Galaxy of Shadows - Das Erwachen der Finsternis - Dan Adams - E-Book

Galaxy of Shadows - Das Erwachen der Finsternis E-Book

Dan Adams

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Beschreibung

Ein vergessener Feind kehrt zurück, um die Galaxis zu unterwerfen!

Kaylah Daar hat einen Plan: Mit dem Reichtum ihres kriminellen Vaters will sie den Kampf der Q’rai gegen die Mankrii unterstützen. Ihr Partner Dag folgt ihr nur widerwillig. Aber was bleibt ihm anderes übrig? Er liebt sie. Währenddessen fliegt seine Schwester Tess nach New Freedom, der Hauptstadt der Konföderation, um die schockierende Wahrheit über die Mankrii bekannt zu machen. Doch wird man ihr glauben? Falls nicht, droht ihr eine lebenslange Gefängnisstrafe ... Viel zu spät erkennen die Verbündeten, welche Rolle die Q’rai und vor allem die junge Telepathin Thatt’Dau in der Verschwörung spielen, die die Grundfesten der Konföderation erschüttern und Millionen Leben zerstören könnte.

Galaxy of Shadows - die neue epische Space-Opera-Trilogie von Dan Adams!

Die anderen Bände:

1. Die graue Zone

3. Im Schatten der Hoffnung

eBooks von beTHRILLED - mörderisch gute Unterhaltung!

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Was bisher geschah

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Kapitel 36

Kapitel 37

Kapitel 38

Kapitel 39

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

 

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Über dieses Buch

Ein vergessener Feind kehrt zurück, um die Galaxis zu unterwerfen!

Kaylah Daar hat einen Plan: Mit dem Reichtum ihres kriminellen Vaters will sie den Kampf der Q’rai gegen die Mankrii unterstützen. Ihr Partner Dag folgt ihr nur widerwillig. Aber was bleibt ihm anderes übrig? Er liebt sie. Währenddessen fliegt seine Schwester Tess nach New Freedom, der Hauptstadt der Konföderation, um die schockierende Wahrheit über die Mankrii bekannt zu machen. Doch wird man ihr glauben? Falls nicht, droht ihr eine lebenslange Gefängnisstrafe … Viel zu spät erkennen die Verbündeten, welche Rolle die Q’rai und vor allem die junge Telepathin Thatt’Dau in der Verschwörung spielen, die die Grundfesten der Konföderation erschüttern und Millionen Leben zerstören könnte.

DAN ADAMS

DAS ERWACHENDER FINSTERNIS

Science-Fiction

Was bisher geschah

Dag Peyda ist ein Dieb und Einbrecher, der mit krummen Geschäften seinen Lebensunterhalt verdient. Dabei muss er aufpassen, dass er nicht die Aufmerksamkeit der Konföderation auf sich zieht. Diese versucht in der Galaxie für Ordnung zu sorgen, was zunehmend schwieriger wird, da eine neue Spezies aufgetaucht ist: die Mankrii. Sie verbreiten überall Angst und Schrecken, da sie scheinbar aus dem Nichts auftauchen, Planeten und Raumschiffe überfallen und besonders grausam und unerschrocken kämpfen.

Dag erhält den Auftrag, Kaylah, die gekidnappte Tochter des Gangsterbosses Gavan Daar, zu befreien. Beide verbindet eine gemeinsame Vergangenheit.

Die Aktion gelingt, wenn auch mit einigen Schwierigkeiten.

Bei der Flucht geraten sie zusammen mit Dags Helfer Guus an den Rand der grauen Zone, eines kaum erforschten Nebels, wo sie von den Mankrii angegriffen werden.

Das Schiff wird abgeschossen, und sie stürzen auf einem Planeten ab, der auf keiner Sternenkarte verzeichnet ist.

Dort begegnen sie Att’Khur, einer Q’rai, die in einer geheimen Mankrii-Basis gefangen gehalten wurde.

Von ihr erfahren Dag und Kaylah, dass es noch unzählige weitere Leidensgenossinnen gibt, die Att’Khur nicht ihrem Schicksal überlassen will.

An Bord eines gekaperten Frachters gelingt ihnen schließlich die Flucht. Seltsamerweise werden sie weder verfolgt, noch wird auf sie geschossen. Den Grund dafür entdecken sie im Laderaum, in dem sie einen Cryosarg mit einer schlafenden Telepathin vorfinden. Doch sie ist mehr als das. Sie ist eine »Erste«, eine Telepathin, die alle anderen kontrollieren kann.

Seit dem Ende der Telepathenkriege vor dreihundert Jahren, die ein mächtiger Telepath namens Rhutt’Nakat initiiert hat, werden sie gehasst und gefürchtet.

Dag ahnt den Ärger voraus, und er soll recht behalten. Die Mankrii finden sie und holen sich das Mädchen zurück. Dabei gehen sie über Leichen, Dag und seinen Gefährten gelingt nur knapp die Flucht. Angeführt werden die Mankrii von einem Mann, der Dags Schwester vor langer Zeit hintergangen und sie in ein gesetzloses Leben gezwungen hat.

Diese will sich rächen und ihn der Konföderation ausliefern, damit sie wieder rehabilitiert wird. Daher schließt sie sich ihrem Bruder und Keylah an, die nach Rav’Kathor fliegen, der Heimatwelt der Q’rai.

Dort trifft Att’Khur auf ihr Volk. Sie erzählt ihm ihre Geschichte und von ihrem Vorhaben, die Gefangenen zu befreien.

Es gelingt ihr, die Anführer zu überzeugen, die daraufhin die Kämpfer ihrer Clans versammeln.

Gemeinsam fliegen sie in die graue Zone und überfallen die Mankrii-Basis, die nach schweren Verlusten erobert werden kann.

Sie befreien die Gefangenen und gelangen zu der Erkenntnis, dass fanatische Q’rai hinter den Überfällen der Mankrii stecken.

Das weckt in allen die Befürchtung, dass Rhutt’Nakat, der Kriegsherr, nach dreihundert Jahren zurückkehren könnte, um die Galaxie ein weiteres Mal in Krieg und Terror zu stürzen. Att’Khur ahnt, dass die junge Telepathin der Schlüssel dazu sein könnte …

Kapitel 1

Dag roch den Rauch der Kerzen, die überall in den Gängen des weitläufigen Höhlensystems brannten. Er fühlte sich erschlagen und todmüde, er hätte tagelang geschlafen, wenn er es denn gekonnt hätte. So schlich er durch die Gänge wie ein Schatten seiner selbst und lauschte den Totengesängen der Q’rai, die selbst in der Nacht nicht abebbten.

Vor drei Tagen waren sie an Bord der Drathos nach Rav’Kathor zurückgekehrt.

Trotz des Sieges über die Mankrii herrschte eine düstere Stimmung.

Der Blutzoll war hoch gewesen. Dag war noch immer verwundert, dass er das Ganze unverletzt überstanden hatte. Die Bilder der Schlacht allerdings würde er so bald nicht wieder vergessen können. Den Rauch, das Feuer, die vielen Toten.

Auch wenn Dag die Worte nicht verstand, die in den Gängen, Sälen und Kavernen gesungen wurden, so hatten sie neben all der Traurigkeit auch etwas Tröstliches, wie die Gewissheit, dass es nicht umsonst gewesen war. Sie hatten Att’Khurs Leidensgenossinnen befreien können und die Mankrii-Basis dem Erdboden gleichgemacht. Ob die verschlüsselten Informationen, die ihnen dabei in die Hände gefallen waren, etwas taugten, wollte Tess herausfinden. Aber dazu musste sie nach Angon fliegen, in die Hauptstadt New Freedom. Für jemanden, der von der Konföderation gesucht wurde, der denkbar schlechteste Ort. Dass dieser Fremde – Nolan Skroker – ihr dabei helfen wollte, konnte Dag auch nicht beruhigen. Er wusste nicht warum, Skroker hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, aber Dag misstraute ihm. Vielleicht war das auch nur seiner Paranoia geschuldet, denn wenn er ehrlich zu sich war, traute er außer Kaylah kaum jemandem. Bei dem Gedanken an sie musste er lächeln. Was hatte er nicht alles riskiert, um sie zu beschützen, oder war es andersherum, hatte sie vielmehr ihn beschützt? Auf jeden Fall hatte er sich wegen ihr in Abenteuer gestürzt, um die er früher einen großen Bogen gemacht hätte.

Er kehrte von seinem Spaziergang in ihr gemeinsames Quartier zurück. Leise, denn Kaylah schlief. Er zog sich aus, setzte sich an den Rand des heißen Beckens und ließ die Beine ins Wasser baumeln.

Während er dem Dampf zusah, der über dem Wasser schwebte, versank er ein weiteres Mal in seinen Gedanken.

»Woran denkst du?«

Er erschrak. Kaylah war, ohne dass er es gemerkt hatte, aus dem Bett geklettert und hatte sich hinter ihn gekniet. Sie legte die Hände auf seine Schultern. Die Berührung fühlte sich kühl an. »Du bist ja ganz verspannt«, sagte sie und begann ihn zu massieren.

Dabei strich ihr Atem seinen Nacken entlang, was ihm eine angenehme Gänsehaut bescherte.

