »Na klar. Versteh mich nicht falsch, ich freue mich wirklich sehr, dass wir hier sind und uns jetzt jeden Tag sehen können, aber deine mysteriösen Briefe«, korrigierte sie mit Nachdruck in der Stimme, »sind nun mal wirklich spannender als alles andere.«
Seufzend gab ich mich geschlagen und rollte mich aus dem Bett. Cece würde ohnehin nicht lockerlassen, bevor wir den Inhalt der Briefe nicht bis ins kleinste Detail auseinandergenommen hatten. Vielleicht machte sie sich insgeheim auch ein bisschen Sorgen, was das alles zu bedeuten hatte, aber vor allem brannte sie vor Neugierde. Mir ging es nicht anders, deshalb griff ich nach meinem Rucksack, zog die Briefe heraus und kehrte zu meiner besten Freundin zurück. Mit leuchtenden Augen streckte sie mir die Hände entgegen. Ich reichte Cece die verknitterten Umschläge und behielt nur den allerersten Brief, den ich bekommen hatte. Die Einladung der Diamonds.
Das Papier war schwer, in der Mitte prangte das Wappen der Diamonds. Mein Zeigefinger glitt über das goldgeprägte Zeichen. Es war faszinierend, wie ein eigentlich simples Blatt Papier förmlich nach Geld und Macht schreien konnte.
Zum tausendsten Mal las ich die Zeilen, die mir ein neues Leben versprachen. Und zum tausendsten Mal fragte ich mich, was ich hier eigentlich machte.
Eine Studentenverbindung, neue Mitbewohner, ein verdammter Wellnessbereich … das war ich nicht. Ich legte weder Wert auf Luxus noch auf Gesellschaft – Ceces mal ausgenommen.
Ich wollte meiner Vergangenheit entkommen, nie wieder von jemandem abhängig sein. Ich wollte dieses Studium, um später Kindern zu helfen, die ein ähnliches Schicksal hatten wie ich. Doch eigentlich wollte ich einfach nur mein Leben leben, für mich selbst verantwortlich sein und mich nicht länger den Wünschen und Regeln anderer unterordnen müssen.
Mehr hatte ich nie gewollt.
Obwohl das nicht ganz stimmte. Es gab da noch etwas anderes. Eine tief verwurzelte Sehnsucht, ein Schwachpunkt, den sich ein völlig Fremder zunutze gemacht hatte, um mich zu den Vier Farben zu holen.
Fragte sich nur, warum.
»Hör auf, so misstrauisch zu gucken«, befahl Cece, entwand mir die Einladung der Diamonds und ließ sie auf das Bett fallen.
»Ich bin misstrauisch!«
»Ich weiß. Aber im Allgemeinen mögen die Leute keine misstrauischen Menschen und du willst doch herausfinden, was es mit Xaviers Briefen auf sich hat, oder?« Sie wedelte mit dem Blatt – ganz normales weißes Druckerpapier – vor meinem Gesicht herum.
Ich zog eine Augenbraue hoch und sparte mir eine Antwort, was Cece ein fröhliches Kichern entlockte. Sie hatte recht und sie wusste, dass mir das vollkommen klar war.
Doch sie wurde schnell wieder ernst und räusperte sich. »Okay, können wir bitte noch einmal alles durchgehen? Ich hab irgendwie das Gefühl, etwas verpasst zu haben.«
»Ach was. Ich weiß gar nicht, was du meinst«, gab ich ironisch zurück.
Cece ignorierte den Spott in meiner Stimme – sie wusste, dass er nicht ihr galt – und konzentrierte sich auf das Wesentliche. »Wann kam noch mal der erste Brief von Xavier?«
Ich musste nicht einmal einen Blick darauf werfen, denn abgesehen davon, dass der Brief nicht datiert war, wusste ich es auch so. »Etwa zwei Wochen nach der Einladung der Diamonds. Am 7. Juli.«
Mein Geburtstag. Oder zumindest der Tag, den das Jugendamt für meinen Geburtstag gehalten hatte. Ich schauderte.
»Das ist wirklich ein bisschen creepy.« Cece verzog das Gesicht.
»Was du nicht sagst.« Ich nahm ihr den Brief aus der Hand und las die wenigen Zeilen, die ich längst auswendig kannte.
Harper,
ich weiß, das klingt verrückt, aber dumusstdie Einladung der Diamonds annehmen. Es geht um mehr als nur ein paar Studierende, die sich zu einer Verbindung zusammengeschlossen haben.
Wenn du den Diamonds beitrittst, wird sich nicht nur dein Leben verändern,duwirst Leben verändern.
X
Ich erinnerte mich noch genau daran, wie mir ein ungläubiges Lachen entwichen war, als ich den Brief zum ersten Mal gelesen hatte. Schließlich konnte das nur ein schlechter Scherz sein. Bis mir klar wurde, dass niemand wusste, dass ich eine Einladung der Diamonds bekommen hatte. Abgesehen von Cece und den Diamonds selbst. Und meine beste Freundin hätte sich so etwas niemals ausgedacht.
Dann hatte ich Panik bekommen, weil jemand, der sich nicht zu erkennen gab, ganz offensichtlich wusste, wo ich wohnte, wo ich studieren würde und dass ich überlegte, den Diamonds nicht beizutreten, um mit Cece zusammenzuziehen.
»Meinst du, dass ein Verbindungsmitglied den Brief geschrieben haben könnte?«, fragte Cece.
