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Es ist fünf vor zwölf für Pflege und Therapie. Wir leben in einem kranken System, in dem die wichtigsten Berufe an schlechtesten bezahlt werden. Es dauert nicht mehr lange, bis alles zusammenbricht. Therapeuten und Pflegekräfte fühlen sich durch Überlastung, Dauerstress und geringe Bezahlung ausgebrannt. Die Auswirkungen auf die Arbeit und die Gesundheit von Pflegekräften und Therapeuten sind bereits erheblich. Die Therapeuten sind am Limit. Viele selbständige Therapeuten stehen durch die schlechte Vergütung der Krankenkassen vor dem Ruin. Angestellte Therapeuten können von ihrem Verdienst ebenfalls kaum leben. Eine Altersarmut ist vorprogrammiert. In Altenheimen werden Therapeuten auch zu Pflege oder Betreuung missbraucht. Pflegekräfte steigen oft bereits nach fünf Jahren für immer aus dem Beruf aus. Keiner möchte mehr diesen stressigen, schlecht bezahlten Beruf erlernen. Wegen der belastenden und auf Dauer krank machenden Arbeitsbedingungen gehen Pflegekräfte außerdem vorzeitig in Rente, arbeiten nur noch in Teilzeit oder bei einer Leiharbeitsfirma, bzw. wandern sogar ins Ausland ab, weil es dort bessere Arbeitsbedingungen gibt. Besonders die Altenpflege ist zu einem Gewinnobjekt verkommen. Es geht leider nicht mehr um das Wohl von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Alte Menschen sind Mittel zum Zweck bei der Generierung von Erlösen und Gewinnen. Für eine hohe Rendite wird außerdem an den Lohnkosten gespart. Oftmals werden keine Zuschläge für Sonn- und Feiertagsarbeit gezahlt. Die Politik ist gefragt. Deren Mühlen mahlen jedoch langsam. Therapeuten und Pflegekräfte müssen zeitnah besser bezahlt werden. Therapeuten- und Pflegekräftenachwuchs wächst nicht auf Bäumen! Es wird Zeit, dass Therapeuten und Pflegekräfte in Deutschland wieder den Stellenwert bekommen, den sie verdienen und Kranke und Senioren die Pflege, welche notwendig ist. Wir müssen den Menschen über den Profit stellen!
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Seitenzahl: 99
Gabriele Voigt-Papke
Fünf vor Zwölf für
Pflege und Therapie
Auswirkungen auf Arbeit und Gesundheit
Autorin: Gabriele Voigt-Papke
www.buechergabrielevoigt-papke.de
[email protected] oder [email protected]
Layout und Satz: Gabriele Voigt-Papke
Umschlaggestaltung: Gabriele Voigt-Papke
Cover und andere Bilder:
Pixabay the-eleventh-hour-2581700, Pixabay:feedback-1889007_1920
Bild der Autorin: Tanja Meuthen-Copertino von AWAKENbeauty
Inhaltsverzeichnis
Für wen ist dieses Buch lesenswert?
Ziel dieses Buches
Arbeitsleben in Deutschland
Pflege am Boden
Das Pflegepersonalstärkungsgesetz (PpSG)
So sieht der VdK den Fachkräftemangel
Das System ist krank
Unsere Gesellschaft hat ein Problem
Freiwilliges soziales Jahr in der Pflege
Erstes Aufbegehren 2017
Was Stefan Heyde, Pflegefachkraft, antreibt
Die Uhr der Schande
Wie oft stirbt man doch für sich allein
Worte von Stefan Heyde am Jahresende 2018
Stefan Heyde, Gesundheits- und Krankenpfleger zur Verdi Aktion:
Stefan Heyde berichtet über die Missstände in der Pflege:
Altenpflegerinnen am Limit
Pflegenotstand
Immer weniger Zeit, fehlendes Personal, geringer Verdienst
Was wollen die Arbeitgeber? Nach Erfahrungen von Stefan Heyde
Planet Wissen Fernsehsendung im Januar 2019 zum Thema Pflegekräfte am Limit
Dieser Mann macht gute Pflege möglich
Was macht die Politik?
