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Die junge und bildhübsche Stella Martin ist entsetzt. Ihre Schwester hat sie als Geburtstagsüberraschung bei einem Modelcontest in Nizza angemeldet, um Geld für eine Forschungsreise zu gewinnen. Eigentlich eine süße Idee, ist Stellas Leidenschaft doch die Kunstgeschichte - deshalb nimmt sie die Herausforderung widerwillig an. Noch auf dem Flug lernt die Studentin die freche Victoria kennen, die sie in allen Belangen vor Ort unterstützt und ebenso am Wettbewerb teilnehmen wird.
Den jungen Baron Johann von Renventloh zieht es zur gleichen Zeit nach Südfrankreich, da er seinem Onkel Frederic, einem echten Charmeur und Lebemann, auf den Zahn fühlen möchte. Stella und Johann lernen sich kennen und haben beide mit ihren Gefühlen füreinander zu kämpfen, denn irgendwie scheint ihnen nichts vergönnt zu sein. Stella sieht sich immer wieder mit neuen Problemen konfrontiert, seltsame Dinge geschehen während des Wettbewerbs. Und auch Victoria scheint nicht die zu sein, die sie vorgibt ...
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Seitenzahl: 120
Cover
Der Stern von Nizza
Vorschau
Impressum
Der Stern von Nizza
Liebe und Intrige an der Côte d'Azur
Von Carolin von Campen
Die junge und bildhübsche Stella Martin ist entsetzt. Ihre Schwester hat sie als Geburtstagsüberraschung bei einem Modelcontest in Nizza angemeldet, um Geld für eine Forschungsreise zu gewinnen. Eigentlich eine süße Idee, ist Stellas Leidenschaft doch die Kunstgeschichte – deshalb nimmt sie die Herausforderung widerwillig an. Noch auf dem Flug lernt die Studentin die freche Victoria kennen, die sie vor Ort unterstützt und ebenso am Wettbewerb teilnehmen wird.
Den jungen Baron Johann von Renventloh zieht es zur gleichen Zeit nach Südfrankreich, da er seinem Onkel Frederic, einem echten Charmeur und Lebemann, auf den Zahn fühlen möchte. Stella und Johann lernen sich kennen und haben beide mit ihren Gefühlen füreinander zu kämpfen, denn irgendwie scheint ihnen nichts vergönnt zu sein. Stella sieht sich immer wieder mit neuen Problemen konfrontiert, seltsame Dinge geschehen während des Wettbewerbs. Und auch Victoria scheint nicht die zu sein, die sie vorgibt ...
Stella Martin war Kellnerin in dem kleinen Restaurant Martini, doch jetzt saß sie mit übereinandergeschlagenen Beinen auf einer Bank im dämmrigen Innenhof des Lokals und unterdrückte ein Gähnen. Nur noch ein Tisch war an diesem warmen Juniabend besetzt, und die letzten Gäste zeigten weder Interesse an einer weiteren Bestellung noch am Aufbruch.
Der hagere Mann in dem löcherigen T-Shirt hatte nur Augen für seine etwas unscheinbare Freundin, obwohl deren einzige Zierde ihr grell geblümtes Kleid war.
Stella hingegen hatte er überhaupt nicht beachtet. Das kam nicht oft vor. Umso mehr Respekt empfand sie für dieses seltene Exemplar der Männerwelt und beobachtete die beiden Verliebten fast ein wenig neidisch.
Normalerweise zog Stella mit ihrer Größe von einem Meter achtzig und der schwarzen Lockenmähne die Blicke der Herren unweigerlich auf sich. Ein Umstand, auf den sie liebend gern verzichtet hätte.
Dennoch, bei aller Sympathie: Die Turteltauben an Tisch drei stellten Stellas Geduld auf eine harte Probe. Heute war nämlich ihr fünfundzwanzigster Geburtstag, und ihre Schwester Marina, die das Restaurant führte, hatte Stella nach Feierabend eine Überraschung versprochen.