Seufzend fuhr ich mir mit beiden Händen durch die langen blonden Haare. »Ich habe keine Ahnung. Ehrlich. Ich meine, was sollte an meinem Beitritt so wichtig sein?«
»Da fragst du echt die Falsche. Ich würde ja sagen, sie haben dich genommen, weil du einfach toll bist, aber ich bin auch deine beste Freundin und dementsprechend voreingenommen. Außerdem – und du weißt, wie sehr ich dich liebe – lernt man deine liebenswerten Seiten erst mit der Zeit kennen, daran kann es also nicht liegen.«
Ich musste lachen. »Ich glaube auch nicht, dass mein Charakter ausschlaggebend für die Einladung war.«
»Deshalb müssen wir uns Gedanken darüber machen, was tatsächlich dahintersteckt.« Cece schwang die Beine aus dem Bett, ging zu ihrem Koffer und kam einen Moment später mit einer Flasche Wein und zwei Plastikbechern zurück zum Bett, ein triumphierendes Grinsen im Gesicht. »Und wenn wir uns schon mit diesem mystischen Zeug befassen, sollten wir es richtig tun.«
»Meinst du, Alkohol hilft beim Denken?« Ich zog eine Grimasse und ihr Lächeln erlosch.
»Nein, aber es könnte helfen, nicht in Panik zu verfallen.«
Ich schluckte schwer, mein Mund war auf einmal ganz trocken. »Dann bin ich dabei.«
Wortlos schenkte sie den Wein ein und reichte mir einen Becher. »Okay, was haben wir? Anonyme Briefe und eine Einladung zu einer Studentenverbindung, für die du dich nicht beworben hast.«
»Gar nicht bewerben konnte«, korrigierte ich sie. »Aber ich habe keine Ahnung, wie die Diamonds ausgerechnet auf mich gekommen sind. Vielleicht arbeiten sie mit der Zulassungsstelle der Uni zusammen, sichten unsere Unterlagen und entscheiden danach, wen sie einladen. Es gibt auf jeden Fall keine Möglichkeit, sich bei den Vier Farben zu bewerben.«
»Aus irgendwelchen Gründen scheinst du aber wichtig zu sein, sonst hättest du wohl kaum die Einladung und dann diese merkwürdigen Briefe bekommen.«
»Oder es ist eine Art Spiel und irgendjemand will sich nur über mich lustig machen.« Frustriert stöhnte ich auf.
Cece warf mir einen zweifelnden Blick zu. Okay, im Grunde glaubte ich selbst nicht daran. Ich trank einen Schluck Wein und angelte mir den nächsten Brief von Xavier, der eine Woche später angekommen war, nachdem ich den Diamonds immer noch nicht zugesagt hatte.
Harper,
ich verstehe, dass du zögerst, aber ich habe es ernst gemeint. Die Diamonds können dein Leben verändern. Sie können dir deinen sehnlichsten Wunsch erfüllen. Sie können herausfinden, wer deine Mutter ist. Wer du bist.
X
Mir lief ein Schauer über den Rücken, weil diese letzten beiden Sätze mehr bei mir ausgelöst hatten, als die Frage, wer hinter den Briefen steckte, was dieser geheimnisvolle Schreiber alles über mich wusste und wie gestört das Ganze eigentlich war.
Meine Eltern und meine Vergangenheit waren schon immer mein Schwachpunkt gewesen. Das Einzige, womit man mich verletzen konnte. Die Zeit, nachdem meine Mitschüler das begriffen hatten, war ziemlich ätzend gewesen.
Erinnerungen stiegen in mir auf, die ich jahrelang verdrängt hatte. Wie sie sich über mich lustig gemacht hatten, weil ich nie Markenklamotten getragen, ein Handy oder anderen materiellen Kram besessen hatte, den eigentlich kein Kind brauchte. Wie mir in der Schule Nachrichten zugesteckt worden waren. Niemand will dich haben, nicht mal deine Eltern, also geh einfach. Ich hätte das nie an mich heranlassen dürfen, aber egal, wie kalt und unnahbar ich mich gegeben hatte, ihre Worte hatten wehgetan. Energisch schüttelte ich die Bilder ab, die sich ungebeten in meinen Kopf schlichen.
Ich hatte keine Ahnung, wer ich war, wusste nicht einmal, ob mein Geburtstag wirklich mein Geburtstag war. Mein ganzes Leben lang war ich von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht worden und hatte mich immer gefragt, warum ich abgegeben worden war.
Nein, nicht abgegeben. Ausgesetzt wie ein ungeliebtes Haustier. Man hatte mich in einer öffentlichen Toilette nicht weit vom Bahnhof entfernt gefunden. Etwas, das ich eigentlich nie hätte erfahren dürfen. Aber Ronny, mein Pflegevater, als ich acht gewesen war, hatte mir diese Information an einem Abend ins Gesicht geschleudert, als ich ihm mal wieder zu frech gewesen war. Ich hatte ihn gehasst und wahrscheinlich hatte das Gefühl auf Gegenseitigkeit beruht. Sehr wahrscheinlich.
Seit diesem Tag versuchte ich herauszufinden, wer meine Eltern waren. Ohne Erfolg. Es gab keinen Anhaltspunkt, nichts woran ich anknüpfen konnte. Keine Überwachungskameras, keine Zeugen. Trotzdem hatte ich nie aufgegeben.
Ich wollte Gewissheit, wollte das Loch in meinem Inneren füllen. Ich wollte wissen, warum ich nie eine eigene Familie gehabt hatte. Warum sie mich nicht gewollt hatten.
Mehr nicht.
Genau das hatte ich in einem der Aufsätze geschrieben, die ich für die Studienbewerbung einreichen musste. Wir sollten unsere Herzenswünsche niederschreiben, und das hatte ich getan. So wie es aussah, war zumindest dieser Aufsatz irgendwie in Hände geraten, für die er nicht bestimmt war.