Es tut sich etwas
Pia Zimmermann, Die LINKE, am 14.3.19
Therapeuten am Limit
Wenn man als Therapeutin in einer Pflegeeinrichtung arbeitet
Schlechte Bezahlung für einen überaus wichtigen Beruf , miese Rahmenbedingungen
Eigene Erfahrungen als Therapeutin in Pflegeeinrichtungen
Gewalt in der Pflege - Unangemessener Umgang der Pflege mit den Bewohnern (selbst erlebt)
Therapeutin und Pflegehilfskraft allein mit 14 dementen Bewohnern, von denen fünf Wegläufer sind
Mögliche Lösungen
Fazit
Literaturverzeichnis
Über die Autorin
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Meine bisher erschienenen Bücher
Ausblick
Kontakt & Impressum
Copyright © 2018
Haftungsausschluss
Neben Therapeuten und Pflegekräften möchte ich mit diesem Buch alle Interessierten ansprechen, die wissen möchten, warum Therapeuten am Limit und die Pflege am Boden bzw. in Not sind. Warum wir einen akuten Fachkräftemangel haben. Sie erfahren ebenfalls, was von Seiten der Politik, dagegen getan wird.
ist es Lösungen aufzuzeigen, damit endlich etwas passiert. Die Mühlen der Politik mahlen langsam. Es werden Versprechungen gemacht, insbesondere von unserem Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, die die Probleme jedoch nicht wirklich beheben.
Beide Gesundheitsberufsgruppen, die für die primäre Versorgung von Patientinnen und Patienten zuständig sind, schlagen Alarm. Es müssen sowohl die Therapeuten als auch die Pflege gestützt und aufgefangen werden.
Die Therapeuten sind mit Aktionen von „Therapeuten am Limit“ auf dem Weg.
Manche Leute glauben, Durchhalten macht uns stark. Doch manchmal stärkt uns gerade das Loslassen. (Hermann Hesse)
Ausnutzen, Machverteilungskämpfe, Mobbing, soziale Kälte, Konkurrenzkämpfe, mangelnde Wertschätzung anderer und deren Arbeitsleistung, fehlende Empathie, latente Aggression, kein ausgewogenes Geben und Nehmen sind in Deutschland an der Tagesordnung, besonders im sozialen Bereich.
Das Fachkräftemangel im Gesundheitswesen herrscht ist, ist nichts Neues. 2014 hörte man erstmals von Pflege am Boden. 2018 folgte Therapeuten am Limit. Es betrifft also nicht nur die Pflege, sondern auch die Therapeuten. Wer nicht im Gesundheitswesen arbeitet, nicht chronisch krank ist oder Angehörige in einer Pflegeeinrichtung hat, nimmt das Problem gar nicht richtig wahr, fühlt sich nicht angesprochen. Es wird schon alles geregelt werden. Das ist ein Trugschluss! Unser Gesundheitssystem steht kurz vor dem Kollaps.
Tom Kitwood (1937-1998, Sozialpsychologe und Psychogerontologe, hat es auf den Punkt gebracht:
Die Veränderung in der Pflegekultur kann nicht ohne eine Veränderung der Bedingungen, unter denen die Pflegenden arbeiten, erfolgen. Sie beginnt innerhalb unserer täglichen Praxis in den Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, in Sozialstationen und in Wohngemeinschaften für pflegebedürftige Menschen. In jeder Organisation, die einen Dienst am Menschen leistet, besteht eine enge Parallele in der Art, wie Angestellte von Vorgesetzten behandelt werden, und in der Art, in der Klienten selbst behandelt werden. Werden Angestellte allein gelassen und missbraucht, werden es Klienten vielleicht auch.
