Galaxy of Shadows - Die graue Zone - Dan Adams - E-Book
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Dan Adams

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Beschreibung

In einem verborgenen Winkel der Galaxis lauern unbekannte Gefahren ...

Dag Peyda hat nur zwei Wünsche: Ärger aus dem Weg gehen - und seine Schulden beim Gangsterboss Gavan Daar begleichen. Dafür soll er dessen entführte Tochter Kaylah befreien. Ein lebensgefährlicher Auftrag - und Dag kennt die junge Frau viel besser, als ihr Vater ahnt ... Womit Dag nicht rechnet: Auf ihrer Flucht stranden sie auf einem unbekannten Planeten, auf dem grausame Experimente an Unschuldigen durchgeführt werden. Die Sache wächst Dag über den Kopf, als Kaylah ihren goldenen Käfig als Gangstertochter nur allzu bereitwillig gegen ein Leben im Kampf für die gerechte Sache eintauscht ... Doch damit will Dag nichts zu tun haben. Eigentlich will er nur verschwinden und überleben ...

Der Auftakt von Galaxy of Shadows - die neue epische Space-Opera-Trilogie von Dan Adams!

Weiter geht es mit:

2. Das Erwachen der Finsternis

3. Im Schatten der Hoffnung

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Über den Autor

Weitere Titel des Autors

Impressum

 

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Über dieses Buch

In einem verborgenen Winkel der Galaxis lauern unbekannte Gefahren …

Dag Peyda hat nur zwei Wünsche: Ärger aus dem Weg gehen – und seine Schulden beim Gangsterboss Gavan Daar begleichen. Dafür soll er dessen entführte Tochter Kaylah befreien. Ein lebensgefährlicher Auftrag – und Dag kennt die junge Frau viel besser, als ihr Vater ahnt … Womit Dag nicht rechnet: Auf ihrer Flucht stranden sie auf einem unbekannten Planeten, auf dem grausame Experimente an Unschuldigen durchgeführt werden. Die Sache wächst Dag über den Kopf, als Kaylah ihren goldenen Käfig als Gangstertochter nur allzu bereitwillig gegen ein Leben im Kampf für die gerechte Sache eintauscht … Doch damit will Dag nichts zu tun haben. Eigentlich will er nur verschwinden und überleben …

Der Auftakt von Galaxy of Shadows – die neue epische Space-Opera-Trilogie von Dan Adams!

DAN ADAMS

DIE GRAUE ZONE

Science-Fiction

Prolog

Vor dreihundert Jahren endeten die Telepathenkriege, in denen das Volk der Q’rai die Herrschaft über die Galaxie erringen wollte. Ihr Anführer Rhutt’Nakat war dazu bereit, für sein Ziel alles und jeden zu opfern. Sein Plan scheiterte jedoch am erbitterten Widerstand anderer Völker, aber auch aus den eigenen Reihen. Daraus erwuchs ein Bürgerkrieg, der das Volk der Q’rai an den Rand der Auslöschung brachte.

Die damaligen Ereignisse sind längst zu Legenden geworden. Vieles geriet in Vergessenheit, als neue Generationen heranwuchsen, die wieder neue Kriege führten.

So kam es schließlich zur Konfrontation zwischen der Republik von Angon und dem Kaiserreich von Koba Sigma. Dieser Krieg dauerte fünfzehn Jahre und endete mit der Niederlage des Kaiserreichs, das ihn begonnen hatte.

In der Hoffnung, weiteren Konflikten rechtzeitig gemeinsam entgegentreten zu können, bildete sich die Konföderation der Staaten, Völker und Planeten. Seit wenigen Jahren gehört auch das Kaiserreich dazu.

Vertreter der Republik von Angon plädierten dafür, dem ehemaligen Kriegsgegner die Hand zu reichen – als Zeichen des Friedens und der Vergebung. Böse Zungen behaupten aber, der wahre Grund sei, dass man das Kaiserreich so besser kontrollieren könne.

Seit wenigen Jahren wird das Kaiserreich durch die junge Regentin Neyhanma ann Kaylamee geführt. Sie folgte auf ihren Vater, der den Krieg damals begonnen und verloren hatte. Mit ihrer Politik gibt sie dem Rat keinen Grund, ihr zu misstrauen. Sie akzeptiert sogar die Truppen der Konföderation, die ihre Welten besetzt halten und skrupellos ausbeuten.

In ihrer Gier nach Macht, Ruhm und Einfluss haben die Mitglieder der Konföderation ihre ursprünglichen Ziele längst aus den Augen verloren.

Nationale Interessen überwiegen bei ihnen allen, weshalb lange Zeit das Auftauchen eines neuen Feindes ignoriert wurde, der die Galaxie wie eine Seuche heimsucht.

Die Mankrii, die bis vor Kurzem noch völlig unbekannt waren, sind eine Alienspezies, die unvermittelt aus den Weiten des Alls auftauchte. Sie schlagen mit gnadenloser Härte zu und zerstören, was ihnen in den Weg kommt. Nur selten lassen sie Überlebende zurück. Niemand weiß, woher sie stammen und wohin sie nach ihren Angriffen wieder verschwinden. Keiner kennt ihre wahren Ziele.

Seit ihrem Erscheinen verbreiten sie furchtbaren Schrecken und blutigen Terror. Selbst die allmächtige Konföderation scheint gegen sie machtlos zu sein …

Kapitel 1

Da-Ganis war ein felsiger, staubbedeckter Mond, der den Planeten Apella umkreiste und dabei jeden Monat für fünf Tage in dessen Schatten trat. Orkanartige Winde jagten dann über die karge Oberfläche, es schneite, und es war so dunkel, wie es in keiner normalen Nacht hätte werden können.

Dag Peyda sah auf die Anzeige in seinem isolierten Handschuh. Minus 21 Grad.

Tosende Böen fegten Eis und Schnee über die Ebene und die Berge, die sich dahinter erhoben.

Auf so ein Wetter hatte Dag Peyda seit Tagen gewartet. Jetzt konnte er endlich den Plan in die Tat umsetzen, den Guus ausgeheckt hatte. Guus gehörte zu Gavan Daars Leuten und war Dags Kontakt auf Da-Ganis. Ein Schlitzohr, das gerne redete und jeden um den Verstand quatschen konnte. Guus hatte ihm alles besorgt, was er brauchte, aber er hatte nicht mitkommen und helfen wollen. Er sei doch nicht lebensmüde, hatte er gesagt.

Also hockte Dag nun alleine zwischen schroffen Felsen und fror sich den Hintern ab. Er beugte sich vor und hob das Nachtsichtfernglas an die Augen, um auf das trutzige Gebäude zu blicken, das zwanzig Meter tiefer lag. Es gehörte Ulan Vrash. Einem Mann, dem man besser nicht in die Quere kam und den man sich erst recht nicht zum Feind machte. Denn Vrash war ein Söldnergeneral und Gelegenheitsgangster. Die Konföderation hatte ihn und seine Armee zur Überwachung des Kaiserreichs angeheuert. Das war billiger, als eigene Truppen vor Ort zu haben.

Dag versuchte unauffällig zu bleiben, denn er hatte die Jäger, Frachter und Transporter beim Anflug am Raumhafen gesehen, im Orbit kreisten Vrashs Kriegsschiffe, und in der Stadt wimmelte es von seinen Söldnern.

Wäre es nicht darum gegangen, Kaylah zurückzuholen, und hätte er nicht diese horrenden Schulden bei Gavan, er wäre überall lieber gewesen als hier.

Dag setzte das Fernglas ab, holte den Localizer aus der Tasche und schaltete ihn ein. Das Signal hatte sich nicht von der Stelle bewegt. Kaylah war immer noch da unten.

Dag unterdrückte einen leisen Fluch, er zitterte, aus seinen Beinen war jedes Gefühl verschwunden. Ohne die wärmende Thermokleidung wäre er längst erfroren. Aber er wollte sich nicht beschweren, denn Guus hatte recht behalten.

Bei diesem Unwetter flogen keine Drohnen, und die Patrouillen beeilten sich mit ihrer Runde, um schnell wieder ins Warme zu kommen.

Von dem alten Schrotthändler hatte er auch das Hovercrad bekommen, das er unter einem Felsvorsprung geparkt hatte.

Das Ding war weder bewaffnet noch eine Schönheit. Auch sah es nicht sonderlich stabil aus, aber es war schnell und wendig, und darauf kam es an, denn wenn alles klappte, musste er ziemlich eilig von hier verschwinden.