Stella fragte sich gerade, ob sie ihr den Bildband über die französischen Expressionisten gekauft hatte, um den sie in der Buchhandlung schon seit Monaten herumgeschlichen war, da unterbrach endlich ein zaghaftes »Zahlen bitte!« ihre Überlegungen.
Erleichtert erhob sie sich, schnappte das Tablett und ging auf den Tisch zu.
»Das macht dann bitte neun Euro fünfzig«, sagte sie und schenkte den beiden ein warmes Lächeln.
Ihr Blick huschte über den blanken Teller, der aussah wie geleckt. In der ganzen Zeit hatte das Paar gerade mal ein einzelnes Glas Rotwein und eine einzige Portion der günstigsten Speise – Pasta al burro – bestellt. Außerdem hatten sie sich, so spärlich das Mahl auch gewesen war, einer ausgedehnten gegenseitigen Fütterung unterzogen, die von innigen Liebesbekundungen begleitet wurde. Sie erschienen Stella arm wie Kirchenmäuse, waren aber offensichtlich sehr glücklich.
Der junge Mann kramte umständlich seine Münzen hervor und bezahlte, ohne länger als zwanzig Sekunden den Blick von seiner Angebeteten zu wenden, die wiederum den blassen Hänfling ansah, als wäre er Adonis höchstpersönlich.
Sie verabschiedeten sich, und Stella ließ sie durch die kleine Pforte auf die stille Gasse hinaus, wo sie sich sofort leidenschaftlich küssten. Stella hob die Brauen, ging kopfschüttelnd zum Tisch zurück, räumte ab und löschte die Kerzen.
Über den schiefen Dächern blinkte schon der Abendstern und Stella sah träumerisch zum Himmel.
»Ciao, Mama, ciao, Papa«, flüsterte sie und betrachtete einen Moment den funkelnden Himmelskörper.
Ihre Eltern waren vor einigen Jahren gestorben, und der Gedanke, sie würden von diesem Stern aus über sie und Marina wachen, gefiel Stella, auch wenn es ihr gleichzeitig ein wenig albern vorkam.
Da steckte Marina den Kopf aus der Hintertür in den Hof. Sie trug noch ihre weiße Kochjacke und die Mütze. Die gute, fleißige Marina!
Stella wurde bei ihrem Anblick warm ums Herz. Sicher hatte sie, wie jeden Abend, schon die Gerichte für den nächsten Tag zubereitet.
Marina lächelte.
Sie sah bezaubernd aus, fand Stella. Wie sie selbst hatte Marina das dunkle Haar und die filigranen Gesichtszüge der Mutter geerbt, war aber von mittlerer Größe und hatte eine sehr weibliche Figur und volle Wangen.
Stella, die ein wenig zum Grübeln neigte, hätte in Bezug auf ihr Aussehen gern über das Selbstbewusstsein der Schwester verfügt. Marina fühlte sich mit ihren Kurven pudelwohl, während Stella sich mit ihrem Gardemaß und den endlosen Beinen oft genug wie ein Storch im Salat vorkam.
»Ich dachte schon, die beiden wollen hier übernachten«, meinte Marina schmunzelnd und zog eine dunkle Braue hoch. »Haben Sie wenigstens Trinkgeld gegeben?«
Stella grinste. »Ich war kurz davor, ihnen Trinkgeld zu geben.«
Marina kicherte. »Das fehlte gerade noch.«
Sie nahm der Jüngeren das beladene Tablett aus der Hand. »Jetzt bist du endlich dran, Geburtstagskind!« Liebevoll schob sie die Schwester hinein.
Wände und Dielen des gemütlichen Gastraums waren in hellen Farben gestrichen, und passend dazu hatten die Schwestern Möbel im Vintage-Stil ausgesucht. Nachdem Marina entschieden hatte, das elterliche Lokal weiterzuführen, hatten sie den Laden selbst renoviert. Es duftete tatsächlich schon herrlich nach allerlei frischem Gebäck.
Auf einem der weiß gestrichenen Holztische entdeckte Stella eine wunderschöne zweistöckige Torte, die passend zu Stellas Namen über und über mit glitzernden Zuckersternen bedeckt war. Fünfundzwanzig rosa Kerzen brannten darauf.