»Weißt du, was ich nicht verstehe? Warum unser guter Xavier nicht in der Lage war, einen eindeutigen Brief zu schreiben. Warum diese Mininachrichten, die absolut nicht hilfreich sind?« Ceces Schnauben holte mich ins Hier und Jetzt zurück. »Ich meine, sie können herausfinden, wer deine Mutter ist … Warum kann er nicht gleich dazuschreiben, wie sie das anstellen wollen? Ist ja nicht so, als hättest du nicht selbst ewig versucht, etwas über sie herauszufinden.«
»Na ja, er hat es schon erklärt, mehr oder weniger. Aber erst im dritten Brief. Vielleicht hat er mehrere Briefe geschrieben, weil er gemerkt hat, dass ich mich nicht so schnell überzeugen lasse. Oder um zu verhindern, dass jemand alles auf einmal liest, falls der Brief verloren geht oder so.« Gott, jetzt redete ich selbst schon irgendwelches kryptisches Zeug. Klar, Briefe gingen verloren, aber wem auch immer diese Nachrichten in die Hände gefallen wären, hätte X allerhöchstens für verrückt erklärt. So wie ich es auch tun sollte.
Ich trank noch einen Schluck und ging in Gedanken die Worte durch.
Harper,
wie ich schon geschrieben habe, sind die Vier Farben keine normalen Studentenverbindungen. Ihre Mitglieder besitzen außergewöhnliche Fähigkeiten, die alles ändern können. Sie sind nicht nur in der Lage, dir deinen Herzenswunsch zu erfüllen, sie können so viel mehr.
X
»Und was genau sollen das für außergewöhnliche Fähigkeiten sein? Meinst du, bei den Vier Farben gibt es geniale Hacker, die in irgendwelche Datenbanken reinkommen, von denen sonst kein Mensch weiß und in denen gaaaanz zufällig alle Stammbäume dieser Welt eingetragen sind?« Sie verdrehte so übertrieben die Augen, dass ich grinsen musste.
»Also das halte ich doch für unwahrscheinlich. Vielleicht geht es viel eher um die Kontakte, die sie haben. In der Einladung der Diamonds stand schließlich auch etwas von bedeutenden Kontakten, die wir in Wirtschaft und Politik knüpfen können«, zitierte ich mehr oder weniger wörtlich, glaubte aber selbst nicht so richtig daran, dass Xavier das gemeint hatte.
»Das ist aber keine Fähigkeit, sondern Vitamin B«, gab Cece zurück.
»Ich weiß«, sagte ich seufzend. »Aber welche Fähigkeiten soll er sonst meinen? Was soll an den Vier Farben so außergewöhnlich sein?«
Cece zuckte mit den Schultern. »Das ist eine gute Frage. Vielleicht redet er ja von Magie.« Sie lachte, doch ich konnte nicht mit einstimmen.
Magie auch nur im Scherz in Betracht zu ziehen, war bescheuert. Es gab keine Magie, keine übernatürlichen Fähigkeiten, keine Vampire, keine Werwölfe, oder was auch immer für Wesen es sonst noch in die Fantasie der Menschen geschafft hatten. Ja, es war bescheuert und trotzdem … trotzdem gab es einen kleinen Teil von mir, der sich fragte, ob Xavier genau das gemeint hatte. Ob diese außergewöhnlichen Fähigkeiten irgendeine Form von Magie beinhalteten.
Oder ich verlor endgültig den Verstand.
»Harper?« Cece boxte mir nicht unbedingt sanft gegen den Oberarm und schien mich mit ihrem Blick durchbohren zu wollen. »Sag mir nicht, dass du auf einmal an Magie glaubst. Das war ein Scherz. Wir sind doch nicht in einer Teenie-Serie über Vampire oder in einem Buch über die Nachkommen der griechischen Götter. Und du bist die Letzte, die als Protagonistin taugen würde. Nicht naiv genug«, fügte sie hinzu, als ich empört die Augen verengte.
»Das nehme ich jetzt mal als Kompliment.«
Cece feixte. »Solltest du auch. Aber mal im Ernst: Du glaubst das doch nicht wirklich, oder?«
»Nein, ich glaube nicht an Magie, aber …«, setzte ich an, brach dann jedoch ab. Ich schaffte es nicht mal, es auszusprechen.
»Aber du kannst es auch nicht vollkommen ausschließen.«
Mit einem genervten Aufstöhnen raufte ich mir die Haare. »Mir ist schon klar, wie dämlich das klingt. Wahrscheinlich ist das alles nur ein wirklich schlechter Scherz und ich bin eben doch naiv genug, um darauf hereinzufallen. Aber überleg mal: dieser Junge, der direkt bei seinem ersten Versuch bei Olympia Gold gewonnen hat, obwohl man vorher noch nie etwas von ihm gehört hatte. Und dieses Mädchen, das Partnerin in einer Anwaltskanzlei geworden ist, obwohl sie gerade erst ihren Abschluss gemacht hatte. So etwas geht niemals, wirklich niemals so schnell. Und dann war da noch ein Mädchen, das jetzt mit irgendeinem Thronfolger der britischen Königsfamilie verlobt ist und –«
»Okay, okay«, unterbrach Cece meinen Redefluss und griff nach meiner Hand. »Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Das sind viele seltsame Ereignisse, die die Vier Farben betreffen.«
»Es gibt noch mehr.«
»Ich weiß. Aber … Magie? Ehrlich? Das klingt eher nach Korruption oder Bestechung im großen Stil.«
»Keine Ahnung.« Unschlüssig biss ich mir auf die Unterlippe, meine Gedanken rasten. »Was ist, wenn … wenn alles, was passiert ist … wenn das ihre Herzenswünsche waren? Immerhin hat Xavier davon gesprochen, dass die Vier Farben mir meinen sehnlichsten Wunsch erfüllen können.«
»Das klingt total verrückt.« Cece trank einen großen Schluck von ihrem Wein.