Für einen Moment kroch er in den Windschatten des Felsens zurück, schaltete eine kleine Taschenlampe in den Handschuhen an und überprüfte seine Ausrüstung.

Am Gürtel trug er, neben seinem P-41 Blaster, auch eine Stun-Gun mit genug Munition, um eine halbe Armee schlafen zu legen. Gavan hatte ihn angewiesen, bei der Befreiung seiner Tochter möglichst auf Tote zu verzichten, denn Leichen konnten rasch Anlass für einen Krieg werden, den Gavan unbedingt vermeiden wollte.

Zusätzlich zu allem anderen besaß Dag einen KI-Decoder, der selbstständig Türschlösser knacken konnte, sowie ein paar Störsender und eine Handvoll Minocles. Minispione, die für ihn Augen und Ohren sein würden. Wenn er also nicht gerade einer Wache direkt in die Arme lief, konnte eigentlich gar nichts schiefgehen. Das klang wie ein Kinderspiel – wieso hatte er dann diesen seltsamen Geschmack im Mund, der immer kam, wenn er ein ungutes Gefühl hatte? Die Antwort war simpel und gefiel ihm überhaupt nicht. Die Sache war alles andere als todsicher.

Er gab sich einen Ruck, streckte die Beine und kramte ein ausklappbares Seilwerfergewehr aus der Tasche. Dreißig Meter Draht befanden sich auf der Spule, die vor dem Abzug befestigt war. Im Lauf steckte ein Pfeil aus Titan. Dag hatte nur einen Schuss. Danach war die Kartusche mit Druckluft aufgebraucht, und eine zweite hatte Guus nicht auftreiben können.

Zwischen den Felsen und dem Hauptgebäude gab es eine Schwachstelle. Einen toten Winkel. Dort lag der Generatorraum, der das Gelände mit Energie versorgte. Auf dessen Dach befanden sich zwei Öffnungen, aus denen die Abluft nach außen geblasen wurde. Jede davon war groß genug, um durchzupassen.

Dag legte das Gewehr an, justierte das Visier auf zweiundzwanzig Meter und zielte auf die Mauer oberhalb des Entlüftungssystems. Als der Sturm für einen kurzen Moment an Stärke nachließ, drückte er ab.

Mit einem hellen Sirren flog der Pfeil los. Druckluft entwich zu beiden Seiten des Gewehrs, und die Spule entrollte sich, bis der Pfeil mit einem Schlag in der Wand stecken blieb.

Zufrieden straffte Dag den Draht und verkeilte das Gewehr zwischen den Felsen. Dann hakte er Seilrollen ein, die ihn auf Knopfdruck aufs Dach beförderten. Normalerweise liebte er es, so frei durch die Luft zu sausen, doch bei der Kälte und dem Sturm konnte er nur noch daran denken, bloß nicht loszulassen.

Durch das Schneegestöber hindurch kam er schneller auf die Wand zu, als er gedacht hatte. Erst im letzten Schreckmoment benutzte er die Bremse. Zu spät! Er knallte flach gegen die Wand, was ihm kurz die Luft nahm. Auf dem Rücken liegend, fluchte er still vor sich hin, ehe er sich aufrappelte und zu den Öffnungen robbte, in denen sich Ventilatoren drehten. Dag überraschte das nicht, er war in seinem Leben schon durch unzählige Abluftsysteme geklettert, da würde er sich von ein paar messerscharfen Rotorblättern nicht einschüchtern lassen.

Dag war schließlich kein Anfänger und hatte sich auf den Einbruch vorbereitet. Zuerst schob er eine Sauerstoffmaske über Mund und Nase, um sich vor der giftigen Abluft zu schützen, die heiß und stickig aus den Schächten emporstieg und den Schnee auf seiner Kleidung schmolz.

Aus der Brusttasche zog er ein Spray, das er auf die Nabe des Ventilators richtete. Das Zischen war im Sturm nicht zu hören, und das Vereiserspray leistete ganze Arbeit. Der Ventilator drehte sich immer langsamer, bis er sich schließlich gar nicht mehr rührte. Zehn Sekunden Stillstand war die Faustregel.

Dag hatte keine Zeit zu verlieren. Er schnappte sich seine Sachen und ließ sich vorsichtig mit den Füßen voran zum Ventilator hinabgleiten. Acht Sekunden! Bis zur Hüfte hatte er es schon geschafft. Sechs Sekunden! Bauch, Brust … Vier Sekunden! Schultern … Er hing fest. Verflucht! Drei Sekunden!! Seine Jacke war mit der Schulter an einer vorstehenden Schraube hängen geblieben, er zerrte daran. Der Stoff faserte, riss aber nicht. Zwei Sekunden!!!

Mit einem verzweifelten Keuchen verkeilte er sein Multitool zwischen der Wand und einem der Rotorblätter, indem er es mit aller Kraft dazwischenstieß. Der Ventilator quietschte hell und metallisch.

Dag zerrte stärker und kam endlich frei. Den Kopf zwischen den Schultern rutschte er weiter, bis er in einer Biegung zum Liegen kam. Dabei sah er nach oben. Aus dem Motor sprühten bläuliche Funken, und Qualm quoll aus dem Gehäuse. Das Multitool zitterte, gab schließlich nach und fegte, durch die Wucht des Ventilators angetrieben wie ein Geschoss durch den Abluftkanal.

Laut klappernd und von den Wänden abprallend fiel es Dag schließlich in den Schoß.

Das war ein ganz schöner Lärm gewesen. Keine Zeit, liegen zu bleiben, auszuruhen und abzuwarten. Eilig robbte er durch den Schacht – bis zu einer Wartungsluke. Das dumpfe Brummen der nahen Generatoren in den Ohren, lauschte er angestrengt auf verräterische Geräusche, Schritte, Stimmen, das Entsichern einer Waffe. Nichts davon war zu hören.

Trotzdem zog er die Betäubungspistole, öffnete die Klappe und zielte hinaus.

Niemand da! Nur eine rote Lampe blinkte. Aus Erfahrung wusste er aber, dass blinkende rote Lampen nie etwas Gutes bedeuteten.

Das spornte ihn an, und hastig kletterte er aus dem Abluftschacht auf ein Rohr und von dort hinter die massiven Energiegeneratoren. Er entledigte sich der Sauerstoffmaske und der schweren Winterjacke, die ihn hier drin nur behinderte.

Gerade als er beides versteckt hatte, hörte er Stimmen und Schritte, die sich der einzigen Tür näherten.

Dag duckte sich und spähte zwischen Rohren und abgehenden Leitungen hindurch nach vorn.

Zwei Männer betraten den Raum. Beide trugen Arbeitswesten über dunklen Overalls und Pistolen am Gürtel.

»Das diese beschissenen Dinger immer Ärger machen müssen, wenn es draußen kalt ist. Und immer sind wir die Dooner, die sich darum kümmern müssen«, fluchte einer von ihnen.

Der andere hob in gespielter Hilflosigkeit die Arme. »Kannst du vielleicht mal mit der ständigen Flucherei aufhören?«

»Was hab ich denn gesagt, verflucht noch mal?«

»Da, du tust es schon wieder. Du hörst schon gar nicht mehr, was du sagst.«

»Ach, lass mich doch in Ruhe. Aktiviere lieber den Wartungsroboter. Der soll ’ne Analyse machen. Und schalt das dämliche Licht aus. Dieses Geflacker geht einem ja auf die Nerven.«

Dag saß in der Klemme. Er konnte nicht ungesehen an den beiden vorbei, und der Wartungsroboter würde den Schaden am Ventilator registrieren. Wenn sie nicht blöd waren, würden sie sofort kapieren, dass jemand eingebrochen war.

Er musste handeln. Ganz langsam hob er die Betäubungspistole und legte auf den vorderen Techniker an, doch er wartete erst auf den zweiten, der inzwischen die flackernde Warnlampe ausgeschaltet hatte und an die Konsole zurückkehrte. Ein Wartungsroboter rollte auf Gummiketten hinter ihm her. Dag hielt die Luft an, zielte und gab in schneller Folge mehrere Schüsse ab.

Die Pistole verschoss winzige, energiegeladene Projektile, die beim Auftreffen einen heftigen Stromschlag verursachten und das Opfer auf der Stelle lähmten.

Die beiden Männer wurden mehrmals getroffen. Schreien war da nicht mehr drin, sie kippten auf der Stelle um.