»Willst du nicht reden?«, flüsterte sie.

»Es ist nichts. Nur das Übliche.«

»Ich träume auch davon.«

»Hört das irgendwann mal wieder auf?«

»Weiß nicht.« Sie küsste seinen Nacken und begann an seinem Ohr zu knabbern. Sie glitt um ihn herum, bis sich ihre Nasenspitzen berührten. Dann küssten sie sich.

Doch Dag war nicht recht bei der Sache und Kaylah sah ihn verwirrt an. »Was ist? Willst du nicht?«

»Doch … schon.«

»Aber?«

Aus einer hilflosen Geste heraus begann er ihr kupferrotes Haar zu streicheln. »Es ist wegen Tess. Sie will morgen nach Angon aufbrechen … und ich frage mich, ob das eine gute Idee ist.«

»Sie hat sich entschieden, und ich glaube, es ist egal, was du sagst, du wirst sie nicht umstimmen können.«

»Nein, sie ist stur. Darum habe ich darüber nachgedacht, ob ich mit ihr gehen soll.«

Kaylah nahm die Arme von seinem Hals und setzte sich mit angewinkelten Beinen neben ihn an den Beckenrand. »Hast du sie gefragt?«

»Noch nicht.« Er wandte Kaylah den Blick zu. »Würdest du mitkommen?«

Ihre Antwort kam nicht sofort, und es versetzte ihm einen Stich, als sie den Kopf schüttelte. »Nein.«

»Oh!« Er klang überrascht und enttäuscht.

»Ich habe auch viel nachgedacht.«

»Worüber?«

»Wie’s weitergeht.«

Er schwieg, wartete. Ihm wurde heiß und kalt.

»Die Q’rai werden den Kampf gegen die Mankrii fortsetzen. Vielleicht wird die Konföderation irgendwann aufwachen und auch was tun, aber darauf werden sie nicht warten. Nur werden sie keine Chance haben, nicht so.«

»Wie meinst du das?«

»Es fehlt ihnen an allem, Schiffen, Waffen, Ausrüstung und Kämpfern.«

»Und du willst das ändern?«

»Zumindest weiß ich jetzt, was ich tun kann.«

»Aha? Was denn?«

Sie grinste so böse, wie Dag es nur selten bei ihr gesehen hatte.

»Ich werde meinen Bruder da treffen, wo es ihm wirklich wehtut. Ich hole mir das Geld meiner Familie und alles, was irgendeinen Wert hat.«

»Dann hast du also was gefunden, mit dem du Draydan schaden kannst.«

Kaylah nickte eifrig.

»Das schaffst du aber nicht allein.«

»Stimmt. Darum habe ich mit Crea gesprochen. Sie ist dabei.«

»Du sprichst lieber zuerst mit einer Piratin über so was, als mit mir?«

»Sei nicht böse.«

»Ich bin nicht böse, nur … ein bisschen enttäuscht. Ich hatte gedacht, wir beide, wir … ach vergiss es.«

Kaylah strich ihm über die Wange. »Es hatte sich so ergeben. Außerdem brauche ich die Drathos und ihre Piloten, wenn alles klappt.«

»Du hast ja anscheinend schon einen Plan. Erzählst du mir davon, oder ist der geheim?« Er bemühte sich umsonst darum, nicht beleidigt zu klingen.

»Ach, Dag, jetzt sieh mich nicht so an, ich hätte es dir schon noch erzählt.«

»Na dann los. Ich bin da, du bist da. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt.«

Sie seufzte. »Ich fliege mit Crea nach Cemparé und treffe mich mit Yafneth ith Faar.«

»Diesem Gangster? Den wolltest du doch schon auf Nolis-Cappa treffen.«

»Nicht ihn persönlich, nur einen seiner Männer. Aber dann kamen uns ja die Mankrii dazwischen.«

»Und was willst du von ihm?«, fragte Dag.

»Informationen und Unterstützung.«

»Dafür wird er was haben wollen.«

»Ich bezahl ihn natürlich. Mit dem Geld meiner Familie.«

»Das du noch nicht hast.«

»Dafür brauche ich ihn ja.«

Dag schüttelte den Kopf. »Klingt ziemlich wackelig.«

»Nicht unbedingt. Yafneth und mein Vater waren Freunde.«

»Du weißt schon, dass das in diesen Kreisen nicht unbedingt viel bedeuten muss.«

Kaylah furchte die Stirn. »Das ist schon richtig, aber Yafneth hat der Tod meines Vaters sehr getroffen. Das konnte ich ihm anhören. Außerdem ist er ein Katt-Pari. Wenn wir ihn dazu bringen, uns zu helfen, und er gibt uns sein Wort, dann wird er sich auch daran halten.«

»Abwarten.«

»Einen Versuch ist es wert. Crea sieht das genauso.«

»Na, wenn sie das so sieht. Dann kann ja gar nichts mehr schiefgehen.«

»Dag!«

»Schon gut. Ich denk ja nur laut. Dir ist hoffentlich klar, dass es Aufmerksamkeit erregt, wenn du mit dem Schlachtkreuzer einer gesuchten Piratin vor Cemparé auftauchst?«

»Natürlich.« Sie beugte sich vor, um ihm einen Kuss auf die Nase zu geben. »Ich habe an alles gedacht.«

Sie stand auf und ging zurück zum Bett. Ganz zufällig rutschte ihr dabei das Shirt, das sie als Nachthemd trug, von den Schultern und fiel zu Boden.

Nackt, wie sie nun war, streckte sie Dag die Arme entgegen und warf ihm diesen lustvollen Blick zu, der ihm jedes Mal durch und durch ging. »Da wir beide nicht schlafen können, lass uns doch was anderes machen und wir reden morgen weiter«, schlug sie vor.

Dag ließ sich nicht zweimal bitten. Sofort war er bei ihr und bedeckte ihren Hals mit stürmischen Küssen. Seine Hände gingen auf Wanderschaft.

»Du bist ganz nass.« Sie lachte kehlig, schloss die Augen und genoss es, wie seine Finger über ihre Haut tanzten.

Gleich darauf verschmolzen sie miteinander, küssten und liebten sich. Sorgen und böse Träume verschwanden, wenn auch nur für die Dauer einer sinnlichen Nacht.

Kapitel 2

Mit Anbruch des neuen Tages verstummten die Trauerlieder mit einem letzten gesummten Ton, dem eine gespenstische Stille folgte.

Am ersten Tag hatte sich Att’Khur dem Gesang angeschlossen, in dem Trauer und Freude gleichermaßen vorherrschten. Doch bereits am zweiten Tag hatte sie die Erkenntnis nicht mehr ausgehalten, dass es Rhutt’Nakats fanatische Anhänger gewesen waren, die sie und die anderen gequält hatten, um Mankrii zu erschaffen. Wie viele dieser Monster waren aus ihren Eizellen erwachsen? Hatte sie einen von ihnen getötet oder doch mehrere? Eine Antwort auf diese Frage fand sie nicht. Doch das Wissen, dass es Clans aus ihrem eigenen Volk gab, die ihnen diese schrecklichen Dinge angetan hatten, machte sie wütend und ließ sie gleichzeitig verzweifeln. In dreihundert Jahren hatte sich nichts geändert. Q’rai führten Krieg, gegen Q’rai. Das zu verinnerlichen, war ein schmerzhafter Prozess gewesen, aber es bestärkte sie darin, den eingeschlagenen Weg weiterzugehen und den Kampf fortzusetzen.

Endlich verstand sie auch die Bedeutung, die Thatt’Dau für ihre Feinde hatte. Das Mädchen war eine Erste, eine Telepathin, die alle anderen Telepathen kontrollieren konnte.

Was wäre, wenn Rhutt’Nakat überlebt hatte, auf welche Weise auch immer. Thatt’Dau wäre ein Geschenk für ihn. Aber was könnte er ihr antun? Att’Khur malte sich die schlimmsten Dinge aus, in denen Thatt’Dau unvorstellbare Qualen erleiden musste. Sie musste sie unbedingt finden, doch wo sollte sie nach ihr suchen? Vielleicht dort, wohin man Rhutt’Nakat nach seiner Niederlage gebracht hatte. Doch welcher Ort war das? Das Wissen darüber war mit den drei Jahrhunderten verloren gegangen. Gab es noch Wächter, die dafür sorgten, dass er in Gefangenschaft blieb?

Fragen für die Gegenwart, deren Antworten sie in der Vergangenheit zu finden hoffte.

Nun stand sie in dem weiten Tal, das den Q’rai als provisorisches Landefeld diente. Rundherum erhoben sich zerklüftete Felswände.

In der Ferne stürzten Wasserfälle in tosenden Kaskaden in einen großen See, über den sich ein schimmernder Regenbogen spannte. Weiter dahinter glühten die Schlote uralter Vulkane.

Über dem Tal schwebte die Drathos, die ihren mächtigen Schatten auf das Landefeld warf.

Tess’ Banshee, einige Transporter und ein paar Jäger standen dort. Viele waren nach der Schlacht nicht übrig geblieben, und die wenigen hatten fast alle Schäden davongetragen, die in aller Eile repariert wurden.