60 Bewohner pro Pflegekraft im Altenheim, keine Zeit für die Nachsorge bei Patienten im Krankenhaus und private Träger, die die Pflege nicht nach dem Menschen, sondern nach der reinen Wirtschaftlichkeit ausrichten. In den Krankenhäusern sind Arbeitsbedingungen und Bezahlung prekär.
Besonders die Altenpflege ist zu einem Gewinnobjekt verkommen, in dem es nur noch selten um Menschlichkeit geht. So werden z.B. Waschlappen und Handtücher rationalisiert. Nur drei Waschlappen und ein Handtuch pro Tag pro Bewohner. Wohl kaum ausreichend, wenn ein Bewohner einen Magen-Darm-Infekt hat. Soll man ihn in seinen Ausscheidungen liegen lassen, weil man nicht genug Material zum Säubern hat? Es geht leider nicht mehr um das Wohl von Menschen mit Unterstützungsbedarf. Alte Menschen sind Mittel zum Zweck bei der Generierung von Erlösen und Gewinnen.
In Deutschland ist eine Pflegekraft für 14 Bewohner zuständig. In den Niederlanden hat eine Pflegekraft sieben Bewohner zu versorgen. In Dänemark und Norwegen kommen auf eine Fachkraft sogar nur zwei Bewohner. Kein Wunder also, dass die Pflegekräfte in Deutschland ausbrennen, oft bereits nach fünf Jahren für immer aus dem Beruf aussteigen und keiner mehr diesen stressigen, schlecht bezahlten Beruf erlernen möchte. Der durchschnittliche Verbleib in diesem Beruf sind acht Jahre!
Betreuungskräfte und Pflegehilfskräfte bekommen nur Mindestlohn, der momentan bei 10,55 Euro brutto liegt! Pflegefachkräfte erhalten meist auch nicht mehr als 15 Euro brutto die Stunde. Wochenend- und Schichtdienst sind selbstverständlich. Nur wenige Heime zahlen angemessene Zuschläge. In manchen Heimen wird die gesetzliche Zahlung von Sonntags- bzw. Feiertagszuschlägen sogar per Vertrag ausgehebelt.
Hunderttausende Pflegekräfte in Deutschland fühlen sich durch Überlastung, Dauerstress und geringe Bezahlung ausgebrannt. Drei von vier Pflegekräften klagen laut einer Studie des DGB über ständigen Zeitdruck. In der Krankenpflege sagen 80 Prozent, sie müssten ihre Arbeit sehr häufig oder oft in Hetze erledigen. In der Altenpflege sind es 69 Prozent. Demnach fühlen sich durchschnittlich 55 Prozent der Beschäftigten gehetzt. Ein angemessenes Einkommen vermissen dabei 73 Prozent der Pflegekräfte. 46 Prozent der Beschäftigten in Pflegeberufen sagen, sie müssten oft Abstriche bei der Qualität ihrer Arbeit machen, um ihr Pensum zu schaffen - 49 Prozent in der Kranken-, 42 Prozent in der Altenpflege.
Die Personaldecke in der Alten- und Krankenpflege ist viel zu knapp, die Entlohnung besonders in der Altenpflege bescheiden und die Arbeitsbedingungen belastend.
59 Prozent der Krankenpflege und 46 Prozent in der Altenpflege finden, dass sie in den letzten zwölf Monaten mehr Arbeit in der gleichen Zeit schaffen mussten. Dabei handelt es sich oft um körperliche schwere Arbeit sowie um Schicht- und Nachtarbeit: 73 Prozent müssen oft schwer tragen, heben oder stemmen. Zwei von drei Pflegekräften sind oft im Schichtdienst und jeder Dritte ist oft im Nachtdienst. Ausgepowert und zermürbt meinen 71 Prozent der Alten- und Krankenpfleger, dass sie ihren Beruf nicht bis zum Rentenalter ausführen können.