Dag atmete erleichtert aus, kam aus seiner Deckung und schleppte die beiden betäubten Männer hinter die Generatoren. Einem zog er die Weste aus und sich selbst über. Eine schlechte Tarnung war immer noch besser als gar keine.

Den Wartungsroboter schaltete er ab, bevor er zur Tür ging.

Auf dem Weg lud er Munition nach und überprüfte den Localizer, den er sich an den Gürtel geheftet hatte.

Kaylahs Signal hatte sich immer noch nicht bewegt.

Tief durchatmen, dann betätigte Dag den Taster, der die Tür leise aufgleiten ließ.

Dahinter lag ein schmuckloser Korridor, beleuchtet durch Lampen an der Decke.

Er befand sich im Keller, und außer der Energieversorgung und einigen Lagerräumen gab es hier nichts, was ihn interessiert hätte, und so ging er zur Treppe, die nach oben führte.

Ein vorsichtiger Blick, niemand zu sehen, er lauschte, doch es gab kein Geräusch, weshalb er es wagte, die Stufen hinaufzusteigen.

Dag betrat einen Seitenflügel der ausladenden Eingangshalle. Dieser Bereich, in gedämpftes Licht getaucht, ähnelte einem Museum. Auf Sockeln und unter Glas standen Artefakte aus allen Teilen des Sternensystems. Münzen, Waffen, religiöse Objekte. In einem davon erkannte Dag die perfekt gearbeitete Statuette einer Shan’tza-Tänzerin vom Volk der Q’rai.

Er hatte darüber gelesen. Die Shan’tza gehörten zu einem religiösen Orden, der vor dreihundert Jahren Rhutt’Nakat diente, einem Kriegstreiber und Schlächter, der in seinem Wahn, über alles herrschen zu müssen, sein Volk in einen intergalaktischen Krieg geführt und fast ausgelöscht hatte.

Dag ließ von den wertvollen Artefakten ab, die unter anderen Umständen sehr interessant für ihn gewesen wären, und konzentrierte sich auf das, weswegen er hergekommen war. Kaylah rauszuholen.

Ein Blick auf den Localizer verriet ihm, dass er geradeaus und dann wieder nach oben musste. Auf Zehenspitzen schlich er zum Durchgang, der ihn in die Halle führte, als er plötzlich innehielt.

Schritte hallten durch das Treppenhaus. Wachtposten, die Panzerwesten und Gewehre trugen, kamen die Stufen herunter.

Dag drängte sich in die Schatten, hielt die Luft an und lauschte.

»Ich hasse Wachestehen«, jammerte einer der beiden.

»Ich auch. Aber immer noch besser, als bei dem Wetter Patrouille laufen zu müssen.«

»Auch wieder wahr. Was glaubst du? Wie lange müssen wir auf die Kleine noch aufpassen?«

»Bis der Boss sagt, dass wir’s nicht mehr tun sollen«, war die Antwort.

»Ist bloß verschwendete Zeit. Wir sollten es zu Ende bringen. Die kriegt doch sowieso nichts mehr mit.«

»Willst du das mit Vrash diskutieren?«

»Mhh, besser nicht.«

Gleich darauf verschwanden die beiden durch eine Tür auf der anderen Seite der Halle.

Erst als er ihre Schritte nicht mehr hören konnte, kam Dag aus seinem Versteck. Was hatte der Kerl gemeint? Die kriegt doch sowieso nichts mehr mit, und wir sollten es zu Ende bringen.

Mit der Betäubungspistole in der Hand kramte er in seiner Tasche nach den Minocles. Drei würden genügen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Er aktivierte sie und projizierte deren Kamerabilder in das Visier seiner Brille. Dann schickte er sie los.

Die Minocles waren nicht größer als der Nagel seines kleinen Fingers, dazu flogen sie absolut geräuschlos. Die Bilder waren gestochen scharf, der Ton okay. Leider war die Steuer-KI ein Witz. Die Dinger verflogen sich gern und stürzten ab, wenn ihre Energie aufgebraucht war.

Die ersten Bilder kamen rein.

Eine Balustrade verlief rund um die Eingangshalle. Eine dornige Pflanze rankte sich an Stützpfeilern hinauf und am Geländer entlang.

Ein Minocle flog in eine Lampe und verglühte dort. Für Dag gab es für einen Moment nichts anderes als einen grellen Lichtblitz, gefolgt von buntem Feuerwerk, als Punkte vor seinen Augen explodierten.

Als er wieder klar sehen konnte, präsentierte ihm ein anderer seiner Minispione das Bild zweier Posten, die eine Tür bewachten.

Auch diese beiden trugen Panzerwesten und Gundar-Sturmgewehre, was Dag dazu brachte, einen hilflosen Blick auf seine Betäubungspistole zu werfen.

Zwischen der Treppe und der Tür, die sie bewachten, lagen fünfzehn Meter. Mit der ungenauen Knarre und seiner miserablen Zielgenauigkeit, würde er sie niemals treffen.

Er musste irgendwie näher an sie herankommen, und er hatte auch schon einen Plan wie, aber der war mies. Dabb-Scheiße, dachte er, zupfte an der gestohlenen Technikerweste, verbarg die Pistole hinter seinem Rücken und verließ pfeifend seine Deckung. Indem er zwei Stufen auf einmal nahm, stieg er die Treppe hoch.

Die Posten wandten ihm die Köpfe zu und nahmen ihre Gewehre nun schussbereit in die Hände.

»Ist das nicht ein mieses Wetter?«, begann Dag und lachte dabei dämlich.

»Wer bist du?«, fragte einer der Männer misstrauisch.

»Wer ich bin, fragt er. Unglaublich! Ich arbeite jetzt seit drei Jahren hier, und du kennst immer noch nicht meinen Namen? Das enttäuscht mich, wirklich.« Es gelang ihm, einen unauffälligen Blick auf das Namensschild an der Panzerweste zu werfen. »Clacy. Siehst du, ich hab mir deinen Namen gemerkt.«

»Wie ist denn mein Vorname?«, fragte die Wache, die Dag nun fast erreicht hatte.

»Ich …«

»Na los, sag schon … Kumpel.«

Dag seufzte gequält, riss die Waffe nach vorn und schoss das gesamte Magazin leer. Abwechselnd auf beide. Erst als der Abzug nur noch leer klickte, bemerkte er, dass er die Augen geschlossen hatte.

Aber das Ergebnis war in Ordnung, beide Männer lagen reglos am Boden.

Dag gestattete sich einen kurzen Moment des Triumphs, dann drückte er die Taste, die die Tür öffnen sollte. Natürlich geschah nichts. Für diesen Fall hatte er den Decoder eingepackt, den er auf die Codeverschlüsselung ansetzte. Das kleine KI-Gehirn begann augenblicklich zu arbeiten, eine Farbskala blinkte in unterschiedlicher Helligkeit. In Sekundenschnelle checkte es alle möglichen Kombinationen.

Dag nutzte die Zeit, lud seine Waffe nach, hielt sich geduckt, entwaffnete die Posten und durchsuchte sie dann. Nichts, was er brauchen konnte. In dem Moment glitt die Tür zischend in die Wand.

Der KI-Decoder hatte seine Arbeit getan. Die Farbskala leuchtete durchgehend grün.

»Gut gemacht«, murmelte er und zerrte die Bewusstlosen in den Raum. »Kay?«, flüsterte er. »Kay? bist du da? Ich bin’s, Dag.«

Keine Antwort. Er schloss die Tür und schaltete das Licht ein.

Der Raum war groß und freundlich eingerichtet. In der Mitte standen eine ausladende Couch und ein Tisch, über dem ein Holoprojektor hing. In den Wänden verliefen Bahnen aus Lampen, die den Raum sanft pulsierend in oranges, rotes und violettes Licht hüllten.

Unter einem Bild, das eine animierte Ansicht von Apella zeigte, stand ein großes Bett. Darin lag eine Gestalt.

»Kay, verdammt, wach auf! Wir müssen weg hier.«

Dag stutzte. Sie trug eine Atemmaske und war ans Bett gefesselt worden. Dazu lag ein seltsamer Geruch in der Luft, der ihn schwindelig machte.