»Das Ganze ist verrückt«, bestätigte ich.
»Trotzdem hast du den Diamonds zugesagt, obwohl du Studentenverbindungen ätzend findest, keine Mitbewohner haben willst und dem Ganzen wirklich nichts abgewinnen kannst.«
»Stimmt.« Ich legte den Kopf zur Seite und musterte Cece mit einer Mischung aus Belustigung und Sorge. »Weißt du, dafür, dass du vorhin noch alles wahnsinnig spannend, aufregend und mysteriös gefunden hast, klingst du jetzt so, als würdest du mich am liebsten davon abhalten wollen, morgen zu den Diamonds zu gehen.«
Ein schuldbewusster Ausdruck huschte über ihr Gesicht und ich hielt unwillkürlich den Atem an, während ich auf ihre Antwort wartete. Wenn sie mir jetzt sagte, ich sollte nicht zu den Diamonds gehen, dann … keine Ahnung, was ich dann tun würde. Auf jeden Fall wollte ich wissen, wer meine Eltern waren. Ganz abgesehen davon hatte ich jetzt keine andere Wahl mehr. Ich hatte ein Zimmer im Verbindungshaus, nicht in einem der Colleges. Wenn ich irgendwo wohnen wollte, musste ich zu den Diamonds.
»Wenn auch nur die geringste Chance besteht, dass Xavier recht hat, dann muss ich wissen, wie sie meine Mutter finden wollen. Und das kann ich nicht, wenn ich ihnen nicht beitrete.«
»Ich will dich nicht davon abhalten«, antwortete sie schließlich mit einem tiefen Seufzen. »Ich finde das alles auch immer noch mystisch und spannend, aber … keine Ahnung … diese Briefe zu sehen … Als du sie mir am Telefon vorgelesen hast, hat es sich anders angefühlt. Weniger … angsteinflößend. Also ja, ich gebe zu, dass ich mir Sorgen mache. Was ist, wenn ein Irrer dahintersteckt, der dich in eine Falle locken will, um dir etwas anzutun? Dass du ein Pflegekind warst, steht in deinen Unterlagen, an die er ja offensichtlich herangekommen ist. Und dass du etwas über deine Eltern erfahren möchtest, stand in deinem Aufsatz.«
»Ich weiß.« Nervös wickelte ich mir eine Haarsträhne um den Finger. »Aber mal ehrlich, es wäre doch bescheuert, mich nur in eine Studentenverbindung zu locken, um mir eine Falle zu stellen. Der Kerl weiß so viel über mich, er hätte mir auch in Manchester auflauern können. Und na ja, was habe ich schon zu verlieren?«
»Ähm, eine ganze Menge?«, meinte Cece empört.
Meine Augenbrauen wanderten nach oben. »Hab ich nicht, und das weißt du auch, Cece.«
Ein Schatten huschte über ihr Gesicht. Sie wusste, dass ich recht hatte. Dann straffte sie sich und verzog den Mund zu einem angedeuteten Lächeln. »Ich bin auf jeden Fall froh, dass du nicht auf ihn gehört und mir alles erzählt hast.« Sie griff nach dem letzten Brief.
Harper,
wenn du zu den Diamonds gehst, rede mit niemandem über diese Briefe.
X
»Bin ich auch. Und vielleicht können sie mir wirklich helfen, meine Mutter zu finden. Und selbst wenn nicht, ist es nicht so schlecht, den Diamonds beizutreten. Sie haben viele Verbindungen in der Politik und das kann mir bei meinen Plänen nur helfen«, erwiderte ich in dem Versuch, mir meinen Beitritt in die Studentenverbindung schönzureden.
Ich hatte mich nicht nur für Jura beworben, weil es ein sinnvoller Studiengang war, mit dem man am Ende gute Berufschancen hatte. Ich wollte Menschen helfen, vorzugsweise Kindern wie mir, die allein und hilflos in einer Welt untergingen, die sich nicht für sie interessierte. Für diese Kinder wollte ich kämpfen. Weil es nicht viele Menschen gab, die das taten, aber zu viele Kinder, die es verdient hatten, dass jemand für sie kämpfte. Und weil es gerade in sozialen Bereichen wichtig war, dass man die richtigen Leute kannte, um Druck auszuüben und das nötige Kleingeld aufzutreiben, konnte eine Mitgliedschaft bei den Diamonds eigentlich nur helfen. Hoffentlich.
Ceces Hand tastete nach meiner, unsere Finger verschränkten sich, der Blick ihrer dunklen Augen war besorgt. »Harper, versprich mir, dass du vorsichtig bist, okay? Wenn da wirklich irgendetwas faul ist, dann … keine Ahnung … ist das Ganze wahrscheinlich nicht ungefährlich.«
Ich nickte, während mein Puls sich beschleunigte. Der Gedanke war mir auch schon gekommen, vor allem weil Xavier so hartnäckig darauf bestanden hatte, dass ich die Einladung annahm. Eigentlich sprach alles dafür, dass ich beide Beine in die Hände nehmen und von hier verschwinden sollte, noch bevor ich das Verbindungshaus der Diamonds betreten hatte.
Aber ich hatte noch nie das getan, was ich hätte tun sollen, und ich war viel zu neugierig. Und wenn ich ehrlich war, reichte allein die Aussicht, mehr über meine Herkunft zu erfahren, um alle Gedanken an mögliche Gefahren, oder dass ich mich in Schwierigkeiten bringen könnte, in den Wind zu schlagen.