Neben der Torte lag eine kleine Schachtel mit einer roten Schleife.
»Oh, Marina«, flüsterte Stella und griff nach der Hand der Schwester. »Wann hast du das bloß gezaubert?«
Marina legte ihrerseits den Arm um Stellas Taille.
»Ich habe halt so meine Tricks. Wünsch dir was, kleine Schwester!«
Stella bückte sich über die Torte, der Kerzenschein wärmte ihre Wangen, und sie schloss lächelnd die Augen.
Sehnsüchtig dachte sie an ihren Herzenswunsch: Um den Laden hier zu unterstützen, hatte sie ihre Doktorarbeit in Kunstgeschichte auf Eis gelegt. Doch sie träumte davon, irgendwann doch noch zu promovieren.
Sie öffnete die Augen und pustete die Kerzen alle auf einmal aus.
»Bravo!« Marina klatschte in die Hände.
»Und jetzt ... Auspacken!« Sie reichte ihr die kleine Schachtel.
Der Kunstband ist es also nicht, stellte Stella fest. Ihr Herz schlug dennoch schneller, als sie den Deckel anhob.
In der Schachtel lagen eine Karte und ein Flugticket. Als Zielort war Nizza angegeben.
Stella sah ihre Schwester verblüfft an. »Côte d'Azur? Haben wir im Lotto gewonnen?«
»Lies erst mal, aber sei nicht sauer«, bat Marina.
Irritiert faltete Stella die Karte auseinander und überflog die Zeilen. Dann ließ sie das Papier sinken.
»Das ist nicht dein Ernst?« Das Lächeln war gänzlich aus ihrem hübschen Gesicht verschwunden.
»Jetzt hör mir doch erst mal zu«, beschwichtigte Marina ihre Schwester, hustete leise und schob einen Stuhl für sie zurecht.
Doch Stella schüttelte den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.
Marina war offenbar verrückt geworden!
Ein Modelcontest? Etwas Schrecklicheres konnte sie sich überhaupt nicht vorstellen.
Finster sah sie Marina an, die sich vor ihr aufbaute und mit dem üblichen Ich bin deine große Schwester und weiß es besser-Tonfall auf sie einredete.
»Der Wettbewerb heißt L'étoile de Nice«, erklärte Marina mit gewichtiger Miene. »Der Stern von Nizza – wenn das kein Zeichen ist! Der erste Platz ist mit 10.000 Euro dotiert. Mit diesem Geld könntest du endlich deine Forschungsreise machen und deine Doktorarbeit beenden!«
Stella starrte sie an.
»Du hast Geld für Flugtickets ausgegeben, damit ich bei einem bescheuerten Wettbewerb mitmache? Du hättest es gleich zum Fenster rauswerfen können! Ich habe noch nie so einen Quatsch gehört. Erstens: Wieso sollte ausgerechnet ich da gewinnen? Und zweitens, und das ist das Wichtigste: Ich hasse es zu modeln, schon vergessen?«
Marina seufzte. Sie erinnerte sich natürlich an das unschöne Erlebnis, das Stella als Teenager gehabt hatte. Monatelang ihr eigenes Gesicht auf Plakaten einer Werbung für Pickelcreme sehen zu müssen ... Das hatte sie damals verständlicherweise furchtbar beschämt.
»Das ist doch schon Ewigkeiten her, und es ist doch auch etwas ganz anderes«, versuchte sie, Stella zu beschwichtigen, und machte sich betont ruhig daran, den Sekt zu öffnen, den sie bereitgestellt hatte.
»Wenn du gewinnst, kannst du das Geld nehmen und verschwinden. Es ist so eine Art PR-Aktion einer deutschen Agentur, die in Frankreich Kunden gewinnen will. Du bist überhaupt nicht vertraglich gebunden ...«
»Das wäre ja auch noch schöner«, höhnte Stella.
Sie war schließlich eine angehende Wissenschaftlerin! Wie konnte ihre Schwester glauben, dass sie bei so etwas mitmachen würde? Sie hasste es, auf ihr Aussehen reduziert zu werden.
