1,99 €
Wie viel würde Alex jetzt für eine warme Dusche, ein gemütliches Bett und ein bisschen Sushi geben! Seit zwei Wochen lebt er schon unter den Obdachlosen im Central Park. Nicht, weil er muss, sondern weil er den Ehrgeiz hat, ein möglichst authentisches Buch zu schreiben. Denn er ist ein berühmter Schriftsteller, der sich für seine neusten Recherchen als Wohnungsloser tarnt. Obwohl es ihm schwerfällt, denkt er keine Minute daran, aufzugeben - bis er die charmante, attraktive Sozialarbeiterin Amanda kennenlernt, die sich um die Obdachlosen im Central Park kümmert und in die er sich Hals über Kopf verliebt. Doch je länger er seine Täuschung aufrecht erhält, umso mehr droht sein Geheimnis alles zu zerstören ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 130
Cover
Herzklopfen im Central Park
Vorschau
Impressum
Herzklopfen im Central Park
Amanda verliebt sich in einen getarnten Millionär
Von Carolin von Campen
Wie viel würde Alex jetzt für eine warme Dusche, ein gemütliches Bett und ein bisschen Sushi geben! Seit zwei Wochen lebt er schon unter den Obdachlosen im Central Park. Nicht, weil er muss, sondern weil er den Ehrgeiz hat, ein möglichst authentisches Buch zu schreiben. Denn er ist ein berühmter Schriftsteller, der sich für seine neusten Recherchen als Wohnungsloser tarnt. Obwohl es ihm schwerfällt, denkt er keine Minute daran, aufzugeben – bis er die charmante, attraktive Sozialarbeiterin Amanda kennenlernt, die sich um die Obdachlosen im Central Park kümmert und in die er sich Hals über Kopf verliebt. Doch je länger er seine Täuschung aufrecht erhält, umso mehr droht sein Geheimnis alles zu zerstören ...
Der Morgen dämmerte über Manhattan. Alexander Grey, die zerschlissene rote Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen, näherte sich seinem Wohnhaus an der Upper West Side von Manhattan, einem prachtvollen Brownstone-Gebäude, nur einen kurzen Spaziergang vom Central Park entfernt.
Er betrat das vierstöckige Haus, das den Charme vergangener Zeiten mit modernem Luxus vereinte, jedoch nicht wie gewöhnlich über die geschwungene Beaux-Art-Treppe, sondern öffnete mit einem kurzen Blick über die Schulter eine unscheinbare Tür unterhalb davon und schlich sich durch den Keller hinein.
Die kühle Morgenluft hing schwer in dem engen Treppenhaus, das einst für die Dienstboten bestimmt gewesen war, und das Sonnenlicht warf zitternde Schatten durch die hohen Gitterfenster. Beinahe lautlos huschte Alexander die Holzstufen hinauf.
In seiner großzügigen Wohnung im dritten Stock schloss er erleichtert aufatmend die Tür hinter sich und lehnte sich für einen Moment dagegen. Zum Glück hatte ihn niemand bemerkt.
Er warf einen Blick in Richtung Küche. Einen Moment glaubte er den Duft von Kaffee und knusprigem Toast zu schnuppern, doch es war nur Einbildung. Sicherlich ausgelöst durch den Mangel an Nahrung, der seit genau sechs Tagen sein Leben bestimmte.
Ungeachtet seines knurrenden Magens ging er mit schnellen Schritten über das glänzende Nussholzparkett an der Küche vorbei – was ihn eine ungeheure Willenskraft kostete. In seinen Vorratsschränken stapelten sich nämlich Pakete mit Pasta, Keksen und allerlei andere Dinge, die ihm nun paradiesisch erschienen.
Er betrat das hell geflieste Badezimmer und öffnete einen der weißen Lamellenschränke. Einen Moment betrachtete er die schmalen Tablettenröhrchen, ließ sie dann rasch in die Taschen seines weinroten Kapuzenpullovers gleiten und klappte die Tür wieder zu.
Flüchtig warf er einen Blick in den antiken Spiegel über dem großen Waschbecken, und seine Mundwinkel hoben sich zu einem überraschten Grinsen.