»Versprochen.«
»Ernsthaft? Hier wohnt ihr?« Cece starrte mit offenem Mund auf das Verbindungshaus der Diamonds.
Ich konnte es ihr nicht verdenken. Ich war genauso fassungslos wie sie. Nachdem wir die halbe Nacht gequatscht hatten, um dann bei einer Netflix-Serie einzuschlafen, waren wir heute Morgen in einem niedlichen kleinen Café frühstücken gewesen. Anschließend waren wir auf dem Weg hierher an vielen beeindruckenden Gebäuden vorbeigekommen, aber das Verbindungshaus toppte alles.
Hinter einem schmiedeeisernen Tor, auf dem das Symbol der Diamonds prangte und das in eine hohe Mauer eingelassen war, die das ganze Grundstück umschloss, erhob sich ein altes vornehmes Herrenhaus. Die graue Frontseite des Hauses – der Begriff war lächerlich unzureichend, denn es wirkte wie ein Schloss in Miniaturformat – war von Efeu bewachsen, drei Stufen führten zur Eingangstür. Wie groß das Anwesen tatsächlich war, ließ sich von der Straße aus nicht erkennen. Bäume verdeckten einen Teil des Gebäudes, aber ich erkannte Erkerfenster und sogar einen kleinen Turm. Es war vollkommen übertrieben, aber atemberaubend schön.
»Sieht ganz so aus«, murmelte ich.
Cece schnaubte. »Wenn die in so einem Haus wohnen, können sie das mit der Magie auch gleich an die Tür schreiben. Ich meine, das könnte die Kulisse für einen verdammten Fantasyfilm sein.«
»Wer glaubt jetzt an Magie?« Grinsend stieß ich ihr meinen Ellbogen in die Seite.
»Ich glaube an gar nichts«, protestierte sie.
»Natürlich nicht«, zog ich sie auf und legte ihr einen Arm um die Schultern.
»Schön, ich geb’s zu. Vielleicht glaube ich ein kleines bisschen daran. Aber nur, weil dieses Haus aussieht, als würde es hier ein Tor zu einer Parallelwelt geben und –« Sie brach ab, als ich losprustete. »Na gut, das klingt vielleicht etwas abgedreht.«
»Nur ein bisschen.«
Aber sie hatte recht. Das Verbindungshaus strahlte tatsächlich etwas Düsteres, Mystisches aus. Oder wir empfanden das nur wegen Xaviers Briefen so, die versteckt unter einem Stapel Pullover in Ceces Kleiderschrank lagen. Wenn er mich davor warnte, irgendjemandem von den Briefen zu erzählen, war es wahrscheinlich besser, sie nicht mit zu den Diamonds zu nehmen.
Cece wurde ernst und griff nach meiner Hand. »Ich wünschte wirklich, ich hätte auch eine Einladung bekommen. Dann müsstest du da nicht alleine rein. Und ich müsste mir keine Sorgen um dich machen.« Sie warf mir einen übertrieben bösen Blick zu. »Wehe, du passt nicht auf dich auf!«
»Mach ich immer. Ich bin gut darin, auf mich selbst aufzupassen, das weißt du doch.« Ich drückte ihre Hand und zwang mich zu einem aufmunternden Lächeln. »Du solltest jetzt zurückgehen. Deine Mum wartet doch sicher schon darauf, dass du sie anrufst und ihr das Zimmer zeigst.«
»Jaaaa«, erwiderte sie gedehnt. »Es wird echt Zeit. Und für dich ist es okay, wenn ich gehe? Sonst schreibe ich Mum, dass es später wird.«
»Nein, schon gut. Ich komm klar.«
»Okay, aber du meldest dich nachher bei mir und erzählst mir alles!«
»Natürlich«, versprach ich.
Wir verabschiedeten uns voneinander und Cece ließ mich allein vor dem Verbindungshaus zurück. Unschlüssig blieb ich auf der Straße stehen. Ich sollte einfach die Klingel drücken, mich bemerkbar machen und dann reingehen. Aber irgendwie … konnte ich nicht. Xaviers Worte gingen mir wieder und wieder durch den Kopf. Ich hatte keine Ahnung, ob ich ihm glauben konnte. Wahrscheinlich nicht. Vor allem sollte ich das nicht tun.
»Kann ich dir irgendwie helfen?«
Die freundliche Stimme riss mich aus meinen Gedanken und ließ mich herumfahren. Hinter mir stand ein Mädchen, das so typisch britisch aussah, dass ich beinahe gelacht hätte. Ihre rotblonden Haare fielen in perfekten Wellen über ihre Schultern und ihre Haut war so hell, als hätte sie noch nie ohne Sonnenschutz das Haus verlassen. Auf ihrem herzförmigen Gesicht hatte sich ein weiches Lächeln ausgebreitet, ihre grünen Augen funkelten neugierig. Sie trug einen blau karierten Rock, der ein paar Zentimeter über ihren Knien endete, darüber einen beigen Pullover und einen schmal geschnittenen Blazer mit dem gestickten Wappen der Diamonds rechts über der Brust.
Sie machte schon mal keinen gefährlichen ersten Eindruck. Würde man eine zufällig vorbeikommende Person fragen, wer von uns beiden eher in Schwierigkeiten geraten würde, würde die Wahl mit sehr großer Wahrscheinlichkeit auf mich fallen – das Mädchen, das unter einer uralten Lederjacke ein zu kurzes schwarzes Kleid trug, dazu eine durchscheinende schwarze Strumpfhose und klobige Dr. Martens. Das Mädchen mit den langen blonden Haaren, die wild zerzaust waren, dem misstrauischen Blick und dem eine Spur zu trotzig nach vorn geschobenen Kinn – eine Angewohnheit, die ich mir nicht abgewöhnen konnte, egal wie sehr ich es versucht hatte.