Guus, der alte Mechaniker, und Riff, der hüftlahme Wartungsroboter, halfen nach Kräften mit.

Guus’ anfängliche Verachtung gegenüber den Q’rai hatte sich in Respekt vor ihrer Tüchtigkeit und ihrer Bereitschaft zu lernen gewandelt.

Als er Att’Khur bemerkte, fuhr er sich mit der Hand durch den Bart, in dem Ölflecken schimmerten. Er ging zu ihr.

Riff stampfte ihm nach, wobei seine kastenartigen Füße tiefe Abdrücke in dem weichen Boden hinterließen.

»Ich bin fertig«, sagte Guus und zeigte auf einen Atmosphärengleiter, der abseits der anderen Schiffe stand und dabei den Eindruck erweckte, jeden Moment auseinanderfallen zu müssen. Sie hatten ihn in einem der Hangars unter Planen versteckt gefunden. Schlingpflanzen, eingedrungenes Wasser und der Zahn der Zeit hatten ihm übel zugesetzt. Guus hatte getan, was er konnte.

»Wird es durchhalten?«, fragte Att’Khur, in deren Miene sich kein Muskel regte. Dafür verriet die farbliche Veränderung ihrer Haut Skepsis.

»Es fliegt, aber ich habe keine Ahnung, wie lange. Ich habe ein paar Systeme ausgetauscht, Kontakte erneuert, poröse Schläuche gewechselt, ein paar Updates gemacht und vollgetankt. Ehrlich gesagt, wundert es mich, dass es nicht überall wieder rausläuft.«

»Ich habe auch geholfen. Ich habe Nähte geschweißt und rostige Stellen ersetzt«, fügte Riff hinzu.

»Das hast du toll gemacht. Guter Roboter.« Guus tätschelte ihm den klobigen Kopf.

»Und was ist mit den Rissen in der Glaskanzel?«, fragte Att’Khur.

»Die konnte ich nicht ersetzen, nur kleben. Wird schon halten.« Guus kreuzte die Finger. »Sonst wird’s halt ein bisschen zugig. Wird’s denn ’n langer Flug?«

»Fünf Stunden. Mit dem Ding da vielleicht länger.« Die Stimme kam aus dem Höhleneingang und gehörte En’ath, der Schwertsängerin der Nuro. Sie trug zwei Klingen gekreuzt auf dem Rücken und zwei Pistolen an den Hüften. Mit geschultertem Rucksack gesellte sie sich zu ihnen.

Guus kratzte sich am schütteren Hinterkopf. »Wir haben getan, was wir konnten. Mehr ist in der kurzen Zeit eben nicht drin gewesen.«

»Ihr habt gute Arbeit geleistet«, beschwichtigte ihn Att’Khur.

Guus grummelte und fragte dann: »Wie heißt das noch mal, wo ihr hinwollt?«

»Der Tempel der Erinnerungen«, sagte Riff zur Überraschung aller. »Ich habe zugehört«, sagte er stolz. »Auch wenn ich es nicht verstanden habe.«

»Wenn ich dir was erkläre, muss ich es auch mindestens zweimal sagen«, beschwerte sich Guus. »Und dann machst du es immer noch nicht richtig.«

»Nur weil Sie dann laut werden, heißt das nicht, dass Ihre Vorgehensweise die richtige ist.«

»Mhhh. Sturer Roboter.«

»Sturer Mensch.«

»Können wir los? Harda’Ri und die anderen wissen Bescheid«, sagte die Schwertsängerin, wobei sie auf den Atmosphärengleiter wies. »Funktionieren die Bordwaffen?«

»Du machst mir ja Spaß. Kannst froh sein, dass ich das Ding überhaupt wieder hinbekommen habe. Erwartet ihr denn Widerstand?«

»Man kann nie wissen.« Att’Khur nahm ihr Gepäck, schulterte das Gewehr und ging los. »Danke!«

»Fliegt keine wilden Manöver, dann wird das Schätzchen schon halten.«

Der Atmosphärengleiter gehörte zur Kategorie Scoutflügler. Gebaut für die Erkundung von unbekanntem Terrain. Unauffällig, klein und leise. Komfort gehörte nicht zur Ausstattung. Das Cockpit war für zwei Piloten fast zu eng, und der niedrige Ladebereich war kaum lang genug, um sich darin auszustrecken.

Att’Khur befestigte den Sack in einer Netzhalterung an der Steuerbordwand. Darin befanden sich Notrationen, Medizin, Kochutensilien und ein Schlafsack.

En’ath tat es ihr nach. Gleich darauf schloss sich das runde Schott, durch das sie sich hineingezwängt hatten, und die Triebwerke sprangen an.

Att’Khur quetschte sich auf den Sitz des Piloten und schnallte sich an. Alles wackelte, knirschte, und aus den Belüftungsschlitzen flogen Staub, vertrocknete Blätter und Käferüberbleibsel.

Die Schwertsängerin musste ihre Waffen ablegen, um überhaupt ins Cockpit zu passen.

Als sie sich Schulter an Schulter berührten, fragte Att’Khur: »Denkst du, wir werden im Tempel etwas über Rhutt’Nakat erfahren?«

»Ich wüsste keinen anderen Ort.«

»Existiert der Tempel überhaupt noch?«

»Ich weiß nur, wo er sein soll. Alles andere müssen wir herausfinden.«

Att’Khur erhöhte den Schub auf die Landedüsen. Zündaussetzer ließen die Triebwerke stottern und spien schwarzen Rauch aus.

Sie sah aus dem Cockpit. Guus stand beim Eingang in die Höhlen und drückte die Daumen.

Dag und Kaylah, seine Schwester und sein Vater waren hinzugekommen, um gemeinsam zuzusehen, wie der Scoutflügler abhob, langsam an Höhe gewann, auf der Stelle drehte und dann nach Osten davonflog.

Als das Schiff nur noch ein winziger Punkt am Horizont war, tat Tess einen Seufzer. »Ich denke, für uns wird es auch Zeit aufzubrechen.«

»Kann ich dich kurz sprechen?« Dag nahm sie zur Seite und ging ein paar Schritte mit ihr, bis die anderen sie nicht mehr hören konnten. »Ich halte es immer noch für keine gute Idee, dass du nach New Freedom fliegst. Wenn sie dir nicht zuhören, oder nicht glauben, sperren die dich ein.«

»Das weiß ich. Aber ich bin es leid, mich in irgendwelchen Löchern zu verkriechen. Das ist eine gute Chance, mein altes Leben zurückzubekommen. Ich wäre dumm, wenn ich sie nicht ergreifen würde.«

»Das versteh ich ja auch, aber was ist, wenn die Informationen nichts taugen, die du in der Mankrii-Basis gefunden hast?«

»Dann habe ich immer noch den Fötus, den du auf der Banshee eingefroren hast. Der wird den Geheimdienst bestimmt interessieren. Außerdem kann Skroker unsere Geschichte bestätigen.«

Dag schüttelte den Kopf. »Ich trau ihm nicht.«

»Ich bin vorsichtig.«

»Vielleicht sollte ich mitkommen.«

Zum ersten Mal lächelte sie. »So selbstlos kenn ich dich gar nicht.«

»Du bist meine Schwester. Ich will nicht, dass dir was passiert.«

»Danke für das Angebot, aber nein danke. Du weißt, wie das enden würde. Wir würden nur streiten. Wie immer. Und am Ende bin ich es, die auf dich aufpassen muss.«

Sie hatte recht, was Dag nicht leugnen konnte.

Tess fasste ihn am Arm und sah zu Kaylah. »Dein Platz ist bei ihr. Ihr passt gut zusammen. Außerdem wird sie deine Hilfe brauchen bei dem, was sie vorhat.«

»Sie hat’s dir erzählt?«

Tess nickte. »Ich mag sie. Sie ist härter, als sie aussieht, und sie weiß, was sie will. Nur über ihren Geschmack bei Männern lässt sich streiten.«

»Haha! Sehr witzig.« Mit einem Seufzen ließ Dag die Schultern hängen. »Ich fürchte, ich liebe sie.«

»Das ist doch was Gutes. Zieh nicht so ein Gesicht.«

»Was denn für eins?«

»Dieses ›Ich weiß nicht, ob das was für mich ist‹-Gesicht.«

»Hm«, machte Dag, der versuchte, seine Mimik unter Kontrolle zu bringen.

»Das hätte ich nicht gedacht«, sagte Tess.

»Was?«

»Dass du mal jemand anderen liebst als dich selbst.« Sie grinste, und Dag grinste mit.

Dann wurde er ernst und fragte: »Fliegt Vater mit dir?«

»Ja. Ich wollte, dass er hierbleibt, aber er ist nur sauer geworden, als ich es ihm vorgeschlagen habe. Seine Geheimdienstzeit ist zwar schon lange vorbei, aber er kennt wohl noch ein paar Leute in New Freedom. Plan B sozusagen. Nur für den Fall, dass was schieflaufen sollte.« Tess ließ seinen Arm los. »Hast du inzwischen mit ihm geredet?«

»Wir haben uns nichts zu sagen.« Sofort lag eine Härte in Dags Stimme, die er nur hatte, wenn es um seinen Vater ging.