Sein Blick fiel auf den Tisch neben dem Bett. Darauf stand ein Inhalator, der über einen Schlauch mit der Maske verbunden war. In dem Inhalator steckte ein Glaskolben, in dem bunt schillernde Käfer krabbelten. Blicas. Auch Traumkäfer genannt, die als Droge überall in der Galaxie verbrannt wurden, um sich in eine bunte Fantasiewelt zu flüchten. Dag rümpfte die Nase. »Vrash, du Scheißkerl. Du hast sie betäubt.«

Hastig zog er Kaylah die Maske vom Gesicht und löste die Schnallen an Hand- und Fußgelenken. Dann untersuchte er sie. Äußerlich schien sie unverletzt zu sein.

»Kay?« Er fasste sie bei den Schultern. Die Blicas hatten gut gewirkt. In ihrem tiefen Schlaf lächelte sie. Ihr weiches Gesicht war blass, aber ganz ruhig, das lange Haar umfloss sie wie glänzendes Kupfer.

»Das hat mir gerade noch gefehlt.« Dag gab ihr einen Klaps auf die Wange, was sie nicht aufweckte. »Kay.« Der nächste Klaps war etwas fester. Wieder nichts.

Hilflos presste Dag die Zähne zusammen. Guus’ schönen Plan, mit dem Hovercrad abzuhauen, konnte er vergessen. Um den gleichen Weg zu nehmen, den er gekommen war, hätte Kaylah bei Bewusstsein sein müssen, jetzt musste er improvisieren. Beim Anblick der bewusstlosen Söldner hatte er auch schon eine Idee.

Zehn Minuten später hatte er ihnen die Uniformen aus- und sich und Kaylah angezogen. Er zurrte den Helm fest und klappte das Visier herunter. Mit einem Augenzwinkern konnte er das Menü aufrufen und mit einem Fingerwischen über das getönte Glas hindurchscrollen.

So fand er schnell, was er suchte, einen Plan des Gebäudes und den Weg zum Parkdeck, das eine Etage tiefer auf der Rückseite lag.

Ein Geräusch ließ ihn aufhorchen. Ein Stöhnen, und es kam nicht von Kaylah.

Einer der Söldner regte sich. Sein Atem ging schneller, seine Augenlider flatterten. Nicht mehr lange, und er würde aufwachen.

Verdammt, dachte Dag, wenn der schon wach wird, was ist dann mit den … in dem Moment schrillte eine Alarmsirene durch das gesamte Gebäude … »Technikern«, zischte er. Den beiden Söldnern verpasste er zur Sicherheit noch einen Betäubungsschuss, ehe er sich Kaylah über die Schulter warf und zur Tür hinaus Richtung Treppe lief.

Schon waren laute Stimmen zu hören, die aufgeregt durcheinanderbrüllten.

Dag beeilte sich. Als er gerade den Fuß der Treppe erreichte, kamen ihm vier Mann des Wachpersonals entgegen. Er blieb wie angewurzelt stehen. Verstecken konnte er sich nicht mehr vor ihnen, und Zeit zum Nachdenken blieb ihm nicht.

»Was ist mit Jared?!«, blaffte eine raue Stimme. Die Waffe zielte nicht auf ihn, aber ein falsches Wort konnte das schnell ändern. Dag war nicht auf den Kopf gefallen, und er steckte nicht zum ersten Mal in einer brenzligen Situation, aus der er sich rausquatschen musste. »Er wurde angeschossen. Ich bring ihn auf die Krankenstation.«

»Von wem?«

»Ich weiß nicht. Irgendein Kerl. Er hat sich das Mädchen geholt. Er ist da lang!« Er zeigte in Richtung der Kellerräume, durch die er in das Gebäude eingedrungen war.

»Du Dooner! Wieso bist du ihm nicht hinterher? Vrash wird uns den Kopf abreißen, wenn die Gefangene entkommen sollte.«

»Dann solltet ihr euch vielleicht beeilen, statt hier rumzumaulen. Ich komme gleich nach.«

Der andere musterte ihn finster. »Wir beide sprechen uns noch.« Die Männer ließen ihn stehen und liefen weiter in die falsche Richtung.

Dag grinste unter seinem Visier und bog schnell in eine andere Richtung ab.

Die Alarmsirene schrillte. Im ganzen Gebäude wurde gebrüllt. Aber einer übertönte alle: Ulan Vrash.

Dag schwitzte, unter dem Helm bekam er kaum Luft. Nicht schlappmachen, weiter dem Gebäudeplan nach. Jetzt links, dann den Gang runter, geradeaus, dann rechts. Es war nicht mehr weit.

Vrash tobte. Sicher hatten sie die bewusstlosen Posten gefunden.

Das konnte knapp werden. Dag wollte sich nicht ausmalen, was Vrash oder seine Leute mit ihm anstellen würden, sollten sie ihn in die Finger kriegen. Er schnaufte und keuchte. Kaylah war zwar nicht schwer, aber ihr schlaffer Körper drohte ihm von der Schulter zu rutschen. Nur noch ein Stück. Jetzt rechts in den Gang hinein.

»Da ist er!«, rief jemand hinter ihm. »Stehen bleiben!« Dag dachte gar nicht daran. Im gleichen Moment sirrte ein Energiebolzen an ihm vorbei, knallte gegen die Wand und brannte ein Loch hinein. Das war kein Betäubungsgeschoss.

Links rein, ein Korridor, zwanzig Meter, an dessen Ende – die Tür zum Parkdeck. Die Rettung. Weiter, schneller. Als er sie erreichte, hieb er mit der Hand auf den Türöffner.

Rotes Licht, ein unangenehm hoher Piepton – die Tür blieb zu. »Das darf doch nicht wahr sein!«, fluchte Dag, ging gleich in die Hocke und ließ Kaylah neben sich zu Boden gleiten. Sie stöhnte und murmelte leise Worte – zu leise, um sie verstehen zu können.

Mit der freien Hand zerrte Dag den KI-Decoder aus der Seitentasche, der ihm fast im gleichen Moment aus der Hand geschossen wurde. Es gab einen grellen Blitz, und übrig blieben nur verschmortes Plastik und ein unförmiges Knäuel aus geschmolzenem Draht.

Augenblicklich warf sich Dag neben Kaylah zu Boden. Er schoss mit der Betäubungspistole zurück, traf aber niemanden.

»Wo … wo bin ich?«, Kaylah regte sich. »Was …?«

Er drückte ihren Kopf runter. »Bleib unten. Ich bin’s. Dag. Ich bin hier, um dich rauszuholen. Aber die verdammte Tür ist zu. Wir kommen nicht weiter.« Ziemlich viele Worte, von denen er nicht wusste, ob sie überhaupt bis zu Kaylahs benebeltem Geist durchdrangen. Dazwischen das Krachen von Schüssen und das Fauchen der Energiegeschosse, wenn sie in die Wände einschlugen. Den Geruch von geschmolzenem Metall in der Nase, sah Dag sich schon gefesselt auf einem Stuhl sitzen, während Vrashs Männer ihn übel zusammenschlugen.

Plötzlich hörten die Schüsse auf. »Ergib dich! Es ist vorbei. Du hattest deinen Spaß.« Das war Vrash. »Ich zähle jetzt bis drei«, rief er. »Wenn du dich bis dahin nicht ergeben hast, werden meine Leute dich holen kommen. Das wird dann ziemlich unschön für dich!«

Vrash stand am Ende des Korridors, selbstsicher hatte er den Kopf gehoben, sein kantiges, bärtiges Gesicht zeigte seine Wut. Der Mann war ein Riese, der nur aus Muskeln bestand.

Dag war beeindruckt und eingeschüchtert zugleich.

»Eins!«, rief Vrash. »Zwei!«

»Schon gut, schon gut, ich gebe auf.« Er wollte aufstehen, hatte die Hände bereits erhoben und hielt die Betäubungspistole nur mit zwei Fingern, als ein Schuss fiel. Dag zuckte zusammen, aber es war nicht er, der getroffen worden war, sondern Vrash, der mit einem Aufschrei zurücktaumelte. Dem folgte ein weiterer Schuss, der das Türschloss zum Parkdeck aufsprengte.

Kaylah lag halb auf der Seite, Dags P-41 Blaster in der Hand.

Die Tür glitt zur Seite. Obwohl sie ihn mit ihrer Tat überrascht hatte, ließ er sich die Gelegenheit zur Flucht nicht entgehen. Indem er sich wegduckte, Kaylah bei den Armen packte und mit ihr zusammen durch die Tür hechtete, brachte er sie beide gerade noch rechtzeitig in Deckung, denn nun krachten ganze Salven aus Schnellfeuergewehren und Pistolen.

Kaylah taumelte mehr, als dass sie lief. Dag musste sie stützen.