»Also?«, fragte das Mädchen, noch immer mit diesem höflichen Lächeln auf den Lippen, und mir fiel wieder ein, dass sie mir eine Frage gestellt hatte.
»Eigentlich nicht. Ich muss nur … reingehen.« Mit einer vagen Handbewegung deutete ich auf das Verbindungshaus.
»Dann kann ich dir auf jeden Fall helfen. Ich wohne hier.« Sie streckte mir eine Hand entgegen. »Ich bin Elizabeth Campbell.«
»Harper Scott«, stellte ich mich vor und begriff in der nächsten Sekunde, dass ich die Einladung der Diamonds von ihr bekommen hatte. »Du bist die Vorsitzende der Diamonds.«
Verblüfft starrte ich sie an. Ich wusste nicht, wie ich mir Elizabeth Campbell vorgestellt hatte, aber ganz sicher nicht so jung. Sie konnte nicht älter als zwanzig sein. Allerdings sollte ich mit meinen gerade mal achtzehn Jahren die Klappe besser nicht zu weit aufreißen.
»Sieht ganz so aus. Aber nenn mich ruhig Beth, das machen alle.« Mit einem fröhlichen Lachen zog sie einen Schlüssel aus der Tasche ihres Blazers und öffnete das Tor. »Komm mit. Ich zeige dir alles und dann bekommst du auch deinen eigenen Schlüssel.« Sie bedeutete mir mit einer Handbewegung, ihr zu folgen, und nach einem kurzen Zögern setzte ich mich in Bewegung.
»Hast du gut hergefunden?«, erkundigte sie sich und warf mir über die Schulter hinweg einen fragenden Blick zu.
»Ja, mein Handy hat geholfen.« Ich zog die Schultern hoch und verfluchte mich innerlich selbst. Ich konnte echt nicht mit Menschen umgehen. Vor allem nicht mit Fremden.
Beth lachte. »Ich wäre ohne Google Maps auch total aufgeschmissen. Mein Orientierungssinn ist quasi nicht vorhanden.«
»Geht mir genauso.« Ich versuchte mich an einem Lächeln, scheiterte jedoch kläglich.
Wieso stellte ich mich so an? Es musste doch möglich sein, eine normale Unterhaltung zu führen, bei der die Sätze aus mehr als vier oder fünf Wörtern bestanden. Na ja, offensichtlich war es das nicht. Zumindest nicht für mich.
»Dann sind wir ja schon zu zweit. Übrigens bist du die Letzte von den Neuen«, wechselte Beth das Thema.
Neugier stieg in mir auf. »Wie viele sind wir denn?«
»Vier. So wie jedes Jahr. Die anderen haben schon auf dich gewartet, damit ich endlich alles erklären kann.«
»Sie haben auf mich gewartet? Ich dachte, der letzte Anreisetag wäre morgen«, erwiderte ich stirnrunzelnd.
»Mach dir deswegen keinen Kopf.« Beth winkte ab. »Lexie ist schon seit drei Tagen hier, sie ist einfach ungeduldig. Die beiden Jungs kamen gestern.«
Ich beschloss, später darauf zurückzukommen, wer die anderen Neuankömmlinge genau waren. »Was musst du uns denn erklären?«
War es so einfach? Würde ich so schnell erfahren, was genau Xavier mit diesen außergewöhnlichen Fähigkeiten gemeint hatte?
Beths Lächeln verrutschte, ein Schatten huschte über ihr Gesicht, nur für den Bruchteil einer Sekunde, aber ich sah es trotzdem. Ohne die Briefe wäre es mir wahrscheinlich entgangen. »Eine ganze Menge.« Sie räusperte sich, dann war das Lächeln wieder da und sie deutete nach links. »Da drüben findest du übrigens die anderen Verbindungshäuser. Unser Anwesen ist das erste, dann kommt das Haus der Hearts, der Spades und am Ende der Straße liegt das der Cross.«
Ich nickte stumm und blickte in die Richtung, in die sie deutete. Allerdings war dank der hohen Mauer nicht allzu viel von den anderen Verbindungshäusern zu sehen. Beth schloss die Tür auf und ich folgte ihr in das Gebäude, in dem ich die nächsten Jahre leben würde. Allein die Eingangshalle war größer als das Wohnzimmer von Victor und Anita. Eine Treppe führte nach oben, vermutlich zu den Schlafzimmern. Rechts erhaschte ich einen Blick auf ein geräumiges Esszimmer, links schien der Aufenthaltsraum zu sein, denn ich konnte ein paar Sessel und hohe Bücherregale erkennen.
Mit großen Augen schaute ich mich um, und ein zufriedener Ausdruck breitete sich auf Beths Gesicht aus, als sie mein Staunen bemerkte. Als hätte sie genau darauf gewartet.
»Willkommen bei den Diamonds, Harper.«
»Und das ist dein Zimmer«, verkündete Beth überschwänglich und öffnete die dritte Tür auf der rechten Seite, nachdem wir in den zweiten Stock gegangen waren. Sie hatte mir unten meine Schlüssel gegeben und dann vorgeschlagen, erst einmal meine Sachen nach oben zu bringen, bevor sie mir die Mitglieder der Diamonds vorstellen würde. »Lexie hat das Zimmer neben dir, ihr teilt euch das Bad in der Mitte. Wenn du magst, mach dich kurz frisch, ich gehe schon mal runter und hole die anderen, in Ordnung?«
Ich nickte und zwang mich zu einem Lächeln, während sich mein Magen verkrampfte. Auf einmal war ich viel zu nervös.