»Wie du meinst. Es ist deine Entscheidung«, sagte Tess nur.

»Vielleicht irgendwann mal, wenn alles vorbei ist. Dann rede ich mit ihm.«

»Wenn es dann nicht zu spät ist.«

Dag schwieg, und Tess sagte: »Manchmal bist du immer noch ein sturer kleiner Junge.«

»Anders als du vergesse ich manche Sachen eben nicht.«

Mit einem wortlosen Nicken nahm Tess es hin und wandte sich von ihm ab. »Pass auf dich auf.« Dann ging sie. Dag hockte sich auf einen Stein und sah ihr nach. »Du auch«, flüsterte er. Vielleicht war doch mehr von dem sturen Jungen in ihm, als er sich selbst eingestehen wollte. Aber er wollte seinem Vater nicht vergeben. Er war nicht da gewesen, als ihre Mutter starb. Er hatte sich nicht um sie gekümmert, ihr nicht beigestanden in den letzten Stunden, sondern lieber in einer Bar gesoffen. Sie war ihm egal gewesen. Dag war ihm egal gewesen. Er gab seinem Vater die Schuld daran, was aus ihm geworden war. Tess war älter als er, sie hatte ein anderes Leben gewählt. Und sie konnte vielleicht vergessen und verzeihen, er aber nicht.

Er sah auf, als Skroker aus den Höhlen kam, ihm kurz zunickte und ebenfalls an Bord ging.

Die Positionslichter der Banshee sprangen an, und die Maschinen liefen warm. Dag beobachtete Tess und seinen Vater im Cockpit, das im Schein zahlloser Kontrolllampen erstrahlte.

Tess winkte ihm zu, er hob den Arm und lächelte schmal.

Die Schubdüsen wirbelten Dreck auf und rissen Grasbüschel aus der Erde. Das Tosen der Triebwerke fand sein Echo in den Bergen.

Kaylah kam zu Dag, stellte sich hinter ihn und legte ihre Arme um seinen Hals. Der Wind aus den Triebwerken zerzauste ihr das kupferrote Haar. Kleine Äste und abgerissenes Blattwerk verfingen sich darin. Sie sagte etwas, das im Tosen unterging.

Erst als die Banshee an Höhe gewonnen hatte und es leiser wurde, konnte er sie verstehen. »Du bist also nicht mitgeflogen.«

»Offensichtlich nicht.«

»Hast du sie überhaupt gefragt?«

»Sie wollte mich nicht dabeihaben.«

Der Transporter beschleunigte und schoss in die Höhe, vorbei an den Berggraten. Luftverwirbelungen bildeten sich am Heck. Kurz darauf passierte die Banshee die Drathos, bevor sie in die Wolken eintauchte, um darin zu verschwinden.

Dag nahm Kaylahs Hand und kreuzte zärtlich seine Finger mit ihren. »Tess meinte, ich wäre besser bei dir aufgehoben.«

»Es freut mich, dass sie das so sieht. Ich sehe das nämlich genauso.« Kaylah küsste ihn auf den Mund. Dag hätte sie stundenlang küssen können, doch nach einem viel zu schnellen Moment löste sie sich von ihm. »Crea will bald los.«

»Lass uns doch einfach hierbleiben. Ist gerade so friedlich.«

»Dag.«

»Ja, ja. Ich weiß, das geht nicht. Aber bevor wir uns Hals über Kopf in ein neues Abenteuer stürzen, hätte ich eine Idee, womit wir uns die Zeit vertreiben könnten, bis wir aufbrechen.« Er zwinkerte vielsagend, und Kaylah musste schmunzeln.

Kapitel 3

Ein Großteil von Apella lag unter kilometerdicken Eisschichten verborgen. Nur in der Nähe des Äquators gab es freies Land und Platz für Infrastruktur.

Brist O’Conn mochte Apella nicht, und doch war es der Planet, den er in der Koba-Sigma-Triskele am häufigsten besuchte.

Meist war es geschäftlich gewesen, nun aber war es etwas Persönliches, was ihn herführte. Elson, sein langjähriger Auftraggeber, hatte ihn hintergangen und einer Anfängerin den Auftrag gegeben, ihn zu töten. Sie hieß Lana o Kendris.

Erst jetzt, beim Anflug auf Apella, hatte er ihr die Steuerung überlassen. Die restliche Zeit über hatte er sie in ein Quartier gesperrt und von Natta Mey bewachen lassen. Doch nun saß er neben Lana und zielte mit dem Blaster auf sie.

»Sag bloß nichts, Dummes, wenn sie uns anfunken«, warnte er sie.

Lana warf ihm einen bösen Blick zu, den er mit einem kalten Grinsen abtat.

Auf dem Nav-Computer erschienen Planquadrate, in welche die bewohnbaren Gegenden von Apella eingeteilt wurden. Zu jedem gehörte ein Anflugvektor, von denen Lana den westlichsten ansteuerte.

Kaum hatte das Schiff den Vektorenrand überschritten, meldete sich die Flugkontrolle. »Wir haben sie jetzt auf unseren Schirmen. Bitte um Übermittlung der Kennung.«

Lana drückte ein paar Tasten. »Übertragung erfolgt.«

»Wir überprüfen das. Stand-by.«

Eine halbe Minute verstrich, dann meldete sich die Flugkontrolle erneut. »Kennung ist registriert. Status Grün. Herzlich willkommen auf Apella! Bitte nennen Sie uns Ihr Ziel.«

»Raumhafen Lakosh.«

»Verstanden. Wir senden Anflugdaten und informieren den Tower.«

»Danke, Flugkontrolle.«

Eine gestrichelte grüne Linie innerhalb des Anflugvektors wies die zu fliegende Route aus.

»Sehr gut gemacht«, lobte Brist, der entspannt die Beine ausstreckte. »Sag mal. Wie lebt Elson eigentlich so?«

»Woher soll ich das wissen? Ich war nie bei ihm zu Hause.«

»Lügst du mich auch nicht an?«

Hinter ihrer Stirn ging irgendetwas etwas vor, sie dachte angestrengt nach, er konnte es ihr ansehen. »Wieso fragen Sie?« Ihre Stimme zitterte.

Brist ließ sie etwas zappeln, bis er mit seinem Wissen rausrückte. »Während wir unterwegs waren, hatte ich Zeit, den Schiffscomputer zu checken. Flugrouten, Navdaten, eingegangene Nachrichten, ausgegangene Nachrichten. Wusstest du eigentlich, dass es gar nicht schwierig ist, gelöschte Nachrichten zu rekonstruieren, wenn man weiß, was man tun muss?«

Sie schüttelte den Kopf.

Er lachte. »In unserem Job ist es gut, so was schnell zu lernen.«

Lana schluckte und richtete den Blick auf den Blaster, den Brist etwas anhob, um damit auf ihren Kopf zu zielen. »Du hättest ruhig sagen können, dass Elson dein Vater ist.«

»Hätte das was geändert?«

»Weiß nicht, wahrscheinlich nicht. Ich bin nur verwundert, dass er dich mit ausrangierten Robotern ausstattet, um mich und Natta Mey zur Strecke zu bringen. Ich hätte gedacht, wenn er seine Tochter losschickt, dann wäre ihm ihre Sicherheit wichtiger. Da hab ich mich wohl geirrt. Oder warst du so überheblich und hast geglaubt, du schaffst das schon?«

»Er meinte, Sie würden ihm vertrauen und es wäre ein Kinderspiel.«

»Wirklich? Und ich dachte, Elson würde mich besser kennen.«

»Wollen Sie mich jetzt töten?«

»Nein. Lebendig bist du viel wertvoller für mich. Sobald wir gelandet sind, bringst du mich zu deinem Vater.«

Sie setzte zu Widerspruch an, den Brist gleich unterband. »Keine Widerrede, oder ich überlasse dich Natta Mey. Die würde dir Schlimmeres antun, als dich nur zu töten.«

Das Schiff trat in die Atmosphäre ein. Flammen umhüllten das Cockpit. Die Temperaturanzeige stieg sprunghaft an, die Wärmetauscher begannen zu arbeiten.

Kaum hatten sie die unsichtbare Barriere passiert, breitete sich vor ihnen der Eispanzer von Apella aus. Im roten Licht von Yuna funkelte seine Oberfläche wie Blutdiamanten.

Der Autopilot folgte der vorgegebenen Route, und schon bald darauf tauchten unter ihnen Felsformationen und Gebäudestrukturen auf. Aus Schornsteinen und aus Thermalkraftwerken, die über kilometerlange Röhrenleitungen miteinander verbunden waren, stiegen gewaltige Dampfwolken auf. Transporter und Frachtgleiter folgten vorgegebenen Routen und reihten sich dabei dicht an dicht aneinander.

Kurz darauf sprang der Funk an, und eine computerisierte Stimme verkündete, dass die Steuerung übernommen und der automatische Landeanflug eingeleitet wurde.

Zehn Minuten später näherten sie sich Lakosh City. Die Stadt besaß keine Türme oder hohen Gebäude. Die Häuser ähnelten übereinandergestapelten Betonwürfeln, die über Gangways und überdachte Brücken miteinander verbunden waren.