Ein Fremder blickte ihm entgegen – zerzaustes Haar, dunkle Ringe unter den Augen. Schmutz und Müdigkeit hatten sich in jede Falte seines Gesichts eingegraben. Es war schwer zu glauben, dass dieser verwahrloste Mann er selbst war.
Er ließ seine Finger über das stoppelige Kinn gleiten und stellte sich vor, wie die Mitglieder des Literaturclubs reagieren würden, wenn sie ihn, den ehrenwerten Preisträger der goldenen Feder, in diesem Zustand sehen würden. Der Gedanke ließ ihn leise auflachen.
Dann sah er seufzend zu der ebenerdigen Dusche und stellte sich vor, wie herrlich sich das warme Wasser auf seiner Haut anfühlen würde. Die Heftigkeit, mit der er sich danach sehnte, sich zu waschen, in einem weichen Bett zu schlafen und eine anständige Mahlzeit zu bekommen, war faszinierend.
Doch er musste natürlich standhaft bleiben. Und schmutzig und hungrig.
In der Welt der Obdachlosen waren Sauberkeit und Sattheit selten. Und er hatte sich schließlich vorgenommen, einen authentischen Roman zu schreiben. Dieses Mal könnte ihm später kein Kritiker vorwerfen, er habe zu oberflächlich gearbeitet. Er würde seine Recherche durchziehen.
Außerdem wartete Mr. Klein auf ihn.
In dem hell gestrichenen Flur mit den geschmackvollen Möbeln und gerahmten Aquarellzeichnungen von bekannten Künstlern verweilte sein Blick einen Moment auf seiner Geldbörse.
Er wusste, dass darin mehrere Hundertdollarnoten und einige Kreditkarten steckten. Er seufzte, widerstand der Versuchung, einen Geldschein herauszunehmen, und ging rasch zur Tür.
Über die Hintertreppe schlich er wieder nach unten und hielt inne, als er Stimmen hörte.
Die Millers, seine Nachbarn, waren aus dem Fahrstuhl gestiegen und unterhielten sich angeregt im Foyer. Alexander drückte sich eng an die Wand, bis sie außer Sicht waren. Seine Bewegungen waren vorsichtig und gezielt, jeder Schritt ein Versuch, unsichtbar zu bleiben.
Als er endlich die Straße erreichte, atmete er erleichtert auf. Die Stadt, die niemals schlief, umgab ihn mit Verkehrslärm, Touristenströmen und Stimmengewirr.
Er senkte den Kopf und zog die Baseballkappe tiefer ins Gesicht, doch schon im nächsten Moment legte sich eine zierliche, perfekt manikürte Hand auf seine Schulter.
»Alexander!«
Sein Herz pochte schneller, und er drehte sich langsam um.
♥♥♥
»Willst du vor mir weglaufen?«
Vor ihm stand seine langjährige Freundin Grace Huntington.
Alexander staunte jedes Mal, wenn er sie sah. Sie war so ungewöhnlich und undurchschaubar wie ein expressionistisches Kunstwerk. Alles an ihr schien grell und exotisch – selbstverständlich auf eine noble Art, denn Grace Vermögen war beträchtlich.
Ihr kinnlanger kupferfarbener Bob betonte die markanten Züge ihres Gesichts, in dem die schmale, stark gebogene Nase und die mandelförmigen grünen Augen besonders hervorstachen.
Sie trug ein extravagantes, schilfgrünes Kimonokleid und goldene Kreolen, die bei jeder Bewegung klirrten. Der korallenrote Lippenstift passte vorzüglich zu ihrer olivfarbenen Haut, die trotz ihrer fünfundvierzig Jahre fast faltenfrei war.
»Dein Telefon ist seit Tagen ausgestellt, und ich mache mir Sorgen«, sagte sie mit sanftem Vorwurf und musterte ihn.
»Was soll dieser Aufzug?«
»Recherche«, erwiderte er knapp und begrüßte sie mit einer kurzen Umarmung.
Ihr Blick blieb an seiner zerlöcherten Jeans hängen, und sie schenkte ihm ein ironisches Lächeln. »Ich dachte, wir könnten essen gehen, aber ich fürchte, so lassen sie dich nicht ins Jean-Georges.«
Alex' Gewissen meldete sich. Nicht wegen des Sternelokals, sondern weil er ihr von seinem Vorhaben hätte erzählen müssen. Schließlich waren sie ein Paar. Wenn auch eines, das die meiste Zeit getrennte Wege ging.