Schnell hatte er ein Gefährt ausgemacht, das sie von hier wegbringen würde, einen geparkten Crooper Spyder. Diese Hover Speeder waren schnell, und der hier sah dazu auch noch teuer aus.

Die Karosserie wie auch die Scheiben glänzten chromsilbern. Die schlanke Form und die beiden modifizierten Turbinen versprachen eine hohe Geschwindigkeit. Genau das, was sie jetzt brauchten.

Dag stieß Kaylah auf den Beifahrersitz, hechtete selbst mit einem Sprung über das Chassis auf die Fahrerseite und klemmte sich hinter die Steuerknüppel.

Vrashs Söldner drängten auf das Parkdeck. Im gleichen Augenblick startete Dag die Maschine, die heulend aufbrüllte. Sofort gab er Schub und raste los.

Die Tatsache, dass das Tor nach draußen noch geschlossen war, kümmerte Dag nicht. Er benutzte die Bordwaffen, die aus den Seitenschürzen ausfuhren, um es mit Dauerbeschuss in Stücke zu schießen. »Festhalten!« Beide Hände an den Steuerknüppeln, jagte er den Speeder durch die Trümmer in den Schneesturm und in die Nacht hinaus.

Sein Ziel lag nicht, wie ursprünglich geplant, im Raumhafen von Da-Ganis, sondern im Osten. Er flog zu Guus’ Schrottplatz. Der alte Gauner musste sie irgendwie von dem Mond runterkriegen, denn eins war sicher, Vrash würde sie nicht einfach so gehen lassen, und mit dem silbernen Speeder waren sie viel zu auffällig.

Die Armaturenbeleuchtung zeichnete ein buntes Muster auf Dags Visierhelm, den er auszog und hinter sich warf, kaum dass sie die Straße erreicht hatten.

Noch hatten sie es nicht geschafft. Erst wenn sie Da-Ganis verlassen hatten und weit weg wären, würde Dag sich entspannen, trotzdem warf er Kaylah einen erleichterten Seitenblick zu.

»Das hast du gut gemacht«, lobte er. »Ich dachte wirklich, das war’s. Aber musstest du unbedingt auf Vrash schießen?«

Auch Kaylah hatte sich ihres Helms entledigt. »Mir war danach«, erwiderte sie kalt. Sie sah erschöpft aus.

»Vrash hat dich mit Blicas betäubt.«

»Ach wirklich? Hat er das?« Sie maß ihn mit einem Blick, der verriet, dass sie das selber wusste, bevor sie den Kopf von ihm abwandte und auf ihre zitternden Hände starrte.

Dag sah nur kurz hin, er musste sich auf die Strecke konzentrieren und nutzte dazu die Positionslampen, die aus dem Schnee herausragten und den Verlauf der Straße kennzeichneten. Es war sicherer, als querfeldein zu fliegen, wo ein hervorstehender Felsen schnell das Ende bedeuten konnte. Immer wieder checkte er die Sensoren oder sah aus dem Fenster. Wurden sie verfolgt? Er konnte es nicht sagen. Das Unwetter störte die Gebietsabtastung, und der Blick aus dem Fenster reichte nicht weiter als zwanzig Meter.

»Danke«, sagte Kaylah irgendwann. Ihre Stimme klang belegt und heiser.

»Das war doch selbstverständlich.«

»Hat Vater dich geschickt?«

»Ja.«

Sie nickte stumm und kniff die Mundwinkel zusammen. Dag kannte das von ihr. Sie tat das immer, wenn sie mit etwas unzufrieden war, und er ahnte, was es sein könnte. »Hey, wenn ich gewusst hätte, dass man dich entführt hat, wäre ich auch ohne seine Aufforderung gekommen.«

»Na klar.«

»Du glaubst mir nicht?«

»Doch … natürlich glaube ich dir.« So, wie sie das sagte, klang es nicht gerade danach. Er warf ihr einen Blick zu, versuchte in ihrer Miene zu lesen. Vergeblich.

Wenn er ehrlich war, gab es für sie auch keinen Grund, ihm zu glauben. Bis jetzt hatte er sich nie als sonderlich zuverlässig erwiesen. In den letzten zwei Jahren hatten sie ein paarmal miteinander geschlafen und Zeit zusammen verbracht. Reines Vergnügen, nichts Ernstes – nichts Verpflichtendes.

Trotzdem ärgerte ihn die Meinung, die sie von ihm hatte, denn er meinte es ernst. Er wäre tatsächlich gekommen, um sie zu holen. Auch ohne dass Gavan was sagen musste.

Kaylah war mit ihren Gedanken bereits woanders, als sie fragte: »Weißt du, wo man mich entführt hat?«

Er schüttelte den Kopf.

»Am Raumhafen in Cemparé. Ich wollte eine Fähre nehmen und verschwinden. Weg von Vater und seinen Geschäften.«

»Wieso hast du mir nichts gesagt?«

»Ich wusste nicht, ob ich dir trauen konnte. Du hättest es ihm vielleicht verraten.«

»Hältst du wirklich so wenig von mir?«

»Es war besser so«, umging sie eine Antwort. »Es sollte ein Neuanfang werden.« Sie zuckte mit den Schultern.

Ihre Worte trafen ihn tiefer, als er gedacht hätte, doch jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, um das zu diskutieren, und er fragte nur: »Glaubst du, dein Vater hat geahnt, was du vorhast?«

»Ich dachte, ich wäre vorsichtig gewesen.« Sie zuckte die Schultern. »Aber wie es scheint, kann man ihm nichts vormachen.« Sie wandte ihm den Kopf zu, eine Strähne ihres kupferroten Haares fiel ihr über die Stirn. Sie strich sie weg.

»Du glaubst doch nicht, er steckt dahinter, um dir eine … Lektion zu erteilen?«, fragte Dag.

»Nein, sicher nicht. Er hätte jemanden geschickt, aber mich nie mit Blicas betäuben lassen.«

»Das ist wahr. Aber irgendjemand hat es rausgekriegt. Dein Bruder vielleicht? Oder ein Konkurrent deines Vaters? Yafneth womöglich?«

»Draydan? Mein Bruder ist ein Angeber, aber mir würde er nie was tun. Und Konkurrenten? Vielleicht. Aber nicht Yafneth. Er ist einer der wenigen richtigen Freunde, die mein Vater überhaupt hat.« Sie stützte den Kopf in die Hand und seufzte.

»Keine Sorge. Dein Vater hat seine Leute. Die werden das schon rauskriegen.«

»Wie hast du mich überhaupt gefunden?«, fragte Kaylah.

»Glück, würd ich sagen.«

Ihr Blick verfinsterte sich. »Lass das. Sag mir die Wahrheit.«

Dag ließ die angespannten Schultern fallen. »Na schön, ich sag’s dir. Gavan hat dir einen Chip implantieren lassen, als du und dein Bruder noch Kinder wart. Eben für so einen Fall wie jetzt.«

»Einen Chip?«

»Einen Tracer. Nachdem du verschwunden warst, hat er seine Leute kontaktiert und sie nach deiner Tracker IP scannen lassen. Guus hat dich schließlich gefunden.«

»Guus?«

»Ein … Freund. Er hat mir dabei geholfen, dich rauszuholen. Wir sind gerade auf dem Weg zu ihm.«

»Irgendwie überrascht mich das nicht, dass Vater das getan hat.« Sie rang mit den Tränen. »Ich werde nie von ihm loskommen.«

»Du könntest den Chip entfernen lassen und es dann noch mal versuchen. Aber ehrlich … wenn du verschwindest, das … würde mir nicht gefallen.«

»Willst du mir damit irgendwas sagen?«

Es lag ihm auf der Zunge. Er mochte sie, vielleicht war da auch mehr. Mehr als Sex und eine gute Zeit. So richtig konnte er sich die Frage selbst nicht beantworten. Zu seinem Glück erreichten sie Guus’ Schrottplatz, was ihm die Antwort ersparte.

Kapitel 2

Das vom Sturm angefachte Schneetreiben schluckte die Lichter der Scheinwerfermasten an den vier Seiten des Geländes. Die Hügel aus rostigen Wracks und Schrott, durch die er den Spyder manövrierte, ächzten unter dem Wind. Loses, rostiges Metall schlug heftig und laut, als wären es die Flügel eines Eisenvogels.