Kein Wunder also bei diesen belastenden und auf Dauer krank machenden Arbeitsbedingungen, dass Pflegekräfte vor Rente aus dem Beruf aussteigen, in Teilzeit oder bei einer Leiharbeitsfirma arbeiten oder ins Ausland abwandern, weil es dort bessere Arbeitsbedingungen gibt.
Der Pflegenotstand in Deutschland ist mit Blick auf die alternde Gesellschaft eines der zentralen gesellschaftlichen Probleme. Für Bundesgesundheitsminister Jens Spahn wird das wirkungsvolle Vorgehen gegen den Mangel an Pflegekräften deshalb eine der größten Herausforderungen seiner Amtszeit. Das von Spahn entworfene und vom Bundestag am 9.11.18 verabschiedete Pflegepersonalstärkungsgesetz soll zur Lösung beitragen.
Doch bereits vor dem Start im Januar 2019 hagelt es heftige Kritik. Experten befürchten ein massives Abwerben von Pflegekräften durch Krankenhäuser - zu Lasten von Pflegediensten, Rehakliniken und Altenheimen.
Ab 2019 wird jede zusätzliche Pflegekraft in Krankenhäusern voll von den Krankenkassen finanziert. Laut Spahn können Krankenhäuser dann so viele Pflegekräfte einstellen, wie sie benötigen.
Die Krankenhäuser brauchen dringend mehr Personal, denn Spahn hat eine Personaluntergrenze für Krankenhäuser geschaffen, die nicht unterschritten werden darf. Sollten die Untergrenzen nicht einhalten werden, droht die Schließung von Stationen bzw. Abteilungen.
Geld spiele keine Rolle mehr, da künftig Pflegepersonalkosten unabhängig von Fallpauschalen vergütet werden. Der Trend, dass Pflegekräfte in die besser bezahlten Jobs der Krankenhäuser abwandern, wird zunehmen. Für ambulante Pflegedienste, Reha-Kliniken und Altenheime ist es dann aussichtslos neue Fachkräfte zu gewinnen, denn der Arbeitsmarkt wird leer gefegt sein.
Das Pflegepersonalstärkungsgesetz soll die Situation für Patienten und Mitarbeiter verbessern. Doch das Gegenteil ist der Fall. Es ist sogar mit einer Verschlimmerung der Situation zu rechnen.
Ambulante Pflegedienste bangen um ihre Existenz. Schon jetzt können sie aufgrund von Personalmangel die vielen pflegebedürftigen Menschen nicht mehr versorgen. Ebenso kritisch bewerten auch die Rehakliniken das neue Gesetz, denn das Pflegepersonalstärkungsgesetz gilt für diese nicht.
Dies schreibt der VdK in seiner Dezemberausgabe 2018 zu Pflege am Limit:
Der Mangel an Fachkräften ist eklatant. Auf 100 offene Stellen kommen gerade mal 21 Bewerber. Laut Pflegereport 2018 des Deutschen Instituts für angewandte Pflegeforschung (DIP) fehlen in der Altenpflege derzeit bereits rund 14.000 examinierte Pflegekräfte. Rund 84% der befragten Einrichtungen mussten Anfragen zur Kurzzeitpflege ablehnen. Fast ebenso oft mussten sie Interessenten für Langzeitpflegeplätze absagen. 70% der Pflegeheime berichten von langen Wartelisten. Mehr als jede fünfte Einrichtung verhängte wegen Personalmangels einen Aufnahmestopp. Mittlerweile ist nicht mehr zu übersehen, dass die Zahl der Pflegebedürftigen schneller steigt als die Pflegekräfte. Davon betroffen sind sowohl die stationäre als auch die ambulante Pflege. In manchen stationären Einrichtungen kann die vorgeschriebene Fachkraftquote von 50% nicht mehr eingehalten werden. Folge ist die Schließung von Wohnbereichen oder ganzen Abteilungen.