»Tut mir ehrlich leid«, sagte er und steckte die Hände in die Hosentaschen. »Aber ich kann in den nächsten Wochen nicht.«
»Auch nicht essen?«, fragte Grace verwundert und hob eine Braue.
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Vor allem nicht essen.«
»Aha.« Grace musterte ihn nachdenklich. Sie war es gewohnt, mit Künstlern zusammen zu sein, die mehr oder weniger ungewöhnliche Verhaltensweisen an den Tag legten, aber bei Alexander hatte sie solche Allüren noch nicht bemerkt. Bis jetzt.
Wahrscheinlich hatte die vernichtende Kritik, die er für seinen letzten Roman hatte einstecken müssen, ihn doch mehr erschüttert, als er zugab.
»Ich muss etwas Dringendes mit dir besprechen«, sagte sie und ließ ihre Stimme absichtlich ein wenig verzweifelter klingen als nötig.
Alex räusperte sich. »Hat das nicht noch Zeit? In drei Wochen kann ich duschen, mich rasieren und stehe dir wieder zur Verfügung. Meinetwegen komme ich dann auch mit ins Jean-Georges.« Er lächelte verschmitzt.
Grace verschränkte die Arme vor der Brust und seufzte. Dann senkte sie den Blick und ließ ihre Lippen ein wenig zittern. Es war nicht ganz fair, das wusste sie, aber es funktionierte meistens.
Alexander schluckte. Weinte sie etwa? Er fühlte sich sofort schuldig. Sicher war er der Grund. Man konnte nicht behaupten, dass ihre Beziehung besonders erfüllend war. Er hatte sie furchtbar vernachlässigt.
»Grace«, sagte er sanft und nahm ihre Hand.
Tatsächlich schimmerte es feucht in ihren grünen Augen, als sie den Blick wieder hob. Die schöne Erbin besaß die praktische Fähigkeit, Tränen zu produzieren, wenn es ihr nützlich erschien.
»Es tut mir leid, ich will dich nicht unter Druck setzen«, sagte sie, obwohl das Gegenteil der Fall war, und lächelte entschuldigend. »Ich brauche dich einfach gerade.«
Alex seufzte, nahm sie in den Arm und drückte ihren schmalen Körper an sich. Er liebte sie, aber es war keine romantische Liebe. Es war eher eine tiefe Zuneigung und ergebene Dankbarkeit. Nichts wollte er weniger, als ihr weh tun.
»Wenn es dir so dringend ist, dann werde ich es irgendwie einrichten, okay?« Er sah sie freundlich an.
Sie nickte stumm, und ein kleines Lächeln erschien auf ihren Lippen. Sie hatte erreicht, was sie wollte.
»Danke. Nächste Woche?«
Alex nickte und küsste sie flüchtig auf die Wange. »Mittwoch um fünf bei dir. Ich muss jetzt los.«
»Ich freu mich«, sagte sie und schenkte ihm ein strahlendes Lächeln.
Dann drehte sie sich um und gab gekonnt, wie es nur eine geborene New Yorkerin beherrschte, einem Yellowcab ein Zeichen, das auch prompt am Bordstein stoppte. Alex hielt ihr die Tür auf, und kurz darauf fuhr das Taxi los.
Alex sah dem Wagen noch einen Moment nach. Ein Gefühl von Erleichterung durchflutete ihn, und gleichzeitig schämte er sich. Er hätte sich längst von Grace trennen müssen, aber er schaffte es nicht. Schließlich hatte sie ihm geholfen, als niemand sonst für ihn da gewesen war. Ohne sie wäre er sicher nicht der erfolgreiche Autor, der er heute war.
Im Central Park angekommen, suchte er nach der gebückten Gestalt von Mr. Klein. Der Park war belebt wie an jedem Tag in dieser hektischen Metropole, die warmen Sonnenstrahlen brachen durch die Bäume und tauchten die sandigen Wege und regennassen Büsche in ein sanftes Licht.
Alex hatte das Gefühl nur kurz fort gewesen zu sein, doch er wurde dennoch nervös. Er beschleunigte seine Schritte, bis er Winfried Klein, genannt Winni, in dem übergroßen zerschlissenen Regenmantel auf der Bank entdeckte.