»Dann bis gleich.« Leichtfüßig lief Beth die Treppe wieder hinunter, während ich mein Zimmer betrat.
Ein ungläubiges Kichern platzte aus mir heraus. Das Zimmer war riesig. Mindestens doppelt so groß wie mein altes und es gehörte mir allein. Es gab einen geräumigen Kleiderschrank, einen Eckschreibtisch und ein Bett, das Platz für locker drei Personen bot.
Achtlos warf ich meinen Rucksack in die Ecke, ließ meinen Koffer direkt hinter der Tür stehen und trat ans Erkerfenster. Die Fensterbank war so breit, dass ich bequem darauf sitzen und lesen konnte, und der Blick nach draußen war atemberaubend. Der Garten erstreckte sich weit hinter dem Haus, es gab ordentlich gestutzte Bäume und … war das ein Pool?
Ich öffnete das Fenster und lehnte mich ein Stück hinaus in der Hoffnung, einen Blick auf die anderen Verbindungshäuser werfen zu können, aber der Winkel war nicht gut, und wenn ich nicht gleich an meinem ersten Tag aus dem Fenster fallen wollte, sollte ich mich nicht noch weiter nach vorn lehnen. Stattdessen ließ ich mich für einen Moment auf der Fensterbank nieder und atmete tief die klare, kühle Luft ein. Es roch nach Herbst.
Wäre es nach mir gegangen, wäre ich jetzt einfach hier sitzen geblieben und hätte ignoriert, dass unten einige Menschen auf mich warteten, aber ich war sicher, dass Beth mich holen kommen würde, wenn ich zu lange auf mich warten ließ. Also erhob ich mich und ging ins Bad, nachdem ich meine Kosmetiktasche aus dem Koffer geholt hatte. Es gab eine Tür, die von meinem Zimmer direkt dort hineinführte, und eine zweite Tür gegenüber, die wohl zu Lexies Zimmer gehörte.
Kopfschüttelnd sah ich mich im Badezimmer um. Es gab nicht nur eine Dusche, sondern sogar eine frei stehende Badewanne. Mit Löwenfüßen. Als wären wir in einem Hotel und nicht in einem Verbindungshaus. Die Vier Farben hatten eindeutig eine Menge Geld.
Die eine Hälfte des Badezimmers war bereits von Lexie belegt worden, ich entdeckte mehr Make-up, als ich jemals besessen hatte, sowie verschiedene Haarstylingprodukte und Dutzende Fläschchen Nagellack, in den unterschiedlichsten Blau- und Grautönen. In das Handtuch, das neben dem linken Waschbecken hing, waren offenbar ihre Initialen eingestickt. AK.
Beinahe hätte ich geschnaubt, da entdeckte ich das Handtuch neben dem rechten Waschbecken mit meinen eigenen Initialen. HS.
Okay, Punkt für Lexie. Sie hatte diese Handtücher ganz offensichtlich nicht mitgebracht.
Ich warf einen Blick in den Spiegel. Mein Haar war noch zerzauster als sonst, aber ich machte mir nicht die Mühe, es in Ordnung zu bringen. Das war ohnehin ein hoffnungsloses Unterfangen. Mein Make-up sah ganz passabel aus, also trug ich nur einmal frisches Deo auf, bevor ich das Bad und dann mein Zimmer verließ, und nach unten ging.
Aus dem Aufenthaltsraum drangen fröhliches Gelächter und Gesprächsfetzen. Still blieb ich in der Tür stehen und gönnte mir diesen Moment, mir einen ersten Überblick zu verschaffen. Alle waren so in ihre Gespräche vertieft, dass sie mich nicht bemerkten.
Mein Blick fiel wie von selbst auf ein Mädchen mit einem kohlrabenschwarzen zerzausten Pixiecut. Ihre Haut war beinahe so hell wie Beths, die dunklen Augen schwarz umrandet und ihre Nägel ebenso schwarz lackiert. Es war kein allzu großes Kunststück zu erraten, dass ich Lexie vor mir hatte. Sie lümmelte auf einem der Sofas, das rechte Bein hatte sie angezogen, das linke hing locker über der Armlehne, und sie funkelte gerade herausfordernd einen dunkelhaarigen Jungen an, der ihr in einem Sessel gegenübersaß und sie frech angrinste.
Ich zählte einmal durch – offenbar hatten die Diamonds zwanzig Mitglieder, mich eingeschlossen –, dann blieb mein Blick an Beth hängen, die zusammen mit ein paar älteren Studierenden vor einem hohen Bücherregal stand. Lachend schüttelte sie den Kopf, als ein hochgewachsener Junge mit roten Haaren etwas sagte, das ich nicht verstehen konnte. Als hätte sie meinen Blick gespürt, wandte Beth den Kopf in meine Richtung, ein strahlendes Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus.
»Hey, da bist du ja!« Sie löste sich aus der Gruppe und kam zu mir. Innerhalb eines Wimpernschlags richteten sich sämtliche Augenpaare auf mich.
»Leute, das ist Harper«, verkündete Beth, legte mir eine Hand auf die Schulter und schob mich in den Aufenthaltsraum hinein. Ich musste mich zwingen, ihre Hand nicht sofort abzuschütteln. Ich mochte es nicht, von Fremden berührt zu werden. Zum Glück schien sie mein Unbehagen zu bemerken, denn sie ließ mich schnell wieder los.