Die Stadt umgab eine zehn Meter hohe Mauer, da im Winter das Eis bis an den Rand von Lakosh City heranwuchs.

Der Raumhafen lag erhöht auf einem künstlichen Hügel. Eine Gondelbahn führte zu einem Terminal in der Mitte der Stadt hinunter.

Lana musste nichts tun, um das Schiff zu landen, das übernahm die automatische Fernsteuerung des Towers.

Mit einem Ruck war es still, als die Triebwerke abgeschaltet wurden.

»Da wären wir also«, sagte Brist, der mit einem Kopfnicken aus dem Cockpit wies. »Du gehst vor. Und mach nichts Falsches, ich bin knapp hinter dir.«

Natta Mey wartete an der Rampe auf sie. Sie hatte den roten Kapuzenumhang gegen einen unauffälligen Mantel mit Pelzkragen getauscht, in dem ihre schlanke Gestalt vollständig versank. Sogar ihr Schwert fand darunter Platz, ohne sichtbar zu sein.

Für Brist mussten ein Umhang und eine gepolsterte Mütze als Tarnung reichen. Beides hatte er in Elsons Spind gefunden.

Sie verließen das Schiff und nahmen eine der Gondeln in die Innenstadt.

Auch wenn die Stadt im eisfreien Gürtel von Apella lag, kletterten die Temperaturen doch nur knapp über null. Ein kalter Wind zerrte an der Gondel und wehte pfeifend durch die engen Straßen.

Nach fünf Minuten erreichte die Gondel das Terminal, in dem kaum etwas los war. Lediglich ein paar Reisende und ein paar Angestellte befanden sich hier. Aus den Lautsprechern drang Musik. Eine Kehrmaschine fuhr herum und polierte den Boden auf Hochglanz.

An den Checkpoints bei den Ein- und Ausgängen standen Wachen in den grauen Uniformen der Konföderation. Sie sorgten dafür, dass das Kaiserreich seinen horrenden Reparationszahlungen nach dem verlorenen Krieg auch nachkam.

Lakosh gehörte nicht zu den Haupthandelsplätzen, dementsprechend entspannt sahen die Soldaten ihre Aufgabe.

Keiner schenkte den dreien einen Blick, als sie durch die breiten Türen auf den Vorplatz hinaustraten.

In dessen Mitte stand eine Statue von Kaiserin Neyhanma ann Kaylamee aus feinstem weißem Marmor. Sie trug ein weich fließendes Kleid, das die Arme unbedeckt ließ, die sie zum Himmel erhoben hatte. Ihren Kopf umhüllte eine kunstvoll geformte Maske, ähnlich der, die sie am Tag ihrer Krönung getragen hatte. Niemand außerhalb der Palastmauern kannte ihr Gesicht. Ihren Vater hatte man in der Öffentlichkeit auch nie ohne Maske gesehen. Sie hatte diese Vorsichtsmaßnahme von ihm übernommen. Es diente dazu, Attentäter zu täuschen, denn oft nahm eine Stellvertreterin ihren Platz ein.

Im Schatten ihrer Statue standen einige autonom funktionierende Personentransporter.

Als sich die drei einem davon näherten, fuhren die Türen zur Seite, und sie stiegen ein.

Dabei wich Natta Mey ihrer Gefangenen nicht von der Seite und bedrohte sie mit einem Messer, das sie unter ihrem Mantel versteckt hielt.

»Bitte nennen Sie Ihr Ziel«, sagte das animierte Hologramm ihres Chauffeurs, das sich auf dem Fahrersitz zu ihnen umdrehte.

Zuerst sträubte sich Lana noch, doch ein warnender Blick aus Natta Meys tiefroten Augen brachte sie dazu, die Adresse zu verraten.

Die Türen schlossen sich, Brist bezahlte den geforderten Preis, und sie fuhren los.

Die Fahrt dauerte nur zehn Minuten, in denen kein Wort gesprochen wurde.

Die Gegend, in die sie kamen, unterschied sich durch nichts vom Rest der Stadt.

Bunkerartige graue Gebäude, deren Eintönigkeit nur von holografischen Werbetafeln und Neonschildern unterbrochen wurde.

»Da oben ist es«, sagte Lana mit gesenktem Blick und so leise, dass Brist es kaum hören konnte.

»Hier anhalten!«, befahl er.

Der Transporter stoppte vor einer Bar mit dem klangvollen Namen Hopes End, aus der gedämpfte Elektromusik drang.

Brist öffnete die Tür zum Bürgersteig. »Natta Mey, du bleibst hier. Wenn was schiefgehen sollte, brauche ich dich als Rückendeckung.«

Sie schaute ihn vorwurfsvoll an. Er lächelte. »Es reicht, wenn einer von uns in die Schlangengrube springt. Jetzt geh schon und behalte deinen Kommunikator im Auge.«

Mit einem Kopfnicken wies er auf Lana. »Ich pass auf sie auf. Wir sehen uns später.«

Zögernd stieg Natta Mey aus. Die Miene der stummen Inath-Ashni verriet gleichermaßen Wut wie Besorgnis. Brist schloss die Tür. Ihr Gesicht spiegelte sich auf dem Fensterglas.

Der Personentransporter fuhr weiter und folgte einer schmalen Straße, die links und rechts von Mauern eingefasst wurde. Brist sah Überwachungskameras. Elson würde also wissen, dass er kam, und er begann seinen Entschluss, durch die Vordertür zu gehen, infrage zu stellen. Nur gab es jetzt kein Zurück mehr, denn sie hatten ihr Ziel erreicht. Das Gebäude, vor dem sie anhielten, war größer als die in der Umgebung, unterschied sich in seiner Bauweise aber kaum von ihnen. Grauer Beton, schmale Fenster – eintönig. Für einen Mann wie Elson, der seine Geschäfte im Schatten tätigte, war Unauffälligkeit eine Frage der persönlichen Sicherheit.

»Los, raus!« Brist ließ Lana zuerst aussteigen, blieb aber dicht hinter ihr. Er sah sich um, Kameras, aber nirgendwo Wachen. Seine Anspannung wuchs, und er begann zu schwitzen.

Sie traten vor die Eingangstür, die sich automatisch öffnete.

»Kommt rein!« Eindeutig Elsons Stimme.

Brist schob das Mädchen wie einen Schild vor sich her, als sie ins Foyer traten. Links und rechts gab es Durchgänge zu weiteren Räumen. Geradeaus führte eine schmale Treppe zu einer Empore auf die nächste Etage.

»Ich bin oben!«, rief Elson. »Kommen Sie rauf, und wir reden.«

»Das können Sie vergessen. Los! Rauskommen!«

Ein kurzer, ereignisloser Moment verstrich, was Brist dazu veranlasste, über seinen nächsten Schritt nachzudenken, bis Elson schließlich auftauchte. Er hielt die Arme vom Körper weg. »Ich bin unbewaffnet.«

»Ich nicht.« Brist hob den Blaster und zielte auf ihn.

»Sie haben den weiten Weg nur auf sich genommen, um mich jetzt zu erschießen?«, fragte Elson.

»Das ist nur der Bonus. Zuerst will ich wissen, warum Sie mich hintergangen haben.«

»Nolis-Cappa! Muss ich noch mehr sagen? Sie rücken mit einer Armee an, man kann Ihr Gesicht erkennen, und dann lassen Sie auch noch Zeugen zurück. Das ist ziemlich unprofessionell. Sie werden gesucht. Das Kopfgeld ist hoch, und wenn man Sie erwischt, werden Sie reden. Und wer gerät dann in den Fokus? Ich als Ihr Kontaktmann. Das konnte ich doch nicht zulassen. Es steht zu viel für mich auf dem Spiel.«

»Diese Telepathin. Die Q’rai. Wer wollte sie haben?«

»Kann ich nicht sagen.«

Brist drückte ab und traf die Wand neben Elson. »Beim nächsten Mal schieße ich nicht daneben.«

»Ich kann’s Ihnen trotzdem nicht verraten. Ist geheim.«

Jetzt zielte Brist auf Elsons Kopf. »Sie hätten es mit mir zu Ende bringen können. Ihr Fehler war es, ein Kind zu schicken, um mich umzulegen.«

»Zuerst habe ich wirklich daran gedacht, sie töten zu lassen. Aber dann ist mir was eingefallen, bei dem Sie uns dienlicher sein könnten.«

Brist kniff die Augen zusammen und sah ihn fragend an. »Wovon reden Sie, verdammt noch mal?«

Statt zu antworten, tauschten Elson und seine Tochter einen Blick, den Brist nicht einordnen konnte, denn es lag keinerlei Emotion darin.

Irgendetwas ging vor sich, und er hatte keine Ahnung, was es war. Im nächsten Moment sollte er es erfahren. Mit einer Bewegung, die so schnell war, dass Brist sie nicht hatte kommen sehen, befreite sich Lana aus seinem Griff und schlug ihm den Blaster aus der Hand. Ein weiterer Schlag gegen die Brust ließ ihn gegen die Wand taumeln. Er bekam kaum noch Luft. Ein Tritt gegen die Beine brachte ihn endgültig zu Fall.