Die graublauen Augen des alten Mannes leuchteten in seinem faltigen Gesicht auf, als er ihn sah.
Alexander öffnete das Tablettenröhrchen, das er in seinem Badezimmer eingesteckt hatte, und ließ einige der weißen Pillen in die zittrige Hand fallen. Sie tauschten einen Blick.
»Danke«, flüsterte Winni und stopfte sich die Tabletten in den Mund.
♥♥♥
Der Untergrundzug von Brooklyn nach Manhattan ratterte in eine scharfe Kurve, und Amanda Spencer verlagerte automatisch ihr Gewicht und umklammerte den ledernen Haltegriff über ihrem Kopf.
Eine schicke Dame mit Laptoptasche und Businesskostüm wurde von links gegen sie gedrückt und murmelte eine Entschuldigung. Dann starrte sie wieder konzentriert auf ihr Smartphone.
Amanda lächelte freundlich. Während der morgendlichen Rush Hour quetschten die Pendler sich in der Subway wie die sprichwörtlichen Ölsardinen. Sie sah zu ihrer jüngeren Schwester, die dicht neben ihr stand.
Francis hübsches Gesicht, das von hellblonden Locken eingerahmt war, war blass. Sie war es nicht gewohnt, früh aufzustehen, und darüber hinaus hatte sie ein Vorstellungsgespräch bei einer Eventagentur und war schrecklich nervös. Amanda hatte schon den ganzen Morgen versucht, sie aufzumuntern.
Francis nippte an ihrem Kaffeebecher und verzog das Gesicht. »Verdammt!«
»Heiß?« Amanda sah die Jüngere mitleidig lächelnd an.
Francis brummte etwas Unverständliches.
»Ruhig Blut«, sagte Amanda lächelnd und tätschelte ihr die Schulter.
Doch Francis seufzte nur und zog die Brauen hoch. »Du hast gut reden.«
Francis sah sich selbst eher als Künstlerin – im Gegensatz zu Amanda, die eher praktisch veranlagt war. Sie hatte immer schon einen Hang zum Außergewöhnlichen gehabt. Das war nicht immer das, was die Agenturen und Kunden wünschten, und daher schlug sich Francis mit Gelegenheitsjobs als Kellnerin oder Stadtführerin durch, anstatt in ihrem Beruf zu arbeiten.
Was sie damit verdiente, reichte bei Weitem nicht für die Raten, die die Schwestern für das kleine Haus in Brooklyn zahlen mussten, das sie gemeinsam bewohnten.
Amanda sah die Anspannung in ihrem Gesicht. Als große Schwester hatte sie sich immer für Francis verantwortlich gefühlt.
Ein Platz wurde frei, als eine junge Frau und ihre Tochter ausstiegen, und die beiden setzten sich sofort hin.
»Gehst du jetzt gleich zu Winni?«, fragte sie und drehte den Kaffeebecher nervös in der Hand.
»Willst du das wirklich wissen?«
»Natürlich«, erwiderte Francis und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich mag ihn.«
Amanda nickte. »Die Wohnung wäre für ihn perfekt«, sagte sie. »Er muss dieses Mal einfach mitmachen.«
Winni war der Klient, der sie im Moment am meisten beschäftigte. Als Sozialarbeiterin kannte sie viele Menschen, die auf der Straße lebten, aber Winni war etwas Besonderes.
Seit Amanda ihn vor über zwei Jahren kennengelernt hatte, lebte er im Central Park und das, obwohl er schon über siebzig war. Er war immer höflich, hatte Humor, und wenn sie in seine meerblauen Augen sah, war sie sicher, dass er ein gutes Herz hatte.
Sie wusste nicht viel über seine Vergangenheit, nur, dass er als junger Mann aus Deutschland hierhergekommen war und zuletzt als Wachmann gearbeitet hatte. Irgendetwas musste passiert sein, das ihn auf die Straße gebracht hatte. Doch er sprach nie darüber.
Nun konnte sie ihm ein Zimmer in einem begehrten WG-Projekt anbieten.
»Die Wohnung ist in Harlem«, erzählte sie Francis. »Es gibt sogar einen Gemeinschaftsgarten.«
In der Tat war das Projekt ein Glücksfall. Amanda hatte das Apartment zwar noch nicht besichtigt, aber die Fotos im Exposé waren vielversprechend. In ihrem Rucksack hatte sie eine Kopie davon, die sie Winni geben wollte.