»Willkommen auf Guus’ Schrottplatz«, sagte Dag. »Er wird uns helfen, von hier zu verschwinden. Darauf kannst du dich verlassen.«

Dag stoppte an einer Wohnbaracke. Davor stand der altersschwache Transportgleiter, mit dem ihn Guus in den letzten Tagen herumkutschiert hatte.

Die Tür wurde aufgestoßen, und Guus trat mit angelegtem Gewehr auf die Veranda. Er machte große Augen, als er erst den Gleiter und dann Dag erkannte. »Bist du jetzt völlig verrückt geworden?!«, schnauzte er ihn an. »Das ist Vrashs Gleiter. Jeder, der Augen im Kopf hat, kennt das verfluchte Ding.«

Wortlos schob Dag Kaylah durch die Tür an Guus vorbei ins Warme.

»Was macht ihr überhaupt hier? Bei Gorecks dornigem Schwanz, ihr solltet doch längst weg sein.«

»Es gab Schwierigkeiten. Der Plan hat nicht funktioniert. Ich musste improvisieren.«

»Und da hast du dir gedacht, da zieh ich den alten Guus auch gleich mal mit rein?« Wütend warf der Schrotthändler das Gewehr auf den Tisch und begann hastig die Schränke zu durchsuchen.

»Jetzt beruhig dich erst mal. Uns ist niemand gefolgt.« So sauer hatte Dag Guus in den wenigen Tagen, die er ihn jetzt kannte, noch nicht erlebt.

»Hast du einen auf den Kopf gekriegt, oder was? Der braucht dir gar nicht zu folgen. Hast du dir den Gleiter mal angesehen? Der kostet ein Vermögen und hat bestimmt einen Tracer. Und du parkst das Ding ausgerechnet vor meiner Tür. Du bist ein verfluchter Dooner! Nur Sand im Kopf.«

Das hatte Dag nicht bedacht. »Oh, das … das tut mir leid«, sagte er hilflos.

»Ja, tut dir leid. Toll, so viel kann mir Gavan gar nicht zahlen, um das wiedergutzumachen.« Guus hatte gefunden, was er suchte. Eine faustgroße EMP-Granate, die jede Elektronik zerstörte.

Danach schnappte er sich seine Jacke, ging zur Tür und knurrte: »Ihr bleibt hier. Ich bin gleich zurück.«

Kurz darauf war das Jaulen der Triebwerke zu hören. Guus wendete den Spyder und verschwand zwischen den Schrottbergen.

Dag blieb am Fenster stehen und hielt Ausschau nach ihm.

Zwei Minuten vergingen, dann erhellte ein blau gleißender Lichtblitz die Nacht.

Wenig später kehrte Guus zu Fuß und mit einer Taschenlampe in der Hand zurück. »Das war’s für mich hier«, sagte er, nachdem er eingetreten war. Während er sich den Schnee von den Schultern schüttelte, ging er zu einem der Schränke, in dem zwei fertig gepackte Taschen standen.

»Jetzt warte doch mal. Du hast den Tracer doch gerade zerstört. Vrash hat die Spur sicher verloren.«

Guus schnaufte verächtlich. »Ich geh da kein Risiko ein. Hast du eine Ahnung, was der mit mir anstellt, wenn er rauskriegt, dass ich dir geholfen habe?«

»Ich sorge dafür, dass du hierbleiben kannst. Ich mach es wieder gut.« Dag lachte zuversichtlich.

Doch seine Fröhlichkeit war anscheinend nicht ansteckend, denn Guus verschränkte die Arme. »Ach ja? Und wie willst du dieses Kunststück fertigbringen?«

»Ich schlag dich nieder, sperre dich in den Schrank, und dann klau ich deinen Transporter.«

Guus’ kleine Augen blitzten, er trat ganz nah an Dag heran. Seine Lippen zitterten vor Wut, doch dann … plötzlich … nickte er. »Ja, das klingt gar nicht schlecht. So machen wir’s.«

»Ich fürchte, dafür bleibt uns keine Zeit mehr«, sagte Kaylah, die aus dem Fenster deutete. Zahlreiche grelle Lichtpunkte näherten sich dem Schrottplatz aus der Luft.

Guus und Dag stürzten neben sie und folgten der Richtung, in die sie zeigte. »Das ist Vrash. Die sind gleich hier«, sagte Guus und klatschte Dag die Hand in den Nacken. »Mein Leben war so schön ruhig, bevor du aufgetaucht bist. Glaub ja nicht, dass ich dir das vergessen werde. Los, kommt mit.« Er schnappte sich die Taschen vom Tisch und rannte zu einer Schleusentür, die in den angrenzenden Hangar führte.

Inmitten der zahlreichen reparaturbedürftigen, ausgeschlachteten oder schrottreifen Maschinen stand auch ein Tan-HAT-7-Raumfrachter. Halb unter zerschlissenen Planen verborgen lag eine mehlgraue, fingerdicke Staubschicht auf ihm.

»Mein Plan B, wenn’s schnell gehen muss«, rief Guus. »Zieht schon die Planen weg, beeilt euch. Ich bereite den Start vor.« Er aktivierte die Gangway, die sich seitlich hinter dem Cockpit befand. Es quietschte jämmerlich, als die Hydraulik in Gang kam, und ging allen durch Mark und Bein.

»Verdammt, Guus, was ist mit dem Frachter, mit dem ich hergekommen bin!«, rief Dag. »Den kann ich doch nicht hierlassen! Gavan wird mich umbringen.«

»Du musst ja nicht mitkommen.« Guus kletterte die Stufen hoch ins Cockpit.

»Aber …«

»Dag!«, drängte Kaylah. »Jetzt hilf mir mit den Planen! Ich schaff das nicht alleine.«

Mit einem stummen Fluch machte sich Dag an den Leinen zu schaffen. Er kannte diese Tan-Frachter, die schon seit siebzig Jahren nicht mehr gebaut wurden.

Kein Vergleich zu seinem Frachter der Adelphi-Klasse. Das Schiff war ein Vermögen wert, und er würde es hier zurücklassen müssen. Er könnte Gavan sogar verstehen, wenn er ihn umbringen würde. Er würde dasselbe tun, wenn es sein Frachter wäre.

Die Triebwerke liefen warm. Das Schiff erwachte zum Leben.

Es zitterte und schüttelte sich, als würde es sich nach einem langen Schlaf strecken, wobei es sich in einen dichten Staubmantel hüllte.

Callico, stand auf dem massigen Rumpf.

Die letzte Plane fiel zu Boden. Kaylah lief bereits zur Gangway. Sie schwitzte, schwankte und wäre beinahe gestürzt. Nur der Handlauf, an dem sie sich festklammern konnte, gab ihr Halt.

Vor dem Hangar wurde es mit einem Mal laut, und Dag war sofort klar – Vrash war da.

Gleißendes Scheinwerferlicht strich über das löchrige Tor.

Die Turbinen landender Transporter schmolzen Schnee und wirbelten Staub und Dreck hoch. Pneumatische Landestützen fuhren zischend aus den Rümpfen und setzten mit einem dumpfen Schlag auf dem Boden auf.

Es wurde dringend Zeit zu verschwinden. Dag hastete die Gangway hinauf und verschloss das Schott.

Er half Kaylah, sich anzuschnallen. Ihre Hände zitterten so sehr, dass sie es allein nicht schaffte.

»Alles okay mit dir?«, fragte er.

»Sieht es für dich so aus?«, fuhr sie ihn an.

Dag gab sich damit zufrieden, er konnte später nach ihr sehen. Falls es ein »Später« gab, denn die Maschinen arbeiteten plötzlich nicht mehr. Es war erschreckend still geworden.

Sanft strich er Kaylah über die schweißnasse Stirn und kletterte dann die Leiter zum Cockpit hoch.

Überall piepte, brummte und knisterte es. Dag war davon überzeugt, dass das nicht richtig sein konnte.

Guus fluchte und hieb die Faust auf eine der Konsolen.

»Was ist los?«

»Probleme mit der Energiezufuhr.«

Dag ließ sich in den Sitz des Copiloten fallen und zog sich die Gurte über die Schultern. Alles war eng und furchtbar archaisch.

Sein Frachter besaß holografische Steuerelemente, der hier hatte Schalter, Knöpfe und Regler.

»Jetzt komm schon, komm, komm, komm!« Guus hantierte an der Steuerung für die Energiezufuhr herum.

»Fliegt die Kiste überhaupt noch?« Dag konnte sich diesen Kommentar nicht verkneifen.