»Stella, ich bitte dich, überlege es dir.«
Marina hustete, zog die Schwester sanft auf den Stuhl, schenkte dann Sekt in ein Glas und drückte es ihr in die Hand. »Im schlimmsten Fall wärst du zwei Wochen im wunderschönen Nizza. Ich habe ein nettes Hotel für dich gebucht.«
Stella zog ärgerlich die Brauen hoch. »Was das alles kostet!«
»Mach dir darüber keine Gedanken«, sagte Marina. »Ich habe extra gespart, und das Hotel kannst du auch stornieren, wenn es dir nicht gefällt.« Sie hustete wieder.
»Das wird ja immer schöner! Und was soll eigentlich aus dem Restaurant werden, wenn ich zwei Wochen weg bin? Und dein Husten! Was ist, wenn es wieder schlimmer wird?«
Stella schüttelte ärgerlich den Kopf. Ihre Schwester hatte vor einigen Wochen eine schwere Erkältung gehabt und diese nicht richtig auskuriert.
Marina strich ihr sanft das schwarze Haar aus der Stirn und lächelte.
»Mach dir keine Sorgen. Mir geht es gut. Außerdem wird Joshua deine Arbeit übernehmen. Wir haben uns wieder vertragen!«
»Oh!« Jetzt hellte Stellas Gesicht sich auf. Joshua war Marinas Freund, und Stella mochte ihn sehr.
»Ach, Stella«, fuhr Marina mit schmeichelnder Stimme fort. »Denk doch mal an dich. Du hast so geschuftet in den letzten Jahren. Ich wollte dir endlich etwas zurückgeben. Und weißt du, die Agentur war wirklich begeistert von deinen Fotos ...«
»Was?« Stella sprang auf und verschüttete dabei ihren Sekt. »Du hast Fotos von mir hingeschickt?«
»Joshua meinte, du würdest dich niemals freiwillig bewerben«, verteidigte sich Marina kleinlaut.
»Sehr scharfsinnig von ihm!« Stella stellte geräuschvoll das Glas auf den Tisch und wischte ihre Hände an der Schürze ab. »Hinter meinem Rücken! Das ist ja ein schönes Geburtstagsgeschenk«, schimpfte sie und begann, auf und ab zu stampfen, als wäre sie wieder sechs Jahre alt. »Ich bin kein blödes Model!«
Marina kam auf sie zu, fasste sie an den Händen und sah sie so ernst und eindringlich an, dass Stella schlucken musste.
»Ich weiß, dass du kein Model bist. Aber du bist auch keine Kellnerin. Ich will nicht, dass du noch länger deine Zeit hier verschwendest. Bitte, probier dein Glück. Dann bist du frei und kannst endlich deine Arbeit beenden.« Marina strich ihr nun zärtlich über die Wange. »Ich wäre unendlich stolz auf dich und deinen Doktortitel. Und ... Mama und Papa wären es auch.«
Stella stieß einen tiefen Seufzer aus. »Das ist unfair!«
Marina lächelte. »Sieh es doch als eine Art Spiel an, bei dem du nichts zu verlieren hast. Bitte! Ich habe mir so viel Mühe gegeben«, bettelte Marina.
Stella stöhnte.
Doch Marina ließ nicht locker. Einen Trumpf konnte sie noch ausspielen.
»Du könntest in Nizza auf den Spuren von Matisse wandeln«, versetzte sie und hob triumphierend das Kinn. Sie wusste ganz genau, wie sehr ihre Schwester den Künstler, der in Nizza gelebt hatte, bewunderte.
Stella überlegte. Marina hatte recht. Die Vorstellung war äußerst verlockend.
»Und?« Marina lächelte fragend.
»Na gut«, gab Stella schließlich nach.
»Fantastisch!«, rief ihre Schwester. »Ich bin mir sicher, dass du gewinnst!«
Stella runzelte die Stirn. Sie hielt das Ganze für eine absolute Schnapsidee. Aber sie liebte Marina über alles, und sie wollte sie nicht enttäuschen. Also würde sie wohl in den sauren Apfel beißen.