»Na, dann hoffen wir mal, dass er sich von dir einwickeln lässt«, sagte Francis und nippte nun vorsichtig wieder an ihrem Kaffee.
Amanda schwieg. Sie würde ihn wirklich einwickeln müssen. Der alte Mann war störrisch, und es war nicht das erste Mal, dass sie ihm einen Platz angeboten hatte. Ganz zu schweigen von medizinischer Hilfe oder anderer Unterstützung. Er wollte so gut wie nie etwas annehmen, und leider hatte er andere Vorstellungen von einem komfortablen Leben als sie.
»Ruhig Blut«, sagte jetzt Francis, und auf ihrem Gesicht erschien zum ersten Mal an diesem Morgen ein winziges freches Lächeln.
Amanda musste über diese Retourkutsche grinsen. »Touché.«
Am Columbus Circle trennten sich ihre Wege.
»Viel Glück«, wünschte sie Francis und umarmte sie kurz.
»Dir auch«, erwiderte die Jüngere und prostete ihr mit dem Kaffeebecher zu.
♥♥♥
Amanda verließ den Zug. Behände stieg sie die Treppenstufen der Subway-Station hinauf und kam ans Tageslicht. Am Columbus Circle rauschte der Verkehr und die Menschen strömten von hier aus in alle Richtungen der Stadt.
Sie ließ die glitzernden Silberfassaden der Wolkenkratzer hinter sich und ging rasch zu ihrem Fahrrad, das am Maine Memorial stand, dessen Goldfiguren in stummer Pracht über dem hektischen Treiben thronten und die Tauben mit stoischer Gelassenheit ertrugen, die sich auf ihnen niedergelassen hatten.
Im Vorbeigehen winkte Amanda wie jeden Morgen dem Kioskbesitzer zu, der an seinem Verkaufsfenster auf Kunden wartete und die Foodtrucks argwöhnisch beobachtete, die an diesem geschäftigen Ort Vorbeieilende mit frischem Kaffee, Bagels und anderen Leckereien anlockten und mit denen der Mann in ständigem Wettbewerb stand.
Amandas rostiges Hollandrad war noch immer da, wo sie es gestern angeschlossen hatte. Es war für Diebe wenig attraktiv, und deshalb blieb Amanda auch von bösen Überraschungen verschont.
Da der Morgen noch etwas diesig und kühl war, war Amanda froh, dass sie über der schwarzen Jeans und dem T-Shirt einen langen grünen Anorak gezogen hatte. Später würde die Sonne sich durch die Wolken kämpfen, und es würde ein schöner warmer Tag werden.
Sie trat kräftig in die Pedale und tauchte in das frische Grün der weitläufigen Parkanlage ein. Jeden Morgen fuhr sie die zwanzig Minuten vom Columbus Circle zu ihrem Büro, das in einer städtischen Sozialeinrichtung an der Upper West Side Manhattans lag.
Sie ließ den Blick zufrieden über das Blätterdach über ihrem Kopf schweifen. Die Vögel zwitscherten in den Zweigen der Alleebäume, und ein graues Eichhörnchen huschte lautlos im Geäst.
Während sie weiter über den feinen Kies radelte, waren es aber die Obdachlosen, denen ihre besondere Aufmerksamkeit galt.
Nachts ließen sie sich in den ruhigeren Ecken des Parks nieder und errichteten im Schutz der Dunkelheit ihre provisorischen Schlafplätze aus Decken, Plastiktüten und Pappkartons.
Jetzt, am frühen Morgen, wenn die ersten Sonnenstrahlen durch das dichte Blätterdach brachen, konnte man sie sehen, wie sie sich langsam von ihren nächtlichen Lagern erhoben. Einige bevorzugten die Bänke in der Nähe der großen Wiesen oder der ruhigen Teiche, wo sie ihre Habseligkeiten ordentlich verstaut hatten: alte Rucksäcke, zusammengerollte Schlafsäcke und manchmal sogar ein paar persönliche Gegenstände, die ihnen von ihrer früheren Existenz geblieben waren.
Am Rand der riesigen Grünfläche, der