»Na, das will ich doch sehr für uns hoffen.«

In dem Moment flog das Hangartor in einer grellen Explosion aus den Angeln.

Fast zeitgleich sprangen die Triebwerke wieder an.

»Na also, wer sagt’s denn!« Guus lachte.

Es roch nach Qualm. Dag fragte nicht, ob das so sein musste. Er hatte nur Augen für die beiden Truppentransporter, die den Ausgang blockierten und deren Bordgeschütze sie nun erfassten. Vrashs Männer hatten sich links und rechts des Hangars positioniert und legten ebenfalls auf sie an.

Guus ließ sich davon nicht aus der Ruhe bringen und gab vollen Aufwärtsschub auf die Triebwerke, die kreischend protestierten. Der Frachter stieg auf und brach durch die Decke.

Die beiden Geschütze eröffneten das Feuer.

Dumpfe Schläge erschütterten den Rumpf. Es wurde kurz dunkel.

»Keine Sorge, mein Mädchen hält das aus!«, rief Guus und übertönte damit den Alarmton der Trefferwarnung.

Gleich darauf wurde Dag in den Sitz gepresst, denn Guus gab Schub auf die Hecktriebwerke, und der Frachter jagte davon.

Der Sturm griff nach der Callico und schüttelte ihre Besatzung kräftig durch. »Check mal die Strukturanzeige, bevor wir die Atmosphäre verlassen. Nicht dass die uns ein Loch reingeschossen haben.«

Ziemlich ratlos starrte Dag auf die zahlreichen Schalter, mit denen er die Anzeigen betätigen konnte.

»Du bist doch schon mal geflogen, oder?«, fragte Guus augenzwinkernd.

»So eine alte Mühle? Nein.«

»Hey, zeig mal ein bisschen Respekt. Die alte Mühle hat dir gerade den Arsch gerettet. Der linke Schalter, der gelbe da.«

Dag knipste ihn an. »Okay. Hüllenstruktur ist im grünen Bereich.«

Sie verließen die Atmosphäre und traten in den Orbit ein.

Dag spürte die Schwerelosigkeit, die ihn sanft aus seinem Sitz heben wollte. Ein seltsames Gefühl, das er schon lange nicht mehr gehabt hatte. In den modernen Schiffen setzte die künstliche Schwerkraft automatisch ein, sobald man die Anziehungskraft des Planeten verlassen hatte.

Da war ein leichtes Schwindelgefühl, das Dag zu ignorieren versuchte. Vielmehr genoss er den Anblick, den ihm Apella bot. Dahinter leuchtete der rote Zwerg, der Yuna genannt wurde und der die Pole von Apella mit einem wundervollen tiefroten Licht zum Leuchten brachte.

Guus schaltete die künstliche Schwerkraft ein, und Dag sank augenblicklich in seinen Sitz zurück. Das Schwindelgefühl verschwand, jetzt hatte er nur noch einen dumpfen Druck auf den Ohren.

»Haben wir die abgehängt?«, fragte er nach einer Weile.

»Fürs Erste vielleicht. Aber Vrash ist nachtragend. Wir sollten also aufpassen. Hier kann ich mich jedenfalls nicht mehr blicken lassen.«

»Danke, Guus! Tut mir echt leid, ich … wollte dich da nicht mit reinziehen, aber ich kenne hier sonst niemanden.«

»Tja, Junge, ich weiß auch nicht. Vielleicht war’s ja ganz gut so. Fing langsam an, langweilig zu werden. Aber trotzdem – du schuldest mir was.«

Dag lächelte schmal. »Da wärst du nicht der Erste. Aber Gavan wird froh sein, seine Tochter wohlbehalten wiederzukriegen. Wenn ich ihm sage, dass du mir geholfen hast, bekommst du bestimmt eine Belohnung.«

»Mal abwarten.« Er sah die Leiter hinunter. »Du magst die Kleine, nicht?«

»Na ja. Schon.«

»Sie ist auch wirklich ’ne Hübsche. Habt ihr was miteinander?«

Dag druckste um eine Antwort herum.

»Musst mir nichts vormachen. Ich hab Augen im Kopf. Weiß Gavan davon?«, ließ Guus nicht locker.

»Ich würde lieber nicht darüber sprechen.«

Guus grinste breit. »Er ahnt was, hm?«

Dag wechselte das Thema. »Welchen Kurs nimmst du?«

Zu seinem Glück ließ sich Guus auf sein Ablenkungsmanöver ein und antwortete: »Es gibt da nur einen, bei dem wir ziemlich sicher sein können, dass Vrash uns nicht folgt. Wir werden die graue Zone streifen.«

»Das ist aber eine ganz miese Idee.«

»Hey, wenn du eine bessere hast, immer her damit.«

Dag hatte keine und schüttelte den Kopf. »Aber was ist mit den Mankrii? Die schwirren doch auch immer da rum. Was ist, wenn wir denen begegnen?«

»Wir müssen halt vorsichtig sein und die Augen offen halten.«

»Bist du die Route schon mag geflogen?«

»Ja, ist aber schon ’n Weilchen her.«

»Und wenn …«

»Dag. Wenn ich auf alles eine Antwort wüsste, würde ich mein Geld als Orakel verdienen. Wir sind im Weltraum unterwegs. Da kann es immer brenzlig werden. Ich weiß nur, dass wir eine Konfrontation mit Vrashs Jägern nicht überstehen würden. Wir sind langsam und nicht wirklich gut bewaffnet. Alles, was wir tun können, ist, unauffällig zu bleiben.«

»In Ordnung. Machen wir es auf deine Art.« Er löste die Gurte und schälte sich aus dem Sitz. »Ich seh mal nach Kay.«

»Ja, mach das. Sie kann eine der Kabine haben. Nimm die mit der roten Tür, die ist recht gemütlich.« Dag verstand den Wink, denn Guus zwinkerte verschwörerisch.

»Ich hab nicht vor, mit ihr … ach …« Er winkte ab und kletterte die Leiter hinunter.

Er fand Kaylah im mittleren Deck.

Sie hatte gerade die winzige Dusche gefunden, aus der aber kein Tropfen Wasser floss. Sie erschrak, als Dag hinter sie trat, ihr die Hände auf die Schultern legte und sie zu sich umdrehte.

Ihr Gesicht war schweißnass, und nervös biss sie sich auf die Lippen. »Es geht mir gut«, kam sie seiner Frage zuvor.

Aber mit dieser Antwort wollte er sich nicht abspeisen lassen. »Wie lange hat dir dieser Bastard Blicas gegeben?«, fragte er.

»Vom ersten Tag an. Ich weiß nicht wie lange. Ich weiß ja nicht mal, welchen Tag wir heute haben.«

»Den 24. Norn. Du warst über drei Wochen verschwunden.«

Sie nickte stumm, wobei sie sich unruhig über die Arme strich.

»Du hast die Blicas zu lange bekommen. Du brauchst was, stimmt’s?«

»Nein, ich brauch nichts, ich komm klar. Oder hast du was?«

»Nein.«

»Dann spar dir die blöde Frage.« Sie machte sich von ihm los, stützte sich an die Küchenzeile und ließ den Kopf sinken. »Tut mir leid. Ich wollte dich nicht anschreien.«

»Ist schon gut.«

»Dieser Dreckskerl. Hat mich süchtig gemacht, nur damit ich still bin.«

»Wir kriegen das hin. Du wirst wieder gesund.«

Zu seiner Überraschung war sie im nächsten Moment bei ihm und küsste ihn auf den Mund. Er schloss die Augen, wollte den Kuss erwidern und so richtig genießen, aber da hatte sie sich schon wieder von ihm abgewandt und durchsuchte die Schränke. »Gibt es in diesem dreckigen Schrotthaufen denn nichts zu trinken? Ich sterbe vor Durst.«

»Ich kann euch hören!«, rief Guus gekränkt. »Im Lager gibt’s Wasser und was zu essen. Aber seid sparsam damit, das muss uns eine Woche lang reichen.«

Neben vakuumverschweißten Rationen, Trockenseife und Wasser in luftdicht verschlossenen Kanistern lag da auch eine Erste-Hilfe-Tasche und eine Schachtel mit Schmerz- und Narkosemitteln, die Dag gleich unbemerkt von Kaylah in der Seitentasche seiner Hose verschwinden ließ.