»Hi«, sagte ich mit einem unbehaglichen Lächeln. Ich kam mir vor wie auf dem Präsentierteller.
Die anderen murmelten eine freundliche Begrüßung in meine Richtung, dann stellte Beth mir der Reihe nach alle Diamonds vor. Neben Lexie und mir waren Tom und Jasper dieses Jahr neu dazugekommen. Der Rest war schon ein Jahr oder länger hier. Die meisten betrachteten mich neugierig, nur Lexies Blick konnte ich nicht richtig deuten. Sie musterte mich von oben bis unten, in ihren Augen lag ein seltsames Glühen. Besonders begeistert schien sie nicht von mir zu sein. Das konnte ja heiter werden.
»Okay, da wir dann jetzt vollzählig sind … Harper, setz dich doch dazu, dann kann ich euch kurz erklären, wie es bei uns laufen wird.« Beth deutete auf das Sofa, und Jasper und Lexie rutschten zur Seite, damit ich mich zwischen sie setzen konnte.
»Hey«, begrüßte Jasper mich leise, während Lexie sich so weit an den Rand des Sofas schob, dass wir uns auf keinen Fall berühren konnten.
»Hi.« Ich hob die Mundwinkel ein kleines Stück. Ein echtes Lächeln war gerade einfach nicht drin. Mir schlug das Herz bis zum Hals, eine seltsame Spannung hatte sich im Raum ausgebreitet.
»Alles klar?« Jasper sah auf eine unaufdringliche Art gut aus mit den hellbraunen Haaren und der undefinierbaren Augenfarbe, die auf den ersten Blick eine Mischung aus blau und grau zu sein schien. Doch als er den Kopf neigte, erkannte ich auch ein warmes Braun um seine Pupille. Ich öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber Beth kam mir zuvor.
»Dann kann es ja losgehen. Am Freitag findet wie jedes Jahr eine Party zur Einführung unserer neuen Mitglieder statt. Dort werdet ihr auch die anderen Farben kennenlernen. Selbst wenn ihr keine Partygänger seid, müsst ihr kommen. Ihr könnt euch meinetwegen vor jeder Party drücken, vor dieser jedoch nicht.« Beth schaute uns vier eindringlich an.
Ein flaues Gefühl breitete sich in meinem Magen aus. Gleichzeitig stieg Neugierde in mir auf. Warum mussten wir uns auf dieser Party so zwingend blicken lassen, selbst wenn wir vielleicht keine Lust hatten?
»Das wird doch etwa nicht so wie in diesen amerikanischen Teeniefilmen«, sagte Lexie trocken. »Uns werden Masken über den Kopf gestülpt, wir werden an irgendeinen gruseligen Ort gebracht und müssen peinliche Aufgaben erfüllen.«
Beth schüttelte den Kopf, aber ich sah, wie sich ihr Gesicht verdunkelte. Kaum merklich, aber doch sichtbar. Meine Handflächen wurden feucht. Ich sah mich um, doch alle anderen schienen völlig entspannt zu sein.
»Nein, ganz so wird es nicht ablaufen«, erwiderte Beth. Der Schatten war wieder verschwunden, stattdessen lächelte sie breit.
»Verrätst du uns denn, wie es wird?« Tom lehnte sich in seinem Sessel zurück und kniff leicht die Augen zusammen. Seine braunroten Haare fielen ihm in wirren Locken in die Stirn und über den Rand seiner Brille. Seine scharf geschnittenen Wangenknochen und die schmale Nase waren von unzähligen Sommersprossen gesprenkelt.
»Ihr seid viel zu neugierig.« Chuck, der schon im dritten Jahr bei den Diamonds war und dessen Namen ich mir nur gemerkt hatte, weil seine Stimme ungewöhnlich tief und rau und trotzdem seltsam weich war, verschränkte die Arme vor der Brust. »Lasst euch einfach überraschen, mussten wir alle.«
»Also wusstet ihr auch nicht, was euch erwartet?«, mischte ich mich ein und beobachtete aufmerksam Chucks Reaktion, wartete auf ein Zeichen, das mir verriet, dass ich nicht die Einzige war, die vorher Briefe bekommen hatte. Xavier hatte nichts von einer Party geschrieben, aber Chuck zuckte nicht einmal mit der Wimper. Wäre ja auch zu einfach gewesen.
»Nein. Und eine Sache werdet ihr hier ganz schnell lernen: Nichts geht über Geheimhaltung«, erwiderte er mit einem so feierlichen Gesichtsausdruck, dass ich in jeder anderen Situation gelacht hätte.
»Das stimmt zwar, aber du musst die Neuen ja nicht sofort verschrecken.« Ein Mädchen mit dunklen Haaren und ebenso dunklen Augen – ich glaubte, sie hieß Caroline – versetzte Chuck einen leichten Schlag gegen den Hinterkopf und grinste uns dann der Reihe nach an. »Macht euch keinen Kopf. Das wird lustig. Chuck ist ein Griesgram und viel zu ernst, aber ihr werdet euch noch an ihn gewöhnen.«
Beth ließ sich jetzt auch auf einen Sessel fallen und zog die Beine an. »Ihr werdet euch an einige Dinge gewöhnen müssen, aber ihr habt auch ein bisschen Zeit. Diese Woche finden noch keine Kurse statt, also schaut euch um, lernt den Campus kennen und fragt uns alles, was ihr fragen wollt, okay?«
»Wann gibt’s was zu essen?«, erkundigte sich Tom und ein paar der Älteren lachten.
Chuck grinste. »Zumindest einer von euch stellt schon mal die richtigen Fragen.« Er schaute auf die Uhr über dem Kamin und sagte dann: »In einer halben Stunde.«