Anna Baronin von Reventloh legte den Hörer auf und sah seufzend aus den hohen Fenstern. Mächtige Gewitterwolken waren aufgezogen und hingen schwer und finster über dem Land. Der Park des herrschaftlichen Gutshauses lag gespenstisch still da. Kein Vogelgezwitscher war mehr zu hören, nur ein dumpfes, bedrohliches Grollen.
Das Wetter passte ausgezeichnet zur Stimmung der Baronin.
Sie trat von dem mächtigen blank polierten Mahagonisekretär zurück und ging an den hohen Bücherregalen, chinesischen Vasen und kostbaren Gemälden vorbei zum anderen Ende des eleganten Salons.
Hier ließ sie sich auf ein antikes, mit blauer Seide bespanntes Sitzmöbel mit hölzernen Löwenfüßen fallen.
In dem großen Steinkamin gegenüber brannte ein gemütliches Feuer, doch die zierliche Frau zog fröstelnd die helle Jacke ihres Wollkostüms um sich.
Anna von Reventloh war gerade fünfzig geworden, und doch fühlte sie sich an diesem dunklen Junitag wie eine alte Frau. Das Telefonat mit ihrem Notar und Finanzverwalter hatte sie völlig aus der Fassung gebracht. Dabei war es nicht das Geld, das ihr Sorgen bereitete.
Sie hob den Kopf. Das lebensgroße Gemälde eines jungen weizenblonden Mannes, das über dem Kamin hing, sah lächelnd auf sie hinab.
»Mach dich nur lustig über mich«, murmelte die Baronin grimmig. »Wenn du nicht so ein Draufgänger gewesen wärst, wäre es nie so weit gekommen!«
Das Porträt des verstorbenen Barons blieb wie erwartet stumm, doch ein gewaltiger Donnerschlag ließ Anna von Reventloh jäh zusammenzucken. Im nächsten Augenblick klatschten dicke Regentropfen gegen die Scheiben.
Sie warf dem Bild einen vorwurfsvollen Blick zu. Anna hatte ihren vor zehn Jahren bei einem Reitunfall verunglückten Mann innig geliebt. Doch nun war sie des Trauerns schon lange müde. Die Vorstellung, dass sie als einsame Witwe enden würde, war für die attraktive Baronin plötzlich eine drohende Realität geworden.
Vielleicht lag es auch an ihrem fünfzigsten Geburtstag, den sie gerade gefeiert hatte, vielleicht aber auch an etwas ganz anderem, über das sie sich seit einiger Zeit fast ununterbrochen den Kopf zerbrach.
Auf der Galerie waren nun schnelle Schritte zu hören, und der sechsundzwanzigjährige Johann, Annas Sohn, betrat den Salon. Äußerlich glich er vor allem seinem Vater. Seine Gesichtszüge waren ebenso edel und markant wie die des verstorbenen Barons. Von seiner Mutter hatte er das sanfte Wesen und das treue Herz geerbt.
»Stell dir vor, Mutter! Die Scheune steht! Wir sind gerade noch vor dem Gewitter fertig geworden!«
Sein gewelltes blondes Haar war tropfnass, aber er strahlte über das ganze Gesicht.
»Fantastisch!« Die Baronin lächelte ihn liebevoll an und übersah großzügig die nassen Flecken auf dem kostbaren Teppich.
Was war ihr Sohn doch für ein prächtiger Mensch! Er hat extra Urlaub von seinen Pflichten als Anwalt genommen, um auf dem Nachbargut zu helfen.
»Du siehst besorgt aus«, sagte Johann, strich sich das nasse Haar aus der Stirn und setzte sich zu ihr. »Karl meinte, du hättest mit unserem Finanzberater telefoniert?«
Die Baronin seufzte. Karl, ihr Butler, war ihr eine Spur zu gut informiert.
»Richtig. Ich habe mit Herrn Winterberg gesprochen«, erwiderte sie knapp und schlug die schlanken, seidenbestrumpften Beine übereinander.
»Und? Gibt es Probleme?«