Sie kehrten in den Aufenthaltsraum zurück und nahmen am Tisch an der Wand Platz. Kaylah trank, als stände sie kurz vor dem Verdursten. Als sie sich den sechsten Becher einschenken wollte, legte Dag die Hand darüber. »Es ist genug. Du hast Guus gehört, wir müssen sparsam sein.«

Kaylah nickte ergeben und ließ sich erschöpft auf die Bank zurücksinken. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Sie versuchte es vor Dag zu verbergen, aber ohne Erfolg.

Er nahm ihre Hand. Die Kälte darin und das Zittern konnte er nicht ignorieren. Er wusste, von den Traumkäfern loszukommen würde hart werden. In den Gossen von Nolis-Cappa und Angon hatte er genug von denen gesehen, die es nicht geschafft hatten, und er schwor sich, dass Kaylah dieses Schicksal nicht teilen würde.

Dag legte seinen Arm um sie und bettete ihren Kopf auf seine Schulter. »Ich hätte besser auf dich aufpassen sollen.«

Sie wandte ihm das Gesicht zu, sah ihn erwartungsvoll an. »Ich will weg von meinem Vater. Egal wohin, nur weg. Wir beide könnten verschwinden. Jetzt! Du und ich. Guus bringt uns sicher irgendwohin. Ich bezahl ihn gut, damit er nichts sagt.«

Ihre Stimme glich einem verführerischen Hauch, dem Dag allerdings nicht nachgeben wollte. »Hättest du mich beim ersten Mal gefragt … hätte ich vielleicht Ja gesagt. Aber … ich kann nicht. Dein Vater … ich … schulde ihm Geld, viel Geld, vierzigtausend Units.«

»Und wenn du mich zu ihm zurückbringst, erlässt er dir deine Schulden«, traf Kaylah ins Schwarze.

Dag konnte nur nicken.

»Dann bin ich also doch nur ein Geschäft für dich? Und ich habe wirklich gedacht, da wär was zwischen uns.«

Das machte ihn wütend. »Du hättest was sagen können, bevor du einfach weggegangen bist. Außerdem, wenn dein Vater einem ein Angebot macht, ist es besser, es anzunehmen. Ich hatte gar keine Wahl.«

Das klang gar nicht gut. Das begriff Dag, gleich nachdem er es ausgesprochen hatte und noch bevor Kaylah ihm den Rest Wasser ins Gesicht schüttete. Sie stand abrupt auf und stampfte davon.

Dag wollte sie nicht so weglassen und eilte ihr nach. »Wieso kannst du nicht einsehen, dass es besser ist, keine Schulden bei deinem Vater zu haben.«

»Ja, wie dumm von mir. Wieso rege ich mich überhaupt auf. Schön, dass du nun deine alten Schulden los bist. Ich freu mich für dich.«

»Wieso sagst du das so … komisch?« Dag runzelte die Stirn.

»Verrat mir doch mal, wie du hergekommen bist.«

»Mit einem Frachter deines Vaters«, antwortete er schwach. Dag wusste, worauf sie hinauswollte. Vierzigtausend getilgt und dabei drei Millionen neue Schulden angehäuft, denn so viel kostete ein Frachter der Adelphi-Klasse. Er verzog das Gesicht. »Wärst du bei Verstand gewesen, hätte alles wunderbar geklappt. Aber so sind wir jetzt eben hier. Ich finde, du bist verdammt undankbar. Und jetzt machst du dich auch noch lustig über mich. Das ist Dabb-Scheiße. Ich hab meinen Hals für dich riskiert, und dabei ging’s mir nicht nur ums Geld. Eigentlich habe ich mir Sorgen um dich gemacht. Aber glaub doch, was du willst.«

Dag war wütend, oder war es Enttäuschung? Jedenfalls ließ er Kaylah stehen und verschwand in der Kabine mit der roten Tür.

Der Raum war klein, aber es reichte. Eine Lampe in der Decke sorgte für gedämpftes Licht. Es gab einen Spind, an dem die Farbe abblätterte und in dem ein fleckiger Overall hing. In einer Wandnische war ein Monitor befestigt, davor stand ein Drehstuhl, bei dem sich eine ausziehbare Tastatur an einem Gelenkarm befand.

Gegenüber in der Ecke war eine schmale Koje mit durchgelegener Matratze und speckigem Bettzeug. Wenn Guus das gemütlich nannte, wollte Dag die andere Kabine gar nicht erst kennenlernen. Aber eine schlechte Unterbringung war aktuell das kleinste seiner zahlreichen Probleme.

Wieso verstand Kaylah nicht, dass er in der Klemme gesteckt und sie trotzdem nicht nur wegen seiner Schulden rausgeholt hatte? Und wieso musste er schon wieder Ärger am Hals haben? Wie sollte er Gavan nur den Verlust seines Frachters erklären?

Es klopfte, im gleichen Moment glitt die Tür auf. Kaylah stand da. Sie hatte den Kopf zur Seite geneigt und stützte sich mit einer Hand an der Wand ab. Ohne etwas zu sagen, kam sie herein, schloss die Tür hinter sich und warf Dag diesen Blick zu, der ihm jedes Mal durch Mark und Bein ging.

»Ich möchte mich bei dir entschuldigen«, sagte sie, ihre Stimme flatterte leicht und hatte zugleich etwas Verführerisches. »Ich wollte dir keine Vorwürfe machen, aber in meinem Kopf … ich … ich kann nicht mehr klar denken, weißt du.«

»Das sind die Blicas.«

»Nein! Ja … aber das ist es nicht allein. Es ist mein Leben. Es ist … chaotisch. Und gehört mir irgendwie nicht.« Sie stellte sich nah an Dag heran und sah zu ihm auf.

Er konnte den süßlichen Duft der Blicas in ihren Haaren riechen, der daran haften geblieben war. »Wie meinst du das?«

»Nicht jetzt.« Sie legte ihre Arme um seinen Hals und küsste ihn auf den Mund.

Was tust du?, wollte er fragen, stattdessen ließ er sich mitreißen und erwiderte ihren Kuss voller Leidenschaft.

Als sie sich voneinander lösten, ließ sich Kaylah aufs Bett fallen, zog die Stiefel aus und öffnete den Reißverschluss ihres Overalls. Darunter trug sie nur knappe Unterwäsche, die sie auch schnell loswurde. Kaylah sah ihn an, in ihrem Blick lag etwas Fiebriges, Gieriges. Sie war sich der Wirkung ihrer Nacktheit auf Dag durchaus bewusst. Das sah er an ihrem Lächeln, als sie ihm lockend die Arme entgegenstreckte. Ihm wurde heiß, und er zögerte nicht, ihrem – und ganz besonders seinem – Verlangen nachzugeben.

Schnell hatte er sich ausgezogen, hüpfte aber äußerst unelegant auf einem Bein herum, als der Overall an seinem linken Fuß hängen blieb. Kaylah kicherte. Dag verlor das Gleichgewicht und kippte auf sie. Die Koje ächzte. Viel Platz hatten sie nicht, aber den brauchten sie auch nicht.

Sie küssten sich, während Dag schon dabei war, mit den Fingern ihren Körper zu erkunden. Er lag seitlich neben ihr, hatte nur die linke Hand, um sie zu spüren. Seine Finger glitten ihren Hals hinunter, zwischen ihren Brüsten entlang und zum Bauchnabel. Dort trug sie ein Piercing. »Das ist neu«, flüsterte er.

Kaylah hatte die Augen halb geschlossen, während sie lächelte.

Er beugte sich über sie und begann sie an den Stellen zu küssen, die er gerade gestreichelt hatte. Sie bekam eine Gänsehaut. Nun sah er auch das Piercing. Es handelte sich um einen silbernen Stern, der ihn verführerisch anfunkelte.

Wie lange war es her, dass sie derart intim miteinander gewesen waren? Ein Jahr vielleicht?

Danach hatten sie sich nicht mehr so oft gesehen.

Das hier war gefährlich für Dag. Gavan mochte es okay finden, dass Kaylah ihn gernhatte, aber dass sie mit ihm schlief, sollte er besser nicht erfahren. Dennoch, bei den wenigen Malen, die sie sich begegnet waren, hatte es immer gefunkt, und für einen Kuss hatten sich immer ein Moment und ein Platz gefunden.

»Woran denkst du?«, fragte sie.

Dag grinste ertappt. »An unser erstes Mal.«

»Schwerelos bei dem Stromausfall?«

»Ja, das war klasse.« Sein Grinsen wurde breiter, aber Kaylah begann schwermütig zu werden.

»Es kommt mir vor, als ob das ewig her wäre«, seufzte sie.