Lana stand über ihm, die Miene kalt wie Eis, keine Spur mehr von Todesangst.

»Ich … verdammter Dooner. Du bist ein Blutauge, und ich hab’s nicht bemerkt«, keuchte er atemlos.

Mit einem kurzen Zucken der Mundwinkel, das ein Lächeln andeutete, entfernte sie eine der Kontaktlinsen. Ein blaues und ein feuerrotes Auge starrten nun auf Brist herab.

»Wissen Sie, Sie waren immer so stolz auf Ihre Leibwächterin, da habe ich mir gedacht, wenn die so gut ist, könnte ich mir auch welche zulegen.« Elson schnippte mit den Fingern, und wie aus dem Nichts tauchten vier weitere rotäugige Gestalten auf. Manche trugen Klingen, andere versteckte Blaster an den Handgelenken, die mit einem Muskelzucken abgefeuert werden konnten. Ihre Gesichter verbargen sie hinter Halbmasken.

»Tarntechnik«, erklärte Elson. »Sie haben Sie nicht bemerkt, oder?«

»Nein.«

»Ist ganz neu. Wissen Sie, wenn’s um meine Sicherheit geht, spare ich neuerdings an nichts.«

»Anders als bei Ihren Robotern?«

»War es zu leicht? Ich wollte nicht, dass sie Sie aus Versehen töten.«

»Sie haben gewusst, dass ich kommen würde.«

»Auch wenn Sie es nicht glauben, aber Sie sind ziemlich durchschaubar. Das ist das Problem, wenn man sich lange kennt. Ich wusste, dass Sie das nicht auf sich sitzen lassen würden.«

»Und wozu war es gut, mir vorzugaukeln, die da wäre Ihre Tochter?«

»Eine falsche Fährte, ein Täuschungsmanöver, um Sie in Sicherheit zu wiegen.« Elson freute sich diebisch. »Und Sie sind drauf reingefallen.«

Brist spuckte aus, zum einen aus Verachtung, zum anderen, um den Blutgeschmack aus dem Mund zu bekommen. Er wollte aufstehen. Lana ballte die Fäuste.

»Lass ihn nur, aber bleib aufmerksam. Brist ist schlau. Meistens zumindest.«

»Er hat das Blutauge auf der Straße zurückgelassen. Zu seiner Rückendeckung«, sagte Lana.

»Mhh. Das ist ein Problem. Sie könnte gefährlich werden. Beseitigt sie!« Mit einem beiläufigen Fingerzeig wählte er drei seiner Assassinen aus. »Und bringt ihre Leiche ins Eis.«

Die drei machten sich auf den Weg.

Brist sah ihnen nach, als er sich nach Luft ringend an der Wand hinauftastete. Er musste Natta Mey warnen, dazu brauchte er den Kommunikator, der am Gürtel hing. Wenn er nur unbemerkt an ihn rankommen könnte.

Angreifen, ablenken, einen Schlag riskieren, das gab ihm vielleicht ein paar Sekunden. Die mussten genügen.

Er griff unvermittelt an, holte zum Faustschlag aus, stieß Lana gleichzeitig die Hand vor die Brust. Sie ergriff seinen Arm, verdrehte ihn schmerzhaft, zog ihn von den Beinen und schleuderte ihn quer durch das Foyer.

Noch im Fallen griff er nach dem Kommunikator. »Natta Mey! Hau ab, sie werden dich töten.« Er hatte es geschafft, bevor Lana bei ihm ankam und ihm die Faust so hart ins Gesicht schlug, dass seine Zähne aufeinanderkrachten und er Sterne sah.

Der Kommunikator entglitt ihm und zerbrach, als sie ihn unter ihren Stiefeln zertrat.

»Dreckstück.« Brist blutete, um ihn herum drehte sich alles, trotzdem versuchte er, sich auf sie zu stürzen, und lief doch nur in ihren nächsten Schlag, der ihn endgültig zu Boden schickte.

Elsons Gesicht schob sich in sein schwindendes Blickfeld. »Wir reden später weiter.« Auf sein Kopfnicken hin sorgte Lana dafür, dass es schwarz um ihn herum wurde.

Natta Mey hatte sich in die Schatten einer Seitenstraße zurückgezogen und beobachtete das Gebäude, als Brists Warnung sie erreichte.

Sie starrte auf den Kommunikator in ihrer Hand, der Funkkontakt war gleich darauf abgebrochen.

Im nächsten Moment bemerkte sie Bewegungen auf der Hauptstraße. Es glich einem verschwommenen Hitzeflimmern, nichts Greifbares, nichts, das sich identifizieren ließ. Wenn die Bewegung stoppte, verschwand auch das Flimmern. Natta Mey verstand, dass es sich dabei um einen Tarnmechanismus handeln musste und dass der, der ihn benutzte, gekommen war, um sie zu erledigen. Sie ging in die Hocke, atmete flach und zog ganz langsam das Schwert aus der Scheide. Sie vertraute auf ihr Gehör, lauschte auf jedes verdächtige Geräusch. Da – Schritte, vorbei an der Gasse, in der sie kauerte. Für einen Sekundenbruchteil erkannte sie in dem Flimmern eine Gestalt, die wie sie ein Schwert führte. Gab es nur ihn, oder gab es noch andere? Wie sollte sie mit jemandem kämpfen, den sie kaum sehen konnte? Was war mit Brist geschehen? War er tot oder ein Gefangener? Zu viele Fragen jagten durch ihren Kopf und machten es ihr schwer, eine Entscheidung zu treffen.

Plötzlich drang das Piepen eines Detektors an ihre Ohren, und sie wusste, dass sie entdeckt worden war. Jetzt musste sie schnell sein. Sie rannte die Gasse in entgegengesetzter Richtung hinunter und sprang, kurz bevor sie das Ende erreichte, auf einige gestapelte Kisten. Von dort aus gelangte sie auf eines der Flachdächer. Hinter ihr flammte ein Blaster auf, das Geschoss verfehlte sie nur knapp. Sie rollte sich über die Schulter ab, kam gleich wieder auf die Füße, rannte auf die andere Seite des Gebäudes und sprang über eine Gasse hinweg auf ein anderes.

Ein schneller Blick über die Schulter. Ein Flimmern, das ihr folgte. Sie riss den Blaster aus dem Holster, schoss darauf und verfehlte. Runter vom Dach, landen, abrollen, weiterlaufen, Haken schlagen. Sie hörte Schritte, die von vorn kamen. Jemand versuchte, ihr den Weg abzuschneiden.

Wieder das Flimmern, Natta Mey zögerte nicht und gab drei Schüsse darauf ab. Zwei zerplatzten an einem Lichtschild, doch der dritte, den sie tiefer gesetzt hatte, traf. Ein Schrei, ihr Gegner stürzte und feuerte zurück. Das Geschoss brannte ein Loch in ihren Mantel und in ihren Brustpanzer, ohne sie zu verwunden. Sie spürte nur die Hitze.

Natta Mey nutzte den Moment und rannte auf den Verletzten zu. Sie schoss auf ihn, in der Hoffnung, nicht gleichzeitig von hinten überrascht zu werden. Die meisten ihrer Schüsse prallten am Schild ab, doch zwei durchdrangen die Deckung und waren tödlich. Das Flimmern verschwand, und ein toter Inath-Ashni, ein Blutauge, wurde sichtbar. Er lag auf dem Rücken, aus zwei schwarzen Brandlöchern in der Brust kräuselte Rauch. Er trug einen Overall aus einem seltsamen Material, das von einem dünnen Drahtgeflecht durchzogen wurde, das bei ihrer Berührung statisch knisterte.

Die Schüsse hatten es zerstört, es war nutzlos, nur der Bewegungsdetektor, den er hatte fallen lassen, konnte ihr noch nützlich sein. Sie nahm ihn an sich, gerade in diesem Moment hörte sie das Pfeifen einer herabsausenden Klinge gleich hinter sich. Nur ihren Reflexen, die sie über die Jahre perfektioniert hatte, war es zu verdanken, dass sie mit ihrem Schwert parieren konnte. Sie rollte sich beiseite, sprang hoch, wich aus, parierte erneut und griff an, ohne dass sie wirklich ein Ziel erfassen konnte. Schlag folgte auf Schlag.

Das Flimmern in der Luft vermischte sich mit der drahtigen Gestalt ihres Gegners. Auch wenn sie nur einen kurzen klaren Blick auf ihn erhaschen konnte, war sich Natta Mey sicher, dass sie es mit einem weiteren Inath-Ashni zu tun hatte. Obwohl sie beide zum gleichen Volk gehörten, würde es in diesem Kampf keine Gnade geben.

Er selbst glich in der Tarnung einem Schemen, nicht greifbar und nicht vorhersehbar. Seine Klinge zuckte vor, die scharfe Schneide durchdrang ihren linken Schulterpanzer und ließ eine blutende Wunde zurück. Natta Mey verbiss sich den Schmerzenslaut. Stattdessen wich sie zurück und schoss mit dem Blaster. Die Schüsse trafen den Körper, zerstörten den Tarnmechanismus, durchdrangen aber nicht den Panzer, den er darunter trug, doch der Attentäter wurde nun sichtbar. Natta Mey attackierte ihn, war dabei allerdings zu ungestüm, er parierte ihr herabsausendes Schwert und schlug ihr in der gleichen Bewegung den Blaster aus der Hand.

Die Klinge sirrte, als er sie kreisen ließ und von oben und von den Seiten auf Natta Mey eindrang.

Er war gut, sehr gut sogar, zum ersten Mal sah sie sich mit einem gleichwertigen Gegner konfrontiert.

Klinge traf Klinge, was ein helles Klirren durch die enge Straße schickte.

Gerade als Natta Mey zum Angriff übergehen wollte, schlang sich etwas von hinten um ihren Hals. Der Körperpanzer, der ihr bis unters Kinn reichte, verhinderte den sofortigen Tod, sonst hätte ihr der vibrierende Draht den Kopf abgeschnitten.

Natta Mey keuchte, sie spürte die Hitze, mit der sich der Draht durch die Panzerung brannte.

Der zweite Angreifer holte siegessicher mit dem Schwert aus.

Sie ließ sich fallen, vertraute auf die Qualität ihrer Rüstung und zog ihren Gegner, der sie am Hals hielt, mit sich, was diesen überraschte. Er konnte sie nicht mehr rechtzeitig loslassen.

Im gleichen Moment sauste die Klinge herab, traf ihn im Rücken und durchtrennte ihm die Wirbelsäule. Ein Schrei, dann drückte die schwere Last eines erschlaffenden Körpers Natta Mey auf die Knie. Der Draht um ihren Hals lockerte sich und wurde augenblicklich kalt. Jetzt gab es für sie kein Halten mehr. Mit einem Schulterzucken streifte sie den Leichnam ab, führte das Schwert mit beiden Händen und brachte es mit der Wildheit ihrer Angriffe zum Singen.

Ihr Gegner wich vor ihr zurück. Parierte, versuchte zu kontern und sah sich doch gleich wieder in die Defensive gedrängt. Natta Mey trieb ihn auf die Hauptstraße. Sie hatten Zuschauer, Passanten flohen. In der Ferne waren Sirenen zu hören. Sicherheitskräfte rückten an.

Natta Mey ignorierte alles und ließ nicht von ihrem Gegner ab.

Sie wirbelte, drang auf ihn ein und brachte ihn damit aus dem Gleichgewicht. Eine angetäuschte Attacke auf seinen Kopf ließ ihn das Schwert hochreißen, doch ihr Angriff galt seinem Bauch. Ein Schnitt von links nach rechts durchdrang seine Rüstung und öffnete ihm die Bauchhöhle. Zum ersten Mal keuchte er, die blutroten Augen vor Schmerz weit offen.

Das Schwert entglitt seinen Fingern und fiel klappernd zu Boden.

Natta Mey war aber noch nicht fertig mit ihm. Als er vor ihr auf die Knie sank, schlug sie ihm mit einem einzigen gezielten Hieb den Kopf ab.

Bei dem blutigen Anblick schrien die restlichen Passanten, die immer noch zugesehen hatten, entsetzt auf und suchten nun ebenfalls schnell das Weite.

Natta Mey hingegen blieb kampfbereit, lauerte auf das Flirren in der Luft oder einen Schuss aus dem Hinterhalt.

So vergingen einige Sekunden, in denen nichts passierte, nur die Sirenen wurden lauter. Am Ende der Hauptstraße bog ein gepanzerter Mannschaftstransporter um die Ecke. Das Vierlingsgeschütz auf dem Dach zielte in ihre Richtung. Nicht mehr lange, und es würde hier von Wachsoldaten nur so wimmeln. Sie musste verschwinden und Brist zu Hilfe kommen, wenn sie ihm noch helfen konnte. Ihre Sorge wuchs, dass den Attentätern bei ihm gelungen war, wo sie bei ihr versagt hatten. Sie würde es herausfinden, doch nur dann, wenn man sie nicht erschoss oder verhaftete.

Sie rannte in die Gasse zurück, in der einer der Attentäter lag. Die Sirenen kamen nun von überallher und drohten sie zu umzingeln, doch Natta Mey ging ihnen aus dem Weg, duckte sich in die Schatten der Häuser und verschwand im Schutz verwinkelter Gassen und Hinterhöfe.

Kapitel 4

»Du hast schon mehr für uns getan, als wir es je von einem Menschen erhofft hätten«, sagte Harda’Ri, der Anführer der Ta. Er stützte sich auf eine Krücke und humpelte neben Kaylah und Dag her. Sein verletztes Bein heilte, doch es würde noch Wochen dauern, bis er es wieder voll belasten konnte.

»Es ist wichtig«, erwiderte Kaylah, »aber ich tue das nicht nur für euch. Auch für mich. Ich habe lange nach einem Sinn in meinem Leben gesucht. Hier bei euch habe ich ihn gefunden.«

»Deine Worte ehren dich. Und ich danke dir.«

Sie wiegelte ab. »Noch haben wir nichts von dem, was ich dir versprochen habe. Weder die Schiffe noch die Waffen.«

»Ich weiß, dass du nicht scheitern wirst.«

Sie erreichten eine der Höhlen, in denen die Q’rai die befreiten Brüterinnen untergebracht hatten. Viele aus den Clans kümmerten sich fürsorglich um sie. Es duftete nach Essen, und manchen war es ein Trost, wenn jemand bei ihnen saß und zuhörte. Viele hatte das Erlebte traumatisiert. Sie sprachen nicht, hockten nur da und starrten auf den Boden zu ihren Füßen. Andere empfanden den gleichen Hass und den gleichen Wunsch nach Rache, wie er in Att’Khur gewachsen war. Sie wollten kämpfen.

Necco’Pan, der Anführer der Baja, hatte ihre Ausbildung übernommen. In ihren blutbefleckten Rüstungen boten er und seine Krieger einen einschüchternden Anblick.

Für ihn spielte es keine Rolle, ob eine der Brüterinnen einem anderen Clan oder gar keinem angehörte.

Feindschaften aus vergessenen Zeiten galten für ihn nicht. Er sah in ihnen nur Q’rai, die kämpfen wollten. Doch bis sie das konnten, würde es lange dauern. Die Befreiten, wie sie sich selbst nannten, hatten ihre Gefangenschaft lange erdulden müssen und besaßen weder Muskeln noch Ausdauer. Necco’Pan musste bei ihrer Ausbildung ganz von vorn beginnen, und das tat er unerbittlich. Sein Brüllen, das durch das Höhlensystem hallte, kam einem tosenden Donner gleich.

Dag schwitzte schon allein vom Zusehen. In der Menge entdeckte er eine junge Q’rai, die ihn anschaute. Er erkannte sie sofort.

Es war das Mädchen, dem er und Kaylah geholfen hatten. Dabei war sie kaum bei Bewusstsein gewesen. Ob sie ihn auch erkannt hatte?

»Sieh mal«, sagte er. »Unsere Freundin.«

Kaylah folgte seinem Blick.

Das Mädchen stand auf und kam durch die Reihen auf sie zu. Die Hautfortsätze an ihrem Kopf schimmerten in einem sanften Gelb, das sich mit Blau abwechselte.

»Sie erkennt euch«, sagte Harda’Ri, »und sie freut sich, euch zu sehen.«

»Ich weiß gar nicht ihren Namen.« Kaylah runzelte die Stirn.

»Sie hat keinen.«

Das Mädchen kam bei ihnen an und blieb unschlüssig vor ihnen stehen. Dag lächelte, sie wusste die Geste nicht zu deuten und betrachtete ihn nur mit ihren großen schwarzen Augen.

»Kannst du sprechen?« Dag streckte ihr die Hände entgegen, die sie nun ebenso betrachtete wie zuvor sein Gesicht. Er erhielt aber keine Antwort.

»Ich denke, sie kennt nichts anderes als ihr Gefängnis«, sagte Harda’Ri.

»Das ist grausam.« Kaylah trat neben Dag, nahm die Hand des Mädchens und hielt sie sanft fest.

»Die Mankrii sind grausam.«

»Es waren Q’rai, die das zu verantworten haben.«

»Hash’akru sind nicht wie wir«, korrigierte Harda’Ri. »Sie sind Fanatiker. Verblendet in ihrem Wunsch, Rhutt’Nakat nachzueifern.«

»Sie werden die Niederlage nicht auf sich sitzen lassen«, sagte Dag, der nicht wusste, wie er dem Mädchen begegnen sollte. Er zog sich zurück und überließ es Kaylah, mit ihr eine Verbindung aufzubauen.

»Umso wichtiger ist es, dass wir uns zur Wehr setzen können. Crea will aufbrechen, die Vorbereitungen auf der Drathos sind abgeschlossen.« Während sie redete, hatte Kaylah auch die zweite Hand des Mädchens genommen.

»Die Drathos sollte hierbleiben – zum Schutz der Siedlung«, meinte Harda’Ri.

»Das geht nicht. Wir brauchen ihren Laderaum und die Hangars.«

Das Mädchen schmiegte sich in Kaylahs Arme, die kurz stockte, bevor sie ihr über den Rücken strich. »Es geht nicht anders.«

Harda’Ri gab nach. »Was du sagst, ist richtig. Trotzdem habe ich Bedenken. Wann wollt ihr aufbrechen?«

»Crea wird uns in der nächsten Stunde ein Shuttle schicken.« Sie löste sich aus der Umarmung des Mädchens, strich ihr über die Wange und sagte: »Wir sind bald zurück. Verstehst du das?«

Sie bekam keine Antwort, nur die Hautfarbe änderte sich zu einem blassen Grau, in das sich Streifen von Grün mischten.

»Sie ist besorgt«, erklärte Harda’Ri. »Ich werde auf sie achtgeben.«

Als sie gingen, sah das Mädchen ihnen nach.

»Sie mag dich«, sagte Dag.

»Uns«, korrigierte Kaylah.

Pünktlich nach einer Stunde war es so weit. Die Drathos schickte ein Shuttle.

Crox, der Uh-Phaar, der üblicherweise am Steuer seines Reaper Gunboats saß, war ihr Pilot.

Ganz gleich, welches Schiff er flog oder in welchem Cockpit er saß, alle schienen für seine massige Gestalt zu eng zu sein.

Er grunzte eine Begrüßung. »Können wir los?«

»Ja, wir sind fertig.«

»Crea kann es kaum erwarten. Setzt euch, schnallt euch an und genießt den Flug.«

Sie gingen an Bord. Harda’Ri winkte ihnen zum Abschied, als sich das Schott zischend und in Dampf gehüllt hinter ihnen schloss. Gleich darauf flogen sie los.

Es war laut und heiß. Dag glaubte, mit dem Hintern direkt über den Triebwerken zu sitzen und gegrillt zu werden.

Der Anflug zur Drathos dauerte nur wenige Minuten. Dag kam es länger vor, als sie endlich in einem der Hangars landeten.

Grünes Licht signalisierte Druckausgleich und atembare Luft. Das Außenschott hatte sich geschlossen. Sie konnten aussteigen.

Wie beim ersten Mal, als sie die Drathos betreten hatten, war Dag von der Schönheit und Eleganz des Schiffes beeindruckt. Die fließenden Formen, die ihn an Wurzelwerk oder gefrorene Wasserfälle erinnerten, fand er in den Wandverkleidungen und selbst in den kleinen Details, wie in den Schaltkonsolen, die in die Türrahmen eingelassen waren.

In den Gängen war es still. Alle Crewmitglieder befanden sich auf ihren Posten, ein Zeichen dafür, dass es bald losgehen würde.

Crea trafen sie auf der Brücke. Kall, ihre rechte Hand stand bei ihr. Sie stritten.

»Wir sind keine Freiheitskämpfer. Wir sind Piraten – niemandem verpflichtet außer uns selbst.« Kall sprach leise, doch laut genug, um die Erregung darin nicht verbergen zu können. »Bei diesem Angriff haben wir viele gute Leute verloren und viele Schiffe.«

»Hast du vergessen, dass wir Q’rai sind? Unserem Volk zu helfen ist unsere Pflicht. Und ja, wir haben gute Leute verloren, aber das ist schon oft passiert. Außerdem haben wir Beute gemacht.«

»Und doch nicht genug, um unsere Verluste auszugleichen.«

»Darum sind wir ja jetzt an Bord.« Kaylahs Halsmuskeln zuckten, und sie hatte wieder diese V-förmige Falte zwischen den Augen. Dag kannte das von ihr, das passierte immer, wenn sie wütend war oder sich aufregte.

Kall funkelte sie an. »Du hast auf diesem Schiff keine Stimme.«

»Willst du das bestimmen?«, fragte Crea.

Kall schwieg.

»Kaylah wird uns helfen, unsere Verluste auszugleichen. Ich habe sie eingeladen. Die zwei sind Gäste auf meinem Schiff, und als solche wirst du sie auch behandeln.«

Kall schwieg immer noch. Crea trat näher an ihn heran.

»Es ist nicht das erste Mal, dass du meine Entscheidungen infrage stellst. Willst du Captain werden? Dann nimm das Messer und hab den Mut, mich herauszufordern.«

Einen Moment lang maßen sie sich mit Blicken.

Auf der Brücke war es totenstill. Keiner aus der Crew rührte sich oder wagte es auch nur zu atmen. Schließlich gab Kall nach. »Du bist der Captain.«

»Dann merk dir das für die Zukunft. Solltest du meine Befehle noch einmal infrage stellen, wirst du das Messer nehmen müssen, sonst werde ich einem anderen deinen Posten geben.«

»Ich habe verstanden.«

»Geh jetzt!«

Kall stürmte von der Brücke. Im Hinausgehen rammte er Dag mit der Schulter aus dem Weg.

Crea sah ihrem Stellvertreter nach und entspannte sich erst, nachdem er gegangen war. »Steht der Kurs nach Cemparé«, fragte sie das Duo aus Navigator und Piloten.

»Ist gesetzt, Captain.«

Crea verschränkte die Arme hinter dem Rücken und trat an eines der großen Panoramafenster. »Dann bringt uns aus der Atmosphäre. Sobald wir den Abflugvektor erreicht haben, gehen wir in den Hyperraum.«

»Aye, Captain.«

Crea machte eine einladende Geste. »Wollt ihr noch einen Blick auf Rav’Kathor werfen. Der Anblick ist wirklich einmalig.«

Dag und Kaylah traten neben sie.

Unter sich konnten sie die Grasebene sehen. Die Berge, die Wasserfälle am Horizont. Ein schwarz-weißer Schwarm Ha-ati-Vögel zog unter dem Schiff entlang in Richtung Berge, in deren Spalten sie ihre Jungen großzogen.

»Rav’Kathor ist schon lange nicht mehr meine Heimat, und doch ist es jedes Mal schmerzhaft fortzugehen.« Schwarze Streifen mischten sich in das Grün und Blau, das Creas Haut sprenkelte.

»Wir kommen zurück«, sagte Dag.

»Das mag stimmen, und trotzdem bin ich hier eine Fremde. Dieses Schiff ist zu meiner Heimat geworden. Es ist mir so vertraut, wie ich mir selbst fremd bin.«

Fast unmerklich durchlief ein Zittern den mächtigen Rumpf der Drathos, die ganz langsam an Höhe gewann.

»Harda’Ri hätte es gern gesehen, wenn du geblieben wärst.« Kaylah stand nah am Fenster und hatte die Hände auf die Reling gelegt.

»Er meint nicht mich, er meint das Schiff, das nur zufällig ein Teil von mir ist.«

Das Land unter ihnen wurde kleiner, der Horizont begann sich unmerklich mit Dunkelheit zu füllen, die immer mehr Platz in ihrer Aussicht einnahm.

»Würde ich hier leben, würden wir früher oder später einander hassen.«

»Das verstehe ich nicht«, sagte Dag, der sich ihr mit fragend gerunzelter Stirn zuwandte. »Warum hilfst du ihm dann und riskierst dein Schiff und alles, was du dir aufgebaut hast?«

»Weil es sich richtig anfühlt.« Crea senkte die Stimme zu einem Flüstern. »Ich habe viele Entscheidungen getroffen, die ich bereue. Diese hier … nicht. Ein Piratenleben ist kurz, und man stirbt nicht, weil es das Alter fordert. Du stirbst im Kampf oder durch ein Erschießungskommando der Konföderation. Dein Name ist berüchtigt, aber er wird nicht geschätzt. Wenn ich meinem Volk helfe, kann ich daran vielleicht etwas ändern. Ich habe lange auf so eine Gelegenheit gewartet.«

»Du tust das für deinen Ruf?«, fragte Dag.

»Du klingst erstaunt. Wäre das falsch?«

»Hm, wenn du so fragst. Vermutlich nicht.«

Die Drathos hatte die Atmosphäre des Planeten verlassen und den Orbit erreicht. Die automatische Schwerkraft hatte eingesetzt. Bei Dag sorgte dieser kurze Übergang für weiche Knie und ein Gefühl der Übelkeit, das schnell wieder verging.

»Ich kann dich verstehen«, sagte Kaylah, die bis dahin nachdenklich geschwiegen hat. »Du willst stolz auf etwas sein. Mir geht es genauso. Es kommt mir vor, als hätte ich in meinem alten Leben nie gelebt.«

»Wir sind uns ähnlich. Deswegen begeben wir uns auch gemeinsam auf diese Reise.«

»Captain! Wir sind sprungbereit.«

»Dann los!«

Ein kurzer Blitz umschloss die Drathos, Rav’Kathor verschwand, Dunkelheit hüllte sie ein. Sie waren auf Kurs nach Cemparé.

Kapitel 5

Die Luft war erfüllt von Rauch, und es roch nach Schwefel. Unter dem kleinen Scoutflügler wanden sich Ströme aus kochendem Magma. Wo einst dichte Vegetation das Land bedeckt hatte, waren nur verkohlte Stümpfe und nackter Fels übrig geblieben. Erdbeben hatten den Boden zerrissen, in dem sich gewaltige Klüfte auftaten.

An den Rändern der zahlreichen Vulkankegel stiegen Säulen aus heißem Dampf empor.